Politarena mit Bundesrätin Evelyne Widmer

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Politarena mit Bundesrätin Evelyne Widmer
Jungfrau Zeitung - Ineichens Karriere als Vorbild für Gymnasiasten
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Montag, 30. April 2012
Interlaken | 29. Oktober 2010
Ineichens Karriere als Vorbild für Gymnasiasten
Abschluss der Wirtschaftswoche am Gymnasium
Diskutieren, debattieren, nach Lösungen suchen, Handeln und auch ein wenig
politisieren. Dies stand eine Woche lang für Schüler des Gymnasiums
Interlaken im Zentrum. Den Abschluss bildete eine grosse Podiumsdiskussion
im Vortragssaal, an der auch Nationalrat Otto Ineichen und Bundesrätin Eveline
Widmer-Schlumpf teilnahmen.
Hatten die Gymnasiasten tatsächlich ein eigenes Unternehmen gegründet und
geführt? Sahen sie sich mit der Situation in der freien Marktwirtschaft und den Folgen
der Finanzkrise am eigenen Leib konfrontiert? Er als CEO hätte Tausende von Leuten
entlassen müssen, erklärte ein Gymnasiast am Podiumsgespräch. Man müsse das
nächste Jahr abwarten, dann sähe vielleicht alles wieder besser aus, sagte eine
andere Schülerin des Gymnasiums Interlaken. Aussagen, wie sie in Tageszeitungen
zu lesen sind, von gestandenen Unternehmern und Wirtschaftsfachleuten – aber
nicht von Gymnasiasten. Die Zuhörer bekamen den Eindruck vermittelt, dass die
Gymeler wertvolle Erfahrungen in der Wirtschaftswelt machen konnten. Das ist
tatsächlich der Fall, allerdings sind ihre Unternehmen «nur» fiktiv, und ein Computer
generierte das Geschehen in der Marktwirtschaft, womit sich die CEO, CFO und
andere Führungspersönlichkeiten auseinandersetzten. Dies im Rahmen der
alljährlichen Wirtschaftswoche des Handels- und Industrievereins (HIV) Bern.
Erfolg im zweiten Anlauf
Für den Abschluss der Wirtschaftswoche
hatte der HIV zwei hochkarätige Politiker
aus Bundesbern eingeladen, um mit den
jungen Unternehmern sowie politisch
interessierten Schülern zu diskutieren. Der
Luzerner FDP-Nationalrat Otto Ineichen
hatte zum Thema Wirtschaft und Politik
natürlich viel zu erzählen; er ist mit seiner
Detailhandelskette «Otto's» in der
Schweiz erfolgreich im Geschäft. Auch in
Interlaken befindet sich an der unteren
Bönigstrasse eine Filiale. Seine Firma
gründete er 1978 unter dem Namen
«Otto's Schadenposten». Damals kaufte
er einem Tessiner Einkaufszentrum Waren
ab, die nach einer Naturkatastrophe stark
beeinträchtigt waren, und verkaufte sie
anschliessend neu. Das Unternehmen
wuchs stetig, änderte zweimal seinen
Namen und hat heute beinahe 100 Filialen
schweizweit. Aber auch Otto Ineichen
Eveline Widmer-Schlumpf hört den
war, wie er im Vortragssaal des
Worten von Nationalrat Otto Ineichen
Gymnasiums Interlaken erklärte, nicht
zu. Dieser hatte über seinen
immer mit Erfolg gesegnet. «Mein erstes
unternehmerischen Aufstieg viele
Unternehmen, ein Fleischwarenvertrieb,
Geschichten zu erzählen.
ging in den 70er-Jahren Konkurs. So
Fotos: Christoph Buchs
stand ich plötzlich mit leeren Händen da,
mit einer Frau und einem Sohn.» Mit dem
Einstieg in den Detailhandel machte Ineichen Karriere und schaffte 2003 als
politischer Quereinsteiger die Wahl in den Nationalrat.
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Otto Ineichen und die Gymnasiastin Bettina Kernen debattierten an der
Podiumsdiskussion über Themen wie Stimmrechtsalter 16, Steuerbetrug und
Finanzkrise.
«Kein bürokratischer Rahmen»
BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die soeben vom EJPD in das
Finanzdepartement wechselte, sprach in ihrem Referat zum Thema Abhängigkeiten
zwischen Wirtschaft und Politik. «Wirtschaft braucht eine staatliche Ordnung und so
einen stabilen Rahmen», so die Bundesrätin. Wenn dieser Rahmen fehlen würde,
fehle auch die Wirtschaft, sagte Widmer-Schlumpf mit einem Blick auf die Dritte Welt.
«Aber auch in einem demokratischen, modernen Staat gibt es Probleme, wenn die
Wirtschaft schwächelt und die Arbeitslosigkeit steigt.» Es sei also auch wichtig, dass
der Rahmen nicht zu eng und zu bürokratisch sei. In der Podiumsdiskussion hatten
die Gymnasiasten die Gelegenheit, mit Nationalrat Ineichen und Bundesrätin WidmerSchlumpf zu diskutieren; auch der Berner Grossratspräsident Gerhard Fischer,
HIV-Direktor Adrian Haas, Heinz Egli, Präsident der HIV-Sektion Interlaken-Oberhasli,
sowie der Interlakner Gemeindepräsident Urs Graf nahmen daran teil. Moderiert
wurde das Podium von Stefan Regez, ehemaliger Chefredaktor dieser Zeitung und
aktuell stellvertretender Chefredaktor der Schweizer Illustrierte.
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf nahm sich Zeit für die Fragen der
Gymnasiasten und hatte an der Podiumsdiskussion ein offenes Ohr.
Engagierte Schüler
«Ich finde das Alter zwischen 16 und 19 Jahren ideal, um im Wirtschaftsbereich erste
Erfahrungen zu sammeln», sagte André Lorenzetti, Rektor ad interim am
Gymnasium Interlaken, gegenüber dieser Zeitung. «Ich konnte an der
Wirtschaftswoche kontroverse Debatten und viel Engagement beobachten.» Schön
sei für ihn auch gewesen, dass die Schüler Bereitschaft gezeigt hätten, von der
Erfahrung der Fachlehrkräfte an der Wirtschaftswoche zu profitieren. Otto Ineichen
erklärte, dass er von der Diskussion im Gymnasium Interlaken viel mitnehmen
könne. «Mich freut, dass die Jungen derart engagiert bei der Sache sind», so
Ineichen. «Mich erstaunt, dass sie das Feeling dafür haben, wie die reale
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Wirtschaftswelt funktioniert. Das Thema 'Leute entlassen' hat sie relativ wenig
berührt.» Im Zentrum hätte immer das Streben nach Lösungen gestanden. Ein
Thema, das bei Otto Ineichen einen hohen Stellenwert hat. In seinem Referat zeigte
er sich darüber frustriert, dass in der Politik zunehmend der Populismus zwischen
Rechts und Links im Vordergrund steht, und nicht der Dialog, auch mit den
Mitteparteien. «Ich muss sagen, ich habe Angst. Wenn das so weitergeht – wohin
soll das führen mit unserer Politik?»
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ARTIKELINFO
Artikel Nr. 106821
29.10.2010, 18.13 Uhr
Autor/in: Christoph Buchs
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