ns-ordensburg vogelsang daten und fakten 1933 bis

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ns-ordensburg vogelsang daten und fakten 1933 bis
INTERNATIONALER PLATZ
IM NATIONALPARK EIFEL
NS-ORDENSBURG VOGELSANG
DATEN UND FAKTEN 1933 BIS 1945
ZEITRAFFER
1933/1934
Beschluss zum Neubau von drei, ab 1935 als „Ordensburgen“ bezeichnete Einrichtungen zur ideologischen
und körperlichen Formierung von Funktionären der
NSDAP. Projektleitung: Dr. Robert Ley.
1934 – 1937
Erster Bauabschnitt für die Einrichtung in Vogelsang.
Weitere Bauabschnitte ab 1938, danach bis 1941 Arbeiten in geringem Umfang.
1936 - 1939
Zwei einjährige Kurzlehrgänge (1936/1937 und
1937/1938) in Vogelsang mit rund 500 Teilnehmern;
erster Regellehrgang mit 500 Teilnehmern 1938/1939
bis Kriegsbeginn.
1939/1940
Mehrmonatige militärische Nutzung im Rahmen der
Vorbereitung des Angriffs der Wehrmacht im Westen.
1942 - 1944
Ausweichquartier für Adolf-Hitler-Schulen, Filiale des
Kreiskrankenhauses Schleiden, Unterkunft für evakuierte Frauen und Kinder aus Köln.
1945
Kampflose Besetzung durch US-Truppen.
BAUWERK
Bauherrin:
Deutsche Arbeitsfront (DAF) unter Robert Ley
Architekt:
Clemens Klotz, Köln
Bauzeit:
Zwischen 1934 und 1941 Dauerbaustelle, anschließend
Kriegsbedingt stillstand der Baumaßnahme
Etwa ein Viertel der heute bekannten Bauplanungen
wurden realisiert.
Bautechnik:
Überwiegend Betonskelettbau, Verblendung durch
Bruchstein (Grauwacke)
Größe:
100 Hektar Gesamtfläche, davon zirka 40 Hektar baulich
gestalteter Bereich; zirka 50.000 m² in der NS-Zeit realisierte Bruttogeschossfläche
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Ausgehend von dem Komplex rund um den „Adlerhof“ sowie der Schlafhäuser (NS-Begriff: Kameradschaftshäuser) entwickelte sich im Laufe der Umsetzung eine ständig wachsende Planung der Bebauung. Die Endplanung
erstreckte sich über 4 Kilometer Länge und 3 Kilometer Breite, einschließlich
eigenem Flugplatz, riesigem Sportstadion, tempelartig-monströsem neuen
Zentralgebäude („Haus des Wissens“) und Hotel mit 2.000 Betten. Der Flugplatz wurde fertig gestellt, der Rest kam durch das kriegsbedingte Ende der
Bautätigkeiten über Planungen und erste Vorarbeiten nicht hinaus. Gemessen an der Endplanung wurden weniger als 30 Prozent der Bauten realisiert.
DIE NS-ORDENSBURG AUS HEUTIGER SICHT
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Nach den Parteitagsbauten in Nürnberg und dem KdF-Hotelprojekt
Prora heute das drittgrößte erhaltene, nicht militärische Bauensemble
des Nationalsozialismus.
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Einzige, die Landschaft bewusst einbeziehende und gestaltende Bauinszenierung der NS-Zeit. Somit weltweit einzigartiges Denkmal
(Denkmalschutz seit 1989).
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Der Denkmalbereich umfasst u.a.: Sportanlagen (mit Sportplatz, Hallenbad, Turnhalle), Amphitheater, Schlafhäuser, ehemaliges Hauptgebäude mit Turm, zentraler Innenhof mit Schaubühne in die Natur,
Kantine („Burgschänke“), Krankenhaus, Kfz-Hof mit Hauswirtschaftsbereichen im Untergeschoss, Eingangsbereich mit ehemaliger Wache
und Vorbauten.
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NS-typische Relikte heute: ideologisch aufgeladene Plastiken, Reliefs
und ein Mosaik im Schwimmbad. Darüber hinaus ein 4 mal 4 Meter
großes Hakenkreuz in einem Turmraum („Kultraum“), in dem sich das
rassistische zentrale Anliegen der NS-Weltanschauung fokussierte:
Dort stellte eine über 3,50 Meter hohe Eichenholzplastik den „Neuen
deutschen Menschen“ dar, den die Nationalsozialisten formen wollten.
Die Lehrgangsteilnehmer sollten nach Abschluss der Ausbildung daran
mitarbeiten, dem „Neuen deutschen Menschen“ zum Sieg über alle anderen Rassen und Völker zu verhelfen. Eine direkte Konsequenz dieser
rassistischen und verbrecherischen Ideologie war die Vernichtung
nichtarischer Bevölkerungsteile wie der Juden.
FORMIERUNG DER „ORDENSJUNKER“
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Obwohl sie die an den drei NS-Ordensburgen vorgesehene drei- bis
vierjährige Ausbildung gerade erst begonnen hatten, wurden viele
Vogelsanger Kursteilnehmer während des Krieges in Herrschaftsfunktionen im besetzten Osteuropa eingesetzt. Diese Aufgabe machte etliche Männer zu Mittätern bei Massenmorden an der jüdischen Bevölkerung Europas.
