Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei

Transcription

Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
NJW 2014, 821 - beck-online
1 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
Nossek/Heiliger: Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
NJW 2014,
Stufenverträgen
821
Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei Stufenverträgen
Rechtsanwälte Timo Nossek und Dr. Janis Heiliger
*
Der Stufenvertrag ist bei der Beauftragung von Architekten- und Ingenieurleistungen eine beliebte
vertragliche Konstruktion. Für Stufenverträge, bei denen zwischen der ursprünglichen
Beauftragung und dem Abruf weiterer Stufen eine Novellierung der HOAI erfolgte (HOAI
1996/2009 oder HOAI 2009/2013), herrscht zumeist Unklarheit darüber, auf Grundlage welcher
Honorarordnung die Leistungen der weiteren Stufen abgerechnet werden können. Bei der
Beauftragung weiterer Stufen nach dem Inkrafttreten der HOAI 2013 am 17.7.2013 stellt sich auf
Grund der erheblich geänderten Grundleistungen – anders als bei dem Inkrafttreten der HOAI 2009
– die weitere Frage, welche Grundleistungen der Planer ausführen muss. Diese Aspekte werden im
Beitrag näher untersucht.
I. Einführung
1. Allgemeines
Die stufenweise Beauftragung von Architekten- und Ingenieurleistungen ist in der Vertragspraxis regelmäßig
anzutreffen. So sehen die Vertragsmuster der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes
1
(RBBau ) detaillierte Regelungen zur stufenweisen Beauftragung von Architekten- und Ingenieurleistungen vor,
von denen auch vielfach Gebrauch gemacht werden soll. Auch gewerbliche und insti
822
Nossek/Heiliger: Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
Stufenverträgen (NJW 2014, 821)
tutionelle Bauherren verwenden regelmäßig Stufenverträge. Die Hintergründe für die Verwendung
entsprechender Regelungen in der Vertragsgestaltung resultieren zumeist aus Finanzierungs-,
Wirtschaftlichkeits- oder Genehmigungsrisiken. Die stufenweise Beauftragung soll dem Auftraggeber
Kostensicherheit gewähren, die bei vollständiger Realisierung des Bauvorhabens erforderlichen Architektenund Ingenieurleistungen zu den im Vorfeld vereinbarten Konditionen beauftragen zu können. Zugleich soll
durch die stufenweise Beauftragung vermieden werden, bereits in einem frühen Projektstadium eine
vertragliche Bindung für sämtliche Architekten- und Ingenieurleistungen für das Bauvorhaben einzugehen, die
bei einem Scheitern die Vertragsbeendigung durch eine kostenintensive freie Kündigung der nicht mehr
benötigten Leistungen erforderlich macht.
Schwierigkeiten in der Abwicklung von Stufenverträgen ergeben sich, wenn zwischen der Beauftragung der
ersten und dem Abruf weiterer Leistungsstufen durch den Auftraggeber eine Novellierung der HOAI erfolgt, mit
der für das Vertragsverhältnis relevante Honorarparameter geändert werden. Besondere Regelungen für die
Auswirkungen von Novellierungen der HOAI auf spätere Leistungsstufen sehen die Parteien bei der
vertraglichen Gestaltung der stufenweisen Beauftragung in der Regel nicht vor. Eine Regelung zur Behandlung
2
von Stufenverträgen enthält weder die Übergangsvorschrift in § 55 HOAI 2009 noch die inhaltsgleiche
Übergangsvorschrift in § 57 HOAI 2013.
Die praktische Relevanz für Planerverträge öffentlicher Auftraggeber verdeutlicht die klare, wenn auch nicht
3
bindende Stellungnahme für die Abwicklung von Stufenverträgen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau
4
und Stadtentwicklung (BMVBS) im Einführungserlass zur HOAI 2013 vom 19.8.2013, die im Gegensatz zur
wohl herrschenden Meinung im Schrifttum steht:
„Eine Anpassung bestehender Stufenverträge nach den RBBau-Vertragsmustern zu Lasten des Bundes, die vor
dem 17.7.2013 abgeschlossen und in denen Honorarvereinbarungen über später zu erbringende Leistungen
bereits getroffen wurden, ist nicht möglich. Aus gegebenem Anlass wird noch einmal darauf hingewiesen, dass
selbstverständlich die neuen Leistungsbilder der HOAI 2013 ebenso wie die übrigen preisrechtlichen
Vorschriften der HOAI 2013 für den Vollzug der Altverträge keine Relevanz haben. Maßgeblich sind die
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
2 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
abgeschlossenen Verträge einschließlich ihrer Grundlagen und Vertragsbestandteile sowie das zum Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses geltende Preisrecht.“
2. Die Entscheidung des OLG Koblenz vom 6.12.2013
Aktuell hat die Frage der Abwicklung eines Stufenvertrags, bei dem zwischen ursprünglicher Beauftragung und
Abruf weiterer Stufen eine Novellierung der HOAI erfolgte, im Zusammenhang mit der Entscheidung des OLG
5
Koblenz vom 6.12.2013 besondere Aufmerksamkeit erlangt. In dieser Entscheidung hatte sich das Gericht mit
der Anwendung der HOAI auf einen Stufenvertrag in einem Übergangsfall auf die HOAI 2009 zu befassen. Der
der Entscheidung des OLG Koblenz zu Grunde liegende Sachverhalt soll exemplarisch für die zu
untersuchenden Fragestellungen kurz dargestellt werden:
Der Planer wurde von einem öffentlichen Auftraggeber mit der Planung für die Neuerrichtung von Gebäuden
entsprechend der Leistungsphasen 1–8 des § 15 HOAI 1996 beauftragt. Dabei erfolgte die Beauftragung der
Leistungsphasen 1–4 (Phase I) mit Vertragsschluss. Eine Beauftragung der Leistungsphasen 5–8 (Phase II)
sollte gegebenenfalls „optional nach erfolgter Genehmigung des Bauvorhabens durch die vorgesetzte
Dienststelle“ erfolgen. Der Kläger erbrachte die Leistungen der Phase I und wurde nach dem Inkrafttreten der
HOAI 2009 von dem Auftraggeber zur Erbringung der Leistungen der Phase II aufgefordert. In der Folge
erbrachte der Kläger weitere Leistungen der Phase II und forderte vom Auftraggeber eine Abschlagszahlung
6
nach einer auf Grundlage der HOAI 2009 vorgenommenen Honorarermittlung. Das LG Koblenz und das OLG
7
Koblenz gaben der Klage in vollem Umfang statt.
