Barrierefreiheit Kostenfalle oder Business Case

Barrierefreiheit - Kostenfalle oder Business Case
Thomas Horster-Möller, Vorstandsvorsitzender der VIVAI Software AG, Dortmund
Ein häufig anzutreffendes Vorurteil: „Die Zugänglichkeit von Webangeboten für alle Menschen ist doch
nur aufwendig, kostet viel Geld und bringt nichts“.
Zwei wesentliche Thesen und ein interessanter Business Case:
• Mit barrierefreien Websites kann mehr Umsatz generiert werden
• Mit barrierefreien Websites können Kosten eingespart werden
Dass mit barrierefreier Gestaltung von Websites attraktive, zusätzliche Zielgruppen besser
angesprochen werden und sogar Kosten für die Pflege und Wartung von Webauftritten eingespart
werden können, zeigt dieser Artikel.
Erreichen Sie zusätzlich 29 Millionen „Best-Ager“, „Silver Surfer“ sowie 9% aller Männer
Mehr Reichweite einer Website bedeutet mehr Umsatz. Allein in der EU gibt es 37 Millionen Menschen
mit Behinderungen unterschiedlicher Ausprägung von Sehschwächen bis schweren
Mehrfachbehinderungen oder Blindheit. Derzeit sind ca. 20 % der Bevölkerung über 60 Jahre.
Ein besonders interessantes Marktsegment, das es in den meisten Fällen noch zu erschließen gilt, ist
die Kundengruppe der so genannten 'Best-Ager' oder 'Silver Surfer'. Mit den Best-Agern werden die ab
50-jährigen bezeichnet, die mittlerweile mit 29 Millionen Deutschen eine finanzkräftige,
konsumbereite Käuferschicht darstellen. Laut einer Erhebung des TNS Emnid Institutes vom Juni 2004
ist jeder Zweite (50,3%) der 'Best-Ager' mittlerweile online. Doch sehr häufig werden Websites im
Internet den Bedürfnissen dieser Zielgruppe nicht gerecht. Zu kleine Schrift, schwache Farbkontraste
oder eine zu komplexe Seitenstruktur sind nur einige Hindernisse, die die Nutzung des InternetAngebotes erschweren.
9% aller Männer und ca. 0,8% der Frauen haben eine Rot-Grün-Sehschwäche. Sie können nur erreicht
werden, wenn starke Kontraste und klare Schriften eingesetzt werden und ihnen die Kontrolle über
die Farbe von Schrift und Hintergrund gegeben wird. Blinkende oder animierte Texte stellen eine
Barriere dar.
Höhere Reichweite durch bessere Suchmaschinenplatzierung
Suchmaschinen wie z.B. Google sind im weitesten Sinne extrem behinderte Surfer. Sie suchen als so
genannte Suchroboter Ihre Website auf und verschlagworten diese. Dabei sind die Suchroboter blind
und taub. Rein grafische oder akustische Inhalte können nicht berücksichtigt werden. Es wird lediglich
der Quelltext der Webseite analysiert. Unterschiedliche Relevanz des Textes z.B. durch farbige
Formatierung kann nicht berücksichtigt werden.
Durch barrierefreie Gestaltung werden die Quelltexte der Websites den Suchmaschinen besser
zugänglich gemacht. Sinn und Zweck der Webseiten wird eher verstanden. Klare Gliederungen mit
Kapitelüberschriften geben der Suchmaschine die notwendigen Hinweise. Durchgängig barrierefrei
gestaltete Websites werden mit mehr Inhalten und häufig auch auf einem besseren Platz in
Suchmaschinen angezeigt. 64% aller Internetanwender nutzen Suchmaschinen als Hauptwerkzeug
zum Auffinden der gewünschten Informationen und Produkte.
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Tel. 02 31 / 91 44 88 - 0 Fax 02 31 / 91 44 88 - 88 [email protected]
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Mehr Reichweite durch schnellere Downloads
Durch barrierefreie Gestaltung lässt sich die Downloadzeit und damit die Wartezeit der Surfer extrem
verkürzen. Bei der Umrüstung einer Website auf Barrierefreiheit können die Datenmengen zur
Darstellung der Webseiten auf die Hälfte bis zum Teil auf ein Drittel reduziert werden. Besucher sehen
die Seiten doppelt so schnell wie zuvor. Ganz nebenbei wirkt sich das auch sehr positiv auf die
Providerkosten aus, sofern Volumentarife zum Einsatz kommen. Bei Pauschaltarifen ist bekanntlich
das Volumen unbegrenzt, nicht aber die Bandbreite. Bei gleicher Bandbreite können mehr Seiten
transportiert und somit mehr Besucher bedient werden.
