ESTAT-2005-10202-00-04-DE-TRA

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ESTAT-2005-10202-00-04-DE-TRA
DGINS 2005/91/3.1/DE
91. DGINS-KONFERENZ
KOPENHAGEN, 26. – 27. MAI 2005
Laien als Datennutzer im Blickpunkt
Aija ZIGURE
Präsidentin, Statistisches Zentralamt, Lettland
Laien als Datennutzer im Blickpunkt
Aija ZIGURE
Präsidentin, Statistisches Zentralamt, Lettland
Laien als Datennutzer, inwiefern unterscheiden sich Laien von professionellen
Nutzern, wie kann man auf die Bedürfnisse von Laien als Datennutzer eingehen?
Auf diese Fragen versucht die Verfasserin dieses Dokuments Antworten zu finden.
Die wachsende Zahl von Anfragen nach allgemeinen, leicht verständlichen
Analysen der sozioökonomischen Situation richtet sich überwiegend an die
Nationalen Statistischen Ämter. Es ist eine neue Herausforderung, auf die
Bedürfnisse dieser nicht professionellen Datennutzer einzugehen.
In dem Dokument werden die Konzepte des Statistischen Zentralamts von Lettland
bezüglich der Kommunikation mit nicht professionellen Datennutzern beschrieben.
Täglich hören wir die Wettervorhersage um herauszufinden, was wir anziehen sollen
oder inwiefern sich die nächste Woche für einen Ausflug eignet, doch die meisten
von uns wissen nicht, auf welchen Indikatoren und Analysen die Wettervorhersage
beruht. Nicht professionelle Datennutzer treffen ihre Entscheidungen auf der
Grundlage von Schlussfolgerungen, die von anderen gezogen wurden – ebenso, wie
wir die Wettervorhersage lesen. Wie viele von uns können schließlich etwas mit
Satellitenfotos ohne Erklärungen anfangen?
Das Interesse der breiten Öffentlichkeit an statistischen Daten hat bereits – ohne
dass die Betroffenen notwendigerweise unmittelbar mit diesen Bereichen und der
Erstellung statistischer Daten zu tun haben – die Aufbereitung von Statistiken
verändert. Die Statistiker haben verstanden, dass ein ausgewogenes Verhältnis
zwischen Kurzanalysen der jeweiligen Daten und Grafiken bzw. Karten die
Möglichkeit verbessert, dem Leser Informationen zu vermitteln und die Bedeutung
der Daten zu verdeutlichen, da Text und Abbildungen das in den Vordergrund
rücken, was unter Umständen nicht immer von Laien wahrgenommen wird. Die
Darstellung statistischer Daten ist auf eine spezifische Gruppe von Datennutzern
ausgerichtet: Unternehmer, Studierende, Politiker und andere. Dabei wird ihr Profil
berücksichtigt: Professionelles Wissen über die Branche und Statistik. Es wurde eine
Menge Arbeit im Bereich der Bedürfnisse verschiedener nicht professioneller
Nutzergruppen geleistet, um deren Aufmerksamkeit zu erregen und sie dabei zu
unterstützen, sich mit Statistiken im Alltag vertraut zu machen.
1.
Einleitung
In letzter Zeit besteht in der Gesellschaft allgemein aufgrund der dynamischen Entwicklung in
Ländern, Branchen und Unternehmen ein wachsender Bedarf an statistischen Datenanalysen. Daher
müssen immer mehr Menschen diesen Prozess verfolgen, um optimale Entscheidungen treffen zu
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können. Ein Beleg dafür ist die steigende Anzahl erfolgreicher und profitabler Privatunternehmen,
die sich mit der Zusammenstellung verschiedener statistischer Daten befassen und Analysedienste
anbieten.
