SAS Radisson Hotel Krakau, Polen

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SAS Radisson Hotel Krakau, Polen
TECHNIK
SAS RADISSON HOTEL KRAKAU, POLEN
Dipl.-Ing. Jan Alexander Loebus
RADISSON SAS HOTEL KRAKÓW, POLAND
From December 2001 to June 2003 – in only 17 months –
Porr Projekt und Hochbau Aktiengesellschaft built a
196-room luxury hotel in Kraków, Poland, to be operated by Radisson SAS Hotels & Resorts, on a general contractor’s turnkey contract for an investment group head-
FOTO: LOEBUS
ed by UBM Realitätenentwicklung Aktiengesellschaft.
Handed over ahead of schedule despite some initial resistance from the authorities and part of the citizenry,
the building blends very well with the cultural heritage
of this historic city and yet has some surprises to offer.
FOTO: EICHMANN
HOTELGEBÄUDE BEI NACHT MIT PHILHARMONIE KRAKÓW
PROJEKTENTWICKLUNG
„Krakau ist eine Stadt aus einer anderen Zeit.
Einer Zeit, in der alles längst nicht so schnell ging
wie heute, die Kirche höchste Autorität besaß und
der Handkuss noch Mode war. Auf engstem Raum
drängen sich Denkmäler und Bauwerke aus zehn
Jahrhunderten.“
(MERIAN Krakau, Editorial, Seite 3)
WEICHSEL MIT WAWEL
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PLANUNG
Auch die Projektentwicklung für ein von der UBM Realitätenentwicklung AG (UBM) Anfang der 90er Jahre
erworbenes, in idealer Lage knapp außerhalb der Altstadt gelegenes Grundstück war ein jahrelanger Prozess,
während dessen die Nutzung mehrmals zwischen Büro
und Hotel wechselte. Der ortsansässige, mit der Erlangung der Baubewilligung beauftragte Architekt Wojcziech Obtulowicz begrüßte die Damen stets mit Handkuss, begleitete das Projekt durch das Dickicht des Krakauer Behördendschungels und kämpfte gegen die zahlreichen Kulturvereine, die jeden Neubau nahe der Altstadt mit Argusaugen kritisch unter die Lupe nehmen.
FOTO: EICHMANN
Der Entwurf des Gebäudes stammt vom örtlichen Architekten, Arch. Wojcziech Obtulowicz. Mit der Projektabwicklung und der gesamten Ausführungsstatik wurde
die PB betraut, wobei die Ausführungsplanung an die
FMP Planning and Facility Management Sp.z.o.o.
weitervergeben wurde. Das Interior Design stammt vom
schwedischen Architekturbüro Christian Lundwall Arkitektkontor AB.
Der kritische Punkt bei der zuletzt erfolgten Auswechslungsplanung von Büro- zu Hotelgebäude war die Erhöhung der Geschosszahl von fünf auf sechs Obergeschosse. Obwohl die Gesamthöhe des Gebäudes unverändert
blieb, weil die Zimmergeschosse eines Hotels ohne abgehängte Decken oder Fußbodenaufbauten auskommen
(Teppichbelag direkt auf der flügelgeglätteten oder gespachtelten Rohdecke, daher Geschosshöhe 2,97 m
gegenüber ca. 3,50 m bei einem Bürogebäude), diskutierten Behörden und diverse Kulturvereine monatelang
über die Gebäudehöhe in Relation zu der benachbarten
Philharmonie. Für diese errechneten vier verschiedene
Geometer vier verschiedene Gebäudehöhen.
LAGE
Bei dem Grundstück mit der Adresse Ecke ul. Straszewskiego 17/ul. Zwierzyniecka handelt es sich um den
letzten Bauplatz an dem von den „Planty“, einem breiten
Grüngürtel, begleiteten Ring, der die von der UNESCO
als Weltkulturerbe geführte historische Altstadt Krakaus
umfasst. In unmittelbarer Nähe befindet sich die ehemalige polnische Königsresidenz, der Wawel.
