Abschlussbericht_Anika Holz_Bul

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Abschlussbericht_Anika Holz_Bul
„Völkerverständigung macht
Schule“
Abschlussbericht
über mein 3-monatiges Praktikum
in Lovech/Bulgarien
vom 15. September bis 15. Dezember 2006
Anika Holz
[email protected]
„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
Abschlussbericht
Inhaltsverzeichnis
1. Grundsatzinformationen…………………………………………………………………2
2. Informationen zu meiner Arbeit…………………………………………………………2
3. Vorbereitung und Durchführung eines Unterrichtsprojektes
3.1
Vorbereitung, Themenfindung, Projektentwicklung…………………….........4
3.2
Projektskizze……………………………………………………………………...5
3.3
Durchführungsbedingungen…………………………………………………….6
3.4
Projektdurchführung……………………………………………………………..7
3.5
Grundsätzliche Bewertung einer Projektdurchführung im Rahmen des
Praktikantenprogramms…………………………………………………………9
4. Betreuung vor Ort………………………………………………………………..……..10
5. Was ich gelernt habe...
5.1
über die Kultur des Gastlandes…………….…………………………………12
5.2
über Lernen und Lehren……………………….………………………………12
5.3
Bedeutung der Praktikumszeit für meine Entwicklung……………………..14
6. Was die Schüler an der Gastschule gelernt haben…………………………………15
7. Praktische Aspekte……………………………………………………………………..15
8. Verbesserungsvorschläge und Tipps………………...………………………………17
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
Abschlussbericht
1. Grundsatzinformationen
Name:
Anika Holz
Einsatzschule:
Fremdsprachengymnasium Exarch Jossif I. Lovech
Einsatzland:
Bulgarien
Praktikumszeitraum:
15.09.2006 – 15.12.2006
2. Informationen zu meiner Arbeit
Da ich die erste Praktikantin im Programm „Völkerverständigung macht Schule“ war,
die am Fremdsprachengymnasium Exarch Jossif I. in Lovech eingesetzt wurde,
stellte diese Situation zunächst für alle Beteiligten eine neue Herausforderung dar.
Am ersten Tag stellte mir mein Mentor, Herr Axel Sommer, die Fachschaftsleiterin
des Deutschbereichs, Frau Krassimira Ilieva, vor. Diese teilte mir mit, dass ich fast
ausschließlich in den achten Klassen, den sogenannten Vorbereitungsklassen,
unterrichten sollte, um den Schülern sofort den Kontakt mit einem Muttersprachler zu
ermöglichen. Herr Axel Sommer ist der einzige Muttersprachler, der an dieser Schule
arbeitet und er unterrichtet ausschließlich in den DSD-Gruppen (Deutsches
Sprachdiplom Klassen zehn bis zwölf). In diesen Gruppen lernen die Schüler
intensiver Deutsch als die Übrigen ihrer Jahrgangsstufe. Das Ziel dieser
Leistungsklassen ist der Erwerb des Deutschen Sprachdiploms in der zwölften
Klasse und damit die Zulassung zu einem Hochschulstudium in Deutschland. Es
bleibt daher einem Großteil der Schüler der Kontakt mit einem Muttersprachler
verwehrt. Dies sollte sich durch meine Arbeit ändern.
Das Gymnasium Exarch Jossif I. ist ein Fremdsprachengymnasium mit dem
Schwerpunkt Deutsch. Es gibt jedes Jahr sieben Vorbereitungsklassen, von denen
vier Deutsch, zwei Englisch und eine Französisch als erste Fremdsprache lernen.
Der Deutschunterricht beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Sprachunterricht,
sondern es werden auch andere Fächer wie Geschichte und Geographie auf
Deutsch unterrichtet. Das Sprachniveau der Schüler in den Vorbereitungsklassen ist
zu Beginn des Schuljahres noch sehr unterschiedlich, da einige Schüler schon in der
Grundschule Deutsch gelernt haben. Diese Leistungsdifferenzen werden jedoch in
der achten Klasse durch eine höhere Wochenstundenzahl kompensiert, so dass am
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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Ende des Schuljahres ein vergleichbarer Stand erreicht wird. Neben den zwanzig
Stunden Deutsch pro Woche haben die achten Klassen auch noch am Nachmittag
drei Stunden Deutsch bei einem Erzieher, der zum Beispiel mit ihnen die
Hausaufgaben durchgeht, Diktate schreibt oder die Vokabelhefte kontrolliert.
Während meines Praktikums habe ich den gesamten Phonetikunterricht in den
Klassen 8a, 8b, 8v und 8g übernommen. Phonetik gilt an dieser Schule als
eigenständiges Fach und wird nur in den achten Klassen mit zwei Stunden pro
Woche unterrichtet. Es bot sich daher an, mich als Muttersprachler in diesem Fach
einzusetzen. Die Schüler der Vorbereitungsklassen sind zwischen vierzehn und
fünfzehn Jahre alt und eine Klasse setzt sich im Durchschnitt aus 26 Schülern
zusammen. Auffällig ist, dass die Zahl der Mädchen in allen Klassen deutlich höher
ist als die der Jungen, vermutlich weil sich mehr Mädchen als Jungen für den Besuch
eines Fremdsprachengymnasiums entscheiden.
