Bioorganische Chemie - Online Media Server

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Prof. Th. Carell – Chemische Biologie für Chemiker – WiSe 2000/2001 - Philipps-Universität Marburg
2. Synthese der Oligonukleotide
2.1 Synthese der Nukleoside
2.1.1 Allgemeines
Effiziente Syntheserouten zu Nucleosiden werden zur Synthese verschiedenster
Analoga benötigt. Diese Nukleosid Analoga konkurrieren im zellulären Geschehen
mit den natürlichen Nukleosiden T, U, C, G und A. Sie stören daher die zellulären
Prozesse. Viele derartiger Verbindungen haben anti-virale oder anti-proliferative
Eigenschaften. Die t-RNA enthält eine ganze Reihe modifizierter Nukleoside. Das
Studium wieso die Natur für die Übersetzung des genetischen Codes auf diese
Substanzen zurückgreift bedingt die Synthese dieser modifizierten Nukleoside und
deren Einbau in DNA und RNA.
Prinzipiell werden heute drei Wege (A, B und C) zur Synthese von Nukleosiden
beschritten.
Auf dem Weg A, findet eine nukleophile Substitution statt. Die
Abgangsgruppe befindet sich am anomeren Zentrum des Zuckers. Weg B liegt
ebenfalls eine nukleophile Substitution zugrunde. Hier ist das Nukelophil allerdings
der Zucker. Weg C bedeutet Aufbau des Heteroyclus am Zuckergerüst.
HO
B
C
N
O
N
N
O
O
NH
NH2
N
HO
A
O
A
X
N
H
OH
OH
NH
N
NH2
B
O
C
HO
O
NH2
N
NH
YC
Z
N
NH2
OH
HO
O
N
CY
N
NH2
OH
1
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2.1.2 Synthesen basierend auf Weg A
Ältere Methoden der Nukleosidsynthese beruhen auf der Umsetzung der
Schwermetallsalze der Heteroyclen mit einem Chlor- oder Bromzucker. Diese als
Fischer-Helferich oder Koenigs-Knorr Synthesen bekannte Methoden werden heute
nur noch vereinzelt angewendet. Als Schwermetallsalze fungieren die weichen HgII+
oder AgI+ Salze. Für die Synthese müssen alle anderen potentiell nukleophilen
Stellen geschützt werden. Nachteilig ist auch die oft schlechte Löslichkeit der
Schwermetallsalze. Die Halogenzucker müssen unter wasserfreien Bedingungen
gehandhabt werden, da sie sehr hydrolyseanfällig sind.
O
O
HN
AcO
O
N
ClHg
OAc
AcO
N
Br
Xylen, 120oC
N
N
O
N
AcO
O
NH2
O
HN
N
N
N
NH3/MeOH
N
HO
O
N
N
OH
HO
OAc
AcO
N
Alternativ
O
O
AcO
N
Cl
AcO
Br
OAc
o
N
N
ClHg
1. Xylen, 120 C
N
N
NH
Ac
HO
O
N
NH
N
NH2
2. NaOH, H2O
HO
OH
Die Methode liefert in der Regel die richtige regiochemische Verknüpfung d.h. N1 für
die Pyrimidine und N9 für die Purine. Die Reaktion verläugft nach einem SN2Mechanismus.
Statt der Schwermetallsalze lassen sich auch die alkylierten Basen verwenden.
Deren N-Atome im Heterocyclus sind in der Regel bereits nukleophil genug. Die
Methode heisst Hilbert-Johnson Nukleosidierung.