Das OLG Koblenz hat in seiner Entscheidung die praktische Bedeutung der Frage und deren bisher nicht
erfolgte höchstrichterliche Klärung bei der Zulassung der zwischenzeitlich erhobenen Revision hervorgehoben.
II. Vertragsschluss und Auftragserteilung bei Stufenverträgen
Der BGH hat sich im Jahr 2008 mit zwei Verträgen befasst, die eine stufen- bzw. abschnittsweise Beauftragung
von Planungsleistungen zum Gegenstand hatten. Ausgangspunkt für die jeweiligen Ausführungen des BGH zur
Rechtsnatur der betreffenden Abreden war in beiden Fällen § 4 I HOAI 1996. In beiden Entscheidungen war der
Zeitpunkt der Honorarvereinbarung entscheidungserheblich, so dass der BGH für einen Vertrag, der die
stufenweise Beauftragung des Planers vorsah, und für einen Vertrag, der die abschnittsweise Beauftragung des
Planers vorsah, zu entscheiden hatte, ob die Honorarvereinbarung „bei Auftragserteilung“ getroffen wurde.
8
In seinem ersten Urteil vom 27.11.2008 führt der BGH zu einer der Entscheidung des OLG Koblenz
vergleichbaren vertraglichen Regelung aus, dass in den Fällen, in denen die Parteien „vor Vertragsschluss
bereits Verhandlungen über die preisliche Gestaltung eines in Aussicht genommenen Vertrags führen und sich
insoweit für den Fall einer Auftragsvergabe auf ein Honorar einigen“, diese Honorarvereinbarung „unter der
aufschiebenden Bedingung, dass die in Aussicht genommenen Leistungen tatsächlich in Auftrag gegeben
werden“, stehe. Somit werde im Ergebnis die „vorab getroffene Honorarvereinbarung (…) mit der vertraglichen
Vereinbarung über die auszuführenden Leistungen wirksam“, die in der Ausübung des Optionsrechts durch den
Auftraggeber zu sehen sei.
9
In einer weiteren Entscheidung vom 18.12.2008 geht der BGH in Auslegung einer vertraglichen Abrede, die
die verbindliche Beauftragung des Planers mit Leistungen für im Wesentlichen gleichartige, weitere
Bauabschnitte bei deren Realisierung vorsah, statt von einem Optionsrecht von einer aufschiebend bedingten
Beauftragung des Planers aus. Zur Abgrenzung zwischen Optionsrecht und aufschiebend be
823
Nossek/Heiliger: Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
Stufenverträgen (NJW 2014, 821)
dingter Beauftragung stellt er maßgeblich darauf ab, ob sich der Auftraggeber die Entscheidung, bei
Fortführung des Projekts den bereits mit den Leistungen der vorausgegangenen Stufen beauftragten Planer mit
den Leistungen der weiteren Abschnitte zu beauftragen, vorbehalten hat oder diese nur vom Eintritt sonstiger
Bedingungen abhängen soll. Diese Bewertungen im Rahmen der Auslegung können in gleicher Weise auf
Stufenverträge übertragen werden. Auch für die aufschiebend bedingte Beauftragung des Planers hat der BGH
allerdings die Beauftragung bei Bedingungseintritt und damit bei Auftragserteilung iSd § 4 I HOAI 1996
angenommen. Für die hier in Rede stehende Frage, ob die HOAI in ihrer novellierten Fassung auf das
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
3 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
Vertragsverhältnis der Parteien über spätere Stufen Anwendung findet, ist keine Unterscheidung zwischen
aufschiebend bedingter Beauftragung und der Vereinbarung eines Optionsrechts geboten. In beiden Fällen tritt
die Wirksamkeit des Vertrags erst nach Inkrafttreten der Novellierung der HOAI ein. Im Schrifttum wird
überwiegend und ohne vertiefte Auseinandersetzung hiermit die Rechtsauffassung des BGH zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses geteilt.
10
III. Anwendbarkeit der novellierten HOAI auf die später beauftragten Stufen?
An die Frage nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses über später beauftragte Stufen schließt sich die Frage
an, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen im Zeitpunkt des Ursprungsvertrags weiter Anwendung finden oder
eine Berücksichtigung der zwischen (aufschiebend) bedingtem Vertragsschluss und Bedingungseintritt
geänderten Rechtslage erfolgt. Aktuell verweist Kuhn darauf, dass für aufschiebend bedingte Rechtsgeschäfte
die alte Rechtsordnung maßgebend bleibe, auch wenn die Bedingung erst unter Geltung des neuen Rechts
eingetreten sei.
11
Diese Rechtsauffassung wird, jedenfalls zur HOAI 2009, unter anderem von Korbion
12
geteilt.
13
Das OLG Düsseldorf hat die Frage im Jahr 1996 für die HOAI 1988 und die HOAI 1991 beantwortet.
