Jungen in der Heimerziehung und sexuell grenzverletzende

Transcription

Jungen in der Heimerziehung und sexuell grenzverletzende
Jungen in der
Heimerziehung und
sexuell grenzverletzende
Jungen
Geschlechtsbewusste Zugänge in
der therapeutisch-pädagogischen
Arbeit
Jan Schweinsberg
1
Inhalte:
1.
Zwei Zugänge zur Arbeit mit Jungen
Æ Modellprojekt Geschlechtsbewußte Jungenarbeit in der Heimerziehung
Æ Therapeutische Arbeit mit sexuell grenzverletzenden Jungen
2.
Zuschreibungen
Æ Folgen geschlechtsrollenspezifischer Anforderungen und Sozialisation
Æ Beschreibung sexuell auffälliger Jungen
3.
Ergebnisse / Themenschwerpunkte der Arbeit mit Jungen
Æ Kernbereiche / Entwicklungsaufgaben für Jungen
Æ Themenkomplexe in der Arbeit mit sexuell grenzverletzenden Jungen
4.
Zusammenführung
5.
Problematisierung
Begriffsklärung
Jungenarbeit ist ein Arbeitsbereich, welcher sich
auf die Arbeit mit Jungen, deren Ziele, Themen,
Sozialisation, Lebenslagen, Sorgen und
Wünsche spezialisiert und daraus pädagogische
Angebote ableitet, welche ressourcenorientiert
den Jungen vielfältige Erfahrungen jenseits
einengender Rollenanforderungen ermöglicht.
Aus: „Weiterentwicklung und Professionalisierung der Jungenarbeit in
ausgewählten Bereichen der Jugendhilfe in Sachsen“, 2009
1.
Zwei Zugänge zur Arbeit mit Jungen
Modellprojekt Geschlechtsbewußte
Jungenarbeit in der Heimerziehung
(2001 – 2004)
- Stationäre Einrichtung
- 8 Plätze
- 5 x Lernförderschule, 3 x Schule für
Erziehungshilfe, 3 x Mittelschule
- Aufnahmegrund: Jungen mit
Verhaltensauffälligkeiten
- Alter: 12 – 16 Jahre
- Personal: Geschlechtsheterogen
Therapeutische Arbeit mit sexuell
grenzverletzenden Jungen (ab 2007)
- Ambulante Gruppe
- 6 Plätze
- 50% Lernförderschule, 10% Schule für
Erziehungshilfe, 20% Schule für geistig
Behinderte
- Aufnahmegrund: Sexuelle Übergriffe
(sexueller Missbrauch)
- Alter: 12 – 17 Jahre
- Personal: Geschlechtsheterogen
1.
Zwei Zugänge zur Arbeit mit Jungen
Forschungsansätze im Modellprojekt
1. Erhebung und Darstellung von
geschlechtsbezogener Arbeit mit Jungen – Eine
explorative Studie
2. Geschlechtsbezogene Psychodiagnostik
3. Methodische Ansätze für die Erfassung
vorhandenen Wissens zur Problematik der
geschlechtsbewussten Arbeit im Bereich
stationärer erzieherischer Hilfen
2. Zuschreibungen
Folgen geschlechtsrollenspezifischer Anforderungen
und Sozialisation
- Jungen sind in Sonderschulen überrepräsentiert
- Männliche Jugendliche sind häufiger delinquent (60x
häufiger wegen Diebstahl verurteilt)
- Nichtanerkennung von Grenzen
- Anwendung von Gewalt
- Höhere psychische Belastung (ADHS, Depressionen
- 75% der Kinder und Jugendlichen in der Jugendhilfe
sind Jungen
2. Zuschreibungen
Beschreibung sexuell auffälliger Jungen
1.
Hands-off Delikte
2.
Pädosexuelle Verhaltensweisen
a) Manche sind in ihrer Intelligenz und ihrer sozialen Kompetenz so eingeschränkt, dass sie
nicht in der Lage sind, sich Gleichaltrigen anzunähern.
b) Jungen, die selbst Opfer von Gewalt und sexueller Misshandlung und/oder
Vernachlässigung waren (Re-Inszenierung, Ohnmacht Æ Macht)
c) Sexuelle Handlungen mit einer meist genau nach Aussehen, Geschlecht und Alter
festgelegten Gruppe von Kindern
3.
