Das KZ „Mittelbau Dora“ – Täterschaft und Zwangsarbeit
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Das KZ „Mittelbau Dora“ – Täterschaft und Zwangsarbeit
Das KZ „Mittelbau Dora“ – Täterschaft und Zwangsarbeit Arbeitsauftrag: Recherchiert die Eckpunkte der Geschichte des ehemaligen KZ „Mittelbau Dora“ unter Berücksichtigung der Täterschaft und der Zwangsarbeit; stellt diese in einer Projektarbeit zusammen. Erarbeitet eine Gruppenführung für Schüler Regelschulklassen zum oben genannten Thema. Staatliche Regelschule „Käthe – Kollwitz“ in Nordhausen Wilhelm – Nebelung – Straße 44 99734 Nordhausen Projektgruppe: Klasse 10a der oberen Gliederung 1 Begründung des Themas/ Zielstellung 2 2.1 2.2 Das Lager „Mittelbau Dora“ Geschichte/ Fakten/ Zahlen/ Bilder Der Kohnstein 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Häftlinge Das Leben im Stollen Die Lebensbedingungen im Barackenlager Die Diskriminierung der Häftlinge Möglichkeiten des Widerstandes Aktiver/ passiver Widerstand Rolle der deutschen Zivilbevölkerung 4 4.1 4.2 Die Täter Organisation und Verwaltung der Aufseher Täterbiographien 5 5.1 5.2 Reaktion der Einwohner Nordhausens Das System der Funktionshäftlinge Zeitzeugenaussage 6 Die Entstehung von Außenlagern 7 7.1 7.2 Die letzen Monate der Existenz des Lagerkomplexes „Mittelbau Dora“ Evakuierung der Lagerinsassen aus Auschwitz und Groß Rosen Räumung des Mittelbaulagers 8 Gedenkstätte heute 9 9.1 9.2 Stationen und Besichtigungsschwerpunkte Arbeitsblatt 1: Stationen der Führung Arbeitsblatt 2: Fragen zur Führung 3 Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Häftlinge 3.1 Das Leben im Stollen Am 28. August 1943 brachte ein Häftlingstransport aus dem KZ – Buchenwald bei Weimar, circa 90 Kilometer entfernt von Nordhausen, erste „Arbeitskräfte“ in das Lager, in welchem weder Baracken noch andere Unterkünfte existierten. Die Menschen schliefen in Stollen, in der Kammer 39 auf dem blanken Felsboden und den südlichen Querkammern des Stollensystems, den Kammern 43 bis 46. In den 12 Meter breiten und 9 Meter hohen Gemäuern standen vierstöckige Holzpritschen. Die Schlafstollen waren von den Fahrstollen durch Planen getrennt. „Die Hölle von Dora“, wie sie Überlebende bezeichneten, war gekennzeichnet von Ungeziefer, Fäkalien, halbierten Benzinfässern als Latrinen, Gesteinsstaub, giftigen Dämpfen, kalter Zugluft und dem Gestank von verwesenden Leichen. Alle zwölf Stunden wurden die Häftlinge aus dem Schlafstollen gegen diejenigen ausgetauscht, die ihre Arbeitsschicht beendet hatten. Tote lagen Lebenden. Die katastrophalen hygienischen Bedingungen, die völlig mangelhafte Ernährung, die Verpflegung bestand aus einem Brot für vier Gefangene und einer Kohlsuppe. Die mörderischen Arbeitsbedingungen trieben die Zahl der Toten in die Höhe. Arbeitsunfälle waren an der Tagesordnung; angesichts des Arbeitstempos passierte es, dass tödlich Verunglückte gar nicht aus den Stollen gebracht, sondern in die Fundamente einbetoniert wurden. Kranke, Verletze und erschöpfte Häftlinge wurden selektiert und zur Liquidierung nach Bergen – Belsen und Lublin/ Majdanek deportiert. Die Arbeitsbekleidung bestand aus einer dünnen Jacke, eine Hose, einem Hemd und klobigen Holzschuhen. Eine ärztliche Versorgung gab es kaum. Je nach körperlicher Konstitution führte diese Arbeitsbedingungen nach vier bis acht Wochen zur vollständigen Erschöpfung der Menschen. Die Zahl der Todesfälle stieg ab November 1943 immens an