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3. Die Uniformierung nationaler sozialistischer Streitkräfte in der DDR von 1956 bis 1959/1960
Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR dieses
Gremium über die Beschlüsse ihrer Regierung „über die Schaffung
der Nationalen Volksarmee, die Bildung des Ministeriums für Nationale Verteidigung und die Einführung der Uniform für die Nationale
Volksarmee“. Kurz und bündig gab er die bis zum Ende der NVA
gültige Argumentationslinie vor, indem er sagte: „Mit der Nationalen
Volksarmee soll auch eine neue Uniform eingeführt werden, die den
alten deutschen Traditionen der Volksbefreiungsarmeen entspricht.
Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die westdeutschen
Söldnerformationen, die unter amerikanischem Oberbefehl stehen,
die amerikanische Uniform besitzen, über amerikanische Waffen
verfügen und nach amerikanischem Muster ausgebildet werden, niemals die Interessen des deutschen Volkes vertreten können.“
Noch einen Monat vorher, am 19. Dezember 1955, hatte das Kollegium der KVP in Anwesenheit von W. Stoph, hier als Generaloberst im Protokoll geführt, nochmals zu Fragen der Uniformierung
der NVA getagt. Im Protokoll war natürlich auch wieder nur von neuen Uniformen der KVP die Rede. Auf dieser Tagung wurden etliche
Einzelheiten der neuen Uniformen festgelegt, die später bei Errichtung der NVA teils eingeführt, teils aber doch nicht verwirklicht wurden. Beispielsweise sollten die „jüngeren Offiziere“ (nach damaliger
Ansicht die Dienstgrade Unterleutnant bis Hauptmann) ihre Schulterriemen behalten, was dann nicht geschah. Für die „mech.- und
Panzer-Truppen“ wurde die Waffenfarbe Rosa zusätzlich aufgenommen, die für die Panzertruppen auch blieb. In selbständigen Artillerie- und Flak-Einheiten sollte und gab es schließlich die Dienstgradbezeichnungen „Wachtmeister“ und „Oberwachtmeister“ ebenso wie
„bei den Einheiten die alten deutschen Bezeichnungen ´Gruppenführer´, ´Zugführer´ und ´Kompaniechef´, ´Batl.-Kdr´ wieder eingeführt“ wurden. Interessant ist sicherlich auch, daß Generaloberst W.
Stoph abschließend auf Aspekte der politischen Vorbereitung der
Einführung dieser neuen, der NVA-Uniformen hinwies. Vor allem hielt
er es für notwendig, „durch Presse, Film und Funk die im amerikanischen Stil gehaltene Uniform der westdeutschen Söldner anzuprangern“. In der Tat boten die Uniformen der Bundeswehr dafür ausreichende Möglichkeiten.
Schon vor diesen eher fachlichen Tagungen des Kollegiums der
KVP unterbreitete die Sicherheitskommission des Politbüros des ZK
der SED - so der Beschluß ihrer 5. Sitzung am 29. Juni – „den sowjetischen Genossen den Vorschlag, auf der Grundlage der Aufstellung
einer Volksarmee Mitte August dieses Jahres einen entsprechenden
Antrag in der Volkskammer zu beraten und zu beschließen.“ Das
gleiche Gremium legte dann am 22. November 1955 fest, „daß die
Produktion der neuen Uniformen erfolgen kann und die Einführung
der Uniform nach und nach bei allen Truppenteilen erfolgen soll (KVP,
Grenze, Innere Truppen)“.
Als die Mitglieder der Volkskammer der DDR am 18. Januar 1956
mit der Drucksache Nr. 63 das „Gesetz über die Schaffung der Nationalen Volksarmee und des Ministeriums für Nationale Verteidigung“ formal behandelten und natürlich „einstimmig“ verabschiedeten, hatten sie auch die Uniformen dieser ersten sozialistischen deutschen Armee bestätigt (Drucksache Nr. 64 „Beschluß über die Einführung der Uniform für die Nationale Volksarmee“). Eine ungewöhnliche Maßnahme - eine Modenschau - ging diesem Akt voraus. Im
Länderkammersaal der Volkskammer hatten die Abgeordneten jene
3.1 Die Uniformen der Nationalen Volksarmee
der DDR 1956
Die einzelnen Schritte unmittelbar vor Schaffung der NVA und insbesondere die Festlegung ihrer Uniformierung lassen sich nicht ganz
genau bestimmen. Zugunsten der Entscheidung für die traditionellen deutschen Uniformen soll nach Aussagen des langjährigen Ministers für Nationale Verteidigung, Armeegeneral H. Hoffmann, folgende Episode eine Rolle gespielt haben: Aus Anlaß der Unterzeichnung des Warschauer Vertrages sei er im Mai 1955 in seiner damaligen Dienststellung als Chef der KVP in dieser khakifarbenen, dem
Beispiel der Sowjetarmee nachempfundenen Uniform in Warschau
gewesen. Nach der offiziellen Begrüßung habe ihn M. Bulganin, Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR und zuvor Minister für Verteidigung, zur Seite genommen und mißbilligend gesagt: „Ihr seid
doch Deutsche! Warum tragt ihr nicht auch deutsche Uniformen?“
Wie dem auch sei: Laut dem Protokoll Nr. 9 über die außerordentliche Sitzung des Kollegiums der Kasernierten Volkspolizei am
17. Januar 1956, 18.00 Uhr, informierte Generaloberst W. Stoph als
W. Stoph, Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der
DDR, begründet am 18. Januar 1956 vor der Volkskammer das
Gesetz über die Schaffung der NVA und des Ministeriums für Nationale Verteidigung. Er trägt die Uniform eines Generalobersten
der KVP.
