Linearer DC-Servomotor bewegt Mikroskop-Scantisch

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Linearer DC-Servomotor bewegt Mikroskop-Scantisch
Special Medizintechnik & Automation
Linearer DC-Servomotor
bewegt Mikroskop-Scantisch
Moderne Mikroskope sind in der Forschung und im medi­
zinischen Alltag unentbehrlich geworden. Um schnell und
sicher die richtigen Stellen der Probe ansehen zu können,
wurde schon immer der Objektträger unter dem Objektiv
auf dem Kreuztisch bewegt. Eine Handverstellung ist dabei
aber nicht mehr Stand der Technik. Kleinantriebe sind für
diese Aufgabe heute der Aktor der Wahl. Doch auch hier
gibt es Unterschiede. Um jegliches mechanisches Spiel
auszuschließen und eine schnelle Bewegung bei höchster
Präzision sicherzustellen, setzt ein neues Konzept auf kleine
Linear-DC-Servomotoren.
Je mehr man sich auf einen Punkt
fokussiert, umso eingeschränkter ist
das Sichtfeld. Dies gilt besonders bei
der hohen Vergrößerungsleistung moderner Mikroskope. Um trotzdem eine
Probe nicht nur punktuell, sondern
auch flächig auswerten zu können, ist
daher eine Bewegung der Probe unter
dem Fokus erforderlich. Die Objective
Imaging Ltd aus Cambridge [1] entwickelte daher für die Erfordernisse moderner Mikroskopieverfahren ihren
Oasis-glide Scan-Tisch (Bild 1). Der
bewegliche Tisch nutzt dazu die Antriebstechnologie des Kleinantriebsspezialisten Faulhaber aus Croglio [2].
Ein direkt angetriebener Linearmotor
setzt dabei neue Maßstäbe, was Dynamik und Präzision angeht.
Der Scantisch arbeitet mit einem
„Verstellfenster“ von 75 mm × 52 mm.
Die Linearantriebe bieten dafür in
diesem Bereich eine hohe Präzision,
Schnelligkeit und absolute Laufruhe.
Letzteres war ein wesentlicher Punkt
für die Wahl dieses Antriebssystems.
Mechanisches Spiel wie bei Spindelantrieben ist eliminiert. Der Scantisch
bietet trotz der fortschrittlichen Technik die bewährten Standardeinrichtungen wie Schwalbenschwanzführung bzw. Schraubenbefestigung für
die meisten Mikroskope. Eine neue
manuelle Eingabeeinheit mit FarbTouchscreen und Drei-Achs-­Joystick
erleichtert die Einstellung auf verschiedenen Positionen. Gegenüber
bisherigen Systemen baut der neue
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Scantisch bei besseren mechanischen
Werten kleiner und leichter. Das mechanische Spiel durch den Antrieb
ist fast auf Null reduziert, Gleiches
gilt für das Laufgeräusch. Die hohe
vertikale Stabilität und Vibrationsfreiheit kommt der besseren Auflö-
Andreas Zeiff
Dietrich Homburg
sung bei hoher Schrittgeschwindigkeit entgegen. Das ganze System ist
wartungsfrei ausgeführt und einfach
nachzurüsten.
Als Herz des verstellbaren Tisches
arbeiten zwei Linearmotoren mit
±30 mm bzw. ±80 mm Hub zusammen. Neben den besseren Werten bei
der mechanischen Auflösung bietet
diese Antriebslösung auch ein gutes
Kosten-Nutzen-Verhältnis gegenüber
konservativen Antriebslösungen in
diesem Bereich.
Kompakte Lineartechnik
Der Linearantrieb verbindet die
schnelle und einfache Regelung eines
elektrischen Systems mit dem einfachen
Bild 1. Der Scantisch mit Linear-DC-Servomotor ist an vielen Mikroskopen
leicht nachzurüsten
Heft 11/2012 •
Special Medizintechnik & Automation
Bild 2. Ein präziser Antrieb mit kompakten Abmessungen
Aufbau pneumatischer Zylinder. Statt
wie bisher üblich als „Oberflächen­
läufer“ mit Schlitten und Führung ist
der Kleinantrieb in einer rotationssymmetrischen Ausführung des Läufers aufgebaut. Der rechteckige, leicht
anflanschbare Stator erlaubt so eine
fast universelle Passform und lässt
sich gut am Scantisch integrieren.
