Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe

Transcription

Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
alice
Je mehr Türen man
öffnet, desto tiefer
gerät man hinein
Premiere 27.9.12 KLEINES HAUS
Aufführungsdauer 2 Stunden, 40 Minuten, eine Pause
Aufführungsrechte Felix Bloch Erben GmbH & Co KG, Berlin
Internationale Musikverlage Hans Sikorski / Edition Wilhelm Hansen Hamburg
Auf Wunsch der Urheber ist die Wiedergabe der Songtexte in keinerlei Form
gestattet. Wir verweisen auf den Text auf S. 26.
alice
von Robert Wilson, Tom Waits, Kathleen Brennan & Paul Schmidt
nach Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“
Deutsch von Wolfgang Wiens
Musik und Gesangstexte von Tom Waits & Kathleen Brennan | Text von Paul Schmidt
Regie, Design und Visual Concept der Originalproduktion von Robert Wilson
Alice
Ursula Grossenbacher Charles Dodgson
Robert BEsta
Weißes Kaninchen, Weißer Ritter
Robert BEsta
Lilie
Joanna Kitzl
Rose
Hannes Fischer
Zwei Gänseblümchen
ANna-Magdalena Beetz
Jan Andreesen
Raupe
Eva Derleder
Fisch, ein Lakai
Gunnar Schmidt
Frosch, ein Lakai
NatanaËl LIenhard
Herzogin
ANNA-Magdalena Beetz
Köchin
jan Andreesen
Grinsekatze
hannes Fischer
Hutmacher
Joanna Kitzl
Märzhase
Jan Andreesen
Haselmaus
Anna-Magdalena Beetz
Rehkitz
NatanaËl LIenhard
Schachkönig
Gunnar Schmidt
Schachkönigin
Eva Derleder
Weißes Schaf
Gunnar Schmidt
Humpty Dumpty
Hannes Fischer
Tweedledum
JAn Andreesen
Tweedledee
Joanna Kitzl
Schwarzer Ritter
NatanaËl LIenhard
Altar Boy (Solo)
georg krause
Altar Boys
László Branko Breiding, Lukas Fries,
Leon Hellstern, Marvin Hock
Klavier, Harmonium, Celesta, Theremin Percussion, Drumset, Schlagwerk, Waldhorn, Trompete, Marimba, Vibra-Phon
Bass, Gitarre, Klavier, Saz, Windmaschine
Posaune, Sousaphon, Tuba Bassklarinette, Saxophon, Piccolo, Querflöte Bratsche Clemens Rynkowski
Jakob Dinkelacker
Florian Rynkowski
Jochen Welsch
Sven Pudil
Agata Zieba
Regie
Daniel Pfluger Musikalische Leitung & Arrangements Clemens Rynkowski
Bühne
Flurin Borg Madsen
Kostüme
Janine Werthmann
Licht
Christoph Pöschko
Dramaturgie
Nina Steinhilber
Regieassistenz Eric Nikodym
Bühnenbildassistenz Viktoria strikiČ
Kostümassistenz Stefanie Gaissert
Regiehospitanz Alina stadler, Robin graber
Bühnenbildhospitanz Denise huber
Soufflage Dagmar Weber
Inspizienz Nikolaus Nauy
Technische Direktion Harald FaSSlrinner, Ralf Haslinger Bühne Hendrik Brüggemann, Edgar Lugmair Leiter der Beleuchtung Stefan Woinke Leiter der Tonabteilung Stefan Raebel Ton Jan Fuchs, Stefan Raebel Leiter der Requisite Wolfgang
Feger Requisite Clemens Widmann Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ Malsaalvorstand Dieter Moser Leiter der Theaterplastiker Ladislaus Zaban Schreinerei
Rouven Bitsch Schlosserei Mario Weimar Polster- und Dekoabteilung Ute Wienberg Kostümdirektorin Doris Hersmann Gewandmeister/in Herren Petra Annette
Schreiber, Robert Harter Gewandmeisterinnen Damen Tatjana Graf, Karin
Wörner, Annette Gropp Waffenmeister Michael Paolone Schuhmacherei Thomas
Mahler, Barbara Kistner Modisterei Diana Ferrara, Jeanette Hardy
Chefmaskenbildner Raimund Ostertag Maske Friederike Reichel, Sonja Ross,
Melanie Langenstein, Sandra Oesterle Leiter der Statisterie ROLF JENEWEIN
Mit freundlicher Unterstützung der
Dich gibt es nur
in seinem Traum.
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Ursula Grossenbacher
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WER BIN
ICH?
ZUM INHALT
Charles Dodgson hat Kopfschmerzen. Die
Stimmen in seinem Kopf bilden scheinbar
sinnlose Wortketten. Dodgson träumt –
und jedes Bild, jeder Gedanke gilt dem
Mädchen Alice.
Alice posiert für die Kamera von Charles
Dodgson. Im Blitzlicht verwandelt der
Fotograf sich in ein weißes Kaninchen.
Alice folgt dem Kaninchen und ist
plötzlich unter der Erde. Das Kaninchen
ist verschwunden. Eine Flasche fordert
Alice auf, aus ihr zu trinken. Sie trinkt und
landet in einem Labyrinth unterschiedlich
großer Türen. Ist sie gewachsen? Oder
geschrumpft? Oder hat sich nur ihre Umgebung verändert?
Durch eine der Türen gerät Alice in den
Garten der sprechenden Blumen. In heller
Aufregung angesichts der ihnen unbekannten Pflanze fordern die Blumen Alice
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auf, ihnen zu sagen, wer sie ist. Sie realisiert, dass sie ihren Namen vergessen
hat, kann sich aber gerade noch daran
erinnern, dass sie ein Mädchen ist. Als
die Blumen sie weiter bedrängen, droht
Alice, sie zu pflücken. Die Blumen beginnen zu weinen, als die Rose ihr Lied über
den ewigen Kreislauf von Leben und Tod,
Erblühen und Verwelken singt.Eine Raupe
erscheint und verspeist die Blumen.
Auch die Raupe verlangt von Alice Aufschluss über ihre Identität – und wieder
muss Alice feststellen, dass sie vergessen hat, wer sie ist. Sie sagt, dass sie
klein sei und gerne wachsen würde. Die
Raupe rät ihr, die Fassung zu bewahren
und singt das Lied des Freakshow-Stars
Tabletop Joe.
Kaum ist die Raupe verschwunden, begegnet Alice dem Fisch, der dem Frosch
Robert Besta, Ursula Grossenbacher
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eine Einladung für die Herzogin von Ihrer
Majestät, der Schachkönigin zum Krocketspiel überbringen will. Und wieder ist da
das weiße Kaninchen – und eine Tür, die
Alices Aufmerksamkeit auf sich zieht. Obwohl der Frosch sie warnt, dass dahinter
alle verrückt sind, öffnet Alice die Tür.
Sie gelangt in eine Küche. Unter Beobachtung der Grinsekatze gehen die
Köchin und die Herzogin ihren immergleichen Tätigkeiten nach. Die Herzogin
hält zudem ein schreiendes Bündel auf
dem Schoß. Der Gedanke, bald selbst eine
Mutter mit Baby zu sein, erschreckt Alice
und sie will raus aus der Küche. Da landet
das schreiende Bündel in ihrem Arm –
und Alice versinkt mitsamt der Küche.
Außerhalb des Wunderlandes schreibt
Charles Dodgson Briefe an die kleine
Alice. Die erwachsene Alice erzählt ihrer
Katze von den Nachmittagen bei dem
Fotografen Charles Dodgson.
Zurück im Wunderland trifft Alice auf
die Grinsekatze und fragt sie nach dem
richtigen Weg. Die Katze erklärt ihr, dass
am Ende jedes Weges jemand wartet, der
verrückt ist. Alice landet in der verrückten Teegesellschaft mit dem Hutmacher,
der Haselmaus und dem Märzhasen.
Je verzweifelter Alice einen Ausweg
sucht, desto tiefer gerät sie hinein in das
Wunderland. Im Wald ohne Namen trifft
Alice zum ersten Mal ein Wesen, das wie
sie selbst vergessen hat, wer oder was
es ist. Doch nach einem kurzen Moment
der Annäherung erkennen das Reh und
das Mädchen einander als das, was sie
sind. In den Augen des Rehs ist Alice als
Mensch ein Monster – und es ergreift die
Flucht. Alice bleibt allein zurück.
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Von überall her tauchen plötzlich Wunderland-Figuren auf, denen Alice im
Verlauf der Geschichte bereits begegnet
ist, und werden zu Schachfiguren.
Die Schachkönigin erscheint und will dem
Mädchen den Prozess machen. Alice wird
angeklagt, „pikante Briefe“ empfangen zu
haben. Als das Urteil vollstreckt werden
soll, erscheint im letzten Moment Charles
Dodgson in Gestalt des weißen Ritters,
um Alice zu retten.
In einem Vorspiel besingt ein gealterter Messdiener die Katastrophe seines
von Missbrauch gezeichneten Lebens.
Charles Dodgson tritt auf und vertreibt
den Altar Boy.
Alice bittet ihn, das Rätsel um ihre Identität zu lösen – doch statt einer Antwort
konfrontiert er sie mit einem neuen Rätsel:
Sie soll herausfinden, was Jabberwocky
bedeutet. Dodgson verwandelt sich erneut in das weiße Kaninchen, Alice setzt
ihren Weg durch das Wunderland fort.
