DiE JUNGE - Robert Kropf
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DiE JUNGE - Robert Kropf
Die junge Revolution eine Neue Generation von jungen KÖchen bringt wieder Schwung in Frankreichs Restaurants – Die Jeunesse Cuisine als Rettungsanker der frankophilen Kochkunst. alain ducasse und zwei Journalisten helfen dabei mit. Text: Robert Kropf Generation C David Zuddas (oben) und Juoni Tormanen: „Wir stehen für Cultures and Cuisines, eine neue Offenheit der Geschmäcker und Kulturen in Frankreichs Küchen“. M on dieu, das hat den Franzosen gar nicht geschmeckt: Als kürzlich das Londoner Magazin „Restaurant“ ihre jährliche Liste der weltweit besten Restaurants veröffentlichte, wurde in den Küchen des Landes nur mit halber Flamme gefeiert: Pierre Gagnaires Restaurant in Paris erreichte „nur“ den dritten Platz, unter die ersten 20 kochten sich nur vier Franzosen, Tendenz fallend. Die Liste bewies erneut, was die Grand Nation gar nicht gerne hört: Die französische Haut Cuisine verliert konsequent an Bedeutung. Der Sieger, das „El Bulli“ in Spanien und der Zweitplazierte, Heston Blumentals „Fat Duck“ in London, geben international den Ton an, die „French Laundry“ in Kalifornien (Platz 4) und das Tetsuyas in Sidney (Platz 5) sind drauf und dran, die französische Kochtradition weiter nach hinten durchzureichen. Ganz Frankreich geht also den kulinarischen Bach hinuter. Ganz Frankreich? Nein, eine Gruppe von unbeugsamen Köchen hört nicht auf, dem Niedergang Einhalt zu bieten. Ganz vorne, an der Spitze, zieht Alain Ducasse in diese kulinarische Schlacht. Um der französischen Kü- che wieder auf die Sprünge zu helfen, gründete er vor drei Jahren „Fou de France: Food de France“ – verrückt nach Frankreich durch Essen aus Frankreich. Eine Aktion, die der französische Sternekoch in seinem Nobelrestaurant Relais Plaza Athénée gestartet hat. Ziel der Aktion des derzeit berühmtesten französischen Kochs ist es, junge, noch unbekannte Talente aus den französischen Regionen bekannt zu machen. Jeden Monat stand zwei Wochen lang ein Menu eines solchen Newcomers auf der Karte und kosten nur 50 Euro. „Wenn sich nichts ändert, wird Frankreich schlicht ein Disneyland der Kultur und des guten Geschmacks“, warnt Ducasse. „Deswegen setzte ich mich dafür ein, unser Know-how zu verteidigen.“ Das klingt 20 schaufenster Fotos: FOU DE FRANCE 4 Wenn sich nichts ändert, werden wir ein disneyland des Geschmacks. Widerstand am Küchenherd Jeunesse Generation Chez Ruffet von Stéphane Carrade, 3 Avenue Charles Touzet, Jurancon, Tel.: 00335 5906 2513. La Falaise von Guillaume Salvan, Route de Cordes, Cahuzac-sur-Vere, Tel.: 00335 6333 9631. Auberge de la Charme von David Zuddas, 12 Rue de la charme, Prenois, Tel.: 00333 8035 3284. Une Table au Sud von Lionel Lévy, 2 Quai de Port, Marseille, Tel.: 00334 9190 6353. Hoberge de Chavannes von Nicolas Pourcheresse, 1890 Route de Chalon, Courlans, Tel.: 00333 8447 0552. Youpala Bistrot von Christoph Picard, 5 Rue de Palasne de Champeaux, Saint-Brieux, Tel.: 00332 9694 5074. Route de Carnet Der Guide umfasst 200 ausgewählte Adressen von jungen Kochtalenten in ganz Frankreich. 