Neben dem regulären Unterricht in den achten Klassen war ich in verschiedenen
Klassen jeweils eine Einzel- oder Doppelstunde als „Gast“ anwesend, habe Fragen
der Schüler beantwortet, mit ihnen über verschiedene Themen diskutiert und somit
Konversation auf Deutsch trainiert. So hatte mich zum Beispiel eine Kollegin gebeten
in ihren neunten Klassen eine Diskussion zum Thema „Schüler sein in Deutschland
und Schüler sein in Bulgarien“ durchzuführen. Ich habe die Erfahrung gemacht, eine
derartige Einladung bedeutet häufig, dass man gleichzeitig die Organisation der
gesamten Stunde übernehmen soll. Beim ersten Mal war ich sehr überrascht und
auch völlig unvorbereitet als ein Kollege mich in den Landeskundeunterricht seiner
zehnten Klasse einlud und mir auf einmal die Verantwortung für den weiteren
Unterrichtsverlauf zuwies. Zum Schluss des Praktikums machten mir aber gerade
diese Stunden besonderen Spaß. Einerseits war das Sprachniveau in diesen
Klassen höher als in meinen achten Klassen, was für die Kommunikation deutlich
von Vorteil war, und andererseits war hier immer ein großes Interesse von Seiten der
Schüler zu spüren.
Im November und Anfang Dezember ergab sich für mich die Möglichkeit, den
gesamten Deutschunterricht der elften Leistungsklasse zu übernehmen, da die
betreffende Lehrerin ein Stipendium in Deutschland bekommen hatte. Diese zwei
DSD-Gruppen setzten sich aus Schülern der elften Klassen wie folgt zusammen: 29
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Schüler bildeten die Gruppe 11b/v und 23 Schüler bildeten die Gruppe 11a/g. Bei
jeder Gruppe hatte ich sieben Stunden Deutsch pro Woche Unterricht. Neben dem
Literaturunterricht zum Thema Aufklärung und Diskussionsrunden zu aktuellen
deutschen Nachrichten, waren jedoch auch Texte zum Leseverstehen oder
Grammatik Inhalte meiner Arbeit mit den Schülern. Tanya Tsokova, die
Deutschlehrerin dieser Gruppen, und ich erarbeiteten im Vorfeld für den gesamten
Zeitraum einen Stoffverteilungsplan. Weiterhin hospitierte ich mehrmals im Unterricht,
um auch auf Prüfungssituationen besser vorbereitet zu sein.
Eine weitere Tätigkeit war meine Projektarbeit, an der ich mit Schülern der zehnten
und elften Klassen regelmäßig zwei bis drei Stunden pro Woche arbeitete.
3. Vorbereitung und Durchführung eines Unterrichtsprojekts
3.1 Vorbereitung, Themenfindung, Projektentwicklung
Da ich im Vorfeld keine genauen Vorstellungen über die Lern- und Lehrsituation in
Bulgarien, die Interessen der Schüler, sowie deren Deutschkenntnisse hatte, fiel es
mir sehr schwer aus der Entfernung eine konkrete Projektidee zu entwickeln. Somit
beschränkte sich meine Vorbereitung in Deutschland auf die Entwicklung und
Sammlung von Ideen und Ansatzpunkten. Konkrete Vorbereitungen, wie zum
Beispiel das Knüpfen von Kontakten oder Materialsammlungen, verfolgte ich zu
diesem Zeitpunkt noch nicht.
Nach meiner Ankunft in Lovech einigte ich mich mit Herrn Axel Sommer und anderen
Lehrkräften darauf, dass ich mein Projekt hauptsächlich mit Schülern der zehnten
und elften Klassenstufe durchführen werde. Das Fremdsprachengymnasium teilt den
Unterricht auf zwei Schichten pro Tag auf, d. h. die Schüler der achten, zehnten und
elften Klassen haben vormittags Unterricht und die Schüler der neunten und zwölften
Klassen nachmittags. Da ich auch immer am Vormittag unterrichtete, war dies die
beste Lösung für alle Beteiligten.
Ich wollte gerne etwas mit dem Schwerpunkt „kreatives Schreiben“ machen und
gleichzeitig den Alltag der Jugendlichen mit integrieren. Außerdem schwebte mir vor,
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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etwas mit Kunst zu machen. Es sollte auf jeden Fall die Motivation der Schüler auf
Deutsch zu kommunizieren erhöhen. Weiterhin wollte ich alle Schüler der genannten
Klassenstufen erreichen und nicht nur die DSD-Schüler.
3.2 Projektskizze
Aus diesen verschiedenen Ansprüchen, die ich mir selbst für das Projekt gesetzt
hatte, entwickelte ich nach und nach folgendes Konzept:
„химикалката и моливът - DIE Mine und DER Stift“ - Die Artikel stehen einerseits
für das jeweilige Geschlecht, denn Jungen und Mädchen beschreiben hier ihre
Träume, Wünsche und ihr Leben. Andererseits stehen die Worte stellvertretend für
den Hintergrund des Projektes, das kreative Schreiben. Eine Mine oder einen Stift in
die Hand zu nehmen, ist der erste Schritt zum endgültigen Produkt, man muss nur
einfach anfangen!
