Neufassung des Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des DBV

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Neufassung des Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des DBV
Neufassung des Merkblattes
„Parkhäuser und Tiefgaragen“ des DBV
Dr.-Ing. Lars Wolff
Ingenieurbüro Raupach Bruns Wolff, Aachen, Deutschland
Zusammenfassung
Nach der ersten Ausgabe des Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins
DBV ist nunmehr seit wenigen Monaten die zweite Ausgabe veröffentlicht worden. Wesentliche Inhalte des neuen
Merkblattes wurden im November 2009 auf einem Fachkolloquium unter gemeinsamer Ausrichtung vom DBV und
DAfStb in Berlin intensiv diskutiert. Die Ergebnisse dieses Fachkolloquiums sind sowohl in die aktuelle 2. Ausgabe
des Heftes 525 des DAfStb als auch die aktuelle 2. Auflage des DBV-Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ eingeflossen. Im vorliegenden Beitrag werden die wesentlichen Neuerungen des DBV-Merkblattes kurz vorgestellt. Der
Schwerpunkt liegt dabei auf der Wahl der Schutzmaßnahme für die einzelnen Ebenen bzw. Bauteile eines Parkbaus.
1. Einleitung
Parkbauten unterliegen infolge der mechanischen Beanspruchungen durch den PKW-Verkehr, zyklischer
Feuchtebelastung durch eingeschlepptes Niederschlagswasser, hoher Temperaturunterschiede zwischen den Sommer- und Wintermonaten sowie insbesondere winterlichem Streusalzeinsatz in und rund um
die Parkbauten chemisch physikalischen Belastungen,
die -abgesehen vom Schwerlastverkehr- mit Verkehrsbauten im Bereich der Bundesfernstraßen vergleichbar
sind.
Die typischen Schäden in Parkbauten werden oft durch
eine gänzlich fehlende oder schadhafte Abdichtung der
Verkehrsflächen gegen Chlorideindringen, ein fehlendes oder unzureichendes Entwässerungskonzept, häufig verbunden mit fehlender oder unzureichender Instandhaltung verursacht. Fehler in der Planung der
Konstruktion oder der Bauausführung, z. B. von Bauwerkstrennfugen, führen zudem nicht selten zu ungewollter Rissbildung in Form von Biege- oder Trennrissen. Die Folge sind durchfeuchtete Konstruktionselemente wie Decken oder Unterzüge, verbunden mit
einem hohen Chlorideintrag infolge eingeschleppter
Tausalze durch ein- und ausfahrende Pkw. Diese Einwirkungen können zur Bewehrungskorrosion, zunächst
im Bereich der Risse, später auch im ungerissenen
Bereich führen. Verbunden mit mechanischen Einwirkungen und Frosteinwirkung können gravierende
Schäden an der Tragkonstruktion die Folge sein.
Zur Vermeidung dieser Schäden wurden speziell für
Parkbauten die Anforderungen hinsichtlich Konstruktion, Art der verbauten Werkstoffe und Wartung in den
letzten 15 Jahren stetig erhöht. Beispielhaft seien hier
nur die neue Ausgabe der DIN 1045 aus dem Jahre
2008 [1], die zweite Auflage des Heftes 525 [2] des
Deutschen Ausschusses für Stahlbeton DAfStb sowie
das soeben erschienene Merkblatt des DBV „Parkhäuser und Tiefgaragen“, Ausgabe 2010 [3], genannt.
2. Ergebnisse des Fachkolloquiums im Jahr 2009
Bei dem im Jahr 2009 gemeinsam vom DBV und
DAfStb durchgeführten Fachkolloquium an der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung BAM in
Berlin wurden u.a. die folgenden Fragen zum Teil
kontrovers diskutiert (siehe auch [17]).
1) Wie muss gewartet werden, um Vergünstigungen
zu rechtfertigen?
2) Welche Prinzipien gelten für den Umgang mit
Rissen und Arbeitsfugen?
3) Wie wirkt sich eine dauerhafte Beschichtung oder
eine Abdichtung auf die Einstufung in Expositionsklassen aus?