Diese Nachfrage nach Statistiken lässt sich nicht eindeutig bewerten. Einerseits verstärkt sie die
Bedeutung und den Wert der Zusammenstellung und Verbreitung statistischer Daten sowie deren
gesellschaftliche Auswirkungen. Wir, die wir an der Gestaltung des statistischen Systems beteiligt
sind, können dies nur positiv bewerten. Andererseits erhöht die wachsende Zahl von Datennutzern
jedoch die Arbeitsbelastung für die Verbreiter statistischer Daten. Mit der wachsenden Zahl von
Datennutzern, die sich aus der erwähnten Dynamik der aktuellen wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Situation und dem Bedarf an schnellen und nicht rücknehmbaren Informationen
ergibt, erhöht sich auch der Arbeitsaufwand, der geleistet werden muss, um entsprechende und
angemessene Informationsdienste anzubieten. Aus diesem Grunde müssen die Verbreiter
statistischer Daten ihr Dienstleistungsangebot ausweiten und diversifizieren, d. h. dieselben
Information auf verschiedene Arten vorlegen, um der gestiegenen Zahl der Informationsanfragen
und unterschiedlichen Fragen bezüglich der Verfügbarkeit von Daten gerecht zu werden.
Heutzutage, in einer Ära der e-Technologie kommen technische Probleme hinzu, die sich bei der
Nutzung digital – auf CD oder im Internet – veröffentlichter statistischer Daten ergeben. Die
Nachfrage nach allgemeinen, leicht verständlichen Analysen der sozioökonomischen Situation
richtet sich vor allem an die Nationalen Statistischen Ämter und andere staatliche Institutionen, was
das Vertrauen in die Datenqualität belegt.
Damit die angebotenen statistischen Informationen den Bedürfnissen der Datennutzer und
entsprechen und die in ihre Erstellung investierten finanziellen Mittel nicht verschwendet werden,
sollten Statistiker auch auf Marketinginstrumente zurückgreifen. Das bedeutet, dass sie die Nutzer
ihrer Produkte untersuchen sollten, um besser zu verstehen, wie sie durch die Verbesserung von
Produkten, Dienstleistungen und Kommunikation deren Interessen rationeller gerecht werden
können.
2.
Wer ist ein professioneller Datennutzer und wer nicht?
Ich beginne mit der Feststellung, dass es praktisch unmöglich ist, professionelle und nicht
professionelle Datennutzer zu definieren, zu klassifizieren und zu unterscheiden. Vielleicht ist es
möglich,
professionelle
Datennutzer
präziser
zu
charakterisieren
bzw.
zumindest
Evaluierungskriterien anzulegen.
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Da wir alle professionelle Statistiker sind, scheint es zunächst schwierig, nicht professionelle
Datennutzer zu ermitteln. Wenn wir das Problem jedoch von einer anderen Seite aus betrachten,
z. B. aus der Perspektive einer Branche, in der wir alle Laien sind, können wir einen vollkommen
anderen Standpunkt einnehmen.
Ich möchte Statistik und Meteorologie miteinander vergleichen. Auch wenn wir jeden Tag die
Wettervorhersage hören um herauszufinden, was wir anziehen sollen oder inwieweit sich die
nächste Woche für einen Ausflug eignet, verstehen wir jedoch eigentlich nicht, auf welche
Indikatoren und Analysen sich die Wettervorhersage stützt. Kurz gesagt, werten Meteorologen die
verfügbaren Daten aus, um sie für andere verständlich zu machen.
Wir können das erwähnte Prinzip auch auf die Nutzer statistischer Daten anwenden, die sich in zwei
Gruppen aufteilen: in Profis und in Laien. Lassen Sie uns anhand der Definition eines
professionellen Datennutzers versuchen zu klären, was ein nicht professioneller Datennutzer ist.
Ein professioneller Datennutzer ist also mit Hilfe der ihm zur Verfügung stehenden statistischen
Daten und durch Anwendung theoretischer und praktischer Methoden der statistischen Analyse in
der Lage, für sein weiteres Handeln und seine Entscheidungsfindung Schlussfolgerungen zu ziehen.
Natürlich sollte hierbei erwähnt werden, dass die gezogenen Schlussfolgerungen und getroffenen
Entscheidungen nicht immer korrekt sind, doch dies hängt stärker von der Erfahrung und
beruflichen Qualifikation des Datennutzers ab.
Im Gegensatz dazu können wir nicht professionelle Datennutzer charakterisieren. Sie treffen ihre
Entscheidungen auf der Grundlage von Schlussfolgerungen, die von anderen gezogen werden
(ebenso wie bei der Wettervorhersage: Wie viele von uns können etwas mit Satellitenfotos ohne
Erklärungen anfangen?).
