ROMEO UND JULIA

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ROMEO UND JULIA
Begleitmaterial zur Vorstellung
ROMEO UND JULIA - freestyle
© Fotos: Jan Frankl/Michael Winkelmann; Grafik: Lilly Pan
c h o n g * - verein für theater & performance
Schauspiel mit Tanz und Musik/ 90 Min. / Empfohlen ab 14 Jahren
Begleitinformationen erstellt von Silke Ofner und Melika Ramic
Ansprechperson für Informationen, Anmeldung und Kartenreservierung
Mag. Christina Bierbaumer / Mo. – Fr. 09:00 - 17:00
Fon: +43.1.522 07 20 -18 / Fax: +43.1.522 07 20 -30
[email protected] / www.dschungelwien.at
INHALTSVERZEICHNIS
1. ZUR PRODUKTION
2. ZUM INHALT UND STÜCK
3. AUSZÜGE AUS DEM STÜCK
4. INTERVIEW MIT DER REGISSEURIN
5. IMPULSE: VOR- UND NACHBEREITUNG
6. KRITIKEN
7. BERICHTERSTATTUNG
8. ANHANG
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1. ZUR PRODUKTION
Schauspiel mit Tanz und Musik
c h o n g * - verein für theater und performance
Dauer: 90 Min., keine Pause
Empfohlen ab 14 Jahren
URAUFFÜHRUNG
Konzept & Regie: Hilde Dalik
Theaterpädagogik, Assistenz: Melika Ramic
Dramaturgie: Silke Ofner
Impro, Text-Coach: Michael Ostrowski
Produktionsleitung: Janine Michtner
Ausstattung: Kaja Dymnicki
Video: Jan Frankl
Kostüme: Veronika Tupy, Jenny Schleif
Musik: Kyrre Kvam, Wolfgang Schlögl
Chor-Einstudierung: Belush Korenyi
Tanz: Ibrahim Aly, Patrick Moser, Johannes Ellersdorfer
Stimm- & Sprechtechnik: Martina Zinner
DarstellerInnen: Sophie Aujesky sowie Esra Altuntas, Hagar Ashiba, Regina Atia,
Chadischat Suleimanova, Borhan Hassanzadeh, Zarif Hoseini, Ezatullah Jami,
Mujtaba Sam Karimi, Dost Khugiani, Memo Ciftci, Sharif Rahimi, Sakhi Rezai;
Außerdem in den Videos: Abdullah Khan, Michael Ostrowski, Alexander Pschill
„Oh Wunderwerk! Ich fühle mich getrieben, den ärgsten Feind aufs Zärtlichste zu
lieben!“ (Romeo und Julia, William Shakespeare)
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2. ZUM INHALT UND STÜCK
Die Geschichte von Romeo und Julia, eines der wohl berühmtesten Liebespaare der
Weltliteratur, ist bekannt:
Romeo und Julia, die Nachkömmlinge zweier verfeindeter Familien verlieben sich
ineinander. Aus Angst vor ihren Familien heiraten sie heimlich. Kurz darauf tötet
jedoch Romeo im Streit Tybalt, den Cousin von Julia, und wird aus der Stadt
verbannt. Julia nimmt aus Verzweiflung eine Art Gift zu sich, die sie für einige
Stunden wie tot erscheinen lässt. Als sie aus ihrem Tiefschlaf wieder erwacht,
muss sie feststellen, dass ihr Romeo - aus Kummer über ihren angeblichen Tod –
soeben einen tatsächlichen Todestrunk eingenommen hat. Julia ersticht sich mit
einem Dolch.
