pro ethik - Humanistischer Verband Deutschlands

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pro ethik - Humanistischer Verband Deutschlands
Zeitschrift des humanistischen verbandes
A 59349; 23. Jahrgang; 2. Quartal, Nr. 87/2009; E 4,25
O
R
P IK
H
T
E
zeitschrift des humanistischen verbandes
Nr. 87 2/2009
Inhalt
Editorial
Bruno Osuch
Landauf/landab
1
2
Aus den Ländern
Brandenburg: KiEZ Bollmansruh
Berlin: Ossip-K.Flechtheim-Preis 2009
8
Thüringen: Humanistischer Verband Thüringen konstituiert
Siegfried R. Krebs
8
Niedersachsen: Frühjahrstagung
Lutz Renken
9
Berlin: Sanierung des Kinder- und Jugendgästehauses
Ronny Vogler
11
Titel
Sieg für Pro Ethik
Jutta Kausch
13
Berlin hat abgestimmt
Peter Adloff
14
Einblicke/Ausblicke
Thesen für eine aufgeklärte Religionskritik
Armin Pfahl-Traughber
17
Angesehen
Religulous
Gernoth Schmidt
18
Axel Krause
NRW
6
I-IV
Forum
Schmerz und Glaube
Gita Neumann
22
Selbstmordattentate und Evolution
Thomas Junker
25
Magazin
Das Leben der Hedwig Henrich-Wilhelmi
Elke Gensler
28
Ewige Wahrheiten
Evolutionstag
Joachim Kahl
32
Kreuz/quer
34
Auslese
36
Aussprache
38
Adressen
40
Gedicht
Determination
Joachim Goetz
41
Humanisten im Internet: http://www.humanismus.de E-Mail: [email protected]
Herausgeber: Humanistischer Verband Deutschlands, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im
Sinne des Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des
Herausgebers wieder. ­Redaktion: Ralf Bachmann, Michael Bauer, Patricia Block, Gerd Eggers, Antje Henke, Christian John, Fiona
Lorenz, Arne Lund, Florian Noack, Lutz Renken, Jürgen Springfeld. Anzeigenleitung/Verwaltung: Bettina Kebschull. Titelgestaltung/
Grafik/Layout: Jürgen Holtfreter, Berlin. Fotos: Titel Robert Michel; S. 6/7 Axel Krause; S. 12, S. 19/20 Jürgen Holtfreter; S. 16, S.
24 Bilderbox; S. 4 Dobisch; S. 9 Alexander Roßner; S. 13 Gerhard Weil. Zeichnungen: S. 34 Mayr; S. 38 Krauze; S. 42 Januszewski.
diesseits ­erscheint vierteljährlich am 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember. Redaktionsschluss ist sechs Wochen vor dem
Erscheinen. Bezugspreise: Jahresabonnement 13,- E (inklusive Porto und Mehrwertsteuer), Ausland zuzüglich Porto­mehrkosten.
Einzel­exemplar 4,25 E. Satz/Reinzeichnung: Michael ­Pickardt, Berlin. Druck: H & P Druck, Körtestr. 10, 10967, Telefon 030-693
77 37. ISSN 0932-6162., diesseits wird auf umweltfreundlichem, zu 50 % chlorfrei gebleichtem Papier mit 50 % Recycling­
faseranteilen gedruckt.
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
– von den zahlreichen Kardinälen und Bischöfen gar nicht erst zu
reden. Und es wurden alle Register gezogen: vom Maulkorb für
innerkirchliche Kritiker bis zur Lüge, dass die Stimme „Pro Reli“ ein
Votum für „die Freiheit“ sei. Als ob es in Berlin keinen Religionsunterricht gäbe, als ob der Staat dessen 90-prozentige Finanzierung
in Frage stellen würde, als ob quasi das „christliche Abendland“ auf
dem Spiel stünde. Der Gipfel dieser Zuspitzung war schließlich
die von bestimmten Zeitungen lancierte perfide Kampagne gegen
meine Person als Landesvorsitzendem des HVD mit dem Ziel, den
Humanistischen Verband und damit das ganze Ethik-Bündnis zu
beschädigen. Doch ging auch diese Rechnung nicht auf – im Gegenteil: Die Verleumdungen beförderten keine Pro-Reli-Stimmung,
sondern hatten eine Solidarisierung mit dem Berliner HVD und
seinem Vorsitzenden zur Folge. Von der Berliner Schulaufsicht
(meinem obersten Dienstherren) über den Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses und Schirmherren des Ethik-Bündnisses,
Walter Momper, bis zum Innensenator, der den CDU-Vorwurf der
Verfassungsfeindlichkeit meiner
Person bzw. des ganzen HVD als
absurd zurückwies. Damit hatten die Konservativen ebenfalls
nicht gerechnet. Was bleibt, ist
ein übler Nachgeschmack gegenüber dem christlich-konservativen Lager, dessen moralische
Glaubwürdigkeit nun noch mehr
Menschen anzweifeln werden.
Evelin Frerk
Der Berliner Volksentscheid über einen Wahlpflichtunterricht Religion Ende April 2009 war ein Paukenschlag, der weit über die
Grenzen der Hauptstadt zu hören war und dessen Folgen noch
gar nicht voll absehbar sind. Nicht nur, dass die Kirchen im Verein mit CDU und FDP das nötige Quorum von 25 Prozent der
Wahlberechtigten mit gerade einmal 14 Prozent weit verfehlten.
Sie verloren auch im direkten Vergleich mit 49 zu 51 Prozent. Das
hatte selbst die säkulare Szene kaum erwartet. Somit bleibt der
allgemeinverbindliche Ethikunterricht fester Bestandteil der Berliner Schule, Religion und Humanistische Lebenskunde bleiben
weiter freiwillige Ergänzungen. Damit wird das jahrzehntelange
Ankämpfen gegen die seit 1947 in Berlin existierende Trennung
von Kirche und Schule – hoffentlich für lange Zeit – beendet
sein. Mehr noch: Es ist zu erwarten, dass das Ergebnis die weitere
Diskussion zur Werteerziehung der öffentlichen Schule und zur
Stellung von konfessionellem Religionsunterricht auch in anderen
Bundesländern befördern und das Selbstbewusstsein der säkularen
Kräfte deutlich stärken wird. Die Bedeutung dieser Abstimmung
geht jedoch noch weit darüber hinaus. Eine Berliner Tageszeitung
brachte es auf den Punkt: Mit diesem erdrutschartigen Ergebnis
wurde die schon lange anhaltende Entwicklung manifest, dass die
Kirchen ihre Deutungshoheit in Sachen Ethik und Moral endgültig verloren haben.
Nun könnte man einwenden, dass das Ganze lediglich eine regionale Bedeutung für Berlin hat und auch dort nur ein schulpolitisches
Randproblem tangiert. Aber es waren die Kirchen und ihre politischen Bündnispartner selbst, die dieser Abstimmung eine geradezu
historische Bedeutung beigemessen haben. Entsprechend zogen sie
in die Auseinandersetzung: mit sehr viel Geld, den teuersten Werbeagenturen, stündlichen Radiospots, Promis wie Günter Jauch,
politischen Repräsentanten wie Wolfgang Thierse und Kanzlerkandidat Steinmeier und am Schluss sogar der Bundeskanzlerin selbst
Dr. Bruno Osuch
Landesvorsitzender des HVD in
Berlin
2/2009
1
Erziehung zu Freiheit und
sozialer Verantwortung
Berlin – Anlässlich des 25-jährigen
Bestehens der Humanistischen Lebenskunde veranstaltet der Humanistische Verband in Kooperation
mit der Friedrich-Ebert-Stiftung
und mit Unterstützung der Europäischen Humanistischen Föderation (EHF) und der Unie Vrijzinnige
Verenigingen (UVV) in Belgien am
2. und 3. Juli einen internationalen
Kongress zum Thema: „Humanismus – Erziehung zu Freiheit und
sozialer Verantwortung“. An zwei
Tagen werden in Diskussionen,
Vorträgen und Arbeitsgruppen philosophische, pädagogische und politische Aspekte von Lernprozessen
im Werteunterricht diskutiert. Dabei stehen folgende Schwerpunkte
im Vordergrund:
– Wie ergänzen sich Erkenntnis
und Lebenshaltung?
– Wie bekommen Rationalität,
Emotionalität und Beziehungsfähigkeit einen angemessenen
Stellenwert in Lernprozessen?
– Wie können unterschiedliche
gesellschaftliche Lebensbedingungen bei dem Streben nach
Menschlichkeit berücksichtigt
werden?
– Warum leistet der Lebenskundeunterricht einen wichtigen
Beitrag zur kulturellen Vielfalt
in Berlin?
Als Gesprächspartner sind u. a. eingeladen: Prof. Dr. Joachim Bauer,
Neurobiologe und Psychotherapeut, Autor des Buches „Lob der
Schule“, Prof. Dr. Micha Brumlik,
Professor für Erziehungswissenschaften in Frankfurt/Main, Prof.
Rob Buitenweg, Professor für Humanistische Studien an der Universität Utrecht, Prof. Dr. Julian NidaRümelin, Professor für Philosophie
und ehemaliger Kulturstaatsminister, Prof. Dr. Herbert Schnädelbach, Professor für Philosophie an
der Humboldt-Universität, Berlin.
Am Abend des 2. Juli findet eine
Feier mit Live- Musik und Vorführungen aus dem Bereich Lebenskunde zum 25-jährigen Bestehen
des Lebenskundeunterrichtes statt.
Sie sind herzlich eingeladen, an
dem Kongress teilzunehmen.
Tagungsort: Friedrich-Ebert-Stiftung, Hiroshimastr. 17, 10785
Berlin
Anmeldung:
Humanistischer
Verband Deutschlands, Landesverband Berlin, Wallstr. 61-65,
10179 Berlin, Tel. 030 61390460,
[email protected]
2
2/2009
Informationen zum geplanten Programm unter www.hvd-berlin.de/
aktuelles/internationaler-kongress2009-humanismus
Begleitende Veranstaltungen:
1. Juli 9 bis 13 Uhr
Fit für Kinderrechte
Lebenskundegruppen präsentieren
ihre Arbeitsergebnisse zum Thema
Kinderrechte. Ort: Nachbarschaftsheim Urbanstraße
Urbanstr. 21, 10961 Berlin
Information und Anmeldung:
[email protected]
2. Juli 10 bis 13 Uhr
Lebenskundefilmfest 2009
Thema: „Erforschen und entdecken“ Ort: Filmtheater Hackesche
Höfe, Berlin Mitte, Rosenthaler
Str. 40/41
Information: [email protected]
4. Juli 10 Uhr
Ausstellungseröffnung:
„Humanismus in Frauenhänden“
Ort: Humanistischer Verband
Deutschlands, Landesverband Berlin, Wallstr. 61 – 65,10179 Berlin,
Abt. Lebenskunde
Information: Dr. Ines Scheibe
[email protected]
4. Juli 9 Uhr
Internationaler Frauenkongress:
„Humanismus und Gender“
Ort: Haus der Demokratie und
Menschenrechte
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Information: Dr. Ines Scheibe
[email protected]
landauf
Gemeinschaft und Partizipation
Berlin – Am 19. Juni 2009 von
13 bis 18 Uhr lädt die Humanistische Akademie gemeinsam mit
dem Bundesverband Junge HumanistInnen zu einem Kolloquium
„Gemeinschaft und Partizipation
– Jugendliche und ihre Verbände“
ein.
Es sprechen u. a. Prof. Dr. Richard
Münchmeier über Realität und
Reichweite von Jugendverbänden,
Dr. Katrin Valentin über Gemeinschaft aus der Sicht von Jugendli-
chen und Prof. Dr. Helmut Richter über „Vereinspädagogik“ und
demokratische Beteiligung von
Jugendlichen in ihren Verbänden
und Einrichtungen.
Ort: GLS Campus Berlin „Die
Schule“, Kastanienallee 82 – 10435
Berlin, Lounge
Anmeldung erbeten: Humanistische Akademie, Wallstr. 65, 10179
Berlin-Mitte, Tel. 030 6139040
(Fax: -864), [email protected]
Humanist Award für HVD-Nürnberg
Würzburg – Der Humanist Award
des HVD-Würzburg ging dieses
Jahr an den HVD-Nürnberg für
dessen Arbeit im praktischen Humanismus.
„Wir freuen uns sehr über die Anerkennung unserer Arbeit, die ja
nicht immer in einem einfachen
Umfeld stattfindet“, sagte HVDGeschäftsführer Michael Bauer anlässlich der Übergabe des Preises.
Mit der Ehrung verbunden ist auch
ein Scheck über 3.500 Euro, die für
die Ausstattung des Werkraumes
der Humanistischen Grundschule
Fürth bestimmt sind.
Von deren innovativem Konzept
konnte sich der Vorsitzende des
HVD-Würzburg, Frank Stössel,
selbst ein erfahrener Pädagoge,
bei der Preisübergabe ein Bild machen.
Institut für Humanistischen
Lebenskundeunterricht in
Bayern
Nürnberg – Im Februar wurde in
Nürnberg unter der Trägerschaft
des HVD ein Institut für Humanistischen Lebenskundeunterricht gegründet. Dessen Aufgabe liegt vor
allem in der Ausbildung von Lehrern für das Schulfach Humanistische Lebenskunde. Zum Direktor
wurde Prof. Dr. Thomas Mohrs,
Universität Passau, berufen. Seine
wissenschaftlichen Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen der
Praktischen Philosophie, der Philosophischen Anthropologie (mit
einem Schwerpunkt auf Ansätzen
der Evolutionären Anthropologie)
sowie der Allgemeinen und Angewandten Ethik.
Von links: Geschäftsführer Michael Bauer, Ulrike von Chossy (beide
HVD Nürnberg), Frank Stössel, Vorsitzender des HVD Würzburg
Bundeshauptausschuss
einberufen
Berlin – Das Präsidium des HVDBundesverbandes hat die Einberufung des Bundeshauptschusses
(BHA) zum 20. Juni 2009 ab
14.00 Uhr in Berlin beschlossen.
Der BHA ist das höchste ständige
Organ zwischen den Bundesdelegiertenversammlungen. Er sichert
die Kommunikation zwischen
den Mitgliedsverbänden und kon­
trolliert das Präsidium des HVD
zwischen den alle drei Jahre stattfindenden Bundesdelegiertenversammlungen (BDV). Er besteht
aus dem Präsidium sowie je einer
Vertreterin bzw. einem Vertreter
pro Bundesland der Landesverbände und der Landesgemeinschaften.
Die vorläufige Tagesordnung sieht
u.a. die Aufnahme der Verbände
Bremen und Thüringen als Mitglieder des Bundesverbandes vor.
Ein Tagesordnungspunkt nimmt
sich eine Bewertung der im Januar 2008 eingeleiteten Strukturreformen des HVD vor. Dort
werden auch aktuelle Bündnisfragen (KORSO, Jugendweihe,
Auswertung Pro Ethik) diskutiert
und hinsichtlich der Perspektiven
des Verbandes beraten. Es versteht
sich, dass hier hinein auch Fragen
der Theorie- und Akademiearbeit
(Kurzfassung Humanistisches
Selbstverständnis oder aktuelles
programmatisches Manifest?), der
Öffentlichkeitsarbeit (die eigenen
Medien des HVD und das Verhältnis des HVD zum hpd) und der
Finanzierbarkeit der Aktivitäten
zählen. Im Mai führte das Präsidium zur Vorbereitung des BHA eine
Klausurtagung durch. Dort wurden
folgende vorbereitende Fragen formuliert werden, die eine angeregte
Debatte versprechen: In welcher
Lage sind wir? Was wollen wir? Mit
wem können wir das (nicht)? Wie
stellen wir dies öffentlich dar und
wo? Welche finanziellen und personellen Mittel haben wir jetzt zur
Verfügung, welche brauchen wir
und wie bekommen wir sie? Was
soll das Präsidium leisten?
Bitte unterstützen Sie
die Bundesakademie des HVD!
Im März 2006 wurde die gemeinnützige Humanistische Akademie Deutschland
(HAD) als Verein gegründet. Sie ist das Studien- und Bildungswerk des
Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD). Bisher allein auf Mitgliedsbeiträge
angewiesen, stößt die Akademie inzwischen finanziell an ihre Grenzen. Das
vorgesehene Programm der Akademie ist ebenso umfangreich wie spannend und
zur Durchführung auf Ihre finanzielle Hilfe angewiesen.
Konferenzen:
– Humanistische Bestattungskultur (12./13. Juni 2009 in Hannover)
– Konfessionsfreie und deutsches Verfassungsrecht (11./12. September 2009 in
Berlin)
– Politik der Menschenwürde und der Selbstbestimmung (14./15. November 2009
in Berlin)
Bücher in der neuen „Schriftenreihe“ der Akademie:
– Humanismus heute (Dokumentation der Konferenz vom November 2008)
– Humanistische Bestattungskultur (Dokumentation der Konferenz vom Juni 2009)
Diese Aktivitäten verdienen es, dass Sie der Bundesakademie finanziell helfen. Sie
haben dazu folgende Unterstützungsmöglichkeiten:
1. Bitte überweisen Sie der Akademie eine Spende. Sie können dazu den
beigefügten Überweisungsträger benutzen oder direkt auf das unten stehende
Konto einzahlen. Spenden an die Akademie sind steuerabzugsfähig.
2. Sie können Mitglied bzw. Fördermitglied der Akademie werden. Wenden Sie sich
wegen des Aufnahmeantrages bitte direkt an die Akademie oder nutzen das
Formular auf der Homepage. Mitgliedsbeiträge an die Akademie sind
steuerabzugsfähig.
Humanistische Akademie Deutschland
Wallstr. 65, 10179 Berlin
www.humanistische-akademie-deutschland.de
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00, Kto 102 98 00
Initiative für Humanistische
Grundschule
Bremen – Die positiven Erfahrungen aus Berlin und Nürnberg
nutzend, erarbeiteten interessierte
und engagierte Bremer Eltern ein
Konzept zur Gründung einer Hu-
landab
manistischen Grundschule. Bisher
hatte die Bremer Bildungsbehörde
alle Initiativen zur Gründung privater Grundschulen mit der Begründung abgewiesen, es läge kein
„besonderes pädagogisches Interesse“ vor. Nur wenn dies nachgewiesen werden kann, können private
Grundschulen gegründet werden.
Allerdings sind „Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschulen“ von dieser Auflage frei. Bisher haben nur
Religionsgemeinschaften davon
Gebrauch gemacht. Die Schulbehörde hatte das „pädagogische
Interesse“ sehr eng definiert, der
Humanistische Verband hat daraufhin im Dezember 2008 mit
einer Elterninitiative Körnerwall
ein Konzept erarbeitet und einen
Antrag erstellt.
Der HVD als anerkannte Weltanschauungsgemeinschaft nahm nun
die erste Hürde im Genehmigungsparcours: Der Prüfung zur Zulassung als Bekenntnisschule steht
nichts im Wege. Gestartet werden
soll mit 10 bis 12 Kindern in einer
jahrgangsübergreifenden Gruppe
bereits zum Schuljahr 2009/2010.
Seitdem die Nachricht von diesem
Erfolg es am 3. April in die Bremer
Ausgabe der taz („Es wird doch eine
private Grundschule geben“) und
noch am selben Abend in die Fernsehnachrichten von Radio Bremen
schaffte, häufen sich die Anfragen
interessierter Eltern, die schon jetzt
2/2009
3
die vorgesehenen Plätze für das
erste Schuljahr um ein Vielfaches
übersteigen.
Als weltliche Schule steht sie allen
Kindern offen, die, unabhängig
von ihrer ethnischen oder sozialen
Herkunft, eine nichtreligiöse, humanistische und wissenschaftlich
fundierte Bildung und Erziehung
erhalten sollen.
Wer Interesse am Aufbau der Schule
hat, kann sich gern an die Schulkoordinatorin, Frau Krebs, wenden:
[email protected]
Nach intensiver Vorbereitung und
prima ausgestattet mit Trikots der
schwedischen Humanisten ( „Team
Humanisterna“) hatten alle viel
Spaß bei dieser Premiere. Weitere
Spiele folgen demnächst. Kontakt:
[email protected]
Hintergründen von echten Phänomenen auseinander: Die Marsoberfläche ist von Kanälen durchzogen,
Felsformationen auf dem Mars formen ein weinendes Gesicht. Jeder
erkennt im Mond unschwer ein
Antlitz. Die Sternenkonstellation
im Moment der Geburt beeinflusst den Charakter, am Himmel
werden außerirdische Raumschiffe
beobachtet.
Worauf beruhen diese Täuschungen? Die neue Sonderausstellung
stellt sich diesen Fragen und zeigt
Wege auf, sie nach aktuellen Erkenntnissen zu entscheiden. Sie ist
bis Ende des Jahres zu sehen: turmdersinne am Westtor der Nürnberger Stadtmauer, Spittlertorgraben
Ecke Mohrengasse, Tel.: 0911
9443281, www.turmdersinne.de.
Geistesblitz und
Neuronendonner
Nürnberg – Intuition, Kreativität
und Phantasie sind die Themen des
diesjährigen Symposiums, das der
turmdersinne vom 9. bis 11. Oktober in Nürnberg ausrichtet. Im
Mittelpunkt dieses populärwissenschaftlichen Symposiums stehen
die kreativen Fähigkeiten des Menschen und ihre neuronale Grundlage. Mit Gerhard Roth aus Bremen
hat einer der derzeit prominentesten Hirnforscher Deutschlands seine Teilnahme zugesagt.
Fachleute tragen vor, Hörer fragen
nach. Diskutieren Sie mit! Das Programm und weitere Informationen
sind unter www.turmdersinne.de
erhältlich – sichern Sie sich Ihre
Plätze! Online-Anmeldung ist ab
sofort möglich.
Team Humanisterna
Ulm – Am 26. April nahm ein Team
der Humanisten Ulm/Bodensee am
großen Volleyball-Mixed-Turnier
in Blaustein teil.
2/2009
Emder Humanisten mit
neuem Vorstand
Emden – Auf der Jahreshauptversammlung des Humanistischen
Verbandes Emden bestätigten und
verstärkten am 28. März die anwesenden Mitglieder im Beisein
des Landesgeschäftsführers Jürgen
Steinecke ihren örtlichen Vorstand.
Der alte und neue Vorsitzende Eckhard Kühl berichtete über die Aktivitäten des vergangenen Jahres und
betonte die notwendige Öffentlichkeitsarbeit, wie z. B. über die
gemeinsam mit der VHS Emden
organisierte Vortragsveranstaltung
mit dem Buchautor Carsten Frerk.
Solche öffentlichen Aktivitäten,
aber auch die monatlich stattfinden geselligen Nachmittage und
Irrlichter: Sonderausstellung
im turmdersinne
Nürnberg – Zum Jahr der Astronomie setzt sich der turmdersinne in
der Sonderausstellung „Des Himmels Irrlichter – Wahrnehmungsphänomene am Rande der Astronomie“ mit historischen Fehlinterpretationen von Himmelsbeobachtungen, irrigen Erklärungsmodellen
von Himmelsphänomenen, phantasievollen Verschwörungstheorien
und wahrnehmungspsychologische
„Team Humanisterna“, v.l.n.r.: Hannah, Jürgen, Bianca, Aaron,
Jürgen und Ferdinand stehen für Freundschaftsspiele auch außerhalb
Schwabens zur Verfügung
4
landauf
Neues Familienzentrum in Spandau
Berlin – Der Humanistische
Verband Deutschlands, Landesverband Berlin, eröffnete am 13.
Februar das Familienzentrum FiZ
West in der Humanistischen Kita
„Wasserwerkstrasse“ in Berlin
Spandau. „Das entstandene Familienzentrum soll der Knotenpunkt in
einem Netzwerk werden, das Kinder individuell fördert und darüber
hinaus Familien umfassend berät.