Gemäß dieser Definition setzt sich die Gruppe der nicht professionellen Datennutzer im
Allgemeinen aus den folgenden Nutzern zusammen:
• Breite Öffentlichkeit (interessierte Bürger);
• Lehrkräfte;
• Studierende;
• Schüler;
• Bibliothekare;
• Politiker;
• Journalisten;
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• Unternehmer;
• Beamte.
Die letzten vier Nutzergruppen können auch als professionelle Nutzer betrachtet werden (das hängt
von ihrer Qualifikation im Bereich Statistik ab). In jedem Fall stellt die Öffentlichkeit insgesamt die
Hauptgruppe nicht professioneller Nutzer dar.
3.
Gruppen traditioneller Nutzer statistischer Daten aus neuer Sicht
Jeder Datennutzer erwirbt und verwendet statistische Daten für einen bestimmten Zweck. In den
meisten Fällen sind die statistischen Daten nur Teil der Auswahl von Informationen, die einem
Datennutzer für die Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Die Hauptgruppen von
Datennutzern zu ermitteln heißt, die erworbenen statistischen Daten und ihren Verwendungszweck
miteinander in Beziehung zu setzen, um die Gruppen professioneller und nicht professioneller
Datennutzer zu identifizieren.
Laut Sibylle von Oppeln-Bronikowski, einer Spezialistin des deutschen Statistischen Bundesamtes,
lässt sich der Bedarf an Statistiken auf drei Ebenen verteilen:
• Bedarf der breiten Öffentlichkeit an Basisinformationen;
• Bedarf an Standardinformationen, die bestimmten Zielgruppen zugeordnet werden können;
• Bedarf an kundenspezifischen Informationen für spezielle Nutzer [1].
“This basic information includes press releases, leaflets, small brochures, replies to minor enquiries,
statistical publications in libraries, at trade fairs and exhibitions, contributions to events and Internet
dissemination” (“Diese Basisinformationen umfassen Pressemitteilungen, Prospekte, kleine
Broschüren, Antworten auf kleinere Anfragen, statistische Publikationen in Bibliotheken, bei
Messen und Ausstellungen, Beiträge auf Veranstaltungen und die Verbreitung über das Internet”.)
[1, S. 3].
Der Bedarf der breiten Öffentlichkeit an Informationen umfasst die Aufgabe der NSÄ, Statistiken
für die Allgemeinheit als öffentliches Eigentum zu erarbeiten. Die Informationen für die breite
Öffentlichkeit sollten im Voraus erstellt werden, so dass ihre Verbreitung so umfassend wie
möglich erfolgen kann. Die beste Möglichkeit der Verbreitung von Informationen für Laien ist die
Nutzung von Multiplikatoren, in erster Linie Massenmedien, Lehrkräften und internationalen
Organisationen.
Es sollte erwähnt werden, dass ein Teil des Bedarfs an Standardinformationen auch von Laien
übernommen werden könnte.
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Die Erfahrung einer Verbreitung der Struktur statistischer Daten zeigt, dass verschiedene
Nutzergruppen die Erhebungsergebnisse in unterschiedlicher Form benötigen. Jede Gruppe von
Nutzern wünscht die Informationen in der Form, die ihren speziellen Bedürfnissen am besten
gerecht wird. Journalisten, Politiker und die breite Öffentlichkeit nutzen statistische Daten
hauptsächlich für die Teilnahme an demokratischen Prozessen.
Nicht professionelle Nutzer benötigen nicht nur korrekte und aktuelle Daten, sondern auch einfache
Erklärungen zu den Datenquellen, Aggregationsmethoden und der Berechnung von Indikatoren.
Ein größerer Teil der nicht professionellen Nutzer zieht Analysen und Auslegungen von
Erhebungsergebnissen vor.
Die breite Öffentlichkeit (interessierte Bürger) benötigt sehr vielfältige, aber nicht zu stark
detaillierte statistische Daten. Studierende sind zudem an verschiedenen statistischen Gebieten
interessiert; sie wünschen ausführlichere Informationen.
Selbstverständlich benötigen Laien sowie andere Nutzer qualitativ hochwertige und aktuelle
statistische Daten.
Nicht professionelle Nutzer benötigen keine so ausführlichen Metadaten wie professionelle Nutzer.