Jugendliche mit Fluchterfahrung im Alter von 16 bis 21 Jahren stehen hier nun
gemeinsam mit professionellen SchauspielerInnen auf der Bühne und interpretieren
William Shakespeares Drama Romeo und Julia neu. Im Zentrum stehen hierbei die
ganz persönlichen Sichtweisen der jungen DarstellerInnen in Bezug auf Romeo und
Julia und die damit verbundenen Themen wie Liebe und Hass, Freundschaft und
Feindschaft oder Gewalt zwischen Familien. Daher spielen sowohl Tanz - sei es
Ausdruckstanz, Breakdance oder traditioneller Tanz - als auch Gesang (afghanische
Volksweisen, Pop etc.) ganz entscheidende Rollen in dieser sehr freien Annäherung
an den weltberühmten Theaterstoff. Die TeilnehmerInnen bringen dabei auch ihre
ganz persönlichen Geschichten in mehreren Sprachen (englisch, deutsch, dari,
paschtu etc.) und mittels unterschiedlichster Ausdrucksformen auf die Bühne.
„Seit zirka einem Jahr engagiere ich mich für jugendliche, unbegleitete Flüchtlinge
aus dem Laura Gatner Haus (NÖ). Nachdem ich immer wieder von diesen jungen
Männern den Wunsch vernommen hatte, einmal auf einer richtigen Bühne stehen zu
können, kam ich auf die Idee, eine feste Theatergruppe zu gründen. Es ist mir
wichtig, diese Produktion unter möglichst professionellen Rahmenbedingungen
führen zu können. Ziel für mich ist es, diesen Jugendlichen einerseits die
kontinuierliche Trainingsarbeit und das Suchen künstlerischer Ausdrucksformen zu
ermöglichen und ihnen andererseits das Erfolgserlebnis einer Aufführung bieten zu
können." (Hilde Dalik)
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3. AUSZÜGE AUS DEM STÜCK
Da es für uns wenig Sinn macht, hier Auszüge aus dem allseits bekannten Stück zu
liefern, wollen wir hier ein paar Textpassagen präsentieren, die wir mit den
Darstellern erarbeitet haben bzw. die von den Darstellern selbst erstellt wurden.
Sie sollen durchaus als Diskussionsansporn dienlich sein:
SZENE: Die Montagues sind schon in Partystimmung, weil sie gleich zum Maskenfest
der Capulets fahren werden.
Der Afghan Style Song
Ich bin ein Afghane und ich esse gerne Schorwa
Ich gehe zum Kühlschrank und ich finde nur Korma
Ich esse auch Korma, doch jetzt mag ich lieber Schorwa.
Soviel Korma, aber wo ist mein Schorwa!
Das ist Afghan Style: wir essen gern mit den Händen.
Das ist Afghan Style: wir tragen Paaran und Tumban.
Das ist Afghan Style: wir tanzen Attan, wo wir wollen.
Das ist Afghan Style he
Afghan Style
Wir gehen zu Freunden.
Wir trinken Chai, yeah! Trinken Chai, yeah!
Trinken Chai mit vielen Süßigkeiten,
so viel Shrini, hey, so viel Shrini, hey!
Ich will’s nicht essen, es ist viel zu viel zu viel….
(gesprochen) Iss es oder ich werd’ böse!
Das ist Afghan Style!
Das ist Afghan Style
Afghan Style
Heeeeey, wir fahren zur Party!
Afghan Style.
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Heeeeey, wir fahren mit dem Auto!
Ich bin ein Afghane und ich bin gern mit den Freunden.
Wir sitzen auf der Wiese, rauchen Shisha, spielen Karten.
Zuhause bei Freunden: Geheimnis saufen, Gras rauchen,
Oh, mein Papa kommt!
Alles weglaufen!
Das ist Afghan Style: ich trink den Tee mit Shirpere
Das ist Afghan Style: der Tee ist heiß! Nicht verbrennen!
Das ist Afghan Style: Ich komme viel zu spät nach Haus!
Das ist Afghan Style: Mein Papa wartet mit dem Gürtel!
Wir gehen zu Freunden.
Wir trinken Chai, yeah! Trinken Chai, yeah!
Trinken Chai mit vielen Süßigkeiten,
so viel Shrini, hey, so viel Shrini, hey!
Ich will’s nicht essen, es ist viel zu viel zu viel….