Wir sind bestrebt, ein niedrigschwelliges Angebot möglichst in
problematischen Sozialräumen zu
eröffnen und die Familienzentren
durch intensive Vernetzung und
Kooperation mit anderen kommunalen Institutionen nachhaltig
zu stärken“, betonte Dr. Bruno
Osuch, Landesvorsitzender des
HVD Berlin, in seiner Eröffnungs-
rede. Ein Nachbarschaftscafé, ein
Eltern-Kind-Frühstück, Krabbelgruppen und Gesundheitsangebote
bietet das FiZ schon seit Februar. In
Kürze werden im FiZ ein türkischarabischer Frauentreff und eine
Russisch-Polnisch-Gruppe eingerichtet. Alle Angebote folgen dem
Handlungsgrundsatz „Hilfe zur
Selbsthilfe“. Dabei sollen Eltern
gestärkt und in die Lage versetzt
werden, Verantwortung für sich
und ihre Kinder zu übernehmen.
Mitarbeiter/-innen des Humanistischen Verbandes unterstützen Eltern vor allem auch in Fragen der
Bildung und Erziehung. Neben
dem Familienzentrum FiZ ist der
HVD Berlin bereits Träger des Familienzentrums in der Kita Felix in
Marzahn-Hellersdorf.
der seit 2007 regelmäßig organisierte „Humanistische Gesprächskreis“, in dem nach Interesse der
Teilnehmer alle Fragen von „Darwin bis Dawkins“ in gemütlicher
Runde diskutiert werden, trügen
zum Zusammenhalt der Mitglieder
bei. Das sei notwendig, um das Bild
des Verbandes als Organisation zur
Interessenvertretung kirchenfreier
Menschen zu stärken.
Dies war das Stichwort für den
Landesgeschäftsführer Jürgen Steinecke, der engagiert über die Aktivitäten des Bundes- und Landesverbandes berichtete und verdeutlichte, dass es nicht nur darum gehe,
sich auf philosophischer Ebene
mit humanistischen Fragen auseinanderzusetzen, sondern ein Weg
aufgezeigt werde, den Menschen
im Land auch „Humanismus zum
Anfassen“ anzubieten. So seien die
Humanisten gut im Gespräch auch
mit den Entscheidungsträgern im
Land Niedersachsen, um soziale
Einrichtungen unter der Trägerschaft des Humanistischen Verbandes zu schaffen.
Die Wahl der Vorstandmitglieder
fiel einmütig aus, neu in den Vorstand wurde der Emder Hermann
Bertus gewählt. Ganz nebenbei
wurde von den anwesenden niederländischen Freunden aus Groningen, Daniel und Bep van Eck,
eine Einladung zum Besuch ihrer
Organisation und Stadt ausgesprochen, die die Emder noch vor dem
Sommer in einem Tagesausflug gerne annehmen wollen.
150 Jahre BFGD –
Freigeistiges Treffen in
Mannheim
Mannheim – Der Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands
(BFGD) wird 150 Jahre alt. Aus
diesem Anlass findet im September in Mannheim ein Forum des
Austauschs und der Diskussion
statt. Es soll den Dialog zwischen
den unterschiedlichen freigeistigen
Gruppen in Deutschland und dem
sie umgebenden Spektrum der säkularen Gesellschaft ermöglichen.
Es umfasst die Bundesversammlung des BFGD, dessen Jubiläum
aus Anlass seines 150-jährigen
Bestehens und das Jubiläum des
60-jährigen Bestehens des Dachverbands Freier Weltanschauungsgemeinschaften (DFW). Auf dem
Programm stehen Arbeitskreise zu
aktuellen Themen aus Bioethik,
Erziehung, Wirtschaft und Gesellschaft.
Termin: 18. bis 20. September
2009, Informationen über Tel.
0621-126310.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Ausbildungsinstituts v.
l.: Prof. Dr. Frieder Otto Wolf, Dr. Martin Ganguly, Jaap Schilt,
Dr. Petra Caysa, Norbert Böhnke, Wilfried Seiring, Dr. Brigitte
Wieczorek, Heinz-Joachim de Vries,Werner Schultz
Ausbildungsinstitut feiert 10-jähriges Bestehen
Berlin – Das Ausbildungsinstitut
für Humanistische Lebenskunde
des Humanistischen Verbandes
Deutschlands, Landesverband Berlin, beging am 25. März 2009 mit
einem Festakt in der Technischen
Universität Berlin sein zehnjähriges Bestehen. Das Ausbildungsinstitut ist durch einen Kooperationsvertrag mit der Technischen
Universität verbunden. In der
berufsbegleitenden Ausbildung
erhielten seit 1999 bereits über
300 Lehrer eine wissenschaftliche
Grundlage für den Unterricht von
Lebenskunde. Mittlerweile besuchen über 47 200 Berliner Schüler
diesen Unterricht. Gegenwärtig
arbeitet das Ausbildungsinstitut
an einem weiteren Ziel: der Begründung eines Grundständigen
Studiums.
Institutsleiter Wilfried Seiring: „Wir Humanisten sind auch in einer
säkularisierten Welt aufgefordert, für die Ziele der Aufklärung täglich
einzutreten. Mir ist klar, dass das nicht immer einfach ist, wir sind
nicht nur von uns unterstützenden Freunden umgeben. Allerdings
scheinen mir Gleichgültigkeit und Indifferenz noch immer die
häufigsten hinderlichen Barrieren.“
Menschen im diesseits
Jugendfeierteilnehmer pflanzten Baum
Dortmund – Im Rahmen des Vorbereitungsprogramms auf die Humanistische Jugendfeier Dortmund
2009 pflanzten die beteiligten Jugendlichen einen Spenderbaum im
Rahmen der Aktion „Baumwertes
Dortmund“ im Stadewäldchen.
Leider bei strömendem Regen
wurde ein Gießring für den bereits
gesetzten Tulpenbaum angelegt. Im
vorderen Abschnitt des Stadewäldchen stehen fast ausschließlich von
Jugendfeierteilnehmerinnen und
–teilnehmern gepflanzte Bäume.
Das Baumpflanzen ist eine symbolische Handlung für das Erwachsenwerden und traditioneller Bestandteil der Feiern in Dortmund.
landab
Jens Hebebrand ist der neue ehrenamtliche Landesgeschäftsführer
des HVD in Nordrhein-Westfalen.
Damit bleibt er den freigeistigen
Traditionen seiner Familie treu.
Bereits sein Urgroßvater war Vorsitzender der Ortsgemeinschaft
Lünen-Süd.
1967 geboren, studierte Jens Hebebrand zunächst Chemietechnik, Mathematik, Geschichte, Politik- und
Wirtschaftswissenschaften in Dortmund und Bochum. Später war er
u. a. als Mitarbeiter bei den Bundestagsabgeordneten Wiefelspütz und
Stöckel tätig. Verbandsarbeit ist ihm
nicht neu. Seit Mitte der neunziger
Jahre ist er als Lebensfeiersprecher
aktiv und war seit 2005 Herr über
die Finanzen des Verbandes. Sein
Programm für die nächste Zeit fasst
er folgendermaßen zusammen: „Wir
waren ein großer Mitgliedsverband
mit vielen Multiplikatoren. Da müssen wir wieder hin! Soziale Projekte
können viele, humanistische Weltanschauung nur wir!“
2/2009
5
Humanistischer
Regionalverband
Brandenburg/Belzig
betreibt das KiEZ
Bollmannsruh
Brandenburg/Havel – Seit dem 1. Januar
2009 betreibt der Humanistische Regionalverband Brandenburg/Belzig e.V. das Kinder- und Jugenderholungszentrum (KiEZ)
Bollmannsruh unweit der Stadt Brandenburg an der Havel.
n Auf dem 10 Hektar großen Gelände befinden sich ein Gästehaus sowie 42 Bungalows mit einer Kapazität von 240 Betten.
Das KiEZ Bollmannsruh verfügt aufgrund
seiner bereits vorhandenen Infrastruktur
über erstaunliche Möglichkeiten, die ein
breites Spektrum von Aktivitäten im Bereich Kinder-, Jugend- und Familienerholung zulassen.
Dazu gehören naturgemäß die vielfältigen Sportanlagen für Fußball, Basketball,
6
2/2009
Volleyball, Federball, Leichtathletik oder
Tischtennis. Der angrenzende Beetzsee,
samt eigenem Badestrand mit Steganlage,
ist Garant für den Wassersport, zumal die
Einrichtung Kanus, Ruderboote oder Surfbretter ausleiht. Auf dem Grundstück befindet sich außerdem eine Segelschule.
Erlebnis- und bildungsorientierte Pädagogik sind die Schwerpunkte im KiEZ,
denn eine Studio- und Freilichtbühne
sind ebenso vorhanden wie Seminarräume, das Cafe Fritze, ein Kiosk sowie zwei
Appartements, eine Kletterwand und eine
einzigartige Wald- und Seenlandschaft.
KiEZ-Leiterin Anja Erdmann und der Humanistische Regionalverband planen bereits
weiter: So soll sich die Anlage in Bollmannsruh zu einer Drei-Sterne-Einrichtung unter
der Dachmarke KiEZ entwickeln. Und für
die kommende Saison steht den Gästen
aus aller Welt ein neues Sanitärgebäude zur
Verfügung, um die Nachfrage nach einem
Jugendzeltplatz zu befriedigen.
l
Unter www.kiez-bollmannsruh gibt es alle Informationen zum Kinder- und Jugenderholungszentrum im Internet. Auf dieser Seite befindet
sich auch das Anmeldeformular. Telefonisch
ist die Einrichtung unter der Nummer 033838
30830 zu erreichen.
Die Studiobühne lädt zum Mitmachen ein
Viel Platz für Freizeitangebote
2/2009
7
Verleihung des
Humanismus-Preises
2009
Berlin – Den Ossip-K.-Flechtheim-Preis des
Humanistischen Verbandes Deutschlands,
Landesverband Berlin, und der Humanismus
Stiftung Berlin, erhielt am 15. März 2009 Dr.
Michael de Ridder, Chefarzt der Rettungsstelle des Vivantes Klinikums Am Urban in
Berlin-Kreuzberg.
n Die Preisverleihung fand anlässlich des
100. Geburtstages von Ossip K. Flechtheim, dem 1998 verstorbenen Politologen
und Zukunftsforscher, im Harnack-Haus,
der Tagungsstätte der Max-Planck Gesellschaft, statt.
Unter 15 Bewerbungen entschied sich
die prominent zusammengesetzte Jury, das
gesundheitspolitische Engagement de Ridders zu ehren. In öffentlichen Diskussionen
ergreift er regelmäßig Partei für die Belange
der Patienten und setzt sich dabei unter anderem für ein humanes und selbstbestimmtes Sterben ein. Er selbst sieht sich so in erster Linie als „Anwalt der Patienten“.
Dr. Bruno Osuch, Landesvorsitzender des HVD Berlin, erklärte: „Mit dieser
Veranstaltung werden gleich zwei Menschen, Dr. Michael de Ridder und Ossip
K. Flechtheim, die sich der Förderung der
Wissenschaft, von Aufklärung, Toleranz,
Selbstbestimmung und der Einhaltung
der Menschenrechte in der Gesellschaft
verschrieben hatten bzw. haben und für
die Verwirklichung humanistischer Werte
und Ziele eintraten bzw. -treten, bedacht.“
Die Festrede für Flechtheim hielt der Politikwissenschaftler Prof. Theodor Ebert, die
Laudatio Ingeborg Rürup, ehemalige stellv.
Bundesvorsitzende der Humanistischen
Union.
De Ridder verband mit seiner Dankrede
den Wunsch, dem Anliegen des HVD und
vor allem einer seiner zentralen Botschaften,
der Selbstbestimmung am Lebensende, in
der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen.
Wörtlich betonte er: „Die Autonomie
des Kranken am Lebensende ist zu einem
Fokus leidenschaftlicher gesellschaftlicher
Auseinandersetzung geworden. Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass die verfassungsrechtlich so elementare Figur der Autonomie
oder Selbstbestimmung, auch und gerade
am Lebensende, zusehends in Rechtfertigungsnot gerät, einerseits aus prinzipiellen
Erwägungen heraus, andererseits deshalb,
weil sie mehr und mehr dem Druck so genannter Bereichsethiken ausgesetzt ist, also
verschiedenen weltanschaulich oder religiös
geprägten Vorstellungen vom Lebensende,
einschließlich der ärztlichen Standesethik.
Es muss nicht betont werden, dass es jeder weltanschaulichen oder Glaubensgemeinschaft zusteht, für ihre Vorstellungen
vom „richtigen Sterben“ zu werben, aber
in einem säkularen Staat wie dem unsrigen
haben sie sich eine gewisse Zurückhaltung
aufzuerlegen in dem Sinne, dass sie tunlichst darauf verzichten, die Öffentlichkeit
mit Alleinvertretungsansprüchen oder mit
in ihrem Besitz befindlichen vermeintlichen
Königswegen hin zu einem guten Tod zu
beglücken.“l
Michael de Ridder
8
2/2009
Siegfried R. Krebs
Humanistischer Verband
Thüringen konstituiert
Weimar – Am 29. März 2009 konstituierte
sich in Weimar unter Leitung des Vorsitzenden, des Journalisten und Kulturwissenschaftlers Siegfried R. Krebs (55), der Thüringer Landesverband des Humanistischen
Verbandes Deutschlands. Der HVD ging per
einstimmigem Mitgliederbeschluss aus der
am 12. Oktober 2008 ebenfalls in Weimar
gegründeten „Humanistischen Landesgemeinschaft Thüringen (HLG)“ hervor.
n Die Mitglieder bestätigten den bisherigen fünfköpfigen Vorstand in seinem Amt.
Stellvertretende Vorsitzende ist die Weimarer Rechtsanwältin Yvonne Lautenschläger
(33), Schatzmeister der selbständige Finanzberater Sven Wirzbowitz (36) aus Jena. Beisitzer sind der GmbH-Geschäftsführer und
Dipl.-Ing. Frank Roßner (63) aus Magdala
bei Jena und die Kulturwissenschaftlerin
Kristin Müller-Wenzel (26) aus Greiz.
Neben den notwendigen vereinsrechtlichen Formalien stand die Aussprache über
das künftige Wirken des HVD Thüringen
im Mittelpunkt der Versammlung. HVDPräsident Dr. Horst Groschopp führte mit
einem öffentlichen Vortrag in die Thematik
„Religions-, Ethik- und Weltanschauungsunterricht“ ein. Ausgehend von seinem
Vortrag formulierten die Thüringer Humanisten in der von ihnen verabschiedeten
„Politischen Erklärung“ die Forderung „Gemeinsamer Ethikunterricht für alle Thüringer Schüler ab Klasse 7.“ Und sie treten für
einen zusätzlichen gleichberechtigten freiwilligen und wahlweisen Unterricht in Religion oder Humanistischer Lebenskunde
ein. Sie begründen diese Forderung damit,
dass drei Viertel aller Thüringer konfessionsfrei sind.
Zu den weiteren Forderungen des HVD
Thüringen gehört die Mitsprache in den
Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen
und des privaten Rundfunks, so wie es die
Thüringer Landesverfassung verlangt. Bisher werden in den Aufsichtsgremien lediglich der evangelischen und der katholischen
Kirche sowie den jüdischen Kultusgemeinschaften Sitze zubilligt.
Und nicht zuletzt will der HVD Thüringen bald ein eigenes soziales und weltan-
vordere Reihe, v.l.: Vorsitzender Siegfried Krebs, stellv. Vorsitzende Yvonne Lautenschläger, Schatzmeister Sven Wirzbowitz,
Beisitzerin Kristin Müller-Wenzel, hintere Reihe, v.l.: Beisitzer Frank Roßner
schaulich profiliertes Projekt in seiner Trägerschaft entwickeln. Hier haben die ersten
Überlegungen bereits begonnen.
Der Verband wird im Vorfeld der Landes- und Bundestagswahlen mit „Wahlprüfsteinen“ an die Öffentlichkeit gehen und
das Gespräch mit demokratischen Parteien
und der Landesregierung suchen. Auch über
Bündnisse mit anderen Verbänden wurde
ausgiebig gesprochen. Der anwesende Vorsitzende des Landesverbandes der Jugendweihe Deutschland erklärte sich unter Beifall
zur Kooperation mit dem HVD bereit.
Zählte der „nichtrechtsfähige Vorverein“,
die Landesgemeinschaft, bei Gründung gerade mal drei Mitglieder, so wuchs diese Zahl
bis Ende März auf 13 an. Einige Sympathisanten traten dem Verein unmittelbar vor
der Landesmitgliederversammlung bei, so
dass der HVD Thüringen seine praktische
Tätigkeit nun mit 16 Mitgliedern aus allen
Altersgruppen, neun Männern und sieben
Frauen, aufnehmen kann. Derzeit bestehen
zwei Kreisverbände in Weimar und Jena,
zwei weitere sind in Gera und Südthüringen
im Aufbau.
l
Lutz Renken
Frühjahrstagung des
Regionalverbandes
Weser-Ems gegen
Genitalverstümmelung
Tossens – Zweimal im Jahr kommen Humanisten von Wilhelmshaven bis Osnabrück
zu ihrer Arbeitstagung zusammen. Zum 90.
Jubiläum, am 14./15. März, hatte der Humanistische Regionalverband Weser-Ems die
Referentin Ines Laufer von der TaskForce
zur effektiven Prävention von Genitalverstümmelung in das Nordseebad Tossens
eingeladen. Die Teilnehmer wollten erfahren, was man tun kann, darf und muss, um
von Genitalverstümmelung bedrohte Mädchen zu schützen.
n Die Genitalverstümmelung von Minderjährigen stellt eine schwere Verletzung
des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit dar und ist nach dem Strafrecht
aller Staaten der Europäischen Union eine
Straftat. Die Amputation weiblicher Geschlechtsteile erfolgt meist vor oder während der Pubertät ohne medizinische Indikation, geht oft mit starken Schmerzen
einher und hat fatale körperliche und psychische Schäden zur Folge. Als Legitimation
werden religiöse Traditionen, die Prinzipien
Reinheit und Ästhetik sowie diverse Mythen angeführt.
Die Beschäftigung mit einem uns so
fremd erscheinenden, grausamen Ritual
führt leicht zu einer lähmenden Betroffenheit. Man verdrängt das Thema mit der Begründung, es sei eine kulturell verankerte
und somit vielleicht sogar zu respektierende
Sitte.
Humanisten können derlei kulturrelativistische oder gar rassistische Argumentationen nicht akzeptieren, die Mitgliedern
anderer Kulturen grundlegende Menschenrechte absprechen und schwere Gewaltanwendungen als kulturelle oder religiöse
Tradition rechtfertigen. Wir stehen in der
Verantwortung, solches Unrecht zu verhindern.
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Schutz für Mädchen in Deutschland
In Deutschland sind über 30.000 minderjährige Mädchen von Genitalverstümmelung bedroht. 35 bis 80 Prozent trifft es tatsächlich. In neun von zehn Fällen geschieht
dies im Herkunftsland der Eltern. Daher
fordert die TaskForce vom Gesetzgeber:
– Festlegung der Risikogruppe
– regelmäßige, obligatorische Kontrolluntersuchungen durch Amtsärzte
– gesetzliche ärztliche Meldepflicht bei
drohender und erfolgter Verstümmelung
– generelles Ausreiseverbot für Mädchen
der Risikogruppe in die Heimatländer
der Eltern bis zur Vollendung des 18.
Lebensjahres. Grundlage bilden Gerichtsbeschlüsse (z. B. des BGH), die
das Aufenthaltsbestimmungsrecht der
Eltern einschränken, wenn einem Kind
allein aufgrund einer hohen Verstümmelungsrate im Herkunftsland eines der Elternteile diese schwere Menschenrechtsverletzung droht.
Diese Maßnahmen stehen zwar zum Teil
im Widerspruch zu anderen im Grundge-
setz verankerten Rechten, wie z. B. der Reisefreiheit. Jedoch genießt das Recht auf körperliche Unversehrtheit eindeutig Vorrang.
Derzeit ist die Verhinderung solcher
Menschenrechtsverletzungen auf die Zivilcourage Einzelner angewiesen, die – von
Gewissensbissen geplagt – sich oftmals in
der Rolle eines Denunzianten wähnen. Um
den Bürgern diese Last zu nehmen und die
Einhaltung der Grundrechte zu gewähren,
muss der Staat seiner Schutzfunktion gegenüber Kindern besser nachkommen.
Schutz für Mädchen in betroffenen
Entwicklungsländern
Viele Länder, in denen Genitalverstümmelung weit verbreitet ist, sind Empfänger
staatlicher wie nicht-staatlicher Entwicklungshilfe, die eine nachhaltige Entwicklung in den Nehmerländern fördern soll.
Die Einhaltung fundamentaler Menschenrechte ist in der Praxis keine Voraussetzung
für die Gewährung der Zahlungen. So bleiben mit Gewalt aufrecht erhaltene autoritäre Strukturen, die solche Gesellschaften
maßgeblich in ihrer Entwicklung lähmen,
praktisch unangetastet.
Dies widerspricht den erklärten Zielen
des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ) als auch von vielen Hilfsorganisationen, die zwar damit werben, die Lebenssituation von Patenkindern zu verbessern.
Dabei könnten diese Organisationen ohne
großen Aufwand eine spürbare Verbesserung der Situation durchsetzen: indem sie
nur solche Gemeinschaften unterstützen,
die bereit sind, die Praxis der Genitalverstümmelung aufzugeben und so als gutes
Beispiel auf andere Gemeinschaften ausstrahlen.
Besonnenes, lösungsorientiertes
Vorgehen gefragt
Ines Laufer, Initiatorin der TaskForce zur effektiven Prävention von Genitalverstümmelung:
„Im Gegensatz zu allen bisher diskutierten Ansätzen stellt die TaskForce den Schutz der
Mädchen an die erste Stelle. Ohne wenn und aber. Ich nenne das Konsequenz ...“
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Eine besonnene, undogmatische Beurteilung möglicher Präventionsmaßnahmen
ist unumgänglich, besonders wenn sie mit
anderen Grundrechten konkurrieren. Man
muss ethische Entscheidungen treffen und
verantwortlich handeln. Humanisten stellen sich den emotionalen Widerständen,
sich derart konsequent für den Schutz
einzusetzen. Für sie gibt es keine vorgegebenen dogmatischen Floskeln, in die man
sich flüchten kann. So waren die offenen
und leidenschaftlichen Diskussionen der
Tagung dann auch kein Wunder.
l
Das Mädchenbad nimmt langsam Formen an.
Ronny Vogler
Sanierung des Kinderund Jugendgästehauses
Heiligensee
Berlin – Seit August 2008 ist das Kinder- und Jugendgästehaus Heiligensee in
Trägerschaft des Berliner Verbandes – eine
anspruchsvolle Aufgabe speziell für die
Jungen HumanistInnen.
n Bevor das Haus und das umliegende
Gelände für Kinder- und Jugendfahrten
genutzt werden konnte, galt es alte Ein-
richtungen zu beseitigen, die sanitären
Anlagen zu modernisieren, die Bungalows
zu streichen und Neues an- und aufzubauen. Beim ersten Arbeitseinsatz im Oktober 2008 kämpften die freiwilligen Helfer
noch mit der wild wuchernden Vegetation
und wagten sich an erste dringende Reparaturen in den Sanitärtrakten. An vielen
folgendenWochenenden und Abenden
bekamen die Bäder dann schöne neue
Fliesen.
Zu einem weiteren großen Wochenendeinsatz Anfang März kamen wieder zahlreiche Unterstützer aus dem Verband sowie
dem Freundes- und Bekanntenkreis der
JuHus. Darunter Fliesenprofis und Flex-
künstler, Kabelentwirrer und Pinselschwinger. Tammo Lampe, Koch in Heiligensee,
sorgte für die Versorgung der arbeitenden
Truppe.