Da die
Parteien die Vergütung der Ingenieurleistungen nach Mindestsätzen vereinbart hatten und mit der Novellierung
eine Anhebung der Tafelwerte verbunden war, unterschritt das auf Basis der HOAI 1988 vereinbarte Honorar
nach Ansicht des OLG Düsseldorf die Mindestsätze und war unwirksam. Dem Ingenieur stand deshalb in
Ermangelung eines Ausnahmetatbestands die Berechnung der später abgerufenen Stufe auf Basis der HOAI
1991 offen.
14
Das OLG Koblenz hat seine Entscheidung damit begründet, dass nach Abschluss des
Ursprungsvertrags Leistungsänderungen erfolgt seien, die unabhängig von der Beantwortung der hiesigen
15
Frage zur Anwendung der HOAI 2009 geführt haben.
Teilen des Schrifttums geteilt.
Die Auffassung des OLG Düsseldorf wird von weiten
16
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass auf nach Inkrafttreten der novellierten HOAI beauftragte Stufen die
HOAI im Zeitpunkt der Beauftragung grundsätzlich Anwendung findet. Dass die Vertreter der gegenteiligen
Rechtsauffassung und das BMVBS die erste vorgenannte Entscheidung des BGH
17
zur Begründung
heranziehen, kann nur verwundert zur Kenntnis genommen werden. Beide Entscheidungen des BGH haben
eindeutig und eigentlich unmissverständlich die Beauftragung im Zeitpunkt des Abrufs der Stufe herausgestellt.
Die Vereinbarung des Abrufs weiterer Stufen als aufschiebende Bedingung in den Vertragsmustern der RBBau
erscheint vor dem Hintergrund, dass der BGH in seiner zweiten Entscheidung
18
ausnahmsweise die
Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung angenommen hat, weil – anders als in der RBBau vorgesehen –
zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses bereits die Beauftragung des Planers mit den Leistungen
für weitere Abschnitte bei Fortführung des Bauvorhabens feststand, zweifelhaft. Diese Entscheidung behält sich
der öffentliche Auftraggeber bei Verwendung des RBBau-Vertragsmusters aber vor.
1. Keine Vereinbarung der Parteien: Grundsätze der Auslegung vertraglicher Regelungen
Regelmäßig treffen die Parteien keine Regelungen für den Fall, dass eine Novellierung der HOAI vor der
Beauftragung mit Leistungen einer späteren Stufe erfolgt. Zu prüfen ist, ob dennoch im Wege (ergänzender)
Vertragsauslegung die novellierte HOAI bei der Abrechnung des Vertragsverhältnisses zu berücksichtigen ist.
Im Ausgangspunkt gelten für den Stufenvertrag die allgemeinen Regelungen der §§ 133, 157 BGB.
Allgemeinverbindliche Aussagen zur Vertragsauslegung aufzustellen, für die der jeweilige Wortlaut und die
Umstände des Einzelfalls von besonderer Bedeutung sind, ist schwierig. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen,
dass Stufenverträge eine eindeutige Regelung zur Honorierung späterer Leistungsstufen auf Grundlage des im
Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses geltenden Preisrechts enthalten und somit keine Anhaltspunkte
für eine Auslegung bieten. Die Parteien haben eine zukünftige Novellierung der HOAI regelmäßig nicht bedacht
und wollten das Honorar vereinbaren, das sich aus den getroffenen Abreden zu Honorarparametern ergibt.
Anders ist die Ausgangssituation bei der ergänzenden Vertragsauslegung, für die zunächst eine planwidrige
Regelungslücke Voraussetzung ist. Einzelheiten der ergänzenden Vertragsauslegung sind dogmatisch
19
umstritten und von einer starken Einzelfallbetrachtung geprägt.
Auch hier wird man aber davon auszugehen
haben, dass die Parteien bei Abschluss des Stufenvertrags eine abschließende Honorarvereinbarung getroffen
haben, die keine Lücken aufweist. Die nachträglich festgestellte Lückenhaftigkeit in Bezug auf eine Anpassung
dieser Honorarvereinbarung an später hinzutretende Umstände ist auch durch die ergänzende
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
4 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
Vertragsauslegung nicht zu bewerkstelligen.
Damit verbleibt als Korrektiv für die Anpassung der Honorarvereinbarung an die novellierte HOAI nur die
Anpassung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Es wird allerdings bereits zweifelhaft sein, ob die den
vertraglichen Abreden zu Grunde gelegte HOAI Vertragsgrundlage iSd § 313 I BGB ist. Selbst wenn man
hiervon ausgehen sollte, was je nach Ausgestaltung der Honorarvereinbarung vertretbar erscheint, da im
Geltungsbereich der HOAI und des regulierten Preisrechts die Honorarparameter gegebenenfalls eher von der
unbeachtlichen Kalkulationsgrundlage zur Vertragsgrundlage erhoben werden, ist weiter zu klären, ob es nicht
gerade eine dem Stufenvertrag wesenseigene Risikoverteilung darstellt, dass
824
Nossek/Heiliger: Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
Stufenverträgen (NJW 2014, 821)
der Planer die Leistungen zu einem späteren Zeitpunkt zu den teilweise Jahre vorher vereinbarten Konditionen
zu erbringen hat. In diesem Fall ist aber der Rückgriff auf § 313 BGB nicht eröffnet.
20
Eine Korrektur dieser
Risikoverteilung könnte dann nur über § 307 BGB bei der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen
21
oder auf Grund einer Unwirksamkeit der Honorarabrede nach § 7 HOAI bei der Unterschreitung von
Mindestsätzen oder der Überschreitung von Höchstsätzen erfolgen, auf die nachfolgend eingegangen wird.