Zehn Wochen gemeinsamer Austausch mit schreiben, malen und zeichnen brachten
mehr als zehn neue Erfahrungen und mindestens 100 Mal Spaß am Spiel, mit dem
Ziel: WIR SCHREIBEN UNSER ERSTES BUCH – AUF DEUTSCH.
Was interessiert die Jugendlichen in Bulgarien? Was für Gefühle, Wünsche oder
Erwartungen haben sie? Was bedeutet es typisch Junge oder Mädchen zu sein? All
diese Fragen interessierten uns und so fingen wir einfach an! Aus ein paar Ideen
zum Leben in Bulgarien wurde ein Buch, welches noch viel mehr beinhaltet. Es sind
längst nicht nur Themen wie Mode, Musik und Alltagsleben zu finden, sondern auch
Gefühle, Ängste und Träume.
3.3 Durchführungsbedingungen
Ich habe mich nach Absprachen mit den beteiligten Lehrkräften dafür entschieden,
dieses Projekt nicht in den regulären Unterrichtsverlauf zu integrieren, sondern es als
ein Angebot zu konzipieren. Die Arbeit in der Projektgruppe fand auf freiwilliger Basis
außerhalb der Unterrichtszeit statt.
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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Zwar war damit nicht sichergestellt, dass ich auch tatsächlich genügend Interessierte
für meine Projektidee finden würde, jedoch war es mir wichtig, dass diejenigen, die
mitmachen würden, es aus eigener Entscheidung und aus Interesse an dem Projekt
tun würden. Ich wollte keine Projektgruppe leiten, bei der die Schüler, wie dieses im
regulären Unterricht häufig der Fall ist, eine Aufgabe nach der anderen bearbeiten,
sondern nach Möglichkeit eine Atmosphäre schaffen, in der alle Teilnehmer sich für
den Projektverlauf und das Projektergebnis verantwortlich fühlen. Eigenverantwortung, Mitbestimmung und Kritikfähigkeit spielen in diesem Zusammenhang
eine wichtige Rolle.
Als Raum für die Projekttreffen konnte ich die Bibliothek des Fachbereichs Deutsch
nutzen. Da hier kein gewöhnlicher Unterricht stattfand, konnte ich zeitlich relativ frei
über diesen Raum verfügen. Der einzige Nachteil bestand darin, dass es sehr wenig
Tische in diesem Raum gab und er teilweise als Ablageraum für Plakate von
Schülern genutzt wurde.
Da die zehnten und elften Klassen immer von 7:30 Uhr bis 13:15 Uhr Unterricht
hatten, trafen wir uns in den ersten beiden Stunden der Nachmittagsschicht. Wir
trafen uns also jeden Mittwoch von 13:30 Uhr bis 15:00 Uhr. In den entscheidenden
Phasen des Projekts, Anfang November zwecks Druck und Anfang Dezember
zwecks Präsentation, trafen wir uns auch an zwei oder drei Tagen in der Woche.
Meist waren das Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. Leider ergab sich für die
interessierten Schüler dadurch ein überdurchschnittlich langer Schultag, was mit
einem im Unterrichtsverlauf integrierten Projekt nicht der Fall gewesen wäre.
3.4 Projektdurchführung
Die eigentliche Projektarbeit begann erst in der dritten Woche, da während der ersten
beiden Treffen noch nicht fest stand, wer von den anwesenden Schülern nun
tatsächlich an dem Projekt mitarbeiten würde. So nutzte ich die ersten beiden
Termine dazu, den Schülern meine Idee vorzustellen und zu skizzieren, wie ein
ungefährer Projektablauf aussehen könnte. Dabei betonte ich, dass das alles nur
Anregungen und Ideen von mir seien, die sich jederzeit im Projektverlauf ändern
können. Außerdem war es mir am Anfang wichtig, dass wir uns alle gegenseitig
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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kennen lernen. Auch der große Begriff „kreatives Schreiben“ übte zusätzlichen Druck
auf die Schüler aus. Daher hatte ich einen Teil der Zeit für kreative Schreibspiele im
Sinne von Kennenlernspielen vorgesehen. Wir schrieben also unsere Namen und
überlegten uns jeweils Eigenschaften zu den Buchstaben oder jeder schrieb einen
Satz und daraus wurden kurze Gedichte oder Geschichten. Es war mir wichtig, eine
lockere Atmosphäre zu schaffen und jedem Schüler Mut zu machen.
Insgesamt lässt sich der Projektverlauf grob in drei Phasen einteilen, wobei lediglich
Phase zwei und drei sich ineinander verschoben. Diese feste von mir vorgegebene
Abgrenzung zwischen Phase eins, der Textproduktion, und den Phasen zwei und
drei, dem Druck und der Präsentation des Buches, war für die Arbeit in der Gruppe
sehr gut. Das einzige große Problem war die mangelnde Zeit, da ich nur drei Monate
in Lovech war.