4) Welche Anforderungen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit muss die Betondeckung unter einer
dauerhaften Beschichtung oder Abdichtung erfüllen?
5) Ist die Ausbildung eines Gefälles immer notwendig, um die Dauerhaftigkeit sicherzustellen oder
können auch andere Lösungen möglich sein?
6) Wie muss der Schutz aufgehender Bauteile ausgebildet sein?
Die Beschlüsse dieses Fachkolloquiums sind parallel in
die aktuellen Versionen des Heftes 525 des DAfStb als
auch die aktuelle 2. Auflage des DBV-Merkblattes
„Parkhäuser und Tiefgaragen“ eingeflossen. Einzelne
der vorgenannten Fragen werden im Weiteren aufgegriffen und diskutiert. Für weitere Details sei an dieser
Stelle auf das aktuelle DBV-Merkblatt zum Thema [3],
das aktuelle Heft 525 des DAfStb [2] oder das Protokoll des Fachkolloquiums [17] verwiesen.
3. Ausbildung eines Gefälles
Grundsätzlich ist bei Parkbauten die Ausbildung eines
Gefälles zu empfehlen. Es gibt jedoch Fälle, in denen
unter bestimmten Voraussetzungen auf ein Gefälle aus
bestimmten Gründen, z.B. Nutzerfreundlichkeit (Stichwort „rollender Einkaufswagen auf der Parkrampe“)
oder Wirtschaftlichkeit (z.B. Ausbildung eines Gefälles
in privat genutzten Klein- oder Mittelgaragen) verzichtet werden kann. In diesem Fall muss der Planer den
Bauherrn jedoch über die Vor- und Nachteile einer
gefällelosen Konstruktion aufklären und dies entsprechend kommentieren. So heißt es dazu in [3]:
„Zur Vermeidung von Haftungsrisiken muss der Planer seinem Auftraggeber die Vor- und Nachteile der
zur Diskussion stehenden Ausführungsvarianten erläutern. Der Planer muss diese Erläuterungen dokumentieren. Nur so kann er (der Planer) vermeiden, isoliert
für einzelne Nachteile seiner Planung selbst dann zu
haften, wenn diesen Nachteilen vom Bauherrn gewünschte Vorteile gegenüber stehen.“
Um sämtliche nach Heft 525 [2] des DAfStb sowie
DBV-Merkblatt, Ausgabe 2010 [3] möglichen Abminderungen hinsichtlich Betondeckung sowie Expositionsklasse ansetzen zu dürfen, ist es jedoch erforderlich, bereits in der Planungsphase die Art der Oberflächenschutzmaßnahme festzulegen und das erweiterte
Instandhaltungskonzept verbindlich zu vereinbaren.
Maßgeblich für die Auswahl geeigneter Oberflächenschutzmaßnahmen sind die folgenden Faktoren. Diese
sind in der Planungsphase so detailliert wie möglich zu
beschreiben, um anschließend geeignete Oberflächenschutzmaßnahmen auswählen zu können.
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•
Für weitere Details zu diesem Thema siehe auch [16].
4. Sicherstellung der Dauerhaftigkeit
In der aktuellen Ausgabe der DIN 1045-1:2008-08 [1]
werden direkt befahrene Parkdecks mit Spritzwasserbeaufschlagung der Expositionsklasse XD3 zugeordnet
(Tabelle 3 in [1]). Aus Gründen der Dauerhaftigkeit
wird in dieser Klasse bei nicht vorgespannter Bewehrung eine Mindestbetondeckung cmin von 40 mm (Tabelle 4 in [1]) und eine Beschränkung der Rissbreite
auf 0,3 mm gefordert. Ferner sind bei Parkdecks infolge der Korrosionsproblematik in Rissen zusätzlich
besondere Maßnahmen erforderlich, wie z. B. die Anordnung eines geeigneten rissüberbrückenden Oberflächenschutzsystems (Tabelle 3, Fußnote b in [1]). Bei
Vereinbarung eines erweiterten Instandhaltungskonzeptes (Wartungsplan) oder einer mit einer Brückenabdichtung vergleichbaren Abdichtung nach DIN 181955:2008-08 [5] sind dabei nach [2] und [3] entsprechende Abminderungen der Betondeckung (Dicke und
Dichtheit) und Herabstufungen innerhalb der Expositionsklassen XD und XF zulässig.
