Aktuelle Probleme des Betreuungsrechts aus der Sicht der
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Aktuelle Probleme des Betreuungsrechts aus der Sicht der
Aktuelle Probleme des Betreuungsrechts aus der Sicht der gerichtlichen Praxis Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. Peter Kieß Landgericht Dresden 2 Teil 1: Feststellung der Betreuungsbedürftigkeit .................................................................... 3 A. Voraussetzungen der Betreuung ................................................................................... 3 B. Entbehrlichkeit der Betreuung ....................................................................................... 5 Teil 2: Die Patientenverfügung .............................................................................................. 7 A. Einleitung ...................................................................................................................... 7 B. Definition: ...................................................................................................................... 7 C. Form: ............................................................................................................................ 7 D. Keine Aufklärungspflicht ................................................................................................ 7 E. Inhalt: ............................................................................................................................ 8 F. Widerrufbarkeit: ............................................................................................................. 8 G. Wirkung: ....................................................................................................................... 9 H. Aufgabe des Betreuers: ................................................................................................ 9 I. Psychiatrische Patientenverfügungen ............................................................................10 Teil 3: Unterbringung und Zwangsbehandlung .....................................................................11 A. Einleitung .....................................................................................................................11 B. Freiheitsentziehende Unterbringung durch den Betreuer (§ 1906 Abs. 1 BGB) ............12 B. Unterbringung nach § 10 Abs. 2 SächsPsychKG .........................................................18 C. Zwangsbehandlung nach § 1906 BGB .........................................................................19 D. Zwangsbehandlung nach SächsPsychKG....................................................................23 VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 3 Das Betreuungsrecht in der gerichtlichen Praxis Das Betreuungsrecht bietet rechtliche Hilfe für die Erwachsene, deren eigenen Handlungsund Schutzfunktionen versagen. Da es die ureigene Aufgabe des Arztes ist, bedürftigen Menschen zu helfen, kreuzen sich die Wege der Ärzte und Juristen auf dem Gebiet des Betreuungsrechts vielfach. Auch wenn für Arzt und Jurist das Helfen im Vordergrund steht, hat jeder seine eigene Sicht auf die Probleme des Betroffenen. Nicht immer versteht die eine Seite die andere. Deshalb halte ich das gemeinsame Gespräch zu aktuellen Themen für sehr wichtig. Wesentliche aktuelle Themen des Betreuungsrechts sind zum einen die Feststellung der Betreuungsbedürftigkeit einschließlich der Probleme, die die Vorsorgevollmachten mit sich bringen, zum anderen die Patientenverfügungen und schließlich die Unterbringung einschließlich der Zwangsbehandlung. Teil 1: Feststellung der Betreuungsbedürftigkeit A. Voraussetzungen der Betreuung Eine Betreuung ist für Erwachsene nach § 1896 Abs. 1 BGB möglich bei - psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen oder seelischen Behinderungen oder (nur) körperlichen Behinderungen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, können wir als Richter nicht selbst feststellen. Dazu bedürfen wir der sachverständigen Hilfe. Das dafür notwendige medizinische Gutachten oder Zeugnis darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Facharzt erstellen 1. Das Gesetz differenziert je nach Verfahrensart, wie umfangreich und tiefgründig die Stellungnahme des Arztes sein muss: Für die Einrichtung einer endgültigen Betreuung sieht das Gesetz nach § 280 Abs. 1 FamFG ein Gutachten vor; eines Gutachtens bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn auf ein Gutachten des MDK zurückgegriffen werden kann (§ 282 Abs. 1 BGB) und der Betroffene dieser Vorgehensweise zustimmt (§ 282 Abs. 3 BGB). 1 BGH, XII ZB 454/11, Beschluss vom 16.6.2012, BtPrax 2012, 160. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 4 Geht es nur um die Bestellung eines vorläufigen Betreuers (für maximal 6 Monate) genügt ein ärztliches Zeugnis (§ 300 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG). Das Gesetz unterscheidet also formal zwischen Gutachten und Zeugnis. Die inhaltlichen Anforderungen an ein Gutachten ergeben sich auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 2011 2: Nach dieser Vorschrift hat sich das Gutachten auf das Krankheitsbild einschließlich der Krankheitsentwicklung (Nr. 1), die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse (Nr. 2), den körperlichen und psychiatrischen Zustand des Betroffenen (Nr. 3), den Umfang des Aufgabenkreises (Nr. 4) und die voraussichtliche Dauer der Maßnahme (Nr. 5) zu erstrecken. Diese Anforderungen an den Inhalt des Sachverständigengutachtens sollen gewährleisten, dass das Gericht seiner Pflicht, das Gutachten auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen, nachkommen kann. Das Gutachten muss daher Art und Ausmaß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchungen und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen. Nur dann ist das Gericht in der Lage, das Gutachten zu überprüfen und sich eine eigene Meinung von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen zu bilden. Die Gutachten in der Praxis entsprechen nach meiner Erfahrung nicht immer der inhaltlichen Tiefe, die der Bundesgerichtshof erwartet. Das mag im "Massengeschäft" der ohnehin meist unstreitigen Betreuerbestellungen hinzunehmen sein. Den Ärzten