und erreichte im Winter 1943/44 seinen Höhepunkt. Offizielle Zählung (Stand: März 1944) 3000 Opfer Deportation in die Vernichtungslager 3.2 3000 Menschen Die Lebensbedingungen im Barakenlager Als im Frühjahr 1944 die Raketenmontage im Lager aufgenommen wurde, verbesserten sich die Verhältnisse der Häftlinge insofern, dass man ausgebildete und leistungsfähige Arbeitskräfte an den Maschinen brauchte und der Umzug in die oberirdischen Baracken vorgenommen wurde. Dieser Ort war trocken und vergleichsweise sauber. Es gab Waschgelegenheiten und die Möglichkeit ärztlicher Behandlung. Das traf allerdings nur für Häftlinge zu, die für die Raketenmontage vorgesehen waren. Die Schwächeren wurden in neu entstehende Außenlager in der Umgebung abgeschoben, um dortige Bauarbeiten zu verrichten. Im Barackenlager blieben die Gesunden, die sogar in den „Genuss“ eines Prämiensystems kommen konnten, wenn sie andere Häftlinge korrumpierten. Es gab Wertgutscheine für zusätzliche Lebensmittel oder den Besuch des internen Lagerkinos oder des Bordells. 3.3 Die Diskriminierung der Häftlinge Die Lager – SS war für den inneren Betrieb des KZ zuständig. Ihre Brutalität war von allen Häftlingen gefürchtet. Ihre Misshandlungstaten erstreckten sich bis auf die Angehörigen der Wachmannschaften, die für die Arbeitskommandos zuständig waren. Ein besonders brutaler SS – Aufseher war Erwin Busta. Er übte die Aufsicht in den Stollenlagern aus und wurde von den Häftlingen „Stollenschreck“ genannt. 3. 4.2 Rolle der deutschen Zivilbevölkerung Die Existenz von KZ- Häftlingen gehörte in unserer Region zum Alltag der Bevölkerung. Durch die Zwangsarbeit in den örtlich angesiedelten Betrieben, in denen die Stammbelegschaft an der Seite der Häftlinge arbeitete, durch die Beteiligung örtlicher Behörden an der Versorgung im Lager und durch die Tatsache, dass deutsche Zivilarbeiter die Häftlingskommandos bei der Arbeit kommandierten, kam es zu keinerlei Rückfragen über deren Einsatz im Mittelbau- Lager. Auf der einen Seite gab es Menschen, die den Häftlingen halfen, auf der anderen Seite auch eine Reihe von Einheimischen, die sich an den Grausamkeiten der Nazis beteiligten. 6 Die Entstehung von Außenlagern In der Region von Nordhausen wurde bis zum April 1945 ein dichtes Netz von etwa 40 Außenlagern aufgebaut. Es gab mehrere Arten davon: Produktions-, Bau- und Sterbelager. Häftlinge, die in Produktionskommandos eingesetzt waren, mussten dort Schwerstarbeit leisten. Das betraf vor allem den Ausbau des Verkehrsnetzes in der Region. 7 Die letzten Monate der Existenz des Lagerkomplexes „Mittelbau Dora“ 7.1 Evakuierung der Lagerinsassen aus Auschwitz und Gross - Rosen Die SS begann zu Beginn des Jahres 1945 Häftlinge der Lager Auschwitz und Gross – Rosen zu evakuieren. Insgesamt wurde über 16000 Häftlinge nach Nordhausen ins KZ „Mittelbau Dora“ gebracht. Sie wurden in Viehwagons transportiert und mussten zusätzlich einen langen Fußmarsch bis zum Kohnstein hinter sich bringen. Häftlinge, die die Evakuierung überlebten, kamen mit großen körperlichen Gebrechen im Konzentrationslager an. 7.2 Transport in den Tod Die Häftlinge, die auf dem Boden schliefen und Tage lang vor sich hin vegetierten wurden achtlos auf einen Haufen geworfen. Ihr Weg endete meistens im Krematorium. Es hieß, die Insassen wohnten in so genannten „Schönungsblöcken“; das aber bedeutete, die SS ließ sie einfach verhungern und sterben. Die Tagesration eines Häftlings betrug 450 Gramm