PDF hier - Karo

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GRUNDLAGEN
Text: Ralf Dietrich
Fotos: Ralf Dietrich, Ralf Beutnagel, Andreas Napravnik,
Peter Bults, Gerhard Zitzmann
Kite Aerial Photography für Einsteiger
Regelmäßig berichten wir in Sport & Design Drachen über
das Thema Luftbildfotografie. Unsere Autoren entführen uns
dabei immer wieder in fremde Gefilde, zeigen aber auch die
gewohnte Umgebung aus neuen, überraschenden Perspektiven.
Die Technik, die hinter diesen wunderschönen Aufnahmen
steht, scheint auf den ersten Blick extrem kompliziert. Doch
dem ist nicht so.
war ist noch kein Meister vom
Himmel gefallen, aber mit einem
klein bisschen „gewusst wie“ sind
schnell die ersten, eigenen Luftaufnahmen
vom Drachen aus gemacht. Dieser Artikel
soll dabei eine Hilfe für all diejenigen darstellen, die sich noch nicht so recht an das
Thema Kite Aerial Photography (KAP) also
Luftfotos vom Drachen aus, herangetraut
haben. Ein Überblick über die gängigen
Systeme soll dabei helfen, den Einstieg in
dieses faszinierende Thema zu finden.
Z
Mit Hilfe einer
Picavet-Aufhängung kann sich die
Kamera immer waagerecht ausrichten
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Trägerdrachen
Für KAP geeignete Trägerdrachen gibt es
viele. Die einen Drachenfreunde bevorzu-
Einfach aber ungemein effektiv: Dicke
Gummiringe beruhigen das KAP-System,
absorbieren Schwingungen
Die Kamera rotiert automatisch um ihre
Hochachse. Gut zu erkennen ist die LED,
welche die Kamera steuert
Das berühmte Rigg von Brooxes bietet
alles, was das KAPer-Herz begehrt. Es ist
als Bausatz im Kapshop erhältlich
KAP gleich einen Hargrave oder Österle
aufbauen?
man für eine Fesseldrachen-Luftbildfotografie benötigt: hoher Leinenwinkel
bei guter Zugkraft und stabiler Flug auch
unter schwierigen Bedingungen. Den
Dopero gibt es in unterschiedlichen
Größen, eine Bauanleitung ist auf der
Homepage von Ralf Beutnagel zu finden.
kräftiger Lifterdrachen hat sich die
Sutton-Flowform bewährt. Während die
originalen Fallschirmentwicklungen von
Jalbert – und somit auch deren legitime
Abkömmlinge, die Parafoil-Drachen – die
Luftströmung allein zum Füllen der Profilformung nutzen, gehen die Flowforms
einen entscheidenden Schritt weiter. Steve
Suttons Ansatzpunkt war in den 70erJahren der Hochdruckeffekt der Luft im
inneren einer Parafoil. Just dieses Phänomen wollte Sutton dazu nutzen, um
gleichzeitig Druck und Stabilität zu erhalten. Am Ziel angekommen, hatte
Sutton die gute alte Parafoil revolutioniert.
Die Form änderte sich hin zu einem
Backenzahn. Obere und untere Deck-
Zum Glück haben sich die verwendeten
Materialien im Drachenbau verändert und
damit einhergehend auch die Konstruktionen. Eine relativ neue Entwicklung, die
sich hervorragend für den KAP-Einsatz eignet, ist der Dopero von Ralf Beutnagel aus
Braunschweig. Ralf nahm als Grundlage
den bekannten Pearson-Roller, erweiterte
diesen mit weiteren Segelflächen und heraus kam der Doppel-Pearson-Roller, kurz
Dopero genannt. Dieser Drachen ist heute
so etwas wie das Standard-Zugpferd am
KAP-Himmel, denn bei ihm kommen alle
positiven Eigenschaften zusammen, die
Anforderungsprofil
Der Vorteil der stablosen Drachen liegt
meist im geringeren Gewicht und dem
kleineren Packmaß begründet. Die Anforderungen an ein stabloses KAP-Modell
sind die gleichen wie beim Kollegen mit
Stäben. Als besonders stabiler und zug-
Flowforms sind aufgrund ihres
niedrigen Gewichts und des geringen
Packmaßes als Trägerdrachen beliebt
gen Flach-, andere dagegen Kastendrachen. Die einen schwören auf Modelle
mit Stäben, andere sagen, dass stablose
Drachen die besten Möglichkeiten bieten
würden. Letztendlich gibt es keine „falschen“ oder „richtigen“ Drachen, solange
diese ihre Aufgabe erfüllen. Und der
Zweck ist, eine Last, hier unsere KAPAnlage, möglichst sicher und stabil in die
Luft zu befördern. Auf der Suche nach
dem optimalen Drachen müssen wir
somit Ausschau nach einer Konstruktion
halten, die bei einem steilen Flugwinkel
viel Druck auf die Leine bringt und obendrein wie angenagelt am Himmel steht.
