Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie
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Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie
Refresher Course Nr. 41 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Mai 2015 · Düsseldorf Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie Preoperative Evaluation in Pediatric Anesthesia M. Laschat · F. Wappler Zusammenfassung Ziel der präoperativen Evaluation in der Kinderanästhesie ist es, individuelle anästhesierelavante Risikofaktoren aufzudecken und auf der Basis dieser Informationen Strategien zur Vermeidung perioperativer Komplikationen zu entwickeln. Anamnese und körperliche Untersuchung haben dabei einen hohen Stellenwert, da mit diesen einfachen Maßnahmen die Mehrzahl der Risikofaktoren ermittelt werden können. Voraussetzung ist selbstverständlich die Kenntnis der speziellen Risikofaktoren in der Kinderanästhesie und der damit assoziierten Komplikationen. In dieser Übersichtsarbeit sollen die wichtigsten anästhesierelevanten Risikofaktoren im Kindesalter dargestellt und sich daraus ergebende notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Komplikationen aufgezeigt werden. Schlüsselwörter: Kinderanästhesie – Risikofaktoren – perioperative Komplikationen – präoperative Evaluation Summary The aim of preoperative evaluation in pediatric anaesthesia is to disclose any relevant individual risk factors and – based on this information – to form a strategy to avoid possible perioperative complications. It is very important to perform a physical examination and to evaluate the patients’ medical history as these simple procedures can identify a majority of possible risk factors. Naturally the knowledge of special risk factors in pediatric anaesthesia and their associated complications is required. This review aims to illustrate the most important risk factors in pediatric anaesthesia and to show the resulting necessary steps to avoid complications. Keywords: Pediatric anesthesia – perioperative risks – preoperative assessment – complications Einleitung Die Komplikationsrate ist in der Kinderanästhesie in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Das Risiko einer schweren anästhesiebedingten Komplikation ist bei Kindern aber nach wie vor deutlich höher als bei Erwachsenen [1]. Dies gilt besonders für Säuglinge und Neugeborene. Die Mehrzahl der kritischen Ereignisse sind respiratorischer Art [2]. Betroffen sind vor allem gesunde Kinder oder Kinder mit leichteren Allgemeinerkrankungen. Im Gegensatz dazu hat die Mehrzahl der perioperativen anästhesiebedingten Herzstillstände kardiovaskuläre Ursachen. Betroffen sind vor allem Kinder mit Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie · M. Laschat · F. Wappler schweren Begleiterkrankungen. Ziel vieler wissenschaftlicher Untersuchungen der letzten Jahre war es, Risikofaktoren für das Auftreten spezifischer Komplikationen im Kindesalter auszumachen. Neben vielen anderen Faktoren wie dem Patientenalter, der Art des Eingriffs und der Erfahrung des Anästhesisten sind dies Begleiterkrankungen sowie anatomische und physiologische Besonderheiten dieser Patientengruppe. Die präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie dient dazu, allgemeine und spezielle vor allem im Kindesalter auftretende anästhesierelevante Risikofaktoren zu erkennen. Auf der Basis dieser Informationen können individuell geeignete Anästhesieverfahren geplant und im Voraus Strategien zur Vermeidung von spezifischen Komplikationen entwickelt werden. Unnötige, Patienten und Angehörige belastende sowie finanzielle und personelle Ressourcen beanspruchende Untersuchungen sind zu vermeiden. Laboruntersuchungen, Röntgenaufnahmen der Thoraxorgane und andere in der Vergangenheit oft willkürlich vor einer Anästhesie geforderte Untersuchungen sind bei Kindern nur in seltenen Ausnahmen notwendig [3]. Die Prämedikationsvisite Im Rahmen der Prämedikationsvisite werden alle Informationen zusammengetragen und bewertet, die für die sichere Durchführung einer Anästhesie von Belang sind. Dies kann nur ein Anästhesist gewährleisten. Ein fachfremder Arzt kann eine „Narkosefähigkeit“ nicht beurteilen, da er spezielle Risiken und Komplikationen der Anästhesie nicht kennt. Die Prämedikationsvisite gibt dem Anästhesisten außerdem die einmalige Gelegenheit, ein Vertrauensverhältnis zu Kind und Eltern aufzubauen, sich einen ersten