Internationale Katzenausstellung Liestal

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Internationale Katzenausstellung Liestal
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS
INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LIESTAL
Internationale Katzenausstellung
Liestal
9. und 10. Mai 2015, besucht am 9. Mai 2015
Zusammenfassung
Die Ausstellung wurde am 9. Mai 2015 besucht. Aus Tierschutzsicht war die Ausstellung – bis auf
die Präsentation der Extremzuchten Exotic Shorthair, Perser und Sphynx – zufriedenstellend. Es
konnte in der Ausstellungshalle kein unangenehmer Urin- oder Kotgeruch festgestellt werden, die
Atmosphäre war ruhig, und es gab kaum Besucher-Gedränge um die Käfige. Die Ausstellung hatte
an diesem Tag im Bereich normaler Zimmertemperatur gute klimatische Bedingungen. Der Umgang
mit den Katzen auf der Ausstellung und während des Richtens war unserer Ansicht nach professionell und weitestgehend korrekt; eindeutig stark gestresste Katzen konnten nicht beobachtet werden. Die allermeisten Tiere waren zu zweit, maximal zu dritt in Doppelkäfigen untergebracht
(140 x 70 x 70 cm) und verfügten über (obligatorische) Bodenabdeckung und Vorhänge sowie
(gemäss Ausstellungsreglement empfohlene) Wasserschalen und Katzenklos.
Mehrere Tiere litten unter Extremzuchtmerkmalen. So wurde eine Sphynx Katze beobachtet, die
wegen ihrer Haarlosigkeit am ganzen Körper zitterte und fror. Zudem gab es Perserkatzen, die durch
ihre genetisch bedingte Kurzschnäuzigkeit nur sehr flach atmen konnten und daher häufig hecheln
mussten. Der Schweizer Tierschutz STS fordert ein grundsätzliches Zuchtverbot für Qualzuchtrassen
wie Nacktkatzen (Sphynx) und Rasselinien mit konkaver Gesichtsform oder extremer Kurzschnäuzigkeit, wie sie häufig bei Perserkatzen und Exotic Shorthair zu beobachten sind. Nacktkatzen
haben – wie auch an der Ausstellung deutlich wurde – Probleme mit der Thermoregulation, ausserdem sind sie in ihren Sinnesleistungen (verkümmerte Schnurrhaare!) und ihrem Sozialverhalten
stark eingeschränkt. Rassekatzen mit extrem kurzer Schnauze leiden vielfach unter Atemproblemen,
Augenentzündungen und massiven Schwierigkeiten bei der Futteraufnahme. Auch eine normale
Körperpflege ist ihnen aufgrund der Kurzschnäuzigkeit kaum mehr möglich. Nicht vergessen darf
man, dass diese Tiere grundsätzlich auch in ihrer Würde als eigenständige Lebewesen und als
Tiere mit bestimmten natürlichen, für ein normales Verhalten vorgesehenen Körpermerkmalen
verletzt werden, was das Tierschutzgesetz verbietet! Des Weiteren fordert der STS, dass Vertreter
solcher extremer Rasselinien an Ausstellungen nicht mehr prämiert werden und dass die Zuchtverbände sie nicht mehr zur Zucht zulassen.
Allgemeines
An der internationalen Katzenausstellung, organisiert vom Katzenclub beider Basel (Mitglied der
FFH – Fédération Féline Hélvétique), wurden total 277 Rassekatzen aus dem In- und Ausland in
insgesamt vier Kategorien (Kat. I – IV) sowie in der Kategorie Hauskatzen ausgestellt. Beurteilt
wurden die Tiere von insgesamt 6 Experten (Laura Burani/Italien, Sabine Drieling/Schweiz, Alessandro Ghibaudo/Italien, Beat Rettenmund/Argentinien, Rolf Vöhringer/Schweiz, Eva WielandSchilla/Schweiz). 121 AusstellerInnen waren im Ausstellerverzeichnis aufgeführt. Manche reisten
von weit her an, beispielsweise aus Genua, der Provinz Varese, dem Piemont (alle Norditalien),
Sizilien (1), Lyon (1), Hochsavoyen, Saarland (1), Holland (2). Die meisten Teilnehmenden stammten allerdings aus der Schweiz, Süddeutschland (Schwarzwald) und dem Fürstentum-Liechtenstein.
