Ihr gutes Recht auf die Privatkopie - Computer
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Ihr gutes Recht auf die Privatkopie - Computer
Ihr gutes Recht auf die Privatkopie von Tobias Weidemann 20.08.2007, 08:55 Uhr Keine Gnade für Tauschbörsennutzer – das ist der Kern des neuen Urheberrechtsgesetzes. Doch auch weiterhin dürfen Sie mehr, als Sie denken – insbesondere wenn es um Privatkopien geht. Neues Urheberrechtsgesetz: Vier Jahre hartes Ringen der Parteien Der Bundestag hat vor einigen Tagen das neue Urheberrechtsgesetz verabschiedet. Lange war um den „Zweiten Korb“ gestritten worden. Spannend dabei: Während der „Erste Korb“ 2003 überwiegend EUweite Vorgaben aus Brüssel in deutsches Recht umzusetzen versuchte und ein enger Rahmen vorgegeben war, ging es nun vor allem um eigenständige Regelungen mit Gestaltungsspielraum. Mehr als vier Jahre haben Politik, Wirtschaft und Verbände um die Neufassung gerungen, mehrfach war der Gesetzestext umformuliert und ergänzt worden. Das Ergebnis dürfte vor allem die Industrie freuen.Schließlich hat die Phono- und Filmwirtschaft jetzt eine bessere Handhabe, um an Anwender nicht nur Schadenersatzforderungen zu stellen, sondern sie auch strafrechtlich zu belangen. Bagatelle gibt's nicht: Kein Pardon für Tauschbörsennutzer Die wichtigste Neuerung: Während schon bisher die Kopie einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlage verboten war, geht der neue Gesetzestext explizit auch auf unrechtmäßig online zum Download oder Tausch angebotene Vorlagen ein. „Auf diese Weise wird die Nutzung illegaler Tauschbörsen klarer erfasst“, heißt es in einer Erklärung des Bundesjustizministeriums. Für die Zukunft bedeutet das: „Wenn für den Nutzer einer Peer-toPeer-Tauschbörse offensichtlich ist, dass es sich bei dem angebotenen Film oder Musikstück um ein rechtswidriges Angebot im Internet handelt, darf er keine Privatkopie davon herstellen.“ Wie bisher gilt übrigens schon das Herunterladen auf den eigenen Rechner als Kopie – auch ohne Brennen eines Datenträgers. Damit wird der Schwarze Peter den Verbrauchern zugeschoben. Mag es bei noch nicht angelaufenen oder aktuellen Kinofilmen noch relativ klar sein, dass kein privater Nutzer das Recht zum Angebot im Internet besitzt, wäre dies bei aus dem Fernsehen aufgezeichneten Sendungen und Filmen schon schwieriger. Hier könnte der Anwender davon ausgehen, dass es sich um eine legale Quelle handelt – schließlich hätte man diese ja am Vorabend selbst aufzeichnen können. Die TV-Anbieter sehen das jedoch anders. P2P-Netzwerke: Keine Bagatellklausel Eine so genannte Bagatellklausel für die Nutzung von OnlineTauschbörsen wird es auch in Zukunft nicht geben. Justizministerin Brigitte Zypries hatte diese Klausel vorgesehen, um eine „Kriminalisierung der Schulhöfe“ zu verhindern. Ziel der Bagatellklausel war es, einen Unterschied zu machen zwischen Gelegenheitstätern, die nur einzelne Dateien für den privaten Gebrauch aus einer Tauschbörse laden, und Serientätern, die gewerblich Daten saugen und weitergeben. Dagegen war aber bereits im Vorfeld die Musikindustrie Sturm gelaufen. Jetzt sind vor allem die Verbraucherschützer unzufrieden: Sie bemängeln, dass Gelegenheitskopierer mit Gewerblichen in einen Topf geworfen würden. Die Bagatellklausel bezog sich allerdings ohnehin nur auf strafrechtliche Bereiche; zivilrechtlich wäre es immer möglich gewesen, Schadenersatzforderungen durchzusetzen. Der zivilrechtliche Weg gestaltet sich allerdings bislang für Firmen schwierig: Die Provider durften in der Vergangenheit nicht einfach Informationen über einen zu einer IP-Adresse gehörenden Anschluss herausgeben – und hatten daran natürlich auch kein Interesse. Eltern sollten trotzdem weiterhin genau aufpassen, was ihre Kinder am heimischen PC tun. Zwar haftet etwa für illegale Downloads nicht generell der Inhaber eines Anschlusses, in den meisten Fällen wird man sich diesen aber zunächst vorknöpfen. Übrigens: Eltern, die eine (zivilrechtliche) Unterlassungserklärung für ihre Kinder abgeben müssen, leben möglicherweise gefährlich. Es ist nicht klar, ob sie das überhaupt dürfen. Mehr dazu finden Sie hier. Recht auf Privatkopie weiter beschnitten Doch es gibt auch gute Nachrichten: Privatkopien bleiben generell weiterhin erlaubt. Zumindest wenn es sich um nicht kopiergeschützte Audio-CDs oder Film-DVDs handelt, dürfen Sie von rechtmäßig erworbenen Datenträgern eine Kopie ziehen. Das betrifft nicht nur Exemplare für den eigenen privaten Gebrauch im Auto-CD-Player oder Wochenendhaus, sondern auch die Weitergabe an persönlich verbundene Personen, also Familienmitglieder, Freunde oder Mitbewohner (§ 53 UrhG). Wohlgemerkt setzt die Privatkopie einen