Interview Shisha-Bar LaFemme_Christian Flick
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Interview Shisha-Bar LaFemme_Christian Flick
Humboldt Universität Berlin – Institut für Sozialwissenschaften 04.03.2013 Seminar: Qualitative Methoden der Stadtforschung Dozent: Andrej Holm Autor: Christian Flick, Matr.: 552911 Interview zu gastronomischen Aspekten der Gentrification in der Neuköllner Shisha-Lounge „La Femme“ Name der Einrichtung Adresse Untersuchungsgebiet Gastronomischer Typ Interviewzeitpunkt Einverständniserklärung Anzahl der Plätze Anzahl der Gäste Autor des Essays LaFemme - au café nargile evi Pflügerstraße 1, 10967 Berlin Nordneukölln, Reuterkiez Shisha- Bar/Lounge Mittwoch, 06.02.2013, 16-17 Uhr Mündliches Einverständnis des Geschäftsführers Ca. 120-140 Plätze (über zwei Etagen) Ca. 30 Gäste Christian Flick Gliederung 1. Beschreibung der Interviewsituation Seite 1 2. Interviewabschrift Seite 2 3. Transkription der Infofragen Seite 7 4. Transkription der Masterfragen in Sequenzen Seite 13 5. Auswertung des Interviews Seite 20 6. Fazit Seite 22 7. Selbstreflektion Seite 22 1. Beschreibung der Interviewsituation Das Interview fand am 06.02. im LaFemme statt, nachdem ich am 24.01. persönlich den Termin mit dem Geschäftsführer vereinbart hatte. Er bat mich gegen 16 Uhr zu erscheinen, da die Gästezahl zu dieser Zeit noch überschaubar ist und er sich dadurch ein wenig Zeit nehmen könne. Bei Betreten des LaFemme gegen 16 Uhr war das Untergeschoss nichtsdestotrotz gut gefüllt, sodass wir uns nach kurzer Begrüßung in die fast leere obere Etage zurückzogen. Vor der Fensterfront Platz nehmend bereitete ich die Sprachaufnahme mit meinem Smartphone vor und legte die Fragen zurecht, während der Geschäftsführer noch etwas erledigen musste. Ich hatte vorher nie mehr als ein paar Sätze mit ihm gewechselt und konnte nicht so recht einschätzen wie er dem Interview gegenübersteht, da er stets ein wenig gleichgültig wirkte – was sich im weiteren Verlauf als Trugschluss herausstellte. Nachdem ich sein Angebot etwas zu trinken dankend annahm, starteten wir das Interview. Um der ganzen Situation die Distanz zu nehmen erklärte ich noch einmal kurz, was Sinn und Zweck unseres Projektes ist, worauf er mit kurzem Nicken reagierte. Mit Beginn der ersten Frage verflog mein Eindruck des Desinteresses: Mein Gesprächspartner machte es mir leicht, ein laufendes Gespräch zu entwickeln, indem er aufmerksame und recht klare Antworten gab, ohne sich in Details zu verlieren. Diese waren zwar stellenweise ziemlich kurz, kamen dafür aber bis auf wenige Ausnahmen auf den Punkt, sodass ich nur ab und an Fragen umformulieren musste, um die gewünschten Informationen zu bekommen. Leider vergaß ich ein wenig die begrenzte Interviewzeit, da sich das Gespräch zu einem Selbstläufer entwickelt hatte. Letztlich kam ein Interview im Umfang von ca. 26 Minuten zustande. Bei der Verabschiedung versprach ich ihm noch, die Ergebnisse vorbeizubringen. 2. Interviewabschrift Könntest du kurz deine Funktion im LaFemme beschreiben? Ich bin Geschäftsführer des LaFemme. 0:10 – 0:20 Bist du auch der Besitzer? Nein. Der Besitzer hat sechs Läden und jeweils sechs Geschäftsführer eingestellt, mich für das La Femme. 0:22 - 32 1 Warum hast du dich für den Beruf entschieden, bzw.: warum bist du Geschäftsführer des LaFemme? Ich bin zwar nicht der Besitzer, konnte aber viel von dem durchsetzen, was ich durchsetzen wollte, außerdem ist man mit fast allen die kommen bekannt, das ist natürlich gut. Ich sehe das aber eher als Zwischenstation und will Grafikdesign studieren. 0:33 – 0:54 Wo befinden sich die Läden des Besitzers? Die Läden sind in Berlin verteilt. Es handelt sich dabei nicht nur um Gastronomie, sondern wir haben auch ein Photostudio, eine Modeboutique, zwei Waffelläden, davon einen hier und einen in Steglitz im Boulevardcenter und ein Frühstückscafé hier nebenan. 0:55 – 1:05 Seit wann gibt es das LaFemme? Seit knapp 4 Jahren. 1:10 – 1:15 Wieviele Mitarbeiter habt ihr und hat sich die Zahl verändert? Knapp 15 Mitarbeiter haben wir heute. Anfangs gab es nur das Untergeschoss und 4 Mitarbeiter, dann haben wir den Laden auf das Obergeschoss erweitert und nun sind es 15. 