Sie begegnet einem Schaf, das etwas
aus seiner eigenen Wolle strickt, aber
auch nicht weiss, was mit Jabberwocky
gemeint ist. Schließlich landet Alice
vor einer Mauer, auf der ein riesiges Ei
namens Humpty Dumpty sitzt, das ihr
erklärt, Jabberwocky sei eine Mauer aus
Wörtern. Das Ei rät ihr, herauszufinden,
ob es auch ohne Wörter etwas bedeutet.
Während Alice weiter im Wunderland
feststeckt und versucht, das Rätsel zu
lösen, taucht Charles Dodgson erneut
außerhalb auf. Er erzählt von seiner
ersten Begegnung mit Alice, die dem
großen Lärm in seinem Kopf ein Ende
gemacht hat – und von seiner Sehnsucht,
Folgeseiten Joanna Kitzl, Hannes Fischer
in diesem Moment die Zeit anzuhalten.
Weiße Steine weisen ihm den Weg in den
Wald. Aus Charles Dodgson wird wieder
das weiße Kaninchen – und es prüft Alice
mit „Doublets“, einem Spiel, bei dem das
Mädchen durch schrittweisen Austausch
einzelner Buchstaben von einem Wort
zum andern kommen muss. Aus Hand wird
Fuss und aus Wörtern werden Töne – bis
plötzlich Tweedledum und Tweedledee
auftauchen, Zwillinge, die gegeneinander
kämpfen, um sich voneinander zu unterscheiden, und die Alice auf das Gewitter
hinweisen, das kurz darauf tatsächlich
über sie hereinbricht.
Auf Blitz und Donner folgen der schwarze und der weiße Ritter, die um Alice
kämpfen. Der schwarze Ritter schlägt den
weißen Ritter und erklärt Alice, dass sie
nur im Traum des weißen Ritters existie-
re. Er kündigt an, sie zur Schachkönigin zu
bringen, wo man sie köpfen werde. Das
Wunderland ist außer Kontrolle geraten.
Alice ist der Schachkönigin und ihrem
Hofstaat ausgeliefert, man will ihr erneut
den Prozess machen. Die als Beweis für
ihr Vergehen vorgelegten Briefe sind
sämtlich mit ihrem Namen beschrieben.
Alice wehrt sich gegen die Anschuldigungen – und wieder erscheint der weiße
Ritter, um sie zu retten. Er bekennt sich
des Verfassens der Briefe schuldig und
soll nun seinerseits verurteilt werden. Bei
dem Versuch, ihn zu köpfen, verwandelt
der weiße Ritter sich über das weiße
Kaninchen zurück in Charles Dodgson. Als
Erfinder des Wunderlandes beansprucht
er die Macht über die Figuren für sich –
und lässt sie verschwinden. Alice glaubt,
die Geschichte sei nun zu Ende …
Nähere Informationen zu den Songs
finden Sie auf Seite 26 in diesem Heft.
Hier scheinen alle
verrUckt zu sein.
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ALICE
ÜBERALL
ZUM stück
„In Alice ist alles, was mich an der
Kunst interessiert: Das Changieren von
Fiktion und Realität, die Konstruktion
von Parallelwelten, die Kartografie des
Unterbewusstseins, surreale Kontexte
und Maßstabsverschiebungen, aber
auch schwarzer Humor und Bosheit“,
beschreibt der bildende Künstler Stephan
Huber seine Faszination für die AliceWelt, die der Mathematiker, Fotograf,
Schriftsteller und Diakon Charles Lutwidge Dodgson vor 150 Jahren, am 4. Juli
1862, auf einer Bootsfahrt für das kleine
Mädchen Alice Liddell und ihre beiden
Schwestern erfand.
1865 erschienen unter Charles Dodgsons
Pseudonym Lewis Carroll Alices Abenteuer im Wunderland erstmals in Buchform.
Auf Alice‘s Adventures in Wonderland/
Alice im Wunderland folgte1872 mit
Through the Looking-Glass, and What
Alice Found There / Alice hinter den
Spiegeln der zweite Band.
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Im Jahr seiner ersten Begegnung mit der
damals knapp vierjährigen Alice Liddell
schreibt Charles Dodgson am 9. Februar
1856 in sein Tagebuch:
„Wenn wir träumen und uns, wie das oft
vorkommt, dieser Tatsache undeutlich
bewusst werden und versuchen aufzuwachen, sagen und tun wir dann nicht Dinge,
die im Wachzustand unsinnig erscheinen
müssten? Könnten wir dann nicht manchmal den Wahnsinn als eine Unfähigkeit
bezeichnen, zwischen Wachen und
Schlafen zu unterscheiden? Wir träumen
oft ohne die leiseste Ahnung einer Unwirklichkeit: ‚Der Schlaf hat seine eigene
Welt‘, und oft erscheint diese so lebensecht wie die andere.“
Mit dem Wunderland hat Lewis Carroll
für seine Leser und kindlichen Zuhörer
ein surreales Universum geschaffen, in
dem die Gesetzmäßigkeiten der realen
Welt außer Kraft gesetzt sind und das
nur in Träumen existiert. In einer losen
Folge einzelner Episoden beschreibt er
die Reise des Mädchens Alice durch
fantastische, irritierende, belustigende
und beängstigende Fantasiewelten. Es ist
eine faszinierende, von Nonsens geprägte
Umgebung, in der nichts so ist, wie es
zunächst scheint. Alice verliert zunehmend die Orientierung, vergisst, wer oder
was sie ist und wird auf der Suche nach
sich selbst und einem Ausweg von den
verrückten Bewohnern des Wunderlandes mit immer neuen, unlösbaren Rätseln
konfrontiert.
Bis heute ist Alice im Wunderland Inspiration für Künstler unterschiedlicher
Richtungen, Stile und Epochen. Das Surreale von Alices Abenteuern, das Irritierende der Beziehung zwischen Autor und
kindlicher Muse, die schillernde Figurenwelt des Wunderlandes oder ganz einfach
die in unterschiedliche Zusammenhänge
gestellte Frage „Wer bin ich?“: Carrolls
Alice-Welt öffnet Gedanken- und Assoziationsräume – und was für ihren Schöpfer
ein exakten Regeln folgender Gegenentwurf zur unbeherrschbaren Welt draußen
war, bleibt für den Betrachter das verwirrende Labyrinth einer faszinierenden
Parallelwelt, das es immer wieder neu zu
erforschen gilt. Alice ist eine Ikone der
Kunst geworden.
Das Musical Alice nach einer Idee von
Robert Wilson, mit Songs und Songtexten
von Tom Waits und Kathleen Brennan
sowie Dialogen von Paul Schmidt greift in
nicht chronologischer Reihenfolge zahlreiche Episoden aus den beiden Alice-Büchern auf und verschneidet die Abenteuer
der weiblichen Heldin im Wunderland mit
der Gedanken- und Gefühlswelt des Wunderland-Schöpfers und seiner erwachsen
gewordenen ehemaligen „Kindfreundin“
und Muse Alice Liddell. Szenen, die die
bis heute heftig diskutierte Beziehung
zwischen Dodgson und der kleinen Alice
Liddell in den Fokus rücken, rahmen und
unterbrechen die Wunderland-Episoden.
Immer wieder verwischen die Grenzen
zwischen den Ebenen, zwischen Traum
und Wirklichkeit, Wunderland und realer
Welt, Vergangenheit und Gegenwart.
Hier wie dort steht der Identitätskonflikt
der beiden Protagonisten im Zentrum. Die
Auseinandersetzung mit ihrem ambivalenten Verhältnis, das das Stück aus
unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet, gibt der Frage des Missbrauchs
Raum, entscheidet sich aber bewusst
gegen eine eindeutige Interpretation.
Vielmehr spiegelt Alice das merkwürdige miteinander Verwachsensein zweier
Menschen. Und wenn das Stück die in der
Vergangenheit liegende Faszination eines
erwachsenen Mannes für ein kleines
Mädchen mit der Gegenwart einer Frau
konfrontiert, die einmal das Mädchen
war, das durch sein Werk unsterblich
wurde, erzählt Alice auch die Geschichte
einer unmöglichen Liebe.
Miteinander verbunden werden die
beiden Ebenen der Geschichte durch die
abgründig-poetischen Songs von Tom
Waits und Kathleen Brennan, die Carrolls
Wunderland-Traumwelt in die der Außenseiter, Freaks und Jahrmarktsattraktionen übersetzen und mit dem Identitätskonflikt der beiden Hauptfiguren Alice
und Dodgson verbinden.
Der Songwriter und seine Frau fügen
dem Märchen von Alice im Wunderland
und der autobiographischen Geschichte von Dodgson und Alice eine weitere
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Dimension hinzu. Sie vermischen Alices
Verschwinden in einer Traumwelt mit
Ängsten und Fantasien der „realen
Alice“, suchen die Wunderland-Regeln
„Wir sind alle verrückt hier“ oder „Alles,
was du dir vorstellen kannst, ist wahr“
in Bildern einer abseitigen und darum
um so anziehenderen Wirklichkeit. Die
merkwürdig-symbiotische Verbindung der
Figuren übersetzen Waits und Brennan
in konkrete Bilder, indem sie zum Beispiel
für Dodgson und Alice ein Lied über die
unmögliche Liebe zwischen Vogel und
Fisch geschrieben haben, deren Vereinigung eine dem Sehnsuchtskosmos
des Wunderlandes vorbehaltene Utopie
bleibt. Was in der wirklichen Welt nur
im Kopf stattfindet, kann in den Wunderland-Songs Wahrheit werden – aber
auch außer Kontrolle geraten. Träume
verselbständigen sich und die Berührung
mit den unbegrenzten Möglichkeiten des
Wunderlandes wird in der Realität eines
späteren Lebens zu einer Fessel. Waits
und Brennan spitzen es zu: Alice ist die
Geschichte zweier Außenseiter.