DAS GEBÄUDE
MARIENKIRCHE AM HAUPTPLATZ
KONSTRUKTION
Gegründet ist das Bauwerk auf einer 80 cm dicken Bodenplatte, die in Deckelbauweise errichtet wurde und
FOTO: SEJUD
Schließlich, am 17. Dezember 2001, gab die Philharmonie Office Center Sp.z.o.o., eine Tochtergesellschaft der
UBM, Investor in Partnerschaft mit der Wiener Städtischen Allgemeine Versicherung AG und dem dänischen
IØ-Investment Fund for Central and Eastern Europe,
den Startschuss zum Bau eines 4-Stern-Hotels mit 200
Zimmern. Als Betreiber des Hotels wurde im Rahmen
eines Managementvertrags SAS Hotels A/S Danmark
gewonnen.
AUFTRAG
Der Generalunternehmer-Auftrag wurde an die Porr
Projekt und Hochbau AG (PPH) vergeben, die Ausführung erfolgte durch die Leistungsgemeinschaft „Hotel
Filharmonia Krakow“, ursprünglich bestehend aus
UBM, PPH und Projektierungsbüro für Industrie-,
Hoch- und Tiefbauten GmbH & Co.Nfg.KG (PB). Seit
dem Ausscheiden der PB infolge der Umstrukturierung
im PORR-Konzern besteht die Leistungsgemeinschaft
aus UBM und PPH.
BLICK RICHTUNG WAWEL WÄHREND DER BAUZEIT
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mit der 60 cm dicken, die Baugrube umschließenden
Schlitzwand eine dichte Wanne bildet. Die Konstruktion
der Obergeschosse besteht aus in einem Rastermaß von
8,25 m – jeweils zwei Zimmerachsen – angeordneten,
20 cm dicken Stahlbetonscheiben und, aufgrund der vor
allem bei Ecksituationen großen Deckenfelder teilweise
überhöhten, 25 cm dicken Deckenplatten. Die großteils
nicht tragenden Außenwände wurden in Kalkzementmauerwerk ausgeführt. Im Erdgeschoss wurden zusätzlich noch Auswechslungen vorgenommen, um möglichst
viel Freiraum und Flexibilität zu schaffen.
Granit zur Anwendung. Über dem vierten Obergeschoss
führt ein weit ausladendes Gesims die Traufenhöhe der
benachbarten Gebäude weiter.
Nachts spiegelt die Fassadenbeleuchtung den Rhythmus
der Fassade mit vertikalen und horizontalen Elementen
wider. Das mit einem Punktraster versehene gläserne
Vordach über dem Hoteleingang wird durch einen nach
oben und unten strahlenden Lichtbalken besonders hervorgehoben.
RAUMPROGRAMM
Durch die optimale Grundstücksausnützung in kompakter Bauweise bietet das 22,50 m hohe Gebäude auf dem
kleinen Eckgrundstück mehr als 17.000 m2 Bruttogeschossfläche. In den zwei Untergeschossen des Hotelgebäudes sind Haustechnikzentralen, die Medienanschlüsse und die Lagerräume sowie die Umkleide- und Sanitäranlagen für das Hotelpersonal, 48 Pkw-Stellplätze
FOTO: LOEBUS
FASSADE
Die Fassade ist dem historischen Nachbargebäude, der
Krakauer Philharmonie, nachempfunden, hat aber eindeutig eine moderne Sprache. Sie ist großteils als Vollwärmeschutzfassade mit einem speziellen Rillenputz
ausgeführt. Die teilweise über vier Geschosse gehenden,
FASSADENDETAIL.
DIE FASSADE IST
IN POLNISCHEM
SANDSTEIN
UND EINEM
SPEZIELLEN
RILLENPUTZ
AUSGEFÜHRT
LOBBY MIT REZEPTION
FOTO: LOEBUS
FOTOS: SEJUD
FASSADE ULICA ZWIERZINIECKA, WÄHREND DER BAUZEIT
vertikalen Fensterstreifen und die an der Hauptfassade
im Bereich des fünften und sechsten Obergeschosses zurückgesetzte schräge Glasfassade sind mit Aluminiumprofilen ausgeführt. Der Mittelteil der Hauptfassade und
die Fensterstreifen werden durch verzierte Platten aus
polnischem Sandstein betont. Im Sockelbereich kommt
RESTAURANT „SOLFÈGE“
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und ein Health Club mit Fitnessraum und angeschlossener Sauna untergebracht.