(gesprochen) Iss es oder ich werd’ böse!
Das ist Afghan Style!
Afghan Style
Afghan Style
Hinweis: Der Text ist in Zusammenarbeit mit den Kids entstanden. Die Regisseurin
hat sie dann anschließend in eine Form und in einen Rhythmus gebracht.
Mögliche Fragestellungen:
Was ist typisch in deinem Land, deinem Freundeskreis? Sind das gleich Klischees?
Oder gar Vorurteile? Was ist der Unterschied zwischen Klischee und Vorurteil?
Was macht ihr, wenn ihr mit euren FreundInnen unterwegs seid? Wie sieht eure
Freizeitgestaltung aus?
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SZENE: Romeos und Julias Hochzeitsnacht.
„Lieben ist in einer Hinsicht Zeit zu geben,
nicht Zeitlücken zu füllen,
morgens gemeinsam aufzuwachen
und die Stille des Windes, das Mysterium der Nacht,
versunken in den Augen des anderen zu erfühlen.
Und gleich brodelndem Blut in den Adern des anderen zu fließen ist LIEBE.
Wäre der Himmel ein Blatt Papier
und das Meer eine Flasche Tinte,
würde dies dennoch nicht ausreichen,
um meine Liebe zu dir niederzuschreiben.
Ich liebe dich so sehr.
Wäre mein Leben so lang, wie die Größe meiner Liebe zu dir
würde ich die Unsterblichkeit Liebe nennen.“
Mögliche Fragestellungen:
Wie empfindest du Liebe? Was ist Liebe für dich?
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SZENE: Julia nimmt den Trank zu sich, der sie in einen todesähnlichen
Schlafzustand versetzt.
„Heute habe ich eine neue Kneipe entdeckt, gegenüber vom Friedhof,
falls du mich eines Tages suchst und nicht findest,
bin ich entweder in der Kneipe oder genau gegenüber.“
Mögliche Fragestellungen: Was würdest du aus Liebe machen? Was treibt Menschen
zu solch extremen Taten?
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Anmerkung: Die oben zitierten Gedichte entspringen der Feder von Memo Ciftci
(aus dem Türkischen übersetzt von Funda Sel), der im Stück die Rolle von TYBALTS
BRUDER darstellt. Er hat uns diese ganz persönlichen Zeilen dankenswerterweise
fürs Stück zur Verfügung gestellt.
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4. INTERVIEW MIT DER REGISSEURIN
Im Gespräch mit Hilde Dalik
Frage: Seit wann kennst du das Laura Gatner Haus? Seit wann bist du dort
aktiv?
Hilde Dalik: 2012 habe ich zum ersten Mal das Laura-Gatner-Haus besucht. Dort
habe ich bei einem laufenden Theaterpädagogik-Workshop mitgeholfen. Michael
Ostrowski und ich haben einige Jungs immer wieder ins Kino und ins Theater
eingeladen.
Wie bist du zu diesen Theaterpädagogik-Workshops gestoßen?
Die Psychologin, die im Laura Gatner Haus arbeitet, hat diesen Workshop initiiert.
Ich war unterstützend dabei.
Wie entstand die Idee, das Theaterstück „Romeo und Julia" realisieren zu
wollen?
Nachdem ich immer wieder mit den Jungs gemeinsam im Theater war, ist in mir die
Idee entstanden, selbst ein Stück auf die Beine zu stellen. Theaterspielen ist immer
eine gute Sache: Es kann Ventil sein, es schult ganz sicher die Empathie und es
zwingt einen gewissermaßen ständig, Ängste jeglicher Art zu überwinden.
Was war dir persönlich wichtig an dem Projekt „Romeo und Julia - freestyle"?
Ich wollte einerseits die Geschichte von Romeo und Julia erzählen und andererseits
Geschichten und Haltungen der Jugendlichen in die Handlung einfließen zu lassen.