Die Erfahrung, mit der Dodgson Alice an
sich bindet, ist die, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Die Wahrnehmung
verschiebt sich, Figuren und Gegenstände entwickeln ein Eigenleben, Worte
verlieren ihre bekannte und erlernte
Bedeutung. Funktioniert die gewohnte
Zuordnung nicht mehr, tritt Alice ein in ein
ganz neues Universum, in eine Welt der
Nonsens-Rätsel und sprechenden Eier,
eine surreale Welt, in der feste Bezugspunkte und Erklärungssysteme nicht
mehr existieren. Die existentielle Verunsicherung, der Umsturz aller Gewissheiten in Bezug auf die Frage, wer wir sind
und in welchem Verhältnis wir zur Welt
und ihren Gegenständen stehen, schafft
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den schwankenden Boden, auf dem
Carrolls Nonsens-Wunderland entstehen
kann, mitten im naturwissenschaftlichen
19. Jahrhundert. Und natürlich erhält Alice
hier auf die Frage, wer sie ist, nie eine
befriedigende Antwort. Je intensiver sie
versucht, sich zu den Wunderlandfiguren
ins Verhältnis zu setzen, sie zu verstehen
oder sich ihnen verständlich zu machen,
desto tiefer katapultiert sie sich hinein
in ein verwirrendes Labyrinth komplexer
Fragen – und desto klarer wird ihr, dass
sie hier keine eindeutigen Antworten finden wird. Und gerade aufgrund der konsequenten Verweigerung einer Antwort
sind es die unbeantworteten Fragen, die
die Geschichte immer weiter antreiben.
Die Suche nach der Identität ist für Alice
wie für Charles Dodgson, der mit Carroll
und Dodgson, dem weißen Ritter und dem
Kaninchen immer zwischen mehreren
Entwürfen steht, auch eine Suche nach
Zugehörigkeit. Über die reale Zerrissenheit Charles Dodgsons schreibt der Literaturwissenschaftler Klaus Reichert:
„Die Ängstlichkeit – und Starre –, mit der
Dodgson darauf hielt, beide Personen getrennt zu halten, hat etwas Zwanghaftes:
sie zeigt, dass er spürte, die eine könnte
die andere liquidieren. Unter diesem
Aspekt ist die Alice die Verteidigung Carrolls gegen Dodgson. Alice ist Dodgson
als Carroll, und die Monstren sind nicht
einfach die Erwachsenen, denen Carroll
sich, nicht nur wegen seines Stotterns
und seiner Linkischkeit, nicht gewachsen
fühlte und die er zu fürchten Grund hatte,
weil die schlichte Tatsache, dass es ihn
(Carroll) gab, sie schon in Frage stellte, – sie sind zugleich Dodgson selber,
dessen bürgerliche Existenz Konzentrat
und Potenzierung von allem dem war, was
erwachsen hieß. Alice im Kampf mit den
in Ungeheuer verwandelten, verwünschten Erwachsenen, ist Carroll im Kampf mit
Dodgson.“
Alice ist ein Stück über Metamorphosen
– von Lebewesen wie auch von scheinbar toten Dingen –, über die Logik des
Unsinns, Sprache und das Spiel mit ihr,
die verschwimmenden Grenzen zwischen
Verstand und Wahnsinn, Realität und
Fantasiewelt, Wachen und Träumen.
„Wer hat‘s geträumt?“ heißt das letzte
Kapitel in Alice hinter den Spiegeln. Auch
diese Frage wird unbeantwortet bleiben.
Alice befindet sich auf dem Weg des
Erwachsenwerdens. Und Dodgson weiß,
dass sie als Erwachsene die Fähigkeit
verlieren wird, die Fantasiewelt zu sehen,
die er dem Kind Alice zeigen kann. Das
Wunderland wird ihr in späteren Jahren
verschlossen bleiben. Und doch, so liest
das Stück die Geschichte zu Ende, hängt
sie mit einem Teil ihrer Gedankenwelt darin fest. Womöglich steckt hinter der Fassade des „normalen Lebens“ einer älter
gewordenen Frau noch immer irgendwo
das kleine Mädchen, das in einem Traum
verschwunden ist. „I‘m still here“ – „Ich
bin immer noch da“ singt die Titelheldin
am Ende von Alice. Ob sie will oder nicht,
etwas in ihr bleibt mit Dodgson verbunden, etwas, das sich nicht trennen will.
In der Realität sind Charles Dodgson und
Alice Liddell sich nach der sagenumwobenen Bootsfahrt, die die Geburtsstunde
der Wunderland-Alice war, und dem
Erscheinen des ersten Alice-Buches nur
noch sehr selten begegnet. Aber es ist
ein undatierter Brief Dodgsons erhalten,
in dem er schreibt: „Mein inneres Bild
des Mädchens, das über so viele Jahre
meine vollkommene Kinderfreundin war,
ist immer noch lebendig.“ Es ist das Bild,
das er auf seinen Fotografien konserviert hat. Durch die Fotografie und seine
Geschichten konnte Dodgson auf seine
Art die Zeit anhalten und sich Alice als
Kind bewahren. Für die erwachsene Alice
Fluch und Segen – zwei Seiten ihrer ganz
persönlichen Berühmtheit.
Hast Du das
RAtsel gelOst?
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DER CARROLLMYTHOS
ZUM Hintergrund
„Ging am Nachmittag mit Southey hinüber
zum Dekanat und versuchte, die Kathedrale zu photographieren: beide Versuche
misslangen. Die drei kleinen Mädchen
[Lorina, Alice und Edith Liddell] waren
fast die ganze Zeit über im Garten und
wir wurden gute Freunde: Wir versuchten, sie im Vordergrund des Bildes zu
gruppieren, aber sie waren ungeduldige Statisten. Ich markiere diesen Tag
mit einem weißen Stein“, vermerkt der
Schriftsteller, Fotograf, Mathematiker
und Dekan Charles Lutwige Dodgson am
25. April 1856 in seinem Tagebuch.
Der Mann „hinter“ Lewis Carroll, dem
berühmten Autor der Wunderland-Romane, wird am 27. Januar 1832 im alten
Pfarrhaus von Daresbury im englischen
Cheshire als ältester Sohn eines Geistlichen geboren. Charles Dodgson wächst
in einem liebevollen familiären Umfeld
mit zehn Geschwistern auf, die ihn alle
überleben werden. Die Erinnerung an
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die eigene unbeschwerte Kindheit auf
dem Land wird sich für den erwachsenen
Charles Dodgson mit der Sehnsucht nach
einem paradiesischen Zustand spielerischer Unschuld verbinden, einem Zustand, den er nur bei Kindern findet.
Seine späteren, intensiven Freundschaften zu Kindern, vor allem kleinen
Mädchen, beschäftigen die Forschung
bis heute. Während die eine Seite klar
pädophile Neigungen unterstellt, erkennt
die andere zwar eine ungewöhnliche,
auch verstörende Nähe zu den kindlichen
Freundinnen, widerspricht aber vehement
dem Vorwurf der Pädophilie. Weitgehend
einig ist man sich darüber, dass diese
Neigungen, sollten sie vorhanden gewesen sein, nicht ausgelebt wurden. Auch
für den Umstand, dass Charles Dodgson
seit seiner frühen Kindheit und bis in
das Erwachsenenalter hinein stottert,
finden sich in der Carroll-Forschung
unterschiedlichste Theorien. Es scheint
naheliegend, einen Zusammenhang herzustellen zwischen Dodgsons Stottern,
das er selbst als „seine Unsicherheit“
bezeichnet, und dem Umstand, dass er
trotz seines Genies über wenig Selbstwertgefühl verfügt. Heftig umstritten ist
allerdings die Theorie, dass er in späteren
Jahren nur in Gesellschaft Erwachsener
stottert, während er in der Umgebung von
Kindern einwandfrei sprechen kann.
Als der Vater im Norden von Yorkshire
eine Pfarrstelle erhält,
zieht Familie Dodgson
Anfang der 40er Jahre
in das dortige Pfarrhaus, „The Rectory“
genannt. Charles
Dodgson, der zunächst
zuhause unterrichtet
wird, ist bereits als
Kind sehr belesen und
beginnt früh, für seine
Geschwister eigene
Gedichte und Geschichten zu verfassen und
Spiele zu erfinden.
Einige seiner Geschichten werden später
wieder aufgegriffen und
publiziert.
Er schreibt Theaterstücke für ein
Marionettentheater, Tragödien und
Opern, kommt auf eine angesehene
Privatschule und beschäftigt sich zwischen seinem zwölften und siebzehnten
Lebensjahr weiter intensiv mit Literatur,
veröffentlicht eigene Schreibversuche
und Zeichnungen in Schulmagazinen und
Familienzeitschriften. 1850 schreibt er
sich in Oxford an der Universität ein. Er
belegt Mathematik, Theologie und klassische Literatur, schließt das Grundstudium
Alice Liddell als „Bettlermädchen“, 1858
mit Bestnote ab und wird für ein Stipendium vorgeschlagen. Gleich zu Beginn des
Studiums stirbt seine Mutter im Alter von
47 Jahren, vermutlich an einer Hirnhautentzündung.
Auch wenn das Studieren ihm leicht fällt,
geht Charles Dodgsons Ehrgeiz und die
Vielfältigkeit seiner Interessen oft mit
Konzentrationsschwierigkeiten einher.
