Nach dem Tod von Karl Albrecht

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Nach dem Tod von Karl Albrecht
Gute Produkte, günstige Preise: Mit diesem Rezept
sichert Aldi jetzt seine Macht
Montag, 04.08.2014, 06:22 · · von FOCUS-Redakteurin Alexwa Kusitzky und FOCUS-Redakteur Jochen
Schuster
dpa
Der Discounter Aldi Süd dehnt sein Imperium immer weiter aus. Vor allem in Großbritannien setzt er
Handelsriesen unter Druck. Auch die Amerikaner sind auf den Geschmack gekommen. Doch kann die Kette ihr
Expansionstempo nach dem Tod des Gründers Karl Albrecht noch halten?
Das neueste Opfer von Aldi Süd heißt Philip Clarke. Der Chef der größten britischen Supermarktkette Tesco
muss Anfang Oktober seinen Posten räumen. Drei Jahre lang mühte sich Clarke, dem deutschen DiscountRiesen etwas entgegenzusetzen. Vergebens. Mit preiswerten Puddings oder Pies und ausgefallenen Aktionen wie
der Schuluniform für vier Pfund erobert Aldi die Insel.
Die Zahlen der mittlerweile mehr als 530 dortigen Filialen zeigen den Erfolg: Bis Ende Juni wuchs ihr Umsatz
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 35,4 Prozent. Clarkes Nachfolger dürfte es nicht leicht haben. In der
vergangenen Woche kündigte Aldi Süd an, im Vereinigten Königreich 2015 weitere 60 Läden zu eröffnen.
Aldi lässt sich von nichts aufhalten
Nicht einmal der Tod bremst die Aldi-Erfolgsstory. Auch nachdem Gründer Karl Albrecht gestorben ist, eilt sein
Unternehmen, das ihn zum reichsten Deutschen gemacht hat, zu immer neuen Erfolgen. In Großbritannien
genauso wie in den USA und in Deutschland. Anerkennend heißt es in der Branche: „Aldi Süd hat einen Lauf.“
Video: So lebte der geheimnisvolle Milliardär Karl Albrecht
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Beispiel Deutschland: Nach FOCUS-Informationen legte der Umsatz hierzulande im vergangenen Jahr um 3,1
Prozent auf 15,4 Milliarden Euro zu. Innerhalb von drei Jahren konnte die Kette mit dem blau-orangenen Logo
ihre Verkäufe um fast zwei Milliarden Euro steigern - wohlgemerkt allein im südlichen Teil der Republik.
Nördlich einer Linie Mülheim-Marburg und in ganz Ostdeutschland geht Aldi Nord auf Kundenfang.
Aldi hat die Lizenz zum Gelddrucken
Nicht nur die Umsatzzahlen stimmen: In Sachen Flächenproduktivität, also Umsatz pro Quadratmeter
Ladenfläche, spielt Aldi Süd in einer eigenen Liga. Mit 7900 Euro liegt die Kette rund 2800 Euro vor Aldi Nord
und Lidl. Seit Jahren sind die Aldi-Süd-Kunden die mit Abstand zufriedensten im deutschen Discount. Aus all
diesen Fakten erwächst eine satte Marktmacht: „Aldi Süd gilt als die Preisinstanz für den ganzen
Lebensmittelhandel - egal, ob für Discounter oder Supermärkte“, gibt ein hochrangiger Rewe-Manager zu.
Video: Die Aldi-Erben müssen kaum Erbschaftssteuer zahlen
Der Süd-Ableger war schon immer der innovativere, modernere, schnellere Händler der beiden. Das liegt nicht
zuletzt an Karl Albrecht. „In einem so stark autokratisch geprägten Unternehmen spielt die Persönlichkeit des
Gründers eine wichtige Rolle“, unterstreicht Jörg Funder, Handelsprofessor an der Fachhochschule Worms.
„Wer generell Neuem gegenüber eher aufgeschlossen ist, führt auch sein Geschäft so.“
Alle Aldi-Hoffnungen ruhen auf dem Enkel
Die Hoffnungen, dass diese Maxime weiter gilt, ruhen nun vor allem auf Albrechts Enkel Peter Max Heister. Der
36-Jährige sitzt zusammen mit seiner Mutter Beate Heister (Karls Tochter), seinem Vater und drei
firmenfremden Fachleuten im Aldi-Süd-Beirat. Dieser kontrolliert - wie ein Aufsichtsrat - die Geschäfte.
Es scheint kaum möglich, aber über Aldis dritte Generation weiß man noch weniger als über die erste. Es gibt
kein Bild von Peter Max Heister. Kein Journalist hat je mit dem Ökonomen gesprochen. Trotzdem haben einige
Medien den jungen Mann bereits zum „Hoffnungsträger“ ausgerufen. Angeblich soll er schon bald die
Sprecherrolle und damit die Führung des Beirates von seinem Vater Peter übernehmen.
