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Frankfurter Rundschau online HOME ABO-ANGEBOTE ANZEIGEN INSERIEREN ARCHIV MEDIADATEN ONLINEWERBUNG FR Home | Kultur & Medien | Feuilleton KONTAKT Frankfurt am Main, 11.04.2005 Feuilleton TIMES MAGER Tagesinhalt Bildergalerien Dastehen 100 Ressorts Nachrichten & Politik Wirtschaft & Börse Sport Kultur & Medien Feuilleton Medien Belletristik Das Politische Buch Literatur-Rundschau Konzertkritiken Boulevard Architektur Frankfurt & Hessen Freizeit Computer & Internet Wissenschaft Mobil Wetter Wenn hundert Frauen nackt im Museum stehen, dann kann es schon passieren, dass die Dinge im Vorfeld aus dem Ruder laufen. Drastisch formulierte Ankündigungen, Falschmeldungen zuhauf, eine Boulevardzeitung, die die Aktion in unerreichter Dumpfheit als "größte Peepshow der Welt" präsentierte. Am Abend dann Riesenandrang, Menschen am Rande des Nervenzusammenbruchs, "Sündenbabel"-Plakate, Blaulicht, Polizeieinsatz. Zu den Turbulenzen trug auch die Künstlerin Vanessa Beecroft, Urheberin der hier avisierten Performance, bei, als sie mit der schlichten Mitteilung irritierte, die Teilnehmerinnen seien danach ausgesucht worden, ob ihre Haarfarben den Farben der deutschen Nationalfahne entsprächen (schwarz- rot-blond). Anzeigen Stellen Immobilien Autos WebFinder Informationen Service & Kontakt Kontakt Impressum FR Archiv & CD-ROMs Wir über uns Abo-Angebote & Service Einzelverkauf Sonderverkauf Mediadaten Print Mediadaten Online FR-Altenhilfe Nest-Verlag Übersicht E-Paper my FR online Volltextsuche 14-Tage-Archiv Sitemap Newsletter Alle Dossiers Alle Serien Alle Votings Webcam Hilfe E-Paper VON ULRICH CLEWING Spätestens an diesem Punkt fragte man sich, ob das Ganze denn wirklich so banal sein musste. Jedenfalls deutete nach alldem nicht besonders viel darauf hin, dass an diesem Freitag in der Berliner Neuen Nationalgalerie etwas geschehen würde, was in künstlerischer Hinsicht irgendwie weiter von Belang wäre. Selbst nach Einlass in die Ausstellungshalle, in der einhundert Berlinerinnen im Alter von 20 bis 55 Jahren nur mit einer Strumpfhose bekleidet vor ihr Publikum getreten waren, um dort die nächsten drei Stunden weitgehend regungslos zu verharren, selbst da war nicht klar, in welche Richtung sich diese seltsame Aufführung entwickeln würde. Die Szenerie war ja auch zu grotesk: Die einen waren nackt und standen da, die anderen hatten etwas an und standen auch da, zwei Gruppen in frontaler Gegenüberstellung, fast wie im Zoo. Besucher machten Fotos, obwohl dies streng untersagt war, manche feixten, glotzten unverhohlen. Andere hatten es sich auf dem Boden bequem gemacht und warteten einfach ab. Und dann, nach einer Weile, kippte die Situation ziemlich unvermutet um. Denn was bis dahin bei all der Aufmerksamkeit zwangsläufig unbeachtet geblieben war, war das Verstreichen von Zeit. Je länger die Performance dauerte, desto intensiver wurde die Kraft, die von der Frauengruppe ausging. Während diesseits das Unbehagen stieg, entstand jenseits der Absperrung jene Stärke, die es für jede echte Verwandlung braucht. Aus dem Nackten wurde das Kreatürliche, aus dem Voyeurismus die Selbstbeobachtung, aus einer vermeintlich schwachen die eindeutig überlegenere Position. Eigentlich sollten hier einhundert Namen stehen, damit jenen, denen es gebührt, der angemessene Respekt gezollt werden kann. Da dies allen journalistischen Konventionen widerspricht, an dieser Stelle nur noch soviel: Es war völlig unerwarteter Weise ein selten großer Moment für die Berliner Museen, der sich an diesem Freitag abend ereignete. http://www.f-r.de/ressorts/kultur_und_medien/feuilleton/?cnt=659130 (1 von 3)11.04.2005 17:40:47 FR komplett: Die gedruckte Ausgabe als E-Paper Letzte Meldungen 15:44 - Kirgisiens Parlament nimmt Akajews Rücktritt an 15:10 - Zustand von Ernst August hat sich verbessert 15:05 - Positives Fazit nach 100 Tagen Lkw-Maut alle Meldungen Das Tagebuch Eine Serie der FR-Leser und Leserinnen: Augenzeugenberichte aus dem Jahr 1945 und von der Befreiung vom Nazi-Regime. Mehr lesen Sie im Dossier 60 Jahre nach Kriegsende Börse aktuell Wetter