Crashtest Kindersitze

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Crashtest Kindersitze
crashtest kindersitze
brech-reiz
Fünf von zehn zum auto motor und sport-Crashtest angetretenen
Kindersitzen fallen durch. So schlecht war die Bilanz seit vielen Jahren
nicht. Dass vier Sitze kollabieren, gab es überhaupt noch nie.
Aus 51 km/h wird die Test-Karosserie mit dem montierten Sitz auf null abgebremst. Die Verzögerung ist brutal, faltet den Dummy
zusammen wie ein Klappmesser und sorgt beim Storchenmühle My Seat CL für einen Bruch der Rückenlehne
E
in derartiges Desaster hatte die Crashtest-Mannschaft
auf der Prüfbahn des TÜV nicht erwartet, im Gegenteil. 18 Jahre nach dem ersten auto motor und sportKindersitztest war mit überwiegend guten Ergebnissen zu
rechnen. Schließlich lag der letzte Totalausfall eines Sitzes,
bei dem Teile aus der Schale brachen, schon fast sieben
Jahre zurück. Doch jetzt schauen die Tester verblüfft auf die
gebrochene Struktur des Chicco Key 1, ohne zu ahnen, dass
der Schrecken bei dieser Serie beinahe kein Ende nehmen
will. Aber der Reihe nach.
Wie üblich wurden die Sitze vor dem Crash wie vom
normalen Kunden im Handel eingekauft. Das Augenmerk
bei der Auswahl lag dabei natürlich auf Neuheiten oder
modellgepflegten Sitzen. So ist auch zu erklären, dass bei
diesem Crashtest keine Babyschalen dabei sind, denn hier
ist seit dem letzten Test in Ausgabe 18/2006 nur eine komplett neue Schale auf den Markt gekommen. Ganz anders in
der Sitzgruppe I für Kinder bis drei Jahre und der anschließenden Gruppe II-III, deren interessante Zugänge daher das
Testfeld bilden. Dazu kommt ein gebrauchter Sitz.
Vor dem Erwerb von Rückhaltesystemen aus zweiter Hand hat
auto motor und sport bisher immer gewarnt. Schließlich kann bei
einem älteren Sitz eine Vorschädigung nicht ausgeschlossen
werden. Schon ein kleiner Unfall kann einem Kindersitz
Schäden zufügen, die eventuell nicht sichtbar sind, seine
Schutzfunktion jedoch massiv beeinträchtigen. Der Testsitz
stammt allerdings von einem Mitglied der auto motor und
sport-Redaktion und war garantiert ohne Vorschaden zum
Test angetreten. Er sollte sich bis zu seinem Einsatz noch
gedulden müssen, denn wer konnte schon wissen, wie gut
der Oldie den empfindlichen Dummy schützen würde.
Der Chicco Key 1 wurde als Erster in der Test-Karosserie montiert, weil er mit dem Isofix-Befestigungssystem
ausgerüstet ist. Das bot dem Dummy bei früheren Tests
häufig ein Quäntchen mehr Schutz als die Sitze, die ausschließlich mit dem Autogurt gehalten werden – es sollte
anders kommen. Allerdings verfügt der Key 1 nicht über
die oft verwendete Abstützung im Fußraum vor der Fondbank per Stützbein, sondern über einen Top-Tether genannten Gurt, der hinten im Kofferraum befestigt werden
muss. Sein Zweck ist es, die Vorverlagerung des Sitzes zu
verhindern, die im Test mit 42 Zentimeter völlig unkritisch
ausfällt.
Leider ist der Spanngurt im Kunststoff der Sitzunterkonstruktion oberhalb einer Stahlstange und daher mit
einem langen Hebelarm befestigt. Die starre Verbindung
So wurde getestet
Der Crashtest im Detail
Seit nunmehr 18 Jahren testet auto motor
und sport gemeinsam mit dem TÜV Süd Kindersitze. Der grundsätzliche Testaufbau auf
der TÜV-Anlage hat sich kaum geändert,
denn stets wurden die Rückhaltesysteme auf
der Fondbank einer verstärkten Kompaktwagen-Karosserie montiert. Derzeit wird die
eines VW Golf genutzt. Alle Sitze werden
gemäß den Vorgaben der Gebrauchsanleitung auf dem hinteren rechten Platz
eingebaut.