Dem Planer des Neubaus oder der Instandsetzung eines
Parkhauses oder einer Tiefgarage stehen dabei unterschiedliche
Oberflächenschutzmaßnahmen
nach
DIN V 18026:2006-06 [14] (OS 8, OS 11, OS 13),
nach RL SIB [4] (OS 10), sowie nach
DIN 18195-5:2008-08 [5] (i.d.R. bestehend aus Epoxidharz, Bitumen-Schweißbahn und Gussasphalt
(Kombination von Schutz- und Deckschicht) in Anlehnung an einen Brückenbelag gemäß ZTV ING,
Teil 7 [6]) zur Verfügung.
Zu erwartende Rissbreiten und Rissbreitenänderungen (Bei Applikation der Oberflächenschutzmaßnahme nach Entstehung des Risses ist
lediglich die noch zu erwartende Rissbreitenänderung relevant)
Bei erdberührten WU-Bauteilen: Berücksichtigung des anstehenden Grundwassers
Nutzungsfrequenz des Parkbaus
Lokal erhöhte Verschleißbeanspruchung (z.B.
auf Rampen oder in engen Kurven)
Weiterhin können beispielsweise Ansprüche an die
optische Gestaltung (bei Abdichtungen nach
DIN 18195-5 mit kombinierter Schutz- und Deckschicht aus Gussasphalt i.d.R. nur eingeschränkt umsetzbar) die Wahl der Oberflächenschutzmaßnahmen
beeinflussen.
Die verschiedenen möglichen Ausführungsvarianten
für Parkdecks mit Darstellung der möglichen Abminderungen der Betondeckung und Expositionsklasse
nach [3] sind im folgenden Bild 1 zusammengestellt.
Bild 1:
Ausführungsvarianten für Parkdecks nach [3]
Bei einer flächigen Abdichtung mit einem Oberflächenschutzsystem der Klasse OS 10 sollten die Abminderungen auf die Expositionsklasse XC3 (Variante
3) nur vorgenommen werden, wenn gewisse Mindestdicken der kombinierten Schutz- und Deckschicht aus
Gussasphalt in Anlehnung an die ZTV ING, Teil 7.1
angeordnet werden. Diese kombinierte Schicht wird in
[4] als Deckschicht bezeichnet.
dichtigkeiten häufig mit einem großen Instandsetzungsaufwand verbunden. In den folgenden Bildern ist
eine WU-Bodenplatte einer Tiefgarage dargestellt.
Infolge von wasserführenden Rissen in der Bodenplatte, die nur indirekt über Wasseraustritt an aufgehenden
Bauteilen festgestellt wurden, musste die BitumenSchweißbahn auf einer Fläche von mehreren Hundert
m² vollständig entfernt werden.
Nach [3] wird für Zwischengeschossdecken bei einlagigem Aufbau eine Mindestdicke von 35 mm empfohlen, bei einem zweilagigen Aufbau sollte jede der beiden Lagen mindestens 25 mm dick sein. Bei Freidecks
sollte eine Mindestschichtdicke des Gussasphalts von
55 mm vorgesehen werden.
Bei alternativen Verschleißschichten für OS 10, die
nicht aus Gussasphalt bestehen, ist zu beachten, dass
diese i.d.R. nicht gemäß RL SIB oder ZTV-ING, Teil
7.1 geprüft sind, und mit diesen Systemen auch keine
Erfahrungen über mehrere Jahrzehnte bestehen. So
bezieht sich die in der 1. Ausgabe des Heftes 525 des
DAfStb aus dem Jahr 2003 [15] enthaltene Formulierung „Dauerhafter Schutz“ als Begründung einer Abminderung auf die Expositionsklasse XC3 auf Brückenbeläge gemäß der ZTV ING, Teil 7.1, d.h. Systeme mit einem zweilagigen aus Schutz- und Deckschicht bestehenden Gussasphaltbelag.