Die Räume rochen noch nach frischer
Farbe, als im April die Teilnehmer des Jugendfeier-Camps einzogen.
Inzwischen wurde bestätigt, dass dem
Projekt Heiligensee umfangreiche Mittel
aus dem Konjunkturpaket II zugesprochen
wurden. Damit wird kurzfristig die energetische Sanierung des Hauses vorgenommen
werden können.
Mehr als 1000 Arbeitsstunden leisteten
die freiwilligen Helfer in Heiligensee. Dafür
gebührt ihnen großer Dank.
l
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titel
Jutta Kausch
Es hat sich gelohnt:
Berlin entschied sich für Ethik
n Die Initiative Pro Ethik, die sich schon
seit langem für den gemeinsamen Ethikunterricht einsetzt, machte mobil, suchte
Partner und bildete ein potentes Bündnis,
bestehend aus gesellschaftlichen Organisationen, Initiativen, Verbänden und Parteien,
um das zu stoppen, was sich Pro Reli vorgenommen hatte. Wir vom HVD Berlin
waren sehr intensiv dabei, von der ersten
Minute an, in trauter Eintracht mit der
GEW und den Parteien SPD, LINKE und
später auch den GRÜNEN, und mit Religiösen wie den “Christen Pro Ethik“ oder
der Buddhistischen Gemeinde. Nicht unbedingt alltäglich, diese Koalition!
Es war eine spannende, aufregende, arbeitsreiche und solidarische Zeit von Januar bis Ende April. Und das Gute war: Das
einende Ziel war für alle das Wichtigste,
Einzelinteressen und Eitelkeiten traten in
den Hintergrund: Wir wollten erstens den
gemeinsamen Ethikunterricht erhalten, der
seit drei Jahren ein ordentliches Schulfach in
den Klassen 7 bis 10 ist. Ein wichtiges Fach,
in dem sich alle Schüler zusammen über
Werte, Lebensentwürfe und Weltanschauungsfragen austauschen und verständigen
müssen! Und zweitens wollten wir die Freiwilligkeit des Religions- und Lebenskundeunterrichts sichern.
Gegen die Unwahrheiten („Religion soll
aus den Schulen gedrängt werden!“) und
Schlagworte („Es geht um die Freiheit“) von
Pro Reli, gegen Werbeikonen wie Günter
Jauch und Arne Friedrich mit platten Statements setzten wir in unserer Kampagne Argumente.
Geld gab es zu Beginn kaum, die Parteien
sahen keine großen Möglichkeiten, weil ja
mehrere Wahlkämpfe ins Haus stehen. Die
Initiativen besaßen außer Men- und Womanpower wenig finanzielle Ressourcen, und die
Religiösen hatten sich ja gegen ihre Oberen
gestellt, also war da auch kein Geld zu holen.
Trotzdem konnte eine passable Plakatkampagne gestartet werden, mit gemeinsamem
Logo und im Konsens getroffenen Slogans.
Im Januar war klar: Pro Reli hatte tatsächlich genügend Unterschriften gesammelt, um einen Volksentscheid durchzuführen, der die Wahlpflicht zwischen Ethik und Religion an der
Berliner Schule durchsetzen sollte. Für die Humanisten in Berlin begann eine mühevolle
Kleinarbeit.
Namhafte Interpreten gaben dem Anliegen von Pro Ethik eine Stimme. Die Folk-Band
Miserlou auf der Kundgebung im Tempodrom
Wöchentliche Sitzungen im Kampagnenrat oder im Plenum, auf denen Aufgaben verteilt und Absprachen getroffen wurden, raubten Zeit und gaben Energie. Ein
Büro und ein funktionierender attraktiver
Internetauftritt bildeten das Fundament,
auf dem die Arbeit gedeihen konnte.
Die einzelnen Gruppen organisierten
Diskussionsveranstaltungen, Streitgespräche, druckten Flyer und Spuckis und starteten Umfragen.
Die zwei Hauptaufgaben, die wir vom
HVD in dieser Kampagne übernommen
haben (neben der Dauerpräsenz auf allen
Bündnissitzungen und Lobbyarbeit), waren
die Herstellung einer ausgesprochen charmanten Werbepostkarte, die 60.000 mal
in Berliner Kneipen und Veranstaltungsorten in Umlauf gebracht wurde, sowie die
Durchführung einer gut besuchten Veranstaltung im Tempodrom vier Tage vor der
Wahl.
Lebenskundelehrerinnen verteilten Flyer,
organisierten kreative Infostände, verteilten
über 40.000 Elternbriefe, schrieben Leserbriefe, informierten auf Lehrerversammlungen an den Schulen, bezogen in InternetBlogs Stellung. Kurz: Wir haben uns eingemischt und mächtig gekämpft und das war
gut so! Der Erfolg gab uns Recht.
Nur 14 Prozent der Berliner Wähler
stimmten für Pro Reli. Aber was wir nicht
zu träumen gewagt hatten: wir fuhren mehr
NEIN-Stimmen als JA-Stimmen ein!
Die Analysten werden jetzt spekulieren,
erklären, deuten: Wie war das möglich?
Ich glaube, dass Pro Reli einmal zuviel
das Wort „Freiheit“ benutzt hat, um noch
glaubwürdig zu sein. Und quasi den aktiven
Widerspruch mitprovoziert hat. Also Danke an Pro Reli!
Nein, mal ernsthaft: Danke an alle, die
mitgeholfen haben, zu verhindern, dass
Berlin einen Schritt zurück macht in Richtung Kirchenstaat.
l
Jutta Kausch arbeitet im Lebenskundebereich
der Berliner Humanisten. Sie organisierte die
HVD-Aktionen im Bündnis Pro Ethik.
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titel
Peter Adloff
Berlin hat abgestimmt
n Für Menschen, die nicht aus persönlichen
oder politischen Gründen an Fragen des Religionsunterrichts und des Verhältnisses von
Staat und Kirche interessiert sind, war die
Fragestellung schwierig nachzuvollziehen
und von geringer Bedeutung. Allerdings,
so lässt sich vermuten, wäre die Beteiligung
noch geringer gewesen, wenn nicht in den
Wochen vor der Volksabstimmung die
Kontrahenten, also die Initiative Pro Reli
im Bündnis mit Kirchen und CDU und
FDP einerseits und das breite Bündnis Pro
Ethik andererseits für Aufmerksamkeit und
Aufklärung gesorgt hätten. Letzteres gilt vor
allem für die engagierte Öffentlichkeitsarbeit von Pro Ethik (siehe auch Artikel von J.
Kausch) und zwar gegen die Tendenz vieler
Medien, offen oder unterschwellig für das
Anliegen von Pro Reli zu werben.
Als sich das geringe Interesse in den
letzten Wochen vor der Abstimmung abzeichnete, wurde auch deutlich, dass die
Pro Reli Seite ihr Ziel vermutlich nicht
erreichen würde. Denn nach dem Berliner
Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren
und Volksentscheid muss eine Initiative
nicht nur die Mehrheit der Wähler für sich
gewinnen, sondern diese müssen auch in
absoluten Zahlen mindestens 25 Prozent
der Wahlberechtigten (also 611 422) ausmachen.
Deutliche Mehrheit für Status quo
Im Januar 2009 hatte die Initiative Pro Reli,
die in der Öffentlichkeit als eigenständige
Gruppe agierte, 307 000 Unterschriften für
ihr Anliegen gesammelt. Obwohl es in der
Evangelischen Kirche auch Stimmen gab,
die von der politischen Machtprobe abrieten, setzten die Führungen der christlichen
Kirchen dann durch, mit viel Kirchensteuergeld, Werbeagentur und medialer Unterstützung den Volksentscheid zu ihrer Sache
zu machen. Immerhin haben die beiden
Kirchen in Berlin über 900 000 Kirchensteuerzahler, und vermutlich hat die Füh-
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Ganz Berlin? Für über 70 Prozent der abstimmungsberechtigten Berliner und Berlinerinnen
war die Frage, mit welchem Status Religion an der Berliner Schule unterrichtet wird und ob
Ethik ein verbindliches Fach in der Sekundarstufe I bleibt, kein Grund, sich an der Abstimmung zu beteiligen. Dennoch ist das Ergebnis großartig.
rung auch darauf gesetzt, dass durch den
Zuzug nach Berlin von jährlich etwa 40.000
Menschen, speziell aus den alten Bundesländern, genug Sympathisanten da sind, für die
Religion als „ordentliches Unterrichtsfach“
zur selbstverständlichen Tradition gehört.
Das Ergebnis ist bekannt.
Was dann allerdings doch sehr überraschte, war eine Mehrheit von 51,3 Prozent Nein-Stimmen. Nein zu stimmen hieß
in diesem Fall, für einen Ethikunterricht in
den Klassen 7-10 zu stimmen und für freiwilligen Religionsunterricht in allen Jahrgangsstufen. Insofern war die Abstimmung
keine Absage an Religionsunterricht überhaupt, sondern für ein Unterrichtsmodell,
bei dem Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften die Möglichkeit behalten,
im Rahmen der Schule ein freiwilliges
Angebot zu machen, zugleich aber für die
Altersgruppe, in der Identitätsfragen wichtig sind und massive Abgrenzungen untereinander in den Vordergrund treten, durch
ein gemeinsames Fach zu ethischen Fragen
einer Bedrohung des Zusammenlebens mit
unterrichtlichen Mitteln zu begegnen.
Andere Erwartungen an Kirche
Im Bündnis Pro Ethik waren religiöse und
nichtreligiöse Menschen, gesellschaftliche
Organisationen und Parteien vereint. Das
gemeinsame Ziel und die aktive Toleranz
gegenüber den Unterschieden untereinander machte dieses Bündnis möglich. So
kamen viele zusammen: Christen, die sich
über das herrschaftliche Auftreten der Kirchenführung ärgerten und Bündnisse zwischen „Thron und Altar“ ablehnen, Lesben
und Schwule, die im Fach Ethik die Möglichkeit haben, Unterrichtsprojekte gegen
Homophobie zu initiieren, Parteienvertreter, die der Gefahr von Desintegration
und Parallelgesellschaften entgegenarbeiten
wollen, viele andere und nicht zuletzt der
Humanistische Verband.
Insofern wurde im Bündnis das praktiziert, was auch das Fach Ethik leisten soll:
Unterschiede können bereichern und zugleich sind faire Bündnisse möglich.
In „Wanderungen durch die Mark
Brandenburg“ schreibt Theodor
Fontane: „Sie wissen alles, sie
lassen niemand zu Worte
kommen und unterbrechen jeden.
Die Berliner sind sehr witzig und
haben bis zu einem hohen Grade
die Fähigkeit ausgebildet, die
lächerlichen Seiten einer Sache
herauszufühlen. Vor Gott sind
eigentlich alle Menschen Berliner.“
Nun, nach ihrer Niederlage, behaupten
die Kirchenführungen, eine wichtige Diskussion angestoßen zu haben. In der Tat
sind die in den letzten Monaten öffentlich
diskutierten Fragen wichtig: In welchem
Umfang ist die Schule in der Lage, auf Probleme, die zunächst durch soziale Konflikte,
aber dann auch durch kulturelles Nebeneinander ausgelöst werden, mit ihren Mitteln zu reagieren? Gehören Religionen und
Weltanschauungen zur Zivilgesellschaft, in
der die Grundlagen demokratischen Handelns gelegt werden müssen, und ist eine
Kooperation mit schulischer Werterzie-
hung möglich, ohne die friedensstiftende
Trennung von Staat und Religion zu unterlaufen? Wie kann in einer Einwanderungsgesellschaft die Religionsfreiheit auch
für Menschen nichtchristlicher Religionen
sichergestellt werden, ohne die Sorgen zu
ignorieren, fundamentalistischen Richtungen z.B. im Islam Freiräume zu gewähren,
in denen nicht die Grundwerte des Zusammenlebens, sondern die Verachtung Andersdenkender befördert werden?
Die Behauptung allerdings, dass Pro Reli
und die Kirchenführungen diese Diskussion produktiv initiiert hätten, ist lächerlich. „Mich ärgert“, schreibt der bekannte
Schriftsteller und Rechtsprofessor Bernhard
Schlink, „was Pro Reli macht, weniger als Juristen, denn als Christen. Mich ärgert, dass
meine Kirche politischen Kampf auf diese
Art und Weise führt. Ich erwarte von ihr
etwas anderes. Ich hatte gehofft, die Kirchen
würden für ihr politisches Engagement eine
wahrhaftigere Sprache finden.“
Von Selbstkritik keine Spur
Auch nach dem Abstimmungsergebnis ist
von der Kirchenführung keinerlei Selbstkritik zu hören. Großspurig fordern sie
mehr Einfluss auf die religionskundlichen
Inhalte des Ethikunterrichts. Zwar war von
Anfang an im Curriculum die Empfehlung
zur Kooperation mit Religionen und Weltanschauungen enthalten; das ist aber etwas
ganz anderes als die Behauptung der Kirchenführungen, dass über ihre Religion nur
jemand den Schülern etwas erzählen könne
und dürfe, der selbst gläubig ist.
Unser Berliner Verband war mit seinem
Fach „Humanistische Lebenskunde“ in alle
Auseinandersetzungen involviert; Lebenskunde ist nach evangelischem Religionsunterricht das zweitgrößte freiwillige Angebot
an den Berliner Schulen. Humanistische
Lebenskunde ist nach ihrem Selbstverständnis nichts, was sich erübrigt, wenn es
staatlichen Ethikunterricht gibt, und zieht
seine Existenzberechtigung auch nicht aus
der An- oder Abwesenheit von Religionsunterricht. Der HVD hat sich in den Auseinandersetzungen der letzten Monate mit
einer eigenständigen Position profiliert:
n Dass Humanistische Lebenskunde
schulrechtlich ein Bekenntnisfach ist, heißt
nicht, dass wir mit den anderen Bekenntnisfächern gemeinsame Sache machen, wenn
unsere eigenen Überzeugungen dagegen
stehen. Die klare Unterscheidung zwischen
Schulpflicht und freiwilligen Angeboten
muss für Schüler und Eltern immer deutlich
sein; darüber hinaus sind wir der Überzeugung, dass die Eigenheiten eines „ordentlichen Unterrichtsfachs“ wie z.B. Noten,
Versetzungsrelevanz, verbindliche Stoffpläne usw. für die Behandlung von Sinn- und
Moralfragen nicht förderlich sind. Darum
muss ein freiwilliges Angebot nicht weniger
professionell sein. Die Rahmenlehrpläne
aus Berlin und Brandenburg sind ein Indiz
dafür.
n Der HVD hat als engagierter Bündnispartner viel Ansehen gewonnen als eine gesellschaftliche Gruppe, die einerseits klare
gemeinsame Überzeugungen hat, sich aber
zugleich den Aufgaben, das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen
Überzeugungen zu fördern, stellt. Lebenskundelehrer, die den größten Teil der Aktivitäten des HVD getragen haben, haben
gezeigt, dass ihnen nicht nur das Wohl des
eigenen Fachs am Herzen liegt, sondern
dass sie über den bildungspolitischen Tellerrand gucken – allen Klischees zum Trotz,
dass Lehrer nur an Fragen des Gehalts und
der Ferienregelung interessiert seien.
Die Erfahrungen, die wir in dieser Auseinandersetzung gemacht haben, sind ermutigend. Das Potenzial sollten wir nicht verspielen, indem wir Gläubige zu „folgsamen
Schafen“ und Atheisten zu „den Guten“
erklären.
l
Peter Adloff ist Bildungsreferent bei HVD Berlin.
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Thesen für eine
aufgeklärte
Religionskritik
Das Aufkommen der „Neuen Atheisten“
veränderte die öffentlich wahrnehmbare
Religionskritik: Zum einen erhöhte sich
deren Breitenwirkung leicht, zum anderen
verschärfte sich deren Ton stark. Dazu die
folgenden zwölf Thesen für eine aufgeklärte
Religionskritik und gegen einen selbstgefälligen Atheismus.
1. Eine Auffassung, die Religion lediglich als „Gotteswahn“ (Richard Dawkins)
versteht oder meint, sie „vergiftet alles“
(Christopher Hitchens), kann nicht deren
soziale Bedeutung als Erkenntnis-, Identitäts-, Integrations- oder Orientierungsfaktor begreifen und fällt hinter den Stand der
Religionskritik von Feuerbach, Marx, Darwin und Freud zurück.
2. Die Annahme, „eine Welt ... in der es
keine Religion gibt“, kenne „keinen Krieg
zwischen Israelis und Palästinensern ...
keine ‚Probleme‘ in Nordirland“ (Richard
Dawkins), ignoriert, dass Religion nicht für
alles Elend und Übel der Welt verantwortlich ist und häufig lediglich als ideologischer
Deckmantel für anders motivierte Konflikte
dient.
im angeblichen Namen der Vernunft – auf
die Repressionspraxis eines Staates stützen
darf.
10. Die Behauptung, „Religionsfeindlichkeit und Menschenfreundlichkeit sind
schließlich zwei Seiten der selben Medaille“
(Andreas Müller), verkennt in ihrer Einseitigkeit, dass in der historischen Rückschau
sowohl Atheismus wie Religiosität je nach
historisch-politischer Situation mit Menschenfreundlichkeit wie Verbrechen einhergehen konnten.
11. Atheismus steht für einen negativen
Sammelbegriff, der alle Begründungen für
die Ablehnung von Religion und somit
auch totalitäre Bestrebungen wie den Stalinismus einschließt, wodurch nicht nur aus
demokratischer und menschenrechtlicher
Sicht eine positive Identifikation des säkularen Selbstverständnisses über den Humanismus nötig wird.
12. Die bedeutenden Konfliktlinien verlaufen heute nicht zwischen Atheisten und
Gläubigen, sondern zwischen Demokraten
und Extremisten, Menschenrechtlern und
Unterdrückern – was eine Kooperation
von atheistischen und religiösen Demokraten gegen Fanatiker der unterschiedlichsten Richtungen möglich und notwendig
macht.
l
Diese Thesen wurden am 4. März 2009 im Humanistischen Pressedienst (hpd) veröffentlicht.
ausblicke
einblicke
Armin Pfahl-Traughber
3. Die Behauptung, mit Darwin sei die
Religion erledigt, verkennt zum einen, dass
der sich als Agnostiker verstehende Naturforscher den Deismus für kompatibel mit
seiner Evolutionstheorie hielt, und zum
anderen, dass er eine überaus differenzierte
Auffassung zu Entstehung, Funktion und
Wertschätzung von Religion hatte.
4. Die Deutung, wonach die Religion
„gewalttätig, irrational und intolerant“
(Christopher Hitchens) sei und „die Vernunft und die Intelligenz“ (Michel Onfray)
hasse, verabsolutiert bestimmte Phänomene
in spezifisch historisch-politischen Kontexten zu einem inhaltlichen Zerrbild, das andere und gegenteilige Tendenzen komplett
ignoriert.
5. Der Umgang von Atheisten mit Religiösen sollte von den Prinzipien des Kantschen Kategorischen Imperativs geprägt
sein. Oder: „Wenn Atheisten nicht von
Theisten mit negativen Vorurteilen konfrontiert werden möchten, dann dürfen sie
das auch nicht bei Theisten machen.“ (Michael Shermer)
6. Die Forderung, auch gegenüber den
Gläubigen Toleranz zu üben, schließt keinen Verzicht auf inhaltliche Kritik ein, steht
doch Toleranz als dialektischer Begriff entgegen einer weit verbreiteten Auffassung nicht
für Indifferenz und Relativismus, sondern
für die formale Akzeptanz einer abgelehnten
Position als legitimer Meinung im Rahmen
des Pluralismus.
7. Auch irrige Annahmen sind in einer
offenen Gesellschaft zu dulden, denn: „So
lange die Religion Wissenschaft und Freiheit nicht bedroht, sollten wir respektvoll
und tolerant sein, weil unsere Freiheit, nicht
zu glauben, untrennbar mit der Freiheit anderer, zu glauben, verbunden ist.“ (Michael
Shermer)
8. Demnach können Absolutheitsansprüche und Dogmatismus in Teilbereichen
der Gesellschaft – von der individuellen
Ethik über den religiösen Glauben bis zur
ostentativen Sportbegeisterung – als Ausdruck persönlicher Freiheit geduldet werden, solange sie keinen Anspruch auf die
verbindliche Gestaltung des sozialen Mit­
einanders erheben.
9. In diesem Sinne mag auch ein Atheismus im Namen der Aufklärung öffentlich
und vehement für die Überwindung des religiösen Glaubens eintreten, wobei sich sein
Ansinnen auf die Überzeugungskraft der
Argumente und nicht – wie eine Diktatur
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angesehen
Gernoth Schmidt
Micky Maus ist Mormone
Am 2. April startete der neue Film „Religulous“ von „Borat“-Regisseur Larry
Charles in den deutschen Kinos. Vier Tage
vor dem offiziellen Start präsentierte die
Giordano Bruno Stiftung (gbs) im Berliner
Kino „Babylon“ die „Exklusive Preview“
des satirischen Dokumentarfilms, der in
den USA für Aufregung und volle Kinosäle
gesorgt hat. Unser Autor Gernoth Schmidt
war dabei.
n Es beginnt am Ende, am Weltenende in
Megiddo (Armageddon), dem Ort der letzten Schlacht. Auf diesem heiligen Grund,
an dem schon vor dieser finalen Schlacht alles kaputt ist, steht inmitten antiken Gerölls
ein quirliger vorlauter Mann, der uns auf
seine Pilgerreise in die bunte Glaubenswelt
der Religionen einlädt. Er lächelt und wird
auch fortan lächeln auf all seinen Wegen.
Er ist Komiker. Er wird mit flinker Zunge
sprechen und dabei seine Gesprächspartner
nicht immer ausreden lassen. Er ist Talkmaster.
Wir lernen Bill Maher als einen Mann
auf Mission kennen. Er besucht neben
Stein gewordenen Orten des Glaubens
auch eine mobile Trucker-Kapelle, eine
Cannabis-Kirche – deren zugekiffter Guru
dem Nirvana bereits sehr nahe scheint -,
Holyland, einen biblischen Disneypark,
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in dem (ein sehr attraktiver) Jesus jeden
Tag gekreuzigt wird, nachdem er mit Maria vorher auf einer Bühne getanzt und
gesungen hat, und sogar eine islamische
Schwulenbar in der Diaspora Amsterdams.
Maher outet sich als Skeptiker, als Spross
geliebter abrahamitischer Ökumene (Vater
Katholik, Mutter Jüdin), der vorgibt, den
Glauben verstehen zu wollen. Man wird ja
wohl fragen dürfen, was es mit sprechenden
Schlangen auf sich hat und Menschen, die
in einem Fischleib wie in einem U-Boot
transportiert werden? Indem Maher Religionen beim Wort nimmt und ihren Repräsentanten an sich einfache Fragen stellt,
wird seine Pilgerreise zur Ketzertour und
zur Offenbarung zugleich, die logischerweise mit dem Song „Road To Nowhere“
der Talking Heads endet.
Gefährlicher Unfug
Religulous ist ein Thesenfilm im Geist der
Aufklärung, dessen Titel – ein Wortspiel
aus „religious“ (religiös) und „ridiculous“
(lächerlich) – Programm ist, eine Aufforderung, selbst zu denken und nicht devot
nachzubeten, was immer Autoritäten als
Glaubensgewissheit verkünden. Wobei
auch Maher selbst der Wahrheit nie näher
als in einem seiner ersten Sätze kommt:
„Die Antwort kennen wir nicht!“
Die Fakten: Religionen verkaufen ein
unsichtbares Produkt und verbreiten im
Diesseits Angst vor dem Jenseits. Die sogenannten Gottesbeweise aller Religionen würden vor Gericht keinem einzigen
Kreuzverhör standhalten – im Übrigen
ein Grund für immer wieder neue Abspaltungen, die man auch als Varianten einer
Evolution transzendentaler Bedürfnisse
verstehen kann, die einerseits immer abstraktere und unverbindlichere Konstruktionen hervorbringen, andererseits aber
wie seit vielen tausend Jahren in sklavische
Unterwerfung und gefährlichen Unfug
münden.