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O
N
S
N
N
OBz
O
BzO
N
S
OBz
O
BzO
O
Br
N
N
BzO
BzO
O
Auch für:
OEt
N
N
O
N
BzO
BzO
O
O
Cl
N
O
o
CH3CN, 10 C
BzO
O
BzO
BzO
OBz
BzO
Br
OBz
NH2
OEt
N
N
N
OBz
O
NH3, MeOH
BzO
O
N
-
O
OBz
BzO
OH-
O
NH
BzO
O
BzO
N
O
OBz
Eine moderne Variante der Hilbert-Johnson Methode ist die Silyl-Hilbert-Johnson
Methode, die auch Nukleosidierung nach Vorbrüggen genannt wird. Hierbei wird ein
stabilerer Zuckervorläufer, z.B. mit einer schlechteren Abgangsgruppe wie dem
Acetat am anomeren Zentrum eingesetzt. Vor der Kupplung wird der Zucker mit einer
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Lewissäure zur „Aktivierung“ umgesetzt. In situ werden die nukleophilen Zentren
geschaffen.
Si OTf
AcO
O
OAc
O
Acetonitril oder
1,2-Dichlormethan
o
o
-20 C - 50 C
OAc
AcO
AcO
TMS-Tf oder
SnCl4, Hg(OAc)2
OAc
AcO
O
O
AcO
O Si
-
TfO
O
O
AcO
N
O
N
Si O
AcO
Me3SiCl
HN
N
H
O
O
O Si
O
AcO
N
Si O
O
N
O
AcO
N
OAc
O
N
O-Si
AcO
O
NH
O
AcO
H 2O
O
AcO
N
O
OAc
Es entsteht eine Oxycarbenium-Ion Zwischenstufe. Die Nukleosidierung erfolgt daher
mehr nach einem SN1-Mechanismus und liefert daher meist Gemische des α− und
des β− Produktes. Befindet sich am C2‘eine weitere Acetat oder Benzoat-Gruppe so
kann das Oxycarbeniumion von dieser Gruppe unter Nachgruppenbeteiligung
stabilisiert werden. Die Base kann entweder direkt nach Deprotonierung mit Base
(regiochemisch oft uneinheitliche Produkte) oder nach Silylierung (Vorbrüggen)
eingesetzt werden. Durch die Silylierung nimmt die Nukleophilie der N im
Heterocyclus zu. Das freie Elektronenpaar ist nicht mehr an der aromatischen
Stabilisierung beteiligt.
Es ist allerdings schwer abzuschätzen wo die Reaktion am Heterocyclus erfolgt und
oft werden keine einheitlichen Produkte erhalten. Der Angriff erfoklgt immer vom
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elektronenreichsten d.h. basischsten N im Heterocyclus. Durch den SN1-Charakter
bedingt ist auch die Bildung einen α-/β-Anomerengemisches. Zwei weitere Beispiele:
NH2
NHTMS
(Me3Si)2NH
N
S
N
H
SnCl4
N
S
O
N
AcO
OTMS
O
OAc
AcO
NHTMS
NH2
N
S
AcO
N
N
O
NH3, MeOH
O
S
AcO
N
O
O
OAc
AcO
OAc
OAc
AcO
Cl
N
BzO
Cl
BzO
N3
O
N
N
Cl
HN
AcO
O
N3 N
N
α+β
AcO
N
N
N
BzO
O
erfolgt
also
zunächst
die
N
N3 N
Cl
α+β
AcO
Mechanistisch
N
Bildung
eines
elektrophilen
Oxycarbeniumions. Dann bildet sich ein σ-Komplex aus der silylierten Base und der
Lewis-Säure. Dann erfolgt die Kupplungsreaktion.
Krtisch ist die s-Komplexbildung. Bei schwachen Lewissäuren liegt nur wenig
Komplex vor. Es reagiert dann das basischste N im Heterocyclus also z.B. das N1
bei Pyrimidinen. Starke Lewissäuren (SnCl4) führen zur totalen Komplexierung dann
reagiert unter Umständen das weniger elektronenreiche Zentrum. Hier hilft dann das
Arbeiten
in
nukleophilen
Lösungsmitteln.
Das
Nukleosidierungen
oft
Gleichgewichtsreaktionen sind, kann durch Rühren bei leicht erhöhter Temperatur
noch
ein
Umlagern
des
primär
gebildeten
kinetischen
Produktes
zum
thermodynamisch günstigeren Produkt erfolgen.