Mir war es sehr wichtig, ihre Talente hervorzuheben und ihnen dabei gleichzeitig
die Möglichkeit zu geben, Neues zu lernen.
Wie darf man sich so eine Probe vorstellen? Wie bist du vorgegangen?
Wir haben im März (2014) mit regelmäßigem Probieren angefangen. Das war
anfangs nur einmal pro Woche. Später wurden daraus aber tägliche Proben. Meine
Assistentin Melika Ramic, die eigentlich selbst als Theaterpädagogin und
Regisseurin arbeitet, und ich haben versucht, den Jungs und Mädels, grundlegende
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Theatersituationen zu vermitteln: z. B. das Gefühl für einen Raum, das Gefühl
gegenüber anderen Mitspielern, und dass es dabei stets um ein Geben und Nehmen
geht. Melika hat das immer in einen spielerischen und lustvollen Rahmen gesetzt.
Parallel dazu haben die Jugendlichen ein intensives Tanz- und Akrobatik-Training
bekommen. Später haben wir Improvisationen zu verschiedenen Themen gemacht,
die in Romeo und Julia wichtig sind, wie z. B. die Frage nach der ersten Liebe,
überhaupt Liebe, wie man sich einen Partner vorstellt, die Haltung zu Gewalt, zur
Familie, etc. Sprech- und Stimmunterricht ist dann auch noch dazugekommen.
Wie war für dich die Arbeit mit den Jungen und Mädchen?
Sehr bereichernd. Ich habe so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt.
Jeder einzelne ist ein Geschenk für mich - und auch für alle anderen, die mit ihnen
arbeiten durften.
Welche Erfahrungen hast du daraus gewonnen?
Die schönsten. Ich bin einer mir davor fremden Kultur etwas näher gekommen, hab
den afghanischen Witz und die Lebensfreude kennengelernt. Ich finde es
beispielhaft, wie diese Menschen, die schon in jungen Jahren mit Krieg und Gewalt
konfrontiert waren, mit dem Leben umgehen. Sie haben große menschliche
Qualitäten und schaffen es, trotz schwieriger Umstände, glücklich zu sein. Das
finde ich bewundernswert.
Wird es ein weiteres Projekt unter deiner Regie geben? Zukunftsvisionen?
Ich werde auf jeden Fall weitermachen, mit genau dieser Gruppe, die sich so
großartig entwickelt hat und die so mutig und lustvoll arbeitet. Wir werden uns
jetzt einmal zusammensetzen und über weitere Projekte reden. Ich hätte große
Lust, als nächstes einen Film zu machen.
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5. IMPULSE: VOR- UND NACHBEREITUNG
Vorbereitung
Anbei findet sich nun eine Reihe von Übungen/spielerischen Aufgaben, die mit den
DarstellerInnen der Theatergruppe meist vor Beginn der tatsächlichen Probe, d. h.
als Warm-Up, zur Sensibilisierung und zur Schulung der Konzentration durchgeführt
wurde. Sehr wichtig dabei ist es, den Jugendlichen klar zu machen, dass es darum
geht, sich auf die Gruppe einzustellen, sich darauf einzulassen und eine gewisse
gemeinsame Energie zu erspüren, zu entwickeln und sich danach zu verhalten.
Go-Stop/Clap-Jump
1. Beim Ausruf „los“ sollen sich alle SpielerInnen frei im Raum bewegen. Bei
„stopp“ sollen sie stehenbleiben.
2. Nun wird das ganze Spiel umgedreht: bei „stopp“ sollen sich nun die
SpielerInnen im Raum bewegen, bei „los“ hingegen bleiben sie stehen.
3. Zwei neue Anweisungen kommen dazu: bei „springen“ klatschen alle
SpielerInnen einmal in die Hände und bei „klatschen“ springen sie.
4. Alle vier Anweisungen werden gemischt.
Mögliche Variationen des Spiels:
Weitere Anweisungen wie „vorwärts“, „rückwärts“, „den Himmel/den Boden
berühren“, „hinknien“, „robben“.