Maher bietet vor allem Beispiele für
Letzteres, weil er sich in seiner One-ManShow – präsent in jeder Szene und stets zu
satanischen Kommentaren aufgelegt – auf
Exzesse konzentriert. Offenbar ziehen ihn
und seinen Regisseur Larry Charles („Borat“) Oberflächenreize besonders an. Leider
wird Religulous so zeitweise zu einem Kuriositätenkabinett, bei dem das Kopfschütteln leicht fällt.
Man mag kaum glauben, was Menschen
zu glauben bereit sind, gerade in den USA.
Nirgends in der westlichen Welt scheint Religion noch so einflussreich, blüht religiöser
Eskapismus so fruchtbar. Wir erleben religiös „Erweckte“, die ernsthaft fürchten, Gott
würde in ein anderes Land gehen (!), wenn
wir, die Amerikaner, nicht tun, was ER will.
Für die Mormonen ist Gott zwar nicht amerikanischer Staatsbürger (sie verorten IHN
auf einem Planeten namens Kolob), aber
der Garten Eden hätte sich schon in Gods
own Country, irgendwo in Missouri, und
nicht im Orient befunden. Sie taufen sogar Verstorbene und haben auf diese Weise
beispielsweise Adolf Hitler, Micky Maus
und Johannes Paul II. eingemeindet. Ob
selbsternannter Nachfahre Christi – Jésus
Miranda, der die Kirche „Growing in Grace“ gegründet hat -, ob regelrecht dummer
Gospelprediger, der nicht einmal bibelfest
ist, aber seine Anhänger schamlos auszubeuten versteht, ob sauertöpfisch blickende
Evangelikale, die nicht erkennen lassen, dass
sie die „frohe Botschaft“ froh macht – sie
alle finden ihre Jüngerschar.
Der erklärte Agnostiker Maher macht es
sich einfach, indem er sich mit nicht sehr
argumentationsstarken Vertretern einlässt.
Außer dem bemerkenswerten Jesus-Darsteller in Holyland und zwei freundlichen
katholischen Geistlichen, die bereitwillig in
Mahers Klage über evangelikale Fundamentalisten einstimmen und über Raumfahrt
als zeitgemäßen Aspekt der Missionierung
witzeln (an beiden erkennt man den Wert
einer guten Schulung), vermag ihm niemand rhetorisch Paroli zu bieten. Etwas
mehr Struktur und Analyse hätten eine aufklärerischere Wirkung als der zehnte Gag
auf Kosten überforderter Gesprächspartner,
deren Antworten Maher manchmal gar
nicht erst abwartet. Billige Polemik wie:
„Warum bringen Sie sich nicht um, wenn
es im Himmel so schön ist?“ hätte der Film
nicht nötig; zudem könnte sie von jedem
halbwegs wachen Gläubigen mit Hinweis
auf das Suizidverbot leicht widerlegt werden.
Reise durch Absurdistan
Religulous ist immer dann stark, wenn die
Szenen sich selbst kommentieren, wenn Profanes in das Heilige einbricht, als Staubsauger, der im Felsendom zwischen betenden
Muslimen sein Reinigungswerk verrichtet,
wenn ein Imam inmitten einer prächtigen
Moschee auf eine in einer winzigen Nische
kauernde betuchte Frau weist und gönnerhaft betont, dass „wir für Frauen besondere Ecken haben“ oder wenn sich Juden im
Kaftan an der Klagemauer heftig wippend
scheinbar die Köpfe einschlagen. Manchmal wähnt man sich auf einer Reise durch
Absurdistan, etwa wenn jüdische Tüftler
versuchen, die Sabbatruhe durch technische Tricks zu umgehen, um sie zu bewahren. Im besten Sinne Aufklärung leistet der
Film mit verblüffenden, wenig bekannten
Vergleichen, die Jesu Heilsgeschichte bis ins
Detail als Nacherzählung der Legende des
ägyptischen Hauptgottes Horus erscheinen
lässt und zudem etliche Parallelen zu Mithras und Krishna zeigt. Danach ist nichts
mehr einzigartig, nicht Jungfrauengeburt
noch Bergpredigt, nicht Blindenheilung
noch Überwasserlaufen, nicht Kreuzestod
noch Himmelfahrt. Mit seinen unzähligen
Anspielungen, der wilden, oft entlarvenden
Montage, die viele Schnipsel aus Dokumentationen und Fernsehberichten kompiliert,
ist der Film wie eine Rumpelkammer, die
zum Wühlen anregt und nebenbei Nützliches, Heiteres, Geistreiches und vielleicht
sogar einen Schatz entdecken lässt. Natürlich weiß man danach auch, warum sich
Spott auf Gott reimt.
Schwebende Lamas und verfilzte Sadhus kommen übrigens nicht vor. Der
Film konzentriert sich auf die in Wüsten
geborenen Buchreligionen, das bietet Stoff
genug. Denn die Fragen sind endlos. Ich
wollte immer schon wissen, wieso Gott nur
delirierenden Exzentrikern in der Einöde
erschien und nicht Zehntausenden inmitten einer Veranstaltung im römischen
Kolosseum? Wie viel mehr Wirkung hätte
ER erzielen können, wenn ER einen von
Löwen zerfetzten Gladiator wohl präpariert
auf Himmelfahrt schickte? Wenn es einen
Gott geben sollte, ist ER jedenfalls ein miserabler Dramaturg, der seine Ghostwriter
gegen Shakespeare oder wenigstens Sophokles hätte austauschen sollen.
Plädoyer für den Zweifel
Der Film ist ein packendes Plädoyer für
den Zweifel, weil es der Zweifel ist, der den
Menschen adelt, indem er automatistische
Handlungen (Reflex & Instinkt, Gehorsam
& Glaube) auf eine höhere Erkenntnisebene
führt. Machen wir uns nichts vor. Menschen
glauben ganz unabhängig von Religion an
alles Mögliche, an Systemwetten beim Lotto, probiotische Joghurtkulturen, sogar an
die Einlösung von Wahlversprechen. Auch
wir müssen uns Fragen stellen. Wäre die
Welt ohne Religionen besser? Sicher ist der
Gott des Alten Testaments ein bösartiger
Tyrann, der Genozide und Ökozide verübt – aber der Wahn ist nicht nur zwischen
Buchdeckeln, in weihrauchgeschwängerten
Kathedralen oder staubigen Teppichen der
Moscheen zu Hause, sondern überall dort,
wo Allmachtsphantasien und Absolutheitsansprüche aufblühen, auch in manch sterilem Laboratorium säkularer Wissenschaftler, die im Herzen nur die Maschine sehen.
Findet mensch nicht immer einen Grund
zu lügen, zu plündern, zu schänden und zu
morden? Bleibt ohne höchste, spätestens
beim Jüngsten Gericht strafende Instanz
nicht jede Ethik unverbindliche Handelsware auf dem Markt aktueller Bedürfnisse?
Was Atheisten – jedenfalls solche mit heilsgeschichtlichen Ambitionen – vermögen,
hat das blutgebadete 20. Jahrhundert deutlich gezeigt.
Religulous provoziert, stellt aber entscheidende Fragen und eignet sich gerade
für den Religionsunterricht als Pflichtfilm –
als Gradmesser echter Toleranz. Und sobald
ein geistesverwandter Film aus Iran, Pakistan
oder Saudi-Arabien kommt, dann, aber erst
dann, bin ich bereit auch an die Toleranz des
Islams zu glauben, ja zu glauben.
l
Michael Schmidt-Salomon /
Helge Nyncke
Susi Neunmalklug
erklärt die Evolution
Ein Buch für kleine und
große Besserwisser
40 Seiten, durchgängig vierfarbig
illustriert, gebunden, Euro 13.ISBN 978-3-86569-053-1
Hat uns der „liebe Gott“ erschaffen
oder sind wir ein zufälliges Ergebnis der Evolution? Keine Frage für
Susi Neunmalklug. Denn Susi ist so
schlau wie Superman stark ist und
kann so gut denken, wie Spiderman
klettern kann. Wie andere Superhelden versteckt auch Susi meist
ihre Superkräfte. Nur manchmal,
wenn sie etwas richtig Dummes
hört, kann sie sich einfach nicht
bremsen. So war es auch, als Herr
Hempelmann eines Morgens das
Klassenzimmer betrat und eine
seltsame Geschichte von der Entstehung der Welt erzählte…
Eine witzige, neunmalkluge Einführung in die Evolutionstheorie für
Kinder ab 8 Jahren.
Susi Neunmalklug erklärt die Evolution ist – nach dem „Ferkelbuch“
und der Geschichte vom frechen
Hund – das dritte Gemeinschaftsprojekt des Teams Nyncke/SchmidtSalomon. Wer sich von Charme und
Kompetenz der kleinen Besserwisserin überzeugen will, kann auf der
Webseite www.susi-neunmalklug.de
das Video zum Buch ansehen.
www.alibri.de
2/2009
19
Forum
Gita Neumann
Schmerz und Glaube
Kultursensible Ansätze mit oder ohne Humanismus?
n Die häufigsten Schmerzen im Alter sind
solche am Bewegungsapparat, Nervenschmerzen und Tumorschmerzen. Das Erleben und Empfinden von „aussichtslosem“
Leid berührt eine religiös-weltanschaulich
geprägte Sinn- und Glaubensdimension.
Sie überlappt sich zwar mit psycho-sozialen
sowie ethischen Aspekten, ist mit diesen
aber nicht deckungsgleich. So sehen es
zumindest zeitgenössische Konzepte zur
Leidlinderung. In einigen Veröffentlichungen werden die wichtigsten Religionen und
Weltanschauungen in ihrem Bewältigungspotenzial und Ritus explizit behandelt.
Dabei fällt auf: Der Humanismus kommt
nirgends vor. Zu vermuten ist: Weil seine
Vertreter dies auch gar nicht wollen. Aus
(berechtigter?) Sorge, in die Nähe einer
diffusen, auch dilettantischen Spiritualität
zu geraten? Aus Ignoranz gegenüber ernsthaften philosophischen Ansätzen zu Gemütsruhe, Schmerzvermeidung oder auch
trostspendender Transzendenz? Hier wären
– als dezidiert nicht-religiöse Vertreter – zumindest zwei Namen zu nennen: Epikur
(um 341-270 v.u.Z) und der zeitgenössische
Philosoph Ernst Tugendhat.
Wir leben in einer Zeit, in der neben der geriatrischen die palliative (lindernde) Medizin
zunehmende Bedeutung erlangt. Ein Grund dafür: In den nächsten Jahren nimmt die Anzahl von alten Menschen stark zu. Bei bis zu 75 Prozent dieser Menschen ist andauernder
Schmerz ein häufiges Symptom.
Ethik-Charta betont Menschenrecht auf
Schmerzbefreiung
Chronischer Schmerz bedeutet Probleme
beim Anziehen, Laufen, Treppensteigen,
Einkaufen, Kochen und birgt damit die Gefahr der sozialen Isolation und des Verlustes
der Selbstständigkeit. Bei alten Menschen
ist Schmerzprävalenz bei Heimbewohnern
mit kognitiven Beeinträchtigungen oder
Demenz besonders hoch. Jeder Mensch hat
ein Recht auf angemessene Schmerztherapie, auch Neugeborene, Kinder und einwilligungsunfähige Erwachsene. Dazu hat
die Deutsche Gesellschaft zum Studium des
Schmerzes (DGSS) im Oktober 2007 eine
viel beachtete „Ethik-Charta“ vorgestellt.
Schmerz wird in der modernen Wissenschaft längst nicht mehr klassisch als reine
Empfindungsreaktion auf die Erregung
22
2/2009
schmerzvermittelnder Strukturen definiert.
Vielmehr werden heute die Übergänge zu
seelischem und existenziellem Leid hervorgehoben.
Neben Kapiteln etwa zu „Schmerz
messen“ oder „Umgang mit Sterbenden“
findet sich dort auch ein Unterkapitel zur
„Selbsttötung“. Dieses stellt die diesbezüglichen Richtlinien der Schweizerischen
Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) vor und schließt mit
der Feststellung: „In Deutschland findet
eine konstruktive, öffentliche Diskussion
des Themas Beihilfe zum Suizid nur sehr
zaghaft statt.“
Bewältigungspotenziale in religiösen
und nicht-religiösen Lehren
Neben der Selbstbestimmung wird in der
Ethik-Charta der DGSS dem Komplex
„Schmerz und Religion“ besondere Bedeutung eingeräumt. Betont werden die
positiven Bewältigungs- und Behandlungseffekte des Glaubens. Dort heißt es: „Eine
effektive Schmerz- und Symptomkontrolle
respektiert nicht nur die individuelle Spiritualität des Patienten; sie erkennt zudem in
dem gelebten Glauben des Einzelnen ein
Potenzial, den gewählten, notwendigen Behandlungsweg in seinem Verlauf positiv zu
beeinflussen.“ Es folgt eine diesbezügliche
Darstellung der monotheistischen Weltreligionen (siehe Kasten). Deren traditionelles
Verständnis von Schmerz als Gottesstrafe – auch für kollektive – Sünde scheint
dabei heute völlig ausgeblendet. Doch ist
gerade dies der verbindende Charakterzug zwischen den monotheistischen Religionen. Dies wird besonders deutlich im
Kontrast zu den Lehren von Buddhisten,
Hindus und auch Epikureern – wobei die
nicht-religiöse Lebensphilosophie letzterer
in einschlägigen Publikationen eben nie
aufgeführt wird. Dabei hätte sie einiges beizutragen: Nach Lehre des griechischen Gelehrten Epikur gelten Freiheit von Schmerzen und von Angst sowie die Gemütsruhe
als höchste Güter. Sie sind ein Glück, das
gegen alle äußeren Widrigkeiten erreichbar
sein kann. Weil Epikur das Streben nach
wohlverstandener Lust (gr.: hedone) allem
menschlichen Handelnd zugrundelegt,
stand seine Lehre jahrhundertelang unter
strengster Kirchenkritik.
Im spirituellen Sinn beachtlich ist –
gut 2000 Jahre nach Epikur – der Beitrag
des Philosophen Ernst Tugendhat. Er hat
– als Sprachanalytiker ein Verächter jeden
Pseudotiefsinns – sein letztes Werk dem
Umgang mit Lebensende und hohem Alter (auch dem eigenen) gewidmet. Es geht
ihm um die – durch Reflexion – zurückdrängbare „Egozentrizität“, d. h. um eine zu
gewinnende „Transzendenz“-Haltung, die
sich selbst nicht mehr so wichtig nimmt.
Überwindung von Todesangst und spiritueller Trost können durchaus teuer erkauft
sein: nämlich damit, dass man keine Leidenschaften mehr hat.
Gefragt wie nie: Weltanschauliche
Angebote
In einer Landesdrucksache aus NRW vom
28. April 2009 fordern alle im Parlament
vertretenen Parteien einhellig in den Hospiz-, Alten- und Pflegeeinrichtungen eine
„kultursensible Öffnung“ und die „Weiterentwicklungen der Angebote für Menschen
unterschiedlicher Weltanschauungen und
Lebenseinstellungen“. Ob im Handbuch
der Palliativmedizin, den Finanzierungsrichtlinien für Hospizarbeit oder einer aktuellen Broschüre zur Bestattungskultur: Wer
sich heutzutage Themen wie Schmerzlinde-
rung, Todesfurcht, Wahrheit am Krankenbett, Trost und Trauer widmet, kommt in
Deutschland um eine pluralistische WertePerspektive nicht mehr herum.
Das gilt auch für die jüngsten „Empfehlungen zum Umgang mit Sedierung am
Lebensende“, die im Juni von der Akademie
für Ethik in der Medizin herausgeben wer-
den (neben Medizinern und Theologen hat
eine Vertreterin des Humanistischen Verbandes mitgewirkt). Bei der palliativ oder
auch terminal genannten Sedierung geht es
darum, unerträgliches Leiden – auch seelischer und psychiatrischer Natur! – mit bewusstseinsdämpfenden Mitteln zu lindern,
wenn dies anders nicht mehr möglich ist.
chen. Eine Besonderheit stellt die rituelle
Selbsttötung als „Lohn der Asketen“ dar.
Die Leiden Christi, also der Kreuzestod
Jesu, bilden für die Erlösung im Christentum die wesentliche Voraussetzung. Die
„Ethik-Charta“ ergänzt die christliche
Haltung zur Schmerztherapie wie folgt:
„Das Potenzial der Wissenschaft, mit ihren Mitteln die Situation eines Patienten
zu verbessern, stellt grundsätzlich einen
Segen dar… Dort aber, wo die medizinische Leistungsfähigkeit Grenzen erreicht,
ist es besonders wichtig, den Wunsch des
gläubigen Patienten nach Seelsorge und
Fürbitte zu respektieren... Der Patient
darf, wenn er will, mittels der Möglichkeiten der Medizin eine weitgehende
Schmerzlinderung auch dann beanspruchen, wenn diese mit dem Risiko der Lebensverkürzung verbunden ist. Gemäß
dem Prinzip der ‚doppelten Wirkung’
darf dieses tödliche Risiko unter den gegebenen Umständen hingenommen werden, sofern das Eintreten des Todes nicht
beabsichtigt ist.“
Judentum
Islam
Im alten Testament lautet die Antwort
auf den Sinn des Leides: Leiden ist Gottes
Strafe unserer Sünden wegen, Leiden ist
Chance zu Läuterung und Buße, Leiden
gilt als Prüfung und Glaubenszeugnis.
Laut „Ethik-Charta“ der DGSS wird in
der zeitgenössischen jüdischen Bioethik
die besondere Bedeutung des Patientenwillens hervorgehoben: „Der Patient
übernimmt bei der Entscheidungsfindung
für die anstehende Behandlung eine aktive und verantwortungsbewusste Rolle.
Schmerzen sollen unverzüglich behandelt
werden, und in diesem Zusammenhang
ist der Patient die entscheidende Instanz
hinsichtlich der Frage, wie viel und welch
großen Schmerz er ertragen kann.“
Allah prüft die Gläubigen durch das
Leid. Bei den Sunniten hat das Leid keine Heilsbedeutung. Bei den schiitischen
Passionsspielen können die Gläubigen
jedoch durch ertragenes Leiden Sünden
abbüßen. Die „Ethik-Charta“ erläutert
die „Pflicht eines Gläubigen, sich medizinisch behandeln zu lassen... Erscheint
eine Heilung als nicht möglich, ist es die
vordringliche Aufgabe des behandelnden
Arztes, dem betreffenden Patienten, ohne
hierbei notwendigerweise zu lügen, eine
positive Botschaft zu vermitteln… Ein
früherer Tod darf nur als Nebenfolge der
Schmerzbekämpfung hingenommen werden.“ Voraussetzung hierfür allerdings ist,
dass eine Übereinstimmung mit Familie
und Glaubensgemeinschaft besteht, denn
gemäß der islamischen Ethik ist das Wohlbefinden des Einzelnen nicht isoliert zu
sehen.
Wie halten sie es jeweils mit Leid
und Schmerzbekämpfung?
Buddhismus
Der Buddhismus erklärt die Weltzusammenhänge ohne Glauben an einen Gott
oder mehrere Götter. Er wird daher eher
als philosophische Lebenskunst statt als
Religion angesehen. Bis der Mensch sich
aus seiner Unkenntnis, seinem Nichtwissen, befreit, hält das Karma, also seine Taten, aber auch Gedanken, Absichten und
Sehnsüchte, ihn in seinem Leid gefangen. Völlige Auslöschung der Gier kann
zur Überwindung (Nirvana) führen. Mit
Übungen der Meditation und der Methode der Achtsamkeit kann versucht werden,
eine schmerz- und stressfreie innere Stille
zu erzielen.
Hinduismus
Hindus glauben an eine Vielzahl von
Gottheiten und an Wiedergeburt. Sie
akzeptieren Schmerz als Folge eigener
schuldhafter Taten. Ein schlechtes Karma
lässt sich aufheben, wenn sie durch Leiden
hindurchgehen oder es sogar in ekstatischen Schmerzprozessionen freiwillig su-
Das Problem: Der vorweggenommene soziale Tod vor dem biologischen.
In einem Entwurf zu diesen Empfehlungen heißt es: „Es ist damit zu rechnen, dass
sich eine allgemeine Haltung dahingehend
verstärkt, eine vermeintlich legitime Angebotsmöglichkeit des ‚schmerzlosen Sterbens
im Schlaf’ für sich in Anspruch zu nehmen.
Christentum
Im Christentum gibt es Leiden als Strafe,
als Märtyrererfahrung und als Mitleiden.
2/2009
23
Womöglich wird sogar als vermeintliches
Recht von den Ärzten verlangt, in suizidaler Absicht unter Sedierung mit dem Essen und Trinken aufhören zu können.“ Ein
Korrektiv gegen solche Zumutung könnte
„die unverzichtbare Auseinandersetzung
auch mit den existenziellen, spirituellen und
religiösen Aspekten sein, die jeder Einzelne
im Rahmen seiner selbstverantwortlichen
Lebensführung zu leisten hat.“
Das Hospizkonzept geht ganz selbstverständlich von „vier Säulen“ (medizinisch,
pflegerisch, psycho-sozial und spirituell)
aus. An der Universität Köln ist 2008 ein
palliativmedizinisches Forschungsprojekt
angelaufen zur „Validierung eines deutschsprachigen Instruments zur Messung eines
gesteigerten Todeswunsches“. Als Teilziel
wird dabei genannt: Genaue Erfassung
spiritueller Bedürfnisse und Ressourcen
Schwerkranker und Sterbender anhand von
Fallanalysen zu Sinndeutungssystemen und
Lebensstrategien. Es soll dabei um eine anthropologische „Grundidee des Humanen“
24
2/2009
gehen, um Kategorien wie Hilflosigkeit,
Grenzerfahrung, Leid, Erlösung, Scheitern,
Erduldung, Freiheit, Transzendenz, Angst,
Hoffnung, Todesfurcht.
Greift das Humanistische
Selbstverständnis zu kurz?
Die einschlägige Stelle im „Humanistischen
Selbstverständnis“ lautet: „Humanistinnen
und Humanisten wenden sich dagegen,
Leid zu verklären und treten ein für das
Recht auf Leidminderung und auf Hilfe
zu einem selbst bestimmten Sterben. (...)
Menschen [können] mit schmerzhaften,
zum Teil unlösbaren Problemen zu leben
lernen, ohne in Resignation zu verfallen...
