Ausgabe Januar 2013 - Staatsschauspiel Dresden
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Ausgabe Januar 2013 - Staatsschauspiel Dresden
Staatsschauspiel Dresden Die Theaterzeitung 34 Januar 2013 Liebes Publikum, eines der zentralen Anliegen, denen sich das Theater beständig widmet, ist die uralte Frage danach, wie man leben soll. Seit der Antike forscht man auf der Bühne mit Orest, mit Hamlet und ihren Geistesverwandten nach einer Lösung für diese rätselhafteste aller Fragen. Auch Rita und Manfred fragen sich danach. Christa Wolfs Liebespaar aus ihrer Erzählung „Der geteilte Himmel“ lieben sich und finden doch nicht zueinander; sie ringen mit ihrer Liebe und sie ringen mit dem Weltenlauf, der sie entzweit. Mit Wolfs zartem Text wirft Tilman Köhler einen Blick auf die Anfangsjahre der DDR und die Suchbewegungen ihrer Bewohner. holt ihn die Frage nach dem richtigen Leben ein: als Hilde Wangel ihn herausfordert und nach unten zieht. Der „Baumeister Solness“ ist sich seiner Sache sehr sicher – und lässt sich dann doch verwirren. Sein stetes Streben nach oben kennt weder Skrupel noch Scham und doch Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim gemeinsamen Suchen und Finden, Ihr Wilfried Schulz Die Reihe großer Gastspiele aus Anlass der 100. Spielzeit wird im Januar endlich eröffnet. Auch in „Kinder der Sonne“ findet sich die Frage nach dem richtigen Leben in großer Deutlichkeit wieder; wir präsentieren Gorkis Stück in einer Inszenierung des Deutschen Theaters Berlin. Der geteilte Himmel nach der Erzählung von Christa Wolf Uraufführung am 19. Januar um 19:30 Uhr im Schauspielhaus (weitere Termine: 21. und 30.1. sowie 7.2.) Requiem auf eine große Liebe Notizen bei Probenbeginn Wie kann man heute verstehen, dass die DDR 1961 eine Mauer gebaut hat, um die Abwanderung der Bevölkerung zu stoppen? Und gibt es – für die Nachgeborenen, für Fremde, für die Beteiligten und direkt Betroffenen – noch eine Möglichkeit, die Träume und die Hoffnungen von damals zu erklären und zu verstehen? Mit welchem Blick muss man auf dieses ferne Land vor unserer Zeit schauen? C hrista Wolf ist eine der wichtigsten literarischen Stimmen der DDR. Sie hat das Geschick des Landes von innen heraus geprägt und gleichzeitig immer kritisch beobachtet. Wie viel Empathie ihr ihre Leser entgegenbringen, war unter anderem bei einer ihrer letzten öffentlichen Lesungen im Schauspielhaus spürbar, wo sie vom Publikum mit Standing Ovations gefeiert wurde. Jetzt bringt das Staatsschauspiel Dresden eine ihrer früheren Erzählungen auf die Bühne. „Der geteilte Himmel“, entstanden wenige Jahre nach der Proklamation des Bitterfelder Weges (Künstler und Literaten sollten sich am Werksleben beteiligen und die Arbeiter wiederum zur künstlerischen Tätigkeit ermuntern) und erschienen 1963, kurz nach dem Bau der Berliner Mauer, setzt sich mit einem Kapitel der frühen DDR auseinander, das durch eine eigenartige Mischung geprägt ist: Fortsetzung auf Seite 02 Lea Ruckpaul spielt Rita, die ein erfülltes Leben in der jungen DDR einem Leben mit ihrem Geliebten Manfred (Matthias Reichwald) vorzieht. FOTO: DAVID BALTZER Staatsschauspiel Dresden 02 Fortsetzung von Seite 01 Im Frühjahr 2011 hatte Maria Sommer, die langjährige Verlegerin Christa Wolfs, die Dramaturgie des Staatsschauspiels zu einem Mittagessen und zu einem Gespräch mit Gerhard Wolf, Ehemann von Christa Wolf und selbst viele Jahre Dramaturg, Autor, Verleger, in den Verlag nach Berlin eingeladen. Auf die Frage, was für ihn von heute aus gesehen der zentrale Aspekt der Erzählung sei, antwortete Gerhard Wolf: „Dass die deutsche Teilung zum ersten Mal relativ gültig – da muss man vorsichtig sein – thematisiert wurde.