OS 10 Systeme mit alternativen, geprüften Deckschichten können somit durchaus angewendet werden,
es sollten mit solchen Systemen mit alternativer, nicht
aus Gussasphalt bestehender Schutz- und Deckschicht
jedoch nur Abminderungen hinsichtlich Betondeckung
und Expositionsklasse vorgenommen werden, die beispielsweise auch mit OS 8 oder OS 11 nach RL SIB [4]
möglich wären.
5. Darstellung bewährter Oberflächenschutzmaßnahmen
Im Folgenden werden bewährte Oberflächenschutzmaßnahmen getrennt für die einzelnen Bauteile eines
Parkbaus (Bodenplatte, Zwischendecks, Freidecks,
Rampen) beschrieben. Umfangreiche Untersuchungen
zur Dauerhaftigkeit von verschiedenen Schutzmaßnahmen in Parkbauten sind u.a. in [12] veröffentlicht.
Bodenplatten:
WU-Bodenplatten, bei denen dauerhaft ein nennenswerter Wasserdruck ansteht, sollten nicht mit rissüberbrückenden Oberflächenschutzmaßnahmen versehen
werden. So besteht bei Systemen nach DIN 18195-5
stets die Gefahr einer Unterläufigkeit der BitumenSchweißbahn. Diese Gefahr besteht nach [7] bereits bei
geringen Wasserdrücken von etwa 1 m Wassersäule.
Da das Wasser i.d.R. an einer gänzlich anderen Stelle
als aus dem eigentlichen Riss austritt, sind solche Un-
Bild 2:
System nach DIN 18195-5 auf einer WUBodenplatte
mit
unterläufiger
BitumenSchweißbahn; Aufgrund von Undichtigkeiten
lokal entfernte Bitumen-Schweißbahn (links)
sowie unterhalb einer Bitumen-Schweißbahn
anstehendes Wasser (rechts)
Auch polymere, rissüberbrückende Oberflächenschutzsysteme der Klassen OS 10, OS 11 und OS 13 sollten
bei WU-Bodenplatten nur in Ausnahmefällen angewendet werden. Hier können weniger flächige Ablösungen sondern eher Ablösungen an den Rissufern
sowie Blasen infolge des rückseitig anstehenden Wasserdrucks auftreten. Eine mögliche Ausnahme können
Konstruktionen darstellen, bei denen lediglich zeitlich
eng begrenzt, z.B. durch nur tageweise auftretende
saisonale Hochwasser, ein geringer äußerer Wasserdruck im Riss anstehen kann.
In allen anderen Fällen sollten starre Oberflächenschutzsysteme der Klasse OS 8 nach DIN V
18026:2006-06 [14] in Verbindung mit einem Wartungsplan, der eine fachgerechte, zeitnahe Rissbehandlung ggf. auftretender Risse sicherstellt, vorgesehen
werden [3].
WU-Bodenplatten weisen nicht grundsätzlich ein größeres Risiko gegenüber der so genannten „osmotischen“ Blasenbildung auf, als nicht erdberührte oder
nicht im Grundwasser stehende Bauteile. So kann eine
Blasenbildung gleichermaßen bei Zwischen- oder Freidecks auftreten, bei denen konstruktionsbedingt keine
rückseitige Durchfeuchtung vorliegt, siehe auch [8].
Bei WU-Bodenplatten ist zum Zeitpunkt der Applikation der Beschichtung jedoch häufig aufgrund der
begrenzten Lüftungsmöglichkeiten während der
Bauphase, größeren Bauteilquerschnitten, kühleren
Bauteiltemperaturen etc. von einem noch aus der
Bauphase herrührenden höheren Wassergehalt des
Betons der Bodenplatte auszugehen.
Ein Wasserdurchtritt durch eine WU-Bodenplatte im
ungerissenen Bereich ist bei typischen Konstruktionsdicken (i.d.R. größer 20 cm) gemäß der Erläuterungen
der WU-Richtlinie [10] hingegen nicht möglich.