Beim Crash
wird eine Geschwindigkeit
von 51 km/h
erreicht und
mit maximal
31 g verzögert.
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Zum Crashtest werden die Sitze auf einer VW Golf-Fondbank montiert und entweder
mit dem Autogurt oder per Isofix-Anbindung befestigt
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Gruppe I: Bester Schutz im Reboardsitz
Ergebnisse der Gruppe I-Sitze im ÜBERBLICK
Besafe Izi Combi X2 Maxi Cosi Tobi
Römer Eclipse
Storchenmühle Twin One
Chicco Key 1
Recaro Polaric
Zwei der sechs
Gruppe I-Sitze
wurden per Isofix in
der Testkarosserie
befestigt, die übrigen
vier mit dem Autosicherheitsgurt. Die
Modelle von Besafe
und Recaro sind
rückwärts eingebaute,
so genannte
Reboard-Sitze
Der kleine
Dummy für
den Test der
Gruppe-ISitze wiegt 15
Kilogramm
Besafe Izi Combi X2
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
niedrig
Kopf: niedrig
Hals: niedrig
Brust: niedrig
Maxi Cosi Tobi
Empfehlenswert
Empfehlenswert
Bedingt empfehlenswert
Nicht empfehlenswert
Nicht empfehlenswert
Nicht empfehlenswert
Mehrteiliger Kindersitz mit
Stützfuß und -bügel. Rückwärtsgerichtet eingebaut für
Kinder von null bis 18 Kilogramm, null bis vier Jahre,
vorwärtsgerichtet eingebaut
für Kinder von neun bis 18
Kilogramm. Aufwendiger,
nicht einfach zu verstehender
Einbau mit Zwei- oder Dreipunktgurt und zusätzlichen
Spanngurten. Wenig Platz für
die Dummybeine.
Einteiliger Kindersitz für vorwärtsgerichteten Einbau ausschließlich mit dem Dreipunktgurt, benötigt große
Gurtlänge. Zugelassen für
neun bis 18 Kilogramm und
neun Monate bis 3,5 Jahre.
Übersichtliche Einbau-Anleitung, wirksame Spannvorrichtung für den Autogurt,
mitteldicke Polsterung. Höhenverstellung der Sitzgurte
bei montiertem Sitz möglich.
Einteiliger, relativ leichter Kindersitz für vorwärtsgerichteten Einbau, wahlweise mit
dem Zwei- oder Dreipunktgurt. Zugelassen für neun bis
18 Kilogramm, kein Hinweis
auf Altersangabe. Gut verständliche Einbauanleitung.
Dreifach-Höhenverstellung
der Sitzgurte, die Verstellung
ist enorm fummelig und muss
bei ausgebautem Sitz vorgenommen werden.
Einteiliger Kindersitz für vorwärtsgerichteten Einbau mit
Dreipunktgurt (nicht Zweipunktgurt) oder Isofix-Plattform (optional, um 100 Euro).
Zugelassen für neun bis 18
Kilogramm, kein Hinweis auf
Altersangabe. In der Betriebsanleitung fehlt der Hinweis,
wann der Sitzverkleinerer entfernt werden soll. Dreifache
Gurtverstellung mit schwergängiger Verriegelung.
Einteiliger Isofix-Kindersitz
mit Top Tether-Befestigungsgurt für vorwärtsgerichteten
Einbau, wahlweise mit Dreipunktgurt. Zugelassen für
neun bis 18 Kilogramm, neun
Monate bis zirka drei Jahre.
Fehlerhafte Beschriftung der
Top-Tether-Elemente in der
etwas unübersichtlichen Betriebsanleitung. Gurthöhenverstellung bei montiertem
Sitz möglich.
Isofix-Sitz mit Stützfuß und
Spanngurten, ausschließlich
rückwärtsgerichteter Einbau,
nicht mit dem Autogurt. Zugelassen für neun bis 18
Kilogramm, kein Hinweis auf
Altersangabe. Komplizierte
Montage, wenig Platz für die
Dummybeine. Stufenlose Höhenverstellung der Sitzgurte
(bei eingebautem Sitz möglich) mit hilfreichen Altersmarkierungen.