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Uniformen besichtigt, die für die Nationale Volksarmee vorgesehen
waren.
Uniformen der NVA 1956
Uni formart
Träger
D ri lli chuni form
Soldaten,
Unteroffi zi ere
Anlaß
Arbei tsdi enst, Waffen- und
Revi errei ni gen,Ausbi ldung
i m Gelände und i m Objekt
Bordanzug
Matrosen, Maate,
wi e oben, aber Mei ster und
Mei ster und Offi zi ere Offi zi ere nur zum tägli chen
der Seestrei tkräfte D i enst an Bord, bei m
Exerzi eren und bei der
Schi eßausbi ldung
D i enstuni form
alle, außer
Wach- und 24-StundenGenerale, auch
di enst, tägli cher D i enst,
Frauen
Meldungen bei m Vorgesetzten, Felddi enst, Marschanzug bei Versetzungen und
Kommandi erungen
D i enstuni form I Generale
Felddi enst,
Truppenbesi chti gungen
D i enstuni form II Generale
Stabsdi enst
Paradeuni form
alle
Ausgangsuni formen
alle, auch Frauen
Paraden, Staatsfei ertage,
-akte, Empfänge, besondere Anläße wi e Ehrenkompani en, Trauerparaden
etc.
Ausgang, Urlaub,
Kulturveranstaltungen
Die Hauptuniformarten der NVA
In den Seestreitkräften würde es auch Dienst-, Parade- und Ausgangsuniformen für alle Dienstgradgruppen geben. Anstelle des Drillichs der Soldaten und Unteroffiziere der Land- und Luftstreitkräfte
sollten auch die Matrosen, Maate, Meister sowie auch die Offiziere
der Seestreitkräfte für bestimmte Tätigkeiten an Bord der Schiffe
und Boote einen Bordanzug tragen.
Für weibliche Angehörige aller Teilstreitkräfte der NVA, in medizinischen und administrativen Dienststellungen tätig, waren Dienstund Ausgangsuniformen in einem modischen Kostümschnitt vorgesehen.
Natürlich war die Entscheidung über die Uniformierung der Armee
längst vorher gefallen und auch die Produktion erster Bekleidungsstücke bereits angelaufen. Eine weitere ungewöhnliche Maßnahme
ergab sich aus dem von der Propaganda geweckten und wohl auch
vielfach vorhandenen Interesse der Bevölkerung der DDR. Ein besonderes Ereignis zog die Menschen an. In Räumen der Deutschen
Sporthalle drängten sie sich vor den dort ausgestellten Uniformen
und Effekten. Sie erfuhren, welche hauptsächlichen Uniformarten
für die Angehörigen der Nationalen Volksarmee vorgesehen waren:
die Soldaten und Unteroffiziere der Land- und Luftstreitkräfte würden steingraue Drillich-, Dienst-, Parade- und Ausgangsuniformen
erhalten. Die Offiziere beider Teilstreitkräfte sollten ebenfalls über
steingraue Dienst-, Parade- und Ausgangsuniformen verfügen, nicht
aber über die Drillichuniform. Generale würden außerdem mit zwei
Modifikationen der Dienstuniform, für den Stabs- und den Felddienst,
ausgestattet werden.
Viele Besucher der Ausstellung nahmen sich die Zeit und betrachteten genau die Uniformen der einzelnen Teilstreitkräfte. Die Drillichuniform für die Soldaten und Unteroffiziere der Land- und Luftstreitkräfte bestand in der Sommertrageperiode (1. April bis 30. September) aus Feldmütze, Drillichjacke und –hose, Halbschaftstiefel und
schwarzem Lederkoppel mit Schloß. Auf dem silberfarbenen Koppelschloß war das Staatswappen der DDR eingeprägt. Zum Innendienst konnten auf Befehl des jeweiligen Kommandeurs auch Schnürschuhe getragen werden. Im Winter setzten die Armeeangehörigen
eine Wintermütze in Form der viele Jahrzehnte typischen Skimütze
auf, zogen Diensthandschuhe aus Wolle und – wieder auf Befehl –
den Wintermantel an. Der Kragen der ungefütterten, einreihigen
Drillichjacke mit den zwei Brusttaschen wurde im Sommer offen gelassen und im Winter geschlossen. Die Uniformhosen wurden an-
Die Uniformen der NVA werden am 19. Januar 1956 der Presse
vorgestellt. Offiziere der Teilstreitkräfte in Dienstuniformen.
Uniformen der Land- und Luftstreitkräfte
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