“ Hoffnung in ein noch junges System, ein junges Land und einen einzigartigen Versuch, und gleichzeitig der beginnende Niedergang der Ideale, die beginnende Desillusionierung. Rita erwacht nach einem Unfall aus der Bewusstlosigkeit und versucht, wieder Herr über ihre Geschichte zu werden: Über ihre gescheiterte Liebesgeschichte mit Manfred. Denn das Liebespaar Manfred und Rita, er promovierter Chemiker, sie angehende Lehrerin, zerbricht an den Anforderungen eines Lebens zwischen Idealen und Resignation.Während Rita sich dem jungen Staat verschreibt und in ihm eine Aufgabe findet, der sie sich stellen will, entscheidet sich Manfred für Forschung und Karriere, der er unbehindert von Funktionären, Parteizugehörigkeit und Materialmängeln nachgehen will. Manfred geht in den Westen, Rita entscheidet sich zu bleiben. Nur wenige Tage später wird die Mauer gebaut. Dass dabei eine große Liebe und damit wahrscheinlich auch das Lebensglück zweier Menschen auf der Strecke bleibt, macht die Tragik der Erzählung aus. Bereits 1964 entstand die berühmte Verfilmung durch Konrad Wolf und nun, 2013, erzählt Tilmann Köhler diese Geschichte mit einem Ensemble von sieben Spielern, die seine Sicht auf die Erzählung mit abbilden. Bei Probenbeginn Ende November notiert Regisseur Tilmann Köhler dazu: „1961 ist das Jahr, in dem eine Stadt geteilt wurde, in dem der erste Mensch die Erdatmosphäre durchbrochen hat und den Himmel teilte. Christa Wolf erzählt die Liebesgeschichte von Manfred und Rita, deren Ende durch die politischen Verhältnisse im damaligen Deutschland betoniert wird. Seither sind 50 Jahre vergangen. Die Mauer und das Land, in dem sie stand, gibt es nicht mehr. Die Autorin, die sie in Worte gefasst hat, lebt nicht mehr. Und mehr als die Hälfte der Zeit, in welcher das Land existierte, in dem sie die Erzählung schrieb, ist seit seinem Verschwinden schon wieder vergangen. Für mich liegt der Reiz genau in den 50 Jahren, die diese Erzählung schon aufgeschrieben ist. Eine ‚Zwischen-Zeit‘, nah genug, noch erlebt zu sein, fern genug, um wie ein Märchen aus einem Land vor unserer Zeit anzumuten. Eine Zeit, die es möglich macht, dass man mit ganz unterschiedlichen Blicken dazu an einem Tisch sitzen kann, aus ganz unterschiedlicher Distanz und Nähe aus dem Zuschauerraum draufblicken wird. Es kann sein, dass man diese Zeit bewusst mitgestaltet und erlebt hat, dass man sie erduldet hat, sie nur noch aus Kindheitserinnerungen kennt, aus dem Geschichtsbuch oder aus Erzählungen. Diese unterschiedlichen Blickwinkel sollen Teil des Abends werden, Mittelpunkt bleibt aber die nachdenkliche, behutsame und menschenliebende Erzählweise der jungen Christa Wolf, wie sie vom Verlieben und Entlieben, von Aufbruch und von Enttäuschung erzählt. Von der Suche nach wahrhaftigem Leben. Vom schmerzhaften Abrutschen an Idealen. Und vom Erwachsenwerden. Mich interessiert der Blick von verschiedenen Generationen auf das Stück. Es gibt den Blick des erlebten Moments, es gibt den nahen Rückblick der erwachenden Rita aus dem Krankenhaus, und es gibt den fernen Blick von heute, aus einer großen Distanz und mit der Geschichte im Rücken, nach dem Verschwinden des Systems. FOTO: DAVID BALTZER Heute, einen Systemumsturz weiter, tun sich Parallelen auf: Da ist der Typus des Mitläufers, der läuft und läuft und läuft, durch alle Zeiten und Systeme. Da ist die Generation aus dem Umbruch, die versucht, sich neu zu orientieren. Da ist das Ringen mit der Biografie der Eltern, mit dem Nichtverstehen und trotzdem Nichterfragen. Die Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit und das Scheitern. Das Beschwören von Ritas Genesung täuscht nicht darüber hinweg, dass etwas gestorben ist. Eine Hoffnung, ein Versuch, ein Aufbruch. Der Selbstbetrug als Lebenselixier. Denn letztlich ist die Erzählung ein Requiem auf eine große Liebe.