1854 bereitet er sich auf die Priesterweihe vor. Sein mathematisches Genie
beschert ihm außerdem
nach dem Abschluss
des Studiums eine Anstellung als Tutor für
Mathematik am Oxforder Christ Church-College. Doch die Dummheit, die er bei seinen
Schülern diagnostiziert
und ein gegenseitiges,
persönliches Desinteresse machen die Lehrtätigkeit für Charles
Dodgson zur Qual.
1856 taucht in einer Zeitung in Zusammenhang
mit einem abgedruckten Gedicht erstmals
Dodgsons Dichtername Lewis Carroll auf.
Im selben Jahr kauft er sich eine Fotokamera. Das Medium Fotografie ist gerade
erst knapp 25 Jahre alt, Amateurfotografen steht das dafür notwendige Material
noch keine zehn Jahre zur Verfügung.
Für Charles Dodgson wird die Fotografie
eine seiner größten Leidenschaften.
Bald verfügt er über eine professionelle
Ausrüstung und beginnt Freunde, Familien, Kinder und bekannte Persönlichkeiten
zu porträtieren, künstlerisch beeinflusst
von der präraffaelitischen Malerei. Eines
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seiner Lieblingsmodelle und sein heute
bekanntestes Motiv wird Alice Pleasance
Liddell, das kleine Mädchen, das er am
25. April 1856 beim Versuch, die Kathedrale des Dekanats von Christ Church
zu fotografieren, beim Spielen mit ihren
Schwestern im Garten entdeckt hatte.
Sie ist die Tochter Henry George Liddells,
des Dekans von Christ Church.
Eine Bootsfahrt mit den drei kleinen
Liddell-Schwestern vor 150 Jahren, am
4. Juli 1862, markiert die Geburtsstunde
von Alice im Wunderland. Alice Liddell
ist es, die ihn bittet, die Geschichte, die
er ihr und ihren
Schwestern auf
diesem Bootsausflug erzählt hat,
aufzuschreiben.
Die handschriftliche Urfassung ist
1864 abgeschlossen, Alice erhält
das mit zahlreichen eigenen
Illustrationen und
der Widmung
„Ein Weihnachtsgeschenk für ein liebes Kind in Erinnerung an einen Sommertag“ versehene
Manuskript im November 1864. Ein Jahr
später erscheint eine erweiterte Fassung
in gedruckter Buchform mit Illustrationen
des bekannten Zeichner John Tenniel im
Verlag Macmillan. Der junge Oscar Wilde,
Virginia Woolf und Königin Victoria zählen
zu den Lesern von Alice im Wunderland.
Zu diesem Zeitpunkt ist die Freundschaft
zwischen Charles Dodgson und der
Liddell-Familie bereits zerbrochen. Über
die genauen Umstände wird bis heute
reichlich spekuliert, zusätzlich angeheizt
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wurde die Legendenbildung durch die Tatsache, dass für den relevanten Zeitraum
im Sommer 1863 keine Tagebucheinträge
Dodgsons mehr existieren und seine
Briefe an Alice Liddell aus dieser Zeit
von ihrer Mutter vernichtet wurden. Dass
der inzwischen 30-jährige Mann dem
11-jährigen Mädchen einen Heiratsantrag
gemacht haben soll, ist nur eine Vermutung in einem Gespinst wilder Theorien
zur Ursache des plötzlichen Bruchs.
Durch den Tod des Vaters 1868 wurde
Charles zum Familienoberhaupt der
Dodgsons, gleichzeitig stürzte der Verlust
ihn immer wieder
in Depressionen.
1871 publiziert er
als Lewis Carroll
mit Alice hinter
den Spiegeln die
Fortsetzung von
Alice im Wunderland, eine Zusammenstellung loser
Geschichten,
Fabeln und Nonsense-Gedichte,
erneut illustriert
von John Tenniel und inspiriert wiederum
durch die Begegnung mit einem Mädchen
namens Alice, Alice Raikes, die im Zuge
eines Rätselspiels mit ihrem Spiegelbild
die Frage nach den Gesetzmäßigkeiten
auf der anderen Seite eines Spiegels
aufgebracht hatte. Diese reale Episode
findet sich in Alice hinter den Spiegeln
ebenso wieder wie Carrolls berühmtes
Nonsense-Gedicht Jabberwocky und das
sprechende Ei Humpty Dumpty.
1876 erscheint die große Nonsense-Ballade The Hunting of the Snark, in Deutschland in verschiedenen Übersetzungen
Edith, Lorina & Alice Liddell
als Die Jagd nach dem Schnark, Schnatz
oder auch Schlarg geläufig, ein fantastisches Gedicht über eine Expedition auf
den Spuren eines seltsamen und extrem
humorlosen Fabelwesens.
Fotografen in Kombination mit seiner über
jedes gewöhnliche Maß hinausgehenden,
obsessiven Faszination für die Unschuld,
Schönheit und Lebensfreude kleiner Mädchen reagiert haben könnten.
1880 heiratet Alice Pleasance Liddell im
Alter von 28 Jahren Reginald Hargreaves, mit dem sie drei Söhne bekommt,
von denen sie zwei im ersten Weltkrieg
verlieren wird.
1886 nimmt Charles Dodgson nach langer
Zeit noch einmal Kontakt mit seiner
inzwischen verheirateten ehemaligen
Kinderfreundin auf und bittet sie um
Erlaubnis, von dem Originalmanuskript
Alice Underground eine Faksimile-Ausgabe herstellen zu lassen. Drei Jahre später
erscheint der erste
Band des Romans Sylvie und Bruno aus der
Feder Lewis Carrolls –
mit den Alice-Büchern
verbindet diesen
Roman das Thema der
Identitätssuche.
Nachdem Charles Dodgson jahrelang
erfolgreich und leidenschaftlich fotografiert
hat, beendet er diese
Tätigkeit zu Beginn der
1880er Jahre einigermaßen plötzlich. Vor
allem zahlreiche kleine
Mädchen im Alter zwischen vier und sechs
Jahren hat er schlafend, träumend oder
in unterschiedlichen
theatralen Situationen,
Rollen und Posen mit
aussagekräftigen Requisiten und Kostümen
im Zuge seiner fotografischen Laufbahn
inszeniert und fotografiert. Auch nackte
Kinder, vornehmlich Mädchen, inszeniert
als Feen und Nymphen in paradiesischer
Umgebung, waren ein beliebtes Motiv
Dodgsons – für die Malerei und Fotografie der viktorianischen Zeit zwar nicht
unbedingt ein Tabubruch, dennoch Anlass
verschiedener Theorien, die den Grund
für das abrupte Aufgeben der Fotografie
in zunehmenden Konflikten Dodgsons mit
den Eltern seiner Fotomodelle sehen, in
einem zunehmenden Misstrauen, mit dem
die Eltern auf die bevorzugten Motive des
Alice Liddell
Am 14. Januar 1898
stirbt Charles Lutwidge
Dodgson, der bis zu
seinem Lebensende
unverheiratet bleibt,
in Guilford, Surrey,
auf dem nach dem
Tod des Vaters angemieteten Familiensitz
„The Chestnuts“ an einer Lungenentzündung. Sein Grabstein mit der Aufschrift
„Rev. Charles Lutwidge Dodgson (Lewis
Carroll)“ trägt der zeitlebens existierenden doppelten Persönlichkeit des
ungewöhnlichen Künstlers Rechnung.
Neben seinem literarischen Werk und
zahlreichen Erfindungen, mathematischen
Denkaufgaben, Wortspielen, Rätseln und
Puzzles sind ca. 1000 seiner geschätzt
3000 Fotografien erhalten und Teil
diverser Publikationen und Ausstellungen. Es sind – neben den Alice-Büchern,
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Dodgsons Tagebuchaufzeichnungen und
den überlieferten Briefen – vor allem die
Fotografien kleiner Mädchen, die dem
Mythos um Charles Dodgson alias Lewis
Carroll und seine kindlichen Freundinnen
immer neue Nahrung geben und Anlass
zu einer bis heute andauernden kritischen
und kontroversen Auseinandersetzung
mit der Persönlichkeit Dodgson/Carroll
und ihrem Werk geben.
Alice Pleasance Hargreaves Liddell
nimmt 1932 im Alter
von 80 Jahren an
einer Feier zum 100.
Geburtstag des Autors
Lewis Carroll teil. Im
Cornhill Magazine vom
Juli 1932 schreibt sie:
„Wir besuchten ihn
oft in seiner Wohnung,
begleitet von unserem
Kindermädchen. Dort
angekommen, setzten
wir uns rechts und
links auf das große
Sofa, während er uns
Geschichten erzählte,
und sie gleichzeitig
mit Bleistift- oder
Tuschezeichnungen
illustrierte. Wenn uns die Geschichten
vollkommen zufriefen und glücklich
gestimmt hatten, ließ er uns Modell
stehen und belichtete die Platten, bevor
die richtige Stimmung verflogen war ...
