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58-63 D4_06 Webster300.qxp 03.11.2006 13:00 Uhr Seite 58 Schmucker Rocker Zu Stephen Websters Kundenkreis zählen Stars wie Madonna, Charlize Theron oder Johnny Depp. Die Kreationen des Schmuckdesigners sind üppig verziert, farbenfroh und extravagant. // Von Birgit Gehrmann (Text) und Tom Haller (Fotos) >> Wenn Sharon Stone, Pink und Christina Aguilera gleichzeitig in der Stadt sind, hat Stephen Webster ein Problem, seine Termine zu koordinieren. „In den vergangenen zwei Wochen waren sie alle in London. Ich musste sie besuchen oder sie wollten in mein Studio kommen“, sagt der britische Schmuckdesigner.Willkommen in der Welt von Stephen Webster. Einer Welt voll bunter Steine, Glamour, Glitzer, aber auch handwerklicher Kunst und harter Arbeit. Der preisgekrönte britische Schmuckkreateur steht auf seinem Messestand auf der Baselworld, der weltgrößten Schmuckmesse, zwischen lilafarbenen Vitrinenschränken, mit Gold verzierten und schwarz gepolsterten Sesseln und Stühlen. Eine Wand ist mit dunkelrotem Samt bezogen. Von der Decke hängen schwarze Kristalllüster. Über einen Flachbildschirm an der Wand flimmern bunte Bilder.Von Christina Aguilera,die sich 58 | von Webster die neuesten Schmuckstücke zeigen lässt.Von Premierenfeiern, auf denen HollywoodGrößen wie Charlize Theron, Johnny Depp und Sandra Oh oder Rapper Jay-Z Webster-Schmuck im Blitzlichtgewitter präsentieren. Von Rocksängerin Pink und ihrem Ehemann Carey Hart, die ihre Eheringe in die Kamera halten. Entworfen hat sie der Rockstar unter den Schmuckdesignern: Stephen Webster. Der 47-Jährige trägt schwarze Lederschuhe, Jeans, ein gestreiftes T-Shirt, darüber ein dunkelblaues Jackett. Seine braunen Haare fallen lockig bis auf die Schultern. Die Messestände der anderen Firmen sind klassisch in weiß oder schwarz gehalten. Sie wirken durchgestylt, aufgeräumt und erstrahlen meist im gleißenden Scheinwerferlicht. Stephen Websters Stand fällt aus dem Rahmen – wie er selbst und seine Kollektionen. Er beschreibt seinen Schmuck als außergewöhnlich, bunt und ziemlich ge- > begegnen Audimagazin | 59 03.11.2006 13:00 Uhr Seite 60 Stars und ihr Schmuck Sängerin Christina Aguilera (Bild links) trägt den Anhänger Love Haze aus der Crystal-HazeKollektion. Um das Handgelenk von Schauspieler Johnny Depp wickeln sich Armbänder der Rayman-For-Men-Kollektion. Schauspielerin Charlize Theron bevorzugt Jewelvine-Ohrringe mit schwarzen Hämatiten und Diamanten. FOTOS: WEBSTER, GETTY IMAGES 58-63 D4_06 Webster300.qxp wagt. „Teurer und edler Schmuck ist oft sehr klassisch und konservativ. Ich dachte, es ist an der Zeit, ihn ein bisschen wilder zu machen, provokativer, um etwas mehr Spaß zu haben.“ Und so funkeln große bunte Edelsteine in Ringen oder Anhängern. Üppig verzierte Ohrringe, Broschen oder Armreife glitzern um die Wette. Schwarze Perlen aus Tahiti reihen sich zu einem Armband, zusammengehalten von funkelnden Steinen. Die Silhouette einer Fledermaus, besetzt mit Saphiren und Diamanten, baumelt als Anhänger von einer Kette. Die Kollektionen tragen Namen wie Tattoo, Heartbreaker oder Black Widow. Jedes Stück ist für mehrere tausend Euro zu haben. Doch Webster hat auch klassischen Schmuck im Angebot – zumindest scheint es auf den ersten Blick so. „Ich mag Dinge, die sehr fein und zart sind, aber auch ein bisschen gefährlich aussehen“, sagt er.„Wie die Wild-Rose-Kollektion. Sie ist sehr gefragt. Die Rose ist nicht hübsch. Sie ist dornig und verwildert. Eine wilde Interpretation einer Rose.