Ausgestellt wurden folgende Kategorien:
• Kat. I: Exotic (EXO)mit Perserkatzen und Exotic Shorthair
• Kat. II Maine Coon (MCO) mit Maine Coon, Neva Masquerade, Norwegischer Waldkatze, Ragdoll, Heiliger Birma, Sibiriern, Türkisch Angora
• Kat. III, Kurzhaarkatzen mit Abessiniern, Bengalkatzen, British Shorthair, Burma, Chartreuse,
Devon Rex, Europäisch Kurzhaar, Koratkatze, Egyptian Mau, Ocicat, Bleu Russe, Somalikatze,
Sphynx, Siam, Seychellois und Thai
• Hauskatze männlich/weiblich: 4 Kater und eine Katze, alle ohne Stammbaum.
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Unterteilt waren die Kategorien in adult männlich/weiblich, Kastrat männlich/weiblich, Jungtiere
(6–10 Monate), Kitten (3–6 Monate), Würfe. Muttertiere mit ganz jungen Würfen wurden jedoch
nicht ausgestellt und auch Kitten ohne Muttertiere waren nicht anzutreffen. Einige wenige Jungtiere waren zu sehen (Egyptian Mau, Koratkatzen).
Muttertier mit Jungen (Egyptian Mau) in relativ gut eingerichtetem Doppelkäfig.
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Vorgestellt wurden mehrere «Supreme Premiors» und «Grosse Internationale Champions» bei den
Maine Coon, Persern, Exotic Shorthair, Norwegischen Waldkatzen, Ragdolls, Birmas, Sibiriern,
Bengalen, British Shorthair, Burmas, Chartreuse, Devon Rex, Egyptian Mau und Sphynx. Bei einigen Rassen wurden zudem auch Kastraten ausgestellt.
Gemäss Ausstellungsreglement begann die Ausstellung an beiden Tagen um 10.00 Uhr. Die
Katzen mussten zwischen 7.30 und 9.00 Uhr angeliefert und durften nicht vor Ende der Ausstellung
am späteren Nachmittag mitgenommen werden. Über Nacht durften keine Tiere in den Käfigen
bleiben. Vorgeschrieben waren eine Unterlage, mind. ein Käfig à 70 x 70 x 70 cm für zwei Katzen
sowie ein Vorhang, empfohlen wurden ausserdem Katzenkistchen und Wasser. Gemäss seuchenpolizeilichen Vorschriften mussten alle Katzen gegen Katzenschnupfen, Katzenseuche, felines CaliciVirus und felines Herpes-Virus geimpft sein; die aus dem Ausland angereisten Tiere zudem gegen
Tollwut. Katzen, die demnächst von der Jury beurteilt werden sollten, mussten in einer eigenen
Käfigreihe an der Wand hinter den Jury-Tischen auf ihren «Auftritt» warten.
Nebst den Katzen gab es verschiedene Stände mit Tierbedarf zu sehen. Standbetreiber waren
u. a. Anipet, petZEBA AG, Pfötli-Shop, Delphin Amazonia, Catspeed. Letztere stellten ein KatzenLaufrad aus, das für die Beschäftigung von Wohnungskatzen beworben wurde, die zu wenig Platz
hätten oder deren Halter den ganzen Tag abwesend seien.