Bei Bodenplatten ohne anstehendes Grundwasser sind
grundsätzlich alle verfügbaren Oberflächenschutzmaßnahmen möglich. Da Bodenplatten jedoch je nach
örtlichen Gegebenheiten und Konstruktion nach Fertigstellung und abgeschlossener Rissbildung mitunter
keine nennenswerten Rissbewegungen mehr aufweisen, kann ein starres und damit verschleißfesteres
Oberflächenschutzsystem der Klasse OS 8 hier technische und wirtschaftliche Vorteile gegenüber rissüberbrückenden Schutzmaßnahmen bieten. In diesem Fall
sollten aber die Folgen einer ggf. lokal später noch
durchzuführenden Rissbehandlung (technischer und
wirtschaftlicher Aufwand, Einschränkungen im Betrieb, optische Beeinträchtigungen der Oberfläche etc.)
mit allen Beteiligten abgeklärt werden.
ckungsfähigkeit der Oberflächenschutzmaßnahmen
hinausgehende Werte aufweisen. In diesem Fall kann
es erforderlich sein, lokal Bandagen mit erhöhter dynamischer Rissüberbrückungsfähigkeit vorzusehen.
Diese Bandagen sollten höhengleich an das vorhandene Oberflächenschutzsystem angearbeitet werden,
siehe z.B. auch Bild 19 in [3].
In den folgenden Bildern sind Bandagen in einem
Oberflächenschutzsystem der Klasse OS 11b nach DIN
V 18026:2006-06 [14] in einer Zwischengeschossdecke einer Tiefgarage dargestellt. Diese Bandagen wurden auf das vorhandene OS-System aufgesetzt. Die
Folge war, dass die Bandagen bereits kurze Zeit nach
Applikation durch die mechanische Beanspruchung
infolge überfahrender Pkw abgelöst wurden.
Zwischengeschossdecken
Maßgeblich für die Wahl geeigneter Oberflächenschutzmaßnahmen ist die zu erwartende Rissbreitenänderung nach Applikation. So weist die rissüberbrückende Schwimmschicht (hwO) der Klasse OS 10
planmäßig bei -20 °C eine dynamische Rissüberbrückungsfähigkeit von etwa 0,4 mm (statisch: 1 mm bei
Raumtemperatur) auf [9]. Bei OS 11 Systemen liegt
dieser Wert bei -20 °C bei ca. 0,35 mm [4]. Systeme
der Klasse OS 13 hingegen weisen keine dynamische,
sondern lediglich eine statische (d.h. einmalige) Rissüberbrückungsfähigkeit von 0,1 mm bei -10 °C auf [4].
Für typische Parkbauten mit i.d.R. wiederkehrenden
Rissbewegungen sind solche Systeme somit nur bedingt geeignet.
OS 11b als einschichtiges rissüberbrückendes System
weist im Gegensatz zum zweischichtigen System
OS 11a i.d.R. eine deutlich geringere Verschleißfestigkeit auf. Aus diesem Grund sollte das einschichtige
System nur für wenig befahrene Bereiche oder für
Parkhäuser/Parkgaragen mit geringer Nutzungsfrequenz eingesetzt werden. In stark beanspruchten Bereichen wie Kurven oder im Einfahrtsbereich sollte generell OS 11a gegenüber OS 11b vorgezogen bzw. OS 10
nach RL SIB [4] mit einer Verschleißschicht, möglichst aus Gussasphalt, vorgesehen werden.
Es ist zu beachten, dass auch ein rissüberbrückendes
Oberflächenschutzsystem an einzelnen lokalen Rissen
überbeansprucht werden und aufreißen kann. So stellt
der Bemessungswert der Rissbreitenbeschränkung, bei
Parkbauten, üblicherweise 0,3 mm, einen Fraktilwert
dar. Einzelne Risse können also durchaus größere, über
den Rechenwert der Rissbreite hinausgehende Werte
aufweisen. Auch können einzelne Risse konstruktionsbedingt größere, über die dynamische Rissüberbrü-
Bild 3:
Nicht fachgerechte und nicht dauerhafte Ausführung von Bandagen bei einem Oberflächenschutzsystem der Klasse OS 11b nach
RL SIB [4]
Bei
Oberflächenschutzmaßnahmen
nach
DIN 18195-5:2008 08 kann in Zwischendecks die
Dicke des Gussasphalts nach [3] auf 35 mm reduziert
werden. Hierbei können ggf. optische Beeinträchtigungen wie z.B. Durchschlagen der Stöße der BitumenSchweißbahnen an der Oberfläche auftreten.
