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Seite 1 von 7 Die „harte Arbeit, ein Mädel zu kriegen“: zur rhetorisch
Die „harte Arbeit, ein Mädel zu kriegen“: zur rhetorisch-literarischen Selbstinszenierung des pick-up-artist-Phänomens oder Angewandte Männlichkeit als Erzählung (Beitrag zur Tagung „Sexualität, Liebe, Männlichkeiten“, Arbeitskreis für interdisziplinäre Männer- und Geschlechterforschung AIM GENDER, 12.-14. Dezember 2013, Akademie Schloß Hohenheim, 13. Dezember 2013) „Ich sehe alles andere als toll aus. Meine Nase ist zu groß, zwar nicht krumm, aber dafür habe ich einen kleinen Höcker auf dem Zinken. Obwohl ich noch keine Glatze habe, läßt sich dennoch behaupten, daß sich mein Haar allmählich lichten würde – mehr als ein paar haarwuchsmittelgedüngte Strähnen habe ich eben nicht zu bieten. [...] Für mich bedeutet es harte Arbeit, ein Mädel zu kriegen.“ So beginnt das erfolgreiche Buch „The Game“ des US-amerikanischen Journalisten Neil Strauss (2005). Als Erlebnisbericht annonciert, beschreibt Strauss’ Buch die Szene sogenannter pick up artists: Männer, die sich dem ‚professionellen‘ „Aufreißen“ und „Abschleppen“ von Frauen verschrieben haben. Strauss, eigentlich Musik-Journalist, ist in diese Szene nicht nur eingetaucht, sondern unter dem Pseudonym „Style“ selbst zu einem ihrer Protagonisten aufgestiegen. Sein Buch genießt Kultstatus. Spätestens seit seiner Veröffentlichung erfährt die überschaubare Szene der pick up artists hohe mediale Aufmerksamkeit. Diverse Zeitungen und Zeitschriften, TV-Formate und Internet-Beiträge haben in den letzten Jahren darüber berichtet. Das pick-up-Phänomen ist dabei verschiedentlich als Ausdruck sexueller wie emotionaler Verwahrlosung kritisiert worden; gedeutet wurde es aber auch als Symptom einer anhaltenden Krise tradierter wie progressiver Männlichkeitsbilder. Solche Wertungsperspektiven können hier zunächst außer acht bleiben. Vielmehr interessieren mich die Selbstinszenierung der community und ihre Begleitphänomene, erweist sich diese doch als Entwurf einer Erzählung gegenwärtiger Männlichkeit. So bedienen sich die Mitglieder dieser Szene nicht nur eines speziellen, insgesamt technisch, militärisch und ‚professionell‘ anmutenden Vokabulars, sondern tauschen ihre Erfahrungen in schriftlichen „field reports“ aus, welche sodann in Online-Foren kommentiert werden. Romanhafte Texte wie Strauss’ „The Game“ greifen auf komplexe narrative Arrangements zurück, die ihren eigenen Inszenierungscharakter zugleich ausstellen und verschleiern, sodaß nicht erkennbar wird, ob sie über die Szene sprechen oder aus ihr heraus. Den narrativen Männlichkeitsentwürfen aus dem Pick-Up-Bereich ist dabei ein eigentümlich unbestimmtes Verhältnis zur Frage von Realität und Fiktionalität eigen: so Seite 1 von 7 inszeniert sich pick up durch den Gebrauch einer In-Group-Privatsprache sowie durch den Rückgriff auf literarische Erzählmuster als Gegenkultur, die sich gerade aus ihrer eigenen Erzählung über sich selbst formiert, wobei unklar bleibt, ob Reales erzählt wird oder diese Erzählung selbst Realität ist. Im Folgenden möchte ich versuchen, das narrative selffashioning des Pick-Up-Phänomens Männlichkeitsbilder und insbesondere Rollenentwürfe hin auf zu die ihm eingeschriebenen lesen. Narratologisch- literaturwissenschaftlicher Methodik folgend, werde ich die These entwickeln, daß es gerade der Gebrauch rhetorischer und literarischer Strategien ist, der das Selbstkonzept der community entscheidend mitbestimmt. Anhand des Buches von Neil Strauss wird