1:20 – 1:40 Was befand sich vorher in dem Laden? Ein türkisches Männercafé, wo beispielsweise Karten gespielt wurden und sich die Männer treffen konnten. Eine Art Kulturcafé. 1:40-1:50 Würdest du sagen, dass sich deine ursprünglichen Erwartungen als Geschäftsführer erfüllt haben? Ja, sie haben sich in den drei Jahren als Geschäftsführer erfüllt. Davor hatte ich ein Jahr Zeit mich einzuarbeiten. Ich habe alles gemacht was ich machen musste. Alles, was ich persönlich gut finde, habe ich durchgesetzt. 1:50 – 2:33 Haben sie sich verändert? Die Erwartungen ändern sich, je nach Jahreszeit. Man muss mit der Zeit mitgehen. Vor drei Jahren, geschäftlich gesehen, hatte man einen komplett anderen Kundenkreis. Die Kunden hatten mehr Geld, definitiv mehr Geld. Da waren auch die Sachen, die wir gekauft haben, günstiger, mittlerweile wird es immer enger, enger, enger. 2:38 – 3:30 2 Gab es damals andere Kunden als heute/Hat sich die Zusammensetzung der Gäste verändert? Auf jeden Fall. Anfangs kamen auch ältere Menschen, mittlerweile überwiegend nur noch Jugendliche, bzw. Kunden zwischen 18 und 30. 3:35 – 4:00 Wie kam es zu der Veränderung? Das liegt wahrscheinlich vor allem daran, dass die Bezirke hier recht teuer werden und sich die Älteren zurückziehen. 4:03 – 4:20 Also denkst du, dass sich die Kundschaft durch die Veränderung um euch herum verändert hat? Ja, das liegt vor allem an der Stadt Berlin. Ich hab das selbst mitbekommen. Eigentlich waren Neukölln und Kreuzberg Bezirke, in denen vor allem türkische Gastarbeiter gewohnt haben. Jetzt wollen sie die türkischen Gastarbeiter aber aus dem Viertel raushaben. 4:25 – 4:50 Habt ihr euch dem Wandel angepasst? Habt ihr bspw. die Preise und die Karte verändert? Teilweise. Wir müssen uns den Jugendlichen anpassen. Wir sind billiger geworden. An der Karte haben wir nicht viel verändert. Für Shisha-Cafés haben wir wenig Auswahl und wir schenken auch keinen Alkohol aus. Da kann man nicht viel verändern. Die Karte ist daher relativ gleich geblieben. 5:00 – 5:35 Könntest du die Kundschaft näher beschreiben? Wir haben viele Stammkunden und wenig Laufkundschaft. Man befreundet sich schnell und es kommen viele bekannte Gesichter. Wir haben einen guten Bezug zu allen die hierher kommen. Die Gäste sind überwiegend Schüler oder Menschen, die gerade angefangen haben zu studieren. Die meisten kommen zwei- bis dreimal in der Woche. Wir haben generell eigentlich nur Ausländer hier. Die Deutschen sind klar in der Unterzahl, was wir schade finden, da wir gerne multikultureller sein möchten, aber das schafft man nicht. Wenn sechs Türken hier sitzen, trauen sich meistens keine Deutschen hier rein. Das ist einfach so, so gesehen. Ich bin selber kein Türke. Das liegt an dem früheren Gastarbeiterbezirk hier. Wir sind deshalb ein türkisches Café und bieten türkische Livemusik und türkisches Essen an, deshalb kommen fast nur Türken. 5:40 – 7:45 Wie ist die Gewichtung zwischen Männern und Frauen? 3 Wir lassen nicht mehr als zwei Jungs ohne weibliche Begleitung rein. Das ist unser Konzept, deshalb kommen überwiegend Frauen. Wenn mehr als drei Männer allein an einem Tisch sitzen, müssen die aufstehen. 7:48 – 8:10 Kannst du Gründe hierfür nennen? Sagen wir, ich hätte eine Schwester, die mit ihren fünf Freundinnen in ein Shisha-Café gehen möchten. Ich will nicht, dass sie von fünf Männern am Nachbartisch belästigt werden. Das soll ein Laden sein, in den sich Frauen hin trauen, wo sie sich wohlfühlen. Vor allem kommen auch viele bedeckte Frauen. 8:14 – 8:34 Was glaubst du, warum die Stammkunden zu euch kommen? Weil sie sich wie zuhause fühlen. Viele kommen nach der Schule um zu lernen. Es ist etwas anderes beim Lernen auch Shisha rauchen zu können. Die Leute kommen auch um sich nach der Arbeit oder Schule zu entspannen und abzulenken, das ist eine Alternative zum Alkohol oder in den Club zu gehen, unter Freunden wo man sich wohlfühlt. Dazu spielen wir dreimal die Woche türkische Livemusik und übertragen die ganze türkische Fussballliga. 