Nahrung. Die Häftlinge hungerten sich zu Tode. 8. Gedenkstätte heute Will man die Bedeutung eines Denkmales verstehen, muss man auch seine geschichtliche Entwicklung untersuchen. Im Hauptteil unserer Arbeit haben wir die Entwicklung des Konzentrationslagers Mittelbau – Dora unter dem Aspekt der Rolle der Täter und Opfer während des Nationalsozialismus dargestellt. Im Folgenden wird kurz erläutert, wie die Entstehung der Gedenkstätte in einer wechselvollen Zeitspanne von über 60 Jahren verlief. Am 11.April 1945 wurde das KZ Mittelbau Dora von Soldaten der US Army befreit. Was sie dort vorfanden, war für so entsetzlich, dass sie zum einen tiefes Mitleid für die ausgehungerten und sterbenden Menschen empfanden, jedoch gleichzeitig eine unbändige Wut auf die deutsche Bevölkerung hatten, die von den Grausamkeiten eines Konzentrationslagers in der Nähe ihrer Stadt Nordhausen nichts gewusst haben wollten. Die amerikanischen Soldaten trieben einige ehemalige NS-Angehörige und Personen aus der Zivilbevölkerung in das Lager, um sie dort mit den Grausamkeiten zu konfrontieren und sorgten dafür, dass die Toten auf einem Ehrenfriedhof beerdigt werden. „Die Zwangsbesichtigungen der Lager verstärkten den Prozess der Umdeutung , der aus der Täterschaft eine besiegte und von Strafangst und Schuldabwehr geprägte Gesellschaft mit ausgesprochenem Opferbewusstsein machte.“ 1 Kurz formuliert fühlten sich nun die aktiven und vor allem die passiven Täter zu Opfern degradiert und der Siegermacht ausgeliefert. Obwohl die amerikanische Besatzungsmacht die Lager Dora und Harzungen nach 1945 zur Unterbringung befreiter ausländischer Zwangsarbeiter nutzte, diese sollten sich gesundheitlich erholen und möglichst schnell in ihre Heimatländer zurückkehren, konnten oder wollten sie nicht verhindern, dass viele Baracken abmontiert wurden und im völlig zerstörten Nordhausen als Notunterkunft oder als Brennholz genutzt worden sind. Das Krematorium Besatzungsmacht war auf Anordnung der folgenden sowjetischen nicht zerstört worden und diente ab 1946 als eine Art Grundstein für eine spätere KZ- Gedenkstätte. „Schon in den fünfziger Jahren zeugten allenfalls noch die Betonfundamente von der Vergangenheit dieser Orte. Andere Lager dienten als Notunterkünfte für Vertriebene und Flüchtlinge – hier legte sich auf die NS- Vergangenheit eine ganz besondere Form der „ Heimatpolitik“ nach 1947.“ 2 Es dauerte lange, ehe die deutsche Bevölkerung bereit war, ehemalige Konzentrationslager als Gedenkstätte zu nutzen. Die Besatzungsmächte legten KZ- Friedhöfe an, um das Andenken der Toten zu wahren. Nur die Überlebenden dieser grausamen Stätten nationalsozialistischer Vergangenheit waren bemüht, Gedenken und Mahnung mit diesen Orten zu erhalten. Obwohl auf dem Lagergelände des Mittelbau Dora das Krematorium nicht abgerissen werden durfte, blieb die ehemalige Fläche bis in die frühen fünfziger Jahre verwaist. Ende 1946 wurde auf dem Bahnhofsvorplatz ein Gedenkstein für den in „Dora“ ermordeten KPD- Funktionär Albert Kuntz eingeweiht und Gedenkveranstaltungen fanden eben dort statt und nicht am eigentlichen Tatort.3 Als 1950 erstmals französische Überlebende des Lagers Dora besuchten, forderten sie die Aufstellung eines Gedenksteines. Erst vier Jahre später wurde vor dem Krematorium eine Ehrenstätte errichtet. 