Mentalisieren - Verbands der Psychologielehrerinnen und

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Mentalisieren - Verbands der Psychologielehrerinnen und
„Mentalisieren“
Zu neueren Entwicklungen in Psychoanalyse und
analytischer Gruppenpsychotherapie
26. März 2011
Verband der
Psychologielehrerinnen und
-lehrer e.V.
Dortmund
© Ulrich Schultz-Venrath
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
EVK/ Bergisch Gladbach
Universität Witten/Herdecke
[email protected]
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Aufruf des Worts Psychoanalyse
Themen
• Geschichtliche Entwicklung
• Mentalisieren verstehen
• Theoretische Hintergründe
• Affekt- und Emotionsregulation
• Mentalisierungsbasierte Interventionen in
Gruppenpsychotherapien
• Mentalisieren in Teams und Organisationen
Historische Wurzeln
(Fain & David 1963, Fain & Marty 1964, Marty 1991,
Lecours & Bouchard 1997)
Alexithymie
(Konkretistisches Denken,
Pensée operatoire)
M
als
vorbewusste
Ich-Funktion,
die basale körperliche
Empfindungen und motorische
Muster durch eine verbindende
Aktivität umwandelt
Interventionen in Psychotherapien eine Unterhaltung zwischen Nervenzellen?
(Kandel 1979)
„Auf der Suche nach dem Gedächtnis“
• »Wenn ich zu jemanden spreche und er oder sie mir zuhört,
haben wir nicht nur Sicht- und Stimmkontakt, sondern die
Aktivität der neuronalen Maschinerie in meinem Gehirn hat eine
direkte und, wie ich hoffe, lang anhaltende Wirkung auf die
neuronale Maschinerie in seinem oder ihrem Gehirn, und
umgekehrt. Tatsächlich würde ich behaupten, dass die
psychotherapeutische Intervention nur insoweit Veränderungen
im Geist der Patienten hervorruft, insofern unsere Worte
Veränderungen in den Gehirnen der anderen erzeugen«
Was ist Mentalisieren?
(Dennett 1987, Baron-Cohen 1995, Fonagy 2000, Bateman & Fonagy 2004, 2006, 2008)
Mentalisieren ist die … meist vorbewusste
imaginative Fähigkeit, ”terms of mental states”
(Gedanken, Gefühle, Überzeugungen und
Wünsche) intentional auszutauschen, wodurch ein
Individuum implizit und explizit die Handlungen
von sich selbst und anderen als sinnhaft versteht
Dimensionen von Mentalisieren
• Mentalisieren ist die Fähigkeit, das eigene Verhalten
oder das Verhalten anderer Menschen durch
Zuschreibung mentaler Zustände zu interpretieren
• Sich selbst von außen und die anderen von innen zu
sehen
• Missverstehen verstehen
• „Having mind in mind“ – Sich des Psychischen
bewusst sein…
• Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
differenzieren
Implizites und explizites Mentalisieren
(mod n. Bateman & Fonagy 2010, 191)
Implizit / Automatisch
Explizit / Kontrolliert
„gewusst wie“
„Wissen,dass“
Reflexiv
Erfordert ein Bemühen
Schnell
Langsam
Erfordert wenig
Aufmerksamkeit
Unterhalb unserer
Bewusstseinsebene
Erfordert
Aufmerksamkeit
Setzt Bewusstheit
voraus und ist oft verbal
Äußerungen des expliziten Mentalisierens
• „Manchmal wundere ich mich, warum ich mich
immer wieder so anstrenge....“
• „Ich vermute, meine Mutter war ziemlich belastet
damals und hatte keine Zeit, über uns Kinder
nachzudenken…“
Nicht-mentalisierende Äußerungen
• „Das müssen Sie doch wissen, Sie sind doch der
Fachmann!“
• „Das liegt an meiner Mutter, dass es mir nicht
gelingt, einen richtigen Mann zu finden!“
• Zum Therapeuten: „Dass ich überhaupt hier bin, ist
noch das Beste an mir, aber eigentlich fühle ich
mich sehr aufgewühlt und konfus...“
Mentalisieren in Theorie und Praxis
(Ausbildung und Supervision)
• Fokus bisher vor allem
– Wie verstehen wir die innere Dynamik ?