Eindruck über das Eltern-KindVerhältnis zu verschaffen und zu erkennen, ob Eltern und/oder Kind ungewöhnlich ängstlich sind. Unabhängig davon sind vor jeder geplanten Anästhesie folgende Fragen zu klären: • Wie ist der Allgemeinzustand des Kindes? • Kann er verbessert werden und wenn ja, mit welchen Maßnahmen? • Bestehen aufgrund von Vorerkrankungen spezielle anästhesiologische Risiken? • Sind alle erforderlichen Befunde vorhanden bzw. müssen weitere Befunde, z.B. Laboruntersuchungen, Röntgenaufnahmen oder eine Echokardiographie angefordert werden? • Sind Blutprodukte anzufordern? • Ist eine medikamentöse Prämedikation erforderlich? Wenn ja, welche? 1 Refresher Course Nr. 41 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Mai 2015 · Düsseldorf • Welches Anästhesieverfahren eignet sich am besten? • Ist spezielles Monitoring erforderlich? • Ist postoperativ eine Beatmung bzw. spezielle Überwachung (Intermediate Care, Intensivstation) nötig? • Welches schmerztherapeutische Verfahren eignet sich am besten? Die sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung durch einen Anästhesisten sind essentielle und unverzichtbare Bestandteile jeder Prämedikationsvisite. In den meisten Fällen erhält man mit diesen beiden wenig aufwändigen Maßnahmen alle relevanten Informationen zur sicheren Durchführung der Anästhesie. Anamnese Die Anamnese beinhaltet Fragen zum aktuellen Gesundheitszustand und Besonderheiten in der Vorgeschichte des Kindes. In den allermeisten Fällen werden die Eltern oder eine andere betreuende Person die Angaben dazu machen. Hilfreich sind die in den Kinder-Untersuchungsheften dokumentierten Ergebnisse der Früherkennungsuntersuchungen. Ergeben sich anamnestisch Anhaltspunkte für eine Erkrankung des Kindes, die die Eltern nicht hinreichend erläutern können, sollte immer auch der betreuende niedergelassen Kinderarzt kontaktiert werden. Sind die Kinder alt genug, können und sollten sie kindgerecht befragt werden. Ein strukturiertes standardisiertes Vorgehen mithilfe von Fragebögen in elektronischer oder Papierform, die in vielen Sprachen erhältlich sind, hat sich bewährt. Diese enthalten Fragen zum aktuellen Gewicht und zur Größe des Kindes, zur Reife und Gewicht bei Geburt, zu Infekten der oberen Luftwege, Impfungen, aktueller Medikation, Voroperationen, Krankenhausaufenthalten, Auffälligkeiten bei Vornarkosen, Allergien und Störungen einzelner Organsysteme. Idealerweise füllen die Eltern die Bögen vor dem Prämedikationsgespräch aus. So bekommt man mit relativ geringem Zeitaufwand viele relevante Informationen. Die Bögen dienen jedoch nur als Leitfaden und ersetzen in keinem Fall das persönliche Gespräch. Leider fehlen auf vielen dieser Bögen Fragen zur Familienanamnese bzgl. Atopien und Asthma. In der Kinderanästhesie Amsterdamer Straße erhalten die Eltern zusätzlichen einen Bogen mit Fragen zum Gerinnungsstatus und es wird mit dem „Postoperative Vomiting in Children-Score“ [4] das individuelle Risiko für Erbrechen nach Narkose bestimmt. . Körperliche Untersuchung Die orientierende körperliche Untersuchung inklusive Auskultation von Lunge und Herz ist auch bei scheinbar gesunden Kindern unverzichtbar. Rutherford et al. [5] fanden bei der präoperativen körperlichen Untersuchung bei 10 von 216 anamnestisch unauffälligen, gesunden Kindern einen in Voruntersuchungen nicht beschriebenen Befund, meist eine auffälliges Herzgeräusch. Bei 5 dieser Kinder wurden in der Folge bis dahin nicht bekannte Diagnosen gestellt, die eine Änderung des anästhesiologischen Verfahrens erforderten. 2 Insbesondere ist bei der Untersuchung auf Hinweise für einen schwierigen Atemweg – etwa kraniofaziale Fehlbildungen oder eine eingeschränkte Mundöffnung – zu achten. Die Racheninspektion, Überprüfung von Zahnstatus, Beweglichkeit der Halswirbelsäule und Atemgeräusch können ebenfalls Hinweise auf zu erwartende respiratorische Komplikationen liefern. Bei der Auskultation der Lunge wird man vor allem auf Zeichen einer Infektion oder Obstruktion achten. Die Auskultation des Herzen dient dem Aufspüren von pathologischen Herzgeräuschen. Laboruntersuchungen Bei Kindern, die eine unauffällige Anamnese und Familienanamnese haben und deren körperliche Untersuchung ohne pathologischen Befund ist, kann auf die präoperative Bestimmung von Laborwerten verzichtet werden [6] Die Blutabnahme ist häufig schwierig und belastend für die Kinder und