Der Angst vor Sinnleere und Bedeutungslosigkeit des individuellen Lebens kann durch
ein bewusst humanes Leben begegnet werden. Auch verdrängte Ängste und Wünsche
können individuell und gemeinschaftlich
bearbeitet werden.“
Dies würde wohl erlauben, auch den
Humanismus zumindest in die Reihe der
relevanten Religionen und Weltanschauungen einzureihen (zumal er darüber hinaus
medizin- und bioethisch Spezifisches beizutragen hat). Allerdings: Die hinter dem
Selbstverständnis durchscheinende Haltung deutet nicht eben auf die Bereitschaft
hin, das Phänomen Todesfurcht oder Todeswunsch zusammen mit einem kranken
Menschen geduldig auszuhalten. Oder das
Thema kultur- und geisteswissenschaftlich
auszuloten. Vielmehr hört es sich so an, als
möchte man lieber auf Rezepte zurückgreifen, ohne den Boden unter den Füßen zu
verlieren. Dabei kann es bei der spirituellen
Begleitung gerade darum gehen: Um das
Zulassen oder gar aktive Befördern von Fragen, worauf sich Zweifel, Versagensangst,
existenzielles Leid überhaupt beziehen. Und
um die Frage nach dem ewig unbeantwortbar bleibenden „Warum?“
Dies scheint dem Humanistischen Selbstverständnis zumindest in der vorliegenden
Fassung eher fremd zu sein. Förderlich wäre
ein Blick in die hospizliche Praxis des Humanistischen Verbandes (was die dort von
den Krankenkassen eingeforderte spirituelle
bzw. „humanistisch-seelsorgerische“ Begleitung betrifft). Im jetzigen humanistischen
Selbstverständnis bedient man sich einer
Sprache, die besonders geeignet ist, um
gesellschafts- und globalpolitische Denkkategorien und rational-ethische Urteilskriterien zu transportieren. Ob das aber für eine
Weltanschauungsgemeinschaft reicht – sofern sie sich überhaupt zu ihrem positiven
„spirituellen Potenzial“ bekennen möchte?
Das Menschenrecht auf Schmerztherapie
und wertorientierte Selbstbestimmung, das
zeigt die Ethik-Charta der DGSS, ist zumindest auch von einer Position aus einzufordern, die sich für dezidiert weltanschaulich neutral ausgibt.
l
Humanistische Bestattungskultur
Geschichte und Perspektiven weltlichen
Abschiednehmens
Konferenz
12. bis 13. Juni 2009 in Hannover
Das Thesenpapier von Dr. Horst
­Groschopp zum Thema der Konferenz
kann heruntergeladen werden unter
www.humanismus.de.
Informationen und Anmeldung:
Humanistische Akademie Niedersachsen, c/o Ulrike Döhrel-Janßen
Sollingstraße 49, 37081 Göttingen
Tel. 0551 96574
Forum
Thomas Junker
Die evolutionäre Logik der
Selbstmordattentate
n Auf den ersten Blick scheinen die Selbstmordattentäter in ihrer Rücksichtslosigkeit
und Brutalität aus einer fremden Welt zu
stammen. Entsprechend weit verbreitet ist
die Überzeugung, dass es sich um psychopathologische, kriminelle oder irrationale
Aktionen handelt, die Ausdruck eines nur
für Religionen charakteristischen Fanatismus sind. Auch das in den Medien gerne
verwendete Schlagwort vom „islamistischen
Terror“ suggeriert diese Sichtweise. Die Tatsachen sprechen aber eine andere Sprache:
So verübten beispielsweise die hinduistischen Tamil Tigers, die im Norden von
Sri Lanka für einen eigenen Staat kämpfen,
in den 1990er-Jahren rund die Hälfte aller
weltweit bekannt gewordenen Selbstmordattentate. Diese Aktionen erfuhren aber im
Westen weniger Aufmerksamkeit, da die
USA oder europäische Staaten nicht direkt
in den Konflikt verwickelt waren und deshalb auch nicht zur Zielscheibe der Attentäter wurden.
Verübt von den Schwächeren
Bis auf wenige Ausnahmen werden Selbstmordattentate nicht von isolierten Einzeltätern begangen, sondern sie stellen eine militärische Option dar, die in längerfristigen
Guerillakriegen zum Einsatz kommt. Und
sie werden nur von der jeweils schwächeren Seite verübt. Der extreme persönliche
Einsatz soll dabei den Mangel an moderner
Waffentechnik ausgleichen. Bei den Konflikten, in denen Selbstmordattentate als
Waffe dienen, handelt es sich ohne Ausnahme um nationale Befreiungsbewegungen
gegen eine fremde militärische Besatzung
und/oder gegen die eigene Regierung, wenn
in der Bevölkerung der Eindruck besteht,
dass diese fremden Interessen dient.
Nationale Befreiungsbewegungen greifen
aber in der Regel nur dann zu dem extremen
Mittel des Selbstmordattentats, wenn große
kulturelle, vor allem religiöse Unterschiede
Selbstmordattentate haben eine lange Tradition und eine neuere Geschichte. Ihre Erklärung
durch das Prinzip der natürlichen Auslese scheint zunächst ein Widerspruch zu sein. Dass
es sich hier tatsächlich um einen biologischen Denkfehler handelt, wies der Autor als Referent auf der Tagung des Nürnberger Hands-on-Museum turmdersinne „Die Fruchtbarkeit
der Evolution – Humanismus zwischen Zufall und Notwendigkeit“ nach.
zu den Besatzungstruppen bestehen. Der
entscheidende Faktor ist nicht die spezielle
Religion an sich – beispielsweise der Islam
–, sondern unterschiedliche religiöse Traditionen zwischen den Konfliktparteien. Offensichtlich lassen historische oder aktuelle
religiöse Unterschiede eine fremde Militärmacht als besonders unerträglich erscheinen. Die Selbstmordattentate entstehen also
nicht in erster Linie aus religiösem Fundamentalismus, sondern sie sind ein Ausdruck
der asymmetrischen Kolonialkriege der Gegenwart.
Inwiefern kann nun die Evolutionsbiologie etwas zum Verständnis der modernen
Selbstmordattentate beitragen? Wie bei
jeder anderen Verhaltensweise kommt es
darauf an, zum einen die Umweltbedingungen zu beachten, unter denen sie auftritt.
Ebenso wichtig aber ist es, die ererbten Anlagen in Betracht zu ziehen, die wesentlich
mitbestimmen, wie ein Mensch seine Erfahrungen verarbeitet und in Handlungen
umsetzt. Nach der Darwinschen Selektionstheorie existieren Lebewesen letztlich nur,
um das Überleben und die Verbreitung ihrer Gene sicherzustellen, was normalerweise
durch die Fortpflanzung erreicht wird. Auf
den ersten Blick sind Selbstmordattentate
also nicht mit der natürlichen Auslese erklärbar. Denn dies würde ja bedeuten, dass
ein Individuum seine Fortpflanzungschancen dadurch verbessert, dass es sich nicht
fortpflanzt. Entsprechende Gene dürfte es
– von seltenen Neumutationen abgesehen
– also gar nicht geben. Tatsächlich handelt
es sich aber um einen scheinbaren Widerspruch und um einen biologisch bedingten Denkfehler. Wie die meisten Säugetiere
sind Menschen in erster Linie darauf programmiert, eigene Kinder zu bekommen,
und so übersieht man leicht, dass dies nur
eine von verschiedenen Möglichkeiten ist,
wie ein Organismus seine Gene verbreiten
kann.
Aufopferung für die Gruppe
Wie sorgt beispielsweise eine sterile Arbeiterin bei den Ameisen für die Verbreitung
ihrer Gene? Die Antwort ist, dass der reproduktive Erfolg eines Individuums sowohl davon abhängt, wie viel Nachwuchs
es selbst produziert, als auch davon, wie viel
seine Verwandten hervorbringen. Der entscheidende Punkt ist, dass ein Mensch nicht
selbst Kinder zeugen oder austragen muss,
da seine Gene auch in seinen Verwandten
vorhanden sind und zwar umso mehr, je
enger die Verwandtschaft ist. Im Prinzip
ist diese indirekte Form der Fortpflanzung
eine mögliche Strategie aller Lebewesen, sie
führt aber nur dann zur Selbstaufopferung,
wenn die Individuen in sozialen Verbänden
mit ihren engsten Verwandten zusammenleben und diese als solche erkennen. Und
sie führt zu Begleiterscheinungen, die auch
für menschliche Selbstmordattentäter charakteristisch sind: zur Aufopferung der
(sterilen) Individuen für die Gruppe und
zu erhöhter Aggressivität nach außen. Die
biologische Erklärung von Altruismus und
Selbstaufopferung ist in sich schlüssig und
wird durch eine ganze Reihe von Beobachtungen bestätigt. Und doch scheint sie für
das Verständnis der modernen Selbstmordattentate kaum geeignet. Die Strategie der
indirekten Fortpflanzung beruht ja darauf,
dass ein Individuum seine Verwandten bei
2/2009
25
deren Reproduktion unterstützt. Die Selbstmordattentäter opfern sich aber nach ihrem
Selbstverständnis für Nationen, für religiöse
und politische Organisationen oder für die
ganze Menschheit auf. Bedeutet dies, dass
die evolutionäre Erklärung an ihre Grenzen
stößt? – Nicht unbedingt, aber zwei wichtige Punkte müssen noch geklärt werden.
1) Inwiefern profitieren die Familien der
Attentäter von deren Tod? Aus dem palästinensisch-israelischen Konflikt ist bekannt,
dass die Familien von den ausführenden
Organisationen und aus Spenden ganz beträchtliche Zuwendungen erhalten. Auf der
anderen Seite zerstört die israelische Armee
systematisch ihre Häuser. Beide Konfliktparteien erkennen also dadurch, dass sie die
Familien in positive oder negative „Sippenhaft“ nehmen, die biologische Logik an.
2) Woran erkennt ein Individuum seine
Verwandten? Der biologischen Forschung
zufolge gehen Menschen instinktiv von genetischer Übereinstimmung aus, wenn sie
folgende Situationen bzw. Merkmale antreffen: a) räumliche Nähe und persönliche
Vertrautheit, b) Ähnlichkeit, c) an die FaAnzeige
26
2/2009
milie erinnernde Gruppenstrukturen und
d) vielfältige Zeichen, die Verwandtschaft
symbolisieren. Wenn eine Organisation ihre
Mitglieder also zur Selbstaufopferung bewegen will, wird sie versuchen, diese Hinweise
zu imitieren. Auf diese Weise wird es möglich, das nur im engsten Verwandtschaftskreis biologisch sinnvolle Verhalten auch in
Gruppen aus nicht-verwandten Individuen
abzurufen.
Hochrisiko-Strategie
Wie gut dieser Mechanismus funktioniert
und wie vergleichsweise leicht es ist, Menschen auf diese Weise zur Identifikation mit
einer Gruppe zu bewegen, kann man an
Sportvereinen, Armeen, Firmen, Parteien,
Staaten („Landesvater“) und Religionsgemeinschaften sehen. In diesen Verbänden
werden dem Einzelnen oft beträchtliche
Opfer für eine Gruppe aus nicht-verwandten Personen abverlangt, was durch die Herstellung einer Pseudofamilie erreicht wird.
Darwins Selektionstheorie ist also nicht
nur in der Lage zu erklären, warum und
unter welchen Bedingungen sich Individu-
en als Selbstmordattentäter oder Märtyrer
für ihre Verwandten aufopfern, sondern sie
zeigt auch, wie es zu biologisch kontraproduktivem Verhalten kommen kann – durch
Manipulation der Verwandtenerkennung
in Pseudofamilien.
In der Literatur stößt man häufig auf die
These, dass Menschen durch individuelle
Belohnungen zu diesen Aktionen motiviert
werden. Besonderer Beliebtheit erfreuen
sich in diesem Zusammenhang die blumigen Ausführungen im Koran. Die Märtyrer für den Islam, so heißt es dort, gehen
unmittelbar nach ihrem Tod ins Paradies
ein: Die Märtyrer werden in „wonnevollen Gärten“ wohnen „und Jungfrauen mit
großen schwarzen Augen, gleich Perlen, die
noch in ihren Muscheln verborgen sind, bekommen sie als Lohn ihres Tuns“ (Sure 56,
Verse 12-25). Meist werden diese reichlich
phantastischen Vorstellungen im Westen
mit Spott bedacht, aber analoge Versprechungen finden sich auch in den christlichen Religionen und sollen auch hier die
Gläubigen mit der Selbstaufopferung versöhnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese
Versprechungen tatsächlich eintreffen, mag
eher gering einzuschätzen sein, aus Sicht eines Gläubigen ist sie aber wohl größer als
Null. Insofern kann man ihr Verhalten als
Hochrisiko-Strategie beschreiben. Welchen
Vorteil hat ein Lebewesen davon, hohe Risiken einzugehen? Auf den ersten Blick sollte
man vermuten, dass es sinnvoller ist, unnötige Risiken möglichst zu vermeiden und
in den meisten Situationen tun Tiere dies
auch. Es gibt aber interessante Ausnahmen
von dieser Regel – die sexuellen Signale. So
locken die Männchen vieler Tierarten mit
lautem Gesang, bunten Farben oder auffälligen Präsentationen nicht nur die Weibchen, sondern auch Raubtiere an.
Unter den Bedingungen der Zivilisation laufen die biologischen Tendenzen zur
Selbstaufopferung für Verwandte und zu
Hochrisiko-Verhalten nun vielfach ins Leere und werden von religiösen oder anderen
Organisationen ausgenutzt. Indem diese
sich als Pseudofamilien präsentieren, ist es
möglich, Individuen zu einem Verhalten
zu bewegen, das ihren Überlebens- und
Fortpflanzungsinteressen objektiv schadet.
Dies gilt aber nicht für die ausführenden
Organisationen; für diese kann es sich um
eine erfolgversprechende und rationale
Kriegsstrategie handeln. Wie auch immer
man Selbstmordattentate bewertet, eines
ist deutlich: Es handelt sich um eine Verhaltensweise, die in der biologischen Natur
der Menschen angelegt ist. Es erfordert aber
außergewöhnliche Umstände, damit die
psychische Disposition aller Menschen zu
sozialem Verhalten sich bis zu diesem Ausmaß an Selbstaufopferung und Aggression
steigert.
bei der Verteidigung ihrer Verwandten bis
zum Selbstmord. Nichtsdestoweniger sind
Menschen in erster Linie Säugetiere und
dieses evolutionäre Erbe hat zur Folge, dass
sie die eigene Fortpflanzung und damit das
persönliche Überleben und Wohlergehen
bevorzugen. Dies erklärt, warum wir bei bedingungslosen Akten der Aufopferung für
die Familie und ihre modernen Surrogate
mit instinktivem Grauen und Abscheu auf
die damit einhergehende Auslöschung des
Individuums reagieren.
Menschen sind altruistisch genug, um
von militärischem Heldenmut, von Selbstmordattentaten und Märtyrertoden fasziniert zu sein, aber sie sind egoistisch genug,
um die Schattenseiten dieser Aktionen zu
sehen und sie tolerieren sie nur unter außergewöhnlichen Umständen. Die Religionen
erzeugen dieses Verhalten mit ihren Paradies-Versprechungen nicht, aber sie nutzen
die Macht der Phantasie und des Wunschdenkens und sie vertrauen auf die Unmöglichkeit, sich den eigenen Tod vorzustellen.
Auf der anderen Seite verringern Aufklärung und eine attraktive säkulare Alternative die Bereitschaft zur Selbstzerstörung.
Der Effekt lässt sich in Europa beobachten,
wo die Religion viel von ihrem Einfluss auf
die Menschen verloren hat; nicht weil ihre
Versprechungen und Drohungen geringer
geworden sind, sondern weil sie nicht mehr
geglaubt werden. Dieser kulturelle Fortschritt ist in erster Linie eine Folge der verbesserten Lebensqualität (und kann mit ihr
wieder verschwinden). Steigen die Chancen
auf ein erfülltes Leben im Diesseits, dann
verliert die extreme Hochrisiko-Strategie
der Selbstmordattentäter und Märtyrer
viel von ihrer Attraktivität. Ihr instinktiver,
biologischer Anteil wiederum lässt sich in
den immer noch gefährlichen, aber in ihren
gesellschaftlichen Kosten akzeptablen Risikosportarten ausleben. l
Prof. Dr. Thomas Junker lehrt Geschichte der
Biowissenschaften an den Universitäten Tübingen und Göttingen.
Verändert und gekürzt nach
dem Kapitel „Helden und
Terroristen“ in: Thomas Junker & Sabine Paul. Der Darwin-Code: Die Evolution erklärt unser Leben. München:
C. H. Beck Verlag, 2009
Religionen nutzen die Macht der
Phantasie
Wir betrachten Selbstmordattentate heute
meist mit einer eigenartigen Ambivalenz
aus Grauen und Faszination. Der Sinneswandel der letzten Jahrzehnte, weg von der
Bewunderung der Helden, hin zur Verdammung der Terroristen, hat viel damit zu tun,
dass wir in den modernen asymmetrischen
Kriegen die potenziellen Opfer dieser Täter
sind und nicht von ihrem Einsatz profitieren. Die Ambivalenz hat aber auch eine biologische Basis: Menschen ähneln in vielen
Aspekten ihres Soziallebens den Ameisen
und anderen sozialen Insekten. Wie jene
führen sie Kriege, versklaven fremde Völker, domestizieren andere Tiere und gehen
2/2009
27
Magazin
Elke Gensler
Unglaube ist der erste Schritt
zur Lebensweisheit
n In ihren zahlreichen Schriften sowie in
den spärlichen biografischen Notizen begegne ich einer klugen und engagierten
Frau, die heute leider in Vergessenheit geraten ist. So sehr in Vergessenheit geraten, dass
es keine neuere Literatur über sie gibt. Ich
selber bin durch eine autobiografische Notiz
in der Broschüre „ frei denkend selbstbestimmt – 22 Portraits freigeistiger Frauen“
(HVD Berlin 2007) auf sie aufmerksam geworden: darin ein Nachdruck aus den „Freidenker Biografien“ aus dem Jahr 1922, gesammelt von dem linken Sozialdemokraten
und Freidenker Konrad Beißwanger.
Mich interessiert weniger ihre literarische Bedeutung als vielmehr ihr freigeistiges Engagement, das sie bis in die USA
gebracht hat. Hier war sie eine hoch gelobte
Rednerin; sie publizierte im deutsch-amerikanischen „Freidenker“ und ihre Vorträge
wurden in einer Sammlung im Jahr 1889 in
Milwaukee/Wisconsin veröffentlicht.
Erste Jahre
Ihr Vater, der Arzt Dr. Henrich, ist zwar
ein Freigeist, dennoch lässt er die Tochter
im katholischen Mainz in diesem Glauben
erziehen. Sie wird später von einer sehr
„frommen Kindheit“ sprechen. Die Mutter Albertine Henrich, Tochter eines protestantischen Pfarrers, schriftstellert unter
dem Pseudonym Paul Stein. Sie schreibt
historische Romane über Johannes Gutenberg und über den letzten „Churfürst von
Mainz“.
Hedwig Henrich verfasst schon in ihrer
Jugend Dramen und Lustspiele. Ihr erstes
dramatisches Werk „Virginia“ wird zuerst in
Mainz, später auf anderen Bühnen mit Erfolg aufgeführt. In ihrer Heimatstadt wird
sie bald „zu der bekanntesten und aufgesuchtesten Persönlichkeit“ (Pataky, S.335).
Mit 20 Jahren heiratet sie den Kaufmann,
Fabrikanten und späteren Konsul Ferdi-
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2/2009
Hedwig Henrich-Wilhelmi – geboren 1833 in Mainz, gestorben 1910 in Wiesbaden. Dazwischen liegen 77 turbulente Jahre als Schriftstellerin, Dichterin, Freidenkerin, Frauenrechtlerin und Sozialistin. Zu ihrer Zeit keine unbekannte Autorin – werden ihre Dramen und
Lustspiele doch auf diversen Bühnen aufgeführt.
Johannes Ronge
nand Wilhelmi und zieht mit ihm ins pfälzische Schriesheim. Nach wirtschaftlichem
Misserfolg zieht das Ehepaar nach Spanien.
In der andalusischen Hauptstadt Granada
erwirbt Ferdinand Wilhelmi eine neue Existenz. Die beiden Kinder Berta und Louis
werden von Hedwig Henrich-Wilhelmi anfangs selber erzogen, später wird ein deutscher Hauslehrer angestellt. Die Wilhelmis
unterhalten ein offenes Haus: In ihren Salon lädt Hedwig Henrich-Wilhemi spanische Dichter und Gelehrte ein. Sie übersetzt
spanische Autoren ins Deutsche.
Wegweisende Bekanntschaften
Aus unbekannten Gründen verlässt sie
1866 Spanien und zieht nach Stuttgart, wo
sie den Freidenker, Sozialisten und Schriftsteller Dr. Albert Dulk (1819-1884) trifft.
Dulk erlebte bei der Gründungsversammlung der Deutsch-katholischen Gemeinde
Leipzig sowohl Johannes Ronge als auch
Robert Blum. Neben Blum hält er bei der
Bestattung der Opfer der Leipziger Volkskrawalle eine Rede, wird deswegen 1846
ausgewiesen, verbringt ein turbulentes Le-
Albert Dulk
ben mit mehreren Frauen, stellt sich für die
SPD als Reichstagskandidat zur Verfügung,
wird 1878 wegen Volksverhetzung und
Gotteslästerung verhaftet und gilt fortan bei
den Sozialdemokraten als Märtyrer. 1882
gründet er in Stuttgart die erste deutsche
Freidenkergemeinde.
Albert Dulk macht Hedwig HenrichWilhelmi mit Freidenkern bekannt und sie
taucht ein in einen Kreis freisinniger und
demokratischer Schwaben. Zu diesen zählen der Schriftsteller, Journalist und Revolutionär Ludwig Pfau (1821-1894) und der
Publizist und Schriftsteller Hermann Kurz
(1813-1873).
Nach Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1870/71 geht Henrich-Wilhelmi nach Genf, wo sie den Republikaner
Johann Philipp Becker (1809-1886) trifft.
Der Pfälzer wurde bereits 1830 politisch
aktiv, hielt eine radikale Rede beim „Hambacher Fest“, nahm am badischen Aufstand teil und ging nach Niederschlagung
der 1848/49er Revolution in die Schweiz,
wo er sich sozialistischen Ideen annäherte. So kam er in Kontakt mit Marx und
Engels, mit denen sich eine Freundschaft
entwickelte. Er war führendes Mitglied der
1. Internationale (1865) und Teilnehmer
des Gründungskongresses der SPD in Eisenach.
All diese Bekanntschaften machen aus
Henrich-Wilhelmi eine Anhängerin sozialpolitischen Engagements. Ihr Leben ändert
sich radikal: die bürgerliche „Frau Konsul“
interessiert sich für die soziale Frage, für den
wissenschaftlichen Materialismus, stellt Fragen an Religion und herrschende Moral. Sie
entdeckt die Notlage der Arbeiterinnen und
setzt sich mutig für die Gleichberechtigung
der Frau ein. Sie begrüßt die gerade entstehende Frauenbewegung mit den Worten:
„Ebenso dürfen und müssen wir auch die
Frauenbewegung unserer Tage als Vorbote
einer im Sturme heranbrausenden neuen
Zeit begrüßen – einer Zeit, in welcher der
Unterschied der Geschlechter für die Beteiligung am Staats- und Gemeindeleben ein
ebenso emphemer sein wird, wie dies heute
zwischen Schwarzen und Weißen, Juden
und Christen der Fall ist.“ (Vortragssammlung, S. 107)
2/2009
29
Hermann Kurz
Vortragstätigkeit, Kritik und
Inhaftierung
Es war wohl vor allem Albert Dulk, der sie
ermutigte, ihr rednerisches Talent zu nutzen, um über Freidenkertum und Frauenemanzipation aufzuklären. Zunächst tritt
sie vor Freidenkervereinen auf, später wird
sie auch von Arbeitervereinen als Rednerin
eingeladen. Ihre Vortragstätigkeit führt sie
bis nach Amerika, wo sie innerhalb kurzer
Zeit eine bekannte und beliebte Rednerin
ist, eine „geistreiche und hochbegabte Dolmetscherin der neuen Weltanschauung“
wie es im Vorwort ihrer Vortragssammlung
heißt. Wieder zurück in Deutschland, wird
sie mit dem Sozialistengesetz konfrontiert.
Dennoch tritt sie in überfüllten Sälen auf.