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O
Si
O
N
N
N
Me3SiOX
O
Si
N
Si
Bz
Si
N
N
Si
Bz
N
N
Si
N
O
Si
Si
Bz
N
N
N
Si
N
Si
Si
N
N
N
N
N
Si
N
Reaktion an verschiedenen
Stellen
3
1
N
N
Alloxazin
N
H
N
O
NH
N
N
N
O
O
O Si
2
Si
3
2.1.3 Kontrolle der Stereochemie am anomeren Zentrum
Wie oben bereits erwähnt, führen nukleophile Gruppen am C2‘ zu einer
Koordinierung des Oxycarbeniumions. Das ist besonders bei 2‘-Acyloxy-oder 2‘benzoylocygruppen der Fall. Das Oxycarbeniumion wird durch Verbrückung, unter
Nachbargruppenbeteiligung stabilisiert. Die Reaktion mit dem Nukleophil erfolgt dann
trans zur Nachbargruppe. Diese Gesetzmässigkeit trägt den Namen Bakers-1,2-trans
Regel.
Aus der Regel folgt, dass die Reaktion der 1‘-Chlor-D-Arabinose und 1‘-Chlor-DLyxose mit einer Base hauptsächlich die α-Anomeren ergibt. Aus der 1‘-Chlor-DRibose und der 1‘-Chlor-D-Xylose entstehen als Hauptproduke die β-Anomeren.
Der Nachbargruppeneffekz ist augenfällig wenn die α,β-Verteilung bestimmt wir mit
einer p-Nitrobenzoylschutzgruppe an der C2‘-OH Gruppe. Der elektronenziehende
Effekt der p-Nitrogruppe reduziert die Basizität der einsamen Elektronenpaare am
Carboxyl-O-Atom, so dass die Stabilisierung des Oxycarbeiumions schlechter sein
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sollt. Genau das wird beobachtet. Es entsteht mehr vom nicht Baker-Regel Produkt
als vorrausgesagt wird. Die Reaktion wird deutlich weiter ins SN1-Regime verlagert.
BzO
BzO
Cl
O
HgCl
O
O
BzO
BzO
+
O
OBz
BzO
H
O
O
BzO
O
Base-HgCl
O
O
BzO
Base
O
NO2
BzO
O
O
p-Nitrobenzoat
OAc
BzO
O
BzO
OBz OAc
O
Cl
O
Cl
Base
BzO
α− Anomere
D-Lyxose
D-Arabinose
BzO
BzO
O
BzO
O
Cl
OAc
BzO
O
Cl
Base
OAc
D-Ribose
β− Anomere
D-Xylose
2.1.3 Synthesen basierend auf Strategie B
Prinzipiell sind die Basen elektronenarme Heterocylen, in denen durch Alkylierung
oder
Silylierung
elektronenarmen
nukleophile
Charakter
Zentren
der
Basen
geschaffen
kann
man
werden
müssen.
ausnutzen,
wenn
Den
ein
Zuckernukleophil eingesetzt wird. Die Base enthält als Substrukturelement quasi ein
„vinyloges Säurechlorid“. Dieses wird mit dem Aminozucker umgesetzt. Diese Art der
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Nukleosidierung wird relativ selten angewendet. Vom Reaktionstyp her handelt es
sich um eine nukleophile Substitution an einem Heteroaromaten, ähnlich wie bei der
Umsetzung von Peptiden mit dem Saenger‘s-Reagenz zur Endgruppenbestimmung.
O
O2N
NH
O
AcO
O
AcO
NH2
AcO
O2N
NH
NHAc
N
H
HN
NHAc
N
H
Cl
OAc
O
AcO
OAc
2.1.4 Aufbau des Heterocyclus am Zucker
Führen alle Nukleosierungen nur zurBildung des falschen Regioisomeren oder
reagiert die Base gar nicht, so muss der heterocyclus am Zuckergerüst aufgebaut
werden. Dieser Weg führte z.B. zur erfolgreichen Synthese von Flavin-Basen, die
aus den Alloxazinen nicht hergestellt werden können, da andere, im Alloxazin
basischere Zentren, bevorzugt reagieren.
