Im Wettstreit mit Harvard und Yale

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Im Wettstreit mit Harvard und Yale
SCHWARZES BRETT
Im Wettstreit mit Harvard und Yale
Hongkong statt Uni: Der 20-jährige
Nikita Grätsch aus Freiburg vertritt
gemeinsam mit sieben anderen JuraStudenten in diesem Jahr die AlbertLudwigs-Universität beim „Willem C.
Vis Moot“ – einem der wichtigsten
und prestigeträchtigsten Hochschulwettbewerbe weltweit. Aufgabe der
Teams, die aus über 360 Universitäten kommen, ist es, einen erdachten
Streitfall vor einem Schiedsgericht
auszutragen. Dabei geht es um nichts
als die Ehre – oder?
Foto: © tbr
„In dem fiktiven Fall geht es um einen
Streit zwischen einem UniversitätsKrankenhaus und einem Hersteller
medizinischer Geräte. Den Sachverhalt haben in den vergangenen drei Monaten Studenten
von Universitäten weltweit, auch Teams aus renommierten
Häusern wie Harvard oder Yale, bearbeitet. Das ist sehr arbeitsintensiv: So wirklich studiert habe ich in diesem Semester nicht. Der Wettbewerb verlangt einem viel ab, im
Schnitt habe ich seit Oktober acht bis zehn Stunden am Tag
mit der Vorbereitung verbracht. Wir waren mehrfach in anderen Städten und haben Probeturniere gegen andere Unis
bestritten und dabei Studenten aus Istanbul oder Madrid
kennengelernt. Am 27. März fliegen wir dann endlich nach
Hongkong, wo das erste von zwei Endturnieren stattfindet.
Dabei müssen wir uns in der Vorrunde gegen Universitä-
FLIEGENDE KARNICKEL
Beim Gang durch den Supermarkt lauert schon mal die eine oder
andere Überraschung: Tomaten sind Beeren, Wein ist nicht unbedingt vegetarisch und Kaninchen sind Geflügel. Moment ...
Kaninchen mit Federn und Flügeln? Tja, zumindest wenn es nach
diesem Hersteller geht, der das Etikett auf der KaninchenkeulenVerpackung mit „Geflügel“
überschrieben hat. Da ist es
doch beruhigend, noch zu
erfahren, dass die Tiere nicht
wild durch die Gegend fliegen,
sondern in „Bodenhaltung“
aufwachsen. Was – egal ob
Federvieh oder nicht – gegenüber der Käfighaltung definitiv die bessere Alternative ist.
6 CHILLI März 2014
ten aus Indien, Südkorea, den USA
und von den Philippinen behaupten.
Nach der Endrunde in Asien geht es
direkt weiter nach Wien.
Freiburg ist traditionell eine der stärksten Unis. In den 21 Jahren, seit es den
Wettbewerb gibt, haben die Teams
von hier schon elf Mal in einer Kategorie den ersten Preis gewonnen. Das
verpflichtet natürlich. Wir wollen auch
in diesem Jahr versuchen, ganz vorne
mitzuspielen.
Es geht bei dem Wettbewerb nicht
um Geld oder Sachpreise. Vielmehr
geht es für uns darum, Erfahrungen
und Bekanntschaften zu machen. Es
Foto: © Felix Holm
ist schon auch so, dass der Wettbewerb unter Juristen sehr bekannt ist.
Da zu gewinnen ist auch ein Qualitätsmerkmal. Statistisch
machen viele der Teilnehmer am Ende auch ein überdurchschnittliches Examen. Also sind sie für Kanzleien interessant. Große Kanzleien nutzen den Wettbewerb, indem sie
als Sponsoren auftreten. Dann laden sie die Studenten in
den Vorbereitungsphasen zu sich ein, helfen in gewisser
Weise bei Testverhandlungen und stellen sich nebenbei
vor. Am Abend gehen die Studenten dann nicht selten mit
den Anwälten essen und so lernt man sich eben kennen.
Aber für mich ist das Ganze in erster Linie eine einmalige
Erfahrung.“
Aufgezeichnet von Felix Holm
FREIBURG IST ... LANGWEILIG
Automatische Google-Ergänzungen bieten viel Zündstoff,
selbst wenn man nicht Bettina Wulff heißt. Dass das auch
für Städte gilt, hat die Wochenzeitung „Die Zeit“ herausgefunden und eine Karte mit den schönsten Städte-Slogans
erstellt. Gibt man bei der Suchmaschine etwa „Münster ist“
ein, wird der Satz sofort mit „die lebenswerteste Stadt der
Welt“ ergänzt. Andere Städte haben da weniger Glück, so
ist etwa Karlsruhe „die Single-Hölle“, Mainz „ein Dreckloch“
und mehrere Städte wie Duisburg, Wuppertal oder Pforzheim
sind schlicht und einfach „pleite“. Auch Freiburg kriegt von
Google sein Fett weg, denn die Stadt ist nicht nur „schön“,
sondern vor allem „langweilig“. Die Freiburger können dennoch unbesorgt sein: Zumindest auf den ersten Seiten halten
sich die „Mir wird Freiburg zu langweilig“- und die „Kein bisschen langweilig“-Posts die Waage.