8:38 – 9:10, 19:15 – 20:15 Was konsumieren die Gäste größtenteils? Überwiegend Shisha. Man geht ja in eine Shisha-Bar, um Pfeife zu rauchen. Backgammon ist auch sehr beliebt bei uns. Die Livemusik ist sehr beliebt und auch Familien können hierher kommen. Wir haben viele muslimische Gäste und die gehen in keine Läden, in denen es Alkohol gibt. Wir haben keinen Alkohol und deshalb kommen viele Frauen gerne mit ihren Familien her. 9:14 – 10:10 Kannst du einen Grund nennen, warum der Laden gerade hier aufgemacht hat? Das hat sich so ergeben. In Kreuzberg und Neukölln gab es keinen Laden, in den halt überwiegend Frauen kommen konnten. Deswegen hat er sich das Konzept überlegt und für die Ausländer ist das hier der Mittelpunkt im Zentrum von Berlin. Da wollte man etwas aufmachen, wo Familien und Frauen hinkommen können ohne dass sie angemacht werden, damit sie Livemusik hören können und Zeit ohne Stress verbringen können. 10:15 – 11:30 Hat der Name LaFemme etwas mit dem Konzept zu tun? 4 Das ist Zufall. Mein Chef hatte früher eine Boutique und seine Frau hat den Namen eingeführt. LaFemme heißen alle unsere Gastroläden. 11:40 – 12:20 Du hattest bereits erwähnt, dass sich der Wandel des Bezirks stark auf euch ausgewirkt hat. Inwiefern hat sich euer Konzept den Umständen angepasst? Ja. Indem man jüngere Mitarbeiter einstellt, damit jüngere Gäste sich wohlfühlen. 12:50 – 13:15 Würdest du sagen, dass das LaFemme gut in die Nachbarschaft passt? Wir wollten eigentlich nur, dass die jüngeren Kreuzberger und Neuköllner nicht nach Charlottenburg oder an den Kudamm fahren müssen. Dass man was höheres, besser angesehenes hier genießen kann. Es ist mal etwas anderes so etwas hier in der Gegend zu haben. 13:17 – 13:55 Kommen die meisten aus der Nachbarschaft? Ja, aus Neukölln und Kreuzberg. 13:57 – 14:05 Welche Bedeutung hat das LaFemme für die Nachbarschaft? Schwer zu sagen. Es gibt hier viele verdeckte Frauen, Schülerinnen und sowas.. Die dürfen nicht weit weg, weil es der Vater nicht erlaubt. Wir sind im Zentrum und die meisten wohnen hier in der Gegend. Das ist ein Pluspunkt für die Jugendlichen, da wir uns genau in der Nähe der ganzen Türken im Bezirk befinden. Die kommen dann auch nicht einmal pro Woche, sondern dreimal. 14:15 – 15:20 Wenn du die Wahl frei hättest, würdest du das LaFemme direkt hier aufmachen? Ich würd es definitiv wieder hier aufmachen. 15:25 – 16:15 Würde das LaFemme auch in in Spandau, Weißensee oder Schöneberg stehen können? Das liegt vor allem daran, wie viele Ausländer dort wohnen. In Weißensee würde das gar nicht gehen, da gibt es keine Ausländer. Wir kennen das aus unseren Ländern. Das hat mit Kultur zu tun. Wir Ausländer gehen oft raus, auch unter der Woche, die Deutschen machen das nur am Wochenende. Nicht in Berlin, das ist was anderes, aber in Dortmund oder so. Nur Freitag oder Samstag hat meinen seinen Spass, das wars auch. Wir sprechen nur einen bestimmten Kundekreis an. Einer, der kein türkisch versteht, würde zwei-, dreimal zur 5 Livemusik kommen, denkt sich dass es krass ist, kann es aber nicht verstehen und hat keinen Spass dran. Ein Türke versteht die Musik, singt mit und hat Spass dran. Deshalb kommt er wieder. 16:18 – 18:50 Glaubst du dass der Wandel im Viertel zukünftig großen Einfluss darauf haben wird, wie es mit LaFemme weitergeht? Das kann man so nicht sagen. Das hängt viel vom Staat ab, was er den jungen Leuten mitgeben kann. Wir müssen uns an der Kundschaft orientieren und dementsprechend anpassen. Das Frühstückscafé nebenan hat auf jeden Fall eine Zukunft, falls aber immer mehr Touristen hierher ziehen wird es für die Shisha-Bar schwer. 6 3. Transkription der Infofragen Fragen Antwort Anmerkung Gesprächssequenz (min.) 1. Fragen zur Einrichtung Seit wann gibt es die Einrichtung? Sind sie der Gründer/die Gründerin? Seit knapp 4 Jahren. Ich bin nur Geschäftsführer, nicht Besitzer. Der Chef hat sechs Läden und jeweils 1:05 – 1:15 sechs Geschäftsführer eingestellt, mich für das La Femme. Die Läden sind in Berlin verteilt. Es handelt sich dabei nicht Handelt es sich hierbei um ihr einziges Geschäft? (Falls nicht: Wie viele führen/besitzen sie?) nur um Gastronomie, sondern wir haben auch ein Photostudio, eine Modeboutique, zwei Waffelläden, davon 0:10 – 1:05 einen hier und einen in Steglitz im Boulevardcenter und ein Frühstückscafé hier nebenan. Welche Aufgaben nehmen sie wahr? Stehen sie selbst hinter dem Tresen? Wieviele Mitarbeiter gibt es? Hat sich die Anzahl verändert? Alles, was ein Geschäftsführer so macht. Ich stehe aber auch hinter dem Tresen. 