Verbreiten die NSÄ etwa den Verbraucherpreisindex (VPI) an professionelle Nutzer, legen sie auch
detaillierte Metadaten, z. B. die Anzahl der Bezirke, Händler und Dienstleistungsanbieter, vor.
Diese Metadaten umfassen die Preise und Tarife für den Korb der Waren und Dienstleistungen, die
Anzahl der Güter und Dienstleistungen im VPI-Korb, die Gesamtzahl der monatlich erfassten
Preise, die Quellen für Gewichte, den Bezugszeitraum für den VPI sowie für Preise. “Für nicht
professionelle Benutzer ist eine eher allgemeine Beschreibung unter Spezifizierung bestimmter
Informationen zur jeweiligen Darstellung der Daten (etwa anhand von Beispielen) geeignet”
[2, S. 24].
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Öffentlichkeit als Ganzes keine homogene Gruppe darstellt.
Daher liefert die Nutzererhebung häufig keine mehr oder weniger präzisen Informationen über die
Anforderungen interessierter Bürger an statistische Daten.
Wir stimmen voll und ganz den Worten von Inge Feldbaek, einer Spezialistin von Statistics
Denmark, zu:
“Statistiken sind schwer zu verstehen. Statistiker müssen die Mühe auf sich nehmen, sich für die
breite Öffentlichkeit verständlich auszudrücken, denn von dieser breiten Öffentlichkeit hängen wir
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ab, und wir haben die Verpflichtung, mit der breiten Öffentlichkeit unser Wissen über die Lage der
Gesellschaft zu teilen” [5, S. 63]. Wir, die Statistiker sollten beachten, dass “den Benutzern die
Informationen angeboten werden müssen, die sie wünschen (und nicht die Informationen, von
denen wir der Ansicht sind, dass sie sich dafür interessieren müssten” [5, S. 63].
Die NSÄ sollten bei der Verbreitung ihrer Daten Produkte und Lösungen für alle Gruppen von
Datennutzern vorsehen.
Die Datennutzer können je nach ihrem Grad an Professionalität charakterisiert werden (siehe
Abbildung 1).
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Abbildung 1 – Evaluierung der Professionalität von Nutzern statistischer Daten
Sonstige Datenproduzenten
Staatliche Einrichtungen auf nationaler Ebene
Forschungs-/Bildungseinrichtungen
WENIGER PROFESSIONELL
STÄRKER PROFESSIONELL
Kommunale Einrichtungen
Massenmedien
Bibliotheken
Gesellschaft insgesamt
Studierende/Schüler
Unternehmer
Branchenspezifische Professionalität
Professionalität im Bereich Statistik
Datennutzer nach unterschiedlichem Kenntnisstand im Bereich Statistik
homogener Kenntnisstand
unterschiedlicher Kenntnisstand
erhebliche Unterschiede im Kenntnisstand
Jeder Datennutzer ist in den meisten Fällen auf irgendeinem Gebiet Profi, aber wenn man sich die
Professionalität im Hinblick auf die Nutzung und das Verständnis statistischer Daten ansieht, ist die
Situation nicht so homogen. Die NSÄ versuchen das dargestellte Problem dadurch zu lösen, dass
sie spezielle Produkte anbieten, die auf eine bestimmte Gruppe von Datennutzern entsprechend
ihrem Grad an Professionalität zugeschnitten sind. Die NSÄ sollten bei der Verbreitung ihrer Daten
Produkte und Lösungen für alle Gruppen von Datennutzern vorsehen.
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Die staatlichen Einrichtungen auf nationaler Ebene stellen eine wichtige Gruppe von Nutzern
statistischer Daten dar. Sie nutzen Daten hauptsächlich für die Analyse der wirtschaftlichen
Situation in verschiedenen Zweigen der nationalen Wirtschaft, für die Ausarbeitung von
Entwicklungsplänen, für die Überwachung ihrer Durchführung, für die Erstellung von Prognosen,
usw.
Kommunale Einrichtungen nutzen statistische Daten vorwiegend für die Evaluierung der
territorialen Entwicklung und die Ausarbeitung von Entwicklungsplänen. Um weitere
Informationen über die territorialen Veränderungen in anderen Fällen zu erhalten, richten sie zudem
auch ihre eigenen Statistikdienste ein.