“ Zum Regisseur FOTO: MATTHIAS HORN Tilmann Köhler ist 1979 in Weimar geboren und war neun Jahre alt, als die Mauer fiel. Er verbindet mit der DDR nur Kindheitserinnerungen. Seit 2009 ist er Hausregisseur in Dresden und inszenierte hier u.a.: „Der Kaufmann von Venedig“, „Hedda Gabler“ und „Nichts. Was im Leben wichtig ist“. Besetzung Mit: Albrecht Goette, Hannelore Koch, Philipp Lux, Ahmad Mesgarha, Matthias Reichwald, Lea Ruckpaul, Annika Schilling Regie: Tilmann Köhler Bühne: Karoly Risz Kostüm: Susanne Uhl Musik: Jörg Martin Wagner Dramaturgie: Felicitas Zürcher Die Theaterzeitung 01/2013 03 will ihn mit allen Mitteln, mit aller Kraft wieder herstellen – und sei es nur in der Phantasie. Holger Hübner: Auch Solness hat Radikalität. Doch erst durch Hilde wird Solness sich seiner Radikalität bewusst. Solness ist ein Handwerker, hat sehr viel gearbeitet, sehr viel geackert. Ein Vermögen angehäuft. Er hat durch Arbeiten viel verdrängt. Zum Zeitpunkt, an dem das Stück spielt, ist viel dieser Arbeit erledigt, viel Wohlstand angehäuft – und dann sitzt man da, in seinem Büro, der Laden läuft – und man fragt sich: was ist eigentlich los? Dann fangen die Geister, die Gespenster an zu spuken. Burghart Klaußner: Das Thema Jugend in „Baumeister Solness“ ist eigentlich die Frage der Nachfolge. Die Angst, dass einem der Platz weggeschnappt wird. Ines Marie Westernströer: Hilde will nicht, dass Solness so kleinkariert ist. Sie will ihn groß sehen. Sie macht aus ihm mehr, als er ist. Das ist der einzige Ausweg, den sie hat. Sie kann nicht zurück. Wohin soll sie auch gehen? Sie hat alle Brücken hinter sich abgebrochen. Holger Hübner: Nicht Loslassen-Können, von einem Posten, von einem Job – ein weitverbreitetes Phänomen. Burghart Klaußner: Warum auch? Es gibt doch keinen Grund, loszulassen! Nur weil einer dahintersteht, und sagt, ich will auch mal? Holger Hübner: Aber wenn der alte Chef schon den ganzen Laden behindert? Und die, die nachkommen, Holger Hübner als Baumeister Solness und Ines Marie Westernströer als Hilde Wangel in ein Architekturbüro von heute sind inzwischen auch nicht mehr so jung. Sie scharren gestellt. FOTO: DAVID BALTZER schon lange mit den Füßen, dass der Alte endlich abkratzt. Solness findet alleine schon furchtbar, dass die Zeichnungen seines jungen Mitarbeiters Ragnar anderen Baumeister Solness von Henrik Ibsen Burghart Klaußner: Ist es überhaupt denkbar, neu an- gefallen könnten. Davor hat er panische Angst. Premiere am 17. Januar um 19:30 Uhr zufangen? Bei Solness ist bemerkenswert, dass er einmal im Kleinen Haus 1 ein sehr stark angetriebener Mann war: Einer, der sich Burghart Klaußner: Ibsen ist ein ganz moderner Be(weitere Termine: 19., 25. und 30.1. sowie 8.2.) gewünscht hat, das Haus möge abbrennen. Ein Mann, schreiber, er ist – auch – ein bürgerlicher Autor. Ibsen der das Erbe seiner Frau verscherbelt, den alten Brovik an beschreibt immer noch unsere gesellschaftlichen Prodie Wand gedrückt hat. Der mit jungen Frauen flirtet. bleme – die Emanzipation der Frau, das Verhältnis der „... so weit wie möglich Der ziemlich radikal zur Sache gekommen ist – und ir- Geschlechter, das Verhältnis der Generationen. Zugleich aus dem Fenster beugen.“ gendwann nicht mehr weiterkommt. ist Ibsen aber auch ein „Mythiker“, der, zum Beispiel in Das sind nicht-wünschenswerte Zustände für ein Men- „Solness“, das uralte, schon für antike Stücke zentrale schenleben. Und nun kommt Hilde Wangel, entzündet Motiv der Schuld in die Moderne überführt – und dabei rst hat Baumeister Solness Häuser für den lieben Solness von Neuem und bringt ihm den Tod. nicht löst. Seine Stücke bleiben immer auch Rätsel. Gott gebaut, dann Häuser für Menschen – das hat Statistisch, sagt man, leben Männer mit jüngeren Frauihn erfolgreich gemacht, wohlhabend und anerkannt. Ines Marie Westernströer: Wünschen nicht aber man- en länger. Hier ist es nicht so. Nun sieht er seinen Erfolg bedroht: von Jüngeren, für die che Menschen, dass eine Hilde