1:15-1:20 Knapp 15 Mitarbeiter haben wir heute. Anfangs gab es nur das Untergeschoss und 4 Mitarbeiter, dann haben wir den 1:20 – 1:40 Laden auf das Obergeschoss erweitert und nun sind es 15. 7 Haben sich ihre Aufgaben seit der Gründung geändert und falls ja, warum? Gehen sie einer weiteren Berufstätigkeit nach? Haben sich Preise und Zusammenstellung der Karte verändert? (Haben sich Angebot und Preise durch die Nachfrage der Kundschaft verändert?) - Diese Frage habe ich vergessen zu stellen Nein. 0:35 Teilweise. Wir müssen uns den Jugendlichen anpassen. Wir sind billiger geworden. An der Karte haben wir nicht viel verändert. Für Shisha-Cafés haben wir wenig Auswahl und 5:00 – 5:35 wir schenken auch keinen Alkohol aus. Da kann man nicht viel verändern. Die Karte ist daher relativ gleich geblieben. Weil sie sich wie zuhause fühlen. Viele kommen nach der Schule um zu lernen. Es ist etwas anderes beim Lernen auch Shisha rauchen zu können. Die Leute kommen auch Aus welchen Gründen, glauben sie, kommen die Leute zu ihnen? um sich nach der Arbeit oder Schule zu entspannen und abzulenken, das ist eine Alternative zum Alkohol oder in den Club zu gehen, unter Freunden wo man sich wohlfühlt. - Der Befragte spricht mehrfach von „Schülern“ und „Studenten“ statt von „Gästen“. 8:38 – 9:10, 19:15 – 20:15 Dazu spielen wir dreimal die Woche türkische Livemusik und übertragen die ganze türkische Fussballliga. 8 2. Kundschaft Wir lassen nicht mehr als zwei Jungs ohne weibliche Begleitung rein. Das ist unser Konzept, deshalb kommen überwiegend Frauen. Wenn mehr als drei Männer allein an - einem Tisch sitzen, müssen die aufstehen. Sagen wir, ich Wer kommt in ihre Einrichtung (Alter, Geschlecht, Berufsgruppen etc.)? hätte eine Schwester, die mit ihren fünf Freundinnen in ein Shisha-Café gehen möchten. Ich will nicht, dass sie von fünf Männern am Nachbartisch belästigt werden. Das soll ein - Laden sein, in den sich Frauen hintrauen, wo sie sich wohlfühlen. Vor allem kommen auch viele bedeckte Frauen. Wie oft kommen die Gäste? Gibt es eine Stammkundschaft? Wie würden sie ihre Stammgäste beschreiben? Wir haben viele Stammkunden und wenig Laufkundschaft. Man befreundet sich schnell und es kommen viele bekannte Gesichter. Wir haben einen guten Bezug zu allen die hierher kommen. Die Gäste sind überwiegend Schüler oder Menschen, die gerade angefangen haben zu studieren. Die meisten kommen 7:48 – 8:34 5:40-6:00 - zwei- bis dreimal in der Woche. Wir haben generell eigentlich nur Ausländer hier. Die Deutschen sind klar in der Das Beispiel der Schwester hebt an dieser Stelle nicht nur die geschäftliche, sondern vor allem auch die persönliche Bedeutung des Konzepts hervor Die Nennung der religiösen Musliminnen zeigt darüber hinaus die Sensibilität gegenüber muslimischen Kunden. - Dem Befragten viel eine Antwort anfangs schwer Durch den emotional aufgeladenen Begriff „schade“ wird der Wunsch verdeutlicht, den Kundenkreis zu öffnen Das Beispiel der „sechs Türken“ 6:00 – 7:45 9 Unterzahl, was wir schade finden, da wir sowie die Betonung selbst „kein Türke“ zu sein, lässt eine wahrgenommene Diskrepanz zwischen türkischen und deutschen Gästen vermuten gerne multikultureller sein möchten, aber das schafft man nicht. Wenn sechs Türken hier sitzen, trauen sich meistens keine Deutschen hier rein. Das ist einfach so, so gesehen. Ich bin selber kein Türke. Das liegt an dem früheren Gastarbeiterbezirk hier. Wir sind deshalb ein türkisches Café und bieten türkische Livemusik und türkisches Essen an, deshalb kommen fast nur Türken. Wo kommen die Leute her, die ihre Einrichtung aufsuchen? Gibt es Wochentage und Tageszeiten, an denen besonders viele Gäste zu Ihnen kommen? Meistens aus Neukölln oder Kreuzberg. 13:57 – 14:05 Der Laden ist immer gut besucht, vor allem Donnerstagabend bis Samstagabend, wegen der Livemusik. Da kommen richtig viele. 