1964 wurde vor dem ehemaligen Krematorium eine Plastik des Bildhauers Jürgen Woysky aufgestellt und damit kam es auch zur offiziellen Gründung der „Mahn- und Gedenkstätte Dora“. Man gedachte der Opfer des Faschismus, ohne nach der Mitschuld der eigenen Zivilbevölkerung zu fragen, „denn schließlich, … , waren es die nunmehr in Westdeutschland lebenden „Monopolherren“ und ihre Helfershelfer in der SS, die für die lokalen NS- Verbrechen verantwortlich waren.“ 4 Die damalige Gedenkstättenleitung erweiterte dann das Gelände in den siebziger Jahren um den ehemaligen Appellplatz. Anlässlich des 25. Jahrestages der Gründung der DDR wurde dort eine Rednertribüne aus Beton aufgestellt und somit ein Kundgebungsplatz für Gedenkfeiern errichtet. „Einige Jahre später wurde ein Kupferrelief des Künstlers Heinz Scharr mit einer Darstellung des Leidensweg der Häftlinge an einer Bogenmauer hinter der Tribüne angebracht und der ehemalige Appellplatz wurde mit 21 „Steinen der Nationen“ umrundet“5 Nach der Vereinigung Deutschlands begann die Neugestaltung der ehemaligen Lagerfläche. Es wurden Fundamente und andere bauliche Relikte freigelegt. Seit 1995 werden Führungen auch durch den inzwischen freigelegten Stollen am Kohnstein von Mitarbeitern der Gedenkstätte organisiert. Außerdem wurde eine Unterkunftsbaracke rekonstruiert und eine neue historische Ausstellung dort eröffnet. Die Bundesregierung nahm im Jahre 2000 im Rahmen ihrer Gedenkstättenkonzeption Mittelbau Dora in die Bundesförderung auf. Damit wurde die Grundlage für die Errichtung eines neuen Museums mit der 2006 eröffneten neuen Dauerausstellung geschaffen. 6 1 Jens Christian Wagner, Das Verschwinden der Lager. Mittelbau Dora und seine Außenlager im deutschdeutschen Grenzbereich nach 1945; Vortrag zur Konferenz „Das Erbe der Regionen“ Göttingen 17./18.11.2000 2 Ebenda, Seite 4 3 Ebenda, Seite 4 4 Ebenda, Seite 9 5 „Konzentrationslager Mittelbau- Dora 1943 – 1945“, Herausgegeben im Auftrag der Stiftung Buchenwald und Mittelbau- Dora von Jens Christian Wagner, Wellenstein Verlag 2007, Seite 178 6 Ebenda Seite 180 9 Stationen und Besichtigungsschwerpunkte 9.1 Arbeitsblatt 1: Aufgabe: 1 Stationen der Führung Bestimme die markierten Punkte auf der Abbildung 9.1.1 Abbildung 9.1 zeigt maßstabsgetreue Kartenansicht vom KZ „Mittelbau Dora“ 9.2 Arbeitsblatt 2: Aufgabe: Fragen zur Führung Beantworte die folgenden Fragen zu den Schwerpunkten der Führung. 1) Welchen präzisen Namen trägt das vor uns liegende Denkmal? 2) Wann und warum entstanden die ersten Fundamente für ein KZ in Dora? 3) Welches Ziel verfolgten die Faschisten mit der Inbetriebnahme des KZ Ende August 1943? 4) Was geschah am 28.08.1943? 5) Was geschah im Januar 1944? 6) Welchen Namen bekam „Mittelbau Dora“ am 28.10.1944? 7) Was passierte am 3./4. April 1945 im KZ? 8) Wann wurde „Mittelbau Dora“ zu einer Mahn- und Gedenkstätte? 9) Wer war Erwin Busta? 10) Was versteht man unter einem Funktionshäftling? 11) Was erfahrt ihr über die Kleidung der Häftlinge? 12) Welche Bedeutung haben die verschiedenfarbigen Winkel auf der Kleidung? 13) Was wisst ihr über so genannte Außenlager? 14) Was passierte in den letzten Monaten der Existenz des Lagerkomplexes „Mittelbau Dora“? 15) Was bedeutet „Transport in den Tod“? 16) Welches Datum trägt der Tag der Befreiung des KZ „Mittelbau Dora“? 17) Als was fungierte das befreite KZ nach Kriegsende? 18) Warum ist „Buchenwald und Mittelbau Dora“ eine Gedenkstätte? 19) Was habt ihr über die Bedeutung von Denkmalpflege erfahren? 20) Gehört „Buchenwald und Mittelbau Dora“ zum Kulturerbe? Begründe deine Meinung!