– Was sagen wir dem Patienten ?
– Welche Deutung zu welchem Zeitpunkt ?
• Fokus unter dem Aspekt des Mentalisierens
– Wie lässt sich Veränderung anregen ?
– Wie sprechen und handeln wir konkret mit
Patienten ?
Merkmale von Pseudo-Mentalisieren
• Über Gedanken und Gefühle anderer mit absoluter
Gewissheit zu sprechen
• Sich darüber hinwegzusetzen, dass man fremde
Psychen niemals wirklich kennen kann
• Nicht zu begreifen, wie es auf den Betroffenen wirkt,
wenn ein anderer seine Gedanken und Gefühle
definiert
• Eigene Gefühle oder fremde Gedanken werden nur
anerkannt, wenn sie mit den Interessen des
Individuums übereinstimmen
• Psychologisierende Sprache (z.B. „mein Gefühlskanal
ist verstopft“)
Hypermentalisieren
• Ständige Beschäftigung und Besorgtheit bezüglich
der psychischen Befindlichkeit anderer, deren
Wohlergehen und deren Beeinflußbarkeit durch
einen selbst
Äußerungen des impliziten Mentalisierens
Das Taschentuch, das ich in die Hand nehme,
erinnert mich daran, dass ich es von meinem Vetter
kurz vor seinem Tod geschenkt bekommen hatte.
Ich denke an das Sterben dieses Vetters, um den
sich Kollegen – aber nicht ich – gekümmert hatten,
denen ich für ihre Hilfe dankbar bin.
Mir fällt meine Reise zu meiner Familie in die
Provinz ein und ich empfinde eine gewisse Schuld,
die Witwe dieses Vetters nicht besucht zu haben.
Diesmal war es mir zu dicht, mit ihrer Traurigkeit
konfrontiert zu werden. Ich nehme mir vor, den
Besuch im nächsten Sommer nachzuholen.
Warum ist Mentalisieren
für die psychische Entwicklung von Vorteil?
 Verhalten wird vorhersehbar und bedeutungsvoll
 Entstehung und Aufrechterhaltung von
Bindungssicherheit, Selbstkontrolle und
Affektregulation
 Unterscheidung zwischen inneren Repräsentanzen
(bzw. Phantasie) und äußerer Realität (wichtig für
die Verarbeitung von Traumata)
 Fördert Kommunikation
 Ermöglicht das Herstellen bedeutungsvoller
Bezüge zwischen innerer und äußerer Welt
Wesentliche Grundlagen
für die Theorie des Mentalisierens
• Autismusforschung
• Soziale Kognition - Theory of mind (ToM)
• Alexithymie-Konzept
• Affekt-Forschung
• Bindungsforschung/-theorie
• Neurobiologie/-Imaging
• Gen-Gehirn-Umwelt-Interaktionen (Epigenetik)
• Theorie des Mentalisierens
Autism-Spectrum-Disorders (ASD)
Störungen der sozialen
Interaktion (Perspektivwechsel,
Theory of mind)
Störungen der
Kommunikation
(non-verbale Kommunikation,
Blickverhalten)
Begrenzte Interessen und
repetitive, stereotype
Verhaltensmuster
Prognostische Bedeutung des Bindungsstils
Übereinstimmung der Klassifikationen über alle Gruppen 84 - 89%
(Sroufe et al. 1993, Wartner et al. 1994, Grossmann und Grossmann 1995)
1.Lj
Sicher
Kontinuität 100%
Unsichervermeidend
Kontinuität 75%
Unsicherambivalent
2.3.Lj
Adäquateres
Sozialverhalten im