deren Familien. In den seltensten Fällen werden pathologische Werte gefunden und diese haben fast nie Änderungen des geplanten Anästhesieverfahrens zur Folge [6]. Hämoglobinkonzentration Bei präoperativen Routineuntersuchungen der Hämoglobinkonzentration fand sich bei 0,5% - 12% der Kinder einer milde Anämie (Hb 9 - 10 mg/dl) , vorausgesetzt die Kind zeigten in der Anamnese und körperlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten [3,7]. In vielen Studien war jedoch die Komplikationsrate bei Kindern mit einer milden Anämie nicht erhöht [7,8]. Daher ist die präoperative Bestimmung der Hämoglobinkonzentration nur bei Kindern mit speziellen Begleiterkrankungen z.B. homozygoter Sichelzellanämie oder Thalassämia major, bei ehemals Frühgeborenen und vor Eingriffen mit einem zu erwartenden größeren Blutverlust indiziert [9]. Gerinnungsstatus In zahlreichen Studien [10, 11] konnte nachgewiesen werden, dass mit einer sorgfältigen Gerinnungsnamnese das Blutungsrisiko nach Tonsillektomie besser beurteilt werden kann als mit Routine-Laboruntersuchungen. Diese sind nur dann indiziert, wenn in der Anamnese Auffälligkeiten gefunden werden bzw. wenn bei Eingriffen mit einem erhöhten Blutungsrisiko diese nicht erhoben werden kann. Dann sollte neben Bestimmung von Quick, PTT und Thrombozytenzahl vor einer Adenotomie bzw. Tonsillektomie auch ein Von-Willebrand-Syndrom ausgeschlossen werden. Hierzu gibt es eine gleichlautende Erklärung mehrerer Fachgesellschaften [12]. Weitere Labordiagnostik Die Notwendigkeit weiterer Labordiagnostik muss individuell beurteilt werden und richtet sich nach der Größe des durchzuführenden Eingriffs, zu erwartenden Komplikationen, Vorerkrankungen des Kindes und möglichen Nebenwirkungen (z.B. Elektrolytverschiebungen) einer bestehenden Medikation [6,13]. Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie · M. Laschat · F. Wappler Refresher Course Nr. 41 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Mai 2015 · Düsseldorf EKG/Echokardiographie/Kinderkardiologisches Konsil Ergibt sich aus der Vorgeschichte und der körperlichen Untersuchung des Kindes der Verdacht auf eine bisher nicht diagnostizierte Herzerkrankung sollte vor elektiven Eingriffen eine Echokadiographie bzw. ein kinderkardiologisches Konsil angefordert werden, auch wenn es sich bei neu aufgetretenen Herzgeräuschen in der Mehrzahl um funktionell unbedeutende, sogenannte akzidentelle Herzgeräusche, handeln dürfte. Die meisten Kinder mit angeborenen Herzfehler oder anderen Herzerkrankungen werden in Deutschland jedoch früh erkannt und befinden sich in kinderkardiologischer Betreuung. Liegen keine aktuellen Befunde vor, sollten diese angefordert bzw. die Untersuchungen wiederholt werden. Bei Kindern mit neuromuskulären Erkrankungen sowie Kindern, die eine Chemotherapie erhalten oder bis vor kurzem erhalten haben, sollten zum Ausschluss einer Kardiomyopathie ebenfalls eine Echokardiographie und ein EKG durchgeführt werden [13,14]. Bildgebende Diagnostik/Röntgenuntersuchungen Kinder sind besonders strahlenempfindlich und haben ein höheres Strahlenrisiko als Erwachsene. Spätfolgen sind aufgrund der voraussichtlichen Lebenserwartung wahrscheinlicher [15]. Daher ist die Indikation für eine Röntgen-Diagnostik besonders streng zu stellen. Röntgenaufnahmen sind nur in seltenen Ausnahmen vor elektiven Eingriffen erforderlich [3]. Beispiele sind geplante Thoraxeingriffe sowie Auffälligkeiten in der Anamnese und körperlichen Untersuchung. Auch bei asymptomatischen Kindern mit Lymphomen im Thorax besteht die Gefahr des Mediastinal-Mass-Syndroms [13,16]. Daher sollte in diesen speziellen Fällen präoperativ eine Röntgenaufnahme der Thoraxorgane, ggf. auch eine MRT/CT angefordert werden [13]. Spezielle Risiken in der Kinderanästhesie ten und der Einsatz einer Maske anstatt eines endotrachealen Tubus [18]. Das Frühgeborene Die dramatischen Fortschritte in der Neonatologie ermöglichen heute ein Überleben selbst extremer Frühgeborener ab der 22. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von wenigen hundert Gramm. Die Anästhesie dieser extrem Frühgeborenen ist auch für erfahrene Kinderanästhesisten eine Herausforderung, da neben technischen Schwierigkeiten bei der Anlage von venösen Zugängen, Intubation, Beatmung und Monitoring mit sinkendem Gestationsalter auch das Risiko für perioperative Komplikationen erheblich ansteigt [20]. Folglich werden operative Eingriffe meist aus Notfallindikationen durchgeführt. Typische Beispiele sind unter anderem Nekrotisierende Enterokolitis, Darmperforationen, Mekoniumpropfsyndrom und Verschluss eines offenen Ductus arteriosus. Viele dieser Kinder sind beatmet und haben begleitend eine Sepsis. Präoperativ müssen zusätzlich zur Routineevaluation immer folgende Fragen geklärt werden: • Hat das Kind zusätzlichen Sauerstoffbedarf? Wenn ja, wie hoch? • Ist eine Atemunterstützung erforderlich? Wenn ja, in welcher Form? Wie ist die Beatmungseinstellung? • Welcher Tubus liegt? Wurde die Tubuslage überprüft? • Ist das Kind kreislaufstabil? Wie viel Volumen wird aktuell gegeben? • Ist das Kind katecholaminpflichtig? Wenn ja, welche und in welcher Dosierung? • Wie hoch ist aktuell der Glukosebedarf? • Welche und wie viele Zugänge hat das Kind? Peripher, zentral, arteriell? • Bestehen zusätzliche kardiale Risiken, z.B. offener Ductus Botalli, pulmonaler Hypertonus? • Hatte das Kind eine Hirnblutung? Respiratorische Komplikationen Die meisten Zwischenfälle in der Kinderanästhesie werden durch respiratorische Komplikationen ausgelöst. Bei ehemals Frühgeborenen ist die Inzidenz von Apnoen mit Bradykardien nach einer Allgemeinanästhesie bis zur 60. postkonzeptionellen Woche deutlich erhöht [22]. Neugeborene und Säuglinge haben einen erheblich höheren Sauerstoffverbrauch als Erwachsene und die funktionelle Residualkapazität sinkt in Narkose stärker als bei Erwachsenen [17]. Folge ist eine deutlich geringere Apnoetoleranz [18]. Bei Atemwegsproblemen werden Kinder sehr viel schneller hypoxisch als Erwachsenen. Typische Komplikationen sind Layngospasmus, Bronchospasmus, Hypoxie und Intubationsschwierigkeiten. Risikofaktoren sind unter anderem obere Atemwegsinfekte bis 2 Wochen nach Verschwinden der Symptome, Passivrauchen und Asthma oder eine positive Familienanamnese mit Asthma oder Atopien [19]. Eine intravenöse Anästhesie senkt dagegen im Vergleich zur Einleitung und Unterhaltung der Narkose mit Volatila das Risiko respiratorischer Komplikationen ebenso wie die Narkoseführung durch einen erfahrenen Kinderanästhesis- Anämie und Apnoen in der Vorgeschichte erhöhen das Risiko perioperativer Apnoen zusätzlich [21]. Die Dringlichkeit der Operation muss daher immer besonders sorgfältig abgewogen werden. Ein alleiniges Regionalanästhesieverfahren ohne Sedierung kann eine Alternative zur Allgemeinanästhesie darstellen [22]. Die Gabe von Coffeincitrat 10 mg/kg oral vor der Anästhesie senkt die Apnoehäufigkeit [23]. Die Überwachung von Herz- und Atemfrequenz und peripherer Sauerstoffsättigung über 24 h ist obligat und sollte im Bedarfsfall solange fortgesetzt werden, bis über einen Zeitraum von 12 Stunden keine Apnoen aufgetreten sind [1]. Ein weiterer Risikofaktor ist die Bronchopulmonale Dyplasie (BPD), eine chronische Lungenerkrankung, die vor allem bei ehemals extrem frühgeborenen Kindern auftritt, die über einen längeren Zeitraum beatmet Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie · M. Laschat · F. Wappler 3 Refresher Course Nr. 41 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Mai 2015 · Düsseldorf werden mussten [24]. Kennzeichnend für die BPD sind unter anderem ein hyperreagibles Bronchialsystem und die Neigung zu pulmonalen Infekten, in schweren Fällen kann eine Rechtsherzbelastung vorliegen. Häufig haben die Kinder eine Medikation mit Diuretika, Steroiden und Bronchodilatatoren. Das Risiko für perioperative respiratorische Komplikationen ist ähnlich wie bei Kindern mit Asthma während des ersten Lebensjahres deutlich erhöht [25]. Präoperativ sollten ein aktuelles Thorax-Röntgenbild, ein EKG und eine Ultraschalluntersuchung des Herzen, ein kleines Blutbild, Blutgasanalyse (BGA) und Elektrolyte vorliegen [26]. Atemwegsinfekt Bei Kindern mit akutem Atemwegsinfekt ist das Risiko für perioperative respiratorische Komplikationen wie Bronchospasmus, Laryngospasmus und Abfall der Sauerstoffsättigung erhöht. Möglicherweise reagiert bei diesen Kindern der Atemweg infolge der Entzündung ähnlich wie bei Kindern mit Asthma überschießend. Ist das Kind 2 Wochen symptomfrei, entspricht das Risiko wieder dem vor dem Infekt [19]. Im Vorschulalter gelten bis zu 12 Atemwegsinfekte pro Jahr als normal [27]. So kann es in den Wintermonaten vor allem bei Kindern, bei denen HNO-Eingriffe durchgeführt werden sollen und die schon aufgrund des