dies zu belegen sein. I. die Szene (kurzer Abriss) Ich möchte mit einer kurzen Darstellung der Szene und des Phänomens pick up beginnen. Verführungsratgeber, auch literarisch gestaltete, kennt die Menschheit selbstverständlich schon länger; pick up jedoch kommt als solches erst in den 1970er Jahren auf: als Gegenkultur junger Männer, die sich selbst nicht nur als frustrierte Außenseiter begreifen, sondern auch als Teil einer self-help-Kultur, in der passionierte Selbstoptimierer einander mit Rat und Tat zur Seite stehen. Bereits in den achtziger Jahren erfuhr die Welt der pick up artists erste mediale Reflexion, so etwa in dem Kinofilm „The Pick Up Artist“ mit Robert Downey Jr. (1987). Mit dem Aufkommen des Internets entwickelte sie sich zu einer veritablen Subkultur. Technikaffine junge Männer begannen sich in Online-Gruppen über die planvolle Optimierung ihres Sozialund Sexuallebens auszutauschen; einige der Leitfiguren der US-amerikanischen Szene begannen kurz vor der Jahrtausendwende, aus ihrem Interesse kommerziellen Gewinn zu ziehen, indem sie Workshops und Ratgeber anboten. Erst der durchschlagende Erfolg von Neil Strauss‘ „The Game“, das sich im Jahre 2005 mehrere Wochen auf der Bestsellerliste der New York Times halten konnte, sicherte dem Phänomen die fortgesetzte mediale Aufmerksamkeit, die es bis heute genießt. Pick-up-Gruppierungen gibt es mittlerweile in verschiedenen Ländern, so auch in Deutschland. Die ‚Lehren‘ von pick up speisen sich dabei aus verschiedensten Quellen: psychologisches Alltagswissen spielt ebenso eine Rolle wie quasi-kybernetische Vorstellungen von der ‚Programmierbarkeit‘ sozialer Situationen; ein traditionell männlich konnotierter Glaube an die Möglichkeiten erotischer und kommunikativer Selbstoptimierung paart sich mit Seite 2 von 7 naturalisierenden Vorstellungen von Weiblichkeit und Geschlechtscharakter – auch dem männlichen. II. narrative self-fashioning / imagined communities Da Exklusivität und Verschwiegenheit zu den Verhaltensregeln der community gehören, ist es sehr schwierig, überhaupt empirisch Daten über die Gruppierungen zu erheben. Erste soziologische Forschungsarbeiten werden zur Zeit unternommen. Für den Literatur- bzw. Kulturwissenschaftler interessant und methodisch eher herausfordernd ist aber die Tatsache, daß sich pick up wesentlich als textuell verfaßtes Kommunikationsphänomen begreifen läßt. Sein zentraler Schauplatz sind diverse Internetforen und Buchpublikationen wie Strauss’ „The Game“. Wer sich hinter all den pseudonymen Forums-Beiträgern z.B. der deutschen pick-upWebsite (www.pickupforum.de) verbirgt, ist nicht auszumachen; das Entscheidende aber ist der Grundgedanke der Selbstoptimierung qua Rollenerzählung: pick up artists entwerfen in ihren „field reports“ – online veröffentlichten Flirt-Erfahrungsberichten, die sodann kommentiert und diskutiert werden – narrative Selbstbilder, welche das individuelle Selbst, aber auch die community als Ganze konstituieren. Einen Terminus von Benedict Anderson entlehnend, läßt sich die pick-up-Gemeinde als imagined community begreifen: eine Gemeinschaft, die sich selbst beständig Geschichten über sich und ihr Selbstverständnis, ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erzählt – und darüber allererst zur Gemeinschaft wird. III. Neil Strauss, „The Game“ Kommen wir auf „The Game“ zurück. Der Text stellt den Literaturwissenschaftler gleich vor mehrere Probleme, ist doch seine Gattungszuordnung alles andere als klar. Da das Buch selbst auf eine paratextuelle Rahmung