Die oben aufgeführten Gruppen von Datennutzern können als traditionelle Kunden statistischer
Produkte und Hauptdatennutzer betrachtet werden.
Heutzutage steigt die Zahl der Gruppen von Datennutzern, die Vermittlungsdienste für andere
Nutzer anbieten, Unterstützung bei deren Auswahl der Informationen bieten und sie bei der
Bewertung ihrer bestehenden Phänomene und Prozesse unterstützen. Zu dieser Gruppe gehören
Angestellte in Forschungs-/Bildungseinrichtungen, Massenmedien sowie Bibliotheken bzw.
Informationszentren. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass die NSÄ aktiv Dienste in Form von
Informationszentren anbieten und Analysen der bestehenden sozioökonomischen Prozesse
veröffentlichen. Die Gesellschaft allgemein, die statistische Daten bis auf wenige Ausnahmen mit
Hilfe der oben erwähnten Gruppe von Anbietern von Vermittlungsdiensten erhält, stellt die
zahlenmäßig größte Gruppe von Datennutzern dar.
Folgende Gruppen von Datennutzern erhalten die sie interessierenden Informationen von allen oben
genannten Datenquellen:
- Studierende/Schüler – nutzen statistische Daten in erster Linie im Rahmen des
Bildungsprozesses;
- gelegentliche Datennutzer – die statistischen Daten werden für die Durchführung
rechtlicher oder organisatorischer Prozesse benötigt.
4.
Aufbereitung von Statistiken – der Schlüssel zum Erfolg
Die Neugier der Allgemeinbevölkerung im Hinblick auf statistische Daten unterschiedlicher
Themenbereiche, ohne dass die Personen notwendigerweise eine direkte Verbindung zu diesen
Bereichen menschlichen Wissens und der Erzeugung statistischer Daten selbst haben, hat bereits
Auswirkungen auf die Aufbereitung von Statistiken gezeigt. Dies lässt sich eindeutig anhand eines
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Vergleichs zweier Publikationen beobachten – die eine stammt von 1991, die andere wurde im
vergangenen Jahr veröffentlicht:
Die erste Publikation besteht ausschließlich aus Tabellen, während die andere ein ausgewogenes
Verhältnis dreier Elemente – Text, Tabellen und Grafiken – aufweist.
Heute gehen wir davon aus, dass Tabellen für sich genommen in Publikationen, die sich an nicht
professionelle Datennutzer wenden, nicht sonderlich hilfreich sind, da in diesem Falle die
Anforderungen hinsichtlich Abstraktion und Systematisierung größer sind als die, die ein Laie
besitzt. Die Verwendung erläuternder Texte und Grafiken, die die statistischen Tabellen ergänzen,
ist in allen Publikationen gerechtfertigt, die Informationen über sozioökonomische Erscheinungen
liefern, aber sie ist praktisch zwingend, wenn es um die Vermittlung statistischer Daten gegenüber
der breiten Öffentlichkeit geht.
Statistiker haben verstanden, dass die optische Aufbereitung durch Grafiken und Karten einen
Fortschritt bei der Suche nach einer qualitativ hochwertigen Vermittlung von Statistiken darstellt,
da sie dem Nutzer helfen, komplexe oder systemisierte Datensätze zu verstehen.
Niemand würde, so nehme ich an, der These widersprechen, dass eine kurze Analyse der
betreffenden Daten und die Verwendung von Grafiken oder Karten die Möglichkeit verbessert, dem
Leser eine Botschaft zu vermitteln. Leichter verdauliche Informationen verdeutlichen die
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Bedeutung der Daten, da Text und Bild das in den Vordergrund rücken, was von Laien unter
Umständen nicht immer wahrgenommen wird.