Wenn wir nachmittags mit Mr. Dodgson
zum Fluß gingen, was höchstens vier
oder fünf Mal in jedem Sommertrimester
geschah, brachte er immer einen großen
Korb voller Kuchen mit, und einen Kochkessel, in dem wir unter einem Heustock
Tee kochten, wenn wir einen fanden. Bei
seltenen Gelegenheiten verbrachten wir
18
den ganzen Tag mit ihm und hatten dann
einen größeren Imbißkorb dabei - mit
kaltem Huhn und Salat und allerlei guten
Dingen. Einer unserer liebsten Ganztagsausflüge bestand darin, nach Nuneham zu
rudern und in den Wäldern zu picknicken,
in einer der Hütten, die von Mr. Harcourt
speziell für Picknicker errichtet worden
waren ... Mr. Dodgson trug in Oxford
immer die schwarze Kleidung der Geistlichen, wenn er aber mit uns auf den Fluß
ging, trug er meist eine weiße Flanellhose...
Er hielt sich immer
sehr gerade, beinahe
mehr als gerade, als
ob er einen Stock
verschluckt hätte.
Fast die gesamte Geschichte von Alice‘s
Adventures Underground wurde an so
einem glutheißen
Sommernachmittag
erzählt ... Ich glaube,
dass die Geschichten,
die er uns an jenem
Nachmittag erzählte,
besser gewesen sein
müssen als sonst,
denn ich habe eine
so deutliche Erinnerung an den Ausflug, auch begann ich am
nächsten Tag ihn zu bedrängen, er solle
die Geschichte für mich aufschreiben,
etwas, das ich noch nie getan hatte.“
1934 stirbt die Frau, die eines der berühmtesten Kinderbücher für Erwachsene
inspiriert hat. Ihr handschriftliches Originalmanuskript des ersten Alice-Buches
befindet sich heute im Besitz der britischen Nationalbibliothek.
Ursula Grossenbacher
xxx
19
jabberwocky
Lewis Carroll
Verdaustig war‘s und glasse Wieben
rotterten gorkicht im Gemank;
Gar elump war der Pluckerwank,
Und die gabben Schweisel frieben.
„Vom Zipferlak hast uns befreit?
Komm an mein Herz, aromer Sohn!
O blumer Tag! O schlusse Fron!“
So kröpfte er vor Freud.
»Hab acht vorm Zipferlak, mein Kind!
Sein Maul ist beiß, sein Griff ist bohr!
Vorm Fliegelflagel sieh dich vor,
Dem mampfen Schnatterrind!«
Verdaustig war‘s und glasse Wieben
rotterten gorkicht im Gemank;
Gar elump war der Pluckerwank,
Und die gabben Schweisel frieben.
Er zückt‘ sein scharfbefifftes Schwert,
Den Feind zu futzen ohne Saum;
Und lehnt‘ sich an den Dudelbaum,
Und stand da lang in sich gekehrt.
In sich gekeimt, so stand er hier,
Da kam verschnoff der Zipferlak
Mit Flammenlefze angewackt
Und gurgt in seiner Gier!
Mit eins! Mit zwei! und bis aufs Bein!
Die biffe Klinge ritscheropf!
Trennt er vom Hals den toten Kopf,
Und wichernd springt er heim.
20
Ins Deutsche übertragen
von Christian Enzensberger
Gunnar Schmidt, Ursula Grossenbacher
21
IM THEATERWUNDERLAND
ZUr Inszenierung
Episoden aus Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln, die legendenumwobene Geschichte des Wunderland-Schöpfers und seiner „idealen Kinderfreundin“,
die Songs mit ihrer schillernd-abgründigen
Welt der Außenseiter und Freaks: Das Musical Alice von Robert Wilson, Tom Waits,
Kathleen Brennan und Paul Schmidt bringt
diese Elemente zu einem klang- und bildgewaltigen Theaterabenteuer zusammen.
Zwanzig Jahre nach der Uraufführung am
Thalia Theater in Hamburg hat das Karlsruher Theater die Rechte an Noten- und
Textmaterial bekommen, um Alice in einer
Neuinszenierung auf die Bühne zu bringen.
Regisseur Daniel Pfluger, Bühnenbildner
Flurin Borg Madsen und Kostümbildnerin
Janine Werthmann sind ein bewährtes
Team, hinzu kam der Pianist, Komponist und
Thereminist Clemens Rynkowski, der die
Songs für die Karlsruher Alice-Aufführung
neu arrangierte – für das Karlsruher Ensemble, eine sechsköpfige Band und insgesamt
zweiundzwanzig Instrumente.
22
Für das Regieteam begann die Auseinandersetzung mit der Frage, wie die verschiedenen Stückebenen auf der Bühne
zusammenzuführen sind, mit konzeptionellen Entscheidungen zu Struktur und Fassung, Besetzung und räumlicher Verortung. Der Wunsch, die Titelrolle mit Ursula
Grossenbacher zu besetzen und ganz
bewusst nicht mit einer jungen Schauspielerin, ergab sich aus der Perspektive
der erwachsenen Alice, mit der das Stück
immer wieder spielt. Ausgangspunkt der
Wunderland-Geschichten ist eine spätere
Realität. Alice ist nicht mehr das Mädchen, das Dodgson, gespielt von Robert
Besta, auf einer Fotografie konserviert
hat. Doch sobald sie zurückkehrt in die
Traumwelt der Vergangenheit, wird aus
der erwachsenen Frau wieder das Mädchen, für das er das Wunderland erschaffen hat. Die Umgebung also bestimmt das
Alter von Alice im Stück, entsprechend
findet auf der Bühne keine äußerliche
Veränderung der Alice-Figur statt.
Bei der Konzeption und Stückentwicklung
der Hamburger Uraufführung entschied
Wilson sich für eine, auch bei seiner vorigen Arbeit The Black Rider verwendete
Struktur, bei der die Szenenfolge durch
„Knee“-, also „Gelenkszenen“ unterbrochen wird. Nach Ende jeder Szene schließt
sich der Vorhang, um dahinter den Umbau
auf das nächste große Bild zu erlauben.
Währenddessen findet vor dem Vorhang
eine kurze „Zwischenszene“ statt. Für
die Karlsruher Inszenierung löste Daniel
Pfluger diese aus dem amerikanischen
Vaudeville übernommene Technik weitgehend auf. Um zu ermöglichen, dass Alice
ihre Reise durch das Wunderland jenseits
der Ebenenwechsel ohne Unterbrechungen
– über das Ende von Einzelepisoden hinaus
– fortsetzen kann, fand er mit Flurin Borg
Madsen Bühnenlösungen, bei denen sich
der Raum vor den Augen des Publikums für
die jeweils nächste Wunderlandepisode
verändert. Für diese fließenden Übergänge
übernehmen Figuren die Umbauten, dazu
kommen vier Altar Boys. Alice bleibt fast
durchgehend auf der Bühne, während das
Wunderland um sie herum immer wieder
neue Gestalten annimmt. Pfluger nimmt in
seiner Inszenierung die Spuren auf, die das
Stück auf den verschiedenen Ebenen legt
und führt sie zusammen zu einer theatralen
Expedition an einen Ort der Obsessionen
und Verstörung, aber auch der Schönheit
und Leichtigkeit.
So wie Dingen und Lebewesen in der Fantasiewelt von Lewis Carroll ihre gewohnten Eigenschaften abhanden kommen,
verändern auch die Bühnenbildelemente,
mit denen Flurin Borg Madsen und Daniel
Pfluger arbeiten ihre Bedeutung. Was eben
ein Mond war, wird im nächsten Moment
zum Mund der Grinsekatze, die Spiegel, die
zerbrechen, wenn Alice von Charles Dodg-
son fotografiert wird und durch die sie ins
Wunderland eintritt, werden zu Blitzen im
Gewittersturm, der durch das Wunderland
fegt. Die Betonwand des Karlsruher Theaters verschwindet hinter einem schwarzen
Aushang – und Alice im Kaninchenbau. Im
Zusammenspiel mit Bühnenmusik und Licht
verwandelt sich der schwarze Bühnenraum
in den Wald ohne Namen, in dessen grünem
Nebel Alice verloren geht während die
Musiker im Orchestergraben ihren Instrumenten die dazugehörigen Waldgeräusche
entlocken. Im Traum ist die Welt auf den
Kopf gestellt, der Mond scheint unter der
Erde, Bett und Nachttisch hängen lose im
Bühnenhimmel. Der Raum wird dominiert
von schwarzen und weißen Elementen.
Pfluger und Madsen greifen die Schachund Kartenspielsysteme auf, die Carrolls/
Dodgsons logischer Mathematikergeist den
surrealen Ereignissen der Alice-Geschichten zugrunde gelegt hat und lassen aus einfachen schwarzen und weißen Quadraten
im Verlauf einer Szene plötzlich ein großes
Schachfeld entstehen, auf dem die Wunderlandwesen zu Schachfiguren werden,
oder kombinieren die Kostüme von Janine
Werthmann mit bühnenbildnerischen Versatzstücken, wenn zum Beispiel unter dem
Kleid der Schachkönigin ein Fahrgestell
samt Guillotine zum Vorschein kommt.