kommt und ihnen die er Platz machen soll, von den Lasten der Vergangenheit Entscheidung abnimmt? Dass einem jemand einen Zum Regisseur und vom Unglück seiner Ehe. Gerade jetzt klopft die Ju- Schubser gibt. Nicht in dieser tödlichen Konsequenz Der kürzlich mit dem deutgend an seine Tür – Hilde Wangel, die ihn als Zwölfjäh- vielleicht ... schen Theaterpreis „Der rige mit einem Richtkranz auf einem Kirchturm ganz Faust“ ausgezeichnete oben hat stehen sehen und bejubelte. Zehn Jahre ist das Burghart Klaußner: „Beugt euch nicht zu weit aus dem Burghart Klaußner, der als auf den Tag genau her. Sie wird in den leerstehenden Fenster, es könnte schief gehen.“ Dabei wollen wir uns Schauspieler am StaatsKinderzimmern einquartiert – und treibt alle zwischen- doch so weit wie möglich aus dem Fenster beugen. schauspiel in „Don Carlos“ menschlichen Konstellationen in Solness’ Haushalt und als König Philipp sowie als Büro auf ein finales „Richtfest“ zu. Ines Marie Westernströer: Eine junge Frau, die jemanDorfrichter Adam in „Der Der Regisseur Burghart Klaußner, Ines Marie den beim Wort nimmt, die ein Versprechen derart ernst zerbrochne Krug“ zu sehen Westernströer, die als Hilde Wangel den Baumeister nimmt – das hat etwas Unheimliches. Sie nimmt die ist, inszeniert nach RegieSolness heimsucht und Holger Hübner, der Solness Konventionen auseinander. Hilde beharrt auf einem Verarbeiten in Hamburg und spielt, sprechen über den Wunsch, noch einmal neu an- sprechen, einem Wort, einem einzelnen Satz – und Bochum zum ersten Mal in zufangen, über Generationskonflikte und Ibsen als „Be- stürzt alle ins Verderben. Zehn Jahre lang hat sich in HilDresden. schreiber unserer Gesellschaft“. des Kopf etwas aufgebaut. Zehn Jahre lang trägt sie das Ideal eines Menschen, eines Lebens mit sich, das immer Holger Hübner: Ich sehne mich manchmal danach, die weiter wächst, immer größer wird. Als sie Solness dann Kraft und den Mut zu haben, etwas ganz Neues, etwas wieder sieht, bekommt sie mit, dass er jemand anderes Besetzung Mit: Christine-Marie Günther, Christine Hoppe, Holger Hübner, Lars ganz Anderes zu machen. Die Feigheit, Angst vor dem geworden ist – jemand älteres, jemand verbittertes. Je- Jung, Matthias Luckey, Horst Mendroch, Ines Marie Westernströer Risiko, hindern einen, das zu tun. Hat das nicht jeder – mand, der nicht mehr den Elan von früher hat. Aber sie Regie: Burghart Klaußner Bühne: Jens Kilian Kostüm: Marion den Wunsch, alles hinzuschmeißen? (schmunzelt) will ihn wieder zu dem machen, was er für sie war – sie Münch Dramaturgie: Ole Georg Graf E Staatsschauspiel Dresden 04 FOTO: DAVID BALTZER 100 Jahre Staatsschauspiel Dresden – Extras zum Jubiläum Kinder der Sonne FOTO: ARNO DECLAIR Im Jahr 1905, am Vorabend der Revolution von Maxim Gorki im Arrest in der Petersburger Peter-Paul-Festung geschrieben, erzählt „Kinder der Sonne“ von einem Akademikerhaushalt, in dem der Chemiker Protassow den „neuen Menschen“ im Reagenzglas schaffen will. Kimmig gelingt eine „kluge, wunderbar leichte, hinter der komischen Oberfläche hoffnungslos melancholische Inszenierung“ (Süddeutsche Zeitung), die das Stück ins Heute transponiert. Ein Theaterfest für Dresden xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Faust FOTO: KRAFFT ANGERER Medea I n dieser besonderen Spielzeit laden wir aus Anlass des 100jährigen Jubiläums des Dresdner Schauspielhauses einige ausgewählte Festgäste ein, um das Theater an sich zu feiern: Fünf der wichtigsten und traditionsreichsten Häuser aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind unserer Einladung an die Elbe gefolgt und präsentieren preisgekrönte und gefeierte Inszenierungen auf einem eigenen hochwertigen und vielfältigen Theatertreffen für das Dresdner Publikum. Zum Auftakt ist am 5. und 6. Januar 2013 Gorkis Kinder der Sonne in der Regie von Stephan Kimmig vom Deutschen Theater Berlin im Schauspielhaus zu sehen. Nina Hoss, Ulrich Matthes und Katharina Schüttler gehören zu diesem bemerkenswerten Ensemble, das in Kimmigs Inszenierung „der Star des Abends ist“ (Deutschlandfunk) . 