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Militärische Organisationsform der NS-Ordensburgen: Kommandant,
Bereitschaftsführer, Hundertschaftsführer, Kameradschaftsführer.
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Fachliche Aufsicht: Reichsschulungsamt der NSDAP.
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Geplanter Lehrgangsverlauf: drei Jahre in einem rotierenden System.
1. Jahr Krössinsee (Pommern), 2. Jahr Vogelsang (Eifel), 3. Jahr Sonthofen (Bayern).
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Lehrgangsinhalte: NS-Rassenkunde, NS-typisches
germanozentrisches Geschichtsbild, Vermittlung aggressiver außenpolitischer Ziele, Einübung von Herrschaftsritualen.
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Auswahl der Lehrgangsteilnehmer: Individuelle Fähigkeiten waren
nicht gefragt. Wesentlich waren Sportlichkeit, körperliche Gesundheit,
„Ariernachweis“ und überdurchschnittliches Parteiengagement.
Durchschnittsalter beim Eintritt in die Lehrgänge: 25 Jahre.
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Lehrgangsziel: trotz scheinbar akademischen Anstrichs der „Erziehung zum Führertum“ letztlich der Wunsch, weltanschaulich (Siehe
unten) gefestigt und formierte Funktionäre als Instrumente der politischen Führung zu bekommen. Langfristig war vorgesehen, die Kursteilnehmer aus Absolventen der 1937 neu gegründeten Parteischulen
(„Adolf-Hitler-Schulen“) zu rekrutieren.
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Weitere Nutzungen der „Ordensburgen“: große Tagungen des bereits
aktiven unteren Funktionärskorps der NSDAP. Dabei verkündeten die
Reichsleiter (Joseph Goebbels, Alfred Rosenberg, Robert Ley, Hermann Göring etc.) dem Funktionsapparat der Partei unter anderem
hier aktuelle Richtlinien, die wenig später politische Praxis im Deutschen Reich waren.
GLOSSAR
Vogelsang war propagandistisch durchgeplant, vom Bauwerk über das
Selbstbild der dort agierenden Mannschaften bis hin zu den vermittelten
Inhalten. Heute werden unbedacht Begriffe weiterverwendet, die in den Bereich der NS-Propaganda gehören und daher vermieden werden sollten.
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„Ordensburg“: Diese Bauten waren keine Burgen
(epochenübergreifend ein in sich geschlossener, bewohnbarer Wehrbau in Frühgeschichte, Antike und Mittelalter), sondern weltanschauliche (Siehe unten) Beeinflussungszentren des Nationalsozialismus.
Deshalb: NS-Ordensburg oder „Ordensburg“. Da Vogelsang in Wirklichkeit keine Burg ist, macht die Wortkombination „auf (Burg) Vogelsang“ keinen Sinn. Die neutrale Ortsbezeichnung lautet „in Vogelsang“.
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„Junker“ / „Ordensjunker“: Die NSDAP hat ihre zukünftigen Führungskräfte wie in mittelalterlichen, ritterlichen Lebensgemeinschaften
als Junker bezeichnet. Diese Tradition existiert nicht, deshalb sollte der
neutrale Begriff Lehrgangsteilnehmer oder Kursteilnehmer verwendet
werden.
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Weltanschauung: meint die religiös motivierte Deutung von Hitlers
politischen Vorstellungen der antirepublikanischen, antisozialistischen
und expansionistischen Ziele des Nationalsozialismus. Ihr wohnt ein
rassistisch motivierter Antisemitismus inne und die Behauptung, die
„nordische Rasse“ sei kraft ihres „Bluterbes“ zur Herrschaft über den
Rest der Welt berufen.
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„Fackelträger“: Die Fackel ist mehrfach als Symbol in Reliefs und
Plastiken sichtbar. Die Fackel symbolisierte die Partei aber auch den
Sendungsauftrag für die Lehrgangsteilnehmer.
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„Kultraum“: Im Angesicht einer Skulptur des „Neuen deutschen Menschen“ (s.o.) wurden hauptsächlich zwei Riten durchgeführt: Zum einen der Aufruf der Namen der Toten des 9. November 1923 (HitlerLudendorff-Putsch), zum zweiten die „Braunen Hochzeiten“.
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„Thingstätte“: Freilichtbühne mit Tribüne.
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„Kameradschaftshäuser“: Schlafhäuser für jeweils 50 Kursteilnehmer.
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„Hundertschaftshäuser“: Schlafhäuser für jeweils 125 Personen.
Pressekontakt
Björn Troll | Pressesprecher, vogelsang ip gemeinnützige GmbH
mobil +49 (0)172 58 96 146 | [email protected]
Gesellschafter der vogelsang ip gemeinnützige GmbH sind der LVR, der Kreis Euskirchen, die
Städteregion Aachen, der Kreis Düren, die Stadt Schleiden, der Kreis Heinsberg und die
Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens.
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