Die Zuhörer strömen zu ihren Veranstaltungen. In Berlin legt ihr Adolf Stöcker
Steine in den Weg. Der Hofprediger des
Kaisers am Berliner Dom machte den Antisemitismus populär und versuchte, das
bestehende Bündnis zwischen Sozialdemokraten und Arbeiterschaft zu zerstören.
Henrich-Wilhelmi greift er als „Predigerin
des Unglaubens“ an und macht ihr besonders zum Vorwurf, dass sie Frauen aufhetze, „Religion, Kirche und den lieben Gott
zu schmähen“. Schließlich erreicht er, dass
Henrich-Wilhelmi nicht weiter in Berlin
auftreten kann.
Erneut in den USA hat sie leider Pech und
bricht sich den Fuß. Durch eine missglückte
Operation hat sie von nun an lebenslang
orthopädische Probleme. Trotzdem setzt sie
ihre Vortragstätigkeit fort, bereist Deutsch-
30
2/2009
land, Österreich und die Schweiz – weiterhin kritisch beäugt von Geistlichkeit und
Polizei.
Die freidenkerische Zeitschrift „Menschenthum – Sonntagsblatt für Freidenker“
wirbt 1886 für ihre Vorträge im Rheinland,
Thüringen, Sachsen und Preußen. Das
Spektrum ihrer Vorträge reicht von naturwissenschaftlichen, pädagogischen, sozialen, philosophischen bis hin zu historischen
Themen. Sie redet als Frauenrechtlerin,
Freidenkerin und Sozialistin. Im gemäßigten Freidenkerorgan „Menschenthum“ allerdings begegnet man ihren sozialdemokratisch gefärbten Forderungen zurückhaltend.
In der Ausgabe Nr.36/1889 etwa belehrt die
Zeitschrift die Rednerin, die gerade einen
Vortrag über „Die Verhältnisse des Freidenkerthums zur sozialen Frage“ in Mannheim
gehalten hat: „Mit Recht wies die Rednerin
darauf hin, dass das Freidenkerthum sich
freundlich zu den Bestrebungen der Arbeiter stellen müsse, sich ein menschenwürdigeres Dasein zu schaffen. Aber die Lösung
der sozialen Frage kann nicht durch die
Schlagworte einer bestimmten politischen
Partei erfolgen, sondern muss durch a l l e
Parteien bewerkstelligt werden, die es wohl
mit ihren minder begüterten Mitmenschen
meinen. Die soziale Frage ist – das mag sich
die geschätzte Rednerin ein für alle Mal gesagt sein lassen – keine Partei- sondern eine
Kulturfrage.“
Henrich-Wilhelmis Grundgedanke ist
jeweils das Beharren auf der Vernunft als
Grundlage der Humanität. In ihrer Religi-
onskritik macht sie sich ein Wort Diderots
zu eigen („Unglaube ist der erste Schritt
zur Lebensweisheit“) und gerät prompt in
Konflikt mit dem Strafgesetzbuch. Aufgrund des berüchtigten § 166 („Gotteslästerungsparagraf“) wird sie zunächst wie ein
Schwerverbrecher per Steckbrief gesucht,
um dann in einem Münchner Restaurant
vom Platz weg verhaftet zu werden. Allerdings wird sie schnell wieder auf freien Fuß
gesetzt. In weiteren deutschen Städten enden die Prozesse ebenfalls mit Freispruch.
In Hagen allerdings wird sie zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, ohne dass man
sie drängt, die Strafe anzutreten. In einem
Vortrag „Der Begriff der Gotteslästerung“,
gehalten in der Freireligiösen Gemeinde
Berlin am 8. März 1891, erklärt sie die Umstände der Verurteilung und übergibt die
Akte der Öffentlichkeit. Erst einige Monate
später tritt sie die Strafe an und geht in das
Gefängnis.
Kurz nach dem Gefängnisaufenthalt in
Hechingen – sie konnte sich den Ort selbst
aussuchen – nimmt sie ihre Vortragstätigkeit
wieder auf. Als begehrte Rednerin mietet ihr
der Freidenkerverein Köln den berühmten
Gürzenichsaal. 5000 Karten sind bereits
verkauft, als die Stadtväter es mit der Angst
zu tun bekommen: Unter dem Vorwand, es
handele sich um eine sozialdemokratische
Versammlung, wird den Freidenkern der
Saal gekündigt, so dass der Vortrag nicht
stattfinden kann.
Letzte Jahre
Allmählich wird das Reisen für sie beschwerlich. Sie lehnt auch das Angebot ab, ganz
nach Amerika zu ziehen. Stattdessen lässt sie
sich in Untertürkheim bei Else Dulk nieder.
Sie widmet sich zunehmend ihrer Korrespondenz und nimmt wieder ihre schriftstellerische Arbeit auf. Es klingt nach Resignation wenn sie bemerkt „Zwar setzte ich, trotz
vieler Mühen und Beschwerden, meine
Agitationstätigkeit noch mehrere Jahre fort.
Doch sie griff mich immer mehr an, und
die Freude daran erlahmte. Das viele, oft
anstrengende und hastige Reisen, die häufig
recht späten nächtlichen Versammlungen,
die endlosen polizeilichen Widerwärtigkeiten und Chikanen und – last not least – das
Schwinden der Illusion, durch alle diese
schon gebrachten Opfer und aufgewendeten Mühen etwas Erhebliches bewirkt, erreicht zu haben, ließ mich schließlich die
Flinte ins Korn werfen mit der dringenden
Mahnung, dass eine jüngere, stärkere Kraft
sie dort aufheben und mutig, wie ich es getan, weiter führen möge.“ (Beißwanger, S.
18)
Die letzten Lebensjahre verbringt sie in
Wiesbaden. Trotz einer sich ankündigenden
schweren Krankheit, die auch ihre geistigen
Fähigkeiten beeinträchtigt, hält sie hin und
wieder Vorträge. Sie stirbt 77-jährig am 8.
Februar 1910 in Wiesbaden. Ein amerikanischer Freidenker widmet ihr in dem in
Milwaukee erscheinenden „Freidenker“ einen poetischen Nachruf, der ihr Leben und
Wollen spiegelt:
Der Frau, der nicht Kerker und Bande
Den Geist, den freien, erdrückt,
Die stolz von Lande zu Lande
Das Wort, ihr Schwert, hat gezückt;
Das Wort, das den Menschen verkündet
Die erkenntnisgeborene Tat:
„Wenn alle die Völker, verbündet,
Einträchtig tagen im Rat.
Wenn Dummheit und Aberglaube,
Wenn Herrschsucht und Niedertracht
Besiegt sich winden im Staube
Der Himmel auf Erden lacht!
Wenn frei von Vorurteilsketten
Das Glück durchwandelt die Welt,
Und Mann und Weib nicht mehr betten
Die Lieb’ mit dem schmutzigen Geld!
Wenn freundliche Nachsicht richtet
Des Nebenmenschen Schuld
Und, statt dem Hasse, errichtet
Den Altar mit liebreicher Huld!
Drum breitet mein Lied die Schwingen
Und hebt sich empor zum Blau:
Ein Memoriam will es bringen
Der besten und edelsten Frau!
Der Frau, die Tyrannen und Knechte
Wohl schlugen in Bann und Acht,
Weil feurig für Menschenrechte
Die Herzen sie rings entfacht.
Der Frau, der nicht Siechtum und Schmerzen
Den stolzen Willen gebeugt,
Und die mit liebreichem Herzen
Des Geistes Kinder gezeugt! –
Zum Weiterlesen:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der
Feder, Berlin 1898
Gerling, Friedrich Wilhelm: Leben und Wirken
der Frau Hedwig Henrich-Wilhelmi, München
1910
Vorträge von Hedwig Henrich-Wilhelmi – gehalten in Amerika in den Jahren 1887-1889»,
Milwaukee 1889
Der Diesseits -Gedanke
Freilich ist es für den Staat sehr bedeutsam,
dass jeder Staatsbürger eine Religion habe,
die ihn seine Pflichten lieben lässt.
Jean-Jacques Rousseau, 1712 bis 1778, Schriftsteller,
Philosoph, Pädagoge, Naturforscher und Komponist.
Er gilt als einer der wichtigsten geistigen Wegbereiter der
Französischen Revolution und hatte großen Einfluss auf die
Pädagogik und die politischen Theorien
des 19. und 20. Jahrhunderts.
2/2009
31
Ewige Wahrheiten
Kampagne zur
Änderung der
Feiertagsgesetz­gebung
Am 25. Februar 2009 trat die
Giordano Bruno Stiftung mit der
Forderung an die Öffentlichkeit, aus
Anlass des Darwin-Jahres den
christlichen Feiertag Christi
Himmelfahrt in einen Evolutionstag
umzuwandeln. Diese Umbenennung
wäre nach Ansicht ihres Sprechers
Michael Schmidt-Salomon ein erstes
Anzeichen dafür, dass der Staat in
seiner Feierkultur auch die vielen
Millionen Bundesbürger, die eine
dezidiert säkulare Weltsicht vertreten,
respektiert. In dem zur Kampagne
erschienenen Video „Children of
evolution“ (anzusehen auf www.
youtube.com/watch?v=wbIa9fZuTFA)
appelliert Darwin als Rockstar an die
Menschen, sich endlich nicht mehr als
Krone der Schöpfung zu betrachten
und wahrzuhaben, dass auch wir nur
„nackte Affen“ sind.
Wenn Sie die Petition unterschreiben
oder sich über den gegenwärtigen
Stand der Unterschriftenaktion
informieren möchten:
http://giordano-bruno-stiftung.org/
p_eday/petitionbook.php
Joachim Kahl
Evolutionstag
als gesetzlicher
Feiertag?!
Ja, bitte. Aber nicht willkürlich – um der antireligiösen Provokation willen – zu „Christi
Himmelfahrt“, sondern mit kosmologischer
Triftigkeit am 21. Juni, dem Tag der Sommersonnenwende.
n Die Petition der Giordano Bruno Stiftung – aus der Feder ihres Sprechers Michael
Schmidt-Salomon –, „Christi Himmelfahrt“
umzuwandeln in einen „Evolutionstag“, habe
ich nicht unterzeichnet. Ihre Grundidee eines eigenständigen säkularen Feiertages im
Hinblick auf die Evolution befürworte ich
dennoch. Aber zur diskussionslosen Akzeptanz eines unausgereiften Projektes bin ich
nicht bereit. Die Giordano Bruno Stiftung
hätte besser daran getan, zunächst zu einer
Beratung innerhalb des säkularen Spektrums
einzuladen, statt am Aschermittwoch vorzupreschen und einen Text mit hanebüchenen
Vereinfachungen und Vergröberungen der
(vorwiegend virtuellen) Öffentlichkeit zu
präsentieren.
Eine gute Idee braucht eine gute Begründung: eine, die in sich schlüssig und tragfähig
ist. In diesem Fall muss sie zusätzlich noch
politisch mehrheitsfähig sein, richtet sich
die Petition doch an Landesregierungen und
Landesparlamente, die gerne ihre Kirchennähe hervorkehren. Angesichts dieser Zielstellung erweisen sich die agitatorische Rhetorik
von Petition und begleitendem Musikvideo
als ausgesprochen kontraproduktiv.
Darwin als Messias
Gehen wir die Hauptirrtümer im Einzelnen durch. Als erstes springt die ahistorische
Überhöhung Darwins zu einer messianischen
Lichtgestalt ins Auge, vor deren Auftreten die
Menschheit zum Umherirren in Finsternis
und Unwissenheit verurteilt gewesen wäre:
„Letztlich sind wir erst seit der Formulierung
32
2/2009
der Evolutionstheorie in der Lage, uns in
dieser Welt zu verorten.“ Weit gefehlt, lässt
sich dagegen einwenden, und zwar gerade
im Sinne eines evolutionären Geschichtsdenkens. Schon ganz früh haben unsere Vorfahren aufklärerisch daran gearbeitet, sich „in
dieser Welt zu verorten“ – unvermeidlich auf
dem Niveau ihrer jeweiligen Erkenntnis und
Erfahrung. In unseren europäischen Breiten
stehen für diese Orientierungsversuche beispielsweise der Steinkreis von Stonehenge in
Südengland sowie die bronzene Himmelsscheibe von Nebra in Sachsen-Anhalt. Beides
sind herausragende Zeugnisse einer kosmologischen Verortung in dieser Welt, in denen
sich astronomisches Wissen und priesterliche
Mystifikation vermischen.
In einem auffälligen Widerspruch zum
verbalen Lobpreis des „enormen Erkenntnisgewinns“, den die Menschheit in der Tat Darwin verdankt, stehen zweitens die vulgär- und
pseudodarwinistischen Behauptungen in der
Petition und im begleitenden Musikvideo,
die die herausgehobene Sonderstellung des
Menschen im Reich des Lebendigen bestreiten. Programmatisch werden wir zu „Affen“
herabgestuft, und zwar zu „nackten Affen“.
Und um uns jeden Rest von „kindlichem
Narzissmus“ auszutreiben, werden wir wenig schmeichelhaft als die „Neandertaler von
morgen“ angeredet.
„Kinder der Evolution“ – ja, was denn
sonst?
Wie anders lautet es doch bei Charles Darwin selbst, der Kontinuität und Diskontinuität zwischen Tier und Mensch zusammenzuhalten wusste. In seinem zweiten Hauptwerk
„Die Abstammung des Menschen“ (1871)
heißt es: „Zweifellos ist der Unterschied
zwischen der Seele des tiefststehenden Menschen und der des höchststehenden Tieres
ganz ungeheuer groß. Ein anthropomorpher
Affe würde bei objektiver Beurteilung seines
eigenen Zustandes selbst zugeben müssen,
dass er (…) nicht dazu imstande wäre, eine
Reihe metaphysischer Vorstellungen nachzudenken, ein mathematisches Problem zu
lösen, über die Gottheit nachzudenken, oder
die Größe eines Naturvorganges zu bewundern.“ (160) Das ganze Werk schließt mit
dem verhalten optimistischen Ausblick: „Es
ist begreiflich, dass der Mensch einen gewissen Stolz empfindet darüber, dass er sich,
wenn auch nicht durch seine eigenen Anstrengungen, auf den Gipfel der organischen
Stufenleiter erhoben hat; und die Tatsache,
dass er sich so erhoben hat, anstatt von Anfang an dorthin gestellt zu sein, mag in ihm
die Hoffnung auf eine noch höhere Stellung
in einer fernen Zukunft erwecken.“ (274, zitiert nach: Kröners Taschenausgabe Band 28,
Stuttgart, 1966).
Nach Darwin stammt der Mensch weder
vom Affen ab noch ist er gar ein Affe, am
allerwenigsten ein „nackter Affe“. Menschen
und Affen haben gemeinsame Vorfahren und
sind – als Primaten – eng miteinander verwandt, aber dennoch qualitativ verschieden.
Schmidt-Salomon propagiert drittens einen
Animalismus, keinen Humanismus. Natürlich sind wir „Kinder der Evolution“. Ja, was
denn sonst? Aber wir sind Kinder der Evolution im Vollsinn des Begriffs, also nicht nur
der kosmischen und biologischen Evolution,
sondern auch der kulturellen Evolution, deren Subjekt wir selbst sind. Nackt werden wir
zwar geboren, dann aber bedürfen wir sofort
der wärmenden und schützenden Kleidung.
Dass Schmidt-Salomon so penetrant auf un-
sere kreatürliche Nacktheit pocht, enthüllt
seinen reduktionistischen Ansatz, der die
kulturelle Evolution nicht als konstitutiv für
die menschliche Art wahrhaben will.
Die Wunderwerke der menschlichen Kultur, die uns ebenso wie deren Gräueltaten
qualitativ vom Neandertaler unterscheiden,
bleiben außen vor. Im Homo sapiens hat die
Natur ein Wesen hervorgebracht, das in der
Tat, um mit Darwin zu sprechen, „auf dem
Gipfel der organischen Stufenleiter“ steht.
Kein anderes Lebewesen erforscht so gründlich die Natur im Kleinen wie im Großen
und kann einen Newton, einen Darwin, einen Einstein feiern. Kein anderes Lebewesen
wütet so grausam gegen seinesgleichen und
hat einen Hitler und einen Stalin hervorgebracht.
Sommersonnenwende am 21. Juni zum
Tag der Evolution erweitern
Ich plädiere dafür, den Tag der Sommersonnenwende am 21. Juni zum Tag der Evolution zu erweitern und zum gesetzlichen
Feiertag zu erheben. Denn die Sonne ist der
Motor, der alle terrestrische Evolution in
Gang gesetzt hat und in Gang hält. Aus gutem Grund wird der 21. Juni bereits heute als
„Welthumanistentag“ begangen, wenn auch
von der Öffentlichkeit unbemerkt. Der Tag
Christi Himmelfahrt ist kein ungeeigneter
Kandidat, der kompensatorisch dafür geopfert werden könnte. Das ist durchaus zumutbar. Denn von allen kirchlichen Feiertagen
ist er der am meisten entleerte. Anders als
die kirchlichen Hauptfeste hat er keine natürliche Grundlage, sondern ist einzig aus der
Systematik der christlichen Heilsmythologie
heraus entstanden. Die naturgeschichtliche
Grundlage von Weihnachten ist die Wintersonnenwende, von Ostern der Frühlingsbeginn, von Pfingsten der Sommerbeginn. Mit
dem Sieg der kopernikanischen Kosmologie
dagegen ist die Vorstellung einer körperlichen Himmelfahrt des christlichen Erlösers
erledigt. Nehmen wir daher den kulturpolitischen Kampf für einen gesetzlichen Evolutionstag am 21. Juni auf, damit auch das
säkulare Drittel der deutschen Gesellschaft
einen fairen Anteil an der offiziellen Festkultur erhält. Damit wir Erfolg haben, darf dies
nicht in sektiererischer Enge und mit provokativen Schmähungen geschehen. Es muss
eingefädelt werden im klugen Bündnis mit
aufgeklärten Christen, denen der Glaube an
einen räumlichen Himmel längst abhanden
gekommen ist und die auch sonst kein Problem mit der Evolution haben.
l
2/2009
33
KREU
Wohnkirche
Rom – Auch für Italiens tausende
Kirchen, Kapellen und Klöster gibt
es nicht mehr genug Gläubige, und
so tauchen auch heilige Orte in den
Schaufenstern der Büros von Immobilienmaklern auf und werden
dort als Wohn-, Arbeits- und sogar
Verkaufsräume angepriesen.
Der Online-Immobilien-Makler
immobiliare.it hat durchschnittlich 50 heilige Schnäppchen im
Im Anfang war das Spiel
Eschborn – Der evangelische Pfarrer Markus Bomhard hat Ärger mit
dem fränkischen Spielzeughersteller Geobra Brandstätter, weil er mit
Playmobil-Figuren Szenen aus der
Bibel nachstellt. Nun kann man
ein Playmobil-Männchen nicht so
einfach kreuzigen. Die Gelenke
erlauben kein seitliches Ausbreiten
der Arme. Bomhard röstet die Puppen daher erst in Kerzenflammen,
damit das Material nachgibt. „Uns
stört die totale Veränderung der Fi-
Schlag unter die Gürtellinie
San Francisco – Pastoren im
Hawaiihemd, Gratiskaffee und
Rockmusik gehören in vielen USKirchen zum Standardprogramm.
Eine neue Methode, Gläubige anzulocken und sie zu Spenden zu
animieren, versucht der 30-jährige
Pastor der New Life Church in Sioux Falls (US-Bundesstaat South
Dakota). Er will mit Boxkämpfen
das Interesse junger Männer am
Glauben wecken. Deshalb baut er
an Samstagen einen Boxring in seinem Altarraum auf. Nach jeder der
sechs Boxrunden steigt Pastor Alex
Klimchuk in den Ring und hält
eine Mini-Predigt, in der er den
meist jüngeren Männern bildhaft
die Religion nahebringt.
34
2/2009
guren“, sagt eine Firmensprecherin,
„dadurch wird unser Urheberrecht
verletzt.“ Der Christus am Kreuz
sei ein Paradebeispiel dafür oder
auch Adam und Eva, denen der
kreative Pfarrer ein männliches Geschlechtsteil respektive weibliche
Brüste anklebte. Inzwischen hat er
beides auf Druck der Firma wieder
abmontiert. „Solange jemand im
Kleinen nur privat für sich Veränderungen an Figuren vornimmt,
sind wir im Grunde recht tolerant“,
sagt die Playmobil-Sprecherin. Aber
Bomhard geht mit seinen Kreatio-
nen in die Öffentlichkeit. Er hat für
seine Internetseite „Klicky-Bibel“
sogar einen Innovationspreis der
Evangelischen Kirche gewonnen.
Nach eigenen Angaben diene diese
Seite nur der christlichen Verkündigung. Playmobil-Figuren ließen
sich nämlich „wunderbar zur religiösen Erziehung“ einsetzen.
EUZ & QUER
Angebot, von abgelegenen Kapellen im Grünen bis hin zu einem
exklusiven barocken Anwesen im
Zentrum von Asti, komplett mit
neuen Böden.
„Viele Italiener haben noch ein wenig Angst vor dem Leben in einer
Kirche, aber immer mehr überwinden diese Skrupel, allen voran
Künstler und Architekten“, sagt der
Immobilienmakler Maurizio Manuzzi, der in der Nähe von Lucca
eine Kapelle verkauft, die im Jahr
1050 erbaut wurde und nun „komplett saniert“ ist. Das Gebäude verfügt über vier Schlafzimmer, bietet
Platz für einen Pool und kostet eine
knappe Million Euro.
Wer etwas Größeres sucht, kann
sich bei italienischen Immobilienmaklern auch nach früheren Kapuzinerklöstern erkundigen. Die
Anzahl der Klöster ist von 5.500
in den 1960ern auf unter 2.500
im Jahr 2007 gesunken. Der Orden muss Gebäude aufgeben, die
über Jahrhunderte hinweg genutzt
wurden. Allein zwischen 2003 und
2007 wurden 33 zum Verkauf angeboten.
Scotland-Jedi
Edinburgh – Die Ausstrahlung der
Weltraumsaga „Star Wars“ macht
auch vor der schottischen Polizei
nicht halt. Auf Fragebögen haben
acht Polizei-Beamte ihre Religion als „Jedi“ angegeben, wie die
Zeitschrift „Jane‘s Police Review“
berichtete. Die Jedi-Ritter sind Figuren aus den Star-Wars-Filmen.
Sie sind nicht nur für Kämpfe mit
Lichtschwertern berühmt, sondern
verfügen auch über übermenschliche Fähigkeiten.
Inwieweit die Polizisten die freiwilligen Antworten ernst meinten, ist
nicht bekannt. Allerdings befinden
sie sich in bester Gesellschaft. Bei
einer Volksbefragung im Jahr 2001
hatten rund 390 000 Menschen in
England und Wales ihre Religion
mit Jedi angegeben. Allerdings erkennt die offizielle Statistikbehörde
dies nicht als gesonderte Religion
an und führt die Befragten unter
der Kategorie der Atheisten.
Anstoß
München – Jürgen Klinsmann hat
schon wieder verloren – vor Gericht. Das Landgericht München
wies einen Antrag des Fußballtrainers zurück, der taz die Veröffentlichung ihres Ostertitels vom 11.
April zu untersagen. Dieser zeigt
einen gekreuzigten Klinsmann. „Es
liegt eine satirische Meinungsäußerung vor, deren Kernaussage sich
nicht auf religiösem Gebiet bewegt,
sondern den beruflichen Erfolg des
Antragstellers als Fußballtrainer behandelt“, urteilte das Gericht.
Klinsmann, ehemaliger Trainer
des FC Bayern München, sieht
sich durch die Abbildung in einer
Monty Python-Parodie „in seiner
religiösen Ausprägung auf das Massivste und Unerträglichste verletzt“.