2011 wurde Kimmig in der Kategorie „Beste Regie“ für diese Arbeit mit dem FAUST-Theaterpreis ausgezeichnet. FOTO: BIRGIT HUPFELD Im Februar folgt das Schauspiel Frankfurt mit Euripides Medea, inszeniert von Michael Thalheimer, im März ist das Burgtheater Wien mit Tolstois Epos Krieg und Frieden in der Regie des Intendanten Matthias Hartmann zu Gast (ausgezeichnet mit dem Nestroy-Spezialpreis 2010). Das Thalia Theater Hamburg zeigt im Mai Nicolas Stemanns Inszenierung von Goethes Faust I+II (u.a. eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2012) und im Juni präsentiert das Schauspielhaus Zürich Der Menschenfeind von Molière in der Regie der Zürcher Hausherrin Barbara Frey. Krieg und Frieden FOTO: GEORG SOULEK Der Menschenfeind FOTO: MATTHIAS HORN Schon jetzt bedanken wir uns für Ihr reges Interesse und freuen uns mit Ihnen auf diese einzigartigen und spannenden Theaterabende. Für alle fünf Gastspiele gibt es noch wenige Restkarten – besuchen Sie uns im Kassenund Servicezentrum am Postplatz! Die Theaterzeitung 01/2013 05 100 Jahre Staatsschauspiel Dresden – Extras zum Jubiläum Antígona Oriental nach Sophokles Unter Mitwirkung und mit Texten von ehemals politisch inhaftierten Frauen aus Uruguay In spanischer Sprache mit deutschen Übertiteln am 21. und 22. März um 19:30 Uhr im Schauspielhaus Zu Gast: Volker Lösch und das Teatro Solís Montevideo Das Ensemble beim Premierenapplaus im Teatro Solís Der deutsche Regisseur Volker Lösch hat in Dresden prägende Inszenierungen geschaffen: Mit „Die Orestie“, „Die Weber“ und „Die Wunde Dresden“ erlangte er überregionale Aufmerksamkeit. Die Verwendung chorischer Sprechformen und die Einbindung von Laiendarstellern machen seinen Regiestil aus und sind mittlerweile sein Marken¬zeichen. In „Antígona Oriental“ arbeitet er mit ehemals aus politischen Gründen inhaftierten Frauen. Mit ihnen hat Lösch das Stück in Montevideo inszeniert und dabei die dunkle politische Vergangenheit des Landes Uruguay eindrucksvoll aufgegriffen. Im März ist das Theaterhighlight im Rahmen der 100. Spielzeit an zwei Abenden am Staatschauspiel Dresden zu sehen. Der Theaterkritiker Hartmut Krug war bei der Premiere in Montevideo dabei. U nd dann sitze ich im herrlichen Teatro Solís in Montevideo inmitten von Hunderten emotional und politisch berührter Zuschauer, etliche von ihnen mit Tränen in den Augen, und bin gefangen von der poetischen und politischen Kraft einer ‚Antígona Oriental‘, obwohl ich nur wenig Spanisch verstehe. Wenn in „Antígona Oriental“ ein Chor von 20 älteren Frauen das Leiden unter der Militärdiktatur im Kampf der Antigone spiegelt, dann geht es um individuelle und politische Vergangenheit und Gegenwart. „Wir fühlen uns nicht als Opfer“, rufen sie, obwohl sie eingekerkert, gefoltert oder vergewaltigt wurden, man ihnen ihre Kinder nahm und ihre Familien zerstörte. Denn sie können endlich das Erlebte öffentlich aussprechen: „Wir waren Protagonisten eines historischen Moments. Mit 20 hatten wir so viel Kraft und Energie und so viele Träume.“ In der Aufführung sitzen die Frauen auf leerer Bühne zunächst im dunklen Hintergrund. Wenn sie sich und ihre Leben allmählich ins Licht rücken, kommen sie auf ihren Stühlen schließlich an die Rampe vor. Drei Schauspieler sind Kreon und sprechen auch Texte des augenblicklichen Präsidenten José Mujica, genannt El Pepe. Der war als Tupamaro, als Mitglied der nationalen Freiheitsbewegung, 13 Jahre eingekerkert. Dennoch hält er am zweimal bei Volksabstimmungen mit knappen Mehrheiten bestätigten „Hinfälligkeitsgesetz“ fest, nach dem Straftaten aus der Zeit der Militärdiktatur nicht