Im Erdgeschoss mit großzügiger Lobby befinden sich
Rezeption, Bar, Hotelrestaurant und Café sowie Anlieferung, Hotelküche und Personalkantine. In den sechs
Obergeschossen sind die Hotelverwaltung, Konferenzräume und insgesamt 196 Zimmer und Suiten untergebracht.
FOTO: GABRYCH
stammt dem Sozialismus: einfache Lokale, in denen jeder billig satt werden kann. Milchbar deswegen, weil es
in den vom Staat subventionierten Küchen anfangs nur
fleischlose Gerichte gab.“ (MERIAN Krakau, Genüsse,
Seite 8.) Henry Chebaane hat daraus ein modernes Merchandising-Konzept entwickelt, das vor allem auch das
in der Studentenstadt Krakau zahlreiche junge Publikum
ansprechen soll.
Das Café hat einen eigenen Eingang an der ul. Zwierzyniecka und serviert neben Kuchen und Kaffee auch
Sandwiches und Salate. Gestalterisch ist der Raum ganz
in schwarz und weiß gehalten, untermalt mit dem im gesamten öffentlichen Bereich präsenten hellen Eichenholz. Das Highlight ist jedoch die hinterleuchtete Wand
aus Salzstein mit einer Galerie porträtierter Kühe. Das
Material stammt aus dem Salzbergwerk Wieliczka, einer
der meist besuchten Touristenattraktionen der Gegend.
LOBBY, BAR SALT & CO
Die Salzsteinwand, hier namensgebend, setzt sich in
dem geräumigen Barbereich fort. Statt Kuhporträts bilden hier Grafiken mikroskopisch vergrößerter Salzkristalle die künstlerische Ausgestaltung. Die nur seitlich
mit transparenten Stoffpaneelen verhängten, großformatigen Verglasungen erlauben allgemein im Erdgeschoss
ein „sehen und gesehen werden“.
Eine weitere Attraktion ist die elliptische Prunkstiege,
die einen Raumteiler zwischen Lobby und Bar bildet
und den Health Club im ersten Untergeschoss und das
Konferenzzentrum im ersten Obergeschoss mit der Lobby verbindet.
CAFÉ „MILK & CO“ MIT SALZSTEINWAND
CAFÉ MILK & CO
Zusätzlich zum Hotelrestaurant verfügt das Hotel über
ein Café, das außer den Hotelgästen auch externes Publikum anziehen soll. Das Konzept wurde im Auftrag
von SAS Radisson von dem Londoner Gastronomiekonsulenten Henry Chebaane entwickelt und basiert auf der
sogenannten bar mleczny, der Milchbar. „Die Idee ent-
FOTO: LOEBUS
FOTO: GABRYCH
CONFERENCE CENTER
Im ersten Obergeschoss befinden sich drei Konferenzräume für bis zu 80 Personen und sechs kleinere Board
Rooms sowie ein kleines Business Center mit Internetund Faxanschluss für Gäste.
HOTELBAR „SALT & CO“ MIT SALZSTEINWAND
STANDARDZIMMER IM URBAN-STIL
DESIGN ARCH. CHRISTIAN LUNDWALL
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GÄSTEZIMMER
Die insgesamt 196 Zimmer im ersten bis sechsten Obergeschoss sind auf drei Seiten in zweihüftiger Anordnung
um das Atrium angelegt. In den Gebäudeaußen- und
Innenecken befinden sich größere Zimmer; Junior- und
Executive Suiten. Die Zimmer der oberen Geschosse –
mit teilweise atemberaubendem Blick über die „Planty“,
die Burg Wawel und die vielen Kirchtürme der Altstadt
– werden großteils als Business Class-Zimmer geführt.