Aldi expandiert vor allem im Ausland
Wenn dem so wäre, würde er ein sehr gut bestelltes Haus übernehmen. Während in Deutschland vor allem das
Sortiment konsequent ergänzt wird und alte Märkte durch neue, schönere ersetzt werden, geben die
Süd-Manager im Ausland Gas: 60 neue Läden in UK, zwei Milliarden Dollar für den forcierten Angriff in
Australien, 650 zusätzliche Filialen bis 2018 in den USA. Die Vereinigten Staaten sind schon jetzt die Nummer
zwei im Süd-Imperium: Die mehr als 1300 Läden im Osten des Landes setzen geschätzte sechs Milliarden Euro
um.
„Es hat sich international herumgesprochen, dass Aldi nicht billig ist, weil die Produkte schlecht sind, sondern
weil man die Kosten niedrig hält. In einigen Ländern wie den USA hat dies länger gedauert, in anderen wie
Großbritannien verlief dieser Prozess sehr schnell“, erläutert Michael Gerling, Chef des
Handelsforschungsinstituts EHI.
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Das ist das Erfolgsrezept von Aldi
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Aldis universelles Erfolgsrezept sind gute Produkte zu günstigen Preisen. Das kommt in Mainz und München
genauso an wie in Manchester, Melbourne oder gar in Manhattan. Für Niedrigstpreise akzeptieren selbst die so
lange Aldi-skeptischen US-Verbraucher mittlerweile ohne Murren deutsche Einkaufskultur.
So sind die Kunden der Aldi-Filiale in der 117th Street im Norden Manhattans bereit, ihre Einkaufstüten
eigenhändig zu packen und für die Plastikbeutel ein paar Cent zu zahlen, was in den USA ganz und gar
ungewöhnlich ist. Normalerweise übernehmen Supermarktangestellte das Packen - und zwar gratis inklusive
Tüte. Auch wer seine Kreditkarte zückt, hat Pech. Diese akzeptiert der Billighändler selbstverständlich nicht.
Video: Wie uns die Industrie mit Schummel-Verpackungen austrickst
In Deutschland musste der Discountkönig sein Sortiment radikal
umrüsten
Damit enden die ungewohnten Anforderungen noch nicht. Wie auch in Deutschland müssen die Kunden ihren
Einkaufswagen wieder zurückstellen, um ihre Münze zurückzuerhalten. Aldi erklärt dies auf Schildern: Um
Qualität günstig anbieten zu können, kümmere sich der Mitarbeiter lieber um andere Aufgaben.
In Märkten wie Deutschland, wo die Expansion weitgehend ausgereizt ist, rüstet der Discountkönig Läden und
Sortiment kräftig um - bis hin zu fast schon luxuriösen Gourmetprodukten: Neben Eigenmarken wie Topstar
Cola oder Ombia Sonnenmilch finden sich nicht nur Markenklassiker wie Coca-Cola und Nivea, sondern auch
Riesengarnelen oder Serranoschinken (Aldi Gourmet). Sie sollen Käufer anlocken, die nicht auf jeden Cent
achten.
Lidl versuchte Aldi nachzuahmen - und scheiterte
Das strategische Ziel, neue Kunden zu gewinnen und den Supermärkten Umsätze abzujagen, ist aber nicht
ungefährlich - wie Aldi-Erzrivale Lidl erfahren musste: Die Neckarsulmer haben ebenfalls ein Luxus-Label (Lidl
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Deluxe). Die Verantwortlichen des schwäbischen Discounters waren offenbar so angetan von den eigenen
Feinkostkreationen, dass sie kräftig orderten.
Dem Geschmack der Kunden entsprachen die Produkte in der Mehrzahl jedoch leider nicht. Viele DeluxeProdukte lagen über Wochen in den Regalen. Eine derart krasse Fehlplanung geht ins Geld. Das Fachblatt
„Lebensmittelzeitung“ hat herausgefunden, dass Lidl die „aus dem Ruder gelaufenen Deluxe-Aktionen allein im
vergangenen Jahr einen fast dreistelligen Millionenbetrag gekostet haben“ dürften.
In Großbritannien kocht Aldi den Supermarktriesen Tesco ab
Die Aldi-Süd-Manager werden die Erfahrungen des Konkurrenten registriert haben. Aus dem aktuellen
Sortiment ist die Gourmet-Linie verschwunden. Stattdessen sind so praktische Dinge wie „SauerstoffMehrzweck-Fleckenentferner“ und „Mikrofaser-Reinigungstücher“ angesagt.
In England bietet der Discounter Orangensaft-Konzentrat an, eineinhalb Liter für 95 Pence. Das vergleichbare
Markenprodukt von Robinson's kostet zwei Pfund je 1,25-Liter-Flasche - selbstverständlich bei Tesco.
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