Preis: 359 Euro
Preis: 300 Euro
Preis: 150 Euro
Preis: 220 Euro
Preis: 229 Euro
Preis: 299 Euro
Kopf: niedrig
Hals: niedrig
Brust: niedrig
Römer Eclipse
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
mittel
Kopf: mittel
Hals: mittel
Brust: mittel
MaSSe und Messwerte
Gewicht
kg
Tiefe/Breite/Höhe cm
Testwerte HIC frontal
Kopfbeschleunigung g
Halskraft
kN
Brustbeschleunigung g
Vorverlagerung
cm
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
niedrig
Storchenmühle Twin One
12,9
68/44/68
472
58
0,9
44
k.M.
8,9
54/44/74
657
63
1,7
44,4
40
7,4
49/44/65
1179
91
2,5
55
53
11,2
53/43/66
775
62
2,6
k.M.
50
13,0
47/43/67
462
64
2,1
51
42
13,7
77/47/67
188
47
0,5
32
k.M.
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
hoch
Kopf:niedrig
xxxxx
Kopf:
Hals: hoch
Brust: k.M.
2
HIC = Head Injury Criteria, Maß für die Kopfbelastung, g = 9,81 m/s , kN = Kilonewton, k.M. = kein Messwert
Gebrauchtsitz mit guten Werten
an der Karosserie ist dann beim Crash zu viel für den Sitz,
er bricht über die gesamte Breite durch. Der Tester notiert:
System versagt. Es spielt nun keine Rolle mehr, dass die
Belastungswerte, die auf den Dummy wirken, nur ein niedriges bis mittleres Verletzungsrisiko zeigen, der Sitz wird
zwingend auf „nicht empfehlenswert“ abgewertet.
Eine nur scheinbar harte Maßnahme. Denn der zerstörte Sitz
mag beim so genannten Primär-Unfall – den der Crash simuliert – zwar akzeptabel schützen, aber beim SekundärAnprall ist kein Schutz mehr gewährleistet. So ein Folgecrash kommt bei Unfällen auf der Straße aber häufig vor, sei
es, dass auf das verunfallte Auto ein weiteres auffährt oder
dass das Unfallauto schleudert und gegen ein zweites Hindernis prallt. Insgesamt vier Mal waren die Tester angesichts
gebrochener oder versagender Sitz-Konstruktionen geschockt
– eine Katastrophe.
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Versager Nummer zwei stammt von Recaro. Polaric heißt
der sperrige und schwere Isofix-Kindersitz, der anders als
die meisten Rückhaltesysteme nicht mit dem Autogurt gesichert werden kann und zwingend auf Isofix-Haltebügel an
der Auto-Karosserie angewiesen ist. Beim Polaric handelt
es sich um eine bekannte Konstruktion, deren Sitzschale im
Prinzip schon seit 2003 als Storchenmühle Primus verkauft
wurde, freilich noch ohne Isofix-Untergestell. Mittlerweile
wurde aus dem Primus der Polaric, denn Storchenmühleund Recaro-Kindersitze werden seit Jahren gemeinsam im
fränkischen Marktleugast entwickelt.
Schon der Einbau der Polaric-Stahlrohr-Konstruktion gestaltet sich umständlich, denn zu den Isofix-Haltepunkten
plus zusätzlichem Stützfuß müssen noch zwei Spanngurte
montiert werden. Dabei lässt sich einiges falsch machen.
Klar ist, dass sich dieser Sitz nicht eignet, um ihn auf die
Neben dem nagelneuen Maxi Cosi Tobi ist ein zwei Jahre lang gebrauchter
Tobi zum Test angetreten. Der Sitz wurde sehr regelmäßig benutzt und
beinahe täglich von einem Auto in ein anderes ummontiert, dabei aber
immer pfleglich behandelt. Nach dieser Zeit ist das Polstermaterial etwas
durchgesessen, und am Bezug zeigen sich erste Abriebs-Erscheinungen.
Das sitzeigene Gurt-System und die Spannvorrichtungen für den Autogurt geben sich jedoch äußerlich von der Nutzung unbeeindruckt. Der
Crashtest offenbart, dass die Sicherheit immer noch gut ist. Alle Messwerte sind nahezu mit denen des neuen
Tobi identisch, der Gebrauchtsitz hätte
das Prädikat „empfehlenswert“ verdient.