Sexuell aggressive Jungen
rücksichtsloses Durchsetzen sexueller Bedürfnisse unter Einsatz körperlicher Gewalt als
besonderer Reiz
4.
Dissoziale Jungen
sexuelle Übergriffe im Rahmen zahlreicher anderer Grenz- und Regelverstöße
5.
Sadistische Interessen
Gefallen am Leiden und Widerstand der Opfer
Aus: Thoms Gruber, Ratgeber für den Umgang mit sexuell auffälligen Jungen
3. Ergebnisse/Themenschwerpunkte der Arbeit mit
Jungen
Kernbereiche / Entwicklungsaufgaben für Jungen:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Körper und Sexualität
Autorität (der Betreuer, in der Clique)
Größenphantasien (eigene Wahrnehmung und Abgrenzung)
Regeln/Grenzen (in der Peer-group, in der Wohngruppe, Grenzen durchsetzen)
Ambivalenzen (Clique – Freundin)
Gewalt (Aggression durch Jungen)
Generation (Jugendkultur, Differenz gelebtes Mann-/Junge-sein zw.
Jungenarbeiter und Junge)
Selbstbehauptung (in der Gruppe, in der Clique)
Geschlechtliche Identität
Erweiterung der Lebenswelten (Schule, Freizeit, Freundin, Clique)
Sozial-emotionale Kompetenz
Vertrauen
3. Ergebnisse/Themenschwerpunkte der Arbeit mit
Jungen
1. Beziehung des Jugendlichen zu seinen Delikten
- Entwicklung von Opferempathie;
- Kenntnis der eigenen Verführungssituationen;
- Grad der Verantwortungsübernahme
2. Beziehung zu Sexualität
- Fähigkeit, Grenzen Anderer wahrzunehmen und zu respektieren;
- Akzeptanz möglicher eigener perverser Fixierungen;
- Fähigkeit zum Beziehungsaufbau und -erhalt zu Gleichaltrigen;
3. Emotionalität
- Grad der Differenzierung der Wahrnehmung und der Verbalisierung der eigenen Gefühle
- Umgang mit belastenden Gefühlen;
- Umgang mit aggressiven Impulsen;
4. Stand der Identitätsentwicklung
- Fähigkeit, eigene Standpunkte zu vertreten;
- Umgang mit Konflikten bzw. Frustrationen;
5. Soziale Situation / Perspektive
- Adäquate Weiterbetreuung;
4. Zusammenführung
Jungenarbeit
Arbeit mit sexuell
grenzverletzenden
Jungen
Die Arbeit mit sexuell grenzverletzenden Jungen setzt
Jungenarbeit bzw. geschlechtsbewußte Arbeit mit Jungen
intensiv und langfristig im Konkreten um (wie es für
Jungenarbeit im Allgemeinen wünschenswert wäre).
Die Stigmatisierung sexuell delinquenter Jungen kann
durch eine Implementierung jungenpädagogischer
Sichtweisen verringert werden.
5. Problematisierung
• Wir sehen die Probleme die Jungen machen, nicht
die, die sie haben.
• Die Differenz zwischen den Zuschreibungen und den
Bedürfnissen von Jungen sowie den
Männlichkeitsbildern und dem individuellen Junge/Mann-sein stellt hohe Anforderungen an die
therapeutisch-pädagogische Arbeit nach Außen und
Innen.
• Sexuell grenzverletzende Jungen fordern uns
besonders heraus, da der öffentliche Druck und die
Erwartungen besonders hoch sind.
Vielen Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit!
4. Was brauchen Jungen?
• Jungen brauchen Schutzräume
(Geschlechtshomogene Gruppen)
• Jungen brauchen Anerkennung (Selbstwert)
• Jungen brauchen Orientierung (Grenzen)
• Jungen brauchen eine Verschiedenartigkeit
an Männlichkeitsentwürfen (anwesende
Männer)
• Jungen brauchen verschiedene Angebote /
Räume für ihr Junge-sein