Auch für die Baugröße ist das vorteilhaft: Der Stator (Motor) misst 12,5 mm
× 19,9 mm × 49,4 mm (b × h × l) inklusive Steckeranschluss (Bild 2). Der
Läuferstab wird momentan in sechs
Varianten angeboten mit jeweils
6,3 mm Durchmesser und wahlweise
den Längen 82 mm, 109 mm, 127 mm,
154 mm, 172 mm und 190 mm. So
sind Hublängen von bis zu ±10 mm,
20 mm, 30 mm, 40 mm und 50 mm
sowie 60 mm möglich, oder anders
ausgedrückt: Die Läuferstäbe können
für Anwendungen von 20 mm bis
120 mm Länge eingesetzt werden. Dabei wiegen die Motoren nur zwischen
57 g und 82 g.
Aus Anwendersicht setzt sich der
Antrieb lediglich aus drei Einzelteilen
zusammen: dem Stator (Motor), dem
Stecker mit Leitung und dem Läuferstab. Ein nichtmagnetisches Stahl-
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gehäuse nimmt die selbsttragende
Drehstromspulenwicklung sowie die
­Hülsen-Lagerung des Läufers aus speziellem Gleitlagermaterial auf. Unter
der oberen Abdeckung versteckt sich
noch eine Platine mit einer gedruckten Schaltung für drei Hall-Sensoren
zur Positionsbestimmung und der Steckeranschluss. Der Präzisions-Metallgleitstab (Läuferstab) ist mit starken
Permanentmagneten bestückt (Bild 3).
Die mechanischen Kenndaten des
linearen DC-Servomotors sind beachtlich: Dauerkraft des Läuferstabs beträgt
3,6 N, als Spitzen- bzw. Stoßkraft stehen bis zu 10,7 N zur Verfügung. Je
nach Belastungsfall beträgt die Beschleunigung für die 20-mm-Variante
198 m/s2 also 19-fache Erdbeschleunigung und für die 120-mm-Variante
immer noch 82,9 m/s2. Die robuste
Gleitlagerung des Läufer­
stabes verkraftet Geschwindigkeiten bis 3,2 m/s.
Der zulässige Betriebstemperaturbereich des Antriebs mit -20 °C bis
125 °C deckt gängige Anwendungs­
bereiche ab. Trotz dieser Leistungswerte ist der Linearmotor feinfühlig
über einen Motion Controller regelbar.
Die Wiederholgenauigkeit (maximale
Abweichung bei mehrfach gleicher
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­ ewegung) liegt bei 40 µm. Die drei
B
linearen Hallsensoren in Verbindung
mit dem Motion Controller begrenzen
den maximalen Positionierfehler, das
heißt die Differenz zwischen vorgegebener und gemessener Position des
Systems, auf 120 µm bei der 20-mmVariante bzw. bis 220 µm bei der
120-mm-Ausführung. Da alle Werte
rein elektrisch bestimmt sind, spielen
mechanische Toleranzen, Verschleiß
und thermische Ausdehnung der
Komponenten keine Rolle.
Nervenzentrale
Motion Controller
Die Vier-Quadranten-Controller arbeiten im Spannungsbereich von
DC 12 V bis 30 V mit einer PWMSchaltfrequenz von 78 kHz. Der Wirkungsgrad liegt bei 95 %. Es gibt vier
Varianten, die jeweils bis zu 10 A
Dauerstrom abgeben können. Alle sind
wahlweise mit RS-232- oder CANSchnittstelle ausgestattet. So lassen sie
Dipl.-Chem. Andreas Zeiff ist als
Fachredakteur für das Redaktions­
büro Stutensee tätig.
E-Mail: [email protected]
Dipl.-Ing. (FH) Dietrich Homburg ist
­Inhaber des Redaktionsbüros
­Stutensee.
E-Mail: [email protected]
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Bild 3. Der Aufbau des Linearmotors
sich einfach anschließen, programmieren und vernetzen. Der nutzbare
Geschwindigkeitsbereich liegt bei
1 mm/s bis 10 000 mm/s. Die dafür
nötige Encoderauflösung mit den internen Hallsensoren beträgt 3 000 Impulse auf 18 mm. Mit externem Encoder sind bis zu 65 535 Impulse möglich.
PI-Geschwindigkeitsregler für hohen
Gleichlauf, Geschwindigkeitsprofile,
Positionierbetrieb oder Betrieb als
Kraftregler durch einstellbare Strombegrenzung ist nur ein Teil der Fähigkeiten des Controllers. Auch Schrittmotorbetrieb, Gearing Mode (elektro-
nisches Getriebe), analoger Positioniermodus (Positionsregelung auf Analogspannung), analoge Stromvorgabe
und externer Impulsgeber als Istwertgeber sind im erweiterten Betriebsbereich möglich. Zur Programmierung
stehen die umfangreichen Befehlssätze
und die komfortablen Programme des
Motion Manager zur Verfügung.
Literatur
[1]Objective Imaging Ltd, Cambridge/England:
www.objectiveimaging.com
[2]Faulhaber, Croglio/Schweiz:
www.faulhaber.com
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