3
1
N
N
Alloxazin
N
H
N
O
NH
N
O Si
N
N
2
O
O
Si
3
NO2
AcO
AcO
AcO
NO2
O
NH2
OAc
NO2
H
N
O
NH4Cl
OAc
AcO
1. H2, Pd/C
O
O
NH
2.
O
N
H
O
O
N
N
AcO
NH
N
O
O
AcO
OAc
8
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Ganz ähnlich gelangen auch die Totalsynthesen, der in t-RNA vorkommenden Basen
Pseudouridin und Wyosin. bei Pseudouridin handelt es sich um ein C-Nukleosid.
Diese Verbindungen sind aufgrund des fehlens einer Acetal-Substruktur wesentlich
resistenter gegenüber Hydrolysen. C-Nukleoside werden daher als GlycosylaseInhibibitoren eingesetzt. Glycosylasen sind Enzyme die glycosidische Bindungen
spalten.
Ph
O
Ph
O
O
O
t-Bu
O
N
O
O
N
Ph
O
o
OH
THF, -78 C
O
Li
O t-Bu
O
Ph
O
N
O t-Bu
O
HN
Swern Oxidation
HO
t-Bu
N
NH
O
O
+
H Mild
HO
OH
O
AcO
O
AcO
O
C
N
OAc
N
AcO
O
AcO
N
O
N
NH2
NHMe
HO
OAc
O
HO
N
N
N
N
OH
2.1.5 Stereoselektiver Zugang zu α- und β-Nukleosiden
Für die stereoselektive Synthese wurden eigene Synthesen entwickelt. Die selektive
Darstellung von β-Anomeren gelingt mit Hilfe der Oxazilidin-Methode. Gezeigt ist die
Synthese von β-Arabinofuranosyl-Adenin. Zur Reduktion von OH-Gruppen wie hier
zur Darstellung der Desoxyriboden aus den Ribosevorläufern wird häufig die BartonMcCombi Reaktion angewendet.
Die stereoselektive Synthese von α-anomeren Zuckern gelingt mit Hilfe des 2-Fluor1-methylpyridiniumtosylats. Reaktion mit dem Zucker unter thermodynamischer
Kontrolle fixiert das anomere Zentrum so das der grosse Pyridiniumrest die sterisch
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günstigere β-Position einnimmt. SN2-Substitution durch die silylierte Base erfolgt
hauptsächlich unter inversion der Konfiguration zum α-Anomeren.
NH2
NaH
DMF
HgBr2
RO
O
NH
O
Cl
N
H2N
N
N
O2N
RO
RO
NH2
NH2
N
∆, H2O
S
O
RO
N
O
N
N
S
H
N
S
H2N
O
Al/Hg
N
O
RO
RO
N
O
N
S
HgBr
O
RO
H2N
RO
N
RO
S
O
RO
O2N
Ra-Ni
H2O, NH4OH
NaH,
Cs2
MeJ
N
N
RO
N
O
N
RO
OH
N
OH
NH2
NH2
N
N
N
RO
N
O
RO
O
N
N
RO
O
Bu3SnH, AIBN
S
N
N
RO
SMe
OSi(Me3)
BzO
O
O
OH
O
F
N
N
BzO
Ts-
O
O
O
N
(Me3)SiO
N
O
BzO
O
Base
O
O
O
N
H
10
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2.2 Synthese der Nukleotide
2.2.1 Die Chemie der Phosphor- und Phosphorigsäureester
Der in der Biologie relevante Phosphor (P) hat die Oxidationsstufe P(V) und ist
vierfach koordiniert. Zur Synthese biologisch relevanter Strukturen ist deshalb die
Kenntnis der Chemie dieser Phosphorverbindungen notwendig.
Die P-O Einfachbindungen sind sp3 Hybridorbitale und ca. 1.6 Å lang.
In den Triestern und in anderen Verbindungen sind die P=O Bindungen 1.46 Å lang.
Es handelt sich um pπdπ Hybridorbitale. Der Phosphor weitet also seine Schale unter
Beteiligung von d-Orbitalen auf.