14:05-14:20 Überwiegend Shisha. Man geht ja in eine Shisha-Bar, um Pfeife zu rauchen. Backgammon ist auch sehr beliebt bei Gibt es ein typisches Konsumverhalten? (Was bestellen die Gäste normalerweise? Gibt es Ausnahmen?) uns. Die Livemusik ist sehr beliebt und auch Familien können hierher kommen. Wir haben viele muslimische Gäste und die gehen in keine Läden, in denen es Alkohol gibt. Wir - Im Laufe des Gespräches wiederholt er häufig, dass kein Alkohol ausgeschenkt wird 9:14 – 10:10 haben keinen Alkohol und deshalb kommen viele Frauen gerne mit ihren Familien her. 10 Was machen ihre Gäste in ihrer Einrichtung (außer Essen und Trinken)? 3. Ortsbindung Das hat sich so ergeben. In Kreuzberg und Neukölln gab es keinen Laden, in den halt überwiegend Frauen kommen konnten. Deswegen hat er sich das Konzept - überlegt und für die Ausländer ist das hier der Welchen Grund hat es, dass Sie Ihren „Laden“ hier eröffnet haben? Mittelpunkt im Zentrum von Berlin. Da wollte man etwas aufmachen, wo Familien und Frauen hinkommen können ohne dass sie angemacht werden, - damit sie Livemusik hören können und Zeit ohne Obwohl die meisten der Mitarbeiter und Besucher nach Aussage des Geschäftsführers in Deutschland geboren sind, bezeichnet er sie mehrfach als „Ausländer“ Das Ziel, eine Shisha-Bar für Frauen zu schaffen, wird oft wiederholt 10:15 – 11:30 Stress verbringen können. Was verbinden Sie mit/ welchen Bezug haben Sie zum Gebiet? Sie haben ihre Einrichtung LaFemme genannt. Hat das eine tiefere Bedeutung? Wie kam es dazu? Ich bin hier aufgewachsen, die meisten anderen im LaFemme auch. Das ist Zufall. Mein Chef hatte früher eine Boutique und seine Frau hat den Namen eingeführt. LaFemme heißen alle unsere Gastroläden. 22:03-22:30 - Trotz Nachfrage ist sich der Geschäftsführer sicher, dass es sich um einen Zufall handelt – obwohl die Überschneidung (Name, Bezug auf Frauen) offensichtlich ist 11:40 – 12:20 11 4. Nachbarschaft Wie würden sie die Nachbarschaft Ihrer Einrichtungen beschreiben? Nehmen sie Veränderungen in der Nachbarschaft wahr (Wenn ja, welche?) Wie sieht das Verhältnis zu den Nachbarn aus? (Gibt es Kontakt zu anderen Gastronomen und Ladenbetreibern?) Neukölln und Kreuzberg sind eigentlich Ausländerviertel, aber jetzt kommen immer mehr Touristen und Deutsche. Das hier gilt immer als ein Problemviertel und das versuchen die jetzt mit Hostels und so zu überdecken. - - Wie er „Touristen“ und „Deutsche“ unterscheidet, ist nicht klar Er beantwortet weniger die Frage, als eine eigene Problemanalyse zu stellen Auf jeden Fall. Es wird immer teurer und es kommen immer mehr Leute von außerhalb. 25:00-25:40 25:45-26:00 - Diese Frage wurde nicht gestellt 12 4. Transkription der Masterfragen in Sequenzen Nr. 1 Wer Interviewer/n Transkription Anmerkung 0:33 – 0:35 Warum betreiben sie ein/e Kneipe/Bar/Cafe/Imbiss? - Proband Ich bin zwar nicht der Besitzer, konnte aber viel von dem durchsetzen, was ich durchsetzen wollte, außerdem ist man mit fast allen die kommen bekannt, das ist natürlich gut. Ich sehe das aber eher als Zwischenstation und will Grafikdesign studieren. - 1.1 I Gesprächs sequenz (min.) Einen genauen Grund, warum er sich persönlich ausgerechnet für eine Shisha-Bar entschieden hat, erfahre ich trotz Nachfrage nicht B Betonung Die Gründe ein/e Kneipe/Bar/Cafe/Imbiss können verschieden sein. Haben sich ihre ursprünglichen Erwartungen erfüllt? 0:35 – 0:54 1:47-1:49 Ja, sie haben sich in den drei Jahren als Geschäftsführer erfüllt. Davor hatte P ich ein Jahr Zeit mich einzuarbeiten. Ich habe alles gemacht was ich machen musste. Alles, was ich persönlich gut finde, habe ich durchgesetzt. - A Wiederholung 1:50 – 2:33 13 1.2 I Haben sich ihre Erwartungen mit der Zeit verändert? 2:34-2:37 Die Erwartungen ändern sich, je nach Jahreszeit. Man muss mit der Zeit mitgehen. Vor drei Jahren, geschäftlich gesehen, hatte man einen komplett P anderen Kundenkreis. Die Kunden hatten mehr Geld, definitiv mehr Geld. Da waren auch die Sachen, die wir gekauft haben, günstiger, mittlerweile - A Wiederholung B Betonung C Steigerung 2:38 – 3:30 wird es immer enger, enger, enger. 