sollte aber bewusst sein, dass spätestens das Beschwerdegericht um Nachbesserungen bittet. Das hat einen ganz praktischen Hintergrund: Soweit es um die Anordnung einer Betreuung geht, kann der Betroffene, der damit nicht einverstanden ist, die Entscheidung des Beschwerdegerichts nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG immer beim Bundesgerichtshof überprüfen lassen. Der Bundesgerichtshof macht aber – wie in den gerade referierten Entscheidungen – deutlich, dass er konkrete Vorstellungen zur Anforderung an ein Gutachten hat, die er regelmäßig überprüft. Beim 12. Senat des Bundesgerichtshofes, der für die Entscheidungen im Betreuungsrecht zuständig ist, ist dieses Beharren auf solch formal wirkenden Anforderungen oft zu erkennen. Geprägt wird diese Rechtsprechung von dem Ansatz, dass jede Entscheidung eines Betreuungsgerichts in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift und deshalb fundiert begründet werden muss. Je länger man als Jurist im Betreuungsrecht tätig ist und vor Ort entscheidet, schwindet aber diese Gewissheit, dass es vorrangig um die Freiheit des Betroffenen geht. 2 BGH, XII ZB 256/10, BtPrax 2011, 129. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 5 Dieser Begründungsaufwand ist auch notwendig bei der Bestimmung der vom Gericht festzulegenden Aufgabenkreisen, in denen der Betreuer tätig werden darf: Das Gericht muss bei der Bestellung des Betreuers festlegen, für welche Aufgabenkreise er zuständig ist. Hier betont der Bundesgerichtshof mittlerweile mit zunehmender Deutlichkeit, dass er die Praxis nicht mehr akzeptieren will, nach der die Gerichte ohne weiteres den – meist nicht oder nur sehr unzulänglich begründeten – Vorschlägen des Sachverständigen in seinem Gutachten folgen 3. Das Gericht muss also darauf achten, ob der Sachverständige seine Entscheidung für oder gegen einen Aufgabenkreis tatsächlich nachvollziehbar begründet. Ein Gutachten muss also, mindestens mit einem Satz begründen, warum etwa die Vermögenssorge angeordnet werden soll oder warum eine Postsperre notwendig ist. B. Entbehrlichkeit der Betreuung Die Anordnung der Betreuung ist nach dem Gesetz subsidiär (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB): Es ist keine Betreuung notwendig, wenn insbesondere der Betroffene eine Vorsorgevollmacht erteilt hat. Erst wenn dieser Schutzmechanismus nicht funktioniert, soll die Fürsorgepflicht des Staates eingreifen. Die Vollmacht ermöglicht es, dem Betroffenen in Selbstbestimmung Vorkehrungen für den Fall einer psychischen Erkrankung oder geistigen oder seelischen Behinderung zu treffen. Mit der Vollmacht kann alles geregelt werden, was auch durch Betreuung geregelt werden kann. Wenn der Betroffene im Zustand der Geschäftsfähigkeit eine solche Vollmacht erteilt hat, kann der Bevollmächtigte wie ein Betroffener handeln, so dass es der staatlichen Hilfe nicht bedarf. Dann ist das Verfahren auf Anordnung einer Betreuung schon hier einzustellen. Die aktuelle gerichtliche Praxis hat es hier mit folgenden wesentlichen Problemen zu tun: 1. Das Gericht muss die Vorsorgevollmacht kennen: Eine Vorsorgevollmacht kann nur berücksichtigt werden, wenn sie dem Gericht bekannt ist. Eine in der Praxis wesentliche Schwierigkeit besteht also darin, dass das Betreuungsgericht – oder ein behandelnder Arzt - von der Existenz der Vorsorgevollmacht erfährt. Um diese Problem zu bewältigen es gibt das zentrale Vorsorgeregister der Amtsermittlungsgrundsatz) das Bundesnotarkammer. Dort kann und muss (§ 26 FamFG: Betreuungsgericht nachfragen, ob eine solche Vollmacht vorliegt. Im Übrigen 3 Vgl. etwa BGH, XII ZB 16/15, Beschluss vom 18.11.2015. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 6 kann es auch vom Zufall abhängen, ob eine – ggf. auch nicht notarielle Vollmacht - gefunden wird. 2. In der Praxis ist durchaus manchmal streitig, ob die Vollmacht wirksam ist oder wegen Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen nichtig (§ 104 Nr. 2 BGB) und damit unwirksam. Das kann ein Laie (und selbst der Notar) bei manchen Krankheiten nicht ohne weiteres feststellen. So ist die Alzheimer-Demenz für einen Laien jedenfalls nicht ohne weiteres zu erkennen. Zu diesem Thema häufen sich in letzter Zeit die Entscheidungen der Rechtsprechung: Ob der Betroffene im Zeitpunkt der Erteilung der Vorsorgevollmacht geschäftsfähig war, ist durch das Gericht festzustellen. Dies erfolgt nicht notwendig, aber regelmäßig durch ein Sachverständigengutachten 4. Dabei ergibt sich aber sehr häufig das Problem, dass ein rückblickendes Gutachten sehr schwierig und unsicher ist. Allerdings gilt hier der Grundsatz, dass die Rechtsprechung noch immer die Geschäftsfähigkeit des Menschen für den Normalfall erachtet; dass also die fehlende Geschäftsfähigkeit bewiesen werden muss. Verbleiben am Ende der Beweisaufnahme Zweifel, ist von der Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung der Vorsorgevollmacht auszugehen. Für eine solche – spätere - Begutachtung ist es sehr hilfreich, wenn der Hausoder Facharzt, der den Betroffenen länger schon kennt, über Aufzeichnungen verfügt, die Aussagen zu diesem Thema treffen. Darauf kann sich dann ein Gutachter gut stützen. 3. Die Vollmacht muss des Weiteren im Geschäftsverkehr akzeptiert werden. Eine zweifelhafte Vorsorgevollmacht, die der Geschäftsverkehr nicht akzeptiert, nutzt dem Betroffenen nichts. Wird eine Vorsorgevollmacht im Geschäftsverkehr zurückgewiesen oder besteht die konkrete Gefahr, dass eine Vorsorgevollmacht zurückgewiesen wird, dann ist eine Betreuung trotz bestehender 5 Vorsorgevollmacht anzuordnen . Für den Arzt bedeutet dies, dass er eine Vorsorgevollmacht, die die Gesundheitsfürsorge enthält, akzeptieren kann, wenn 4 Vgl. zuletzt BGH, XII ZB 425/14, Beschluss vom 3.2.2016.. 5 So zuletzt BGH, XII ZB 610/14, Beschluss vom 19.8.2015.. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 7 er keine ernsthaften Zweifel am wirksamen Zustandekommen hat. Wenn ein Bevollmächtigter bei einem schon lange Geschäftsunfähigen allerdings eine Vollmacht vorweist, die aus der letzten Woche stammt, darf er sie zurückweisen. 