Dennoch ist diese Erkenntnis allein keine Garantie für eine kommunikative Aufbereitung von
Statistiken. Der Erfolg im Hinblick auf die Ausgewogenheit zwischen Text, Tabellen und der
Darstellung statistischer Daten hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. von:
1) dem Verständnis des Statistikers für den Bedarf nicht professioneller Datennutzer an
Informationen, die lebendig, einprägsam, leicht lesbar und verständlich sind und deren
Inhalt auf den ersten Blick klar ist,
2) der Kreativität des Statistikers, die auf die Bedürfnisse des Nutzers abgestimmten Lösungen
in Zusammenarbeit mit den Grafikdesignern umzusetzen
3) und last but not least die Fähigkeit des Statistikers, Datenverzerrungen und die möglichen
unterschiedlichen Schlussfolgerungen, die hieraus gezogen werden können, zu vermeiden.
Bezüglich der Kreativität ist es recht offensichtlich, dass man nicht hoffen kann, dass dieselbe
Fachkraft die Statistiken erstellt und analysiert und darüber hinaus mit allen Fähigkeiten eines
Grafikdesigners und ästhetisch-künstlerischem Talent die Präsentation übernimmt. Es scheint uns
jedoch klar zu sein, dass es in der Verantwortung eines neuen Statistikers liegt, korrekt darauf
hinzuweisen, was grafisch dargestellt werden kann und was nicht und auf diese Weise für ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen Text, Tabellen und Grafiken zu sorgen. Der Inhalt einer
Publikation sollte mit Blick auf die Nutzer durchdacht werden.
Die Pflicht einer amtlichen Quelle für statistische Daten, der Öffentlichkeit einen korrekten,
unverzerrten, neutralen Bericht der Lage vorzulegen, erschwert alle oben genannten
Herausforderungen um ein Vielfaches.
Dennoch lassen sich durch effiziente Teamarbeit von Statistikern und Grafikdesignern sowie mit
Kreativität Ergebnisse erzielen, die beide Ziele erreichbar machen.
5.
Unerfahrene Datennutzer im Blickpunkt des Statistischen Zentralamts von Lettland
Die Datenverbreitungspraxis des Statistischen Zentralamts von Lettland umfasst verschiedene
Kommunikationskanäle, aber heute möchte ich über diejenigen sprechen, die sich an nicht
professionelle Datennutzer richten.
• Massenmedien. Ausgehend davon, dass die Massenmedien im Hinblick auf ihren Bedarf an
Informationen und die für die Erstellung der Daten verfügbare Zeit eine spezielle Gruppe von
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Datennutzern
darstellen,
widmet
das
Statistische
Zentralamt
von
Lettland
der
Zusammenstellung von Daten für Massenmedien besondere Aufmerksamkeit und
gewährleistet so die korrekte Rezeption von Informationen durch Journalisten sowie die
unverzerrte Weitergabe an die Gesellschaft. Kontakte mit Vertretern der Massenmedien und
die Zusammenstellung der Daten werden vom Pressesekretariat koordiniert. Die regionalen
Informationszentren des Statistischen Zentralamts haben in Zusammenarbeit mit der
Regionalpresse eine Reihe von Ratespielen mit Bildungswert für Zeitungsleser veröffentlicht,
die ich mit Stolz als erfolgreiches Instrument erwähnen kann, um neuen Nutzern nahe zu
bringen, wie statistische Daten zu bewerten und zu analysieren sind.
• Nutzer in Regionen. Seit 2005 unterhält das Statistische Zentralamt in jeder Region ein
Informationszentrum, um Daten und Dienste zur Verfügung zu stellen, die auf die
Bedürfnisse regionaler Nutzer abgestimmt sind. Wenn man bedenkt, dass Datennutzer häufig
keine guten Kenntnisse über Statistiken und Informationen über statistische Indikatoren
haben, fungieren die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Informationszentrums als
Dolmetscher zwischen Laien und der Welt der statistischen Indikatoren. Die Beschäftigten
der regionalen Informationszentren sind auch in der Auswahl der Informationen geschult, die
von anderen Einrichtungen angeboten werden (Bank von Lettland, Finanzministerium,
Bevölkerungsregister, Eurostat) [6].
• Bildungseinrichtungen. Das Statistische Zentralamt von Lettland bietet Hochschulen zwei
Möglichkeiten der Zusammenarbeit an:
{ Vorträge über das Zusammentragen statistischer Daten,
{ kostenlose Nutzung anonymisierter Mikrodatendateien für Personen, die die Bildung
der potenziellen professionellen Datennutzer fördern.
