Rettet die wirtschaftliche Erholung Spaniens

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Rettet die wirtschaftliche Erholung Spaniens
IKB-Kapitalmarkt-News – Rettet die wirtschaftliche Erholung Spaniens die
25. März 2015
Wiederwahl der Regierung?
Dr. Klaus Bauknecht
[email protected]
In Spanien und Portugal finden in der zweiten Jahreshälfte 2015 Parlamentswahlen statt. Beide Länder haben
Konsolidierungsfortschritte erzielt. Trotz des Sparkurses kommen die Volkswirtschaften langsam wieder in Gange. Spaniens BIP
ist 2014 um 1,4 % gewachsen, Portugals um rund 1,0 %. Zusammen mit niedrigen Zinsen bildet das Wirtschaftswachstum die
Grundlage für eine stabile Schuldenquote. Die niedrigen Zinsen sorgen auch dafür, dass das Erreichen gewisser Defizitziele
realistischer geworden ist. Dies mag Befürchtungen auslösen, dass Konsolidierungsziele vernachlässigt werden. Allerdings ist
für den Erhalt der Eurozone entscheidend, dass sich die Wirtschaft erholt und somit eine nachhaltige Grundlage für die
Schuldentragfähigkeit bildet. Denn die Jahre stagnierender oder rückläufiger Wirtschaftsleistung haben das soziale Gefüge in
einigen Staaten belastet, die Unterstützung für den Verbleib in der Eurozone geschwächt und radikale Lösungen attraktiver
gemacht. Aus dieser Sicht ist der Wahlausgang in Griechenland zu Jahresanfang nicht überraschend. Denn ähnliche Tendenzen
sind auch in Spanien zu erkennen. So erhält die neue linkspopulistische Partei namens Podemos in aktuellen Umfragen rund ein
Viertel der Stimmen. Angesichts der hohen Arbeitslosenquote in Spanien ist das nicht verwunderlich. Doch anders als
Griechenland steht Spanien nicht nur für 2 % der Wirtschaftsleistung, sondern für ca. 11 % und ist somit von grundsätzlicher
Bedeutung für den Erhalt der Eurozone. Wie Abbildung 1 zeigt, ist aktuell ein leichter Rückgang der Zustimmung für Podemos
zu erkennen. Zeigen sich hier bereits erste Auswirkungen der spanischen Konjunkturerholung?
Abb. 1: Geschätzte Zustimmugswerte* für ausgewählte spanische Parteien
Anteil befragter Personen, in %
50
40
30
20
10
0
Nov. 11
Jul. 12
PP
Quelle: Diverse Umfrageagenturen; IKB
Mrz. 13
PSOE
Nov. 13
Podemos
Jul. 14
IU
Mrz. 15
UPyD
*Monatsdurchschnitte
Konsolidierung und strukturelle Reformen sind in Krisenzeiten die falsche Politik, um Volkswirtschaften zu stabilisieren und eine
tragfähige Schuldenpolitik sicherzustellen. Nach jahrelanger Sparpolitik ist die Schuldenquote in der Eurozone auch 2014
gestiegen. Nur wenn sich die Konjunktur erholt und die Zinsen niedrig bleiben, ist davon auszugehen, dass sich die
Schuldenquote in 2015 stabilisiert. Angesichts der volkswirtschaftlichen Kosten der hohen Arbeitslosenquote verwundert, dass
die Politik in der Eurozone so lange an ihrer Sparpolitik festgehalten hat. Denn ein Bund souveräner Staaten benötigt die
Zustimmung der Bevölkerung in den einzelnen Ländern, um diesen Bund aufrecht erhalten zu können. Doch je negativer sich
die wirtschaftlichen Verhältnisse in den Ländern entwickeln, desto relevanter sind die akuten lokalen Probleme und desto
unbedeutender werden Brüssel und die Idee einer europäischen Einheit. Der Erhalt der Eurozone setzt also ein gewisses
Maß an Wachstum und wirtschaftlicher Homogenität in allen Staaten voraus. Diesen Aspekt hat die Politik in den
Jahren vernachlässigt. Notwendige Reformen und strukturelle Konsolidierung hätten in den Vorkrisenzeiten erfolgen
müssen.
Die EZB hat mit ihrem Aufkaufprogramm und der Abwertung des Euro einen wichtigen Beitrag für die Erholung und
den Erhalt der Eurozone geleistet. Allerdings ist dieser Schritt angesichts der Entwicklung der Kreditvergabe
mindestens 12 Monate zu spät erfolgt. So mag sich aktuell zwar die Arbeitslosenquote reduzieren; der Beschäftigungsgrad ist
allerdings weit entfernt von einem Niveau, das von der Bevölkerung der Eurozone hingenommen wird. Dies lässt sich an den
aktuellen politischen Umfragewerten Spaniens erkennen. Zwar wird für Spanien auch in 2015 von einem Wachstum von 2,2 %
ausgegangen. Allerdings braucht es Zeit, bevor Wachstum zur nennenswerten Verbesserung des Arbeitsmarktes führt und dies
wiederum die sozialen Verhältnisse breiter Bevölkerungsschichten verbessert. Zudem reduziert sich die Arbeitslosenquote auch
wegen einer sinkenden Erwerbsbevölkerung, da viele Arbeitslose die Suche aufgegeben haben und den Arbeitsmarkt verlassen.
Deshalb ist die Anzahl der von der Wirtschaft geschaffenen Stellen die bessere Messgröße zur Beurteilung des Arbeitsmarktes
als die Quote der Arbeitssuchenden.