verzichtet, ist der Leser gezwungen, selbst eine Gattungszuschreibung vorzunehmen, beziehungsweise vor die Situation gestellt, bestimmte Gattungsannahmen an den Text heranzutragen und diese auf dem Weg der Lektüre zu erproben: handelt es sich um einen Tatsachenbericht journalistischer Prägung, dann dürfen wir von einer gewissen Faktentreue ausgehen. Handelt es sich hingegen um einen Roman, so steht das Erzählte von vornherein unter Fiktionalitätsverdacht. Das Buch greift zunächst auf ein recht konventionelles Erzählmodell zurück, das man als Adoleszenz- bzw. Bildungsroman beschreiben kann: der Held, welche zugleich der Erzähler ist, verläßt den engen Umkreis seiner Herkunft, geht hinaus in die Welt und sammelt Erfahrungen. Ziel dieser Bildung ist die gelingende soziale Rollenfindung – im Beruf, vor Seite 3 von 7 allem aber auch im Privaten. Bildungsromane sind oft auch Künstlerromane, erzählen also, wie der Held Dichter/Musiker/Maler wird, welche inneren wie äußeren Hindernisse er dabei zu überwinden hat, usf. Auch diese Spur findet sich in „The Game“, wird doch nicht nur das erfolgreiche „Aufreißen“ als Kunst beschrieben, sondern der „Aufreißer“ selbst als ästhetisch verfaßte Künstlerpersönlichkeit, die sich als solche im Laufe des Bildungsganges selbst erschafft: aus dem beruflich einigermaßen erfolgreichen, privat aber ebenso langweiligen wie bei Frauen erfolglosen Neil Strauss wird „Style“, der beste Aufreiß-Künstler unter der Sonne. Der Gang der Handlung wird linear erzählt: der Ich-Erzähler tritt in die soziale Welt von pick up ein, sammelt Erfahrungen und erlebt Rückschläge, erlangt aber dann den Status eines Experten und Helden der Szene. Am Ende jedoch, nach einer schier endlosen Reihe erfolgreicher Kontaktanbahnungen und sexueller Abenteuer, trifft ihn die Liebe. Gereift verläßt er die Szene, um mit seiner Partnerin zusammenzuleben; ein kurzes Nachwort informiert über das weitere Schicksal der übrigen Beteiligten. Darüber hinaus aber wird ein weiteres Gattungsmodell ins Spiel gebracht, das der Ratgeber-Literatur. Das Buch gliedert sich in elf Kapitel, deren Überschriften den Lektionen eines pick-up-Kurses entsprechen: „i. ziel erfassen, ii. erstkontakt herstellen, iii. kurswert steigern, iv. hindernisse eliminieren, v. zielperson isolieren, vi. emotionale bindung herstellen, vii. ein lauschiges plätzchen suchen, viii. temperatur hochtreiben, ix. tuchfühlung aufnehmen, x. letzte widerstände überwinden, xi. erwartungen steuern“ (Inhaltsverzeichnis). Und schließlich setzt der Text immer wieder deutlich als solche markierte Realitäts-Anker, die ihn als Tatsachenbericht ausweisen: in seinem Beruf als Journalist trifft der Autor-Erzähler Figuren des öffentlichen Lebens wie Tom Cruise, Paris Hilton oder Courtney Love – Begegnungen, die sich allesamt dem realen Neil Strauss zuschreiben lassen und den Text damit der Gattungslogik der Autobiographie unterstellen. Autobiographisches Schreiben wiederum kennt gattungstheoretisch sehr spezifische Verhältnisbestimmungen von Faktualität und Fiktionalität, die sich nicht vollständig systematisieren lassen, sondern jeweils dem Einzeltext abgelesen werden müssen. Folgen wir der Spur. Die Erzählung setzt ein, als der Erzähler den Auftrag erhält, sich für einen Verlag, der einen entsprechenden Ratgeber plant, mit dem im Internet untergründig zirkulierenden „How to Lay Girls Guide“ auseinanderzusetzen, in welchem das gesammelte Erfahrungswissen der pick up community gespeichert ist. Selbst von seinen Erfahrungen mit Frauen frustriert, wird