Text U-Bahnbremsen
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Text U-Bahnbremsen
Wie funktioniert eigentlich …? …das Bremsen einer U-Bahn? „Bitte zurückbleiben!“ Kaum haben sich die Türen geschlossen, fährt die U-Bahn mit einem sanften Ruck an, beschleunigt und saust durch den dunklen Tunnel zur nächsten Haltestelle, wo sie behutsam wieder abbremst, damit die Fahrgäste nicht durch den Zug purzeln. Als Fahrgast realisiert man es kaum, aber U-Bahnen erreichen zwischen zwei Haltestellen Geschwindigkeiten von bis zu 80 km/h! Von 80 km/h auf Null – bremsbereit in jeder Situation Bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h beträgt der Bremsweg etwa 200 Meter, beinahe die gleiche Strecke, die der Zug braucht, um auf diese Geschwindigkeit zu beschleunigen. Bedenkt man, dass die durchschnittliche Entfernung von einer U-Bahnhaltestelle zur nächsten in München etwa 800 m beträgt, dann kann man sich vorstellen, dass ein ausgeklügeltes System dafür sorgen muss, dass der Zug rechtzeitig wieder abgebremst wird, um punktgenau am Bahnhof zum Stehen zu kommen. Das gilt übrigens nicht nur, wenn normaler Fahrbetrieb herrscht, sondern auch, wenn ein Fahrgast in einer Gefahrensituation die Notbremse zieht. Der U-Bahnfahrer erkundigt sich zunächst nach dem Grund für das Ziehen der Bremse, informiert das Betriebszentrum, das den Einsatz der erforderlichen Rettungskräfte organisiert, und leitet dann den Bremsvorgang so ein, dass der Zug im nächsten Bahnhof anhält. Dadurch wird sichergestellt, dass Rettungskräfte den Zug, beispielsweise im Falle eines Brandes, unkompliziert erreichen können. Der Bremsvorgang funktioniert jedoch, egal aus welchem Grund er stattfindet, immer gleich. Das Antriebssystem der U-Bahn Alle Züge der Münchner U-Bahn werden mit Strom mit einer Gleichspannung von 750 Volt betrieben. Jeder einzelne Wagen kann jedoch, etwa in Betriebspausen oder bei schweren Betriebsstörungen, durch den Hauptschalter vom Stromkreislauf abgetrennt werden. U-Bahnzüge der neuesten Generation bestehen in der Regel aus zwei Kopfwagen und vier Mittelwagen. Jeder Kopf- und jeder Mittelwagen ist mit der Technik für Heizung, Lüftung und Antrieb sowie den Bremswiderständen ausgestattet. In den Kopfwagen sind zusätzlich Geräte untergebracht, die die Steuerung des gesamten Zuges oder einzelner Elemente ermöglichen. Dazu gehören unter anderem Hauptund Steuerstromkasten sowie die Führerstandsklimaanlage. Die einzelnen Wagen sind mit jeweils vier Antriebsmotoren versehen, also ein Motor je Achse. Bestimmte Komponenten der Antriebssteuerung sorgen dafür, dass der -1- Gleichstrom, der von der dritten Schiene, die neben den Gleisen läuft, abgenommen wird, in Drehstrom umgewandelt wird und die Motoren des Wagens dann antreibt. Das Antriebssystem jedes Wagens, das sowohl das Beschleunigen bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof, als auch das Bremsen bei der Einfahrt in den nächsten Bahnhof übernimmt, wird zusätzlich durch die Streckenneigung unterstützt. Bei Ausfahrt aus dem Bahnhof fährt der Zug gewissermaßen bergab, was die Beschleunigung des Zuges unterstützt. Die Strecke verläuft dann eine Weile möglichst waagerecht weiter, bis sie wieder auf das Niveau des nächsten Bahnhofs ansteigt und damit den Bremsvorgang erleichtert. Der Beschleunigungsvorgang – Strom wandelt sich in Leistung um Der Stromkreis zwischen Zug- und Gleissystem wird über Stromabnehmer mit Gleitschuhen, die über einen Druckluftimpuls an die Dritte Schiene an- und abgelegt werden, geschlossen. Der hierbei abgenommene Strom wird direkt in die wagenübergreifende Ringleitung, die Spannungsschwankungen im Fahrstromkreis entgegenwirkt, eingespeist. Spannungsschwankungen entstehen beispielsweise beim Anfahren des Zuges. Das Antriebssteuerungsgerät (ASG), eine Regelungseinheit, die mit den Gleitschuhen verknüpft ist, steuert den Antriebsstromrichter mit IGBT-Halbleitern (Insulated Gate Bipolar Transistor). Die Schaltung dieser Transistoren sorgt dafür, dass Gleichstrom in Drehstrom umgewandelt wird. Der Drehstrom wird dann über die Asynchronmotoren in die für den U-Bahnbetrieb notwendige Leistung umgesetzt. Diese Leistung wird wiederum über Stirnradgetriebe auf die einzelnen Achsen übertragen und bewegt somit den Zug. Wenn die gewünschte Geschwindigkeit erreicht ist, wird der Antrieb abgeschaltet, und der Zug rollt weiter, bis das Bremsen entweder automatisch über die LZB (linienförmige Zugbeeinflussung) oder manuell durch den Fahrer eingeleitet wird. Der Abbremsvorgang – Bewegungsenergie wird in Strom umgewandelt Beim Bremsen eines Zuges muss die kinetische Energie, also die Bewegungsenergie, die die U-Bahn beim Fahren entwickelt hat, gewandelt werden. Um das zu erreichen, wird während des Bremsvorganges kinetische Energie in elektrische Energie umgewandelt. So erhält das Bremssystem beim Ziehen des Bremshebels durch den Fahrer sozusagen den Auftrag Strom zu erzeugen. Dasselbe System, das beim Beschleunigen Strom verbraucht hat, erzeugt jetzt Strom: Der Motor fungiert als Generator. Der Abbremsvorgang selbst kommt durch den Energieverbrauch zustande, der notwendig ist, um diesen „Generator“ anzutreiben. Erst, wenn das Bremsen der U-Bahn beendet und der Zug im nächsten Bahnhof zum Halten gekommen ist, wird kein weiterer Strom mehr erzeugt. -2- Der so erzeugte und nicht verbrauchte Strom wird im Stromrichter wieder in Gleichstrom umgewandelt und nach Möglichkeit wieder in das Netz zurückgespeist. Er steht damit anderen Zügen im System wieder zur Verfügung. Dadurch ist es möglich, dass ein Zug abbremst, die überschüssige Energie ins Netz einspeist und diese von einem anderen Zug gleich wieder zum Anfahren mitgenutzt wird. Der Strom, der nicht ins Netz zurückgeleitet werden kann, wird an die Bremswiderstände weitergeleitet. Der Bremswiderstand besteht aus Metallbändern, durch die der Strom fließt. Da der Strom beim Durchfließen der Metallbänder jedoch einen Widerstand überwinden muss, erhitzen sich die Bänder und der Strom wird in Wärme umgewandelt. Diese Wärme wird durch Konvektionskühlung wieder abgebaut, um eine Überhitzung des Bremswiderstands zu vermeiden. Im Winter wird die Wärmeenergie, die während des Bremsvorganges in Widerständen entsteht, zum Heizen der U-Bahn benutzt. Fällt übrigens der Stromkreislauf, der zum Bremsen genutzt wird, aus, springt an seiner Stelle eine mechanische Scheibenbremse ein – zum Stehen kommt der Zug also in jedem Fall! Text: TexteSatt, 2006. -3-