Für Katzen im Tierheim oder auch in der Versuchstierhaltung mag ein solches Rad durchaus
eine geeignete Abwechslung sein. In jedem Fall sollten aber nur Laufräder ohne Verstrebungen
verwendet werden (wie das in Liestal ausgestellte), um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Laufräder können bei Tieren mit ansonsten wenig Auslauf ein bereicherndes Element in der (Wohnungs-)
Haltung sein, bergen aber auch die Gefahr der Entwicklung von Laufstereotypien. Ohne einen
minimalen Jagdreiz – eine zuckende Feder, einen Lichtpunkt oder dergleichen – dürften Katzen als
ausgesprochene Lauerjäger ein solches Laufrad wohl kaum aus eigenem Antrieb länger benutzen.
Ist dies doch der Fall, liegt der Verdacht auf eine Stereotypie nahe! Aus Sicht des STS kann ein
solches Laufrad durchaus eine spielerische Bereicherung bei der Wohnungshaltung sein, sollte aber
nicht andauernd angeboten werden – und vor allem nicht als «Lösung» gegen Langeweile bei ständiger Abwesenheit des Tierhalters angepriesen werden!
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Das Richten
Während der Begutachtung durch den/die RichterIn wurden die Tiere von ihrem Halter aus dem
Wartebereich gebracht und auf den Tisch des
Richters gestellt. Dieser streichelte sie oder versuchte ihre Aufmerksamkeit mit einem Spielzeug zu gewinnen. Der Richter schaute sich das
Tier vorab als Ganzes an, hob den Vorderkörper
der Katze an und schaute sich ihre Hinterbeine
an oder legte ihren Schwanz nach vorne zu den
Ohren, um anschliessend den Kopf zu begutachten, indem er kurz mit beiden Händen die Ohren
nach hinten drückte. Dann nahm der Tierbesitzer die Katze auf die Arme, fasste ihre Vorder- Maine Coon vor dem Richter.
und Hinterläufe und streckte den Katzenkörper
vor der Brust aus, «drapierte» das Tier dann auf dem ausgestreckten Arm. Das Richten dauerte pro
Tier ca. 10 Minuten. Die meisten Katzen wirkten dabei ziemlich ruhig – waren sich diese Behandlung wohl längst gewöhnt. Nichtsdestotrotz dürfte das teilweise starke Überstrecken des Katzenkörpers während des Richtens für das Tier unangenehm sein.
Extremzuchten
Folgende problematische Züchtungen waren zu sehen:
• Perserkatzen und Exotic Shorthair mit extrem flacher Nase. Die Augen tränten teilweise oder
wirkten leicht entzündet; eine mit einer «Federangel» in ihrem Käfig spielende (Schildpatt-)
Perserkatze geriet nach kurzer Zeit ausser Atem und hechelte. Dieser Perserkatze wurde zudem
ein «Lätzchen» angezogen, vermutlich zwecks baldiger Fütterung. Ohne »Serviette» hätte sich
das Tier beim Fressen von Nassfutter vermutlich das ganze weisse Brustfell bekleckert, derart
platt war die Schnauze.
• Sphinxkatzen ohne Schnurrhaare: Die ausgestellten Sphynxkatzen hatten keine oder nur noch
ganz kurze, verkümmerte, gekräuselte Vibrissen, die einen artgerechten Gebrauch des empfindlichen Tastorgans verunmöglichten. Bei mindestens einem der Tiere konnte zudem beobachtet
werden, wie es am ganzen Körper zitterte und fror – und bei einem anderen, wie es sich unter
den Vorhang legte und diesen als «Decke» brauchte.
Exotic Shorthair mit tränendem Auge.
Auf diesem Bild ist die extreme
Kurzschnäuzigkeit besonders gut zu erkennen.
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Aus Sicht des STS ist es bedenklich, dass mit
Blick auf die geltende Tierschutzgesetzgebung
solche Extremzuchten überhaupt prämiert werden und dann dank einer Prämierung quasi zur
Weiterzucht empfohlen werden! Eine «Exotic
Weiss mit orangen Augen» wurde im Katalog jedenfalls als «Internationaler Premior» geführt,
und bei den Sphynx wurden ein Kater als «Grosser Internationaler Premior» und eine Katze als
«Internationaler Premior» sowie eine weitere als
«Champion» geführt.