Eingriffs ein erhöhtes Risiko für perioperative respiratorische Komplikationen haben, sehr schwierig sein, ein Zeitfenster zu finden, in dem das Kind infektfrei ist bzw. sich nicht gerade von einem Infekt erholt. Die Stornierung eines geplanten elektiven Eingriffs ist für Eltern und Kinder psychisch und auch ökonomisch belastend. Für die Klinik bedeutet es einen erheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Es ist daher gelegentlich unvermeidlich, Kinder mit einem Infekt der oberen Atemwege zu anästhesieren. Viele Autoren halten eine kompetent durchgeführte Anästhesie bei Kindern mit banalem Infekt der oberen Luftwege, die kein Fieber >38.5°C haben, deren Lunge auskultatorisch frei ist und deren Allgemeinbefinden nicht beeinträchtigt ist, für vertretbar [28, 29]. Asthma Asthma ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. Die Prävalenz liegt weltweit zwischen 1% - 30%. In Deutschland ist mittlerweile jedes 6. Kind betroffen [30,31]. Kennzeichnend für Asthma sind eine reversible durch physikalische und chemische Reize, Infekte, Anstrengung und andere Ursachen ausgelöste Bronchialobstruktion und ein hyperreagibles Bronchialsystem. Auch wenn das Kind nach einem akuten Anfall symptomfrei ist, persistiert die bronchiale Hyperreagilibität noch über einige Wochen [32]. Diese dürfte einer der Hauptursachen für das erhöhte Risiko perioperativer respiratorischer Komplikationen bei Kindern mit Asthma sein. Durch mechanische Stimuli wie Laryngoskopie, Intubation und Absaugen während zu flacher Anästhesie kann ein lebensbedrohlicher 4 Bronchospasmus ausgelöst werden. Das Risiko ist bei Kindern mit aktuell zunehmender Symptomatik, bei Kindern, bei denen die Medikation aktuell erhöht werden musste und die wegen ihres Asthmas kürzlich stationär behandelt werden mussten, nochmals erhöht [25]. Anamnestisch muss die Anfallshäufigkeit und -schwere, der Zeitpunkt des letzten Anfalls, mögliche Trigger, körperliche Belastbarkeit und die aktuelle Medikation sowie – falls vorhanden – Peak Flow-Werte im Verlauf erfragt werden. Bei Kindern mit gut kontrolliertem Asthma sollte die aktuelle Medikation unbedingt bis unmittelbar vor der Narkose fortgeführt werden. Besonders wichtig ist bei der körperlichen Untersuchung die Auskultation der Lunge. Bei schwerem und instabilem Asthma sollte präoperativ eine Blutgasanalyse und gegebenenfalls ein Lungenfunktionsdiagnostik angefordert werden. Präoperatives Ziel ist die Optimierung des Zustands und der Behandlung. Bestehen Zweifel bezüglich der optimalen Einstellung sollte ein pädiatrischer Kollege konsiliarisch hinzugezogen werden. Schwieriger Atemweg und Obstruktionen der oberen Atemwege Ein schwieriger Atemweg ist nach Definition der American Society of Anesthesiologists (ASA) „eine Situation im klinischen Alltag, in der ein durchschnittlich trainierter Anästhesist Schwierigkeiten hat, einen Patienten mit der Maske zu beatmen oder dessen Trachea zu intubieren bzw. weder eine suffiziente Maskenbeatmung noch eine Intubation ohne Schwierigkeiten möglich ist“ [33]. Anamnestische Indikatoren für einen schwierigen Atemweg sind: • Atemwegsprobleme bei Vornarkosen • Symptome einer Obstruktion der oberen Atemwege, z.B. rezidivierender Stridor bei Infekten oder Anstrengung, Schnarchen und obstruktive Schlafapnoen (ObstruktivesSchlafapnoe-Syndrom = OSAS) • Erkrankungen, die mit einer bronchialen Hyperreagibilität einhergehen wie Asthma, Atemwegsinfekte • Syndrome mit Fehlbildungen der Atemwege [34]. Bei der körperlichen Untersuchung ist besonders zu achten auf [35]: • Kraniofaziale Dysmorphien (Retrognathie, Lippen-KieferGaumenspalten) • Ohrfehlbildungen, besonders beidseits • Auffällige Atemgeräusche wie in- und exspiratorischer Stridor, Heiserkeit • Eingeschränkte Mundöffnung • Eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule • Adipositas. Die anästhesiologische Versorgung von Kindern mit schwierigem Atemweg ist personalintensiv und erfordert ein hohes Maß an Expertise sowie spezielles kindgerechtes Equipement. Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie · M. Laschat · F. Wappler Aktuelles Wissen für Anästhesisten Refresher Course Nr. 41 Mai 2015 · Düsseldorf Sind die entsprechenden Ressourcen in einer Klinik nicht vorhanden, ist die Verlegung in ein spezialisiertes Zentrum zu empfehlen. Postoperativ muss immer mit einer Zunahme der Symptomatik gerechnet werden. Für diese Fälle muss eine intensivmedizinische Überwachung gewährleistet sein. Obstruktive Schlafapnoen treten meist infolge einer Einengung im Bereich des Epi- und Mesopharynx auf. Symptome sind lautes Schnarchen, Entsättigungen, häufiges nächtliches Erwachen [36] und exzessive Tagesschläfrigkeit [37]. Ursächlich sind meist vergrößerte Adenoide oder Tonsillen. Perioperativ besonders gefährdet sind Kinder mit polysomnographisch gesichertem schwerem OSAS, Kinder unter 3 Jahren, morbid adipöse Kinder und Kinder mit kraniofazialen Fehlbildungen oder anderen Ko-Morbiditäten [37,38]. Postoperativ haben diese Kinder gehäuft Apnoen und gefährliche Sättigungsabfälle und müssen daher über einen längeren Zeitraum überwacht werden (Pulsoximeter, Apnoemonitor). Ein lang bestehendes unbehandeltes OSAS kann einen pulmonalen Hypertonus und ein Cor pulmonale verursachen. Perioperativ besteht die Gefahr des Rechtsherzversagens. Für diese Kinder ist postoperativ eine intensivmedizinische Überwachung zu planen. Bei schwerem OSAS sollte präoperativ eine BGA und eine Echokardiographie angefordert werden. Vor elektiven Eingriffen ist es sinnvoll, ein Konsil von einem HNO-Arzt bzgl. der Indikation für eine Adenotomie bzw. Tonsillotomie einzuholen [25]. Kardiovaskuläre Vorerkrankungen Ein inspiratorischer Stridor ist meist Zeichen einer Obstruktion der extrathorakalen Luftwege. In der Anamnese sollten Fragen zum Manifestationsalter, zur Intensität, Zeichen von Atemnot, Dauer, Verlauf und Intubationen bzw. Beatmungen in der Vorgeschichte gestellt werden. Bei Neugeborenen ist eine häufige Ursache die meist harmlose Laryngomalazie (60%). Differentialdiagnostisch ist jedoch bei Säuglingen und Kleinkindern immer auch an laryngeale Hämangiome und Zysten, Papillome, Lymphangiome sowie angeborene und erworbene subglottische Stenosen nach Intubationstrauma zu denken. Nur mit Hilfe der Anamnese und körperlichen Untersuchung lässt sich eine weiche Stenose nicht sicher von der sehr viel gefährlicheren fixierten Stenose unterscheiden. Die Atemwegssicherung kann bei diesen Kindern äußerst problematisch sein. In einer groß angelegten britischen Studie zur Inzidenz schwerer Komplikationen bei der Atemwegssicherung waren in 2 von 8 berichteten Fällen in der Kinderanästhesie eine subglottische Stenosen ursächlich [39]. Vor elektiven Eingriffen sollte daher immer ein pädiatrisch versierter HNO-Kollege oder ein Kinderpulmonologe hinzugezogen und die weiteren diagnostischen Schritte abgesprochen werden. Eine präoperative BGA und die pulsoxymetrische Messung der Sauerstoffsättigung sind obligat. Ein exspiratorischer Stridor deutet auf eine Obstruktion im Bereich der intrathorakal gelegenen Luftwege z.B. durch eine Tracheomalazie hin. Fixierte Trachealstenosen z.B. aufgrund von Trachealringen sind selten. Ist eine weiterführende Diagnostik vor der Narkose aufgrund der Dringlichkeit des Eingriffs nicht möglich, sollte eine Intubation vermieden werden bzw. nur unter größter Vorsicht erfolgen. Alle Manipulationen im Bereich der Atemwege können eine Zunahme der Obstruktion bis hin zum kompletten Verschluss des Atemwegs bewirken. Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie · M. Laschat · F. Wappler Der medizinische Fortschritt ermöglicht das Überleben von immer mehr Kindern mit sehr komplexen kongenitalen Herzfehlern z.B. hypoplastischem Linksherz. Daher werden immer häufiger Kinder mit teilkorrigierten oder korrigierten Vitien für nicht-kardiochirurgische Eingriffe vorgestellt. Diese Kinder erfordern besondere Aufmerksamkeit, da sie das höchste perioperative Mortalitätsrisiko haben [40]. Anamnestisch können eingeschränkte Belastbarkeit und Gedeihstörung auf eine beginnende Herzinsuffizienz hindeuten. Aktuelle Befunde wie Echokardiographie, EKG, präoperative periphere Sauerstoffsättigung und Laboranalysen müssen vorliegen bzw. angefordert werden. Falls Gerinnungshemmer gegeben werden, muss geklärt werden, ob und wie lange diese abgesetzt werden können und ob der Wechsel auf gut steuerbare, kurz wirkende Substanzen (z.B. Heparin) indiziert ist. Die Indikationen zur Endokarditisprophylaxe werden seit 2007 deutlich enger gestellt als in früheren Empfehlungen. Die aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie zur Endokarditisprophylaxe im Kindes- und Jugendalter wurden im April 2014 publiziert (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ ll/023-024.html). Es