In der ersten Phase sollten die Schüler allein, zu zweit oder in Gruppen kreativ tätig
werden. Alle Schüler überlegten zusammen was ihnen zu „химикалката и моливът DIE Mine und DER Stift“ einfällt. Überrascht hat mich der Ehrgeiz der Schüler bei der
Themensuche. Die Schüler überlegten sich Schwerpunktthemen und schrieben
Texte und Gedichte oder zeichneten. In den folgenden Treffen wurden die Texte
gelesen, besprochen, verbessert oder auch erweitert. Beispielsweise wurde aus
einem einfachen Fragebogen zum Schluss ein Schauspiel voller Ironie. Es lief jedoch
nicht ganz so fließend ab, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Schüler waren
teilweise sehr langsam oder unzuverlässig bei der Textproduktion. Ich hatte also
viele handschriftliche Ideen, aber die Dateisammlung erwies sich als sehr
zeitaufwendig. Doch je näher der Termin des Drucks heranrückte, umso engagierter
wurde die Gruppe. Es stiegen noch Schüler in das Projekt mit ein, die das Layout
entwerfen wollten, und der Aufbau und Inhalt des Buches wurde stark diskutiert.
Am 15. November 2006 wurde Phase eins beendet und Phase zwei begann. Da
meine Bulgarischkenntnisse für die Druckerei nicht ausreichend waren, begleiteten
mich immer Schüler der Projektgruppe. Das war ein großer Schritt für sie, da sie
nicht mehr nur Schüler waren, sondern jetzt ihre Wünsche und Vorstellungen als
Auftraggeber äußern mussten. Interessant war die Veränderung des Verhaltens
einiger Schüler. Waren sie beim ersten Druckereibesuch noch schüchtern und haben
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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sich nicht getraut zu reden oder mir zu übersetzten, so waren sie zum Schluss alleine
in der Druckerei und haben die Flyer drucken lassen oder falsch gedruckte Plakate
storniert.
Phase drei startete dann ca. eine Woche später, da die Präsentation am 6.
Dezember 2006 stattfinden sollte. Negativ überraschte mich, dass von den 16
Schülern, die Texte für das Buch geschrieben hatten, nur noch zehn ab diesem
Zeitpunkt anwesend waren. Unter diesen zehn Schülern entwickelte sich jedoch ein
sehr gutes Gemeinschaftsgefühl. Sie waren stolz, etwas zu schaffen, was öffentlich
präsentiert, beachtet und wahrgenommen wurde. Eine wichtige Rolle spielte in
diesem Zusammenhang auch das unerwartet große Medieninteresse. Über
Verbindungen mit Eltern von Schülern und Lehrern nahmen wir Kontakt mit der
regionalen Presse auf. Diese wollte bei der Präsentation anwesend sein und
reservierte uns eine Spalte im Kulturteil der Zeitung. Daraufhin wurden Artikel
geschrieben und am Programm der Präsentation gebastelt. Außerdem wurden Flyer
entworfen, gedruckt und verteilt.
Bei der Präsentation am 6. Dezember 2006, die um 19:30 Uhr im Theatersaal der
Schule stattfand, brachte sich dann auch jeder Schüler ein. Die Präsentation war ein
voller Erfolg. Wir ließen Plakate zu den wichtigsten Punkten im Buch drucken: Liebe,
Glück, Alltag, Musik, Mode sowie Ängste und Träume. Da wir aus Kostengründen nur
25 Bücher drucken konnten, haben wir jede Seite des Buches fünfmal kopiert und zu
den jeweiligen Plakaten gelegt, da jedem Besucher die Möglichkeit gegeben werden
sollte, am Buch teilzuhaben. Die Eröffnungsrede wurde von einem Jungen und
einem Mädchen zur bildlichen Veranschaulichung des Themas gehalten. Im
Anschluss daran wurden Schauspielszenen gespielt und Gedichte vorgetragen. Es
wurde Musik gespielt und einige Lehrer bekamen ein Buch überreicht. Zum Schluss
der Veranstaltung bedankte ich mich bei den Schülern, Lehrern und Gästen und
überreichte jedem Schüler sein Buch. Danach lud ich alle Gäste zur Besichtigung
des Buches ein, nach vorne zu kommen. Einige Schüler kamen noch auf die Idee,
leere Plakate als Gästebücher auszulegen, was von allen sehr gut angenommen
wurde und mir als eine schöner Erinnerung bleibt.
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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Der Abschluss der Projektarbeit war jedoch für mich der 12. Dezember 2006. An
diesem Tag fand das letzte Treffen der Gruppe statt. Die Zeitungsartikel und die
Präsentation wurden ausgewertet. Die Schüler reflektierten ihre Erlebnisse und
Erfahrungen in Bezug auf die Projektarbeit. Ich erlebte diese Stunde als gelungenen
Abschluss und durch die verschiedenen Rückmeldungen von den Schülern erfuhr ich,
dass diese etwas andere Art etwas zu lernen oder auszuprobieren, ihnen sehr viel
Spaß gemacht hat.