der Neil Strauss genannte Protagonist und Ich-Erzähler der Geschichte von der Lektüre elektrisiert: er begreift sich selbst als „EFL“, einen „ewig frustrierten Looser“, wie ihn der „Layguide“ beschreibt, und liest sich deshalb identifikatorisch in das Werk ein. Seine Zeit verbringt er fortan in den elektronischen Schattenwelten der pick-upSeite 4 von 7 Szene, in Internetforen und Chatrooms. Der Erzähler beschreibt seine Ausgangssituation dabei mit drastischen Worten: „Junge Männer streben vorrangig nach zwei Dingen: einerseits nach Macht, Erfolg und Anerkennung, andererseits nach Liebe, Zärtlichkeit und Sex. Was bedeutete, dass mein halbes Leben nicht funktioniert hatte. Mein Vorhaben war nicht mehr und nicht weniger als das Eingeständnis, nur ein halber Mann zu sein.“ (S. 25) Strauss bucht einen Workshop bei „Mystery“, einem Guru der Szene, legt sich selbst den nom de guerre „Style“ zu, investiert in Haarschnitt und Klamotten, und begegnet bald seinem Meister. Dessen erste Botschaft lautet: „Stellt euch den heutigen Abend einfach als Videospiel vor. Die Wirklichkeit bleibt außen vor. Jedesmal, wenn ihr ein Mädel anbaggert, spielt ihr im Grunde bloß ein Spiel.“ (S. 29) Wichtig in diesem „Spiel“ ist die Vermeidung emotionaler Involvierung: „‘Gefühle vermasseln euch bloß die Tour‘, sagte Mystery. ‚Gefühle verwirren nur. Wer sich auf sie verläßt, ist verlassen – das solltet ihr euch ein für allemal hinter die Ohren schreiben.‘“ (S. 29) Mysterys und die Lektionen der anderen pick up artists bestehen vor allem in der Etablierung witzig-konfrontativer Gesprächsroutinen, auf welche ihre Schüler zurückgreifen sollen, wenn sie Frauen ansprechen. Diese scripts basieren auf den alltags- oder küchenpsychologischen Annahmen, die der Guru verbreitet: „Mystery stand auf Theorien. Die Pfauentheorie besteht im großen und ganzen aus der Erkenntnis, daß man sich möglichst schillernd und extravagant kleiden sollte, wenn man es auf die begehrenswertesten Exemplare der weiblichen Spezies abgesehen hat. Das Äquivalent zum prächtigen Pfauenrad, so erklärte uns Mystery, ist beim Menschen etwa eine Kombination aus buntem Hemd, auffälligem Hut und glitzerndem Schmuck- daswar mehr oder minder all das, was ich mein ganzes Leben lang als geschmacklos angesehen hatte.“ (S. 33). Insbesondere die von „Mystery“ vorgeschlagenen Gesprächsroutinen aber erweisen sich für den Erzähler als plausibel. Alles beginnt mit dem „Opener“, dem entscheidenden ersten Satz: „‘Ich habe einen Opener für dich‘, sagte er. Ein Opener ist eine Phrase, die man sich vorher überlegt, um mit einer Gruppe wildfremder Leute ins Gespräch zu kommen; ein unabdingbares Hilfsmittel, wenn man Frauen kennenlernen will. ‚Wenn du ein Girl nach deinem Gusto erspähst, das mit anderen Leuten rumsteht, legst du erst mal so los: He, hier geht ja wohl echt 'ne Party ab. Und dann sagst du beiläufig zu dem Mädel: Wenn ich nicht schwul wäre, würde ich total auf dich abfahren.‘ Ich spürte, wie ich knallrot wurde. ‚Meinst du wirklich?‘ fragte ich. ‚Was soll das denn bringen?‘ ‚Es geht darum, ihr Seite 5 von 7 Interesse zu wecken. Ob du schwul bist oder nicht, spielt dabei keine Rolle.‘ ‚Aber das ist doch 'ne Lüge.