Auch die Zusammenarbeit mit regionalen Bildungseinrichtungen trägt Früchte und eröffnet
so die Möglichkeit, zukünftige Nutzer statistischer Daten direkt anzusprechen. Als
Musterbeispiele möchte ich einige Geografiestunden erwähnen. Hier beteiligte sich das CBS
an den Projektwochen, stellte Themen für Projektarbeiten zur Verfügung und bot den
Geografielehrern und -lehrerinnen Unterstützung bei der Datensammlung und der
Seminarorganisation an.
• Regierungseinrichtungen. Um die korrekte Nutzung statistischer Daten in den von den
nationalen Regierungseinrichtungen erstellten Materialien zu erleichtern, bietet das
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Statistische Zentralamt eine breite Palette spezieller kostenfreier Dienstleistungen an, u. a.:
statistische Publikationen, kundenspezifische Datensätze bei Ad-hoc-Anfragen, Überprüfung
und Korrektur lesen statistischer Daten in von Regierungsinstitutionen erarbeiteten
Dokumenten. Die Praxis zeigt, dass die Angestellten von Regierungseinrichtungen einen
bemerkenswert unterschiedlichen Wissensstand über statistische Prozesse aufweisen. Daher
ist die Unterstützung durch das Statistische Zentralamt für die korrekte Auslegung der Daten
in einigen Fällen unerlässlich.
• Kommunen. Das Zusammentragen regionaler Statistiken erfordert einerseits den Willen der
Kommunen, unparteiische statistische Daten über ihren Verwaltungsbezirk zu erheben.
Andererseits sind damit die Kosten für den Erhalt der Daten sowie die Belastung der
Befragten verbunden. Das Ausgleichen dieser beiden entgegen gesetzten Pole ist für jedes
NSA eine schwierige Aufgabe. Dabei muss erwähnt werden, dass sich Erfahrung und
Kenntnisstand der Kommunen in Bezug auf die Nutzung statistischer Daten enorm
unterscheiden. Im Falle Lettlands hängt dies von der Größe der Kommunen ab – je größer sie
ist, desto umfangreicher ist der Verwaltungsapparat, der eine Spezialisierung bei der
Verwaltung spezieller Funktionen erlaubt. Um die Bedürfnisse der Kommunen in Bezug auf
statistische Daten besser berücksichtigen zu können, hat das Statistische Zentralamt regionale
Informationszentren eingerichtet. Eine der Aufgaben dieser Zentren besteht darin, die
Bedürfnisse der Kommunen hinsichtlich statistischer Informationen durch Übernahme einer
Vermittlerrolle zwischen Kommunen und statistischen Datenquellen zu erfüllen.
• Unternehmen. Unternehmer sind sowohl Datennutzer als auch Datenproduzenten. Hierbei ist
zu erwähnen, dass die Bereitstellung statistischer Daten an Unternehmer auch die
Rücklaufquote erhöht. Das Statistische Zentralamt verfolgt bei der Zusammenarbeit mit
Unternehmern die folgenden Lösungen:
{ Ergebnisse der Analyse der finanziellen Tätigkeit der Unternehmen (allgemein:
Ratings) – Das Statistische Zentralamt informiert jedes Unternehmen über seine
Position innerhalb der Branche. Dies trägt einerseits dazu bei, die Fortschritte des
Unternehmertums zu beurteilen und macht andererseits die Nutzung von Statistiken
bei neuen Datennutzern populärer.
{ Maßgeschneiderte Datensätze – Datennutzer sind ziemlich häufig nicht daran
interessiert, die Informationen selbst zu suchen, da sie nicht über das Wissen über
entsprechende Quellen verfügen und lieber auf kundenspezifische Datensätze
zurückgreifen. Die Kontaktpersonen des Dienstes für kundenspezifische Datensätze
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spielt die wichtige Rolle eines Dolmetschers bzw. einer Lehrkraft, die den
zuständigen Statistikern die Informationsanfrage verständlich macht und den
Unternehmern die Verfahren für die Aufbereitung der statistischen Daten in
einfachen Worten erklärt.
6.