4. Die Vorsorgevollmacht muss den gesamten Hilfebedarf abdecken. Ist die Vorsorgevollmacht unvollständig, weil bestimmte notwendige Aufgabengebiete nicht enthalten sind, ist eine Betreuung ohnehin anzuordnen. Teil 2: Die Patientenverfügung A. Einleitung Mit der Patientenverfügung, die nunmehr in § 1901 a BGB geregelt ist, soll jedem Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, medizinische Sachverhalte auch für die Zeiten zu regeln, in denen er nicht mehr einwilligungsfähig ist, er also eigentlich der Betreuung bedürfte. Es geht also darum, dass der Betroffene selbst schon für die Zukunft Entscheidungen im medizinischen Bereich regeln will. Für einen Arzt ist dies natürlich ein sehr wichtiges Dokument. Die Juristen sind sich über die unmittelbare Bedeutung der Patientenverfügung noch nicht ganz im Klaren. B. Definition: Die Patientenverfügung ist nach der Legaldefinition in § 1901a Abs. 1 Satz 1 BGB eine Willensbekundung einer einwilligungsfähigen Person zu nicht unmittelbar bevorstehenden medizinischen und begleitenden Maßnahmen für den Zeitpunkt, in dem die Person nicht mehr einwilligungsfähig ist. C. Form: Der Gesetzgeber hat sich aus Gründen der Klarheit für das Schriftformerfordernis entschieden (§ 126 BGB). D. Keine Aufklärungspflicht Zur Aufklärungspflicht des Arztes, eine für den Arzt aus der Sicht des Juristen eminent wichtige Aufgabe, enthält das Gesetz Überraschendes: Nach dem Gesetzeswortlaut setzt die Einwilligungsfähigkeit nicht notwendig eine ärztliche Aufklärung voraus. Der Gesetzgeber hat zwar darauf verwiesen, eine Beratung werde „vielfach hilfreich“ sein, 6 sie müsse aber nicht zwingend durch einen Arzt erfolgen, könne 6 BT-Drucks. 16/13314, S. 19. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 8 vielmehr auch durch fachkundige Verbände, Vertreter von Glaubensgemeinschaften oder Selbsthilfegruppen vorgenommen werden. Dem Gesetz ist somit eine zwingende Beratungspflicht nicht zu entnehmen. Angesichts der Bedeutung, die die Rechtsprechung der Aufklärung für die Wirksamkeit einer Einwilligung des Patienten in einen ärztlichen Eingriff beimisst, überrascht das. An anderer Stelle wurde diese Entscheidung bei einer späteren Gesetzesänderung relativiert: mit Einführung von §§ 630 d II BGB iVm. § 630 e BGB verlangt der Gesetzgeber, dass die Einwilligung nur wirksam sein kann, wenn der Patient vorher aufgeklärt wurde. Da die Patientenverfügung nichts anderes als eine vorweggenommene Einwilligung darstellt, ist auch diese nur wirksam, wenn der Betroffene vorher aufgeklärt wurde. Die Aufklärung müsste sich dann aus der Patientenverfügung ergeben und dokumentiert werden. Ansonsten muss mindestens – bei fehlender Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen – der Betreuer oder Bevollmächtigte aufgeklärt werden. Die Patientenverfügung wird dann nur noch zum Indiz für den mutmaßlichen Willen! 7 E. Inhalt: Da die Patientenverfügung sich nach ihrer gesetzlichen Definition auf die Frage der Einwilligung in ärztliche Maßnahmen beschränkt, kann der Errichtende in ihr eine Einwilligung in jede ärztliche Maßnahme erteilen oder diese ärztliche Maßnahme untersagen. Die Einwilligungsunfähigkeit muss dabei nicht unumkehrbar sein. Die Patientenverfügung ist daher nicht auf Aussagen zu unumkehrbaren Erkrankungen beschränkt, so dass die Patientenverfügung auch Regelungen enthalten kann zu Erkrankungen, die nur vorübergehend die Einwilligungsfähigkeit ausschließen, wie etwa der Schlaganfall oder die Herzattacke. Eine Patientenverfügung kann nicht allgemeine Richtlinien für die künftige Behandlung oder Behandlungswünsche, wie etwa Art und Weise oder den Ort, regeln. Sie bezieht sich auch nicht auf die Basisbetreuung. Denn sie regelt nach ihrer Definition nur die Einwilligung oder Nichteinwilligung in ärztliche Maßnahmen. F. Widerrufbarkeit: § 1901 a Abs. 1 Satz 3 BGB stellt klar, dass eine Patientenverfügung jederzeit formlos widerrufen werden kann. Dies entspricht den allgemeinen Regeln, wonach formbedürftige 7 Vgl. Palandt/Götz, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1901a Rn. 13; vgl. dazu BGH BtPrax 2014, 268. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 9 Rechtsgeschäfte vorbehaltlich anders lautender gesetzlicher Regelungen vom Formzwang nicht umfasst sind. Der Widerruf kann mündlich oder durch nonverbale Gesten erklärt werden. Er ist wirksam, wenn der Patient deutlich macht, an der im Vorhinein getroffenen Entscheidung in der aktuellen Situation erkennbar nicht festhalten zu wollen, indem er sich von seiner früheren Verfügung mit erkennbarem Widerrufswillen distanziert; 8 Geschäfts- oder Einwilligungsfähigkeit ist nicht vorauszusetzen. G. Wirkung: Enthält die Patientenverfügung eine Entscheidung über die Einwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen, die auf die konkret eingetretene Situation zutrifft, ist diese Entscheidung des Patienten grundsätzlich bindend: Der Patient selbst hat mit der Patientenverfügung seine Einwilligung erteilt 9. Diese Bindung gilt gerade dann, wenn der Patient nicht mehr einwilligungsfähig ist. Der in der Patientenverfügung niedergelegte Wille des Patienten wird somit dem aktuellen Willen eines einwilligungsfähigen Patienten gleichgestellt. Gibt es keine Patientenverfügung, muss nach § 1901a Abs. 2 BGB zunächst der Behandlungswunsch des Betroffenen und – nachrangig – der mutmaßliche Wille des Betroffenen berücksichtigt werden. 10 H. Aufgabe des Betreuers: Soweit eine formwirksame Patientenverfügung vorliegt, muss der Betreuer prüfen, ob diese Regelungen zur aktuellen Lebens- oder Behandlungssituation enthält. Ausgehend von den schriftlich niedergelegten Anordnungen muss er prüfen, inwieweit diese Regelungen noch gelten sollen. Kommt der Betreuer zum Ergebnis, die vom Errichtenden geäußerten Anordnungen seien noch wirksam, muss er diesen, wie § 1901 a Abs. 1 S. 2 BGB nochmals betont, Ausdruck und Geltung verschaffen. 8 BGH BtPrax 2003, 123. 9 BGH BtPrax 2010, 226; LG Oldenburg BtPrax 2010, 246. 10 BGH BtPrax 2014, 268. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 10 I. Psychiatrische Patientenverfügungen In der Praxis wird der Arzt vermehrt mit "negativen" psychiatrischen Patientenverfügungen konfrontiert, die bestimmte Maßnahmen, meist die Behandlung mit allen oder bestimmten Psychopharmaka, die eigentlich medizinisch indiziert wären, verbieten. Der Einordnung und Bindungswirkung bereiten nicht nur Ärzten in der Psychiatrie, sondern auch den Juristen Schwierigkeiten, gerade wenn es um die Unterbringung und Zwangsmaßnahmen geht. Einigkeit besteht darin, dass eine Zwangsbehandlung nach § 1906 BGB ausscheidet, wenn die notwendige Maßnahme durch die Patientenverfügung verboten wird 11. Denn auch das Bundesverfassungsgericht betont auch in diesem Zusammenhang – übrigens in einem Leipziger Fall - die "Freiheit zur Krankheit" 12, wenn sichergestellt ist, dass die Entscheidung gegen die Medikamente in einem Zustand der Geschäftsfähigkeit getroffen wurde. Wenn aber eine Zwangsbehandlung nicht möglich ist und nur die Behandlung heilen könnte, ist eine Unterbringung nach § 1906 BGB nicht zulässig. Es bleibt dann nur die öffentlich-rechtliche Unterbringung nach dem SächsPsychKG übrig, sofern die Voraussetzungen vorliegen, also insbesondere eine erhebliche Eigengefährdung oder eine konkrete Gefährdung bedeutender fremder Rechtsgüter. Maßnahmen der Gefahrenabwehr bleiben hier immer möglich. Auch kann eine psychiatrische Patientenverfügung andere Zwangsmaßnahmen nach dem SächsPsychKG, wie Befragungen und Untersuchungen, die der Feststellung der Notwendigkeit der Unterbringung und Behandlung dienen, nicht verhindern. Eine Zwangsbehandlung ist nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 a SächsPsychKG ohnehin nur möglich, um die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung wieder herzustellen, damit dem Betroffenen nach der Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft möglich ist und andernfalls eine langfristige Unterbringung zu erwarten ist. Insofern wird in der juristischen Literatur erwogen, ob die Entscheidung gegen Psychopharmaka, die in einem gesunden Zustande getroffen wurde, von ihrem Sinn und Zweck sich auch gegen Zwangsmaßnahmen ausspricht, wenn dies bedeutet, dass der Patient eine sehr lange Zeit vor sich geschützt werden muss. Das ist letztendlich eine Frage der Auslegung. Eine Materie, die Juristen ja beherrschen, wenn auch mit abenteuerlichsten Ergebnissen. 11 Brosey BtPrax 2010, 161; Olzen/Schneider, MedR 2010, 745. 12 BVerfG 2 BvR 1549/14, BtPrax 2015, 192, zitiert nach juris, dort Rn. 30 VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 11 Teil 3: Unterbringung und Zwangsbehandlung A. Einleitung Unterbringung und Zwangsbehandlung sind Zwangsmaßnahmen, mit denen in Rechte des Patienten eingegriffen wird, die verfassungsrechtlich geschützt sind. Das Recht auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit ist in Art. 2 des Grundgesetzes geschützt: Letztendlich geht die Verpflichtung, einen gegen seinen Willen Festgehaltenen spätestens nach Ablauf des nächsten Tages einem Richter vorzuführen auf den Rechtsgedanken zurück, der in der habeas corpus act des englischen Parlamentes im Jahre 1679 zum ersten Mal niedergelegt wurde. Der Richter muss also in Verfahren der zwangsweise Unterbringung und Zwangsbehandlung diese Rechte des Patienten im Auge haben. Der Arzt hingegen will heilen; er ist dazu verpflichtet. Heilung ist – wenn ich es richtig sehe – nach derzeitigem Stand der ärztlichen Kunst bei manchen psychischen Erkrankungen nur gegen den aktuell geäußerten Willen des Patienten möglich. Weil totalitäre Regime, gerade auch in der deutschen Geschichte, die psychiatrische Behandlung zur Ausschaltung missliebiger Personen missbraucht haben, besteht auf diesem Gebiet eine besondere Sensibilität der Juristen, die Ärzte nicht als Argwohn gegen die ärztliche Kunst oder gar als Misstrauen gegen die Person des Arztes verstehen darf. Der Fall Mollath zeigte, wie schnell diese Argumentationsmuster zur Hand sind. Bei der Unterbringung muss man genau hinsehen, warum der Betroffene untergebracht werden soll: Das Gesetz sieht zwei Möglichkeiten vor: die Unterbringung nach § 10 Abs. 2 SächsPsychKG oder die Unterbringung nach § 1906 BGB. Die Unterbringung nach § 10 SächsPsychKG gehört zum sogenannten Polizeirecht: es geht um die Abwehr von Gefahren, nämlich Gefahren für den Patienten selbst oder für fremde – bedeutende – Rechtsgüter. Die Unterbringung nach § 1906 BGB dient in Absatz 1 dem Selbstschutz des Betroffenen und in Absatz 2 dem Schutz der Heilbehandlung. § 1906 Abs. 1 BGB und § 10 Abs. 2 SächsPsychKG überdecken sich also teilweise. Der Unterschied ist schon bei der Person des Antragstellers groß: Nach § 12 Abs. 6 SächsPsychKG beantragt die Verwaltungsbehörde, in Dresden das Ordnungsamt der VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 12 Landeshauptstadt, die Unterbringung. Eine Unterbringung nach § 1906 BGB führt der Betreuer durch, der dann nur die Genehmigung durch das Gericht beantragt. Zunächst will ich die Unterbringung nach § 1906 BGB genauer darstellen. B. Freiheitsentziehende Unterbringung durch den Betreuer (§ 1906 Abs. 1 BGB) 1. Betreuung mit hinreichendem Aufgabenkreis Zunächst muss ein Betreuer bestellt sein, in Eilfällen ist ein vorläufiger Betreuer zu bestellen. Dieser muss mit Aufgabenkreisen betraut sein, die die Unterbringung umfassen. Dazu genügt als Aufgabenkreis die Aufenthaltsbestimmung oder die Unterbringung oder freiheitsentziehende Maßnahme. In dringenden Fällen, insbesondere während des richterlichen Eildienstes, kann das Gericht auch vorläufig nach §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1846 BGB ohne Bestellung eines Betreuers entscheiden. 