Auch sonst beeinflussten räumliche Entscheidungen unmittelbar die Konzeption der
Kostüme. Um einen Kontrast zu schaffen,
setzt Janine Werthmann dem versatzstückartigen Spielfeld der Bühne, auf dem mit
möglichst unaufwendigen Mitteln schöne
Bilder evoziert werden, bunte, fantasievolle
und detailgenaue Kostüme entgegen. Ob
es das Schaf ist, das seine eigene Wolle
verstrickt, oder die aufwendigen, viktorianischen Kostüme der sprechenden Blumen,
die Zwillingsmasken von Tweedledee und
23
Tweedledum oder die kräftigen, neonfarbenen Glieder der Raupe – Werthmann
und Pfluger entscheiden sich im Kostüm
bewusst gegen eine durchgängige Ästhetik
der Traumwelt und für ein fantasiereiches
Spiel mit Farben und Formen, Stilrichtungen
und Epochen. Während jede Wunderlandepisode ihre eigene Ästhetik hat, stehen
Alice und Charles Dodgson außerhalb
dieses bunten Verwandlungsreigens. Nur
mit Hilfe einer Kopfbedeckung wird Dodgson zum weißen Kaninchen, das Alice ins
Wunderland lockt – und wenn er ihr gegen
die Schachkönigin und ihren Hofstaat als
weißer Ritter zur Hilfe eilt, dient ihm eine
Spielkarte als ritterliches Schild. Und für
Alice hat Wertmann ein Kleid entworfen,
das in Form und Farbe mit dem Bild des
hellblauen Mädchenkleides aus zahlreichen
Bearbeitungen der Alice-Geschichte in Film,
bildender Kunst und Populärkultur spielt.
Verantwortlich für die musikalische Übersetzung der Alice-Welt auf die Bühne des
KLEINEN HAUSES ist Clemens Rynkowski,
der die Songs von Tom Waits und Kathleen Brennan neu arrangiert hat und die
Aufführung mit seinen fünf Band-Kollegen
auf insgesamt 22 Instrumenten begleitet.
Ein wiederkehrendes Motiv in den Songs ist
der Dreivierteltakt, ihr erdiger Sound wird
in den Arrangements unterstützt durch
zahlreiche Bass-Instrumente wie E-Bass,
Kontrabass, Bassklarinette, Posaune und
Sousaphon, auch Harmonium und Tam
Tam (eine Art Gong) sorgen für tiefe Töne,
während einzig Celesta, Flöte, Piccoloflöte,
sowie Flageolett-Töne einen Kontrast in
den Höhen bilden. Zusammen mit der Band
hat Rynkowski jenseits der Songs auch
sämtliche Sounds und Slapstickgeräusche
der Wunderwelt musikalisch entwickelt,
vom Quietschen der Türen über das Geräusch des Schrumpfens, Vogelrufe und
24
Maschinenlärm bis zur Soundkulisse eines
Gewitters, werden sie live mit den vorhandenen Instrumenten kreiert.
Für den apokalyptischen Freakshow-Karneval der Waits/Brennan-Songs hat die Hamburger Produktion mit einigen Freaks unter
den Instrumenten gearbeitet: Ursprünglich gab es in der Instrumentierung zum
Beispiel eine Strohgeige, ein musikalisches
Zwitterwesen, das – auf der einen Seite mit
einem Trichter versehen – eine Art siamesischen Klangkörper besitzt und in seiner
besonderen Eigenschaft mit der Geschichte
des Mannes in dem Alice-Song Poor Edward korrespondiert, der auf der Rückseite
seines Kopfes ein zweites Gesicht hat. Die
Bratsche, ein Instrument zwischen Geige
und Cello, die den ihr eigenen matten Klang
aus dem Umstand gewinnt, dass sie – um
überhaupt gehalten werden zu können – zu
kurz gebaut wurde, das Sousaphon und das
Theremin sind Instrumente, die in Karlsruhe
zum Einsatz kommen. Wecker und Donnerblech verstärken die atmosphärischschräge Klangwelt.
Als erstes elektronisches und einziges
berührungslos gespieltes Instrument der
Welt, wurde das 1919 von dem Russen
Lew Termen erfundene Theremin in der
Vergangenheit vor allem in Zusammenhang
mit neuer Musik, Science-Fiction-Filmen
und experimenteller Popmusik eingesetzt.
Gespielt wird es buchstäblich in der Luft
– und schlägt so eine ganz eigene Brücke
vom Orchestergraben ins Wunderland.
Robert Besta & Ensemble
25
FREAKS
Die Songs von Tom Waits
& Kathleen Brennan
Der Kalifornier Tom Waits, Sänger, Komponist, Autor und Schauspieler – u. a. in Down
By Law und Bram Stoker’s Dracula –, ist ein
Grenzgänger zwischen den Genres. In seiner
Musik bringt er unterschiedliche Einflüsse
und Stilrichtungen zusammen, Jazz und
Blues, Folk, Vaudeville und Theatermusik,
Rap, Industrial-, Alternative- und Indie-Rock.
Schon seine ersten Songtexte waren inspiriert von Jack Kerouac, Allen Ginsberg und
anderen Vertretern der Beat-Generation.
Bewusst spielt Waits mit Brüchen und
Irritationen, forciert durch seine charakteristische Stimme, die sich anhört, „als wäre
sie in einem Fass Bourbon getränkt, einige
Monate in die Räucherkammer gehängt,
dann nach draußen gebracht und mehrmals
mit dem Auto überfahren worden”, wie ein
Musikkritiker kommentierte. Nach früheren
Exzessen ließ Waits seit Beginn der 90er
Jahre konsequent die Finger von Alkohol
und Zigaretten – was aber der Unverwechselbarkeit seiner Stimme keinen Abbruch tat.
26
Während seiner Arbeit am Soundtrack für
den Film One from the Heart von Francis
Ford Coppola lernte Waits dessen SkriptAssistentin Kathleen Brennan kennen, sie
heirateten im August 1980 und sind seither
auch künstlerisch ein Paar. Ende der 80er
Jahre begann die Zusammenarbeit mit Regisseur und Bühnenkünstler Robert Wilson,
mit dem er für das Hamburger Thalia Theater
The Black Rider entwickelte. Mit Alice folgte Anfang der 90er Jahre die zweite Zusammenarbeit mit Wilson für das Hamburger
Theater und 2000 mit Woyzeck ein weiteres
gemeinsames Projekt, das in Kopenhagen
uraufgeführt wurde. Den Vergleich mit Kurt
Weill kommentierte Waits einmal mit den
Worten: „Er nimmt eine schöne Melodie
und erzählt dir furchtbare Dinge. Ich hoffe,
dass mir das auch gelingt.” Wie auch bei
Alice, handeln die meisten Songs, deren
Texte und Kompositionen Waits seit Mitte
der 80er Jahre mit Kathleen Brennan als
Co-Autorin entwickelt, von Außenseitern
und Freaks, Gestrandeten, Träumern, Ver-
rückten, Säufern und Huren. Es sind düstere
Märchen für Erwachsene, ihre Helden meist
tragische Verlierer, hoffnungslos Gescheiterte, aussichtslos Liebende. In Alice treffen
die eingängigen Melodien wehmütiger Balladen und Liebeslieder auf schräge Songs
voller assoziativer Wortketten und surrealer
Bildwelten.
Der erste Song mit dem Titel Alice ist Carrolls/Dodgsons Obsession für das Mädchen
gewidmet. Dodgson träumt und beschwört
Bilder einer eisigen Landschaft herauf. Der
Mond, ein gefrorener Weiher, das Meer
und die Tränen sind Motive, die in späteren
Songs wiederkehren werden. Es existiert
eine Welt unterhalb der gefrorenen Oberfläche, in der Alice auf ihn wartet. Weil er
nicht zu ihr gelangen kann, zieht er mit den
Kufen seiner Schlittschuhe ihren Namen
nach, bis das Eis nachgibt. Alice ist seine
Sehnsucht und sein Abgrund – also stürzt er
sich hinein und verschwindet in ihr. Heimliche Küsse, Wahnsinn und Wonne: „There’s
only Alice“ / „es gibt nur Alice.“
Mit dem zweiten Song wechselt die Perspektive. Alice ist „under ground”, befindet
sich in einem merkwürdigen Übergangsreich
zwischen Himmel und Hölle, Wachen und
Träumen. No one knows, I’m gone / „Keiner
weiß, dass ich weg bin“ ist Alices Song über
ihr Verschwinden.
In No one puts flowers on the grave beschreibt die Rose den ewigen Kreislauf von
Leben und Sterben, Erblühen und Verwelken.
Nach dem Tod einer Blume erblüht irgendwo
prachtvoll eine andere – doch niemand legt
je Blumen auf das Grab einer Blume.
Es folgt das Lied der Raupe, mit dem
Waits und Brennan Alice in das Reich der
Jahrmarktattraktionen, der Krüppel und
anatomischen Wunderwesen entführen.
Tabletop Joe / „Tischplatten-Joe“ existierte
tatsächlich, ein Mann ohne Unterleib, der
seine unglückliche Kindheit hinter sich lässt
und dank seiner Liebe zur Musik den Traum,
berühmt zu werden, in der Welt der Jahrmärkte und Freakshows verwirklichen kann.
In der „Coney Island Dreamland-Show“ hat
er sein eigenes Orchester, genießt Reichtum, Ansehen und Popularität – und straft all
diejenigen Lügen, die stets nur den Krüppel
sahen. Er zeigt es ihnen, gerade indem er
bleibt, wie er war und nicht weiter wächst.
Johnny Eck, das reale Vorbild für Tabletop
Joe, wurde u. a. durch den Film Freaks von
1932 bekannt.
