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Frankfurt am Main, 11.04.2005
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Wenn hundert Frauen nackt im Museum stehen, dann kann es
schon passieren, dass die Dinge im Vorfeld aus dem Ruder
laufen. Drastisch formulierte Ankündigungen, Falschmeldungen
zuhauf, eine Boulevardzeitung, die die Aktion in unerreichter
Dumpfheit als "größte Peepshow der Welt" präsentierte. Am
Abend dann Riesenandrang, Menschen am Rande des
Nervenzusammenbruchs, "Sündenbabel"-Plakate, Blaulicht,
Polizeieinsatz. Zu den Turbulenzen trug auch die Künstlerin
Vanessa Beecroft, Urheberin der hier avisierten Performance,
bei, als sie mit der schlichten Mitteilung irritierte, die
Teilnehmerinnen seien danach ausgesucht worden, ob ihre
Haarfarben den Farben der deutschen Nationalfahne entsprächen
(schwarz- rot-blond).
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VON ULRICH CLEWING
Spätestens an diesem Punkt fragte man sich, ob das Ganze denn
wirklich so banal sein musste. Jedenfalls deutete nach alldem
nicht besonders viel darauf hin, dass an diesem Freitag in der
Berliner Neuen Nationalgalerie etwas geschehen würde, was in
künstlerischer Hinsicht irgendwie weiter von Belang wäre.
Selbst nach Einlass in die Ausstellungshalle, in der einhundert
Berlinerinnen im Alter von 20 bis 55 Jahren nur mit einer
Strumpfhose bekleidet vor ihr Publikum getreten waren, um dort
die nächsten drei Stunden weitgehend regungslos zu verharren,
selbst da war nicht klar, in welche Richtung sich diese seltsame
Aufführung entwickeln würde. Die Szenerie war ja auch zu
grotesk: Die einen waren nackt und standen da, die anderen
hatten etwas an und standen auch da, zwei Gruppen in frontaler
Gegenüberstellung, fast wie im Zoo.
Besucher machten Fotos, obwohl dies streng untersagt war,
manche feixten, glotzten unverhohlen. Andere hatten es sich auf
dem Boden bequem gemacht und warteten einfach ab. Und
dann, nach einer Weile, kippte die Situation ziemlich unvermutet
um. Denn was bis dahin bei all der Aufmerksamkeit zwangsläufig
unbeachtet geblieben war, war das Verstreichen von Zeit. Je
länger die Performance dauerte, desto intensiver wurde die
Kraft, die von der Frauengruppe ausging. Während diesseits das
Unbehagen stieg, entstand jenseits der Absperrung jene Stärke,
die es für jede echte Verwandlung braucht. Aus dem Nackten
wurde das Kreatürliche, aus dem Voyeurismus die
Selbstbeobachtung, aus einer vermeintlich schwachen die
eindeutig überlegenere Position.
Eigentlich sollten hier einhundert Namen stehen, damit jenen,
denen es gebührt, der angemessene Respekt gezollt werden
kann. Da dies allen journalistischen Konventionen widerspricht,
an dieser Stelle nur noch soviel: Es war völlig unerwarteter
Weise ein selten großer Moment für die Berliner Museen, der sich
an diesem Freitag abend ereignete.
http://www.f-r.de/ressorts/kultur_und_medien/feuilleton/?cnt=659130 (1 von 3)11.04.2005 17:40:47
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