2. Vereinbarung der Parteien: Regelungen zur Leistungs- und Honorarseite
Soll nach dem 16.7.2013 eine weitere Stufe beauftragt werden, sind vertragliche Regelungen zu
Leistungsumfang und Honorierung der beauftragten Stufe zu begrüßen, um Rechtssicherheit zu schaffen und
erhebliches Streitpotenzial einvernehmlich durch sachgerechte und angemessene Regelungen zu beseitigen.
a) Bestimmung des Leistungssolls
Vielfach treffen die Parteien insbesondere bei kleinen und mittleren Bauvorhaben bei der Beauftragung auf
Grundlage eines Angebots des Planers keine hinreichend bestimmten und damit rechtssicheren Regelungen, so
dass im Streitfall das Leistungssoll und die Honorierung im Wege der Auslegung ermittelt werden müssen.
aa) Bezugnahme auf Leistungsbilder der HOAI
Bei der HOAI handelt es sich bekanntlich um reines Preisrecht. Die Leistungspflichten ergeben sich aus dem
BGB; gleichwohl ist die HOAI mit ihren Leistungsbildern bei der Bestimmung des Leistungsumfangs von
22
Bedeutung.
Regelmäßig zu beobachten ist, dass die Parteien die in den Leistungsbildern der HOAI genannten
(Grund-)Leistungen auch zu den Leistungspflichten des Planervertrags machen. Der BGH
23
billigt ausdrücklich
solche Bezugnahmen und spricht „von der Bezugnahme auf das Leistungsbild der HOAI und die darin
enthaltenen Leistungsphasen“. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Planer nicht sämtliche Grundleistungen
einer Leistungsphase anbieten und in ihren Angeboten eine geringere prozentuale Bewertung der jeweiligen
Leistungsphase (zB 80 % statt 100 %) zu Grunde legen, ohne im Einzelnen zu erläutern, wie sich die
angebotene prozentuale Bewertung der zu beauftragenden Leistungsphasen zusammensetzt und zum Beispiel
welche Grundleistungen einer Leistungsphase nicht zur Ausführung gelangen sollen. Eine rechtssichere
Bestimmung des Leistungsumfangs anhand der prozentualen Bewertung ist aber jedenfalls nicht ohne Weiteres
möglich. Es sollten daher sowohl die auszuführenden Grundleistungen der einzelnen Leistungsphasen als auch
deren Honorierung ausdrücklich geregelt werden. Der pauschale Verweis auf die Leistungsbilder der HOAI
funktioniert nur insoweit, als sämtliche Grundleistungen zur Ausführung gelangen sollen.
bb) Bestimmung des Leistungssolls bei Beauftragung einer weiteren Stufe
Für Übergangsfälle zur HOAI 2009 sind hinsichtlich des Leistungsumfangs keine Probleme entstanden, da die
Leistungsbilder der HOAI 2009 im Zuge der Novellierung unverändert geblieben sind. In der HOAI 2013 hat der
24
Verordnungsgeber die Leistungsbilder hingegen erheblich geändert
und ausgeweitet. Es wurden diverse neue
Grundleistungen aufgenommen. Die Änderungen der Grundleistungen beinhalten zum Beispiel
haftungsträchtige und projektsteuerungsähnliche Leistungen des Kosten- und Terminmanagements.
25
Auf
Grund dieser zahlreichen Veränderungen im Grundleistungskatalog – insbesondere bei der Objektplanung –
sind die Leistungen der jeweiligen Leistungsphasen mit der HOAI 2009 teilweise nur stark eingeschränkt
vergleichbar. Infolge der Änderungen der Grundleistungen war es erforderlich, die entsprechenden
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
5 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
Teilleistungstabellen
26
(auch Bewertungs- oder Splitting-Tabellen genannt) anzupassen.
27
Parteien, die bei
einer Beauftragung weiterer Stufen nach dem 16.7.2013 das Regelungsbedürfnis einer Anpassung des Vertrags
hinsichtlich der Leistungsebene und der Honorierung erkennen, sollten sich mit den geänderten
Grundleistungen und der Bewertung der Teilleistungen auseinandersetzen. Zur Vermeidung von
Auslegungsschwierigkeiten sollen die zur Ausführung durch den Planer bestimmten Grundleistungen
ausgewiesen und anhand von Teilleistungstabellen bepreist werden. Ein Interesse an einer dezidierten
Auseinandersetzung mit den Leistungsinhalten haben dabei regelmäßig beide Vertragsparteien:
Während dem Planer daran gelegen sein kann, haftungsträchtige oder aufwändige Arbeiten nicht ausführen zu
müssen, ist der Auftraggeber zum Beispiel daran interessiert, neue Grundleistungen der HOAI 2013 auch in
Stufenverträgen, die vor deren Inkrafttreten abgeschlossen wurden, ausführen zu lassen oder eine
Reduzierung der Planungskosten durch den Entfall einzelner Grundleistungen herbeizuführen.
b) Vereinbarung zur Honorierung bei Beauftragung einer weiteren Stufe nach dem Inkrafttreten der
HOAI 2013
Den Parteien steht vor Abruf einer weiteren Stufe grundsätzlich die Regelung der Honorierung frei. Die in dem
Ausgangsvertrag geschlossene Honorarvereinbarung bindet die Parteien nicht, denn sie wird nach der
Auffassung des BGH
28
erst mit Auftragserteilung für die weitere Stufe wirksam und vor Abruf der Leistungen
ist der Abschluss einer Honorarvereinbarung „bei Auftragserteilung“ möglich. Grundsätzlich können die Parteien
eines Stufenvertrags daher nach Inkrafttreten der HOAI für die weitere Stufe eine neue Vereinbarung zu
Leistungsinhalt und Honorar treffen.
29
Maßstab der Honorarvereinbarung bei der Beauftragung einer weiteren
Stufe nach dem 16.7.2013 ist allerdings § 7 V HOAI: Die Honorarvereinbarung muss sich innerhalb der
Mindest- und Höchstsätze bewegen.