Kapitalmarkt News
Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Zahl der Erwerbstätigen seit Anfang 2008. Trotz steigender Wettbewerbsfähigkeit und
konjunktureller Erholung sind seit 2008 fast 3,4 Mio. Arbeitsplätze verloren gegangen. In der gesamten Eurozone sind
rund 4,3 Mio. Arbeitsplätze weggefallen, während die deutsche Wirtshaft rund 2 Mio. Stellen geschaffen hat. Für die Eurozone
beträgt der Beschäftigungsrückgang seit 2008 rund 2,7 %. Die entsprechenden 15,5 % für Spanien sind einer der höchsten
Werte in der Eurozone. Für Italien, das immer noch kein BIP-Wachstum zeigt, liegt dieser Prozentsatz bei nur knapp über 4 %.
Abb. 2: Erwerbstätigkeit insgesamt (Inlandskonzept, saisonbereinigt)
in Mio.
in Mio.
154
22
153
21
152
151
20
150
19
149
18
148
147
2008
17
2009
2010
2011
Euroraum (18 Länder)
2012
2013
2014
Spanien (rechte Skala)
Quellen: Eurostat; KB
Wie viel Einfluss wird die konjunkturelle Erholung in 2015 auf den spanischen Arbeitsmarkt ausüben? Wie groß ist die
Wahrscheinlichkeit einer politischen Neuausrichtung Spaniens nach den Wahlen im Herbst/Ende 2015? Abbildung 2
veranschaulicht, dass die verbesserte konjunkturelle Entwicklung in 2014 zu ersten positiven Entwicklungen auf dem
Arbeitsmarkt geführt hat. Ist auch 2015 von einer deutlichen und anhaltenden Erholung auszugehen? Generell reagieren
Arbeitsmärkte eher spät auf konjunkturelle Entwicklungen. Aufgrund der positiven konjunkturellen Entwicklung auch in 2015 ist
somit für Spanien von weiter zunehmender Beschäftigung auszugehen.
Schätzungen deuten darauf hin, dass der Einfluss des Wachstums auf die Anzahl der Beschäftigten in Deutschland seit 2008
deutlich höher ist als in Spanien, was auf flexiblere Arbeitsmärkte und Reformen in Deutschland zurückzuführen ist. Angesichts
von Wirtschaftswachstum und Reformen könnte demnach auch der spanische Arbeitsmarkt sensitiver zum aktuellen Wachstum
reagieren. Dennoch deuten IKB-Schätzungen darauf hin, dass bei einem spanischen BIP-Wachstum in 2015 von ca.
2,2% nur zwischen 250.000 und 300.000 neue Stellen geschaffen würden. Die Zahl der Erwerbstätigen würde dann Ende
2015 lediglich dem Niveau von Anfang 2012 entsprechen, das rund 14 % unter dem Niveau von Anfang 2008 lag.
Auf die führenden spanischen Regierungsparteien (PP, PSOE, IU und UPyD) entfielen Ende 2011 rund 85 % der
Wählerstimmen. Diese Zustimmung ist mittlerweile auf unter 50 % gesunken. Die beiden Hauptparteien Partido Popular (PP)
und Partido Socialista Obrero Español (PSOE) könnten im März nur noch rund 40 % der Wählerstimmen auf sich vereinen,
während dieser Wert Anfang 2011 noch bei über 70 % lag. Sollte sich der Arbeitsmarkt erholen, wie von der IKB erwartet,
könnte sich die aktuelle Regierung gemäß IKB-Schätzungen um rund 5 Prozentpunkte verbessern und damit eine
absolute Mehrheit erringen. Die zunehmende Wählergunst gilt allerdings nicht den beiden großen Parteien. Deshalb ist
nach der nächsten Wahl Ende 2015 eine gewisse Machtverschiebung im spanischen Parlament und zwischen den
Regierungsparteien zu erwarten. Allerdings ist auch davon auszugehen, dass die Linkspartei Podemos, die im März
2015 die höchsten Zustimmungswerte aller Parteien auf sich vereint, dank der konjunkturellen Erholung nicht stärkste
Partei sein wird. Zudem hat die Euphorie, die im linken Umfeld nach dem Regierungswechsel in Athen einsetzte, zuletzt
nachgelassen.
Fazit: Die Eurozone benötigt Wachstum. Denn die immer noch hohe Arbeitslosenquote in einigen Mitgliedstaaten gefährdet
ihren Zusammenhalt. Dank schwachen Euros und niedriger Zinsen als Folgen der jüngsten EZB-Politik deuten Sentiment- und
Konjunkturindikatoren mehr und mehr auf eine wirtschaftliche Erholung hin, die diese Gefahr reduzieren sollte. Allerdings kommt
die Erholung in einigen Staaten nur schleppend bei der Bevölkerung an. Zwar ist zum Beispiel in Spanien auch in diesem Jahr
von einer steigenden Zahl von Erwerbstätigen auszugehen, doch es wird noch Jahre dauern bis in Spanien das
Beschäftigungsniveau von 2008 erreicht ist. Auch in anderen Staaten der Eurozone bleibt die wirtschaftliche Lage angespannt,
was sich in einem veränderten Wählerverhalten niederschlägt. Das war kürzlich in Griechenland zu beobachten und wird auch
bei den Wahlen in Spanien Ende 2015 eine Rolle spielen. Die konjunkturelle Erholung in 2015 wird nicht verhindern
können, dass es in Spanien zu deutlichen Machtverschiebungen in der Regierung kommen wird. Doch anders als in
Griechenland sollte die konjunkturelle Erholung Spaniens zumindest das Risiko reduzieren, dass vergleichsweise radikale
Parteien die Regierung bilden.
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