2. Freiheitsentziehung Die Unterbringung ist eine Freiheitsentziehung. In der Praxis ist umstritten, wann diese vorliegt, wann also die Schwelle überschritten ist, bei der eine richterliche Genehmigung notwendig ist. Eine freiheitsentziehende Unterbringung liegt nach der Definition der Juristen vor, wenn der Betreute gegen seinen Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in einem räumlich begrenzten Bereich eines geschlossenen Krankenhauses, einer anderen geschlossenen Einrichtung oder dem abgeschlossenen Teil einer solchen Einrichtung festgehalten, sein Aufenthalt ständig überwacht und die Kontaktaufnahme mit Personen außerhalb des Bereichs eingeschränkt wird. Entscheidendes Kriterium ist die nicht nur kurzfristige Beschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit auf einen bestimmten Lebensraum (sogenannter enger Unterbringungsbegriff). Es genügt also, wenn der Betreute einen bestimmten, räumlich umgrenzten Bereich nicht verlassen kann. Unerheblich ist, ob der Betroffene durch Schließvorrichtungen, Zäune oder Personal gehindert wird. Andererseits liegt aber keine Freiheitsentziehung vor, wenn Betroffener nicht in der Lage ist, sich fortzubewegen. Eine Freiheitsentziehung liegt aber nicht vor, wenn der Betreute mit der Unterbringung einverstanden ist, also in sie einwilligt. Voraussetzung für eine Einwilligung ist die ernstliche VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 13 und verlässliche Erklärung, freiwillig in der Einrichtung zu verbleiben und sich der erforderlichen Therapie zu unterziehen. Dabei muss die zeitliche Reichweite abgedeckt sein und der Betroffene muss einwilligungsfähig sein. Einwilligungsfähig ist, wer mit natürlichem Willen eine freiwillige und ernsthafte Zustimmung geben kann. Dazu muss er Wert und Bedeutung des betroffenen Freiheitsrechts sowie die Folgen und Risiken seiner Zustimmung erkennen und bei einer Entscheidung eventuelle Alternativen einbeziehen und sein Handeln danach bestimmen können. Soweit der Betroffene eine entsprechende Erklärung abgibt, muss dies mit Hilfe eines Sachverständigen / behandelnden Arztes überprüft werden. Dabei ist die Geschäftsfähigkeit ist kein Kriterium. Die Einwilligung kann im Übrigen jederzeit widerrufen werden. 3. Wohl des Betreuten Die Unterbringung muss zum Wohl des Betreuten selbst erforderlich sein. Eine Unterbringung zum Schutz Dritter oder der Allgemeinheit kann der Betreuer nicht nach § 1906 BGB veranlassen. Sie ist nach den Unterbringungsgesetzen der Länder möglich. 4. Selbstgefährdung ( § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB) Die Gefahr einer Selbstschädigung muss aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistiger oder seelischer Behinderung bestehen. Im Wege verfassungskonformer Auslegung ist § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB dazuhin dahingehend auszulegen, dass die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 a BGB zu prüfen sind. Das heißt, es ist festzustellen, ob der Betroffene über einen „freien Willen“ verfügt, der einer Unterbringung entgegenstünde. Alkohol- oder Drogenabhängigkeit oder Magersucht sind für sich gesehen keine Krankheiten iSd § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB – selbst unter Berücksichtigung der Rückfallgefahr –, es sei denn, die Sucht steht im ursächlichen Zusammenhang mit einem geistigen Gebrechen oder die Sucht hat zu einem Zustand geführt, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat. Das war in letzter Zeit immer wieder Gegenstande von höchstrichterlichen Entscheidungen. 13 13 BGH, XII ZB 317/15, Beschluss vom 3.2.2016. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 14 Die Voraussetzungen für die Unterbringung sind gegeben, wenn eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten vorliegt, wobei der Grad der Gefahr in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der Unterbringung zu bemessen ist. Erforderlich sind objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens. Im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung verlangt die Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB aber keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr. Ein zielgerichtetes Handeln des Betroffenen ist nicht erforderlich. 14 Es reicht beispielsweise aus, wenn sich die aufgrund ihrer Demenzerkrankung völlig verwirrte Betroffene unbeabsichtigt dem Straßenverkehr aussetzen würde. Auch reicht eine Gefahr der völligen Verwahrlosung aus, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist. Eine Unterbringung zur Abwehr eines Vermögensschadens des Betreuten ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nicht möglich. In derartigen Fällen kann ein Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) angeordnet werden. 5. Verhältnismäßigkeit Die Erforderlichkeit der Unterbringung ist einer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten strengen Prüfung zu unterziehen, da die Freiheit eines Menschen nur aus besonders wichtigem Grund eingeschränkt werden darf. Die Unterbringung ist nur als letzte Möglichkeit zulässig, wenn die Schädigung des Betroffenen nicht durch andere, mildere Mittel vermieden werden kann. Bei Zweifeln ist der grundgesetzlich geschützten Freiheit Vorrang zu gewähren. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind die personellen und baulichen Gegebenheiten der Einrichtung, in der sich der Betroffene befindet, hinzunehmen. Die Erforderlichkeit einer Unterbringung kann daher nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil bei einer besseren personellen Ausstattung bzw bei Veränderungen der baulichen Situation eine Unterbringung vermieden werden könnte. Der Betreuer wird aber zu prüfen haben, ob die Verlegung des Betroffenen in eine andere Einrichtung, in der ihm mehr Freiraum verbleibt, in Betracht kommt. 14 BGH BtPrax 2014, 129, Rn. 9 VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 15 6. Ärztliche Maßnahmen (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB) Eine Unterbringung ist darüber hinaus nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB zulässig, wenn die dort aufgeführten ärztlichen Maßnahmen notwendig sind, wobei die Verhinderung oder Verstärkung einer Chronifizierung ausreicht. Sie ist aber abzulehnen, wenn keine Heilungsaussichten bestehen. Den Begriff der Heilung kann man dabei weit verstehen. Nicht jedem Juristen leuchtet ein, dass schon die zeitweise Befreiung von Ängsten Heilung bedeuten kann. Des Weiteren setzt diese Unterbringung voraus, dass die Behandlung nicht ohne Unterbringung durchgeführt werden kann. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Betroffene der Behandlung entziehen würde oder wenn er ambulant keine Medikamente mehr nehmen wird. Schließlich muss bei dem Betreuten die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zur Einwilligung in die Maßnahme fehlen und die Behandlung der Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens dient und die Maßnahme verhältnismäßig sein. 7. Beendigung der Unterbringung (§ 1906 Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB) Hat das Gericht die Unterbringung genehmigt, ist es Sache des Betreuers, zu entscheiden, ob er von der Genehmigung Gebrauch macht. Schon nach Abs. 1 ist die Unterbringung nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten unter den dort aufgeführten Voraussetzungen erforderlich ist. § 1906 Abs. 2 Satz 3 BGB stellt nochmals klar, dass der Betreute zu entlassen ist, wenn die Voraussetzungen für die Unterbringung wegfallen. Der Betreuer hat die Entlassung ggf. auch gegen ärztlichen Rat zu veranlassen, er trägt die Verantwortung für die Freiheitsentziehung. Wird der Betreute endgültig aus der Unterbringung entlassen, ist die Genehmigung verbraucht. Das gleiche gilt, wenn der Betreute probeweise in eine offene Station verlegt wird. Eine Fortgeltung der Genehmigung wird nur in sehr engen sachlichen und zeitlichen Grenzen angenommen werden können. Genehmigter Ausgang auch für einen Tag lässt die Wirkung des Beschlusses dabei ebenso wenig entfallen wie eine Flucht des Untergebrachten. 8. Unterbringung durch einen Bevollmächtigten (§ 1906 Abs. 5 BGB) Mit der Einführung von § 1906 Abs. 5 BGB hat der Gesetzgeber klargestellt, dass auch ein Bevollmächtigter den Vollmachtgeber Maßnahmen unterziehen kann. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden unterbringen oder unterbringungsähnlichen 16 Dazu muss die Vollmacht zunächst schriftlich erteilt sein. Die Benutzung eines Formulars reicht aus; die eigenhändige Unterschrift ist notwendig, § 126 BGB. Zusätzlich muss die Vollmacht ausdrücklich die Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahmen umfassen. In der Regel wird es sich empfehlen, den Text der Abs. 1 und 4 wörtlich in die Vollmacht zu übernehmen. Der Bundesgerichtshof hat es aber auch genügen lassen, wenn von „Unterbringungsregelungen“ die Rede war. Der Vollmachtgeber muss bei Erteilung der Vollmacht geschäftsfähig sein, jedenfalls muss er in Bezug auf eine Freiheitsentziehung einwilligungsfähig sein. Das Gleiche gilt für einen Widerruf der Vollmacht. Würde man natürliche Ablehnung der Unterbringung als Widerruf der Vollmacht auslegen, wäre die Unterbringungsvollmacht sinnlos. 9. Zum Verfahren Das Betreuungsgericht hat im Rahmen seiner Aufsicht (§§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1837 Abs. 2 S. 1 BGB) dafür zu sorgen, dass der Betreuer die Vorschrift beachtet und die erforderlichen Genehmigungen einholt. Es hat den Betreuer auch zu beraten (§§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1837 Abs. 1 S. 1 BGB), ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung vorliegen. Entzieht ein Bevollmächtigter einem Vollmachtgeber ohne die erforderliche Genehmigung die Freiheit, wird das Gericht die Bestellung eines Kontrollbetreuers nach § 1896 Abs. 3 BGB zu prüfen haben. Ansonsten hat das Gericht bei der Genehmigung die materiellen Voraussetzungen insbesondere der Absätze 1, 3 bis 5 zu prüfen und festzulegen, ob die Höchstdauer der Unterbringung (vgl. § 329 Abs. 1 FamFG) von maximal einem Jahr, bei offensichtlich längerer Unterbringungsbedürftigkeit von maximal zwei Jahren ausgeschöpft wird. Obwohl die Verantwortung für die Unterbringung bei dem Betreuer/Bevollmächtigten liegt, kann das Gericht wegen der besonderen Gefahren bei einer Fixierung bestimmen, dass diese nur nach ausdrücklicher Anordnung durch den behandelnden Arzt angewandt werden darf. Ein förmlicher Antrag des Betreuers ist nicht erforderlich, allerdings ist zumindest eine Mitteilung erforderlich, dass eine Unterbringungsmaßnahme gewünscht und beabsichtigt ist. Das Gericht hat grundsätzlich einen Verfahrenspfleger zu bestellen (§ 317 Abs. 1 FamFG). VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 17 Der Betreute ist anzuhören (§ 319 FamFG). Das verstehen der Gesetzgeber und der Bundesgerichtshof nicht als bloße Förmelei. Der persönliche Kontakt zwischen Richter und Betroffenen ist sehr wichtig. 15 Nahestehenden Personen ist nach Maßgabe der §§ 320, 315 Abs. 4 FamFG Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Das Gericht muss ein Sachverständigengutachten einholen (§ 321 FamFG). In dem Genehmigungsbeschluss hat das Gericht die Höchstdauer der Unterbringung gem. § 323 Nr. 2 FamFG anzugeben. 10. Beendigung der Unterbringung Nach Mitteilung der Entlassung des Betreuten/Vollmachtgebers hat das Gericht die Genehmigung aufzuheben, damit eine verbrauchte Genehmigung nicht für eine weitere Unterbringung genutzt werden kann. Das Gericht kann nach § 330 FamFG die Unterbringung selbst aufheben, wenn deren Voraussetzungen entfallen sind. 11. Eilfälle Das Gericht selbst kann unter den Voraussetzungen der §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1846 BGB – insbesondere während des richterlichen Eildienstes – den Betroffenen selbst unterbringen. In diesem Fall muss sichergestellt werden, dass dem Betroffenen innerhalb weniger Tage ein zumindest vorläufiger Betreuer zur Seite steht, der über die Fortdauer der Unterbringung in eigener Verantwortung entscheiden kann. Wird diesem Erfordernis nicht genügt, ist die Anordnung der Unterbringung von Anfang an unzulässig. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen kann das Gericht mit einstweiliger Anordnung nach §§ 300, 301 FamFG einen vorläufigen Betreuer bestellen und gleichzeitig mit einstweiliger Anordnung nach §§ 331–334 FamFG die Unterbringung durch den vorläufigen Betreuer genehmigen. Dann genügt ein ärztliches Zeugnis (§ 331 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FamFG); die Unterbringung darf dann sechs Wochen (§ 333 S. 1 FamFG) und einschließlich Verlängerungen drei Monate nicht überschreiten (§ 333 S. 4 FamFG). 15 BGH XII ZB 227/12, Beschluss vom 2.12.2015, BtPrax 2016, 76. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 18 B. Unterbringung nach § 10 Abs. 2 SächsPsychKG 1. § 10 SächsPsychKG: Unterbringung und deren Voraussetzungen (1) Eine Unterbringung liegt vor, wenn ein psychisch kranker Mensch gegen oder ohne seinen Willen aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, einer vorläufigen Einweisung oder einer fürsorglichen Aufnahme oder Zurückhaltung nach diesem Gesetz in ein Krankenhaus eingewiesen wird oder dort weiterhin zu bleiben hat. (2) Eine Unterbringung ist nur zulässig, wenn und solange ein psychisch kranker Mensch infolge seiner psychischen Krankheit sein Leben oder seine Gesundheit erheblich und gegenwärtig gefährdet oder eine erhebliche und gegenwärtige Gefahr für bedeutende Rechtsgüter anderer darstellt und die Gefahr nicht auf andere Weise abwendbar ist. In vielen Fragen gilt hier dasselbe wie bei der Unterbringung nach § 1906 BGB: auch § 10 Abs. 1 SächsPsychKG definiert die Unterbringung und die Freiheitsentziehung wie in § 1906 BGB. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Unterbringung nur zulässig ist, wenn der Betroffene aufgrund einer psychischen Krankheit sich selbst oder einen Dritten gefährdet. Dabei ist hinsichtlich der Definition der Eigengefährdung auf die Ausführungen bei § 1906 Abs. 1 BGB zu verweisen. Bei der Fremdgefährdung muss eine erhebliche und gegenwärtige Gefahr für bedeutende Rechtsgüter bestehen und die Gefahr darf nicht anders abwendbar sein. Hier verlangen die Gerichte eine belastbare Darstellung dieser Gefahren. Lästigkeiten muss die Gesellschaft aushalten; der Staat darf erst handeln, wenn bedeutende Rechtsgüter betroffen sind, also vor allem Leben oder Gesundheit. 2. Zum Verfahren: Den Antrag muss die Verwaltung stellen; zuständig ist nach § 12 SächsPsychKG der Landkreis oder die kreisfreie Stadt; in Dresden das Ordnungsamt. An Wochenenden besteht dabei das praktische Problem, dass die Verwaltung keinen Bereitschaftsdienst hat. Das löst im Übrigen außerhalb Sachsens Kopfschütteln aus. Entweder man lehnt eine öffentlich-rechtliche Unterbringung ab und muss auf die Unterbringung nach BGB zurückgreifen oder – so wird es in Dresden etwa pragmatisch, aber rechtlich durchaus bedenklich gelöst – das Gericht bringt am Wochenende unter und die Verwaltung holt den Antrag am Montag nach. Die öffentlich-rechtliche Unterbringung darf im Übrigen nur in einem Fachkrankenhaus vollzogen werden. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 19 C. Zwangsbehandlung nach § 1906 BGB Durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18.2.2013 (BGBl. I, 266) wurde die ärztliche Zwangsbehandlung gesetzlich ausdrücklich geregelt. Der Bundesgerichtshof hatte bis 2012 in ständiger Rechtsprechung § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB als gesetzliche Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung genügen lassen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht ärztliche Zwangsmaßnahmen aufgrund des Maßregelvollzugsgesetzes in Rheinland-Pfalz und des Unterbringungsgesetzes in BadenWürttemberg für verfassungswidrig erklärte, weil die Voraussetzungen für die Eingriffe nicht genügend gesetzlich geregelt gewesen seien, verwies das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 15.12.2011 darauf, dass diese Grundsätze auf betreuungsrechtliche Unterbringungen anzuwenden seien. Daraufhin gab der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung auf und erklärte die Zwangsbehandlung im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung für unzulässig. Die Voraussetzungen der Zwangsbehandlung hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 4.6.2014 (XII ZB 121/14) näher zusammengestellt. 1. Für die ärztliche Zwangsbehandlung ist auch ein Betreuer zu bestellen. 2. Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens 3. Ärztliche Zwangsmaßnahme In Abs. 3 ist nunmehr die ärztliche Zwangsmaßnahme gesetzlich definiert: die ärztliche Maßnahme muss gegen den natürlichen Willen des Betreuten erfolgen. Diesen natürlichen Willen kann auch der einwilligungsunfähige Betreute bilden. Der natürliche Wille liegt vor, wenn der Betreute das Für und Wider gegeneinander abwägen kann und die Folgen seiner Entscheidung überblicken kann. Der natürliche Wille ist zu respektieren, auch wenn sich die Entscheidung als wenig rational darstellt. Andererseits liegt keine Verweigerung und damit auch keine Zwangsbehandlung vor, wenn der Betreute gar keinen Willen bildet oder äußert. Der Wille des Betreuten kann sich zudem auch aus einer Patientenverfügung iSd § 1901a BGB ergeben. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 20 Ob dieser natürliche Wille vorliegt, muss das Gericht mit ärztlichem Rat und aufgrund der notwendigen Anhörung prüfen. 4. Keine Einsichtsfähigkeit (Nr. 1) Die Zwangsbehandlung darf nur angeordnet werden, wenn der Betreute einwilligungsunfähig ist. Dieses Merkmal entspricht insofern Abs. 1 Nr. 2 5. Vorheriges Gespräch (Nr. 2) Mit dem Betreuten soll ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks versucht werden, den Betreuten von der Notwendigkeit der Maßnahme zu überzeugen. 16 Diese Voraussetzung wurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses aus Gründen der Klarstellung eingefügt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Genehmigung der Zwangsbehandlung, der mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entscheidende Bedeutung zukommt. 17 Das Gespräch kann vom ärztlich beratenen Betreuer, behandelnden Arzt oder einer Vertrauensperson geführt werden. Das Gericht muss sich versichern, dass ein solches Gespräch auch stattgefunden hat und sollte dies dokumentieren. Der Bundesgerichtshof hält diese Voraussetzung für sehr wichtig. 18 6. Erforderlichkeit im engeren Sinne (Nr. 3 und 4) Die Zwangsbehandlung soll ultima ratio bleiben. 19 Nur wenn die Maßnahme ärztlich indiziert ist, um einen drohenden erheblichen Schaden abzuwenden und keine anderen Mittel zur Verfügung stehen, darf der Betreute zwangsweise behandelt werden. BGH BtPrax 2014, 229: nur wenn gewichtige gesundheitliche Nachteile des Betroffenen drohen 16 BGH BtPrax 2014, 229 Rn. 15 ff. 17 BGH BtPrax 2014, 229, Rn. 16. 18 Sehr kritisch hierzu Zimmermann, NJW 2014, 2479 19 BGH BtPrax 2014, 229, Rn. 10. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 21 In Ausgestaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist es erforderlich, die zu duldende Zwangsbehandlung so präzise wie möglich zu bezeichnen, damit der Unterbringungszweck sowie Inhalt, Gegenstand und Ausmaß der Behandlung hinreichend konkretisiert sind. Ein Behandlungskonzept ist grundsätzlich erforderlich. Es darf keine andere zumutbare Maßnahme in Frage stehen. Das Problem ist, dass theoretisch vieles denkbar ist (Zurverfügungstellung von Raum und Zeit, weiche Zimmer, Home Treatment, bessere Verzahnung von stationärem und ambulanten Bereich, Förderung gemeindenaher Versorgungsstrukturen, Begleitung durch Kriseninterventionsstellen) 20. Diese sind aber derzeit nicht leistbar. 