Die HOAI enthält als kleinste rechnerische Einheit der preisrechtlichen Regelungen die jeweiligen
Leistungsphasen in den entsprechenden Leistungsbildern.
30
Zur Bestimmung des Honoraranteils für einzelne
Grundleistungen hat der BGH bereits im Jahr 2004 entschieden, dass eine Abrechnung nach den anerkannten
31
Teilleistungstabellen vorzunehmen ist.
Diese Teilleistungstabellen bestimmen die Honorierung von
Grundleistungen, wenn einzelne Grundleistungen einer Leistungsphase einvernehmlich von den Parteien aus
dem Leistungsumfang herausgenommen werden sollen. Wurde eine entsprechende Vereinbarung ursprünglich
versäumt, sollte sie klarstellend für den Ursprungsvertrag nachgeholt und sodann
Nossek/Heiliger: Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
825
Stufenverträgen (NJW 2014, 821)
für die weiteren Leistungsphasen unter Berücksichtigung der geänderten Grundleistungen fortgeschrieben
werden.
Auf Grund der gravierenden Veränderungen der Grundleistungen der HOAI 2013 im Vergleich zur HOAI 2009
stellt sich das praktische Problem, wie untersucht werden kann, ob sich die nach dem Inkrafttreten der HOAI
2013 abgeschlossene Honorarvereinbarung bei Beauftragung einer weiteren Stufe innerhalb der Mindest- und
Höchstsätze der HOAI 2013 bewegt. Praxisrelevant dürften ebenfalls solche Fälle sein, bei denen die Parteien –
aus welchen Gründen auch immer – eine Vereinbarung abschließen wollen, wonach auch die neu beauftragte
Stufe nach der alten HOAI 2009 abgewickelt wird und sowohl für die weitere Stufe der Leistungsumfang und
die Honorierung der HOAI aus dem Jahr 2009 gelten soll.
aa) Mindestsatzunterschreitung und Vergleichsberechnung
Mit der Anwendbarkeit der novellierten HOAI auf die späteren Stufen steht fest, dass sich die vereinbarten
Honorare an Mindest- und Höchstsätzen der novellierten HOAI messen lassen müssen. Nach der
Rechtsprechung des BGH
32
liegt eine Mindestsatzunterschreitung vor, wenn das für die vertraglichen
Leistungen insgesamt vereinbarte Honorar unterhalb des nach den Mindestsätzen der HOAI ermittelten
Honorars liegt. Ob eine Honorarvereinbarung unwirksam ist, ist durch einen Vergleich des vereinbarten
Honorars mit dem sich aus der Honorarordnung ergebenden Honorar zu ermitteln. Die Ermittlung des
Mindestsatzes hat durch eine fiktive, nach den Grundsätzen der HOAI aufgestellte Vergleichsberechnung zu
33
erfolgen.
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
6 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
(1) Mindestsatzunterschreitung bei HOAI 2009. Bei der Reform der HOAI 2009 hat der Verordnungsgeber die
Tafelwerte für die verbindlich preisrechtlich geregelten Planungsleistungen bereits um 10 % erhöht. Demnach
liegt eine Mindestsatzunterschreitung auf der Hand, wenn der Auftraggeber unter Geltung der HOAI-Fassung
vor dem 18.8.2009 die erste Stufe beauftragte, die Parteien den Mindestsatz vereinbarten und der
Auftraggeber nach Inkrafttreten der HOAI 2009 – und demnach mit den erhöhten Tafelwerten – eine weitere
Stufe in Auftrag gab.
34
Bei Übertragung des Leitsatzes der Entscheidung des OLG Koblenz vom 6.12.2013,
wonach für die
Bemessung des Honorars die zum Zeitpunkt der Beauftragung gültige HOAI maßgeblich ist, hätte dies auf
Grund der Erhöhung der Tafelwerte bei der Novellierung der HOAI 2009 zur Folge, dass bei einer
Honorarvereinbarung nach Mindestsatz und Beauftragung der ersten Stufe vor dem Inkrafttreten der HOAI
2009 der Planer für danach weiter abgerufene Stufen infolge der automatisch eingetretenen
Mindestsatzunterschreitung ein erhöhtes Honorar verlangen kann. Haben die Parteien eine über den
Mindestsatz hinausgehende Honorierung des Planers vereinbart, ist keine verallgemeinerungsfähige Aussage zu
einer Mindestsatzunterschreitung möglich.
(2) Mindestsatzunterschreitung bei HOAI 2013? Bei Novellierung der HOAI 2013 hat der Verordnungsgeber die
Tafelwerte erneut bei fast allen Leistungsbildern gegenüber den Honorartafeln der HOAI 2009 durchschnittlich
um 17 %
35
angehoben und mit allgemeinen Preissteigerungen und teilweise geänderten, aber vor allem
erweiterten Leistungsinhalten der jeweiligen Leistungsbilder begründet.
Urteil des OLG Koblenz vom 6.12.2013
37
36
Planer werden unter Verweis auf das
die Auffassung vertreten, bei Abruf einer neuen Stufe nach dem
Inkrafttreten der HOAI 2013 liege auf Grund der erhöhten Tafelwerte automatisch eine
Mindestsatzunterschreitung vor. Es ist durchaus zu erwarten, dass Planer in ihren Schlussrechnungen die
erhöhten Tafelwerte der HOAI 2013 mit der Begründung, die Honorarvereinbarung unterschreite die
Mindestsätze der HOAI und sei daher unwirksam, zu Grunde legen.
Für die fiktive Vergleichsberechnung unterscheidet sich der Übergang auf die HOAI 2009, der bei inhaltlich
unveränderten Grundleistungen keine Schwierigkeiten bot, maßgeblich von dem Übergang auf die HOAI 2013.