2 I Nachbarschaften in Berlin verändern sich ja ständig. Wie wirkt sich das auf ihre Kundschaft aus? 4:22-4:24 Das wirkt sich auf jeden Fall stark auf die Bezirke hier und auf unsere Kundschaft aus. Es ist hier recht teuer geworden und die Älteren ziehen P sich zurück. - B Betonung 4:25 – 4:50 14 2.1 I 3:33-3:35 Nachfragen: Hat sich die Zusammensetzung ihrer Gäste verändert? P Auf jeden Fall. Anfangs kamen auch ältere Menschen, mittlerweile 2.2 - B Betonung überwiegend nur noch Jugendliche, bzw. Kunden zwischen 18 und 30. 3:35 – 4:00 Nachfrage: Wie sah es denn früher aus? Was hat sich da geändert? 12:4712:49 I P Früher kamen wie gesagt vor allem ältere Menschen, jetzt eigentlich nur jüngere. Wir haben dann vor allem jüngere Mitarbeiter eingestellt, damit jüngere Gäste sich wohlfühlen. 3 - A Wiederholung 12:50– 13:15 I Wenn Sie die freie Wahl hätten, wo würden Sie eine Einrichtung wie diese eröffnen? 15:2315:25 15 P Ich würde den Laden definitiv wieder hier aufmachen. 3.1 - B Betonung 15:27 – 16:15 I Nachfrage: Könnte ihre Einrichtung auch in Spandau, Weißensee oder Schöneberg stehen? P 16:1516:17 Das liegt vor allem daran, wie viele Ausländer dort wohnen. In Weißensee würde das gar nicht gehen, da gibt es keine Ausländer. Wir kennen das aus - D Verdeutlichung durch Analogien unseren Ländern. Das hat mit Kultur zu tun. Wir Ausländer gehen oft raus, auch unter der Woche, die Deutschen machen das nur am Wochenende. Nicht in Berlin, das ist was anderes, aber in Dortmund oder so. Nur Freitag oder Samstag hat man seinen Spaß, das wars dann auch. Wir sprechen nur 16:18 – 18:50 einen bestimmten Kundenkreis an. Einer, der kein türkisch versteht, würde zwei-, dreimal zur Livemusik kommen, denkt sich dass es krass ist, kann es aber nicht verstehen und hat keinen Spass dran. Ein Türke versteht die Musik, singt mit und hat Spass dran. Deshalb kommt er wieder. 16 3.2 I 18:5118:53 Nachfrage: Welche Rolle spielt das Gebiet? (Wie wichtig ist es ihnen hier in Moabit/Mitte/Nordneukölln zu sein?) P Dass ist genau was ich gerade gesagt habe: Wir können nur dorthin wo auch viele Türken sind. Das sind unsere Kunden. - A Wiederholung 18:55 – 19:12 4 I Was würden Sie sagen, passt ihre Einrichtung gut in die Gegend/Nachbarschaft? P 13:12 – 13:16 Wir wollten eigentlich nur, dass die jüngeren Kreuzberger und Neuköllner nicht nach Charlottenburg oder an den Kudamm fahren müssen. Dass man was höheres, besser angesehenes hier genießen kann. Es ist mal etwas anderes so etwas hier in der Gegend zu haben. 4.1 13:17 – 13:55 I Nachfrage: Welche Funktion oder Bedeutung hat ihre Einrichtung für die Nachbarschaft? 14:11 – 14:15 17 P Schwer zu sagen. Es gibt hier viele verdeckte Frauen, Schülerinnen und so. Die dürfen nicht weit weg, weil es der Vater nicht erlaubt. Wir sind im 14:15 – 15:20 Zentrum und die meisten wohnen hier in der Gegend. Das ist ein Pluspunkt für die Jugendlichen, da wir uns genau in der Nähe der ganzen Türken im Bezirk befinden. Die kommen dann auch nicht einmal pro Woche, sondern dreimal. 4.2 I Nachfrage: welche Bedeutung hat die Nachbarschaft für ihre Einrichtung? P 10:1210:15 Für die Ausländer ist das hier der Mittelpunkt von Berlin. Das ist wichtig für uns, da die meisten unserer Kunden Ausländer sind. Da wollte man etwas aufmachen, wo Familien und Frauen hinkommen können ohne dass sie angemacht werden, damit sie Livemusik hören können und Zeit ohne - B Betonung 10:15 – 11:30 Stress verbringen können. 4.3 I Nachfrage: Was macht die Gegend aus? 18 P Eigentlich waren Neukölln und Kreuzberg Bezirke, in denen vor allem türkische Gastarbeiter gewohnt haben. Jetzt wollen sie die türkischen Gastarbeiter aber aus dem Viertel raushaben. 