“ Es sei gerade diese Symbolik, die ihn bei der Arbeit inspiriere, aber auch das Material und seine Anwendungsmöglichkeiten. „Ich liebe bunte Steine und was man aus ihnen machen kann. Das ist meine Herausforderung.“ Eine Herausforderung, der er sich immer wieder stellt, denn Webster ist nicht nur Designer, sondern auch Handwerker. Vor genau 30 Jahren begann er seine Ausbildung zum Silberschmied. „Der einzige Grund, warum ich die Kunstschule besuchte, war, weil ich zeichnen konnte“, sagt Webster, der aus einer Arbeiterfamilie aus Gravesend stammt, einer kleinen Hafenstadt in der Grafschaft Kent.„Weil mein Handwerk mit Luxus und Diamanten zu tun hat, glauben die Leute, meine Eltern hätten es mir in die Wiege gelegt. Ich glaube, wenn ich in der Musikbranche arbeiten würde, würden es die Leute fast schon erwarten, dass ich aus einer Arbeiterfamilie stamme.“ Die Musikbranche würde gut zu ihm passen. Um sein rechtes Handgelenk wickelt sich ein schweres, silbernes Kettenarmband. An der rechten Hand ein Ring mit einem großen Kreuz, in die Umrandung sind die Worte „Sex“, „Drugs“ und „Rock’n’Roll“ eingraviert. Er erzählt von seiner großen Jubiläumsfeier, die er nach 30 Jahren im Schmuckgeschäft im September gefeiert hat. Erzählt von Partys mit den Stars und von Einladungen, die er mittlerweile bekommt. Aber auch wenn es so schön ins Bild passen würde, wählte Webster vor 30 Jahren nicht die Gitarre, sondern die Juwelierfeile. Auf der Kunstschule gab es mehrere Fächer, Juwelierarbeit war eines davon. „Sofort wusste ich: Das will ich machen. Es war der Entstehungsprozess, der mich interessierte. Ich hatte keine Ahnung von Design.“ Um Design ging es auch gar nicht in der Kunstschule von Gravesend, auch nicht um Kreativität. Es ging um professionelle Arbeit, um Disziplin im Handwerk. „Ich liebte es“, sagt Webster. „Es war kompliziert. Schmuck zu kreieren,ist kompliziert und es dauert sehr lang, bis man gut darin ist.“ Handwerkskunst Heute ist Webster sehr gut darin. So gut, dass er viermal zu „UK’s Luxury Juweller of the Year“ gekürt wurde. So gut, dass er in einem Atemzug mit Dior, Yves Saint Laurent oder Helmut Lang genannt wird, wenn es um Luxusmarken und deren Platzierung in einem Londoner Edelkaufhaus geht. So gut, dass er den Juweliernachwuchs an Kunstschulen und Universitäten unterrichtet. Dort erklärt er den Studenten, die sofort Designer werden wollen, dass es wichtig ist, das Handwerk zu verstehen. „Es braucht seine Zeit, bis man wirklich ein Verständnis für das Material hat, mit dem man arbeitet. Und ein Juwelier arbeitet schließlich mit den kostbarsten Dingen, die unsere Erde hervorbringt.“ Webster spielt und experimentiert viel mit Materialien – bis zur Perfektion. Manche Steine bekommen den so genannten Webcut verpasst. „Web“ steht für „Webster“ und „Spiderweb“. In dem wie ein Spinnennetz geschliffenen Stein bricht sich das Licht, sodass es den Anschein > Eine Uhr für Audi Zu Stephen Websters Auftragsarbeiten zählte auch eine Uhr für Audi Großbritannien in limitierter Auflage. Ihre Form erinnert an den typischen Audi Singleframe Kühlergrill. Es findet sich kein Logo auf der Uhr, aber dennoch ist die Marke sofort zu erkennen. „Die Uhr sollte aussehen, als wären die Einzelteile von einem Autohersteller produziert worden. Als wären Uhr und Auto der gleichen Inspiration entsprungen“, sagt Webster, der selbst einen Audi S4 fährt. Es ginge darum, Marke und Philosophie zu verstehen und es dann mit dem eigenen Stil zu kombinieren. Die Audi Uhr war für Webster der Start ins Uhrengeschäft. In diesem Jahr brachte er seine erste eigene Uhren-Kollektion heraus. begegnen Audimagazin | 61 58-63 D4_06 Webster300.qxp 03.11.2006 13:00 Uhr Seite 62 Stephen Webster Karriere: Vor 30 Jahren hat er das Handwerk des Silberschmieds erlernt, heute ist er viermaliger Luxusjuwelier des Jahres in Großbritannien. 