3.5 Grundsätzliche Bewertung der Projektdurchführung im Rahmen
des Praktikantenprogramms
Für mich persönlich stellte die Arbeit mit der Projektgruppe den wichtigsten Teil
meiner schulischen Tätigkeit dar. Das Gefühl, etwas angeregt und geschaffen zu
haben, auf das die Beteiligten stolz sind, ist sehr schön und motiviert mich, weiterhin
projektorientiert zu arbeiten. Ich denke, dass gerade die Tatsache, dass es sich um
einen abgeschlossenen Prozess mit einem sichtbaren Ergebnis handelt, hier eine
wichtige Rolle spielt.
Auch die Arbeitsatmosphäre war bei diesen Treffen eine andere, als ich sie aus den
regulären Unterrichtsstunden kannte. Die Schüler waren freiwillig da. Es entwickelte
sich mit der Zeit ein sehr offener und angenehmer Umgang innerhalb der Gruppe
und mir gegenüber.
Insgesamt lässt sich die Arbeitsweise als ergebnisorientiert und selbstbestimmt
beschreiben. Die Umgangsform, die offen, ehrlich, frei und kritisch war und ich als
sehr angenehm empfunden habe, findet man kaum im normalen Schulunterricht.
Außerdem habe ich die einzelnen Schüler der Gruppe während dieser Zeit sehr gut
kennen gelernt. Sie haben viel von sich erzählt und mich vieles, auch persönliche
Dinge, gefragt. Dies wäre in einem anderen Rahmen so vermutlich nicht möglich
gewesen.
Ich bin sehr froh, dass diese Projektarbeit ein fester Bestandteil des Praktikums war.
Ohne diese Vorgabe hätte ich vermutlich kein Projekt organisiert, da ich noch völlig
unerfahren mit dieser Lernmethode war und mir das vielleicht nicht so zugetraut hätte.
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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Zu merken, was man alles bewirken kann, wenn man es nur versucht, ist eine sehr
wichtige Erfahrung für mich und ermutigt mich in Zukunft auch neue Projektideen zu
entwickeln.
4. Betreuung vor Ort
Bereits auf dem Vorbereitungstreffen in Stuttgart hatte ich die Möglichkeit, meinen
Fachberater, Herrn Rainer Burchardt, persönlich kennen zu lernen. Weiterhin konnte
ich mit ehemaligen Stipendiaten reden, die das Jahr zuvor in Bulgarien waren. Ich
wurde also umfassend über die Lebensumstände in Bulgarien, über die
Besonderheiten
des
Schulsystems
sowie
kulturelle
Unterschiede
zwischen
Deutschland und Bulgarien informiert. Da ich zu diesem Zeitpunkt noch sehr wenig
über Bulgarien wusste, waren diese Gespräche für mich sehr informativ und meine
Vorstellung über mein zukünftiges Gastland wurde konkreter. Neben dem
Vorabkontakt mit meinem Fachberater, hatte ich auch schon sehr zeitig Kontakt zu
meinem Mentor, Herrn Axel Sommer, mit dem ich im Vorfeld schon per E-mail einige
Dinge besprechen konnte. Wohnungssuche, Anreisebedingungen und andere
Fragen konnten so schon von Deutschland aus geklärt werden.
Bei meiner Ankunft in Lovech wurde ich herzlich von Axel Sommer, seiner Frau und
dem Direktor der Schule empfangen. Da die Dienstwohnung der Schule noch nicht
fertig war, übernachtete ich die erste Nacht bei Familie Sommer und bezog am
folgenden Tag meine Wohnung.
Auch in der Schule wurde ich sehr freundlich aufgenommen. Nachdem die
Feierlichkeiten zum ersten Schultag im Schulhof beendet waren, wurde ich dem
Deutschkollegium vorgestellt. Frau Krassimira I.lieva zeigte mir das Schulhaus und
den Deutschbereich und erzählte ein wenig über den Schulalltag. Es war sehr schön,
mit so viel Aufmerksamkeit willkommen geheißen zu werden und nahm mir das
anfängliche Gefühl fremd zu sein.
In Bezug auf die Auswahl der Klassen, in denen ich unterrichten sollte, wäre ich im
nachhinein lieber etwas freier gewesen und hätte zum Beispiel zu Beginn gern in
verschiedenen Klassenstufen hospitiert, um dann gemeinsam mit den betreffenden
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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Lehrern meine Stunden festzulegen. Dies war jedoch schon alles von den
bulgarischen Lehrkräften im Vorfeld geregelt worden, so dass ich zuerst
ausschließlich in den achten Klassen Phonetik unterrichten sollte. Auch die
Übernahme des Deutschunterrichts in den elften DSD-Klassen wurde eher über
meinen Kopf hinweg beschlossen und ich dann vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich
bin froh diesen Unterricht gemacht zu haben, hätte jedoch erwartet, vorher gefragt zu
werden.
In den achten Klassen arbeitete ich anfangs relativ eng mit den Klassenlehrerinnen
der jeweiligen Klassen zusammen, aber da Phonetik ein eigenständiges Fach ist,
konnte ich sehr schnell frei meine Stundenplanung durchführen. Wenn ich jedoch
unsicher war, ob ein Text zu einfach oder zu schwierig wäre und Übungen zu
kompliziert
seien,
konnte
ich
die
Lehrerinnen
jederzeit
bezüglich
meiner
Stundenplanung fragen. Auch in den elften Klassen haben Tanya Tsokova und ich
einen umfangreichen Stoffverteilungsplan über den gesamten Zeitraum ihrer
Abwesenheit erstellt, so dass ich genug Vorgaben hatte, aber trotzdem noch meine
eigene Lerneinheit daraus entwickeln konnte.