In früheren Zeiten wurden weitaus größere Lasten mittels Kastendrachen sicher in
die Lüfte befördert. Doch wegen einer
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GRUNDLAGEN
Wie ein Seiltänzer dient die Pendelstange
zur Stabilisierung des KAP-Systems
Schönes, selbst gebautes Alu-Rigg
von Andreas Napravnik
der KAP-Anlage mittels Holzstäbchens in
die Schnur geknotet, wirken ungemein
beruhigend auf das System.
Der Maxi-Dopero überzeugt durch einen hohen Leinenwinkel bei guter Zugkraft und
stabilen Flugeigenschaften auch unter schwierigen Bedingungen
Aufhängung
schicht wurden mit Löchern versehen,
mittig in die Schleppkante eine weitere
große Luftöffnung eingebaut und die
Profilhöhe drastisch vergrößert. Harald
Prinzler aus Schlangen ist in Deutschland
wohl so etwas wie der Ansprechpartner
Nummer eins, wenn es um Flowforms
geht. Harald hat mehrere eigenständige
Typen entwickelt und Bauanleitungen
dafür auf seiner Homepage veröffentlicht.
Käuflich erwerben kann man einen
solchen Drachen aber natürlich auch bei
großen Drachenherstellern wie zum
Beispiel Invento.
auf, die an die Drachenleine weitergegeben
werden. Die Drachenleine sollte daher über
eine gewisse Elastizität verfügen, um diese
Schwingungen aufnehmen zu können.
Apropos Dämpfung. Auch hier gibt es
einfache wie wirkungsvolle Möglichkeiten,
die Leine im Bereich der KAP-Anlage ruhig
zu bekommen: dicke Gummiringe, beispielsweise von der Auspuffanlage eines
Autos, kurz vor und hinter der Aufhängung
Früher oder später kommt der Zeitpunkt, an
dem das Ganze mit der Drachenschnur verbunden werden muss. In früheren Zeiten
wurde die Kamera einfach in den Drachen
gehängt und dann mittels Zeitverzögerung
ausgelöst. Die Kamera samt Drachen wurde
dann wieder eingeholt, die Kamera in
Schussbereitschaft versetzt und das System
wieder in die Luft gelassen. Neben der man… und aus der
Luft fotografiert
Die Leine ist wohl das am Meisten unterschätzte Element in einem KAP-System. Zu
Unrecht, trägt sie doch wesentlich zu guten
Aufnahmen bei. Zwei Punkte sind bei den
Schnüren insbesondere zu beachten.
Erstens sollten sie über genügend Reserven
in der Bruchlast verfügen, um ein Drachen
nebst Kamera auch bei böiger Wetterlage
sicher in der Luft zu halten. Zum Zweiten
treten durch besagte Böen Schwingungen
gelnden Flexibilität und der großen Mühe
für nur eine einzige Aufnahme, hatte diese
Art der KAPerei noch einen weiteren, gravierenden Nachteil. Dadurch, dass die Kamera
direkt am Drachen saß, nahm diese jede
Schwingung mit. Unscharfe und verwackelte Aufnahmen waren das Resultat. Hieraus
ergibt sich, dass das KAP-System möglichst
weit weg vom Drachen sein sollte.
Heute lässt man den Drachen durchaus erst
einmal 60 bis 70 Meter aufsteigen, bevor
man das System in die Leine hängt. Dann
jedoch stellt sich die Frage, wie das System
wirkungsvoll in der Leine befestigt werden
kann. Zwei Systeme haben sich als brauchbar herausgestellt. Die einfachste Methode
ist das Pendel. Ein Stab wird an seinem vorderen und hinteren Ende in die
Drachenschnur geschlauft. Mittig an diesem Stab ist ein weiterer Stab befestigt, der
frei schwingend als Pendelstange wirkt. Am
unteren Ende des Pendels wird schließlich
die KAP-Anlage befestigt. Wesentlich besser, aber auch ein wenig aufwändiger, ist die
Picavet-Aufhängung. Hierzu wird das
System mittig an einem Kreuz aufgehängt.
An den Eckpunkten des Kreuzes befinden
sich Rollenblöcke aus dem Segelbedarf, an
den beiden Aufhängepunkten an der Leine
sind doppelte Rollenblöcke angebracht.