Spielrelevante Fragestellungen:
Was passiert in unserem Kopf, wenn wir versuchen das Gegenteil zu machen? Wie
fühlt sich das an? Wie können wir unsere Konzentration verstärken? Betrachten wir
beim Spielen auch andere Leute oder nur uns selbst?
Klatschkreis
Die Gruppe steht im Kreis. Nun wird ein Klatschimpuls durch die Gruppe geschickt.
Der Spieler/die Spielerin, der/die 'angeklatscht' wird, muss diesen Impuls sofort
weitergeben. Der Impuls kann zum rechten oder linken Nachbarn oder zu einem
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anderen (gegenüberliegenden) Teilnehmer oder einer anderen Teilnehmerin des
Kreises geschickt werden.
Mögliche Variante:
Jeder Impuls, der zum rechten oder linken Nachbarn geschickt wird, wird mit „zip“
artikuliert. Jeder andere Impuls (z. B. zu einem Teilnehmer/einer Teilnehmerin
gegenüber) wird mit „zap“ vertont.
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Die TeilnehmerInnen stehen eng im Kreis und alle schließen die Augen. Ziel ist es,
bis 21 (Hinweis: bei einer großen Gruppe wird am besten die Zahl der
TeilnehmerInnen genommen, bei einer kleinen Gruppe hingegen eignet sich die
doppelte Anzahl der TeilnehmerInnen) zu zählen. Dabei darf aber immer nur ein
Spieler die nächste Zahl sagen. Sollten zwei TeilnehmerInnen gleichzeitig sprechen,
muss wieder von vorne begonnen werden.
Tipp: Die SpielerInnen sollten darauf hingewiesen werden, dass es wichtig ist, sich
gut zuzuhören und sich Zeit zu lassen. Es geht bei diesem Spiel nicht darum, schnell
zu sein, sondern zusammen als Gruppe gemeinsam bis 21 durchzuzählen, d. h.
einen „gemeinsamen Atem“ zu entwickeln.
Schreikreis
Die Gruppe steht im Kreis, jeder mit Blick zum Boden. Auf ein gemeinsames
Kommando hin („1,2,3") blicken alle SpielerInnen auf und schauen genau einen der
anderen SpielerInnen fest an. Wenn sich dabei zwei ansehen, schreien sie (laut)
und verlassen den Kreis. Wer als letzter übrig bleibt, hat gewonnen.
Raumlauf
Der Raumlauf ist eine Gruppenübung, die sich hervorragend als Aufwärmspiel
eignet und auch als wiederkehrende Übung zum „Ankommen“ genutzt werden
kann. (Hinweis: Die Raumlaufübungen verlangen Konzentration und erhöhte
Aufmerksamkeit für die anderen und für den gesamten Raum.) Der Raumlauf
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beginnt immer gleich: Die SpielerInnen werden aufgefordert durch den Raum zu
gehen. Wichtig dabei ist, dass sie nicht regelmäßig gehen bzw. im Kreis, sondern
den Raum durch ihr Gehen ausfüllen, z. B. durch diagonales Durchschreiten. Es
sollen keine leeren Plätze entstehen. Als Veranschaulichung kann man die
Eisscholle nennen, wo alle Ecken immer besetzt sein sollen, damit sie nicht
umkippt. Ein weiteres Beispiel ist ein gemaltes Bild, welches mit Linien vollständig
ausgefüllt wird.
Die TeilnehmerInnen sollen auf folgendes achten:
- Atmung
- Entspannung,
- Blick, Haltung und Gangart,
- ein möglichst gutes „Ausfüllen“ des Raumes (wie Luftmoleküle)
- ein in etwa stets gleiches Tempo,
- das bewusste Spüren des Bodens (geht am besten ohne Schuhe),
- das bewusste Wahrnehmen der Mitspieler und Blickkontakt zu diesen
Mögliche Steigerungen des Spiels:
Wenn die Spielleitung in die Hände klatscht, sollen die Spieler stehen bleiben und
die Augen schließen. Dann nennt der Spielleiter den Namen eines Spielers oder ein
„Objekt“ (gelbes T-shirt, rote Schuhe) und alle sollen nun mit geschlossenen Augen
auf diesen zeigen.