Freidecks
Bei Freidecks sind i.d.R. nur rissüberbrückende Oberflächenschutzmaßnahmen anwendbar. Dies sind beispielsweise OS 11a nach DIN V 18026:2006-06 [14],
OS 10 nach RL SIB [4] oder Systeme nach
DIN 18195-5:2008 08 mit entsprechender Schutzschicht [5]. Nach RL SIB [4] ist der Einsatz von Oberflächenschutzsystemen der Klasse OS 11b auf Freidecks nicht möglich.
Bei
Oberflächenschutzmaßnahmen
nach
DIN 18195-5:2008 08 wird eine Gesamtschichtdicke
der Gussasphaltschutz- und deckschicht von mindestens 55 mm empfohlen [3].
Wärmegedämmte Parkdächer oder Hofkellerdecken
stellen stets Sonderkonstruktionen dar, die einer sorgfältigen Detailplanung bedürfen. So sind beispielsweise bei Hofkellerdecken nicht selten höhere Lasten als
in Parkbauten aufgrund der Befahrung durch die Feuerwehr zu berücksichtigen. Für weitere Ausführungen
siehe auch [3] oder [11].
Rampen
Rampen werden üblicherweise mit einem starren Oberflächenschutzsystem der Klasse OS 8 nach [4] beschichtet (Schichtdicke mindestens 2,5 mm). Rissüberbrückende polymere Oberflächenschutzsysteme haben
sich aufgrund der auf Rampen üblicherweise gegebenen hohen Verschleißbeanspruchungen nicht bewährt.
Möglich sind auch OS 10 oder Oberflächenschutzmaßnahmen nach DIN 18195 5:2008 08. Hier sind je nach
Neigung der Rampen aber ggf. besondere Maßnahmen
beim Einbau des Gussasphaltes erforderlich. Bei nur
geringen zu erwartenden Rissbewegungen kann ggf.
OS 13 eine Alternative darstellen.
Ein kritischer Punkt bei Rampen ist der Anschluss an
die Parkdecks. So treten in diesen Bereichen häufig
Rissbildungen auf. Vor allem bei Parkhäusern, aber
auch bei Tiefgaragen weisen diese Risse temperaturbedingt vielfach nennenswerte Rissbewegungen auf. Die
Rissbehandlung bedarf in solchen Bereichen einer
besonderen Sorgfalt bei Planung und Ausführung. Eine
reine
Rissinjektion
mit
Polyurethan
gemäß
DIN V 18028:2006-06 [13] ist in diesen Bereichen
i.d.R. nicht ausreichend. So kann es beispielsweise
erforderlich sein, je nach zu erwartender Rissbewegung, den Riss vor der Injektion fachgerecht aufzuweiten, um die Rissüberbrückungsfähigkeit des Rissfüllstoffes im Riss zu erhöhen.
Rissbehandlung
Sofern Risse auftreten, sollten diese zeitnah nach Entstehung fachgerecht verschlossen werden. Vor allem in
Trennrissen können eindringende Chloride bereits nach
wenigen Jahren zu signifikanten Querschnittsverlusten
der den Riss kreuzenden Bewehrung führen. Eine Risstränkung mit Epoxidharz stellt keine fachgerechte
Rissbehandlung dar. Üblicherweise ist eine Rissinjektion mit Polyurethan nach DIN V 18028:2006-06 [13],
häufig verbunden mit weiteren Maßnahmen wie z.B.
vorheriger Rissaufweitung erforderlich. Derart injizierte Risse sind im Rahmen des Wartungsplanes regelmäßig auf Undichtigkeiten hin zu kontrollieren. Ggf.
auftretende Undichtigkeiten sind zeitnah nach Auftreten fachgerecht zu verschließen.