verfolgt werden. Auch Kreon untersagt, mit Präsident Mujicas Worten, jedes Zurückschauen. Wir erfahren, wer die Frauen sind. Wie und warum sie verhaftet, wie sie misshandelt, wie lange sie gefangen gehalten wurden, wie die Nachwirkungen der Zeit die Kinder ver- und ihre Familien zerstört haben. Während Antigone gegen den Befehl Kreons, der ihren verfemten Bruder der Vergessenheit anheimgeben soll, aufsteht, meldet sich der Frauenchor mit seinen Berichten gegen das Verschweigen der Taten und Täter FOTO: GUSTAVO CASTAGNELLO der Militärdiktatur zu Wort. Aus der Chormitte springt eine junge Frau mit Turnschuhen, knapper kurzer Hose und Jeansjäckchen: Die 22-jährige Schauspielerin ist als heftig aufbegehrende Antigone ein expressiver Kraftquell und begegnet ihrer brav-milden Schwester Ismene mit Härte. Die drei Kreons sind Machos und gehen Ismene sexistisch an. Wenn sie Haimon von der Richtigkeit des Todesurteils gegen Antigone zu überzeugen suchen, fahren sie einen Grill mit viel Fleisch auf und versuchen, ihn mit Männergetue, Schnaps und Fresserei als Kumpan zu gewinnen. Doch die Bühne gehört vor allem dem Chor der Frauen, dem starken Antigone-Körper. Schließlich baut sich der Chor an der Rampe mit Papierbahnen auf und wickelt diese ab, während die Namen von unbehelligten Folterern abgelesen werden. Dann fliegen Fotos von Opfern ins Publikum, und die Darstellerinnen von Ismene und Antigone erklären gemeinsam mit einer jungen Frau aus dem Chor, ihre Generation müsse sich vom Desinteresse an der Militärdiktatur verabschieden. Mit einem Spottlied auf die Linken und ihr Verhältnis zur Macht endet ein Abend, dem das Publikum gebannt folgte und stehend lange und kräftig applaudiert. Die Aufführung: ein Ereignis für ganz Südamerika und sicher auch für das deutsche Publikum von hohem Interesse. Antígona Oriental wurde im Januar 2012 im Teatro Solís in Monte¬video, Uruguay uraufgeführt. Die Inszenierung basiert auf der ¬„Antigone“ von Sophokles und wird durch Texte ergänzt, die auf Zeugenaussagen zur uruguayischen Militärdiktatur (1973 bis 1985) basieren, deren Verbrechen bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind. Der Sprechchor ¬¬von Frauen, der aus ehemals politisch Gefangenen, deren Töchtern sowie Exilantinnen der uruguayischen Diktatur besteht, ist darstellerisches Zentrum dieser Arbeit. Zum Regisseur Volker Löschs Inszenierungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie professionelle Schauspieler mit Laiendarstellern aus den verschiedensten sozialen Gruppen zusammenbringen. Sechs Jahre seiner Kindheit verbrachte er in Montevideo, seine Familie verließ Südamerika kurz vor dem Putsch 1973. Lösch erhielt zunächst eine Schauspielausbildung, bevor er 1995 ausschließlich als Regisseur zu arbeiten begann. Seit der Spielzeit 2005.2006 ist Lösch Hausregisseur und Mitglied der künstlerischen Leitung am Staatstheater Stuttgart. Quiz Für verschneite Abende Frage 1 Wer spielte in der Verfilmung von Christa Wolfs Roman „Der geteilte Himmel“ aus dem Jahr 1964 das Liebespaar Rita und Manfred? H Angelica Domröse und Winfried Glatzeder R Renate Blume und Eberhard Esche O Krystyna Kanne und Manfred Krug Frage 2 Burghart Klaußner, der zuletzt als Dorfrichter Adam in Kleists „Der zerbrochne Krug“ im Schauspielhaus zu sehen war, arbeitet seit einigen Jahren erfolgreich als Regisseur. In Dresden feiert er im Januar 2013 mit seiner Inszenierung von Ibsens „Baumeister Solness“ Premiere. Doch auch von der Kinoleinwand kennt man ihn, unter anderem durch den mehrfach ausgezeichneten Film I Die fetten Jahre sind vorbei M Plötzlich fett N Puppe, Icke und der Dicke Frage 3 In Roger Vontobels Inszenierung von Shakespeares „Hamlet“ gibt der dänische Prinz, gespielt von Christian Friedel, zu Ehren seines verstorbenen Vaters ein Konzert. Christian Friedel komponierte für diesen Abend alle Songs selbst und steht mit seiner Band auf der Bühne. Die Band heißt E Black Woods F Lands of Sherwood T Woods of Birnam Frage 4 Der Name der Band um Christian Friedel entstammt einem weiteren Drama von William Shakespeare. Darin heißt es in einer Prophezeiung, dass ein ganzer Wald erwachen und umherwandeln wird. Der Titel der Tragödie lautet B Timon von Athen A Macbeth U Othello Das Lösungswort bitte bis zum 10. Januar mailen an: [email protected], Betreff „Quiz Januar 2013“. Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir 5 x 2 Premierenkarten für „Der geteilte Himmel“. Die Auflösung erscheint in der nächsten Theaterzeitung. Das Lösungswort des letzten Rätsels lautete: Funke. Staatsschauspiel Dresden 06 News aus dem Schauspielhaus Außenblicke In der Jubiläumsspielzeit laden wir einmal im Monat uns nahestehende Persönlichkeiten ein, in unserer neuen Kolumne „Außenblicke“ ihre Gedanken rund um das Theater kreisen zu lassen. In der ersten Ausgabe des neuen Jahres übernimmt dies unsere neue Kollegin am Staatsschauspiel Dresden, Mary Petersen. Sie ist künstlerische Produktionsleiterin und somit für unsere nationalen und internationalen Koproduktionen, Gastspiele und Sonderveranstaltungen zuständig. Sie ist aus Dänemark zu uns gekommen, wo sie zuletzt Projektleiterin am Königlichen Theater in Kopenhagen war. Seit Oktober 2012 ist sie in Dresden. Herzlich willkommen! Ein vertrautes Fremdsein Im Namen der Kinder und Jugendlichen, die am 13. Dezember im Rahmen des spendierten Platzes „Reckless II – Lebendige Schatten“ im Schauspielhaus sehen durften möchten wir uns ganz herzlich bei allen Spendern für ihren Beitrag bedanken. Dadurch haben Sie über 750 Kindern und Jugendlichen aus Kinderheimen, Behindertenwerkstätten und Förderschulen, ermöglicht, diese Vorstellung zu sehen. Und die Kinder waren begeistert, sie verfolgten gebannt das Abenteuer, der Applaus war riesig. Wir haben uns mit den Kindern gefreut! Wer die Lesung der Erzählung von Anna Seghers, „Jans muss sterben“, mit Hannelore Hoger im Schauspielhaus verpasst hat, hat noch die Chance, sie nachzuhören, denn der MDR hat die Lesung und das anschließende Gespräch mit der Schauspielerin, moderiert von Michael Hametner, aufgezeichnet: Am 30.12. um 16:05 Uhr ist die Lesung im Rahmen der Reihe MDR FIGARO-Café zu hören. Es lohnt sich! Und wenn Sie sich am 4.1. von Weihnachten und Silvester im Fernsehsessel erholen, können Sie gleich zwei Schauspieler aus unserem Ensemble einer der Folge von SOKO Leipzig sehen: neben Torsten Ranft in der Hauptrolle auch Fabian Gerhardt. „Das Monster“ knüpft an einen Straßenfeger der Serie „Polizeiruf 110“ aus den 80er Jahren an, sie hieß „Der Kreuzworträtselfall“. Torsten Ranft spielte einen Mann der des Mordes an einen siebenjährigen Jungen überführt und zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Jetzt, 24 Jahre später, kommt ebendieser Mann wieder auf freien Fuß. Als erneut eine Kinderleiche in der Stadt geborgen, steht für viele Bürger fest, dass es nur einen Täter geben kann. Zu sehen am 4. Januar um 21:15 Uhr im ZDF. Staatsschauspiel Dresden Adressen: Schauspielhaus Theaterstraße 2, 01067 Dresden Kleines Haus Glacisstraße 28, 01099 Dresden Karten: per Telefon: 0351.49 13 – 555 per Fax: 0351.49 13 – 981 per E-Mail: [email protected] im Internet: www.staatsschauspiel-dresden.de Impressum Herausgeber: Staatsschauspiel Dresden Intendant: Wilfried Schulz Kaufmännischer Geschäftsführer: Christian Krentel-Seremet Redaktion: Dramaturgie / Öffentlichkeitsarbeit Layout: Anett Backofen, Redaktion DMV Redaktionsschluss: 18. 12. 