Weitere Steigerung: Statuen/ Standbilder
In den Raumlauf kann man dann Statuen oder Standbilder zu dem Thema, zu dem
man gerade arbeitet, einbauen. Die SchülerInnen sollen Rollen/Begriffe darstellen,
die in unserem Fall das Stück Romeo und Julia betreffen:
Alleine: Romeo, Julia, der böse Vater, eine besorgte Mutter, ein Verliebter/eine
Verliebte, ein Betrunkener/eine Betrunkene
Zu zweit oder mehr: Liebespaar, Feinde, Balkon, Autofahrt
Foto-Story
Die SchülerInnen sollen in Kleingruppen mittels 5 bis 6 Standbildern die Geschichte
von Romeo und Julia erzählen. Sie sollen sich dabei auf die wichtigsten Momente
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der Geschichte konzentrieren. Man kann ihnen eine gewisse Hilfestellung anbieten,
indem man sie fragt, ob sie schon wissen, welche Rolle sie spielen wollen, ob sie
die Geschichte chronologisch erzählen möchten, etc.
Haltungen: Sprache und Bewegung
Die SchülerInnen sollen Sätze (aus dem Stück) nehmen und im Raumlauf versuchen,
diese Sätze in verschiedenen Haltungen zu sprechen. Mal soll der Satz
Leise, mal laut, schüchtern, aggressiv, liebevoll etc. gesprochen werden. Man soll
jeden Satz wirklich in allen möglichen Versionen ausprobieren und darauf achten,
was dann mit diesem Satz passiert. Die SchülerInnen sollen sich auch überlegen,
wer diesen Satz sprechen könnte. Ist die Person weiblich, männlich, alt, jung, arm,
reich etc. Wenn man verschiedene Haltungen ausprobiert hat, soll man sich auf
eine festlegen.
Nun klatscht die Spielleitung in die Hände und daraufhin sollen alle stehen bleiben.
Einer nach dem anderen soll seinen Satz mit einer Haltung in den Raum sagen
(max. 6 Sätze, d. h. 6 Personen); bewegt sich die Gruppe weiter. Nach einer Zeit
klatscht die Leitung wieder in die Hände, es bleiben alle stehen und die nächsten 6
kommen dran. (Nach dem Prinzip vom Spiel 21 - siehe weiter oben - soll jeder dran
kommen)
Szenische Impro
Die TeilnehmerInnen sollen in Kleingruppen einen Satz auswählen und diesen als
Grundlage für eine kurze szenische Improvisation nehmen. Sie sollen kurz
besprechen, wer welche Rolle spielt, was in dieser Szene passiert (grober roter
Faden), das Ende und den Anfang festlegen und dann versuchen loszuspielen.
Die Beispielsätze, die hier angegeben sind, stammen aus William Shakespeares
Romeo und Julia (Schlegel-Übersetzung!):
Mein Herz erbangt. Es ahnet ein Verhängnis, das mir das Lebens kürzt. // Das ist
der Schurke Romeo! Ein Montague! // So einzge Lieb aus großem Haß entbrannt!