Klinsmann argumentierte, er als religiöser Mensch werde zum Objekt
und Opfer blasphemischer Angriffe. Das Gericht sah das anders:
„Eine reale Kreuzigung des Antragstellers steht nicht im Raum.“
Potz Blitz
Jakarta – Für Aufruhr sorgt ein
neunjähriger Junge auf der Insel
Java in Indonesien. Er war von
einem Blitz getroffen worden und
hatte den Stromschlag wie durch
ein Wunder überlebt. Nachdem er
behauptete, einen Stein mit heilenden Eigenschaften zu besitzen,
pilgern Kranke in Scharen zu sei-
nem Elternhaus. Zwei Menschen
starben bereits bei dem Versuch,
gemeinsam mit hunderten anderer
Kranker das Haus des Jungen zu
stürmen und weitere, die auf Heilung hofften, überlebten das lange
Warten vor dem Haus nicht. Inzwischen hat die Polizei eingegriffen
und die „Klinik“ des Wunderheilers geschlossen.
Auslese
Biologische Voraussetzungen
für Religiosität
Wer sich für die naturgeschichtliche
Dimension und die biologischen
Voraussetzungen von Religiosität
auch nur ein wenig interessiert,
dem sei das Buch von Vaas und
Blume „Gott, Gene und Gehirn“
nachdrücklich empfohlen.
Es bietet einen aktuellen, materialreichen Überblick zu den Erklärungsansätzen für Entstehung,
Erfolg und Verbreitung des Religiösen, wie sie in den letzten Jahren
verstärkt von Evolutionsbiologen,
Genetikern, Kognitionspsychologen und Hirnforschern erarbeitet
werden.
Im Zentrum steht dabei die Frage,
ob Religiosität als direkte evolutionäre Anpassung oder als Nebenprodukt verschiedener anderweitig
nützlicher Anlagen des Menschen
(indirekte Anpassung) oder aber
nur als reines Kulturprodukt verstanden werden kann.
Die große Stärke des Buches ist
die unaufgeregte Berichterstattung über den wissenschaftlichen
Kenntnisstand ohne ideologische
Voreingenommenheiten proreligiöser oder antireligiöser Art.
Ob Religiosität adaptiv erklärbar
ist, wird als fruchtbares empirisches
Forschungsprogramm geschildert,
dessen Ergebnis noch offen ist.
Trotz einiger journalistisch zugespitzter Abschnittsüberschriften
gibt das Buch an keiner Stelle
mehr vor, als es einlösen kann. Der
komplexe Begriff der Religion wird
differenziert betrachtet, Methodenfragen werden philosophisch
reflektiert und die Frage nach dem
Wahrheitsgehalt religiöser Inhalte
wird nicht behandelt – denn sie
kann weder durch Aufweis evolutionärer Mechanismen noch durch
Untersuchung neuronaler Zustände entschieden werden.
Gleichwohl rückt der Bezug auf
Zähl- und Messbares das Phänomen der Religionsausübung ins
Licht der Aufklärung. Die dargestellten Fakten, u.a. aus Demographie (etwa zum Kinderreichtum in
verschiedenen religiösen Gemeinschaften), Soziobiologie und Neurotheologie werden pointiert erläutert und durch ein ausführliches
Literaturverzeichnis ergänzt.
Dass der Wissenschaftsjournalist
Rüdiger Vaas ein eher negatives und
der Religionswissenschaftler Michael Blume ein eher positives Verhältnis zu religiösen Inhalten hat, merkt
man dem Buch nicht an.
36
2/2009
Den beiden ist somit ein überzeugendes Beispiel für den Nutzen gelungen, der entstehen kann, wenn
man die Geister nicht nach ihrer
Weltanschauung scheidet, sondern
auf ein gemeinsames Ziel konzentriert.
Helmut Fink
Vaas, Rüdiger; Blume, Michael:
Warum Glaube nützt : Die Evolution der Religiosität. – Stuttgart :
S. Hirzel Verlag, 2009. – 24 Euro
Baustelle Körper
Stammzellenforschung, Reproduktionsmedizin, Gentechnik,
Organspende, Sterbehilfe heißen
die Schlagworte, um die in der
modernen Gesellschaft hitzige
Debatten entbrannt sind. Ethisch
stehen die Möglichkeiten moderner Forschung und Medizin unter
Verdacht, das Leben nicht Wert zu
schätzen und die Würde des Menschen zu verletzen.
Ist der Körper zur Baustelle für
Frankensteins Erben verkommen
oder schaffen begnadete Wissenschaftler das unendliche, gesunde
und glückliche Leben? „Baustelle
Körper – Bioethik der Selbstachtung“ nennt Franz Josef Wetz sein
aktuelles Buch, in dem der Professor für Philosophie umfassend den
Stand der Diskussionen darstellt.
Wetz stellt sich dabei weder auf die
Seite der wertkonservativen, religiösen oder fundamentalistischen,
noch auf die der linken, grünen
oder feministischen Gruppen. Der
Ethiker hat sich die Aufgabe gestellt, den Augiasstall der Debatte
gründlich zu reinigen und zu entrümpeln.
In leichtem, essayistischem Tonfall
sammelt der Autor die Argumente, prüft sie auf ihre ideologische
Vorbelastung und stellt sie einander
abwägend gegenüber. Dabei gelingt
Wetz das Kunststück, keine Gruppe zu diffamieren. Die Standpunkte werden allgemeinverständlich in
den Raum gestellt und bilanzierend
gibt Wetz am Ende jedes Kapitels
eine behutsame Empfehlung, bei
der er den menschlichen Freiheitsund Heilungsinteressen absoluten
Vorrang einräumt.
Ausgehend von einer Analyse
der Belastbarkeit des Begriffs der
Menschenwürde, führt Wetz die
Leser durch die Welt der umfassenden Gesundheit, des zeitlos
schönen Körpers, des vollkommenen Wunschkindes zum selbst bestimmten Todeszeitpunkt und der
Sterbehilfe. Dabei räumt Wetz auf
mit der Mär vom „schönen Tod“
und plädiert für eine Sozialpflicht
des Körpers als Organ- und Gewebespender.
Klaus Frahm
Wetz, Franz Josef: Baustelle Körper – Bioethik der Selbstachtung.
– Stuttgart : Klett-Cotta, 2009, –
24,90 Euro
Flechtheim zum Gedenken
Aus Anlass des 100. Geburtstags
von Ossip K. Flechtheim hat der
Berliner Landesverband des HVD
ein Buch herausgebracht, um, wie
es im Vorwort heißt, „den politischen Wissenschaftler, den unabhängigen Humanisten und den
unermüdlich sich Engagierenden
zu ehren“. Ehemalige Weggefährten, Schüler und Kollegen des 1998
verstorbenen Flechtheim erinnern
in ihren Beiträgen an den Menschen, den Wissenschaftler und
den Vordenker humanistischer Zukunftsvisionen.
Flechtheims Biographie ist eng verwoben mit der Geschichte des 20.
Jahrhunderts und deren Brüchen.
Der Sohn eines deutsch-jüdischen
Vaters und einer russisch-jüdischen
Mutter begann 1927 Jura zu studieren. Im selben Jahr trat er aus
der jüdischen Gemeinde aus und
der KPD bei. Mit deren zunehmenden Linksruck entfremdete er
sich schon bald von der KPD und
arbeitete ab 1930 in der Gruppe
„Neu Beginnen“ mit, die angesichts des aufkommenden Faschismus versuchen wollte, die beiden
großen Arbeiterparteien für eine
Zusammenarbeit zu gewinnen.
Nach der Machtübernahme durch
die Nationalsozialisten konnte er
gerade noch promovieren, jedoch
verweigerte sein ursprünglicher
Doktorvater, der bekannte Staatsrechtler und politische Philosoph
Carl Schmitt in der Folge jede
weitere Zusammenarbeit mit ihm.
1935 geriet Flechtheim mit der gesamten Gruppe „Neu Beginnen“
ins Visier der Gestapo und musste
Deutschland verlassen. 1946 arbeitete er für den US-Hauptankläger in
den Nürnberger Nachfolge-Prozessen. Da die Hochschulkarriere des
erklärten Sozialisten in den USA
in den Jahren der McCarthy-Ära
ins Stocken geriet, entschied sich
Flechtheim 1952 endgültig nach
Deutschland zurückzukehren. Er
ging an die „Deutsche Hochschule
für Politik“, das spätere Otto-SuhrInstitut der FU Berlin, wo er bis zu
seiner Emeritierung im Jahr 1974
verblieb. Als Parteien- und Kommunismusforscher machte er von
sich reden und wurde schließlich
zum Begründer der Futorologie in
Deutschland.
Zwischen 1952 und 1962 engagierte er sich in der SPD, dann im
„Sozialistischen Bund“ und in dem
von ihm mitbegründeten „Republikanischen Club e. V. Berlin“,
schließlich seit 1980 in der Partei
der Grünen. Als radikaler Demokrat kritisierte er die Entwicklung
in der Bundesrepublik. Besorgt und
enttäuscht musste er feststellen,
dass alle Hoffnungen darauf, „dass
zumindest eine radikale Reform
aufs Dritte Reich folgen würde, angesichts der Restauration der fünfziger Jahre tief erschüttert waren“.
Auch in der SPD waren seine linken
Positionen nicht gefragt, so dass er
1962 die Partei verlassen musste.
Darüber hinaus wirkte Flechtheim
in vielen gesellschaftspolitischen
Organisationen, u. a. der Internationalen Liga für Menschenrechte,
der Humanistischen Union, dem
Deutschen Freidenkerverband, der
1993 im HVD aufging, und dem
PEN-Zentrum.
Aus humanistischer Sicht besonders hervorzuheben ist Flechtheims
Rolle als Vordenker humanistischer
Zukunftsvisionen, mit denen er
das Selbstverständnis des HVD
entscheidend mitgeprägt hat. Aus
diesem Grund hat der HVD, der
bereits im Jahr 2003 zu seinen Ehren den Ossip K. Flechtheim-Preis
ins Leben gerufen hat, den 100.
Geburtstag Flechtheims zum Anlass genommen, dessen Lebenswerk
mit der Herausgabe dieses Sammelbandes zu würdigen.
Michael Schmidt
Ossip K. Flechtheim. 100 Jahre /
hrsg. von Siegfried Heimann im
Auftrag des Humanistischen Verbandes Deutschlands, Landesverband Berlin. – Berlin, 2009,
12,50 Euro. Das Buch ist in der
Geschäftsstelle des HVD erhältlich.
Im festen Glauben: Gott ist
tot!
Eines hat der innige Atheist Peter Henkel mit seinem frommen
Gegenüber gemeinsam: den unerschütterlichen Glauben an die
Richtigkeit seiner Überzeugung.
In seinem aktuellen Buch „Ach, der
Himmel ist leer“ geht der politische
Journalist Peter Henkel den „Gründen gegen Gott und Glauben“ nach
und nimmt den Leser mit auf eine
Reise, die geprägt ist von hartnäckigem Hinterfragen „gottgegebener“
Fakten. Ganz gleich, ob der Leser
gläubig ist oder nicht, er profitiert
davon, dass der Autor andernorts
ausufernde Diskussionen zum Thema Gott auf ihren Kern reduziert.
Dadurch ist die Thematik leichter
verständlich, ohne den Anspruch
auf berechtigte Kritik aufgeben zu
müssen.
Peter Henkel leitet über das altbekannte theologische und philosophische Problem ein, wie die Existenz eines solchen Gottes mit der
Existenz des Übels und des Bösen
in der Welt vereinbar sei. An dieser
Frage orientiert sich der Einstieg in
die Lektüre. Hierbei vergleicht er
nachvollziehbar und mit scharfer
Feder Allgemeinvorstellungen und
theologische Ansätze und kommt
stets aufs Neue zu dem Schluss,
dass die Kernfrage: „Gibt es Gott?“
mit Entschiedenheit verneint werden muss.
Peter Henkel hat mit seinem Werk
ausdrücklich nicht die wissenschaftliche Leserschaft im Blick, es
soll vielmehr „eine Streitschrift für
das breite Publikum, eine Art Lesefibel für interessierte Laien“ sein. Er
möchte damit auch Atheisten ein
Handbuch für die Diskussion mit
bibelfesten Gläubigen zur Verfügung stellen, auf dass ersteren angesichts der Größe dieses Themas
nicht die Argumente ausgehen.
Auch deswegen macht er vehement
und konstant seine ablehnende
Haltung gegenüber den „unüberwindlichen inneren Widersprüchen Gottes“ und damit gegenüber
Gott selbst deutlich. Es ist dem
engagierten Journalisten eine Herzensangelegenheit, dieses immer
wieder aufgeworfene Thema mit
frischem Zündstoff zu versorgen.
Dieses Buch ist für Interessierte an
dieser Diskussion ein Muss, zumal
entsprechende anglo-amerikanische
Titel nicht die spezielle deutsche
Perspektive auf Gott, Papst und die
Welt berücksichtigen.
Treffenderweise erklärt Peter Henkel nach dem Philosophen William
James, dass Religion eine Art Gefühl sei, und obwohl über Gefühle
häufig nur geschwiegen wird, führt
der bekennende Atheist einen he-
rausfordernden Dialog mit Gott
und dem Glauben.
Wunderbare Konsequenz der Diskussion: Wenn sich die Existenz
Gottes als unwahrscheinlich erweist, bleibt uns Menschen nichts
anderes übrig, als unserem Leben
selbst einen höheren Sinn zu geben!
Sören Vogel
Henkel, Peter: Ach, der Himmel
ist leer : Lauter gute Gründe gegen Gott und Glauben. – Berlin
: Frieling-Verlag, 2009. – 10,90
Euro
Jahrelang dokumentierte die
Zeitschrift „humanismus aktuell“ die Tagungen der Humanistischen Akademie Berlin. Mit
Heft 23, welches das Verhältnis
von Humanismus und „neuem
Atheismus“ zum Thema hat, erschien zu Beginn des Jahres die
letzte Ausgabe. Nachfolger ist
eine Buchreihe, die fortan vom
Alibri Verlag produziert wird.
Den Auftakt macht das „Humanistische Sozialwort“.
Der vorliegende Band eröffnet
die Debatte, was im Humanitären das Humanistische sein
könnte. Er widmet sich aus interdisziplinärer Perspektive und
anhand soziologischer Befunde
den Kriterien für ein humanistisches Sozialwort in Deutschland, das quer steht zu dem der
christlichen Kirchen.
Die Publikation gibt begründete Thesen und scheut sich
nicht, etwa bezüglich des „bedingungslosen Grundeinkommens“, sich auch auf unsicheres
Terrain zu wagen. In Abgrenzung zur Mildtätigkeit sucht
humanistische Humanität nach
selbstbestimmten Lösungen
und strebt die Förderung und
Entwicklung von Kompetenzen
an, gekoppelt an die Verpflichtung zur solidarischen Unterstützung von Hilfebedürftigen,
die dies aus eigener Kraft nicht
vermögen.
Mit Beiträgen von Frieder
Otto Wolf, Dietrich Mühlberg,
Christian Brütt, Christa Luft,
Dieter Kramer, Lutz Brangsch,
Viola Schubert-Lehnhardt und
Andrea Käthner.
Groschopp, Horst / Hrsg.:
Humanistisches Sozialwort. –
Aschaffenburg : Alibri, 2009.
– 13 Euro
2/2009
37
Illusion Grundeinkommen
Zum Grundeinkommen (diesseits 86/2009)
Ich wundere mich etwas über diesen Beitrag… Wir sollten doch dem
kritischen Durchdenken und Prüfen
von Ideen und der Frage nach ihren
Bedingungen und Möglichkeiten und
den realen Folgen eines darauf gerichteten Handelns verpflichtet sein. Die
Idee eines bedingunsglosen Grundeinkommens (BGE) ist aber nichts
weiter als eine meist gut gemeinte – in
diesem Sinne aber irreale – Utopie,
deren Verfolgung im Hier und Jetzt
leider ganz andere als die erhofften
Folgen hat, nämlich sehr negative für
den Sozialstaat. (…)
Tatsächlich beruht die Idee eine BGE
vollständig auf der Erwerbsarbeit,
weil nur in Erwerbsarbeit die Güter
und Dienstleistungen produziert werden, die für ein Geldeinkommen gekauft werden können. Es beruht also
darauf, dass die ganz überwiegende
Mehrzahl weiterhin Erwerbsarbeit
leistet und einen extrem großen Anteil ihrer Erwerbseinkommen – viel
höher als heute – dem Staat überlässt
als Steuern, aus denen dann das BGE
bezahlt wird. (…)
Statt Befreiung von der Erwerbsarbeit wäre der reale Effekt nur die „Befreiung“ vom bisherigen Sozialstaat
mit all seinen Vorteilen. Nämlich
dass er nicht nur Armutsvermeidung
durch Almosen – beim BGE dann
für alle – ist, sondern – wenn auch
bereits abgesenkt – Lebensstand sichernde Sozialversicherungsleistungen organisiert, dass das Arbeitsleben
reguliert ist und der Willkür von
Arbeitgebern damit Grenzen gesetzt und grundlegende Sicherheiten
für Beschäftigte geschaffen werden,
vielfältige soziale Dienste und Leistungen bedarfsorientiert organisiert
werden, die vielfach weit höher sind
als ein BGE wäre. Das alles soll weg.
Freuen könnten sich darüber nur die
privaten Versicherungskonzerne, die
dann riesige neue Geschäftsfelder hätten, die Arbeitgeber, die endlich keine
Sozialbeiträge mehr zahlen und auch
keine sonstigen sozialen Rücksichten
mehr nehmen müssten…
Realistisch möglich wäre nur ein
BGE in weit geringerer Höhe als
die meisten Befürworter es gerne
hätten… Damit [gäbe] es auch für
die Einzelnen keine Befreiung von
Erwerbszwang, sondern den Zwang,
zusätzlich jeden noch so schlecht bezahlten Job anzunehmen, wenn man
mehr möchte als auf BGE-Armutsniveau dahinvegetieren. BGE hätte
eine enorme Lohndumpingwirkung,
38
2/2009
Aussprache
weil jedes Einkommen den Charakter von Zusatzeinkommen hätte.
Statt schlechte Arbeit abzulehnen,
weil man sie nicht nötig hat, würde
die Logik sein: zwei oder drei Euro
die Stunde aufs BGE oben drauf, ist
besser als nichts… Lohnpolitik, sei es
gesetzliche Mindestlöhne oder Tariflöhne, würde damit unterlaufen…
Und weniger Kontrolle als heute wäre
auch nicht, sondern mehr, weil ein
viel größerer Teil aller Erwerbseinkommen umverteilt werden müsste
als heute. Es müsste also noch viel
strenger als heute kontrolliert werden,
dass jegliche gegen Entgelt geleistete
Tätigkeit, ab der ersten Stunde und
ohne Freibeträge, dem Staat gemeldet
und von ihm erfasst und kontrolliert
wird, weil der über die Hälfte jedes
Einkommens wegsteuern müsste, um
das BGE und die sonstigen staatlichen Aufgaben zu finanzieren – weil
Polizei und Schulen usw. müsste es ja
weiterhin geben. (…)
Manche glauben an Götter und ein
himmlisches Paradies, andere an die
Erlösung von den sozialen Leiden
durch ein BGE. Solange nur Texte geschrieben wie der von Ulla Runge, die
Gedanken und Visionen zum Aus-
druck bringen, meinetwegen. Aber so
wie wir dagegen sind, wenn religiöse
Kräfte unsere Gesellschaft an ihren
Dogmen ausrichten wollen, habe ich
sehr etwas dagegen, wenn die AnhängerInnen des BGE versuchen, Politik
zu machen und Organisationen wie
Gewerkschaften und linke Parteien
zur Unterstützung ihrer Forderung
zu gewinnen und sie dazu in heftige
und teils spalterische Debatten verwickeln. (…)
Ralf Krämer, per Mail
Macht der HVD Sozialpolitik?
Zum Grundeinkommen (diesseits 86/2009)
Das Grundgesetz garantiert ja Meinungsfreiheit und danach hat jeder
das Recht, auch Unsinniges zu behaupten und zu verbreiten. Allerdings
sollte sich die Redaktion von diesseits
nicht einfach zum Sprachrohr solcher utopischer sozial-romantischer
Schnapsideen machen lassen, da man
sonst meint, dieser Unsinn sei auch
das offizielle Credo des HVD. Wäre
er nämlich das, würde ich sofort aus
dem HVD austreten.
Ich jedenfalls möchte nicht in einer
solchen Welt leben, – noch viel weiter
links stehend als die gleichmacherischen Ziele der Partei „Die Linke“,
was für Frau Ringe das Paradies auf
Erden wäre, ganz davon abgesehen,
dass dies gar nicht finanzierbar wäre.
Bezeichnenderweise beschäftigt sich
Frau Ringe auch gar nicht erst mit
der Frage der Finanzierbarkeit ihrer angeblich idealen Welt, sondern
behauptet dies einfach in einem einzigen Satz. (…) Ein Gedankenaustausch mit ihr wäre völlig sinnlos. Sie
kann sich ja mit dem Sozialromantiker Heiner Geißler austauschen. Bitte
nehmen Sie die Ihnen eingereichten
Artikel künftig etwas besser unter die
Lupe. Sozialpolitik zu betreiben, ist
schließlich nicht Aufgabe des HVD.
Dr. Wolfgang Weyell, Nürnberg
Ein Humanist ist nicht
konfessionslos
Zu „Humanistische Lebensauffassungen“ (diesseits 86/2009)
In dem Artikel über Werte und Ideale
hieß es u.a.: „Wir sind nicht religiös“
sowie „ein gültiges Regelwerk dürfe
man nicht erwarten, Dogmen, Lehrsätze und Sprachregelungen seien
den Humanisten fremd.“ Hier klingt
noch der alte abgrenzende Geist der
Freidenker an, der – nicht zu Ende
denkend – in dem Glauben beharrt,
mit der Ablehnung von Worthülsen
wie „religiös“ gleichzeitig auch deren missliebige Inhalte beseitigen zu
können (siehe „religionsfreie Zone“
und „glaubst du noch oder denkst
du schon“). Womit immer wieder die
alte Sprachregelung verstärkt wird,
nach der Religion nur mit einem jenseitigen Gott zu denken ist, was eine
inhaltliche Aufklärung und Weiterentwicklung in diesen Bereichen eher
behindert als fördert.
Ein Humanist hat es nicht nötig,
seine Identität durch Abgrenzungen zu sichern und wird eine neue,
kritische und zugleich verbindlichere Ausein­andersetzung mit seinen
andersdenkenden Mitmenschen
anstreben. Dazu braucht er neben
Fairness auch anschauliche, überzeugende und durch wiederholten
Gebrauch verinnerlichte Argumente
zur inhaltlichen Darstellung der eigenen alternativen Angebote. Anstatt
einem ernsthaften Gesprächspartner
seinen Gott für nichtexistent zu erklären wird er fragen: „Was verstehst
du unter Gott?“ und als seinen eigenen höchsten Wert „verantwortliche
Menschlichkeit“ gegenüber stellen
und diesen erläutern. So könnte
aus einem bisher oft oberflächlichen
Schlagabtausch endlich ein differenzierterer Dialog über alte und neue
Begriffe und Inhalte ethischer Orientierungen entstehen.
Was heißt denn eigentlich „nicht religiös“? Es heißt „nicht rückbindend“.
Ein praktizierender Humanist aber
bindet sich geistig und emotional zurück, z. B. an den Grund-, Lehr- oder
Leitsatz oder -gedanken: „Humanismus ist ein Denken und Handeln,
das sich an der Würde des Menschen
orientiert und dem Ziel menschenwürdiger Lebensverhältnisse dient.“
Aus diesem Leit- oder Grundgedanken kann er alles Weitere entnehmen
und entwickeln, was für eine Begriffsbestimmung des Humanismus
als ethische Orientierung sowie für
das entsprechende Umsetzen dieses
Bekenntnisses erforderlich ist.