2012 Meist ist die Bühnenkunst ja an einem Theater zuhause. Das Staatsschauspiel Dresden ist seit 100 Jahren im Schauspielhaus zuhause, ich gehöre erst seit zwei Monaten dazu. Vom Königlichen Theater Kopenhagen, umgeben von den Wellen der Ostsee habe ich mich auf den südöstlichen Weg nach Dresden gemacht. Zwar ist es nicht das erste Mal, dass ich mich im deutschsprachigen Raum niederlasse, aber doch das erste Mal mit einem Zuhause an einem deutschen Theater. An einem neuen Theaterort gelandet, gewinnt man einen neuen Blick auf die Dinge, die einem sonst so vertraut sind. Hier ist man zunächst fremd und muss sich erst ein Zuhause erschaffen. Aber ich glaube, dass das Besondere an einem Theater ist, dass einem das Gefühl des Fremdseins vertraut ist. Sowohl als Zuschauer als auch als Mitarbeiter eines Theaters. Bei den Aufführungen wird die Wahrnehmung auf das erst mal Nicht-Bekannte gelenkt; ein neues Bühnenbild, vielleicht ein neuer Text, neue Musik, neue Kostüme, eine neue Sprache - wenngleich es auch immer die deutsche Sprache ist, dann sind es doch immer wieder neue Färbungen der Sprache, Sprachrhythmen und Dialekte, die man als Dazugekommene hört. Am Theater treffen sich fremde, nicht einem Ort zugehörige, Stimmen. Wenn zum Beispiel ein Schweizer Regisseur die Geschichte von Shakespeares Dänenprinz Hamlet erzählt, ausgehend von einem aus der Renaissance stammenden englischen Text. Dann ist das für mich als Dänin genau so fremd-vertraut wie für einen Deutschen. Der zeitliche und ästhetische Schmelztiegel des Theaters macht es möglich. Meine persönliche Erfahrung ist, dass das was auf den ersten Blick durch eine feste Form definiert ist, nämlich das Theater als Institution, gebunden an das Gebäude als Aufführungsort zu einer bestimmten Zeit, durch menschliche Bewegungen immer wieder neu geschaffen wird. Das was allgemein als "eine gute stehenden Schaubühne" betrachtet wird, ist doch ständig in Bewegung und wird so für alle Beteiligten immer wieder zu Neuland, durch den Auftritt und Abgang, das Kommen und Gehen – sowohl des Publikums als auch der Theaterschaffenden. Neues von der Bürgerbühne Am 18. und 19. Januar lädt die Bürgerbühne zur Tagung Alter schützt vor Spielwut nicht! Am 26. Januar laden Was kann eine gute stehende Bürgerbühne eigent- wir alle spielwütigen Menschen von 14 bis 80 Jahren zur lich wirken? ins Kleine Haus ein. Wir stellen uns in Ge- Spielwut am Samstag ein. Von 11:00 bis 18:00 Uhr sprächen, Vorträgen und Inszenierungen vor, wollen wir mit euch und Ihnen auf unserer Prolassen uns kritisch befragen und laden zur bebühne nach Herzenslust improvisieren Diskussion: Lässt sich das Modell Bürgerund deklamieren, tanzen und toben, bühne auf andere Städte übertragen? flüstern und schreien ... Jeder darf Welche Erfahrungen haben andere sich hier ausprobieren und seinem Theater in Deutschland und andeSpieltrieb freien Lauf lassen. Im ren Ländern bereits damit geAnschluss an die Session gehen macht? Veranstaltet wird diese wir zusammen in die AbendvorTagung von der Bürgerbühne stellung ins Theater. Die Karten des Staatsschauspiels Dresdazu gibt es für nur 3,50 €. den in Kooperation mit der Anmeldung bitte an: ulrich.reinDramaturgischen Gesellhardt@staatsschauspielschaft. dresden.de. Anmeldung bis 2. Januar 2013 unter buergerbuehneDass das schwule Leben nicht [email protected], schließlich aus nervenaufreibenden Tagungsgebühr 60,00 €, erComing-outs, anonymen Sexbekanntmäßigt 40,00 € (inkl. Verpfleschaften, schrillen Paillettenkleidern gung). und anderen Klischees besteht, zeigen Ihnen die zehn Männer des Clubs der Am 25. Januar findet im Kleinen schwulen Bürger unter der Leitung von Haus Mitte ein Infotreffen zu unseNorman Schaefer in ihrer Werkstattaufrer neuen Produktion Die Nase statt führung Schattengeflüster am 6. 2. im – ein Musikspiel nach der Novelle Kleinen Haus 3. von Nikolai Gogol. Wir suchen Musiker zwischen 9 und 80 Jahren, die Lust haben, Musik und Theater zu spielen: gute und schlechte Musiker, Hobbymusiker, passionierte oder pensionierte Musiker. Die Premiere ist in der Spielzeit 2013.2014.