Ich sah zu früh, den ich zu spät erkannt. // O Wunderwerk: ich fühle mich
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getrieben, den ärgsten Feind aufs Zärtlichste zu lieben. // O Romeo! Warum bist
du denn Romeo? // Durch seinen Hass zu sterben wär mir besser als ohne deine
Liebe leben zu müssen. // Ach, willst du mich so ungetröstet lassen? // Gib deinen
Liebesschwur für meinen // Du musst mich verheiraten! Heute noch! // Romeo,
wer hastig läuft, der fällt; drum eile nur mit Weil. // Neun schlug die Uhr, als ich
die Amme sandte. In einer halben Stunde wollte sie Schon wieder hier sein. //
Kannst du kein Weilchen warten? Siehst du nicht, dass ich außer Atem bin? // Ei, du
hast mir eine recht einfältige Wahl getroffen; du weißt nicht, wie man Männer
aussucht! // Guten Tag, Ihr Herrn! Ein Wort mit einem von Euch! // Romeo! Der
Hass, den ich dir schwur, gönnt diesen Gruß dir nur. // Geh! Eile hin zu deiner
Liebsten, wie beschlossen. // Oh Gott, ein Unglück ahnet meine Seele // Denk dir,
Kind, am Donnerstag frühmorgens wird der hochedle, wackre junge Herr, Graf
Paris, dich heiraten. // Du wirst Paris heiraten, sonst schlepp ich dich auf einer
Schleife hin. // Du ungezogenes Gör! Ich sag dir eins, wenn du Paris nicht
heiratest, tritt mir nie mehr unter die Augen! // Nimm dieses Fläschchen dann mit
dir zu Bett und trink den Kräutergeist, den es verwahrt. // Was macht meine liebe
Frau! Geht’s Julia gut? // Was ist das hier? Ein Becher, festgeklemmt in meines
Trauten Hand? // O Böser! Alles zu trinken, keinen gütgen Tropfen mir zu gönnen,
der mich zu dir brächt?
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Nachbereitung
Für die Nachbereitung/das Nachgespräch ist es wichtig, zu Beginn erst einmal alle
Eindrücke, Fragen und Erzählungen der Kinder von ihrem Theaterbesuch
„ungefiltert“ zu sammeln. Als Einstieg kann es hilfreich sein, eine Runde zu
eröffnen, in der jedes Kind spontan das sagt, an was es sich als erstes erinnert,
wenn es an den vergangenen Theaterbesuch denkt. Auf diese Assoziationen kann so
im Laufe des Gespräches immer wieder zurückgegriffen werden.
Folgende Fragen können darüber hinaus gemeinsam besprochen werden:
 Wie habt ihr euch während der Aufführung gefühlt?
 Worin liegt der Unterschied zwischen Theater, Kino, Fernsehen oder dem
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Lesen eines Buches?
 Mochtet ihr das Stück? Warum? Warum nicht?
 Wie würdet ihr das Bühnenbild beschreiben? Was hat euch daran gefallen?
Was weniger?
 Was machen und erleben die einzelnen Figuren? Was sind ihre
Lieblingsbeschäftigungen? Wovor fürchten sie sich? Was lieben sie?
 Habt ihr eine Lieblingsfigur? Wenn ja, was gefällt euch an dieser?
 Welcher dieser Figuren ist euch ähnlich?
 Würdet ihr das Stück noch einmal anschauen? Warum? Warum nicht?
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6. KRITIKEN
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Kraft- und gefühlvoll getanzte Liebesgeschichte
"Romeo & Julia - freestyle": Profis und Jugendliche (Flüchtlinge) spielen und
tanzen (nicht nur) Shakespeares Story.
Vor einer Wand voller bunter Plakate in einem Ambiente, das vielleicht an ein
Jugendzentrum erinnert, spielt sich die Geschichte ab. Der große Unterschied zu
den meisten Inszenierungen der vielleicht bekanntesten tragischen
Liebesgeschichte – es gibt hier drei Julias und drei Romeos.
Weltweit
Sie sind alle jugendlich und kommen aus verschiedenen Ecken und Enden der Welt.
Die meisten der Burschen sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus
Afghanistan (dazu weiter unten). Ob aus Afghanistan, Ägypten oder der Türkei –
selbst jene, die nicht Shakespeares „Romeo und Julia“ kannten, kennen – wie alle
Jugendlichen – Freud und Leid, Hoffnung und Verzweiflung rund um (erste) Liebe
und den einen oder anderen Konflikt mit Eltern, wenn's um die/den Auserwählte/n
geht. Und aus ihren Herkunftskulturen kennen sie ähnliche dramatisierte
Geschichten, ob die nun „Leila mecnun“ oder „Kherim Aslı“ oder „Laila w kais“
heißen.