nichtkommerziellen und gelegentlichen Charakter voraus. Das Kopieren von kopiergeschützten CDs und DVDs ist dagegen auf digitalem Wege nicht gestattet. Dabei hat der Gesetzgeber festgelegt, dass es sich bei dem Kopierschutz um eine „wirksame Maßnahme“ handeln muss, mit der das Kopieren verhindert werden soll. Was eine solche wirksame Maßnahme ist, darüber herrschen allerdings unterschiedliche Rechtsauffassungen. So entschied zuletzt ein Gericht in Finnland, dass etwa der bei Film-DVDs weit verbreitete Kopierschutz CSS nicht als effektiver Schutz gegen Raubkopien angesehen werden könne, da er bereits 1999 geknackt wurde. Ob ein deutsches Gericht auch so entscheiden würde, darf bezweifelt werden. Analoge Kopien von kopiergeschützten Datenträgern sind weiterhin erlaubt (Urteil des Landgerichtes Frankfurt am Main vom 31.05.2006, AZ 2-06 O 288/06). Allerdings nur, wenn das Schutzsystem nicht darauf abzielt, auch analoge Kopien zu verhindern. Für das Erstellen analoger Kopien gibt es eine Reihe von Programmen. Am einfachsten zu handhaben ist das Gratis-Tool Audacity (für Windows 95/98/ME, NT 4, 2000, XP). Spielen Sie die gewünschte CD auf Ihrem PC ab, und schalten Sie in Audacity während der Aufnahme rechts in der Quellenauswahl auf „Stereomix“). Nun spielt der PC die Titel aus der digitalen Quelle ab, wandelt sie mit Hilfe der Soundkarte in ein analoges Signal um, greift dieses wiederum von der Soundkarte ab und wandelt es in Form der Aufzeichnung zurück in ein digitales Signal. Nach der Aufnahme müssen Sie die Titel noch schneiden und als Einzel-Tracks ablegen. Ähnlich funktioniert dies bei Filmen. Hier benötigen Sie ein Tool-Paket wie G-Data Davideo Ultimate (www.gdata.de, 39,95 Euro), mit dem sich sowohl digitale Kopien von nicht kopiergeschützten DVDs als auch analoge Kopien von kopiergeschützten DVDs erstellen lassen. Hierfür schließen Sie einen externen DVD-Player an einen beliebigen Video-Eingang Ihres Rechners an (meist über die TV-Karte oder Grafikkarte). Ähnlich wie bei der analogen Audio-Kopie geht das natürlich nur in Echtzeit; die Aufzeichnung dauert also so lange wie der eigentliche Film. Übrigens lassen sich mit Davideo Ultimate auch Kopien von älteren VHS-Kassetten anlegen – das ist natürlich ebenfalls weiterhin legal, zumal es sich bei der Quelle nur um ein analoges Format handelt. Ausnahme: Der analoge Kopierschutz Macrovision stellt ebenfalls eine wirksame Kopierschutzmaßnahme dar und darf folglich auch nicht umgangen werden. Bei Software erlaubt: Die Sicherheitskopie Anders ist es bei Software: Das bisher Gesagte bezieht sich ausschließlich auf Audio oder Video-Inhalte. Ein Recht auf Privatkopie bei Computerprogrammen oder Spielen gibt es nicht. Hier ist lediglich eine Sicherheitskopie erlaubt, und diese darf schon aus lizenzrechtlichen Gründen in der Regel ausschließlich durch den Lizenznehmer, sprich: Besitzer der Software, verwendet werden. Näheres regelt der Lizenzvertrag, dem Sie zugestimmt haben. Der Musikindustrie geht das vorgelegte Gesetz übrigens noch nicht weit genug. Sie hatte sich im Vorfeld für eine gänzliche Abschaffung der Privatkopie oder zumindest eine Beschränkung auf Kopien vom eigenen Original stark gemacht. So erklärte der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft, man prüfe, ob eine Verfassungsbeschwerde wegen Verstoßes gegen Artikel 14 des Grundgesetzes (Grundrecht auf Unantastbarkeit des Eigentums) möglich ist. Die Gesetzesnovelle hat den Rechtsausschuss und den Bundestag bereits passiert. Abnicken muss sie noch der Bundesrat – das dürfte am 21. September 2007 passieren. Da bereits im Bundestag eine satte Mehrheit von Regierungsfraktionen und FDP für das Gesetz stimmte und sich die Grünen nur enthielten, stehen die Chancen gut, dass auch der Bundesrat den Entwurf nicht zurückweisen wird. Damit könnte das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten. Weitere Infos zum Urheberrecht Mehr Informationen zu Fragen rund ums neue Urheberrechtsgesetz: www.internetrecht-rostock.de www.irights.info www.123recht.net Den vollständigen Gesetzestext in der vom Bundestag abgesegneten Form finden Sie auf der BundestagsWebsite. Links aus diesem Artikel: [1] http://dip.bundestag.de/btd/16/018/1601828.pdf [2] http://www.ifpi.de/ [3] http://www.spio.de/index.asp?SeitID=1 [4] http://www.pcwelt.de/2ba [5] http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__53.html [6] http://www.pcwelt.de/98f [7] http://www.pcwelt.de/downloads/multimedia/mp3_sound/sound-tools/42274/ [8] http://www.pcwelt.de/start/software_os/audio_video_foto/news/76224/ [9] http://www.gdata.de/ [10] http://www.internetrecht-rostock.de/ [11] http://www.irights.info/ [12] http://www.123recht.net/