Ein Secondhandsitz kann also eine Alternative zum Neukauf sein, wenn er zwei
ganz wichtige Voraussetzungen erfüllt: Er
darf in keinerlei Crash – auch in keinen
ganz leichten – verwickelt gewesen sein,
und er sollte nicht älter als maximal fünf
Jahre sein. Denn bei länger benutzten
Sitzen können Kunststoffteile verspröden.
Sie altern im sommerheißen Auto überdurchschnittlich schnell.
Chicco Key 1
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
mittel
System versagt
Kopf: niedrig
Hals: mittel
Brust: niedrig
Recaro Polaric
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
niedrig
System versagt
Kopf: niedrig
Hals: niedrig
Brust: niedrig
Wer beim komplizierten
Einbau alles richtig macht,
legt das Fundament für
einen sehr guten Schutz
beim Frontal-Aufprall. Vor
allem die Halsbelastung
ist in diesem Reboardsitz
vorbildlich niedrig, Brustund Kopfschutz sind
ebenfalls gut.
Der Tobi benötigt zur Befestigung zwar einen langen Gurt, dafür steht er
aber sehr fest auf der Sitzbank. Der Schutz für Kopf,
Hals und Brust ist entsprechend gut, dank seiner Hosenträgergurte fällt
die Vorverlagerung sehr
klein aus.
Wegen spürbar erhöhter
Belastungen für Kopf und
Hals bedingt empfehlenswerter Sitz speziell für
kleinere Autos. Die Brustbelastung liegt dagegen
nur sehr knapp außerhalb
des grünen Bereichs.
Größte, aber unkritische
Vorverlagerung im Test.
Der Kopfschutz im Twin
One ist so gut wie bei
den besten Konkurrenten,
aber die auf den Hals wirkende Kraft fällt eindeutig zu hoch aus: „nicht
empfehlenswert“. Relativ
große Vorverlagerung.
Belastungswerte für die
Brust fehlen.
Der obere Isofix-Befestigungspunkt (Top-Tether)
sorgt für den Bruch der
Sitz-Unterkonstruktion,
die instabile Struktur führt
zur Abwertung. Die Belastungswerte hätten ohne
Bruch für ein „bedingt
empfehlenswert“ ausgereicht.
Eine von zwei IsofixBefestigungen öffnet sich
beim Crash, der Sitz rotiert unkontrolliert um die
verbliebene Befestigung:
Systemversagen
und
„nicht empfehlenswert“.
Durch die Bewegung fallen jedoch alle Belastungswerte gering aus.
Grenzwerte:
HIC 0-825 826-1250 ab 1250 Kopfbeschleunigung 0-80 g 81-95 g
Halskraft 0-2 kn 2,1-2,5 kn ab 2,5 kn Brustbeschleunigung 0-55 g 56-66 g
ab 95 g
ab 66 g
Gruppe II-III: Der teuerste und der billigste fallen durch
Ergebnisse der Gruppe I-Sitze im ÜBERBLICK
Cybex Solution X-fix Kiddy Discovery pro Concord Transformer Storchenmühle My Seat CL
Cybex Solution X-fix
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
niedrig
Zwei der vier getesteten Sitze wurden an
den Isofixpunkten der
Karosserie verankert,
der Dummy jedoch in
allen Sitzen mit dem
Autogurt gehalten
Kopf: niedrig
Hals: niedrig
Brust: niedrig
Kiddy Discovery Pro
Die Testpuppe für die
Sitze der
Gruppe II-III
wiegt 22,6
Kilogramm
Empfehlenswert
Empfehlenswert
Nicht empfehlenswert
Nicht empfehlenswert
Einteiliger Sitz mit Isofix-Befestigung, der wahlweise mit
dem Dreipunkt-, nicht Zweipunktgurt befestigt wird. Zugelassen von 15 bis 36 Kilogramm, drei bis zwölf Jahre.
Trotz Isofix leicht einfache
Montage, gut verständliche
Betriebsanleitung. Kopfstütze mit Schlaf-Position, insgesamt neun Höhenverstellmöglichkeiten für die Rückenlehne.