Die verrückte Teegesellschaft konfrontiert
Alice mit absurden Bildfolgen von Wahnsinn und Verwesung, Würmern, Krüppeln
und herum kullernden Augäpfeln. Die Zeit
ist durchgedreht, nichts überdauert, alles
verfällt. „Hell is such a lonely place – We’re
all mad here.” Die Horrorszenarien und
Alptraumfantasien der verrückten Teegesellschaft kontrastieren Waits/Brennan mit
dem Liebesduett Fish and Bird, gesungen
von Alice und dem weißen Ritter. Die am
Tresen einer Taverne von einem Matrosen
erzählte Geschichte von dem kleinen Vogel,
der sich in einen Wal verliebte, ist die Parabel einer unmöglichen Liebe. Weil der eine
nicht im Ozean, der andere nicht in der Luft
leben kann, bleibt eine Vereinigung Utopie,
dem Sehnsuchtskosmos einer Fantasiewelt
vorbehalten, in der alle Gesetzmäßigkeiten
aufgehoben sind. In der Realität wissen sie,
dass sie sich trennen müssen – und bleiben
doch untrennbar verbunden.
Nach der Pause steigt die Geschichte mit
dem Sprechgesang des Altar Boy wieder
ein – und der Tragödie des verpfuschten, von
Unterdrückung und Missbrauch gezeichneten
27
Lebens eines depressiven Trinkers und
ehemaligen Messdieners.
Nach einer kurzen Reprise des Liebesduettes Fish & Bird holt das weiße Kaninchen
Alice mit dem Song Everything you can think
of is true zurück ins Wunderland. „Alles, was
du dir vorstellen kannst, ist wahr“, das Baby
schläft in deinem Schuh und der Teller ist
mit dem Löffel durchgebrannt – doch die Zeit
rennt und absurde Fantasien mischen sich in
schneller Assoziationskette mit neuen, düsteren Bildern der eigenen Vergänglichkeit.
Durch das weiße Schaf wird Alice mit einem
Dasein ohne Abenteuer und Freiheit konfrontiert, in sich verstrickt und meinungslos, weil
nach der Meinung schon lange niemand
mehr gefragt hat. Barcarole, das Duett
zwischen Alice und dem alten Schaf, erzählt
von der Einsamkeit einer verheirateten Frau,
entwirft eine negative Vision des Erwachsenseins. Der Zirkus des Lebens ist weiter
gezogen, die Frau ist ihres Daseins müde.
Unfähig, sich zu befreien, verliert sie sich
in den Bildern einer vergangenen Zeit: „I’m
skating on the ice in a glass / In the hands
of a man / That I kissed on a train ...”
Das Ei Humpty Dumpty fügt mit Reeperbahn
eine andere Vision hinzu. „The memories are
short but the tales are long / Down there in
the Reeperbahn” verkündet der Song und
entwirft ein Kaleidoskop abschüssiger
Lebenswege, die sich auf der Hamburger
Reeperbahn kreuzen. Das Paradies ist
verloren – „The apple is gone but there’s
always the core / The seeds will sprout up
right through the floor / Down there in the
Reeperbahn.”
figuren in die Geschichte des Mannes mit
den zwei Gesichtern: Das Gesicht eines
Mädchens auf der Rückseite seines Kopfes
entpuppt sich als sein teuflischer Zwilling,
der ihn in den Wahnsinn treibt. Das Gesicht
zu entfernen, würde ihn töten, also sind sie
für immer aneinander gekettet. Und bleiben
es noch über Edwards Selbstmord hinaus:
„Some still believe he was freed from her /
But I knew her to well / I say she drove him
to suicide / And took Poor Edward to hell.”
Wie schon bei Tabletop Joe liegt der Ballade
von Poor Edward eine reale Geschichte
zugrunde. Im Stück folgt der Song auf
eine Szene, in der der weiße Ritter dem
schwarzen Ritter, seiner anderen, dunklen
Seite im Kampf um Alice unterliegt.
Mit Hymn oder In the Hands of Time ist die
Reise durch das Wunderland an einem Ende
angekommen. „You murdered time and you
must pay / For the things you’ve done” – das
Vergehen, in den natürlichen Verlauf der
Zeit eingegriffen zu haben, muss gesühnt
werden. „Drown him in tears I say / And off
with his bleeding head” heißt es im Song,
ein Höllenszenario markiert den Moment der
Abrechnung. „You’re now in the hands of
time.”
Das Schlusslied gehört Alice. I’m still here
ist ihre Geschichte und sie erzählt davon,
wie sie erträumt und dann in dem Traum
zurückgelassen wurde. „How long was I
dreaming for / What was it you wanted me
for.” Das Rätsel ist ungelöst. „You haven’t
looked at me that way in years – But I’m still
here.” Die Schlusszeile aus Alices Song ist
zugleich der letzte Satz im Stück: „Ich bin
immer noch hier.“
Die Ballade von Poor Edward übersetzt das
miteinander Verwachsensein der Haupt28
Eva Derleeder, Ursula Grossenbacher & Ensemble
Folgeseiten Jan Andreesen, Ursula Grossenbacher, Anna-Magdalena Beetz, Joanna Kitzl
29
30
31
DanieL Pfluger Regie
Daniel Pfluger studierte Regie an der Zürcher Hochschule der Künste. Während des
Studiums erarbeitete er u. a. Titus nach
Shakespeare und Heiner Müller und Unvollkommen, ein Bewegungstheater nach
den Metamorphosen von Ovid, das beim
Schauspielschultreffen 2008 in Rostock
ausgezeichnet wurde und mit dem er das
Körber Studio Junge Regie 2009 gewann.
Als freischaffender Regisseur inszenierte
er am Heidelberger Theater das transdisziplinäre Projekt Godard Driving, Moby Dick
am Schauspielhaus Graz und für Winter in
Schwetzingen die Vivaldi-Oper Bajazet. Es
folgten Arbeiten am Mannheimer Schnawwl
und am Staatstheater Schwerin sowie
das Projekt M & The Acid Monks in der
Kaserne Basel. Ab Oktober 2012 nimmt er
am Stipendiatenprogramm der Akademie
Musiktheater Heute teil. Künftige Arbeiten führen ihn u.a. an die Deutsche Oper
Berlin. In Karlsruhe inszenierte er 2011/12
die Kinderoper Dino und die Arche.
32
Clemens Rynkowski Musikalische
Leitung & Arrangements
Clemens Rynkowski ist Pianist, Komponist
und Thereminist. Seit seinem Studium
an der Universität der Künste und an der
Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in
Berlin, komponiert und arrangiert er für Orchester, Kammerensembles, Film und Theater, u. a. für die Jenaer Philharmonie und
das Orchestre Philharmonique du Luxembourg sowie das salonorchesterweimar. Er
arbeitete mit den Regisseuren Michael von
zur Mühlen am Deutschen Nationaltheater
Weimar und Claus Peymann am Berliner
Ensemble. Mit seinen Brüdern gründete
er die Band Herr Rynkowski, spezialisiert
auf Soul und Funk im Falsettgesang. Das
Thereminspielen lernte Rynkowski u. a. bei
Lydia Kavina, der Großnichte des Theremin-Erfinders und ist seither solistisch
und im Ensemble als Thereminist tätig, u.
a. 2010 mit Sting. Er unterrichtet an der Musik-Hochschule in Weimar und der Hochschule für Musik und Theater Rostock.
Folgeseite Band & Altar Boys
Flurin Borg Madsen Bühne
Janine Werthmann Kostüme
Flurin Borg Madsen, geboren 1981 in
Stuttgart, begann nach Hospitanzen u.
a. am Schauspielhaus Düsseldorf und
am Nederlands Dans Theater in Den
Haag 2002 sein Studium der Szenografie
an der Hochschule für Gestaltung (HfG)
Karlsruhe. Neben dem Studium arbeitete
er als Kamera-Assistent und entwarf
Bühnenbilder für Theater in Buenos Aires,
Mannheim, Zürich, Solothurn und Heidelberg sowie Videoprojektionen für Opern
in Amsterdam, Düsseldorf und für Michael
Simons Lohengrin-Inszenierung an der
Nürnberger Staatsoper. 2006 bis 2007 war
er Bühnenbildassistent am Nationaltheater Mannheim, 2008 folgte ein weiteres
Szenografie-Studium an der Züricher
Hochschule der Künste (ZHdK). Mit Daniel
Pfluger verbindet ihn eine regelmäßige
Zusammenarbeit. In Karlsruhe entwarf
Flurin Madsen 2011/12 die Bühnenbilder
für Herzog Theodor von Gothland und die
Kinderoper Dino und die Arche.
Janine Werthmann ist seit 2006 freischaffende Kostümbildnerin für Schauspiel,
Oper und Ballett u.a. am Nationaltheater
Mannheim, Schauspiel Frankfurt, Stadttheater Bremerhaven, Theater Heidelberg.
Sie arbeitet mit Regisseuren wie Burkhard
C. Kosminski, Daniel Pfluger, Michael Simon, Cilli Drexel, Tim Egloff, Egill Pálsson,
Simon Solberg u. a. In der Spielzeit 11/12
entwarf sie zuletzt Bühne und Kostüme für
die Schauspielproduktionen Der goldene
Drache unter der Regie von Tim Egloff am
Stadttheater Bremerhaven, die Kostüme
für die deutsche Erstaufführung von Der
andere Ort unter der Regie von Burkhard
C. Kosminski am Nationaltheater Mannheim sowie die Kostüme für die Produktion
M & The Acid Monks in der Regie von
Daniel Pfluger in der Kaserne Basel. In der
Spielzeit 2011/12 war sie bereits für die
fantasievollen Kostüme der Kinderoper
Dino und die Arche verantwortlich.