Perserkatze mit tränendem Auge und extrem
kurzer Schnauze.
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Sphynx-Katze mit verkümmerten Vibrissen und
leerem Katzenklo.
Verkümmerte Schnurrhaare und starke
Faltenbildung.
Diesem Sphynx-Kater war deutlich zu kalt –
er zitterte am ganzen Leib.
Diese Nacktkatze suchte Wärme unter dem
Vorhang.
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Einzelne Aussteller im Detail
Die Aussteller wurden nicht einzeln dokumentiert. Die Tierhaltung war grundsätzlich bei allen Ausstellern sehr ähnlich: Doppelkäfige für 1–3 Tiere (nur ganz wenige Einzelkäfige mit Einzeltieren),
die jeweils im Rechteck um den Privatbereich der jeweiligen Züchter herum angebracht waren.
Meist waren die Käfige auf zwei Seiten mit Vorhängen geschützt, manchmal war auch das frontale
(gegen das Publikum gewandte) Gitter teilweise mit Vorhang geschützt. Sämtliche Käfige verfügten
zudem über eine weiche Unterlage (Polster, Textil). Nur bei zwei (Einzel-)Käfigen mit Maine Coons
fehlten die vorgeschriebenen Vorhänge.
Bengalkatze in Einzelkäfig.
Maine Coon in Einzelkäfig.
Wasserschüsseln waren in allen Käfigen vorhanden; Kistchen bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls.
Die meisten Katzenklos standen offen in den Käfigen, einige wenige waren nicht mit Substrat gefüllt. Einige Aussteller hatten die Katzenklos allerdings auch vorbildlich mit Vorhängen verhängt,
so dass die Katzen ein Mindestmass an «Privatsphäre» auf ihrer Toilette vorfanden. In drei, vier
Fällen waren Katzen zu sehen, die ihr Katzenklo als Ruheplatz benutzten und in der Streu lagen.
In praktisch allen Käfigen waren einige Spielzeuge vorhanden; in etlichen zudem Katzenbetten,
Plüschzelte oder Hängematten.
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Ragdoll ruht im Katzenklo.
Rudimentär eingerichtete Einzelkäfige.
Manche Züchter legten mindestens so viel
Wert auf Prestige wie aufs Tierwohl …
Diese weisse Maine Coon wartet auf die Jury.
Einzig die Käfige im «Wartebereich» hinter der Jury waren leer. Und verfügten auch nicht über eine
weiche Unterlage. Je nachdem, wie lange die Katzen darin auf das Richten warten mussten, ist
eine solche Exposition der Tiere auf blankem Boden (Katzen bevorzugen weiche Unterlagen als
Sitzfläche) eher unangenehm. Zwischen den wartenden Tieren befand sich jeweils mindestens ein
leerer Käfig.
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3/2016
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Heilige Birma in vergleichsweise gut eingerichtetem Doppelkäfig.
Katzen mit eindeutigem Stressverhalten (beispielsweise verängstigt, mit grossen Pupillen, angelegten Ohren, fauchend, gesträubtem Schwanz oder kauernd, mit Pfoten und Schwanz unterm
Bauch und Blickkontakt vermeidend, schnell atmend) konnten am Besuchstag nicht beobachtet
werden. Ein Siamesen-Kater war in seinem Käfig sehr unruhig: Er machte immer wieder «Männchen» an den Gittern, tigerte auf und ab, langte mit den Pfoten zwischen den Gitterstäben hindurch,
rollte sich am Boden, sprang wieder auf usw.
Übertriebenes Zurechtmachen der Tiere vor der Präsentation (etwa Pudern, Sprayen etc.)
konnte nicht beobachtet werden.
[email protected] · www.tierschutz.com
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