O
P
HO OH
P
Et O
Et O
HO
O
P
Bu O O Ph
O
Et O
Triester
wie
O
P
HO OH
O
P
Bu O
Die
Et O
O
P
Bu O OH
PO(OEt)(OBu)(OPh)
O
sind
löslich
in
vielen
organischen
Lösungsmitteln und leicht an Kieselgel Chromtografierbar. Der P bildet ein stabiles
chirales Zentrum.
Die Diester wie PO(OEt)(OBu)(OH) sind wasserlösliche Verbindungen und mit einem
pKa-Wert von 1.5 wesentlich stärker sauer als Essigsäure (pKa = 4.75). Sie liegen in
Wasser deprotoniert vor. Die Ladung ist zwischen den zwei O-Atomen am P
delokalisiert (deshalb der niedrige pKa-Wert).
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Die Monoester wie PO(OEt)(OH)2 sind ebenfalls wasserlöslich.
Die pKa-Werte
betragen 1.6 und 6.6. Unter physiologischen Bedingungen liegten die Monoester als
Gemisch der Mono- und Dianionen vor.
Die negativ geladenen Mono- und Diester der Phosphorsäure sind sehr
hydrolysebeständig. Ein angreifendes Nukleophil hat kaum eine Chance das durch
A
R
O
O
B
R O
P
Bu O A
O
H
P O
B A
O
R O P
A B
Bu
B
O
I-
H3C O P
MeO OMe
S-
O
O P
MeO OMe
-
CH3-I
Me > Et > R2CH
Thiophenolat
2e-
C
H
NC
H
O
O P
MeO OMe
Base
O
O P
O O-Et
i-Pr
Cl
H
Cl
Cl
Cl
O
O P
MeO OMe
Zn
Base
H
O
N
N O-
1
OR
OR2
NO2
NO2
CN
O P
O
O P OR1
OR1
-
NO2
die
negativen
Ladungen
abgeschirmte
P-Atom
anzugreifen.
Diese
hohe
Hydrolysestabilität ist die Grundlage des Lebens auf der Erde. Sie garantiert, das
Oligonukleotide stabile Verbindungen sind, die Informationen kodieren können.
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Die Triester der Phosphorsäure werden auf drei Reaktionswegen (A, B und C)
angegriffen. Sie besitzen nicht die schützende negative Ladung sondern werden
hydrolysiert.
Reaktionsweg A beschreibt eine Substitution nach dem SN2P-Mechanismus. Es ist
ein assoziativer Prozess bei dem das Nukleophil zuerst an das P-Atom addiert. Erst
anschliessend
zerfällt
das
Zwischenprodukt.
In
diesem
Prozess
ist
die
Pseudorotation oft langsamer als der Zerfall des Zwischenproduktes, so dass chirale
Information teilweise erhalten bleibt. Dieser Hydrolysemechanismus ist besonders
schnell, wenn es sich um Arylester handelt (s.o.) Der niedrigere pKa-Wert der
Phenolate (pKa-Wert ca. 10) im Vergleich zu nichtaromatischen Alkoholen (pKa-Wert
ca. 15) zeigt bereits, dass Phenolate wesentlich bessere Abgangsgruppen sind, die
die negative Ladung besser, durch Delokalisation in den Ring, stabilisieren können.
Zur Abspaltung von Arylestern als Schutzgruppen verwendet man meist OximatAnionen als Nukleophile, die dann in einer β-Eliminierung (s.u.) in einem zweiten
Schritt
abgepalten
werden.
Als
Arylester-Schutzgruppe
werden
meist
p-
Chlorphenolester verwendet (warum?).
Reaktionsweg B beschreibt den Angriff sehr weicher Nukleophile. Sie greifen nicht
am P-Atom sondern an den Alkylgruppen eines Esterrestes an. Das sind typische
SN2-Reaktionen indenen der Phosphorsäuremonoester als gute Abgangsgruppe
fungiert. Diese Reaktion wird zum entschützen von Phosphorsäuretriestern
verwendet. Sie funktioniert phantastisch bei Methylestern, ist bei Ethyl- oder
sekundären Zentren allerdings schon relativ schlecht. Me > Et > R2CH.