33
34
Folgeseiten Klaus Cofalka-Adami, Ursula Grossenbacher
35
Anna-magdalena Beetz Gänseblümchen, Haselmaus, Herzogin
Nach dem Schauspielstudium an der Hamburger Stage School of Music,
Dance and Drama war Anna-Magdalena Beetz 2001-2005 festes Ensemblemitglied in Heidelberg, 2007-2011 in Karlsruhe, wo sie u. a. in Cabaret
und Big Money spielte und mit ihrer Band annagramm auftrat. Als Gast
ist sie weiter in Dylan – The times they are a-changin‘ zu erleben.
EVA DERLEDER Raupe, Schachkönigin
Eva Derleder war u. a. in Mannheim, Stuttgart und Baden-Baden engagiert und wurde mit Onkel Wanja von Harald Clemen und Quai West
in der Regie von Jürgen Bosse am Mannheimer Nationaltheater zum
Berliner Theatertreffen eingeladen. In Karlsruhe spielte sie zuletzt in
Auf Kolonos und ist weiterhin in Jakob der Lügner zu sehen.
Ursula Grossenbacher Alice
Ursula Grossenbacher spielte u. a. am Deutschen Schauspielhaus in
Hamburg, bevor sie ihr erstes Festengagement in Braunschweig antrat.
1995 ging sie fest ans Landestheater Tübingen, 2002 nach Karlsruhe,
wo sie zuletzt u. a. in Herzog Theodor von Gothland, Big Money,
Orpheus steigt herab spielte und weiterhin in Jakob der Lügner.
Joanna Kitzl Lilie, Hutmacher, Tweedledee
Joanna Kitzl spielte am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, wo
sie mit Jürgen Gosch arbeitete, am Theater Neumarkt Zürich, am
Heidelberger Theater und am Staatsschauspiel Hannover. In Karlsruhe
spielte sie u. a. Minna von Barnhelm, die Lady in Orpheus steigt herab
und ist 2012/13 u. a. in Verrücktes Blut und Dantons Tod zu sehen.
Jan Andreesen Gänseblümchen, Märzhase, Tweedledum
Jan Andreesen studierte an der Leipziger Hochschule und spielte im
Studio des Dresdner Staatsschauspiels, bevor er fest ans Theater Bielefeld ging. 2010/11 gehörte er zum Heidelberger Ensemble. In Karlsruhe
spielte er u. a. in Philotas+ und steht weiterhin in Supermen KA und
Verrücktes Blut, demnächst außerdem in Dantons Tod auf der Bühne.
Robert besta Charles Dodgson, Weißer Ritter, Weißes Kaninchen
Robert Besta ist seit 2005/06 in Karlsruhe engagiert. 2007 erhielt
er den jährlich an ein Nachwuchstalent des Theaters verliehenen
„Goldenen Fächer“. Seit 2006 inszeniert der Leiter eines Jugendclubs
regelmäßig und dreht Filme, u. a. Abgesang, regelmäßig zu sehen im
STUDIO. Zuletzt spielte er u. a. in Big Money und Immer noch Sturm.
Hannes Fischer Rose, Grinsekatze, Humpty Dumpty
Die Theater in Würzburg und Nürnberg, das Düsseldorfer Schauspielhaus, Volkstheater Wien, Theater Baden-Baden, Schauspiel Essen und
Staatstheater Kassel gehören zu den Stationen von Hannes Fischer.
2007-2012 war er fest in Karlsruhe engagiert. Hier spielte er zuletzt u. a.
in Die Hermannsschlacht, Auf Kolonos, Fiesco und Jakob der Lügner.
36
Georg KRause Altar Boy solo
Georg Krause studierte Bildhauerei und Schauspiel in Stuttgart. Nach
Engagements in Tübingen, Heilbronn und Münster kam er 2002/03 fest
nach Karlsruhe, wo er den Mephisto in Faust und den Brandner Kaspar
spielte. Zuletzt stand er u. a. in Orpheus steigt herab und Big Money auf
der Bühne und spielt auch 2012/13 die Titelrolle in Jakob der Lügner.
NatanaËl Lienhard Frosch, Reh, Schwarzer Ritter
Nach seiner Ausbildung an der Frankfurter Hochschule gehörte Natanaël Lienhard ab Mai 2008 zum Ensemble des Heidelberger Theaters, wo
er u. a. als Saint Just in Dantons Tod zu erleben war. In Karlsruhe ist er
auch 2012/13 mit Tschick in der INSEL sowie im STUDIO mit Supermen
KA und dem musikalischen Soloabend Brel – On n‘oublie rien zu erleben.
Gunnar schmidt Fisch, Schaf, Schachkönig
Gunnar Schmidt absolvierte seine Schauspielausbildung in Hamburg.
Nach Engagements in Wilhelmshaven, Münster und Tübingen kam
er 2002 fest ins Karlsruher Ensemble. Hier war er 2011/12 u. a. in Big
Money und Philotas+ zu sehen, 2012/13 spielt er in Jakob der Lügner
und hat im November 2012 mit Dantons Tod Premiere.
Wo du bist, macht keinen
Sinn, wenn du nicht
weiSSt, wie du heiSSt.
Wie du heiSSt, macht
keinen Sinn, wenn du
nicht weiSSt, wo du bist.
37
Agata Zieba Bratsche
Agata Zieba studierte Bratsche und Musiktheorie in Krakau. Es folgten
Studien an der Musikhochschule Stuttgart bei Prof. Andra Darzins, ab
2011 mit Schwerpunkt Neue Musik. Aushilfstätigkeiten führen sie u.a.
zum SWR SO Freiburg und zur Badischen Staatskapelle. Seit 2012 ist
sie Solo-Bratschistin an der Oper Bialystok.
Jakob Dinkelacker Waldhorn, Trompete, Percussion, Schlagwerk.
Jakob Dinkelacker studierte in Mannheim Jazz- und Popularmusik mit
Schwerpunkt Schlagzeug. Er ist Mitglied verschiedener Jazz-Kollektive,
Gründer des Projektes Return To Whatever und wirkte bei Theaterproduktionen in Tübingen, Heidelberg, Basel und Karlsruhe mit. Zudem
begleitet er Tourneen u. a. von Fabian Simon und Adam Arcuragi.
Sven pudil Bassklarinette, Saxophone, Piccolo, Querflöte
Sven Pudil studierte Jazz- und Popularmusik an der Hochschule für
Musik und Darstellende Kunst in Mannheim und ist europaweit für Bigund Brass Bands, Musicals, CD-Produktionen und Jazzfestivals tätig.
Er tritt mit der Big Band Kicks `n Sticks in der Alten Feuerwache Mannheim auf und ist Mitglied der Brassband Blassportgruppe Südwest.
Florian Rynkowski ,Bass, Gitarre, Klavier, Saz, Windmaschine
Florian Rynkowski studierte E-Bass, Kontrabass und Komposition in
Weimar, Helsinki, Accra (Ghana) und Köln. Der Musiker arbeitet mit
verschiedenen Formationen im Bereich Jazz, Weltmusik, Minimal Music, Klassik und Soul zusammen. 2012 erschien seine Debütplatte flora
et labora, die er gemeinsam mit fünf finnischen Musikern aufnahm.
Jochen Welsch Posaune, Sousaphon, Tuba
Der gebürtige Karlsruher Jochen Welsch ist freischaffender Komponist, Arrangeur, Posaunist und Sousafonist. Wenn der Musiker nicht
gerade unterwegs ist, lebt er in Mannheim, wo er an der Musikhochschule und an der Universität Ensemble-Leitung unterrichtet. Er ist
Mitbegründer und Leiter zahlreicher Jazz-Orchester und Bigbands.
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Ursula Grossenbacher, Natanaël Lienhard & Band
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bildnachweise
impressum
Umschlag & Szenenfotos
Felix Grünschloß
S. 14 ff. Dreaming in Pictures, The Photography of Lewis Carroll, San Francisco
Museum of Modern Art, Yale University
Press, New Haven and London 2002
Herausgeber
BADISCHES STAATSTHEATER
Karlsruhe
TEXTNACHWEISE
Lewis Carroll, Briefe an kleine Mädchen,
aus dem Englischen übersetzt und hrsg.
von Klaus Reichert, Frankfurt 1976.
Klaus Reichert, Studien zum literarischen
Unsinn – Lewis Carroll, München 1974.
Lewis Carroll, Die Alice-Romane, Alices
Abenteuer im Wunderland, Durch den
Spiegel und was Alice dort fand, aus dem
Englischen übersetzt und hrsg. von Günther Flemming, Stuttgart 2002, 2010.
Generalintendant
Peter Spuhler
VERWALTUNGSDIREKTOR
Michael Obermeier
Schauspieldirektor
Jan Linders
Redaktion
Nina Steinhilber
Konzept
Double Standards Berlin
www.doublestandards.net
Gestaltung
Kristina Pernesch
Alice Liddell 1932 im Cornhill Magazine,
zitiert nach Alice, Programmheft Thalia
Theater Hamburg, Spielzeit 1992/93.
Druck
medialogik GmbH, Karlsruhe
Alice im Wunderland der Kunst, hrsg. von
Hubertus Gaßner, Annabella Görgen und
Christoph Benjamin Schulz, Hamburg 2012.
BADISCHES STAATSTHEATER
Karlsruhe 11/12
Programmheft Nr. 2
www.staatstheater.karlsruhe.de
Zauberhafte Klangmaschinen,
Mainz 2008.
Nicht gekennzeichnete Texte sind
Originalbeiträge für dieses Heft von
Nina Steinhilber
Wie wäre es mit einem ei?
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Ursula Grossenbacher, Robert Besta
Manchmal gibt
es etwas, aber
man muss die
Augen schlieSSen,
um es zu sehen.