ist extrem wichtig, sich vor der Anästhesie über die Blutflussverhältnisse, Drucke in Kammern und Vorhöfen, Shunts, Effekte von Vor- und Nachlasterhöhung im kleinen und großen Kreislauf sowie Effekte einer Beatmung mit positiven Drucken detailliert zu informieren. Beispielsweise wird bei einer Fontan-Zirkulation die Lunge komplett passiv durchströmt. Hypovolämie und hohe Beatmungsdrücke können fatale Folgen bis hin zum Herz-Kreislaufversagen haben. In vielen Fällen ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kinderkardiologen unverzichtbar. Mit diesen ist zu klären, ob der gegenwärtige Zustand des Kindes verbessert werden kann. Hat das Kind neben dem Vitium noch andere Fehlbildungen, die operativ korrigiert werden müssen, sollte auch der Zeitpunkt und die Reihenfolge der einzelnen Korrekturoperationen interdisziplinär diskutiert werden. Bronchopulmonale Aspiration/präoperative Nüchternheit Die Inzidenz der perioperativen pulmonalen Aspiration in der Kinderanästhesie ist in den letzten Jahren stetig gesunken [41]. In einer kürzlich veröffentlichten prospektiven Multicenterstudie [42] aus Großbritannien war sie mit 2 / 10000 bei elektiven und 2,2 / 10000 Fällen bei nicht-elektiven Eingriffen erstaunlich niedrig. Kein Kind verstarb infolge einer Aspiration. Ein erhöhtes Risiko für eine Aspiration haben Kinder mit vollem Magen, mit obstruierenden Darmerkrankungen, erhöhtem intraabdominellen Druck, verzögerter Magenentleerung nach Trauma aber auch überängstliche Kinder [41,42]. Die präoperative Nüchternheit senkt das perioperative Aspirationsrisiko deutlich. Lange Nüchternzeiten müssen dabei vermieden wer- 5 Refresher Course Nr. 41 Aktuelles Wissen für Anästhesisten Mai 2015 · Düsseldorf den, da sie Säuglinge und Kleinkinder unverhältnismäßig belasten und schnell ein Volumenmangel entsteht. Kinder sollen bis 2 Stunden vor einer Narkose klare Flüssigkeit trinken und dürfen bis zu 6 Stunden vor der Narkose feste Nahrung zu sich nehmen. Kinder unter einem Jahr dürfen zusätzlich bis 4 Stunden vor der Narkose Muttermilch oder Milchnahrung zu sich nehmen [6]. Kann die Nüchternheit nicht abgewartet werden, wird man eine modifizierte Rapid-Sequence-Induction entsprechend der Handlungsempfehlung der DGAI [43] planen. Eine nasogastrale Sonde zum Ableiten von Mageninhalt empfiehlt sich bei allen Kindern mit obstruierenden Darmerkrankungen und erhöhtem intraabdominellen Druck. Idealerweise legt man diese schon auf Station. Impfungen Die DGAI empfiehlt nach Impfungen mit Lebendvakzinen einen Abstand von 14 Tagen und nach Impfungen mit Totimpfstoffen einen Abstand von 3 Tagen zu einem elektiven Eingriff in Anästhesie. Mit dieser willkürlichen Empfehlung soll hauptsächlich das Risiko einer Fehlinterpretation von Impfreaktionen z.B. Fieber als postoperative Komplikation vermieden werden [6]. Die meisten der von der ständigen Impfkommission im Kindesalter empfohlenen Impfungen werden mit Totimpfstoffen durchgeführt. Die wichtigsten Lebendimpfstoffe sind Masern, Mumps und Röteln. Postoperatives Erbrechen (POV = postoperative vomiting) POV ist die häufigste Komplikation nach Operationen im Kindesalter. Die Inzidenz ist altersabhängig [44]. Neben der extremen psychischen Belastung kann POV weitere Komplikationen wie Elektrolytentgleisungen, Hypovolämie und Nachblutungen auslösen. Es ist die häufigste Ursache für ungeplante stationäre Aufnahmen nach ambulanten Operationen im Kindesalter [45]. Die Prophylaxe des POV hat daher einen hohen Stellenwert. Das für Erwachsene entwickelte Prognosesystem ist nicht für Kinder geeignet. Daher wurde ein spezieller Score entwickelt (POVOC-Score =Postoperative Vomiting in Children Score), der auf den bei Kindern identifizierten Risikofaktoren basiert und mit dem das POV-Risiko bei Kindern relativ einfach einzuschätzen ist [4,46] und entsprechende prophylaktische Maßnahmen geplant werden können (Tab. 1). Der POVOCScore führt 4 Risikofaktoren auf (Tab. 1). Für jeden Risikofaktor wird ein Punkt vergeben. Ab einem Punktwert von 2 wird eine PONV-Prophylaxe empfohlen [47]. Muskuläre Hypotonie Die Muskelschwäche ist neben myotonen Reaktionen Leitsymptom vieler Muskelerkrankungen. Kinder mit Muskelerkrankungen haben zahlreiche anästhesierelevante Risikofaktoren. Erwähnenswert sind die erhöhte Gefahr einer perioperativen respiratorischen Insuffizienz und kardiale Begleiterkrankungen. Daher gehört die Frage