Kindergarten
Phantasie ↑
positive Affekte ↑
Ausdauer ↑
Frustrationstoleranz ↑
Konzentration ↑
ängstlich-aggressiv
oder
konfliktvermeidend
oder Kindergärtnerin
zur Lösung von
Konflikten
einspannend
6.Lj
Offen – manchmal
reserviert, aber nicht
feindselige Begrüßung
Kommunikationsstil:
flüssig, einschließlich
über Trennung
Deutlich reservierter Mischung von
oder die Mutter ganz Nähesuchen und
versteckter
ignorierend
Ablehnung
Kommunikationsstil:
Trennung
von der
Mutter 1 h
Weniger flüssig,
eher unpersönliche
Themen
Kommunikationsstil:
Sprechpausen ↑
Misslung.SprecherHörer-Wechsel ↑
Desorg.desorientiert
Zwanghaft
fürsorgliches oder
forciertgutgelauntes oder
strafendkontrollierendes
Verhalten
Entwicklungsfunktion von Bindung
Affektdifferenzierung
Affektregulation
Affektrepräsentation
Reflektive
Funktion
Mentalisierungsfähigkeit
IIM-A
Affekt-orientiert
Aufmerksamkeitsfokussierung
Aufmerksamkeitssteuerung
IIM-C
Cognitions-orientiert
Interpersoneller Interpretationsmechanismus (IIM)
Fähigkeit psychologisch zu interpretieren
Unsichere Bindung
Gesteigerte physiologische Stressreaktion
Beeinträchtigte individuelle Stressregulation
Fehlende „soziale Modulation“ von Stress
Neigung zu externen „Regulatoren“
(z. B. exzessives Essen, Alkohol, Nikotin)
Ungünstige Nutzung protektiver Faktoren
(z. B. Hilfe suchen, soziale Unterstützung, Compliance, Selbstfürsorge)
Herabgesetzte Selbstaufmerksamkeit
Geringes Vorsorgeverhalten
Verminderte Inanspruchnahme
Krankheit
Bedeutung der Bindungstheorie
(Maunder & Hunter 2001)
Einschränkungen der Mentalisierungsfähigkeit
• Belastungs- und Bedrohungssituationen
• Situationen mit hohem Angstniveau
• Alter
• Angststörungen
• Depressionen
• Essstörungen
• Somatisierungsstörungen
• Borderline-Persönlichkeitsstörungen
Bindungsmuster von Psychotherapeuten
(Schauenburg et al 2006)
Hypothese
Unsicher ambivalent oder unsicher vermeidend gebundene (Gruppen-)
Psychotherapeuten werden eher theoriegeleitet intervenieren als sicher
Gebundene
Das Gesicht als zentrales „Interface“
für emotionales Lernen
(= Entwicklung von Repräsentanzen?)
12-21-Tage-alte Babies, die die Gesichtsausdrücke eines Erwachsenen imitieren
(Meltzoff & Moore 1977)
Funktionen des „mirror neuron system“
(Iacoboni et al. 2005)
• Imitation
• Kodierung der Intentionen einer Handlung, nicht nur der
Handlung
• Identifikation
• Empathie
• Fähigkeit, Lautäußerungen nachzumachen
• Intuitives Verstehen
• Resonanzphänomene (unwillkürliche Erwiderung eines
charmanten Lächelns)
Spiegelneurone - Emotionale Resonanz
 Frühe traumatische Beziehungserfahrungen sind
ausschließlich im körperlichen, prozeduralen
Gedächtnis gespeichert und können deshalb nicht
bewusst erinnert oder in Worten ausgedrückt werden
(allenfalls nach markierter Spiegelung!)