2007 erschien der Guide das zweite Mal. Kostet 24 Euro. Herausgegeben vom Magazin Omnivore. Originaltitel: „Les 200 tables de la jeune cuisine“. www.dipresse.com/cgi-bin/revue. asp?titre=286&option=VPC Ducasse und sein Gourmettempel Hotel Plaza Athénée, 25 avenue Montaigne, 75008 Paris, Tel: 00331 53 67 66 65. www.plaza-athenee-paris.com Der Meister und (selbst ernannter) Retter der französichen Esskultur. „Ich setzt mich dafür ein, unser Know-how zu verteidigen. Deswegen untersütze ich die jungen Talente“, sagt Ducasse fast wie eine Kampfansage, dabei ist sein übergeordnetes Ziel mehr als friedlich, er will „den Leuten Momente des Glücks bescheren“. Ducasse war dazu auch bereit, in der Küche Neues zu akzeptieren. Eine junge Generation von Köchen interpretiert die französische Eleganz und Steifheit in der Branche völlig neu: Weiße Schürzen sind out, schwarze T-Shirts in. Vor Jahren noch undenkbar, sind Tattoos, Ohrringe und Dreadlocks mittlerweile in der Küche erlaubt, Spass statt Strenge heißt das Motto hinter dem Herd. Die Restaurants dieser „Jeunesse generation“ sind klein,verfügen über 20 bis 30 Sitzplätzen, befinden sich vielfach in unbekannten Orten – wie etwa die „L‘Auberge de la Charme“ von David Zuddas in Prenois, einem kleinem Fleck auf der Landkarte, gleich bei Dijon. Gespeist wird ohne Krawatte, die Menüs sind für französische Verhältnisse leistbar – sie liegen zwischen 30 und 55 Euros. Was diese „cuisine d‘auteur“ ebenfalls auszeichnet: Die Köche wie Stephane Carrade, David Zuddas, Lionel Lévy oder Guillaume Salvan haben ihre ersten Sporen allesamt bei großen Meistern wie Ducasse, Bras oder Robuchon gesammelt, um jetzt zu kochen, was ihnen gefällt und nicht das, was dem Guide Michelin gefallen könnte. Viele von ihnen haben sich auch durch die Welt gekocht, vor allem durch Asien, dieser Einfluss ist geschmacklich immer wieder zu spüren. Sie kochen, was ihnen gefällt und nicht, was sich der Guide MIchelin erwart. Die Kreationen haben Humor, sie gehen zum Teil wenig respektvoll mit französischen Klassikern um. Lionel Lévy kocht etwa eine mehrlagige Bouillabaisse in verschiedenen Temperaturen, serviert in einem Trinkglas. Christoph Picard arbeitet an einer Fast-Food-Parodie, einen Hamburger mit Wilder Ente, Gänseleber und süßen Pommes. Stephanne Carrade zaubert im „Chez Ruffet“ eine gegrillte Gänseleber mit Chikorree-Lollipopps auf den Teller. Interessant zu kochen ist die eine Sache, in der Öffentlichkeit bekannt zu werden bekanntlich eine andere. 22 schaufenster Zwei Journalisten tragen dazu bei, „la jeunesse cuisine francaise“ im Bewusstsein von Gourmets zu verankern. Luc Dubanchet und Laurent Seminel arbeiteten für das Gault Millau Magazin und den gleichnamigen Restaurant Guide. Beiden fielen die jungen Talente im ganzen Land auf, die in kleinen Ortschaften kochen, noch unbekannt waren und nicht in den Beuteraster der klassischen Restaurantguides passen. Also also haben die beiden Gault Millau verlassen und „Omnivore“ gegründet – eine Zeitschrift, die heute Omni heißt, ein kulinarisches Pamphlet, das man nur über ein Abonnement beziehen kann. Ein Werk, das schon in der ersten Ausgabe folgendermaßen titelte: „Die junge französische Küche beginnt schon heute.“ Wichtiger Baustein im Gesamtkonstrukt der beiden: Während andere Guides bis zu tausend Adressen und Restaurants anführen, haben sich Dubanchet und Seminel darauf festgelegt, jährlich genau 200 junge Talente im ganzen Land im „Carnet de Route“ zusammenzufassen. 2007 erschien „Carnet de Route“ das zweite Mal. Es wäre nicht Frankreich, würden sich die Junköche nicht auch in einer losen Bruderschaft (fraternité) zusammengetan haben: Die Neuentdeckungen von Ducasse und den beiden Journalisten nennen sich Generation C. Das C steht für Cuisines und Cultures, beides in der Mehrzahl, sie treten für Offenheit für viele Kulturen und Geschmäcker ein. Und das als Vertreter einer der wichtigsten Küchen der Welt. Wer hätte das vor einigen Jahren in Frankreich für möglich gehalten? u Fotos: Xxxxxxxxxx Neue Wilde. Lionel Lévy (oben) kocht eine mehrschichtige Bouillabaise im „Un Table au Sud“, Stéphane Carrade serviert gegrillte Gänseleber mit ChikorreeLollipops im „Chez Ruffet“