Ausgenutzt wird diese Reaktivität bei der Entschützung von Phosphorsäuremethylestern mit Thiophenolat.
Reaktionsweg C beschreibt eine β-Eliminierung von Alkylphosphat-Triestern. Diese
Reaktion ist dann besonders gut wenn am β-C-Atom noch eine elektronenziehende
Gruppe vorhanden ist, die die H-Atome acidifiziert. Hier hat sich die CyanoethylGruppe sehr bewährt. Sie wir heute als Schutzgruppe in der Oligonukleotidchemie
angewendet. Ein weiteres Beispiel ist die Trichlorethylester-Schutzgruppe, die
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Reduktiv mit Zn entfernt werden kann. Durch β-Eliminierung werden auch die
Oximat-Ester abgespalten.
Die
Phosphorsäuredi-
und
Monoester
sind
wie
schon
gesagt
sehr
hydrolysebeständig. Das st im Fall der DNA sehr wichtig. RNA muss jedoch,
nachdem die Information in ein Protein Translatiert wurde abgebaut werden, sonst
würde die Zelle nach der Produktion eines m-RNA Stranges ewig das kodierte
Protein erzeugen. Zum Abbau der DNA durch Enzyme (Ribonukleasen) nutzt man
aus,
das
Aktivierungsenergien
durch
Proximitätseffekte
und
Ringspannung
(Aktivierungsentropie) stark reduziert werden können. Fünfring enthaltende, cyclische
Phosphorsäurediester werden aufgrund der Spannung im 5-Ring 107 mal schneller
hydrolysiert als die nicht zyklischen Diester. Das entspricht einer Verringerung der
freien Aktivierungsenthalpie ∆G# um 36 kJ/mol. Genau dieses Prinzip nutzen die
Ribonukleasen, die RNA nach dem unten gezeigten Mechanismus hydrolysieren.
O
RO
O P O
OR
P
O
Nu
O
O OH
P OH
O OH
HO
O
P OH
O OH
H2O
O
O
BH
OH
O
Py
OH
O
P O
O O
Py
O
B
O
O
HO
P
O
Die intrinsische Stabilität der Mono- und Diester wird durch die 5-Ring
Zwischenstruktur überwunden. Hydrolyse kann so erfolgen.
2.2.2 Kondensierte Phosphate und Synthese von Phosphorsäureesrtern
Die Synthese von Phosphorsäureester kann mit Hilfe von Dicyclohexylcarbodiimid
(DCC) analog einer Carbonsäureester Synthese erfolgen. Hierzu wird die
Phosphorsäure durch umsetzung mit DCC aktiviert. Dann erfolgt der Angriff des
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Alkohols. DCC erlaubt hauptsächlich Synthese von Diestern aus Monoestern.
Triester werden nich gebildet. Hierzu reicht die Aktrivität des DCC nicht aus. Zur
Triestersynthese verwendet man meistens Mesitylensulfonylchlorid oder die
entsprechenden Tetrazolide und Nitrotriazolide. Die Azolid-Anionen haben den
Vorteil, dass sie sehr wenig nukleophil sind. Schon das Cl- bereitet manchmal
Probleme und führt zur Phosphorsäureester Spaltung. Das Mesityle wird auf Grund
der sterischen Abschrimung des S-Zentrum verwendet. So wir der nukleophile Angriff
des Alkoholats auf das P-Atom gefördert.
HO
O P OR
HO
HO
N
RO P
O C
O
NH
N
C
N
OR
O P N
OR N
N
N
HOR'
OH
NH
R'
O C
RO P O
NH
O
OR
O
N N
S N
N
O
O P OR
OH
OR
R'-OH
O
O P O S
OR O
OR
O P OR'
OR
Viele heute verwendete Synthese laufen über den P in der Oxidationsstufe P(III),
also über die Phosphit-Trister. Hier nutzt man die grössere Reaktivität der P(III)Spezies aus (Vgl. PCl3 versus POCl3).