62 | Audimagazin begegnen möchte nicht, dass mein Schmuck unbeachtet bleibt. Ich möchte, dass er auffällt. Ich möchte, dass er provozierend genug ist, sodass andere Fragen stellen. Und ich glaube, die Leute, die meinen Schmuck tragen, genießen es, dass man sie danach fragt. Für mich ist der perfekte Ring ein Ring, den jemand kauft und damit nach einer langen Zeit zu mir zurückkommt und sagt: ,Jedes Mal, wenn ich diesen Ring trage, bin ich glücklich. Jedes Mal spricht mich jemand darauf an.‘ Dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“ Maßarbeit statt Masse Und natürlich wollen Popdiven, Schauspieler oder Musiker keinen Schmuck tragen, den sie bei anderen sehen könnten. „Die Leute wollen maßgeschneiderte Sachen, keine Massenproduktion. Und sie wollen einen auf sie zugeschnittenen,individuellen Service.“ Dies beinhaltet natürlich, dass Webster auch Auftragsarbeiten annimmt. Diese reichen von einem Zigarettenimitat aus 18-karätigem Gold, mit dessen Hilfe sich eine 80-jährige Amerikanerin das Rauchen abgewöhnen wollte, bis zu den Eheringen der Popstars. Die Anfragen reißen nicht ab, trotzdem fühlt sich der gefragte Schmuckdesigner nicht als Star. Er sei zwar mittlerweile mit Sänger Bryan Ferry oder mit Schauspieler James Nesbiatt befreundet, aber deshalb sei er noch lange keine Berühmtheit. Man werde halt auf Partys eingeladen und lerne so nach und nach immer mehr prominente Menschen kennen.„So ist das wohl in diesem Geschäft. Entweder du fühlst dich wohl dabei oder nicht“, sagt Stephen Webster und fügt noch schnell hinzu: „Ich mag es.“ www.stephenwebster.com ILLUSTRATION: MAREILE BUSSE hat, man schaue durch Wasser. Der Ring Chrystal Haze classic bedient sich dieser Technik. Ein bunter Stein, eingefasst in einen Goldring, darüber ein im Webcut geschliffener Quarzstein. Madonna trägt ihn in Weißgold mit einem silberfarbenen Obsidian, ein vulkanisches Gestein. Die Popdiva spielt sowieso eine große Rolle im Leben von Stephen Webster. Mit ihr kam sein großer Durchbruch. Zuvor arbeitete er für verschiedene Firmen in Kanada und den USA. Vor sieben Jahren kehrte er nach England zurück und gründete sein eigenes Unternehmen, doch es lief sehr schleppend.„Der britische Markt wollte meinen Schmuck nicht“, erinnert er sich. „Ich wusste, ich mache das Richtige, aber niemanden interessierte es – auch nicht die Medien.“ Dann kam der Tag, als Madonna ihn bat, ihren Ehering zu entwerfen. Webster schüttelt noch heute ungläubig den Kopf, wenn er davon erzählt: „Sie kamen alle. Es war unglaublich. Es hat alles verändert. Ich wurde zu Fernsehshows in Deutschland, Japan und Amerika eingeladen.“ Und der Erfolg hält an, ist sogar noch größer geworden. „Ich war meiner Zeit ein bisschen voraus. Aber wenn du das nicht bist, läufst du nur den Trends hinterher. Du musst die Grenzen ein bisschen verschieben und irgendwann folgen dir die Leute.“ Und wie sie ihm folgen. Der letzte Schrei in der Promi-Szene ist Webster-Schmuck. Aber warum in aller Welt? Teuren Schmuck gibt es genug. Stephen Webster hat eine einfache Erklärung: Um Reichtum zu zeigen, müsse man nur einen 15-Karäter tragen. Aber mehr sage man damit auch nicht aus. Und dann gebe es Schmuck, der mehr Aussagekraft habe, so wie seiner. „Ich | 63