Kraft- und gefühlvolle Tänze
Die jugendlichen Darstellerinnen und Darsteller bringen insbesondere die
Stimmungen – ob schüchterne Annäherung, Hochgefühl der Verliebtheit oder
Verzweiflung angesichts Eltern, die sich gegen die Verbindung stemmen – gut rüber
– am besten dann, wenn sie sie wie in vielen Szenen tanzen. Da scheint mitunter
selbst der große Saal im Dschungel Wien vor Power fast zu klein. Manche, wie die
Esra Altuntaş und Hagar Ashiba haben schon Bühnenerfahrung aus einer anderen
Produktion mit Jugendlichen im Dschungel Wien. Und Regina Atia hat in ihrer
ersten Heimat Ägypten schon gespielt und vor allem getanzt wie sie – ständig
tänzelnd – mit strahlenden Augen dem KiKu erzählt.
Aus dem Flüchtlingsheim eines Flüchtlings
„Romeo und Julia – freestyle“ ist die erste Regiearbeit der bekannten Theater- und
Filmschauspielerin Hilde Dalik. Die männlichen unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlinge vor allem aus Afghanistan, Borhan Hassanzadeh (Musiker), Zarif Hoseini
(Mercutio), Ezatullah Jami (Romeo 3), Mujtaba Sam Karimi (Tybalt), Dost Khugiani
Romeo 1), Sakhi Rezai (Benvolio), Sharef Mohammed Rahimi (Paris), leben übrigens
im Laura-Gatner-Haus. Das hat der einstige Burgschauspieler Otto Tausig mit ins
Leben gerufen hat. Er selbst konnte als jüdisches Kind aus Wien nur überleben, weil
er als minderjähriger Flüchtling mit einem der Kindertransporte nach London kam.
(Kurier Online, Heinz Wagner, 4. 9. 2014)
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7. BERICHTERSTATTUNG
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8. ANHANG
Themenkreis: Romeo und Julia
Primäliteratur:
SHAKESPEARE, William: Romeo und Julia. Übersetzt von August Wilhelm Schlegel.
Stuttgart: Reclam, 2010.
Sekundärliteratur:
ELLENRIEDER, Kathleen: Lektüreschlüssel. Romeo and Juliet. Stuttgart: Reclam,
2013.
FRAUSING VOSSHAGE, Frauke: Erläuterungen zu William Shakespeare. Romeo und
Julia. Hollfeld: Bange, 2002.
POPPE, Reiner: Erläuterungen und Dokumente. William Shakespeare. Romeo und
Julia. Stuttgart: Reclam, 2002.
Verfilmungen, die der Produktion als Inspiration dienten:
West Side Story (1961). Regie: Robert Wise/Jerome Robbins. Mit Richard Beymer
und Natalie Wood.
Romeo und Julia (1968). Regie: Franzo Zeffirelli. Mit Leonard Whiting und Olivia
Hussey.
Romeo und Julia (1996). Regie: Baz Luhrmann. Mit Leonardo di Caprio und Claire
Danes.
Themenkreis: Afghanistan / Muslimische Kultur
Literatur:
HOSSEINI, Khaled: Drachenläufer. Übersetzt von Michael Windgassen. Berliner
Taschenbuch Verlag, 2008.
Dokumentationen auf Youtube über muslimische Ehe:
Love crimes of Kabul (mit englischen Untertiteln) – InsassInnen eines
Frauengefängnisses in Kabul erzählen ihren Geschichten
(http://www.youtube.com/watch?v=SIX1-_h9WBE)
Strictly soulmates – muslim (9th Feb.2012) – BBC-Dokumentation über muslimische
Eheschließungen in England! (in englischer Sprache!)
(http://www.youtube.com/watch?v=xVSlbS5gn00)
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