Bahnbrechend war die Entwicklung der
Phosphoramidit-Chemie durch Caruthers und Matteucci (Abbildung A unten).
Hier werden die Diamide der Phosphorigsäure mit Tetrazol umgesetzt. Dabei reicht
die Acidität des Tetrazol aus um das N-Aom im Phosphorigsäureamid zu protonieren.
Erst
nach
der
Protonierung
werden
die
N-Substituenten
zu
sehr
guten
Abgangsgruppen. Man kann also die stabilen Amide einsetzen und so das Arbeiten
mit den Hydrolyseanfälligen Halogenverbindungen vermeiden. Intermedär entstehen
die
Tetrazolide
der
P(III)-Spezies,
als
Reaktivester.
Diese
Reagieren
mit
Nukleophilen wie z.B. Alkoholen z. B. zu den Triestern. Unter bestimmten
Umständen (Stöchiometrie) kann auf der Stufe der Diester die Reaktion gestoppt
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werden. Die Phosphit-triester sind in der Regel auch instabil und werden nach
erfolgter Bildung mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den Phosphat-triestern
aufoxidiert.
A
N N
N
N
N
N
Tetrazol
P
N
OR
R''OH
Tetrazol
iPr2NH
OR'
R'' O
OR'
R'OH
P
OR THF, Et3N
P
OR
OR'
I2, H2O
P
N
OR
R'' O P OR
O
B
O
PCl3
HN
N
Milde Hydrolyse
ROH
O
O
P
RO
O
H
R'OH
O
P
RO
OH
H
O
RO P OR'
H
Am
Ende
Cl
O
P
RO
OR'
HO
Basierend auf alten Arbeiten der Todd-Gruppe hat sich in den letzten Jahren auch
die H-Phosphonat Chemie (Abbildung B oben) stark entwickelt. Durch Umsetzung
von PCl3 mit Imidazol und nachfolgender milder Hydrolyse entstehen H-Phosphonate
als Tautomere der Phosphit-Monoester. Diese H-Phosphonate sind im Gegensatz zu
den Phosphit-Monoester relativ stabil. Sie lassen sich durch Umsetzung mit einem
sperrigen Säurechlorid wie Pivaloylsäurechlorid oder Adamantylsäurechlorid in
gemischte Anhydride als aktivierte H-Phosphonate überführen. Diese reagieren dann
mit Alkoholen zu den H-Phosphonat Diestern. Erst ganz am Ende werden auch die
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H-Phosphonate durch Umsetzung mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den
Phosphorsäurediestern aufoxidiert.
2.2.3 Synthese biologisch wichtiger Phosphat-Monoester
Zur Synthese der Phosphat-Monoester bedient man sich zweier Methoden. Sie sind
aus den Triestern durch hydrolyse erhältlich. Zur Synthese der Monoester wurde das
Catechol-Phosphorsäurechlorid entwickelt. Es reagiert mit Alkoholen zum Triester,
der dann selektiv zum Monoester aufgrund der hohen Reaktivität des CatecholSystem (Phenolisch und Cyclisch) hydrolysiert werden kann. Darüberhinaus wurden
Reagenzien entwickelt, die Aufbrund ihres grossen Raumbedarfs nur mit primären
Alkoholen zu den Phosphorsäuremonoestern reagieren können. Das ist wichtig, da in
der Natur zumeist die primäre 5‘-Position der Ribose phosphoryliert vorliegt. Die
gebräuchlichsten Reagienzen sind das bis(2-tert-butylphenyl)phosphorchloridat
(Hydrolyse mit H2O) oder das bis(2,2,2,-Trichlor-1,1-dimethylethyl)phosphorchloridat
(Hydrolyse mit Zn).