25:0025:30 Legende A Wiederholungen B Betonungen C Steigerungen D Verdeutlichung durch Analogien 19 5. Auswertung des Interviews Das LaFemme – au café ist eine von sechs in Berlin verteilten, gleichnamigen Einrichtungen desselben Besitzers, jedoch die bisher einzige Shisha-Bar. Bei dem von mir interviewten Geschäftsführer handelt es sich entsprechend nicht um den Besitzer, sondern um einen Angestellten, der das seit 4 Jahren bestehende LaFemme seit 3 Jahren leitet (Frage 1). Seine ursprünglichen Erwartungen zu formulieren, fällt ihm, der seine Stelle nur als Zwischenstation sieht, entsprechend schwer – vielmehr verweist er darauf, alles umgesetzt zu haben, was er umsetzen musste und darüber hinaus noch all jenes, was er umsetzen wollte. Konkrete persönliche Erwartungen nennt er nicht (1.1). Bezüglich der Frage, inwiefern sich die Erwartungen verändert haben, verweist er vor allem auf die Veränderung der Kundschaft - sie haben heute weniger Geld und sind deutlich jünger sowie daran anknüpfend an die veränderte Sozialstruktur in Neukölln. Den Rückzug der anfangs vornehmlich älteren Kunden begründet er mit den immer teurer werdenden Bezirken Neukölln und Kreuzberg (2). Sich der Kundschaft anzupassen, ist für ihn eine Notwendigkeit: So wurden jüngere Mitarbeiter eingestellt und die Preise angepasst (1.2, 2.2). Die Karte, so zeigen die Infofragen, kann sich nach Aussage des Geschäftsführers kaum verändern: ShishaPfeifen sind als zentrales Konsummittel obligatorisch, der Verzicht auf alkoholische Getränke unter Rücksicht auf die muslimischen Gäste ebenfalls. Häufige Erwähnung bezüglich der Kundschaft findet die Türpolitik: Mehr als zwei Männer ohne weibliche Begleitung sind nicht erlaubt. Begründet wird dies mit dem Bestreben, einen Rückzugsraum für junge Frauen schaffen zu wollen. Dies führt zu einem konzeptionell durchaus gewollten hohen Anteil weiblicher Gäste. Überraschenderweise hat der Name LaFemme nach Aussage des Geschäftsführers nichts mit dem an weiblichen Gästen ausgerichteten Konzept zu tun – auch wenn dies auf den ersten Blick auf der Hand zu liegen scheint. Gleichzeitig zeigen die Infofragen, dass Stammkunden aus dem Kiez den überwiegenden Teil der Kunden ausmachen, Mitarbeiter und Gäste untereinander bekannt sind und viel Wert auf eine wohnzimmerartige Atmosphäre gelegt wird. Der Geschäftsführer definiert das LaFemme darüber hinaus als türkisches Café und begründet dies mit türkischer Livemusik, türkischem Essen sowie den türkischen Kunden und Mitarbeitern – auch wenn er bedauert, so wenige ‚deutsche‘ Kunden für das Café begeistern zu können. Finanziell wird es laut dem Geschäftsführer immer „enger, enger, enger“(1.2), jedoch zeigt sich unter Einbezug der Infofragen, dass das „immer gut besuchte“ LaFemme um ein ganzes Stockwerk erweitert und die Mitarbeiterzahl von 4 auf 15 aufgestockt wurde, sodass offen 20 bleibt, weshalb es immer „enger, enger enger“ wird. (Liegt es tatsächlich an den weniger zahlungskräftigen Kunden oder eventuell an dem sicherlich kostenaufwendigen Ausbau?) Die Ortsbindung steht in einer starken Wechselwirkung mit dem soziokulturellen Kontext. Zielgruppe sind Jugendliche mit türkischem Migrationshintergrund aus dem Kiez, jedoch wären auch andere türkisch-geprägte Stadtteile als „Idealstandorte“ denkbar. Dementsprechend sei Neukölln der beste Standort, da es sich hierbei mit Kreuzberg um „das Zentrum für die Ausländer in Berlin“ handele (3, 4.2). Ein Stadtteil wie Weißensee fiele aufgrund der fehlenden türkischen Community aus dem Raster (3.1) – was sowohl die Relevanz als auch die Abhängigkeit von einer bestimmten Zielgruppe noch einmal untermauert und gleichzeitig aufzeigt, wie sehr die Rolle des Gebietes von der Sozialstruktur vor Ort in diesem Fall abhängt (3.2). Auffällig ist ebenfalls die dichotome Unterscheidung zwischen „wir Ausländer“ und „die Deutschen“, welche pauschal mit „Kultur“ begründet wird (3.1). Diese Form der Unterscheidung wirkt sinnstiftend und exkludierend zugleich und liefert einen möglichen weiteren Erklärungsansatz für das Zustandekommen des (sehr homogenen) Kundenkreises. Zur Frage, wie gut das LaFemme in die Nachbarschaft passt und welche Bedeutung es für diese hat, zeigt sich das Bemühen um ein Distinktionsmerkmal: etwas „besseres, höher angesehenes“ für die Jugendlichen vor Ort sollte geschaffen werden, damit sie nicht nach „Charlottenburg oder an den Ku‘damm“ fahren müssen (4). Dies ist einerseits ein pragmatischer Gedanke, da eine Marktlücke gesehen und besetzt wurde, wie sich in den Infofragen durch die häufige Verwendung der Begriffe „Schüler“ und „Studenten“ als Synonyme für „Gäste“ herauskristallisiert. Mit „etwas höherem“ wollte man vor allem junge türkische Bildungsschichten in Neukölln und Kreuzberg ansprechen, so meine Vermutung – offensichtlich mit Erfolg. Andererseits zeigt sich hier auch das Bestreben, einen gemeinschaftlichen, ortsgebundenen Bezugspunkt zu schaffen, der als Treffpunkt für türkische Jugendliche im Allgemeinen sowie gläubige Musliminnen im Speziellen fungiert: „Es gibt hier viele verdeckte Frauen[…]. Die dürfen nicht weit weg, weil es der Vater nicht erlaubt.