Insgesamt waren alle Personen, mit denen ich in der Schule zu tun hatte, sehr
freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit. Wenn es ein Problem gab, welches ich
aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht allein lösen konnte, hatte ich im
Kollegium genügend Ansprechpartner.
Weiterhin war auch die Betreuung seitens der beteiligten Institutionen sehr gut.
Sowohl
die
Vorbereitung
durch
das
Treffen
in
Stuttgart,
als
auch
die
praktikumsbegleitende Betreuung durch Frau Wolff und Frau Weber, empfand ich
sehr hilfreich und gut organisiert. Auch von Seiten der ZfA, also durch Herrn Rainer
Burchardt, wurde eine sehr kompetente und angenehme Betreuung gewährleistet.
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
Abschlussbericht
5. Was ich gelernt habe…
5.1 … über die Kultur des Gastlandes
Ich war zwar schon im Urlaub in Bulgarien, jedoch nur am Schwarzen Meer. Daher
beschränkte sich meine Vorstellung über dieses Land auf das, was ich im Vorfeld
gelesen und gehört hatte.
Was mir jedoch während meines Aufenthaltes in Bulgarien immer wieder besonders
positiv auffiel, ist die Hilfsbereitschaft der Bulgaren. Teilweise wurde ich zum Bus
gebracht, obwohl ich nur nach dem Weg gefragt hatte. Dabei empfand ich dies nie
als aufdringlich, sondern lediglich als freundliche Geste. Wie das Beispiel schon zeigt,
reagieren und handeln die meisten Bulgaren relativ spontan. Es wird weniger geplant
als in Deutschland, was ich zum Teil aber auch negativ empfand. Beispielsweise
erfuhren auch die Lehrer erst am Donnerstagabend, dass am Freitag verkürzte
Unterrichtsstunden wegen der Präsidentenwahlen am Sonntag waren. Da ich jedoch
am Freitag für Herrn Axel Sommer in den zwölften Klassen Vertretung haben sollte
und mit ihnen eine Erörterung als Vorbereitung auf die DSD-Prüfung im Umfang von
120 Minuten üben wollte, war diese kurzfristige Ansage seitens des Direktors sehr
problematisch. Ähnlich unzuverlässig empfand ich es auch mit der Fahrplanauskunft,
d. h., wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, sollte man immer ein
bisschen mehr Zeit einplanen.
Insgesamt habe ich die Bulgaren als sehr gastfreundliche Menschen kennen gelernt.
5.2 … über Lernen und Lehren
Es ist üblich, dass die Schüler zu Beginn der Unterrichtsstunde aufstehen, um den
Lehrer zu begrüßen. In den achten Klassen achten die Lehrerinnen besonders
darauf, so dass die Schüler auch meist am Ende der Stunde zur Verabschiedung des
Lehrers aufstehen. Dies hat mich zunächst ein wenig befremdet.
Weiterhin fiel mir auf, dass die Schüler zwar gut auswendig lernen und dieses dann
auch wörtlich wiedergeben können, aber das freie Sprechen, die Fähigkeit eigene
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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Sätze zu bilden oder auf Deutsch zu kommunizieren für viele ein Problem darstellt.
Der Unterricht vieler Lehrerinnen und Lehrer war häufig frontal und lehrbuchorientiert
ausgerichtet. Neben zahlreichen grammatikalischen Übungen wurden Texte gelesen,
wiedergegeben oder Fragen dazu beantwortet, selten aber über deren Inhalte
diskutiert. Mit der Aufforderung, ihre ganz persönliche Meinung zu bestimmten
Sachverhalten zu äußern, waren die Schüler meist überfordert. Dies zeigte sich
besonders in meiner Projektgruppe, da die Schüler zu Beginn der Projektarbeit
immer wissen wollten, was sie schreiben sollen. Erst nach vielen Anregungen und
Ermunterungen meinerseits suchten sich die Schüler Themen, die ihren Interessen
oder Begabungen entsprachen. Übungen zum freien Sprechen, Meinungsäußerungen und Diskussionen waren daher Punkte, auf die ich mich in meinen
Stunden konzentrierte. Meist hatten jedoch die Leistungsklassen Hemmungen beim
Führen einer Diskussion, aus Angst vor Fehlern im Ausdruck.
Insbesondere in den achten Klassen fiel es mir gerade am Anfang schwer, immer nur
auf eine sehr begrenzte Anzahl von Vokabeln zurückzugreifen. Mit der Zeit habe ich
jedoch gelernt, meine Aussagen besser zu strukturieren und auf bekannte Sätze
zurückzugreifen. Außerdem haben sich die Schüler an meine Aussprache als
Muttersprachler gewöhnt.