Beispiel: Zwei fast identische Layouts, aber mit unterschiedlicher Technologie
Layout Siemens Internet
Layout Siemens SBS Intranet
Herkömmliche Gestaltung mit Tabellen
72 Kilobytes HTML-Code
Gestaltung mit CSS ohne Tabellen
14 Kilobytes HTML-Code
Gesteigerte Reichweite durch mobile Endgeräte
Die Nutzung von mobilen Geräten auch zur Informationsbeschaffung über das Web wird immer
stärker. Mit barrierefreien Websites erreicht man ohne großen Zusatzaufwand Nutzer, die einen PDA,
MDA oder z.B. ein modernes Handy nutzen. Diese attraktive Zielgruppe erschließt sich durch die
barrierefreie Gestaltung quasi frei Haus.
Kostenersparnis durch einfaches Management Ihrer Website
Bei barrierefreier Gestaltung einer Website wird der Inhalt (HTML) vom Design (CSS) strikt getrennt. Bei
herkömmlicher Gestaltung werden Designs sehr stark durch vielfach ineinander geschachtelte
Tabellenstrukturen erstellt. Das macht ungefähr soviel Sinn wie Texte mit Excel anstatt mit Word zu
schreiben.
Das Erstellen neuer Seiten und Layoutänderungen wird mit barrierefreien Design stark vereinfacht.
Aufwändiges Erstellen bzw. Ändern von Tabellenstrukturen zu Layoutzwecken entfällt. Kosten werden
eingespart.
Kostenersparnis durch eingebaute Druckansicht
Sehr viele Websites lassen sich nicht korrekt ausdrucken. Die häufig links angebrachte Navigation lässt
sich nicht zusammen mit dem Text rechts auf A4 Format ausdrucken. Eingesetzte Tabellen, die ein
bestimmtes Layout erzwingen, verhindern den für den Ausdruck notwendigen Textumbruch. Die
Inhalte der Seite werden rechts abgeschnitten. Der Ausdruck ist unbrauchbar.
Viele Websites bieten daher spezielle Druckansichten. Speziell für den Ausdruck wird eine zweite Version der Seite vorgehalten. Natürlich mit den damit verbundenen zusätzlichen Erstellungskosten etc.
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Diese zusätzliche Arbeit kann durch barrierefreie Gestaltung eingespart werden. Es wird einmalig eine
spezielle Formatvorlage (CSS für Print) für den Ausdruck erstellt, die automatisch beim Ausdrucken der
Webseite verwendet wird. Durch z.B. Weglassen der Navigation und automatischen Umbruch der
Texte passt wieder alles auf A4-Format.
Beispiel: www.aral.de
Homepage und Ausdruck rechts. Der
Text wird abgeschnitten, Navigation
wird gedruckt. Für den korrekten
Ausdruck ist Programmierung
notwendig.
Druckvorschau (Internet Explorer)
Beispiel: www.luenendonk.de
Homepage und Ausdruck rechts. Dank
CSS-Print-Styles wird nur das Wesentliche für den Ausdruck verwendet.
Ohne Extraprogrammierung.
Druckvorschau (Internet Explorer)
Mehr Umsatz durch Usability
Barrierefreie Websites weisen eine bessere Bedienbarkeit (Usability) auf. Der Usability-Guru Jakob
Nielson hat im Bericht „Return on Investment for Usability“ dargestellt, dass durch UsabilityVerbesserungen einer Webseite die Abschlussquote um 100% gesteigert werden kann.
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Fazit
Die aufgezeigte gesteigerte Reichweite und die möglichen Kosteneinsparungen sollten allein
ausreichen, sich für eine durchgängig barrierefreie Gestaltung von Websites zu entscheiden.
Für neue Projekte rechnen sich die Business-Cases sicherlich sofort.
Bei bestehenden Internetauftritten ist häufig eine Anfangsinvestition zur Umstellung auf barrierefreies
Design erforderlich, die sich erst im Lauf der Zeit durch Einsparungen beim weiteren Ausbau und bei
Umgestaltungen auszahlt.
Die Höhe der Anfangsinvestition und der damit verbundene Amortisationszeitraum hängt von sehr
vielen Einzelfaktoren ab:
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Wird ein Content-Management-System eingesetzt, dass „nur“ auf Tabellenstrukturen basierte
Designs unterstützt?
Wie viele unterschiedliche Systeme und Anwendungen werden zur Erzeugung der HTMLSeiten eingesetzt?
Kann eine schrittweise Umstellung erfolgen?
Sind bisher in redaktionellen Inhalten explizit Tabellenstrukturen verwendet worden, die alle
umgestellt werden müssen?
Sind viele Dokumente aus anderen Systemen, z.B. aus Word heraus in HTML umgewandelt
worden? Diese Inhalte müssen für die barrierefreie Gestaltung „neu“ gesetzt werden.
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