Einteiliger Sitz, der mit dem
Dreipunkt-, nicht Zweipunktgurt befestigt wird. Zugelassen von 15 bis 36 Kilogramm,
vier bis zwölf Jahre. Geringes
Gewicht, einfache Montage,
gut verständliche Einbauanleitung. Dreifach verstellbare
Sitztiefe, Höhen- und Breitenverstellung geschehen gleichzeitig. Einstellung der Schlafposition ist während der Fahrt
nicht möglich.
Schwerer, technisch sehr aufwendiger einteiliger IsofixSitz. Ein eindeutiger Hinweis,
ob der Sitz wahlweise mit dem
Autogurt befestigt werden
kann, fehlt. Zugelassen von 15
bis 36 Kilogramm, drei bis
zwölf Jahre. Einfacher Einbau,
sehr einfache stufenlose Größen- und Breitenverstellung
(Gasdruckfeder unterstützt).
Schlafposition während der
Fahrt einstellbar.
Günstiger, einteiliger Sitz, der
mit dem Dreipunkt-, nicht
Zweipunktgurt befestigt wird.
Zugelassen von 15 bis 36 Kilogramm, drei bis zwölf Jahre.
Sehr geringes Gewicht, einfache Montage, gut verständliche Betriebsanleitung, der
Hinweis auf die Altersgruppe
ist versteckt. Sechsfach höhenverstellbar, die Schlafposition ist während der Fahrt
aktivierbar.
Preis: 150 Euro
Preis: 170 Euro
Preis: 260 Euro
Preis: 100 Euro
MaSSe und Messwerte
Gewicht
kg
Tiefe/Breite/Höhe cm
Testwerte HIC frontal
Kopfbeschleunigung g
Halskraft
kN
Brustbeschleunigung g
Vorverlagerung
cm
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
niedrig
Kopf: niedrig
Hals: niedrig
Brust: niedrig
Concord Transormer
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
mittel
System versagt
Kopf: niedrig
Hals: mittel
Brust: niedrig
6,9
40/46/66
314
45
1,4
49
45
6,5
41/43/62
664
57
1,9
55
41
11,1
45/46/63
695
76
2,4
51
44
5,7
35/45/69
454
59
1,9
54
45
Wahrscheinlichkeit schwerer
Verletzungen:
niedrig
System versagt
Kopf: niedrig
Hals: niedrig
2
Brust: niedrig
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haben also Kraft aufgenommen. Wäre die Verriegelung dagegen nicht vollständig eingerastet, hätte der entsprechende
Bügel nach dem Test keine Deformation gezeigt. Urteil: System versagt, „nicht empfehlenswert“.
Anders als beim Chicco liegt hier kein Konstruktionsfehler vor. Denn dass sich eine Isofix-Verbindung öffnet, deutet
eher auf ein Problem bei der Montage im Werk oder noch
davor in der Qualitätskontrolle der verbauten Teile hin.
Die Firma Recaro/Storchenmühle soll die Tester noch mit
einem weiteren Produkt negativ überraschen. Schließlich
bricht beim Storchenmühle My Seat CL, der in der großen
Gruppe II-III antritt, die Rückenlehne beim Test ab. Wieder
heißt es: System versagt, „nicht empfehlenswert“. Diesmal
kann ein Montagefehler sofort ausgeschlossen werden, hier
spielt eher die Materialwahl eine Rolle, denn der Kunststoff
Einfacher Einbau, niedriges Gewicht und akzeptabler Preis kombiniert
der Kiddy mit gutem
Schutz für Kopf, Hals und
Brust des sechsjährigenDummies. Ein empfehlenswerter Sitz mit etwas
unpraktischer Schlafposition.
Der Storchenmühle ist
günstig, lässt sich leicht
montieren und wiegt wenig. Seine Belastungswerte hätten für ein „empfehlenswert“ gereicht,
wäre nicht die Lehne
komplett abgebrochen.
daher lautet das Ergebnis:
„nicht empfehlenswert“.
erscheint für den Einsatzzweck zu spröde, worauf auch die
scharfen Bruchkanten hindeuten. Auch konstruktiv ist die
Rückenlehne nicht ganz geglückt, denn in weiten Bereichen
wird sie von Aluminium-Profilen versteift, die eine einfache
Höhenverstellung zur Größenanpassung gewährleisten sollen. Aber dort, wo die Profile enden, bricht der Sitz beim
Crash ab, vermutlich weil sich die Lehne unter Last nicht
harmonisch durchbiegen kann.