“ (4.1). Dass der hohe Anteil an Migrantinnen charakteristisch für Neukölln und Kreuzberg ist, wurde bereits angemerkt (4.2). Darüber hinaus macht Verdrängung für meinen Gesprächspartner die Gegend aus: „jetzt wollen sie die türkischen Gastarbeiter aus dem Viertel raushaben“, so seine Antwort (4.3). Wer mit „sie“ gemeint ist und ob er die Verdrängung eher auf Herkunft oder auf sozialen Status zurückzuführen ist, bleibt an dieser Stelle offen. 21 6. Fazit Das LaFemme ist mit vier Jahren eine noch recht junge Einrichtung, die in dieser kurzen Zeit bereits einen ortsbedingten Wandel durchlebt hat: von der nach und nach wegziehenden, älteren Kundschaft zur jungen, verbunden mit einer beträchtlichen Erweiterung von Einrichtung und Mitarbeiterzahl. Nichtsdestotrotz besteht die Kundschaft weiterhin aus ortsansässigen Stammgästen mit türkischem Migrationshintergrund. Laufkundschaft im Allgemeinen und sogenannte ‚Zugezogene‘ im Speziellen verirren sich eher selten in die Shisha-Bar – obwohl dies ausdrücklich erwünscht wäre. Das LaFemme hat sich konzeptionell eindeutig auf junge türkische Gäste aus Neukölln und Kreuzberg als Zielgruppe festgelegt, darunter sind besonders weibliche Gäste ausdrücklich erwünscht. Der Ortsbezug ist dementsprechend deutlich vorhanden – jedoch ist er stark an die Sozialstruktur gekoppelt: So betont der Geschäftsführer mehrmals die Wichtigkeit der türkischen Community vor Ort. Zieht diese nach und nach weg, muss das LaFemme nachziehen. Dementsprechend bezieht sich die Perspektive des Geschäftsführers in Bezug auf den Gentrifizierungsprozess in Neukölln vor allem auf die Angst einer Verdrängung der türkischen Community. 7. Selbstreflektion Ich kam mit einer gewissen Unsicherheit zu meinem Interviewtermin ins LaFemme, da ich den Geschäftsführer bei unseren vorherigen Treffen nicht wirklich einschätzen konnte. Dazu kam das mir nach wie vor etwas fremde Terrain, auf dem ich mich nicht wie selbstverständlich bewege. Die Unsicherheit verflog nach Interviewbeginn jedoch recht schnell, was nicht zuletzt an meinem sehr entgegenkommenden Gesprächspartner lag. Ich konnte das Gespräch gut lenken, ohne zu harsch vorzugehen. Gleichzeitig habe ich mich im Nachhinein zu sehr auf die Sprünge zwischen den Themen eingelassen und dadurch die Interviewstruktur flexibel der jeweiligen Situation angepasst, sodass die Kontrolle über den Ablauf zeitweise ein wenig verloren ging. Das war ein Fehler, wie sich bei der hierdurch wesentlich aufwendigeren und vor allem unübersichtlicheren Transkription herausstellen sollte. Auch neigte ich dazu, durch das enge Zeitfenster stellenweise ein bisschen hektisch zu werden, sodass es mehrmals durch mich zu (Fast)Unterbrechungen kam, jedoch hatte dies keinen negativen Einfluss auf das Gespräch. Ein weiterer selbstkritischer Punkt betrifft die Aufmerksamkeit bezüglich der genauen Wortlaute meiner Fragen: So ertappte ich mich zwischenzeitlich beim Improvisieren, was zwar neue Aspekte hervorbrachte, gleichzeitig aber auch dazu führte, dass das Gespräch abdriftete. Auch 22 wenn dies nur vereinzelt vorkam: im Nachhinein würde ich versuchen, eine klarere Struktur einzuhalten. Letztendlich war ich jedoch positiv von der Bereitschaft der Mitarbeiter des LaFemme überrascht, die mir stets entgegen kamen und dafür sorgten, dass ich mich nicht unwohl fühlte, obwohl es für sie einen gewissen Aufwand bedeutete und sie nicht viel davon hatten. Auch war es im Rückblick wesentlich einfacher als gedacht, die komplette Untersuchung zu organisieren und durchzuführen. Die von mir anfänglich erwartete Skepsis meiner Person gegenüber blieb erfreulicherweise zu jeder Zeit aus. 23