nach Muskelerkrankungen beim Kind oder in der Familie zum Standard bei der präoperativen Visite. Präoperativ sollten immer eine BGA, eine Echokardiographie 6 Tabelle 1 POVOC-Score nach Eberhardt. Risikofaktor Punktwert Alter > 3 Jahre 1 PONV oder Reisekrankheit in der Anamnese vom Kind oder Verwandten 1. Grades 1 Strabismusoperation (Adenotomie, Tonsillektomie) (47) 1 Operationsdauer > 30 min 1 und ein neuropädiatrisches Konsil durchgeführt werden sowie Creatinkinase und Myoglobin gemessen werden [26]. Einige dieser Erkrankungen sind mit einer Disposition zur Malignen Hyperthermie (MH) assoziiert. Die MH und die im Verlauf sehr ähnliche anästhesieinduzierte Rhabdomyolyse sind potentiell lebensbedrohliche Reaktionen, die unter anderem durch diverse Anästhetika getriggert werden, deren Einsatz bei einer bekannten Disposition für diese Reaktionen kontraindiziert ist. In der Regel wird man bei Kindern mit Muskelerkrankungen eine intravenöse Anästhesie mit Propofol und Opioiden planen, da diese Substanzen keine Trigger der MH sind. Differentialdiagnostisch muss jedoch bei Kindern mit einer Muskelschwäche unbekannter Genese unter anderem an eine Mitochondropathie, eine sehr heterogene Gruppe von Erkrankungen mit Fehlfunktionen oder Schädigung der Mitochondrien, gedacht werden. Theoretisch haben diese Kinder ein erhöhtes Risiko für das Propofol-Infusions-Syndrom (Azidose, Rhabdomyolyse, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Nierenversagen) [48]. Man wird daher bei diesen Kindern auf Propofol verzichten wollen. Dieses Dilemma hat Brandom in einem 2013 erschienenen Editorial [49] als „the floppy infant challenge“ bezeichnet. Er empfiehlt bei muskelhypotonen Neugeborenen oder Kleinkindern ohne eindeutige Diagnose folgendes Procedere: • Anforderung eines neuropädiatrischen Konsils mit der Frage nach der wahrscheinlichsten Diagnose • Bestimmung von Creatinkinase und Laktat. Ist die Creatinkinase erhöht, ist eine Muskelerkrankung wahrscheinlicher und die Narkose sollte triggerfrei geplant werden. Ist Laktat erhöht, ist eine Mitochondriopathie wahrscheinlicher und Propofol sollte vermieden werden [49]. Seltene Erkrankungen und Syndrome Eine Erkrankung gilt als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen davon betroffen sind (Definition: Bundesministerium für Gesundheit). Als Syndrom werden bestimmte Symptomkomplexe bezeichnet. Namensgeber sind in vielen Fällen die Erstbeschreiber. Die meisten Syndrome zählen zu den seltenen Erkrankungen. Zurzeit werden ca. 8.000 Erkrankungen als selten eingestuft. Häufig haben diese Patienten anästhesierelevante Risikofaktoren. Bei jedem Kind mit einem Syndrom oder einer seltenen Erkrankung müssen daher vor der Anästhesie entsprechende Informationen eingeholt werden. Präoperative Evaluation in der Kinderanästhesie · M. Laschat · F. Wappler Aktuelles Wissen für Anästhesisten Refresher Course Nr. 41 Mai 2015 · Düsseldorf Im Internet gibt es inzwischen Portale, die Informationen zu zahlreichen seltenen Erkrankungen und damit assoziierten Anästhesierisiken bereitstellen (Orphanet; OrphanAnesthesia, www.orphananesthesia.eu). Schlussfolgerungen Die präoperative Evaluation dient der optimalen Vorbereitung des Kindes vor einer Anästhesie. Ihr Ziel ist es, anästhesierelevante Risiken aufzudecken und auf Basis dieser Informationen Strategien zur Vermeidung von perioperativen Komplikationen zu entwickeln. Sie ist somit ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Qualität und Sicherheit in der Anästhesie. Anamnese und körperliche Untersuchung sind dabei von besonderer Bedeutung, da sich mit diesen beiden einfachen Mitteln die Mehrzahl der relevanten Risikofaktoren ermitteln lässt. Weiterführende Untersuchungen sind nur selten notwendig. Strategien zur Verminderung von Risiken beinhalten die Optimierung des Zustandes des Kindes, beispielsweise durch Anpassung der Medikation oder Verschieben des Eingriffs bis eine akute Erkrankung ausgeheilt ist. Risikopatienten oder Patienten, bei denen aufgrund der Dringlichkeit des Eingriffs der Zustand nicht verbessert werden kann, sollten von einem erfahrenen Kinderanästhesisten an einem spezialisierten Zentrum betreut werden, da die Häufigkeit von Komplikationen mit zunehmender individueller und institutioneller Erfahrung abnimmt [50]. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 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