ANSCHLAG BEIM ALTGLAS
Ja sicher, das verstehen wir natürlich schon:
Selbst Hartgesottene wären überfordert, wenn
sie sich „zirka“ 100 Pullen reintun und dann das
ganze Flaschenmeer auch noch in die AltglasContainer am alten Wiehrebahnhof bringen
Nachgewürzt!
Wer hat’s erfunden?
Auch Frau Schwarzer soll Schwarzgeld in der Schweiz geparkt haben. Auf einer Parkbank. Als Feminist der ersten Stunde bin ich immer noch in Schockstarre. Dass Uli Hoeneß, dem jetzt im März der
Prozess gemacht wird, als Wurstfabrikant eine Schweinebacke war,
war noch einigermaßen im Bereich des Denkbaren, aber Alice? Wer
konnte auch nur in Auszügen ahnen, dass „EMMA“ immer nur eine
Abkürzung war: „Erst mal meine Anlage“?
Foto: © bar
Und die Schweizer? Konten die das nicht ahnen? Doch: Devisen genau was sie tun. Den Zuzug der Ausländer wollen sie begrenzen, aber
doch bitte nicht den Zuzug ausländischer Konten. Da kennen sie keinerlei Rassismus. Bei den Geldern finden sie auch die schwarzen toll.
In der Schweiz sind das Entscheidende eben nicht die Industrie-Anlagen, sondern die Anlage-Industrie. Da muss die Chemie stimmen
zwischen Anlegern, den Angelegenheiten und den Gelegenheiten.
Wer sich die vorfahrenden Geldsäcke anschaut, weiß: Die Bahnhofstraße in Zürich ist eine Sackgasse mit beschränkter Zufahrt – Anleger frei.
sollen, da kann es schon mal zu Gehschwierigkeiten kommen. Da steckt man dann lieber dem
Nachbarn das Zettelchen unter der Tür durch
und bittet ihn um einen Anschlag. Und ritterlich
wie man nach 100 Flaschen vielleicht sein kann,
verzichtet man dann auch aufs Pfand und steckt
dem Helfer auch noch einen Zehner zu. Nein, im
Ernst, das finden wir vorbildlich.
„Ja, was glauben Sie eigentlich? Wir, die Meineidgenossen, könnten umzingelt von der EU nur von unserem Schocki, unserer Ovo und
unseren Ricola-Kchräuterbonbons überleben? Steuerhinterziehung
– wer hat‘s erfunden?“
Frisch gelogen?
An einer Bushaltestelle im Freiburger Umland:
Offenbar hat jemand hier Ausbesserungsarbeiten geleistet. Oder hätte vielleicht solche
leisten sollen. Hat er vielleicht nur das Schild
aufgehängt, wie offenbar ein weiterer Zeitge-
Kann man in einem blumenumkränzten idyllischen Park in der
Schweiz noch unbefangen das Schild lesen: „Bürger, schützt Eure
Anlagen“? Und „Bank“ ist in der Schweiz auch kein Möbel auf das
man sicht setzt, wenn die Sonne scheint, sondern eine Sonnenbank,
wo man sich im Schein seiner Scheine sonnt. Die Schweiz – ein Scheinesystem!
Foto: © fho
Und wenn sich der eine oder andere Bänkster jetzt an dieser ChilliSchote verschluckt oder sie ihm sauer aufstößt – das geht gerne auf
mein Konto.
Fies-kalische Grüße
Euer Volkmar Staub
Foto: © Privat
nosse vermutet? Von den wartenden Fahrgästen hat sich jedenfalls keiner getraut, das noch
einmal genauer zu überprüfen. Fazit: Manchmal sind wir auch dann nicht schlauer, wenn
wir alles gelesen haben, was zu einem Fall geschrieben wurde. So viel zum Thema Mediengesellschaft.
tbr/bar/fho
Volkmar Staub, Kabarettist,
geboren in Lörrach, lebendig in
Berlin, vergibt die chilli-Schote
am Bande.
März 2014 CHILLI 7