Die Zimmer sind von dem Innenarchitekten, Arch. Christian Lundwall, in zwei verschiedenen „room styles“ gestaltet. Nach Geschossen alternierend, kann sich der
Gast ein Zimmer im „Urban“- oder im „Harmony“-Stil
aussuchen. Eine Schwierigkeit, die in der Umsetzung
dieser SAS-Raumstile zu überwinden war, war die Anpassung der Möblierung an die zwar mit 3,92 m relativ
breiten, jedoch meist sehr wenig tiefen Standardzimmer.
Insbesondere die schräggestellten Betten des „Harmony“Stils bedeuteten dabei eine besondere Herausforderung.
Fast alle Möbelstücke, wie Spiegel, Headboard des Gästebettes etc., verfügen über eine integrierte indirekte
Beleuchtung, sodass im Raum verschiedene Lichtstimmungen erzeugt werden können. Die Verkabelung liegt
in den Holzsockelleisten. Dadurch konnten in den Stahlbetonwänden kostspielige Einlege-, bzw. bei unvermeidlichen Planänderungen Stemmarbeiten, und in den in
Gipskartonbauweise errichteten Zimmertrennwänden
Schallbrücken vermieden werden.
Im Zusammenhang mit den schon beschriebenen
Sonderkonzepten im Bereich des Cafés und der Lobby
Bar sowie einer „musikalischen Note“, die sich in Teppich- und anderen Motiven, inspiriert durch die Nachbarschaft der Philharmonie, durch das gesamte Gebäude
zieht, kann man durchaus, wie es der Innenarchitekt formulierte, von einem „Art Hotel“ sprechen, das auch
dem gewaltigen kulturellen Erbe der Stadt Krakau stand
halten kann.
SCHLUSSBEMERKUNG
Da die PPH als Generalunternehmer einen schlüsselfertigen Bau zu liefern hatte, war auch alles für den Hotelbetrieb Notwendige zu liefern – von der Hotelsoftware
über Bett- und Tischwäsche bis hin zum letzten Kaffeelöffel. Dank der optimalen Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten konnte das Gebäude fast einen Monat
früher als geplant am 5. Juni 2003 dem Investor und in
weiterer Folge dem Betreiber zur Nutzung übergeben
werden. Erst im letzten Augenblick konnte die Bewilligung für die Gestaltung des Eingangsbereiches, die das
Fällen von drei Alleebäumen notwendig machte, und somit die Ausstellung der Benützungsbewilligung erwirkt
werden. Am 19. Juni 2003 wurden die ersten Gäste erwartet. Angesichts des regen Treibens auf dem Krakauer
Flughafen, dem noch regeren Betrieb in den ca. 400
Lokalen am „Rynek“, dem berühmten Hauptplatz von
Krakau, und einer jetzt schon guten Buchungslage,
sollte einem erfolgreichen Hotelbetrieb nichts mehr im
Wege stehen.
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FOTO: GABRYCH
KÜNSTLERISCHE AUSSTATTUNG
In Zusammenarbeit mit der Krakauer Kunstakademie
konnte für das verwirklichte Bauvorhaben ein besonderer Akzent gesetzt werden. Alle Gästezimmer und die
Zimmerkorridore sind mit künstlerisch hochwertigen
Originalbildern von Studenten der Akademie ausgestattet. In den öffentlichen Bereichen hängen auch einige
Werke von Professoren der Akademie.
KENNDATEN
Baubeginn
Bauende
Kategorie
Geschosse
Zimmer
Pkw-Stellplätze
Grundstücksgröße
Bebaute Fläche
Bruttogeschossfläche
davon über Niveau
unter Niveau
PRUNKSTIEGE
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17. Dezember 2001
18. Juni 2003
Luxus – 4-Stern
2 UG, EG + 6 OG
196
48 (Tiefgarage)
2.503
2.281
17.066
12.669
4.397
m2
m2
m2
m2
m2
FOTO: LOEBUS
SAS RADISSON KRAKAU, EINGANGSBEREICH
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