‘ ‚Man nennt es auch Flirten‘, sagte er. (S. 34) Strauss steigt immer tiefer in die Szene ein, veröffentlicht eigene Tips und Tricks und hält Workshops ab; zusammen mit anderen Stars der Szene mietet er sich schließlich in Dean Martin alter Villa in West Hollywood ein; sein eigenes „Project Hollywood“ besteht darin, selbst pick up als Lebensstil zu leben und gleichzeitig zu vermarkten. Project Hollywood läuft gut an, doch ziehen dunkle Wolken auf: die pick up artists zerstreiten sich in Konkurrenzkämpfen, ihr Alltag bewegt sich zwischen Kontakte-knüpfen, Betriebsmanagement und Depressionen: „Ehe ich der Community beigetreten war, hatte ich Angst vor Frauen gehabt. Jetzt hatte ich Angst vor Männern.“ (S. 205) Nicht nur der NeilStrauss-Charakter, auch andere Protagonisten der Szene im Buch empfinden ihr Dasein schließlich als emotional unbefriedigend, lieb-los und sinnentleert. An dieser Stelle der Erzählung passiert etwas Interessantes: Strauss beschließt, sich aus der community zu katapultieren, indem er einen Enthüllungsartikel über pick up in der New York Times veröffentlicht (dieser ist dort im Januar 2004 tatsächlich erschienen); zu seiner Verwunderung aber führt die Enthüllung, daß er seine pick-up-Karriere ursprünglich nur zu Recherchezwecken eingeschlagen hatte, nicht zu seiner Verstoßung aus der Gruppierung: innerhalb der Welt von pick up ist sein eigener narrativer Selbstentwurf zu diesem Zeitpunkt soweit durchgesetzt, dass die Szene sein ‚eigentliches‘ Ich, das des investigierenden Journalisten, nicht weiter beschäftigt. Das erzählte Ich hat das reale Ich verdrängt. Am Ende verläßt Strauss die Villa der pick up artists doch, um ein ‚normaleres‘ Leben in geregelten Bahnen zu führen – auch in amouröser Hinsicht. „The Game“ endet mit dem Eintritt des Helden in eine auf Langfristigkeit angelegte Zweierberziehung. IV. erzählte Identität Was macht nun das narrative self-fashioning der pick up community in Neil Strauss‘ „The Game“ aus? Zwei Beobachtungen möchte ich zusammenfassend nennen. 1. Privatsprache: Mit dem zunehmenden Wissenserwerb des Protagonisten in Sachen „Aufreißen“ einher geht die Aneignung einer Privatsprache, dem Begriffsinventar der pickup-Szene – einige Beispiele: attraktive Frauen werden als „HB“ (heißes Babe, verbunden mit einer Note) bezeichnet, ein „set“ meint eine Gruppe von Frauen in einer bestimmten Situation, z.B. einer Bar, einem Club oder ähnlichem; ein „EFL“ ist, wie schon gesagt, ein „ewig frustrierter Looser“, und dergleichen mehr. Die Privatsprache erfüllt zwei Funktionen: sie Seite 6 von 7 ermöglicht die Stabilisierung der (Gruppen-)Identität nach innen und ihre Abgrenzung von der sozialen Umwelt. 2. Klandestinität und Gemeinschaft: Ein weiteres wichtiges Element ist die sprachliche Inszenierung der Gemeinschaft als geheimnisvoll, klandestin und quasi-subversiv. „The Game“ erzählt den Eintritt in die community als Initiationsgeschichte, als Zugang zu einem geheimen Wissen und einer verschworenen Gemeinschaft. Ich komme zum Schluß. Dass gender-Rollen Sprachspiele sind, wissen wir spätestens seit Judith Butlers gendertheoretischen Überlegungen zur performativen Konstituierung von ‚Geschlecht‘. Strauss‘ Buch ist, das hoffe ich gezeigt zu haben, in dieser Hinsicht ein bemerkenswert mehrbödiges, narrativ eigenartig hybrides Gebilde: erzählt es doch von einem erzählenden Persönlichkeits- und Weltentwurf, der Einsicht in seine eigene Erzähltheit nimmt. Letztlich ist pick up Ausdruck eines narrativen Weltverhältnisses: ob es pick up ‚da draußen‘ wirklich ‚gibt‘, ist eine müßige Frage. Entscheidend ist, daß erzählt wird – und was erzählt wird. Und „Style“? Außerhalb der Welt des Buchs hat Strauss inzwischen geheiratet – und zuvor mit einer großen Party sein alter ego „Style“ begraben; er arbeitet weiter als Journalist und Autor, vermarktet aber auch pick-up-Kurse. Klaus Birnstiel Seite 7 von 7