 „Wer sich nicht (in gemeinsame Szenen) verwickelt,
spielt keine Rolle“
Mentalisieren als Prozess
somato-psychischer Entwicklung
(mod. n. Lecours u. Bouchard 1997)
• Transformationen von Trieb-Affekt-Erfahrungen
führen zu zunehmend geordneteren psychischen
Phänomenen und Strukturen und stärken das
„Immunsystem“ der Psyche
• Affekttoleranz und -modulation
• Kontinuierliche, niemals endende Transformation
affektiv-sensorischer Reize durch die Organisation
und Multiplikation von Repräsentanzen ist ein
langsamer und progressiver Prozess, vielleicht ein
lebenslanges Projekt
Entwicklung von somatischen
zu mentalen Repräsentanzen
(mod. n. Deri 1978 u. Blatt 2004)
Sensomotorische Repräsentanz (≡ proto-symbolische
Ebene)
z.B. Suchreflex des Säuglings nach der Brust, Daumenlutschen
Perzeptive Objekt-Repräsentanz
z.B. Blick der primären Bezugsperson, Übergangsobjekt
Ikonische Objekt-Repräsentanz
z.B. Metaphern
Konzeptuelle und/oder symbolische Objekt-Repräsentanz
z. B. sprachlich-gedankliche Symbolisierung
Mentale Repräsentanzen & „Inner Working Model“
(Bowlby 1958)
• IWM sind kognitive Schemata (= mentale
Repräsentanzen), in denen Erwartungen bezüglich des
Verhaltens einer bestimmten Person gegenüber dem
Selbst gespeichert sind
• Erwartungen beruhen auf mentalen Repräsentanzen, die
auf wiederholten Interaktionen mit dieser Person
basieren
• Mentale Repräsentanzen entwickeln sich langsam,
bleiben aber ein Leben lang relativ stabil
SEEKING (exploration)
FEAR
RAGE
LUST (sexual)
CARE (love)
PANIC (separation distress)
PLAY (joy)
Entwicklung des Selbst und Affektregulation
(Bateman & Fonagy 2006, 2007)
Psychisches
Selbst
sekundäre
Repräsentationen
Repräsentation
des eigenen
Zustands
Ausdruck
„Verdauung“
Körperliches
Selbst
primäre
Repräsentationen
Abnahme der
Zustand innerer
inneren
Erregung
Erregung
Kind
Resonanz
Bindungsperson
Äquivalenz-Modus
• Psyche-Welt-Isomorphismus
• Innere Welt und äußere Realität werden als identisch erlebt
• Erschreckende innere Bilder bekommen Realitätscharakter
• Subjektive psychische Erfahrung wird als schrecklich
erlebt; Panikanfälle, Albträume, Flashbacks
• Intoleranz gegenüber alternativen Perspektiven
„Ich weiß, wie es ist; keiner kann mir etwas erzählen!“
• Selbstbezogene negative Kognitionen wirken real
Minderwertigkeitsgefühle SIND minderer Wert
Als-Ob-Modus
• Innere Welt ist von der äußeren Realität entkoppelt
• Gedanken bilden keine Brücke zwischen Innen und Außen
• Gefühle von Leere und Bedeutungslosigkeit
• Endlose Gespräche über Gedanken und Gefühle – ohne
dass diese zu Veränderungen führen
• Gleichzeitiges Bestehen widersprüchlicher Überzeugungen
• Affekt und Gedanken stimmen häufig nicht überein (stehen
in einem unscharfen Verhältnis zueinander)
Teleologischer Modus
• Die Umwelt muss „funktionieren“, um eigene
innere Spannungszustände zu mindern
• Eigene Handlungen werden eingesetzt, um andere
zu etwas zu bewegen
• Nur real Beobachtbares ist von Bedeutung –
Gedanken, Gefühle, Mentalisieren treten in den
Hintergrund
• Nur real befriedigende Handlungen oder
körperliche Eingriffe sind in der Lage, innere
Zustände zu beeinflussen
Bindungsmuster aktivieren und deaktivieren
Mentalisierung
• Sichere Bindung erhöht die Fähigkeit zur
Mentalisierung
• Unsichere oder desorganisierte Bindung deaktiviert
Mentalisierung
• Beziehungen, die das Bindungssystem aktivieren
(z.B. Verliebtsein - love is blind - oder Bedrohung),
können die akute Wahrnehmung psychischer
Zustände anderer vermindern
Folgen desorganisierter „Bindung“
(Bateman & Fonagy 2006, 2007)
Fremdes Selbst / eigener Körper als Objekt
Psychisches
Selbst
sekundäre
Repräsentationen
Nicht
kontingente
Repräsentation
Ausdruck
misslingende
„Verdauung“
Resonanz
Körper-Selbst
primäre
Repräsentationen
Innere Erregung
Zustand
innerer
bleibt
oder
Erregung
steigt an
Kind
Bindungsperson
Nicht mentalisierendes mütterliches Verhalten
(Allen et al 2008, 2011)
• Äußert sich durch affektive Kommunikationsfehler, z.