Die teils geänderten, teils verschobenen Grundleistungen verlangen dem Planer bei der fiktiven
Mindestsatzberechnung einen weit höheren Aufwand ab, der aber grundsätzlich zu leisten ist. Vor dem
Hintergrund der gravierenden Änderungen der HOAI 2013 erscheint es zukünftig in der praktischen Anwendung
38
schwer vorstellbar,
die vom BGH
39
vorgeschriebene Vergleichsberechnung zur Feststellung einer
Mindestsatzunterschreitung vorzunehmen. Nimmt ein Planer für sich eine Mindestsatzunterschreitung der
getroffenen Honorarvereinbarung in Anspruch, muss er auch den Mindestsatz substanziiert darlegen und bei
40
einer streitigen Auseinandersetzung beweisen.
Diese Schwierigkeiten verstärken sich, wenn Planer bei der Angebotserstellung reduzierte Teilleistungspunkte
(zB 80 % statt 100 %) anbieten und bei der Vertragsgestaltung die Ermittlung dieser reduzierten prozentualen
Bewertung nicht anhand von anerkannten Teilleistungstabellen erläutern. Der Planer muss jedoch zur
schlüssigen Darlegung der Mindestsatzunterschreitung in jedem Fall zum beauftragten Leistungsumfang –
unter Zugrundelegung der Leistungsbilder der HOAI 2009 – vortragen, die Erbringung der in Rechnung
gestellten Leistungen darlegen und die beauftragten Grundleistungen anhand der anerkannten
Teilleistungstabellen bewerten.
Wenn nun der Planer beispielsweise die weitere Stufe (zB Leistungsphasen 8 und 9) in seinem Angebot mit nur
20 % bewertet hat (HOAI 2009: insgesamt 34 %) und nicht nachvollziehbar darlegen kann, wie sich diese
reduzierte prozentuale Bewertung zusammensetzt (welche Grundleistungen soll der Planer nicht erbringen?),
dürfte eine Schlussrechnung, mit welcher der Planer ein erhöhtes Honorar auf Grund der gesteigerten
Tafelwerte nach der HOAI 2013 fordert, nicht einmal prüffähig sein. Die Schlussrechnung muss so gestaltet
41
sein, dass dem Auftraggeber eine Überprüfung auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit möglich ist.
Weder für den Auftraggeber noch für ein Gericht ist nachprüfbar, auf welcher Grundlage der Planer die
Leistungen weiterer Stufen prozentual bewertet hat, wenn dieser ohne nähere Erläuterung in seinem Angebot
reduzierte Prozentsätze zu Grunde gelegt hat. Der Umfang der beauftragten Leistungen ist somit nicht zu
ermitteln, was für die Prüffähigkeit der Vergleichsberechnung aber erforderlich wäre.
42
Beschreibt er das
Leistungssoll nicht klar anhand der Grundleistungen und beziffert das anteilige Honorar anhand der
anerkannten Teilleis
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
7 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
Nossek/Heiliger: Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
826
Stufenverträgen (NJW 2014, 821)
tungstabellen, wird ihm ein schlüssiger Vortrag zur Begründung seines Honoraranspruchs kaum gelingen.
Verhindert werden kann dies dadurch, dass der Planer, der Leistungen einer Phase zu reduzierten
Prozentsätzen anbietet, bereits bei der Angebotserstellung und bei der Vertragsgestaltung sorgfältig das
Leistungssoll beschreibt und keine Unklarheiten bei der Frage nach den zu erbringenden (Grund-)Leistungen
offen lässt.
bb) Vereinbarung der HOAI 2009?
Bei Stufenverträgen, bei denen die Beauftragung einer weiteren Stufe nach dem 16.7.2013 erfolgen soll, wird
der Planer regelmäßig das Angebot für sämtliche Leistungsphasen auf der Grundlage der HOAI 2009 erstellt
haben. Erste Erfahrungen in der Beratungspraxis haben gezeigt, dass für die Parteien naheliegend ist, sowohl
für die Bestimmung des Leistungsumfangs als auch der Honorierung auf die HOAI 2009 zurückzugreifen.
Ob eine solche Vereinbarung wirksam ist, wird teilweise in Frage gestellt. Im Ausgangspunkt zutreffend ist die
Aussage von Motzke,
43
dass die Parteien eines Stufenvertrags bei Abruf einer Stufe nach dem 16.7.2013 den
Leistungsumfang nach der HOAI 2013 grundsätzlich vereinbaren können. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarung
muss sich jedoch nach § 7 I HOAI daran messen lassen, ob sie sich im Rahmen der durch den
Verordnungsgeber festgesetzten Mindest- und Höchstsätze bewegt. Werden dem Planer sämtliche
Grundleistungen der weiteren Stufe (zB Leistungsphasen 8 und 9) beauftragt, liegt hier eine automatische
Mindestsatzunterschreitung auf Grund der erhöhten Tafelwerte vor. Die Addition der prozentualen Bewertung
der Leistungsphasen 8 und 9 ergibt sowohl nach der HOAI 2009 als auch nach der HOAI 2013 in der Summe
34. Zwischen den Leistungsphasen 8 und 9 erfolgte bei der Novellierung der HOAI 2013 eine Verschiebung um
einen Prozentpunkt. Aus diesem Grund kann der Argumentation von Motzke
44
nicht gefolgt werden, der eine
Mindestsatzunterschreitung bereits darin erblickt, dass die Leistungsphase 8 nunmehr einen Prozentsatz von
32 % vorsieht und dabei wohl nicht berücksichtigt hat, dass eine Grundleistung der Phase 9 in die
Leistungsphase 8 übertragen wurde.