Mit diesem ausdrücklichen Bekenntnis ist ein Humanist auch nicht konfessionslos und tritt seinem inhaltlichen Anspruch entsprechend in dieser
seiner Gesellschaft – und auch global
gültig – als Alternative deutlicher in
Erscheinung. Bei einem Prozentsatz
von etwa 0,12 der Bevölkerung gegenüber etwa 30% Konfessionslo-
ser ist das besonders wichtig. Er ist
auch kein Ungläubiger, weil er sagen
kann: „Wenn es heute einen Glauben
gibt, der vertretbar ist, dann ist es
der Glaube an die Bildungsfähigkeit
des Menschen zu einem sozial und
ökologisch handelnden, mündigen
Gemeinschaftswesen und daran,
dass die Natur den Menschen nicht
braucht, wohl aber der Mensch die
Natur.“ Ohne diesen vernünftigen
Glauben ist Stabilität und Weiterentwicklung in einer demokratischen
Kultur schwer möglich.
Ein weiterer wichtiger Leitgedanke
für Humanisten lautet: „Mündigkeit
bedeutet mehr als nur Volljährigkeit.
Mündigkeit heißt, eine kritische
Distanz nicht nur zu seiner Mitwelt, sondern auch zu sich selbst zu
haben, für sich selbst voll- und für
seine Mitwelt mitverantwortlich sein
zu können und zu wollen.“ Dieser
Lehrsatz ermöglicht bzw. erleichtert
es, hinter die eigenen, ganz persönlichen Antriebe und auch Widerstände
des Handelns zu schauen.
Die Fußnote zu dem o.a. Artikel besagt, dass dieser Text aus einer NDRRadiosendung des HV Niedersachsen
entstand. Hierin hieß es u. a.: „Einen
gemeinsamen Sinn des Lebens, wie
ihn die Religion vorgibt, erkennen
sie nicht an. Nach humanistischem
Selbstverständnis muss jeder Mensch
seinem eigenen Leben einen Sinn geben.“ Ich denke, dass hier bei dieser
grundsätzlichen philosophischen Frage aller Fragen durchaus ein konkreterer und zugleich allgemeingültiger
Grundsatz formuliert werden kann
und gerade von Humanisten angeboten werden sollte, nämlich: „Sinn
unseres Lebens ist größtmögliche Entfaltung und Vervollkommnung der
eigenen Persönlichkeit in größtmöglicher Harmonie und Verbundenheit
zu unserer Mitwelt.“
(…)
Rudolf Kuhr, Schöngeising
Besser humanistisch tätig
sein
Zu „Korso auf Bergfahrt“ (diesseits 86/2009)
Prof. Groschopp vom Humanistischen Verband Deutschlands (HVD)
behauptet…, dass man auch als Atheist Nazi sein kann. Das ist dummes
Geschwätz. Ich verkenne nicht, dass
es auch Nazis gibt, die sich zum Atheismus bekennen. Hier handelt es sich
vor allem um Anhänger der germanischen oder nordischen Religion und
Mythologie, die ihre Weltanschauung
fälschlicherweise unter Heidentum
einordnen. Tatsächlich ist Atheismus
eine vorwiegend linke Sache.
Ich will den Spieß umdrehen und
behaupten, dass von sogenannten
Humanisten auch Untaten, gar Verbrechen begangen werden können.
Wie lässt sich das dann mit dem hohen Ideal Humanismus vereinbaren?
Reklamieren Christen diesen Begriff
nicht auch für sich? Wie will es ein
atheistischer Humanist vermeiden,
mit ihnen in einen Topf geworfen zu
werden?
Ist es nicht eine christlich geprägte
Unart, alles zu verdammen, was
nicht in den Rahmen passt? Gerade
diese Unart macht sich Prof. Groschopp in Bezug auf Atheisten, Freigeister und Freidenker zu eigen, statt
über Grenzen hinwegzusehen. Ich
bin lieber ein Atheist und gerade dadurch in dem (christlichen geprägten)
Verruf, kann mich aber im Spiegel
betrachten, ob ich schuldig geworden
bin oder nicht. Ich bin lieber humanistisch tätig, als mich überheblich
als einen Humanisten zu bezeichnen
und vielleicht nichts oder nur wenig
dazu beizutragen. Mit anderen Worten: mehr sein als scheinen.
Heinz J. G. Gremer, Kulmbach
Büchernarren am Werk: Besuch vom Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hatte diesseits-Autor Ralf
Bachmann auf der Leipziger Buchmesse. Er stellte am Stand des Sax-Verlages seine Neuerscheinung „Ich
habe alles doppelt gesehen: Erkenntnisse und Einsichten eines Jourmalisten“ vor.
2/2009
39
HUMANISTISCHER VERBAND
DEUTSCHLANDS (HVD)
Bundesvorstand
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50
http://www.humanismus.de
[email protected]
Bundesverband Junge
HumanistInnen
Wallstraße 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613904-76, Fax 613904-50
[email protected], www.juhu-bund.de
BADEN-WÜRTTEMBERG
HVD Regionalgemeinschaft
Ulm-Bodensee e.V.
Postfach 2307, 89013 Ulm
[email protected]
Die Humanisten Württemberg
K.d.ö.R
Mörikestraße 14, 70178 Stuttgart
Fon 0711-6493-780, Fax -886
[email protected], www.dhuw.de
Bayern
HVD Bayern e.V.
■ Landesgeschäftsstelle
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,
90489 Nürnberg
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15
[email protected], www.hvd-bayern.de
Humanistische Akademie
Bayern e.V.
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,
90489 Nürnberg
Fon 0911-43104-0, Fax -15
www.humanistische-akademie-bayern.de
[email protected]
Humanistisches Sozialwerk
Bayern gGmbH
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13
90489 Nürnberg
Fon 0911 431040
Fax 0911 4310415
Projekt Schuldnercoaching:
Fon 0911 43104-12 [email protected]
www.hsw-bayern.de
HVD Nürnberg K.d.ö.R.
■ Geschäftsstelle
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,
90489 Nürnberg
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15
[email protected]
www.hvd-nuernberg.de
■ Bestattungsreden: 0911-43104-14
■ Service-Line 0180-11 123 11
■ Jugendfeier-Team und Junge
HumanistInnen: 0911-43104-11
[email protected]
www.jugendfeier.net
Stadtmauerturm der JuHus: Spittlertormauer
7, 90402 Nürnberg
■ Humanistischer Kindergarten
Nbg.-St. Peter
Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg
Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3
[email protected]
■ Humanistischer Kindergarten
Nbg.-Mögeldorf
Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg
Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3
[email protected]
■ Humanistisches Haus für Kinder
Am Südpark
Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,
90763 Fürth
Telefon 0911-97791013, Fax -17
[email protected]
■ turmdersinne gGmbH
Büro: Spittlertorgraben 45
90429 Nürnberg
Fon 0911-94432-81, Fax -69
[email protected]
www.turmdersinne.de
Adresse des Turms:
Mohrenturm am Westtor, Nürnberg,
Spittlertorgraben Ecke Mohrengasse
HVD Fürth e.V.
c/o Humanistische Grundschule
Waldstraße 62
90763 Fürth
[email protected]
www.hvd-fuerth.de
■ Humanistische Grundschule Fürth
Waldstraße 62
90763 Fürth
Fon 0911 3766833-0
Fax 0911 3766833-9
[email protected]
www.humanistische-schule.de
HVD Würzburg
Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg
www.hvd-wuerzburg.de.vu
[email protected]
BERLIN/BRANDENBURG
Humanistischer Verband
Berlin-Brandenburg
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-0, Fax 030-613 904-50
www.hvd-potsdam.de, www.hvbb-online.de
BERLIN
HVD Berlin
Landesgeschäftsstelle
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-0
Fax 030-613 904-50
[email protected]
Direkte Durchwahlnummern:
■ Abteilung Kitas -39
■ Abteilung Gesundheit/Soziales -25
■ Abteilung Lebenskunde -60
■ Abteilung Jugend/Jugendfeier -74, Fax -89
■ Patientenverfügungen/Trauergruppen
-11, -19, Fax -36
www.patientenverfuegung.de
[email protected]
■ V.I.S.I.T.E.
Besuchs- und Hospizdienst -32
www.visite-hospiz.de, [email protected]
■ Kinderhospiz „Berliner Herz“ -80
■ Öffentlichkeitsarbeit -26
■ Kultur -23
■ Fundraising -38
■ Freiwilligenarbeit/Mitglieder­betreuung/
Seniorenkoordinatorin -15
■ Junge HumanistInnen Berlin
Danziger Str. 50, 10437 Berlin
Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93
[email protected], [email protected]
■ Jugendtreff „PPZ“ der Jungen
HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9 10315
Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76
■ Jugendgästehaus Heiligensee
[email protected]
030 43605470
■ Schulklub Sakura-Grundschule
Rochstraße 7, 10178 Berlin
Fon 030-42 85 21 79
■ Café Rix GmbH
Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin
Fon/Fax 030-686 90 20
■ Sozialstation „Die Brücke“
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91
■ Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91
■ Schwangerschaftskonflikt-beratungsstelle,
Schönholzer Str. 6, 13187 Berlin
Fon/Fax 030-441 79 92
[email protected]
■ Kontakt- und Informationsstelle für
Selbsthilfe (KIS)
Nachbarschaftshaus Pfefferwerk
Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin
Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78
■ Betreuungsverein
Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin
Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59
[email protected]
■ Brückentreff Psychosoziale Kontakt- und
Beratungsstelle
Torstraße 158, 10115 Berlin
Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44
Kitas:
■ Adlershofer Marktspatzen
Helbigstr.31, 12489 Berlin
Fon/Fax 030-677 42 09
■ Am Park
Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin
Fon/Fax 030-631 66 99
■ Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin
Fon 030-56 82 86 63
■ Dreikäsehoch
Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin
Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28
[email protected]
■ Friedenauer Strolche
Sponholzstraße 16, 12159 Berlin
Fon/Fax 030-75 60 62 09
■ Gartenstadtfrösche
Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin
Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04
[email protected]
■ General-Woyna-Str. 48
13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72
■ Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin
Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92
■ Hopsekäse
Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin
Fon/Fax 030-291 61 64
■ Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin
Fon/Fax 030-995 22 69 kastanienallee@
humanistischekitas.de
■ Kinderhaus Felix
Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin
Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16
[email protected]
■ Knirpsenstadt am Glitzerbach
Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin
Fon/ Fax 030-933 91 98
■ Landreiterweg 55, 12353 Berlin
Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33
■ Michel-Klinitz-Weg 18
12349 Berlin, Fon 030-743 10 14
■ Mühlengeister
Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin
Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86
[email protected]
■ Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin
Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20
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■ PrenzlZwerge
Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin
Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61
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■ Stadtfüchse
Jablonskistr. 11, 10405 Berlin
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■ Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin
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■ Rappelkiste
Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin
Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49
■ Wirbelwind, Friedrich-EngelsStr. 45/47, 13156 Berlin
Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69
[email protected]
■ Zum Hasenhügel
Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin
Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79 zum.
[email protected]
■ Konfliktberatung für Paare
Fon über 030-613 904-15
■ Neustart – Betreutes Wohnen
für Obdachlose
Alt Reinickendorf 7, 13407 Berlin
Fon 030-4 14 68 74, Fax -75
[email protected]
www.wp-neustart.de
■ Humanistische Akademie e.V.
Redaktion „humanismus aktuell“
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin
Fon/Fax 030-44 34 09 41
www.humanistische-akademie.de
■ Koordinierungsstelle für ambulante
Re­habilitation älterer Menschen in Neukölln
Haus des älteren Bürgers
Werbellinstraße 42, 12053 Berlin
Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20
■ Berliner Seniorentelefon
Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin
Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97
Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi 12-16
Uhr unter Fon 030-279 64 44
www.berliner-seniorentelefon.de
[email protected]
■ HOTEL4YOUth
Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin
Fon 030-446 77 -83, Fax -859
www.hotel4youth.de, [email protected]
■ Kinder- und Jugendbüro Marzahn
Kastanienallee 55, 12627 Berlin
Fon 030 9339466
[email protected]
■ Internetcafé für Senioren
Weltenbummler, Werbellinstraße 42, 12053
Berlin-Neukölln
Fon 030-68054287
■ Gesundheitliche und soziale Dienste des HVD
in Tempelhof,
Friedrich-Wilhelm-Straße 59
12103 Berlin, Fon 030-71096852
BRANDENBURG
Humanistischer Regionalverband
Ostbrandenburg e.V.
PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen
Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35
[email protected]
www.hro-kwh.de
■ Aktionskita „Knirpsenstadt“
Goethestr. 5,
15711 Königs Wusterhausen
Fon 03375-87 28 45
■ Jugend-Freizeit-Zentrum
Scheederstr. 47,
15711 Königs Wusterhausen
Fon 03375-29 67 69
HVD Regionalverband Brandenburg
Nord e.V.
Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg
Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20
■ Humanistisches Musikzentrum
■ Feierkultur
■ Schuldnerberatung, Vermeidung von
Obdachlosigkeit
■ Jugend- und Sozialwerk gGmbH
Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg
Fon 03301-58 28 94
■ Berufsbildungswerk Nordost gGmbH
Albert-Buchmann-Str. 1,
16515 Oranienburg
Fon 03301-53 54 40
■ Betreutes Jugendwohnen
Bernauer Str. 146, Haus 106,
16515 Oranienburg
Fon 03301-80 70 56
Nebenstelle Neuruppin
Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin
Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13
■ Feierkultur
■ Selbsthilfe-Kontaktstelle
■ Schulsozialarbeit
Humanistischer Regional­verband
Brandenburg/Belzig e.V.
Willibald-Alexis-Str. 28
14772 Brandenburg
Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79
[email protected]
Kinder- und Jugendclub, Jugendfeier,
Seniorenarbeit, Junge Humanisten,
Schulsozialarbeit, Bereich „Hilfe zur Erziehung“
Stadtteilbüro im Bürgerzentrum
Große Gartenstraße 42a
14776 Brandenburg an der Havel
Fon 03381-25 09-62, Fax -63
Humanistischer Regionalverband
Potsdam/Potsdam-Mittelmark e.V.
■ Geschäftsstelle Potsdam
Jägerstr. 36, 14467 Potsdam
Büro und Patientenverfügung:
Fon 0331-290 94 76
Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04
Fax 0331-280 58 81
[email protected]
[email protected]
Humanistischer Regionalverband TeltowFläming e.V.
Goethestr. 8, 14959 Trebbin
Fon/Fax 033731-805 24
Humanistischer Regionalverband
Märkisch-Oderland e.V.
„Arche“, Carl-Schmäcke-Straße 33
15366 Neuenhagen
Tel. 03342-21584, Fax 21586
Humanistisches Internationales
Begegnungs- und Beratungszentrum
(HIBBZ)
Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde
Fon und Fax 03334-212491 www.hibbz.de,
[email protected]
Humanistischer Freidenkerbund
Brandenburg e.V.
Postfach 600 813, 14408 Potsdam
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47
Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32
Humanistischer Freidenkerbund
Havelland e.V.
■ Geschäftsstelle
Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47
[email protected]
■ Jugendtreff Miteinander, Frauen- und
Selbsthilfetreff, Berliner Str. 41, 14712
Rathenow, Fon 03385-51 55 31
■ Treff: Suchthilfe, Kleiderkammer,
Obdachlosenarbeit, Suppenküche
Ritterstr. 9, 1641 Nauen
Fon 03321-45 07 46
Freidenker Barnim e.V.
■ Geschäftsstelle
Rüdnitzer Chaussee 48-50, 16321 Bernau
Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32
■ Informations- und Beratungspunkt
Berliner Str. 48, 16321 Bernau
Fon/Fax 03338-2416
Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- und
Rentenberatung, Patientenverfügung,
Sozialberatung
Metropolregion HAMBURG
HVD Metropolregion Hamburg e.V.
Beim Schlump 23, 20144 Hamburg
Fon/Fax 040 67379076
[email protected]
Mecklenburg-Vorpommern
Ziegeleiweg 12, 19057 Schwerin
Fon: 3861 2471, [email protected]
www.humanisten-in-mv.de
Niedersachsen
Humanistischer Verband Niedersachen
K.d.ö.R.
Landesgeschäftsstelle
Otto-Brenner-Str.20- 22, 30159 Hannover
Fon 0511-167691-60, Fax -78
[email protected]
www.humanisten.de
■ Feierservice für weltliche Familienfeiern
Fon 0511-167691-63
■ Junge Humanisten Hannover
Landeskoordination JugendFEIER
Fon 0511–18561
www.juhus-hannover.de
[email protected]
■ Humanistisches Sozialwerk
Norddeutschland GmbH
Otto Brenner Str.20-22, 30159 Hannover
Haus Humanitas, Fon 0511-167691-61
Humanistischer Verband Bremen
Ursel Leitzow, Prager Str. 41, 28211 Bremen
Fon 0421-243 96 35 [email protected]
Ortsgemeinschaften und Verbände
Freie Humanisten
Grünenplan-Delligsen
c/o Bodo Hage,
Hinter den Höfen 16, 31073 Delligsen
Fon + Fax: 05187-24 86
Mobil: 0160-950 28 139
[email protected]
HV Emden
Ortsverband Emden
An der Sporthalle 1, 26759 Hinte
Fon: 04925 8725, 0176-96603435
[email protected]
HVN Ortsverband Hannover
Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover
Fon 0511-1 61 4012, Fax 16 76 91 78
[email protected]
HV Oldenburg
c/o Grünberger Str. 7, 26127 Oldenburg
Fon 0441-882943 [email protected]
Freie Humanisten Osnabrück
[email protected]
Humanistischer Verband Wesermarsch
Postfach 1125, 26926 Elsfleth
Fon 04401-695817 wesermarsch@
humanisten.de
NORDRHEIN-WESTFALEN
HVD Nordrhein-Westfalen K.d.ö.R.
Landesgeschäftsstelle
Küpferstr. 1, 44135 Dortmund
Fon 0231-52 72 48, Fax 57 20 72
[email protected]
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■ Humanitas-Verlag
www.humanitas-verlag.de
■ Junge HumanistInnen NRW
Fon 0231-5 86 15 70
HVD Bergisches Land
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[email protected]
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Fon 0203-29 82 440
Rheinland-Pfalz
Fon 0173-3436714
[email protected], www.hvd-rlp.de
SACHSEN
HVD Sachsen
Großenhainer Straße 88
01127 Dresden, Fon 0351-2198100
[email protected]
Thüringen
Humanistische Landesgemeinschaft
Thüringen
fon 03643 900744
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[email protected]
SACHSEN-ANHALT
Humanisten Sachsen-Anhalt
c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.
39128 Magdeburg
Johannes-R.-Becher-Straße 57
Fon 0391-2515938, Fax 2516338
humanisten.sachsen-anhalt@
juhu-magdeburg.de
Humanistischer Regionalverb.
Halle-Saalkreis e.V.
Bürgerhaus „alternativE“
Gustav-Bachmann-Straße 33
06130 Halle
Fon 0345-1 31 94 73
Fax 0345-1 31 94 75
[email protected]
■ Frauen Kommunikationszentrum
■ Offener Kinder- und Jugendtreff
■ Trauerberatung, Patienten­verfügungen, Fon
0345-2023168
■ Begegnungsstätte
Fon 0345-12 26 90 22
■ Schuldnerberatung
Fon 0345-1319053
■ Musikinstrumentenkabinett
■ Jugendfeier Fon 0345-1319473
Humanistischer Regionalverb.
Südliches Sachsen-Anhalt e.V.
■ Bürger und Jugendhaus/Herberge
Huttenstraße 12, 06217 Merseburg
Fon 03461-21 35 19
[email protected]
■ Jugendlub „Die Hütte“
Unter den Eichen, 06217 Merseburg
Fon/Fax 03461-50 28 75
■ Jugendfeier Fon 03461-213519
■ Jugendclub „Elofant“
Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra
Fon 0177-2115619
■ Projekt Schulsozialarbeit
Sekundarschule „Unteres Geiseltal“
Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra
Fon 034633-2 26 09
Junge Humanisten Magdeburg e.V.
■ KJFE „Kannenstieg“
Johannes-R.-Becher-Straße 57
39128 Magdeburg
Fon 0391-2 51 59 38, Fax -63 38
[email protected]
■ Schülertreff „Rothensee“
Badeteichstraße, 39126 Magdeburg
Fon 0391-5 05 00 44
■ Jugendfeier Fon 0391-2515938
Humanistischer Regionalverb.
Mansfelder Land e.V.
■ Jugendclub „Die Leuchte“
Beethovenstraße 1, 06333 Hettstedt
Fon 03476-85 11 49
■ Jugendtreff „Bombastic“
Friedenstraße 1, 06456 Sandersleben
Fon 034785-2 02 59
Joachim Goetz
determination
spielt nicht die beleidigten
der alte freud
hat es uns längst gesagt
dass wir nicht
herren im eigenen haus sind
jetzt setzen die hirnforscher
noch eins drauf
und zeigen
dass unsere willensfreiheit
eine illusion ist
und darum
freut euch und frohlocket
kein lohn im himmel
keine strafe in der hölle
für gute rechts und böse links
freuet euch und frohlocket
wir müssen unseren job machen
mit unserer evolutionserbmasse
und unserer soziozivilisation
freuet euch und frohlocket
wir müssen menschen sein
zu vereinbarungen gezwungen
für unser gemeinsames wohl
freuet euch und frohlocket
wer unter aufsicht
gestellt werden muss
hat nicht verachtung verdient
freuet euch und frohlocket
den schwarzen peter hat jetzt
der auf unsere kosten
zum unendlich guten ernannte
der allerbarmer
den wir anflehten
damit er uns bösewichtern
vielleicht gnädig verzeiht
Joachim Goetz, Jahrgang 1934, war nach dem Studium der Philosophie, Theologie
und Germanistik hauptsächlich im Lehramt tätig. Er ist Vorstandsmitglied der LudwigFeuerbach-Gesellschaft Nürnberg e.V., der Gesellschaft für kritische Philosophie sowie
Redakteur der Zeitschrift Aufklärung und Kritik.
Datum
Anschrift
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Selbst denken – Gemeinsam leben
Humanistinnen und Humanisten gestalten ihr Leben
selbstbestimmt und verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am
Menschen selbst, ethische und moralische Entscheidungen zu
treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken der Aufklärung
zu verdanken, in deren Tradition der Humanistische Verband
Deutschlands steht.
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Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir zu unserer
Verantwortung für die Menschen, das Leben und die Natur.
Über die Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg setzen
wir auf den friedlichen Austausch von Ideen und Erfahrungen.
Dabei achten und respektieren wir alle weltanschaulichen und
religiösen Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen,
wo Menschenrechte missachtet und Positionen der Intoleranz
vertreten werden.
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diesen Abonnementauftrag innerhalb von 10
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widerrufen kann.
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für ein Jahr und zwar für
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1. Dezember. Das Abonnement verlängert sich
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Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in der ganzen
Welt zusammen, die wie wir der Internationalen Humanistischen
und Ethischen Union (IHEU) angehören.
Der Humanistische Verband Deutschlands ist eine
überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen
Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens engagiert,
in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen
und Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten
unserer Zeit.
Der Humanistische Verband Deutschlands organisiert Kulturund Bildungsangebote und bietet soziale Unterstützung und
humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen
Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens-, Jugend-, Hochzeitsund Trauerfeiern aus. In Berlin ist der Humanistische Verband
Träger des Schulfaches Lebenskunde und bundesweit von
vielen Kindertagestätten. Besonders gefragt ist das Angebot der
Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen
Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten
Leben. Bundesweit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr
durch die Dienstleistungen des Verbandes erreicht.

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