B. Lachen, wenn das Kind weint
• Rollenverwechslungen und Grenzverletzungen, z. B.
Einfordern einer Liebesbekundung,
• Ängstliches Verhalten (z. B. Sprechen mit piepsiger
Stimme)
• Intrusives Verhalten (z. B. Mitzerren des Kindes am
Handgelenk)
• Rückzug (das Kind wird bei der Wiedervereinigung
nach einer Trennung von der Mutter nicht zur
Kenntnis genommen)
Entwicklung des Selbst und Affektregulation
(Fonagy et al. 2002)
• „Da das Selbst nur im Kontext mit anderen existiert,
(ist) die Selbstentwicklung gleichbedeutend … mit
dem Sammeln von Erfahrungen des Selbst in
Beziehungen“
Prä-Post-Outcome-Effektstärken
(Anbeh 2004, Anbeh u. Tschischke 2010, Calabrese APA 2004, Grawe et al 1994, Hautzinger et al
2005, Leichsenring & Leibing 2003, Kösters et al 2006, Kösters & Strauss 2007, Lorentzen &
Hoglend 2004, Sandell et al 2001, Strauß & Burgmeier-Lohse 1994, Tschuschke 2004, Turner et al
2008)
Intervention
Psychopharmaka
Psychotherapie allgemein
Effektstärke(n)
0.2 - 0.76 (0.15-0.37)
0.6 - 1.11
GT
1.14
VT
KVT
1.0 - 1.23
1.2 - 1.3
Psa Therapie
1.46 - 1.55
(Analytische)
Gruppenpsychotherapie
0.59 - 2.13 (GAF 3.1!)
Zur Sozialität des autobiografischen Gedächtnisses
(Welzer 2006, 127. In: Welzer/Markowitsch (Hg)
Warum Menschen sich erinnern können)
„Menschen sind vielleicht viel besser zu verstehen,
wenn man sie nicht als Individuen betrachtet,
sondern als Schnittstellen in einem Netzwerk“
Gründungspioniere der Gruppenanalyse (GA) und
gruppenanalytischen Psychotherapie
Trigant Burrow (1875-1950) - USA
Die Gruppenmethode in der
Psychoanalyse (1926)
Siegmund Heinrich Foulkes (1898-1976)
Group-analysis: studies in treatment
of groups on psycho-analytical lines
(with E. Lewis) (1944)
Entstehung der GA während des II. Weltkriegs aus
Personalmangel der Militär-Krankenhäuser, um der großen
Zahl von Notfällen zu begegnen – z.B. im Northfield Military
Psychiatric Hospital
Foulkes´ Idee von Wirkfaktoren
• Mirroring – Gruppe als „Festsaal von Spiegeln“
– Die Erkennung und mögliche Akzeptanz von projizierten Selbstanteilen im
anderen mag einen wichtigen therapeutischen Vorteil repräsentieren
• Exchange – Anteilnahme der Gruppenmitglieder auf
verschiedenen Ebenen (supportive und sozialisierende
Gruppenfunktionen)
• Free-floating discussion – Äquivalent zur freien Assoziation in
der Psychoanalyse (insbesondere Träume)
• Resonance – Widerspiegelung von Gefühlen und Themen durch
die Gruppe mit Aspekten von Identifikation
• Translation – Gruppenäquivalent, unbewusstes bewusst zu
machen
Hypothesen zur Überlegenheit der
analytischen Gruppentherapie
• Mentalisierung gelingt wahrscheinlich nirgendwo besser
als in der Gruppe (braucht aber Zeit!)