Was meine eigenen sprachlichen Fortschritte angeht, bin ich insgesamt recht
zufrieden. Bulgarisch ist meine erste slawische Sprache, dazu noch in kyrillischer
Schrift. Durch einen zweiwöchigen Intensivsprachkurs, den ich kurz vor meiner
Abreise in Berlin besuchte, konnte ich mir aber einige wichtige Grundlagen aneignen
und ein erstes Gefühl für diese Sprache entwickeln. Nach meiner Ankunft in Lovech
nahm ich zwei Stunden pro Woche bei einer Lehrerin für bulgarische Literatur
Unterricht. Ich habe weiterhin auch sehr viel Radio gehört. Mit der Zeit konnte ich
immer mehr Beiträge verstehen. Es war mir sehr wichtig, die Sprache während
meines Praktikums so gut wie möglich zu lernen, um mich möglichst selbstständig
und unabhängig bewegen zu können. Das Gefühl, die grundlegendsten Dinge wie
Essen, Einkauf, Reisen usw. ohne Hilfe anderer zu bewältigen, trug dazu bei, dass
ich begann, mich in Bulgarien wohl zu fühlen.
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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5.3 Bedeutung der Praktikumszeit für meine Entwicklung
Insgesamt stellt dieser Praktikumsaufenthalt in Bulgarien einen wichtigen Teil sowohl
für meine berufliche als auch persönliche Entwicklung dar. Ich habe lange gebraucht,
um mich in Lovech
wirklich
einzuleben.
Mit
zunehmenden
Landes- und
Sprachkenntnissen, neuen Freunden und mehr Routine im Unterrichten fühlte ich
mich immer wohler.
Auch die Tatsache, eigenständig ein erfolgreiches Projekt auf die Beine gestellt und
durchgeführt zu haben, spielt eine wichtige Rolle bei der Reflexion meiner
Praktikumszeit in Lovech. Insbesondere die Arbeit mit dieser Projektgruppe hat mir
sehr viel Spaß gemacht und Bestätigung gegeben, was mein Selbstbewusstsein
sicher gestärkt hat. Diese positiven Erlebnisse motivieren mich, weitere Projektideen
auszuprobieren und zu verwirklichen. Ich denke, dass ich mir diesbezüglich aufgrund
meiner Erfahrungen in Bulgarien mehr zutraue, als noch vor einem halben Jahr.
Für meine spätere Referendariatszeit war dieses Praktikum eine sehr gute
Vorbereitung. Ich habe eine Menge gelernt, auf das ich in Zukunft aufbauen kann. Da
ich ja erst im sechsten Semester auf Lehramt studiere und bis zum Zeitpunkt des
Praktikums alles nur auf theoretischer Basis gelernt hatte, bin ich froh über die
gesammelten Praxiserfahrungen wie Stundenplanung, realistische Zeiteinschätzung,
Umgang mit Störungen und Problemen oder auch die Routine einfach vor der Klasse
zu stehen.
Aber auch unabhängig vom Unterrichtsgeschehen habe ich eine Menge gelernt.
Durch die Auseinandersetzung und Konfrontation mir einer etwas anderen Kultur und
Lebensweise, die eigene Kultur wieder neu zu hinterfragen und schätzen zu lernen,
war für mich sehr spannend und lehrreich. Für mich war die Zeit in Bulgarien ein
einzigartiger Zugewinn an Lebenserfahrung.
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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6. Was die Schüler an der Gastschule gelernt haben
Wie bereits erwähnt habe ich mich bei meiner Unterrichtsplanung in erster Linie auf
Kommunikation, Konversation, freies Sprechen und das Formulieren eigener
Meinungen
konzentriert.
Textarbeit
kombiniert
mit
einfachen
Spiel-
und
Sprachübungen habe ich als gute Möglichkeit erlebt, Inhalte spielerisch zu
bearbeiten. Phonetik muss nicht immer langweilig und mit Nachsprechen verbunden
sein. Daher habe ich beispielsweise kurze Gedichte mit den Schülern auf
verschiedenste Weisen dramatisiert oder umgeschrieben. Da viele Schüler aus Angst
etwas Falsches zu sagen, lieber gar nichts sagten, war es mir ein wichtiges Anliegen,
sie überhaupt zum Reden zu bringen. Auch Zungenbrecher erwiesen sich dabei als
gute Basis für Sprachübungen.
Weiterhin habe ich deutschsprachige Musik mitgebracht, zunächst Hörverstehen
geübt, über den Inhalt diskutiert und zum Schluss dann auch mit den Schülern
gesungen. Diese Stunden habe ich als gute Abwechslung zum gewöhnlichen
Unterrichtsverlauf erlebt.
Das Thema Weihnachten ließ sich in der Vorweihnachtszeit sehr gut nutzen, um den
Schülern auch die deutsche Kultur näher zu bringen. Ich habe Weihnachtsrätsel
entworfen
und
Geschichten
und
Lieder
zur
Weihnachtszeit
mitgebracht.
Beispielsweise sprachen wir am 6. Dezember über die kulturell unterschiedlichen
Riten in Deutschland und Bulgarien. Für die Schüler war es eine neue Erfahrung,
nicht nur selber etwas zu lernen, sondern auch dem Lehrer etwas Neues
beizubringen.