c) Wirksamkeitsvoraussetzungen der Beauftragung einer weiteren Stufe nach Inkrafttreten der
HOAI 2013
Da auf Grund der vorstehenden Schwierigkeiten in der Abwicklung der betroffenen Stufenverträge eine
einvernehmliche Regelung der Parteien zu empfehlen ist, werden die Voraussetzungen hierfür nachfolgend
umrissen.
aa) Bei Auftragserteilung
Ruft der Auftraggeber „vorschnell“ eine weitere Stufe ab, für die die Parteien die Honorierung nach Mittelsatz
vereinbart haben, ohne mit dem Planer die Leistungs- und Honorarfragen zu klären, und wollen die Parteien
erst nach Erbringung der ersten Leistungen einer weiteren Stufe durch den Planer das Leistungssoll und die
Honorierung dieser weiteren Stufe schriftlich fixieren, sehen sie sich Restriktionen der HOAI ausgesetzt. Im
Ausgangspunkt ist zu berücksichtigen, dass eine wirksame Honorarvereinbarung bei oder vor Auftragserteilung
getroffen werden muss. Eine spätere Änderung der Honorarvereinbarung vor Fertigstellung der Leistungen des
Planers sehen nur § 10 HOAI 2013 bzw. § 7 V HOAI 2009 bei Änderungen des Leistungsumfangs vor.
Denkbar wäre es, dass Auftraggeber die Schlussrechnung des Planers auf den Mindestsatz mit der Begründung
kürzen, die Vereinbarung sei nicht „bei Auftragserteilung“ geschlossen worden, § 7 V HOAI. Zum Stufenauftrag
hat der BGH am 27.11.2008
45
– wie schon erörtert – bereits entschieden, dass die Honorarvereinbarung unter
der aufschiebenden Bedingung steht, dass die in Aussicht gestellten Leistungen tatsächlich in Auftrag gegeben
werden. Dementsprechend werde die vorab getroffene Honorarvereinbarung mit der Beauftragung einer
weiteren Stufe wirksam und sei daher „bei Auftragserteilung“ getroffen. Die Grundsätze dieser Entscheidung
des BGH
46
dürften auf solche Konstellationen, bei denen die Parteien die Leistungs- und die Honorarseite im
Vergleich zum Ausgangsvertrag abändern, nicht übertragbar sein. Denn die ursprünglich „vereinbarten
Leistungen“ werden gerade in solchen Fällen, bei denen die Parteien sowohl die Leistungs- als auch die
Honorarseite auf Grund der gravierenden Änderungen der HOAI neu regeln, nicht mehr in Auftrag gegeben:
Die Parteien schließen eine gänzlich neue Vereinbarung ab, so dass diese auch „bei Auftragserteilung“ erfolgen
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
8 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
muss.
bb) Schriftform und Inhalt der Vereinbarung
Damit die Parteien wirksam ein über den Mindestsätzen der HOAI 2013 (vgl. § 7 V HOAI) liegendes Honorar
vereinbaren können, muss die Schriftform (§ 126 BGB) gewahrt werden. Auch aus Beweisgründen ist den
Parteien zu empfehlen, die Vereinbarung zum Leistungsumfang und der Honorierung der weiteren Stufe
schriftlich abzuschließen.
Im Falle der Beauftragung einer weiteren Stufe sollen die Parteien des Planervertrags in einer Vereinbarung die
Leistungs- und die Honorarseite regeln. Entweder in der Vereinbarung selbst oder in einer Anlage zur
Vereinbarung ist von den Parteien der Leistungsumfang so festzulegen, dass keine Zweifel bei der Auslegung
des Leistungsumfangs möglich sind. In der Praxis geschieht dies entweder dadurch, dass die beauftragten
(Grund-)Leistungen ausdrücklich in dem Vertrag aufgeführt oder durch Ankreuzen auf der Grundlage der
anerkannten Teilleistungstabellen bestimmt werden.
IV. Fazit
Die Frage, welche Honorarordnung anwendbar ist, wenn vor Beauftragung einer weiteren Phase des
Stufenvertrags eine „neue“ HOAI in Kraft tritt, wird – nachdem das OLG Koblenz die Revision zugelassen hat
und tatsächlich auch Revision eingelegt wurde – die Rechtsprechung weiter beschäftigen, insbesondere wenn
öffentliche Auftraggeber den Einführungserlass zukünftig konsequent bei der Rechnungsprüfung umsetzen
werden. Sofern die Parteien keine einvernehmliche Regelung zum Leistungssoll und zur Honorierung treffen,
werden sich bei Streitigkeiten die Gerichte mit der oftmals problematischen Auslegung von Leistungssoll und
Honorierung bei Beauftragung einer Stufe nach dem Inkrafttreten der HOAI beschäftigen müssen. Beiden
Parteien des Stufenvertrags sollte daran gelegen sein, die sich im Zusammenhang mit der Novellierung der
HOAI 2013 ergebenden Auswirkungen auf den Stufenvertrag zu besprechen. Sowohl für die Leistungs- als auch
die Honorarseite sollte Klarheit geschaffen und eine interessensgerechte Vereinbarung abgeschlossen werden.
Bei Abschluss zukünftiger Stufenverträge könnte sich die Aufnahme einer „Anpassungsklausel“ in den Vertrag
empfehlen, wonach beiden Parteien ein Anspruch auf Anpassung des Leistungsumfangs und der Honorierung
weiterer Leistungsstufen vor deren Abruf bei einer zukünftigen Änderung der HOAI unter Berücksichtigung der
Honorarbemessungsparameter der ursprünglich getroffenen Honorarvereinbarung eingeräumt wird.
Nossek/Heiliger: Vorsicht Stufe – Die Anwendung der HOAI auf Übergangsfälle bei
827
Stufenverträgen (NJW 2014, 821)
*
Die Autoren sind Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht bei Orth Kluth Rechtsanwälte in Düsseldorf.