Der Gruppe I-Sitz Twin One von Storchenmühle zeigt
zwar, dass ein Sitz aus diesem Haus den harten auto motor
und sport-Crashtest ohne kapitalen Schaden überstehen
kann, besonders sicher ist das Modell deswegen aber noch
nicht. Hohe Halskräfte lassen kein anderes Ergebnis als
„nicht empfehlenswert“ zu. Mit dieser Note muss sich auch
der Concord Transformer zufrieden geben. Der ambitionierte
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Zehn Testsitze für 2182 Euro, die im
Handel verdeckt gekauft wurden
Alles okay? Die Dummys werden
zwischen den Tests gecheckt
Aufwendige Technik und
modernes Design nehmen
für den Concord ein. Leider versagt er beim Test
total, seine Lehne bricht
beinahe vollständig ab.
Die Belastungswerte hätte
andernfalls für das Ergebnis „bedingt empfehlenswert“ ausgereicht.
Storchenmühle My Seat CL
HIC = Head Injury Criteria, Maß für die Kopfbelastung, g = 9,81 m/s , kN = Kilonewton
Schnelle von einem Auto in ein anderes mitzunehmen. Auch
für den Einsatz im Fond eines Zweitürers kann man den
Polaric nicht gebrauchen. Bei abgeschaltetem BeifahrerAirbag darf man ihn indes vorn montieren.
Zum Crash steht er allerdings im Fond – mit ausgefahrenem Stützfuß, fest verzurrten Spanngurten und zwei
grünen Indikatoren, die anzeigen, dass Isofix ordnungsgemäß
verriegelt ist. Beim Crash öffnet sich jedoch einer von zwei
Rastpunkten, und der Sitz schleudert unkontrolliert in der
Karosserie herum. Die gesamte beim Aufprall auftretende
Last hängt jetzt nur noch an einem statt an zwei Drahtbügeln.
So etwas hat es vorher noch bei keinem anderen Versuch
gegeben. Die Tester vermuten zunächst einen Montagefehler,
der jedoch nach eingehender Begutachtung der Isofixbügel
ausgeschlossen werden kann, denn beide sind verformt,
Mit seinen Isofix-Befestigungspunkten steht der
einfach einzubauende Sitz
fest auf der Fondbank und
bietet Schutz auf hohem
Niveau. Er bekommt das
Prädikat „empfehlenswert. Die Dummy-Vorverlagerung sieht dramatischer aus als sie ist.
Nach jedem Crash
wird ein neuer
Sicherheitsgurt
montiert
Kleine Schäden wie
hier beim RömerGurtsystem führen
nicht zur Abwertung
Gruppe II/III-Sitz mit zwei integrierten Gasdruckfedern
für eine mühelose Größenanpassung krankt ebenfalls an
einem Konstruktionsfehler, der ganz ähnlich gelagert ist wie
der des My Seat CL. Denn die in die Lehne integrierte
Gasfeder macht dieses Bauteil nicht nur schwer, es sorgt
außerdem für eine Versteifung und verhindert eine Durchbiegung. Folgerichtig bricht die Rückenlehne unterhalb des
Metall-Elements fast vollständig durch und belegt damit,
dass High Tech und hoher Preis keine Garanten für Sicherheit sind.
Nur vier Sitze in dieser Testserie taugen dazu, das düstere Ergebnis aufzuhellen. Immerhin zwei Systeme der Gruppe I sind
rundum empfehlenswert. Der Besafe Izi Combi X2, dessen
Einbau mindestens ebenso kompliziert ist wie sein Name,
und der Maxi Cosi Tobi, der zur Montage einen langen Si-
3/2010 119
Vier Sitze scheitern kläglich,
so viele Schäden gab es noch nie
Hier hilft nur der Blick in die Anleitung:
Der Besafe Izi braucht zum Einbau
mehr als nur ein paar Handgriffe
Nach dem Crash:
Der Besafe hat sich
kaum bewegt
cherheitsgurt benötigt und sich beispielsweise in einem Ford
Kuga nur mit Mühe befestigen lässt. Das Gebrauchtmodell
des Tobi war übrigens der Lichtblick des Tests, weil es selbst
nach zwei Jahren intensiver Nutzung nichts von seiner
Schutzfunktion eingebüßt hat (siehe Kasten auf Seite 117).