Bild 4:
Nicht fachgerechte Rissbehandlung in einer
Zwischengeschossdecke einer Tiefgarage
(links), aus einem Trennriss nach 10 Jahren
ausgebauter Bewehrungsstahl mit einem
Querschnittsverlust von etwa 75 % nach [12]
6. Wartungsplan
Eine regelmäßige und fachgerechte Wartung von Parkbauten sollte bei jedem Parkbau, unabhängig von der
Art der Konstruktion oder möglicherweise vorgenommenen Abminderungen der Dicke und Dichtheit der
Betondeckung sowie vorhandener Oberflächenschutzmaßnahmen durchgeführt werden.
Bei Ausführung der Varianten 2a und 2b gemäß dem
DBV-Merkblatt [3] (vergleiche auch Bild 1) werden an
die Wartung des Parkbaus jedoch höhere, über die
übliche Wartung hinausgehende Anforderungen gestellt. Dies sollte bereits durch den Planer im Rahmen
eines projektbezogenen Wartungsplanes dokumentiert
werden. Im Wartungsplan müssen die Überprüfungshäufigkeit der Oberflächenschutzmaßnahme, die ggf.
erforderlichen Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in Abhängigkeit vom Überprüfungsergebnis sowie die Verfahrensweisen und die Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Hinweise, welche Angaben der Wartungsplan mindestens enthalten sollte, sind
u.a. in [3] zusammengestellt. Die in Abhängigkeit der
gewählten Variante nach Bild 1 empfohlenen Wartungsintervalle nach [3] sind im folgenden Bild wiedergegeben.
Im nachfolgend links dargestellten Bild ist eine nicht
fachgerechte Rissbehandlung durch eine lokale Bandage aus Epoxidharz dargestellt. Erwartungsgemäß ist
der Riss bereits kurze Zeit später wieder aufgerissen.
Im Bild rechts ist ein nach 10 Jahren aus einem nicht
behandelten Trennriss ausgebauter Bewehrungsstahl
dargestellt. Der festgestellte Querschnittsverlust des
Bewehrungsstahls betrug etwa 75 %, siehe auch [12].
Bild 4:
Wartungsintervalle mit empfohlenen Inspektionen nach [3]
7. Zusammenfassung
Mit Erscheinen der 2. Auflage des Heftes 525 des
DAfStb sowie der 2. Auflage des Merkblattes „Parkhäuser und Tiefgaragen“ des DBV wurden die Anforderungen an die Konstruktion, vor allem aber die Anforderungen an die zwingend erforderliche Wartung
von Parkbauten den aktuellen Regelwerken und neuen
Erkenntnissen angepasst. Gleichzeitig wurden aber
auch die Möglichkeiten einer Abminderung der Anforderungen an Betondeckung und Expositionsklasse in
Abhängigkeit eines vertraglich zu vereinbarenden
Wartungsplanes konkretisiert.
[8]
[9]
[10]
[11]
Dies bietet aufgrund möglicher Abminderungen bei der
Betondeckung und Expositionsklasse die Möglichkeit,
auch weiterhin schlanke und wirtschaftliche Parkbauten aus Stahlbeton zu erstellen. Hierzu müssen die
erforderlichen Schutzmaßnahmen sowie Wartungspläne allerdings bereits in der Planung festgelegt werden.
8. Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
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DAfStb-Instandsetzungs-Richtlinie: Schutz und
Instandsetzung von Betonbauteilen. Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze.
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Baudurchführung: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten
ZTV-ING.
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Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: Erläuterungen zu DIN 1045 1. Berlin : Beuth - In:
Schriftenreihe des Deutschen Ausschusses für
Stahlbeton (2003), Nr. 525
Deutscher Beton-und Bautechnikverein e.V.:
Heft 20 Parkhäuser und Tiefgaragen – das
neue DBV-Merkblatt. 2010
DBV-/DAfStb-Fachkolloquium "Dauerhaftigkeit von Parkdecks" am 20. November 2009
in Berlin. Protokoll u.a. veröffentlicht auf
www.dafstb.de

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