O
O
O O
P
O OR
ROH
P
Cl3C
Cl3C
O
Cl
O
O
Cl
O
O
HO
P
OR
HO
O O
P
O OR
ROH
P
O
H2 O
O
HO
Zn
P
HO
OR
O
P
O
HO
O
HO
Base
OH
Cl
POCl3
(RO)3P=O
H2 O
H2O3PO
O
HO
Base
OH
oder AcCN, Pyridin, H2O 80% Ausbeute, >90% Selektivität
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Besonder gut funktionieren auch Methoden, die von Yoshikawa und Sowa-Ouchi
entwickelt wurden. Hierbei wird Phoshorylchlorid in einem Phosphorsäuretriester
Lösungsmittel mit dem Alkohol zur Reaktion gebracht (Yoshikawa). Nachfolgende
Hydrolyse gibt die Monoester. Wichtig hier sind die Reaktionsbedingungen.
Umsetzung von Phosphorylchlord mit dem Alkohol in Acetonitril/Pyridin/H2O (SowaOuchi) führt ebenfalls in 80%-iger Ausbeute und >90%-iger Selektivität zur Synthese
der Monoester.
2.2.4 Synthese kondensierter Phosphate, Pyrophosphate
Einige Beispiele zeigen wie verbreitet und in der Natur wichtig kondensierte
Phosphate sind. Das ATP ist der wichtigste Energiespeicher in unsere Zellen.
Verbindungen wie das NAD+ oder das FAD sind wichtige Coenzyme, die
entscheidend an der Zellatmung teilnehmen. Die Biosynthese der komplexen Zucker
auf den Oberflächen unserer Zellen geschieht im Wesentlichen mit Hilfe der UDPZucker Vorlaüfer z.B. UDP-Glucose oder UDP-Galaktose. cADP-Ribose ist an der
Regulierung des Calziumhaushaltes wesentlich als second messenger beteiligt.
NH 2
NH2
N
O
O
O
O
P
P
P
O OOO OO
HO
NH2
N
N
O
OH
HO
O
R O
O
P
P
OO OO
N
N
OH
HO
RO
OH
N
O
P O
O
N
OH
HO
(H)HO
HO
N
N
O
NH
FAD O
NAD
cADP-Ribose
(OH)H
OH
NH 2
+
O
N
OR
O
O
O
N
N
OH
O
N
O
HO
P
O
O
OH
HO
ATP
N
O
N
N
OH
O
O
OH
O
NH
O
O
P
P
OO OO
O
HO
N
UDP-Glucose
O (UDP-Galactose)
OH
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Die Synthese derartiger Verbindungen im Laboratorium erfolgt über die Aktivierung
der Monoester. So können Monoester mit DCC aktiviert werden.Umsetzung mit
Morpholin oder Diisopropylamin führt zur Bildung der Amadiate, die mit Diphosphaten
zu
den
Triphosphaten
umgesetzt
werden
können.
Direkte
Reaktion
der
Monophosphate mit dem Diphenylphosphorchloridat führt nach Hydrolyse zur
Bildung der Diphosphate. Das Intermedär entstehende Diphenyloxy-geschützte
Diphosphate kann mit Phosphat in einer SN2-Reaktion zum Triphosphat umgesetzt
werden.
Wichtig bei den Synthese ist, das sichergestellt wird, das jedes Phosphatzentrum am
Besten schon in der Synthese eine negative Ladung trägt, weil sonst rasche
Hydrolyse erfolgt. Alle Synthese von kondensierten Phosphaten vermeiden die
Bildung von Triphosphat Zwischenstufen.
Poulter hat z.B. auch die 5‘OH Tosylate direkt mit Diphosphat oder sogar Triphosphat
umgesetzt, was eine direkte Synthese ermöglichte.
HO
O
P
O
P
O O O
OH
TsO
O
P
O O
O
Thy
OAc
AcO
O
P
O O O
O
O
PhO
P
PhO
Cl
PhO
P
O
P
O O O
O
O
AcO
O
Ad
OAc
AcO
O
PhO
O
P
OAc
AcO
O
HO
Ad
O
Thy
OAc
DCC,
N
H
O
P
N O
O
O
O
Thy
HO
O
P
O
P
O O O
OH
O
O
AcO
P
O
P
O
P
OO O O O
OAc
dTTP
O
O
AcO
Thy
OAc
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