Der Römer Eclipse bietet immerhin befriedigenden Schutz,
hält aber nicht das Versprechen, besonders für kleine Autos
entwickelt und geeignet zu sein. Denn dazu müsste er eine
sehr geringe Vorverlagerung des Dummy gewährleisten, damit dessen Kopf nicht gegen den Vordersitz prallt. Trotzdem
hat der Eclipse die größte Vorverlagerung im Testfeld, ohne
echte Probleme zu bereiten.
Auch in der großen Gruppe II-III gibt es nach dem Abschluss der
Versuche zwei Sitze mit Empfehlung: den Cybex Solution X-fix
und den Kiddy Discovery pro. Erfreulich ist, dass beide
preislich im Mittelfeld liegen und so leicht ausfallen, dass
größere Kinder sie auch selbst einmal zwischen zwei Autos
hin- und herwechseln können. Nicht zuletzt, weil der Einbau
vor allem beim Kiddy wirklich kinderleicht geht, während
beim Cybex mit den Isofix-Befestigungen je nach Auto etwas
Fummelei nötig ist. Das liegt aber weniger am Sitz selbst
als an den Autoherstellern, die die Isofix-Bügel in manchen Fällen aberwitzig unzugänglich in der Fondbank verstecken.
Die Kopfstütze des Solution mit den integrierten Schlafpositionen mag auf dem Papier gut funktionieren, im wirk-
Besafe Izi und Recaro Polaric (im Bild) sind für den Einbau
im Fond eines Zweitürers ungeeignet. Das Festzurren mit
den beiliegenden Spanngurten erfordert Geschick und Kraft
lichen Leben klappt der Kopf des Kindes jedoch ebenso nach
vorn wie in den meisten anderen vergleichbaren Sitzen, bei
denen die Lehne zum Schlafen nur wenig schräg gestellt
werden kann. Kritik verdient auch der Kiddy für seine
Schlafposition. Sie kann unpraktischerweise nur dann eingelegt werden, wenn man das Kind abschnallt, den Sitz nach
vorn zieht, einen Bügel an der Rückseite ausklappt, den Sitz
wieder an die Fondbanklehne drückt und das Kind anschließend wieder festgurtet. Diese Operation lässt sich natürlich
nur im Stand durchführen und ist mit einem Vierjährigen
im Sitz wirklich keine Freude.
Dass am Testende dagegen wenig Freude aufkommt, liegt
an den Ergebnissen der vier Versager. Sie sind ein Desaster
und dazu geeignet, die ewiggestrigen Kindersitz-Verweigerer
in ihrer blinden Haltung dem Schutzsystem gegenüber zu
bestärken. Es liegt die Vermutung nahe, dass manche Sitze
ausschließlich auf das Erfüllen der laschen Zulassungs-Tests
hin entwickelt worden sind und der an die Realität angelehnte auto motor und sport-Test offenbar nicht zum Entwicklungsprogramm gehört.
Auch nach 150 von der Redaktion durchgeführten Kindersitz-Crashtests in 18 Jahren bleibt also noch viel Potenzial beim Kinderschutz ungenutzt. Die Tests werden weitergehen, damit dies nicht so bleibt.
Text: Christian Bangemann. Fotos: Reinhard Schmid
Zwei Isofix-Anbindungen sollen den Recaro Polaric an der Karosserie halten. Beim Crash öffnet sich eine der Rasten, das Sitzgestell
verformt sich massiv, der Polaric schleudert in der Karosserie herum. So etwas darf unter keinen Umständen geschehen
Abgebrochene Ecke eines
Styropor-Polsters.
Solche Schäden bleiben
ohne sicherheitsrelevante Folgen
Scharfkantiger Bruch der Concord
Transformer-Rückenlehne
Beim Chicco Key 1 bricht die
Sitzkonstruktion im oberen Bereich
Der spröde Kunststoff des Storchenmühle My Seat CL hält den Belastungen
nicht stand: Lehnenbruch
120 3/2010
Cybex Solution X-Fix vor und nach dem Crash: Der Dummy hat sich weit
nach vorn bewegt, aber die Vorverlagerung bleibt unkritisch
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Scharfkantige Gurtführungen hinterlassen
beim Crash Spuren
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