7. Überwiegen des zu erwartenden Nutzens (Nr. 5) Je schwer wiegender der Eingriff ist, umso deutlicher muss der Nutzen für den Betreuten überwiegen. Der Nutzen muss mithin deutlich überwiegen. 21 Dabei sind auch die Nebenwirkungen der beabsichtigten Medikation sowie die Ergebnisse bereits erfolgter Behandlungen zu berücksichtigen. 8. Vorsorgevollmacht In § 1906 Abs. 5 BGB ist auch klargestellt, dass die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsbehandlung auch aufgrund einer Vorsorgevollmacht erfolgen kann, wenn die Vollmacht schriftlich erteilt ist und diese die ärztliche Zwangsmaßnahme ausdrücklich umfasst. 10. Ambulante Zwangsbehandlung Die ambulante Zwangsbehandlung war seit je her von § 1906 BGB nicht erfasst. Rechtspolitische Überlegungen, diese als auf den ersten Blick milderes Mittel gesetzlich zu regeln, ist der Gesetzgeber auch anlässlich der Neufassung von § 1906 BGB nicht gefolgt. Sie bleibt auch weiterhin unzulässig. 11. Zum Verfahren: Der Betreuer muss in die Maßnahme einwilligen (seine Einwilligung ersetzt die eigentlich notwendige Einwilligung des Betroffenen). Betreuungsgericht genehmigt werden. 20 Vgl. Dodegge, BtPrax 2014, 3 ff. 21 BGH BtPrax 2014, 229 Rn. 14 VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden Die Einwilligung muss durch das 22 Das Gericht muss dann die Einwilligung in einem Beschluss genehmigen. Dabei sind folgende Inhalt zwingend: Dauer der Maßnahme: Das Gericht muss die Höchstdauer für die erstmalige Genehmigung festsetzen. Sie beträgt maximal - bei Hauptsacheverfahren: 6 Wochen (§ 329 Abs. 1 Satz 2 FamFG), - bei einstweiliger Anordnung 2 Wochen (§ 333 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Danach gibt es nach dem Gesetzeswortlaut im Hauptsacheverfahren keine zeitliche Grenze (ab 12 Wochen muss ein externer Sachverständiger bestellt werden). Für das einstweilige Verfahren ist die Höchstgrenze 6 Wochen (§ 333 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Gerade bei einstweiligen Anordnungen halte ich die Regelung für misslungen, weil der Betroffene meist die Beschwerde erhebt und die Beteiligten dann mehr mit dem gerichtlichen Verfahren und den Anhörungen beschäftigt ist als mit der Heilung des Betroffenen. Zudem wirken Psychopharmaka erst nach einer gewissen Zeit, so dass in zwei Wochen meist noch keine entscheidenden Schritte unternommen werden können. Auch hier dürfte Hintergrund der gesetzlichen Regelungen die Angst vor zu starken Eingriffen sein. Verantwortlichkeit eines Arztes Die Beschlussformel muss nach § 323 II FamFG enthalten, dass die Zwangsmaßnahme unter der Verantwortung eines Arztes durchgeführt wird und zu dokumentieren ist. 22 Da der Arzt nunmehr nach § 630 f BGB eine Dokumentation schuldet, geht es nur um die Dokumentation der Zwangsmaßnahme. Das Verhältnis zueinander ist aber nicht geklärt. Medikation Dazu soll nach (strittiger) Auffassung des BGH erforderlich sein, bei einer Behandlung mit Medikamenten in der Regel das Arzneimittel oder den Wirkstoff, die (Höchst-)Dosierung und die Verabreichungshäufigkeit zu benennen. 23 Vorsorglich sollte zudem eine alternative Medikation benannt werden, falls das in erster Linie zu verabreichende Medikament sich als ungeeignet herausstellt. 22 BGH BtPrax 2014, 229, Rn. 22; FamRZ 2012, 1366, Rn. 40. 23 So etwa auch Jurgeleit/Diekmann, Betreuungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 323 Rn. 3. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 23 Begründung Der Beschluss ist zu begründen (§ 38 III 1 FamFG); bei Unterbringungen ergibt sich das auch im Gegenschluss zu § 325 I FamFG. D. Zwangsbehandlung nach SächsPsychKG Zu beachten ist die Zielrichtung der Unterbringungen nach BGB und nach SächsPsychKG: die Unterbringung nach BGB dient dem Schutz des Betroffenen, die nach dem SächsPsychKG auch dem Schutz Dritter. Der Schutz Dritter ist durch die Unterbringung an sich schon erreicht, so dass es zur Verbesserung des Gesundheitszustandes des Betroffenen keine Rechtfertigung gibt. Daher ist die Zwangsbehandlung nur möglich, um den Aufenthalt zu verkürzen oder eine lebensbedrohende Erkrankung zu behandeln. Auch diese Zwangsbehandlung setzt voraus, dass der Betroffene nicht einsichtsfähig ist (§ 22 Abs. 2 SächsPsychKG). Die Behandlung der Anlasserkrankung muss geboten sein, um die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung wieder herzustellen, damit dem Betroffenen nach der Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft möglich ist und andernfalls eine langfristige Unterbringung zu erwarten ist Die Behandlung muss hinsichtlich des Behandlungsgrundes Erfolg versprechen und darf nur ultima ratio sein. Die Belastung darf nicht außer Verhältnis zu dem zu erwartende Nutzen stehen. Der zu erwartende Nutzen muss den Schaden der Nichtbehandlung deutlich überwiegen. Der vom Betroffenen geäußerte freie Wille ist zu beachten. Abschließend wird in den Gesetzesmaterialien zu § 22 II SächsPsychKG Folgendes festgestellt: Einer Fremdgefährdung muss im Rahmen der besonderen Sicherungsmaßnahmen begegnet werden. Maßnahmen nach § 34 StGB bleiben dabei unberührt. Die Entscheidung für die Behandlung muss der nach § 33 SächsPsychKG zuständige Arzt treffen. Der in Ziffer 1 genannte Arzt muss den Betroffenen über die Behandlung und ihre beabsichtigte Wirkung sowie Nebenwirkungen in einer möglichst verständlichen Weise umfassend aufklären mit dem Ziel, seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen. Auf schriftlichen Antrag des Krankenhauses muss das Betreuungsgericht die Maßnahme genehmigen. Die Maßnahme muss vorher schriftlich dem Betroffenen VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden 24 angekündigt worden sein, damit er präventiven Rechtsschutz beantragen kann. Bei Gefahr in Verzug ist keine Ankündigung, Aufklärung und Einholung der Genehmigung notwendig, Aufklärung und Genehmigung müssen aber nachgeholt werden. Alle Maßnahmen müssen unter unmittelbarer Leitung und Aufsicht eines Arztes durchgeführt werden. Zwangsernährung nur bei Abwehr einer unmittelbaren Gefahr über das Leben oder die Gesundheit des Betroffenen zulässig. VRiLG Dr. Peter Kieß, Landgericht Dresden