7. Praktische Aspekte
Die An- und Abreise erfolgte aus Zeit- und Geldgründen mittels Flugzeug, allerdings
gibt es im Winter weniger günstige Angebote. Ich habe daher sowohl Hin- als auch
Rückflug schon im Juni in Deutschland gebucht. Für die Weiterreise von Sofia nach
Lovech musste ich noch weitere zwei bis drei Stunden mit dem Bus fahren.
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„Völkerverständigung macht Schule. Praktikum in Mittel- und Osteuropa“
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In Lovech habe ich in einer Dienstwohnung der Schule gewohnt. Es handelte sich
dabei um ein Appartement mit großem Zimmer, Küche, Bad und Flur in den
Barockhäusern von Lovech. Die Wohnung lag direkt im Stadtzentrum und nur drei
Minuten von der Schule entfernt. Da es sich um eine Dienstwohnung handelte,
musste ich lediglich die Strom- und Wasserkosten bezahlen. Das einzig positive an
dieser Wohnung war jedoch nur die direkte Lage. Die negativen Seiten überwiegten:
Schimmel im Bad, eine eingeschlagene Scheibe, nur ein funktionierender Heizkörper
und Ungeziefer. Nach drei Monaten Aufenthalt in Bulgarien war das Fenster immer
noch nicht repariert. Ich würde jedem, der solch eine Wohnung angeboten bekommt,
abraten einzuziehen, auch wenn man nur drei Monate darin leben soll. Im
Nachhinein hätte auch ich eine andere Wohnung fordern sollen.
In Lovech bin ich viel zu Fuß gelaufen, Bus oder Taxi gefahren. Auch im Vergleich zu
Bustickets sind die Taxipreise in Bulgarien sehr niedrig. Gerade spät abends war es
bequem für mich für einen Lev (50 Cent) nach Hause zu fahren.
Was die polizeiliche Anmeldung betrifft, so sollte man sich im Vorfeld noch mal
genau informieren. Ich hatte gedacht, da ich 97 Tage in Bulgarien sein sollte, dass es
am praktikabelsten wäre, offiziell als Tourist einzureisen, nach 90 Tagen einmal die
Grenze zu überqueren und damit eine neuerliche Aufenthaltserlaubnis als Besucher
zu erhalten. Das ging jedoch nicht, da man als Tourist nur 90 Tage in einem halben
Jahr in Bulgarien sein darf. Zusammen mit meinem Mentor, Herrn Axel Sommer,
überlegte ich dann wie ich für sieben Tage am besten das Land verlassen kann. In
Absprache mit Herrn Rainer Burchardt entschieden wir, dass ich Anfang November
eine Woche das Land verlasse. Da ich in der ersten Novemberwoche aufgrund der
Präsidentschaftswahlen und dem Nationalfeiertag fast keinen Unterricht hatte, bot
sich dieser Termin sehr gut an.
Was die Höhe des Stipendiums betrifft, bin ich gut ausgekommen. Die
Lebenshaltungskosten sind in Bulgarien deutlich niedriger als in Deutschland, auch
Reisen ist dort vergleichsweise günstig. So kostet zum Beispiel die Fahrt von Lovech
nach Sofia umgerechnet 5 Euro, von Lovech nach Veliko Tornovo nur 3 Euro.
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Abschlussbericht
Eine extra Auslandskrankenversicherung brauchte ich nicht abschließen, da sie in
meiner bestehenden privaten Krankenversicherung bereits enthalten ist.
Wie bereits erwähnt habe ich vor Beginn meines Praktikums einen zweiwöchigen
Intensivsprachkurs an der Sprachenbörse der Technischen Universität Berlin
absolviert. Als Basis für den weiteren Lernprozess halte ich diesen für sehr sinnvoll
und kann nur jedem empfehlen, einen Sprachkurs vorab zu besuchen. Während des
Praktikums fiel es mir deutlich schwerer Ruhe und Zeit zum Lernen zu finden, da das
Projekt, die Unterrichtsplanung und die Alltagsorganisation vorrangig waren.
8. Verbesserungsvorschläge und Tipps
Ich würde es jedem empfehlen sich genau über die Einreisebedingungen beim
Auswärtigen Amt zu informieren. In meinem Fall wäre eventuell die Beantragung
eines Visums sinnvoll gewesen, um die sieben Tage „Zwangsurlaub“ zu vermeiden.
Bezüglich des Einsatzes in der Schule würde ich es begrüßen, wenn den nächsten
Praktikanten
größerer
Entscheidungsspielraum
bei
der
Auswahl
der
zu
unterrichtenden Klassen gewährt würde.
Insgesamt kann ich sagen, das mir das Praktikum sehr gut gefallen hat und ich froh
und dankbar bin über die große Anzahl von Erfahrungen und Eindrücken, die ich
durch das Leben und Arbeiten in Bulgarien sammeln konnte. Das Praktikum hat es
mir ermöglicht, gleichzeitig Berufs- und Lebenserfahrungen in einer besonders
intensiven
Form
zu
machen.
Ich
halte
daher
das
Konzept
des
Praktikantenprogramms für ausgesprochen gut.
Herzlichen Dank an alle beteiligten Institutionen und Personen, die mir diese Zeit
ermöglicht haben!
Berlin, 07. Januar 2007
Anika Holz
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