– Keine dyadische Spiegelung, sondern (diskrepante) MultiSpiegelung des eigenen Erlebens dosiert das primäre
Erleben bzgl. affektiver Repräsentanz und verringert die
Fehler-Möglichkeiten (eines zu viel oder zu wenig)
– Jede (gelingende) Gruppe wiederholt über die
Wiederherstellung von Bindung die Entwicklung der
Reflexionsfunktion vom Säugling bis zum Erwachsenen
(face-to-face-Austausch affektiver Signale, ÄquivalenzModus, Als-ob-Modus, Entwicklung der Affektrepräsentation)
– „In learning to communicate, the group can be compared to a
child learning to speak“ (Foulkes & Anthony 1964, S.263)
Basale mentalisierungsbasierte
Gruppentechniken
(mod Bateman 2010)
• Offene Fragen
• Zirkuläres oder affektfokussiertes Fragen, Neugier,
empathisches Infragestellen (challenge),
Geschichten und Grenzen erforschen (exploring
narratives)
• Vielfältigkeit der Fragen
• Intersubjektiver Raum im Hier und Jetzt
3-D-Modell
mentalisierungsbasierter TK-Behandlung
(mod. n. Vermote 2003)
Sicherheitsgefühl
Mentalisierung –
selbstreflexive
Funktion
Objektbeziehungen
Therapievereinbarungen
(z. B. Regeln
bzgl.
• Esstagebuch
• Gewichtsvertrag
• Alkohol- und Drogenverzicht
• Verbot von selbstverletzendem Verhalten
• Beachtung des
therapeutischen Rahmens)
Rituale
Anwesenheit mindestens einer
Pflegekraft
Reflektives metabolisierendes
und „Containing“-Verhalten des
therapeutischen Teams
erfahrbar durch
Gruppenpsychotherapie
Körper- und Tanztherapie
Kunst- und
Gestaltungstherapie
Fokus auf unbewusste
maladaptive
Wiederholungsmuster
pathologischer
Objektbeziehungen im Hier und
Jetzt
(sowohl in der Einzel- wie in
der Gruppentherapie und
gegenüber dem
therapeutischen Team)
Psychotherapeutisches
Reiten
Creative Writing
Psychoanalytische Gruppenkonzepte
Pioniere
Psa durch Foulkes (1948,
die Gruppe 1975)
Konzepte
„Ego-training in action“
Spiegelung, Matrix, Austausch,
Resonanz einschließlich des Leiters
Konzept
„AntiGruppe“
Nitsun (1996)
Blick auf destruktive Aspekte, die die
Integrität von Gruppe und ihre
Entwicklung bedrohen
Umgang mit Anti-GruppenPhänomenen
Zentrale Techniken
MBT Gruppe
Gruppenanalyse
Ermutigung zur SelbstExploration durch
„inquisitorische
Neugier“
Spiegelung
Deutungen der Gruppe
als Ganze(s)
Vermeidung von
Schweigephasen
(resonating mind)
Projektion, Introjektion
und Identifikation
Schweigen wird
akzeptiert
Keine Übertragungs- /
Gegenübertragungsdeutungen in nichtmentalisierenden
Phasen!