1
Abrufbar unter www.bmvi.de.
2
Paragrafen mit Angabe „HOAI 2013“ sind solche in der Fassung vom 10.7.2013 (BGBl. I 2013, 2276, in
Kraft getreten am 17.7.2013); Paragrafen mit Angabe „HOAI 2009“ sind solche in der Fassung vom
11.8.2009 (BGBl. I 2009, 2732, in Kraft getreten am 18.8.2009); Paragrafen mit Angabe „HOAI 1996“
sind solche der Fassung vom 4.3.1991 (BGBl. I 1991, 533) in der Fassung der 5. Novelle vom 21.9.1995
(BGBl. I 1995, 1174, in Kraft getreten am 1.1.1996), zuletzt geändert am 10.1.2001 (BGBl. I 2001,
2992).
3
Hierzu Fuchs/Berger/Seifert, NZBau 2014, 9 (17).
4
Abrufbar unter www.bmvi.de.
5
OLG Koblenz, Urt. v. 6.12.2013 – 10 U 344/13, BeckRS 2014, 02092 (n. rkr., die Revision wird beim BGH
unter dem Az. VII ZR 350/13 geführt).
6
LG Koblenz, Urt. v. 28.2.2013 – 4 O 103/12, IBRRS 90164.
7
OLG Koblenz, Urt. v. 6.12.2013 – 10 U 344/13, BeckRS 2014, 02092.
8
BGH, NJW-RR 2009, 447 = NZBau 2009, 257.
9
BGH, NJW-RR 2009, 598 = NZBau 2009, 255.
10
Koeble in Locher/Koeble/Frik, HOAI, 12. Aufl. 2014, § 57 Rn. 3.
11
Kuhn, ZfBR 2014, 3 (18).
12
Korbion in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 8. Aufl. 2013, § 55 1154 (zur HOAI 2009); Kuhn, ZfBR
31.03.2014 12:56
NJW 2014, 821 - beck-online
9 von 9
https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...
2014, 3 (6) mwN.
13
OLG Düsseldorf, BauR 1997, 340.
14
OLG Düsseldorf, BauR 1997, 340 (342).
15
OLG Koblenz, Urt. v. 6.12.2013 – 10 U 344/13, BeckRS 2014, 02092 (n. rkr.), besprochen von Weller,
IBR 2014, 90.
16
Vgl. ua Preussner, BauR 2010, 340 (354); Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 6. Aufl. 2011, Rn.
5, 874; Scholtissek, NJW 2009, 3057 (3062); Grams/Weber, NZBau 2010, 337 (342); Fuchs/Berger
/Seifert, NZBau 2014, 9 (16).
17
BGH, NJW-RR 2009, 447 = NZBau 2009, 257.
18
BGH, NJW-RR 2009, 598 = NZBau 2009, 255.
19
S. ua MüKoBGB/Busche, 6. Aufl. 2012, § 155 Rn. 39.
20
S. ua MüKoBGB/Finkenauer, 6. Aufl. 2012, § 313 Rn. 61.
21
Beispielsweise könnten die beträchtlichen Bindefristen der RBBau eine unangemessene Benachteiligung
des Planers darstellen.
22
So zutreffend Koeble in Locher/Koeble/Frik (o. Fn. 10), § 34 Rn. 16.
23
Vgl. BGH, NJW 2008, 285 = NZBau 2007, 653.
24
Vgl. umfassend zu den Neuregelungen der HOAI 2013 Fuchs/Berger/Seifert, NZBau 2013, 729 und dies.,
NZBau 2014, 9; Werner/Siegburg, BauR 2013, 1499.
25
Fuchs/Berger/Seifert, NZBau 2014, 9 (10).
26
Beispielsweise Siemon- oder Steinfort-Tabelle, die an die HOAI 2013 allerdings bislang nicht angepasst
wurde.
27
Vgl. Siemon-Tabelle, abgedr. in BauR 2013, 1764 (1769 ff.); Werner/ Siegburg, BauR 2013, 1499 (1559 ff.); Simmendinger, abzurufen unter www.hoai-gutachter.de.
28
Vgl. BGH, NJW-RR 2009, 447 = NZBau 2009, 257.
29
So auch Motzke, NZBau 2013, 742 (743).
30
Siemon, BauR 2013, 1764.
31
BGH, NZBau 2005, 163.
32
BGH, NZBau 2005, 285; Koeble in Locher/Koeble/Frik (o. Fn. 10) Rn. 97.
33
Ebenso OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 2.5.2013 – 3 U 212/11, BeckRS 2013, 09721.
34
OLG Koblenz, Urt. v. 6.12.2013 – 10 U 344/13, BeckRS 2014, 02092 (n. rkr.).
35
BR-Drs. 334/13, 4.
36
BR-Drs. 334/13, 135 f.
37
OLG Koblenz, Urt. v. 6.12.2013 – 10 U 344/13, BeckRS 2014, 02092 (n. rkr.).
38
So auch Kalte/Wiesner, IBR 2013, 1335.
39
BGH, NJW 2012, 1792 = NZBau 2012, 298.
40
OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 2.5.2013 – 3 U 212/11, BeckRS 2013, 09721; Koeble in Locher/Koeble/Frik
(o. Fn. 10), § 7 Rn. 103.
41
BGH, NJW 1998, 135.
42
BGH, NJW-RR 2004, 445 = NZBau 2004, 216.
43
Motzke, NZBau 2013, 742 (744).
44
Motzke, NZBau 2013, 742 (744).
45
BGH, NJW-RR 2009, 447 = NZBau 2009, 257.
46
BGH, NJW-RR 2009, 447 = NZBau 2009, 257.
31.03.2014 12:56

Documents pareils