Schlussfolgerungen
Statistische Daten werden zu einem umstrittenen Diskussionsthema in der Gesellschaft insgesamt,
wenn die veröffentlichten Daten Extreme in Form von offensichtlich positiven oder offensichtlich
negativen Trends widerspiegeln. Die Veränderung der Verbraucherpreise bei Aufnahme in die
Europäische Union ist ein Beispiel, das noch immer Schlagzeilen macht. Zudem wird die
Glaubwürdigkeit statistischer Daten aufgrund der Diskrepanz zwischen den amtlichen
Verbraucherpreisdaten und der subjektiv gefühlten Inflation in Frage gestellt.
Die Allgemeinbevölkerung ist in solchen Phasen plötzlich gestiegenen Interesses an statistischen
Daten nicht immer ausreichend vorbereitet, um den Informationsfluss zu verstehen, und es können
falsche Entscheidungen getroffen werden. Ein Beispiel auf dem lettischen Einzelhandelsmarkt war
in der letzten Zeit ein “Salzeinkaufsboom”, der dazu führte, dass alle Salzvorräte aus den
Geschäften und Lagerhäusern des Großhandels direkt in die Haushalte gelangten. Dieses Ereignis,
das den Salzvorrat vieler lettischer Familien über viele Jahre sicherte, hatte keinen wirklichen
Grund, stand jedoch im Zusammenhang mit dem “EU-Beitrittsfieber”.
Da nicht professionelle Datennutzer ihre Informationen in den meisten Fällen über Vermittler
erhalten, sollten die veröffentlichten Indikatoren einen "Haken" aufweisen, um die Aufmerksamkeit
der Datennutzer zu erregen und ihnen zu helfen, sich mit Statistiken im Alltag vertraut zu machen.
Wir sollten nicht warten, bis ein großer Haken wie der EU-Beitritt oder andere vergleichbare
sozioökonomische Ereignisse eintreten, um die Statistik ins Rampenlicht der Massenmedien zu
rücken. Dies führt häufig zu einer hysterischen Reaktion der unvorbereiteten Öffentlichkeit und
falschen Schlussfolgerungen, worunter die Glaubwürdigkeit der NSÄ nur leiden kann.
Um den Wissensstand in Bezug auf Statistik – über die wichtigsten Indikatoren und ihre
Berechnung – in der Gesellschaft zu erhöhen, ist es wichtig, Statistiken in den gesamten
Bildungsprozess mit einzubeziehen. Die NSÄ mehrerer Länder haben durch die Erstellung von
Unterrichtsmaterialien bereits einen Schritt in diese Richtung getan. Die Ressourcen der NSÄ sind
nicht ausreichend und angemessen, um dieses Ziel allein zu erreichen. Die Zusammenarbeit mit
anderen staatlichen Einrichtungen ist notwendig, und das Ergebnis hängt von der Beteiligung aller
Parteien ab.
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Angesichts der großen Zahl von Datennutzern, die als nicht professionelle Nutzer statistischer
Daten bezeichnet werden können, ist es zwingend notwendig, statistische Daten für die breite
Öffentlichkeit angemessen aufzubereiten. Die Aufbereitung statistischer Daten sollte auf eine
spezielle Gruppe von Datennutzern abgestimmt sein: Unternehmer, Studierende, Politiker und
andere. Ich möchte diese Idee mit den Worten von Herrn Svein Longva abschließen: “Every
possibility for improving the dialogue between the ESS, the users and the respondents must be
exploited” (Jede Möglichkeit, den Dialog zwischen dem ESS, den Nutzern und den Befragten zu
verbessern, muss genutzt werden.) [8, S. 14].
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die NSÄ erst in den letzten Jahrzehnten Schritte
unternommen haben, um auf die Bedürfnisse nicht professioneller Datennutzer einzugehen, und es
gibt für beide Seiten – die Statistiker und die Nutzer statistischer Daten – noch eine Menge zu
lernen. Die Statistiker sollten noch mehr über die Bedürfnisse nicht professioneller Datennutzer
lernen, während die Allgemeinbevölkerung nicht darum herum kommt, mehr über Statistik zu
lernen.
Literatur
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Member States. Sigma 3/98. - SS. 3-5
[2]
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Lettland, 2004. - S. 27
[7]
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10.-13. November 2004. – S. 8
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Svein Longva. Make the public our boss. – The future of the ESS. Sigma 2/2002 –
SS. 13-15
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