Übertragungs- /
Gegenübertragungsdeutungen
Ziel: Mentalisieren
Ziel: Vom Symptom
zum Konflikt
Mentalisierungshemmende Interventionen
• „Sie sind verwirrt“
• „Sie verwirren mich“
• „Könnte es sein, dass Sie jetzt wütend sind?“
• „Was Sie wirklich fühlen, ist...“
• „Ich denke, was Sie mir/uns wirklich erzählen, ist... „
• „Ich denke, Ihre Erwartungen an diese Situation / die
Gruppe sind verzerrt...“
• „Was ich denke, was Sie meinten war...“
• „Was Sie eigentlich denken, ist...“
Mentalisierungsfördernde Interventionen
• „Ich bin nicht sicher, ob…“
• „Könnte es sein, dass …“
• „Wie glauben sie (an die Gruppenmitglieder), fühlt
sich dies für Herrn X. an?“
• „Könnten Sie erklären, was Sie dazu brachte, …“
• „Wie können sie (an die Gruppenmitglieder) ihr noch
helfen, damit sie versteht, wie Sie sich fühlen?“
• „Was würden Sie jemand anderem raten, wenn er in
einer ähnlichen Situation wäre wie Sie?“
• „Frau M. scheint an diesem Punkt nicht weiter
zukommen. Kann ihr jemand helfen?“
Merkmale eines extrem niedrigen
Mentalisierungsniveau in der Gruppe
• Antireflektive Einstellung
– Feindlichkeit
– Ausflüchte
– Nicht-verbale Reaktionen
• Versagen eines adäquaten Herausarbeitens von
Bedeutung
– Mangel an Integration
– Mangel an Erklärung
• Unangemessene Annahmen
– Übersteigert große Annahmen über den Gruppenleiter
– Buchstäbliche Bedeutung von Wörtern
Merkmale eines niedrigen
Mentalisierungsniveaus in der Gruppe
• Beschäftigung mit Regeln, Verantwortlichkeiten
(„was man sollte und nicht sollte“)
• Verleugnung der eigenen Anteile bei Problemen
(Externalisierung)
• Beschuldigen oder Fehler findend
• Ausdrücke von Gewissheit über die Gedanken und
Gefühle anderer
Charakteristika für Pseudomentalisieren
auf der Gruppe-als-Ganzes-Ebene
• Gruppenmitglieder
– behalten etwas für sich, sind rigide
– intellektualisierend und psychologisierend
– Klischee-Sprache und Jargon
– wirken gelangweilt
– machen lange Ausführungen, unlebendig
– fordern sich nicht heraus, weichen aus, sind ängstlich,
konkretistisch, geben Ratschläge, etc.
• Gegenübertragung: Gefühl von Langeweile,
unlebendig, uninteressiert, “was mache ich hier?,
warum habe ich diesen Beruf gewählt?”
Charakteristika für gelingendes Mentalisieren
auf der Gruppe-als-Ganzes-Ebene
• Gruppenmitglieder sind
– vital, lebendig
– offen, aufrichtig, beteiligt
– aktiv die intersubjektiven “Transaktionen” erforschend,
begierig beim Herausfinden, manchmal spielerisch
– mit einem konstanten Fokus darauf, wie die eigene
psychische Befindlichkeit (mental state) und die der anderen
zu verstehen ist
• Gegenübertragung: Gruppe ist ebenso tief bedeutsam
wie Spaß machend
Charakteristika für Äquivalenzmodus
auf der Gruppe-als-Ganzes-Ebene
• Gruppenmitglieder sind
– aggressiv, fordernd, Schuld zuweisend
– labilisierend, attackierend
– Angstniveau hoch
– mißtrauisch
– Sündenbock suchend
– Kein Raum für Neugier, Erforschung und Herausfinden
anderer Perspektiven
• Gegenübertragung: Unbehagen, Furcht, Wut,
Hilflosigkeit
Leiterstile als Determinanten für
Gruppenentwicklung
Persönlichkeitsstile
GrundannahmenFunktionsweise (Bion)
• Narzisstisch
• Zwanghaft
• Kampf-Flucht
• Paranoid-schizoid
• Paarbildung
• Hysterisch-Inzestuös
• Abhängigkeit
• Phobisch/angstneurotisch
• Depressiv
• Arbeitsgruppe