Ein Drachen wird nahe an
das KAP-System geflogen …
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Durch die Luftbildfotografie kann man Landschaften aus völlig neuen Perspektiven erkunden
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Eine Schnur wird nun in einer ganz
bestimmten Reihenfolge durch besagte
Rollenblöcke gefädelt. Durch diese
Aufhängung kann sich die Kamera immer
waagerecht ausrichten und das bei der
Bewegung um die senkrechte Achse auftretende Gegendrehmoment wird aufgefangen. Weitere Informationen zur PicavetAufhängung finden sich auf den schon
angesprochenen Internetseiten von Ralf
Beutnagel und Manfred Fuchs.
Funksignale
Nach Leine und Aufhängung sind wir
nun endlich bei der Kamera angekommen. Diese muss ordentlich an der
Aufhängung befestigt werden. Wie schon
bei der Aufhängung, möchten wir auch
hier zwei Möglichkeiten des so genannten
Riggs untersuchen. Die einfache Methode
ist als Autorigg bekannt. Hierzu wird dieses mit der Kamera verbunden und diese
in einem gewissen Neigungswinkel
fixiert. Mittels internem oder externem
Auslöser macht die Kamera nun alle paar
Sekunden eine Aufnahme. Die mit etwas
mehr Luxus versehenen Autoriggs drehen die Kameras zudem langsam in
einem Vollkreis.
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Auch wenn diese Methode einfach und
preiswert ist, so richtig flexibel ist sie nicht.
Also muss eine Fernsteuerung her. Auf dem
Markt befinden sich Fernsteuerungen im
27-, 35- und 40-Megahertz-Band. Das mit
27 Megahertz ist für jedermann zugelassen,
sodass es hier keine Einschränkungen gibt.
Dank funkferngesteuerter Autos und CBFunk sind Störungen vorprogrammiert. Das
35-Megahertz-Band wiederum ist ausschließlich für Flugmodelle reserviert. Bleibt
für unseren Zweck also nur das 40-Megahertz-Band. Zur Steuerung benötigen wir
neben Sender, Empfänger und Akkus
Bei der „Pole Aerial Photography“
werden Luftbilder mit Hilfe einer
langen, ausfahrbaren Stange gemacht
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GRUNDLAGEN
Wundervolles
Spielzeug für wenig
Geld: Die leichte
FlyCamOne, die an
einem Drachen montiert werden kann
xAP
PAP kommt da zum Einsatz, wo es an Wind fehlt oder ein sicheres Drachensteigen
nicht möglich ist – beispielsweise in Wohngebieten
zusätzlich zwei Servos. Eines, um die
Kamera zu kippen, ein Weiteres, um die
Kamera zu drehen. Übrigens, wer sich nicht
zutraut ein Rigg aus vielen Einzelkomponenten zusammenzustellen, der
wird im KAPshop bei Peter Bults fündig.
Hier gibt es sowohl fertige Riggs als auch
komplette Bausätze zu kaufen – Fernsteuerung inklusive.
Fernauslösung
Mittels eines dritten Servos wird die
Kamera ausgelöst und die eigentliche
Flugaufnahme getätigt. Mittlerweile gibt es
jedoch noch ein besseres System. Verfügt
die Kamera über eine Infrarot-Schnittstelle,
kann diese mittels Infrarot (IR)-LED ausgelöst werden. Die LED-Elektronik wird dabei
einfach in den Empfänger gesteckt, während bei der Kamera neben dem Auslöser
oftmals auch die Brennweite ferngesteuert
werden kann. Näheres hierzu ebenfalls im
KAPshop. Welche Kamera verwendet wird,
bleibt letztendlich jedem selbst überlassen.
Von Vorteil sind gewiss moderne Digitalkameras im Kompaktformat, andernfalls
übertrifft der Preis des verwendeten Filmmaterials schon bald den Anschaffungspreis einer Digitalen. Beim Kauf der
Letztgenannten sollte darauf geachtet werden, dass diese über eine IR-Schnittstelle
verfügt und gegebenenfalls einen Bildstabilisator eingebaut hat.
Sehr hilfreich sind im Übrigen auch
Systeme, die ein Live-Bild per Videoübertragung zum Boden senden. Das Bild wird am
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Videoausgang der Kamera abgenommen
und an einen Sender geschickt. Dieser funkt
das Videosignal zum Boden, wo es von
einem speziellen Empfänger aufgenommen
und auf einem LCD-Schirm ausgegeben
wird. Es gibt diese Übertragungseinheiten
schon relativ preiswert zu erstehen. Doch
der Umstand, dass diese käuflich zu erwerben sind, sagt leider nichts über ihre
Legalität aus. Oftmals begeht man eine
strafbare Handlung, wenn solch ein System
in Betrieb genommen wird. Es gibt zwar
auch legale Systeme, diese kosten dann aber
gleich mehrere hundert Euro. Näheres zu
diesem Thema gibt es auf den Seiten von
Kern Electronic.
Apropos Videoaufzeichnung. Eine nette
Spielerei ist die FlyCamOne von ACME.
Dies ist eine mobile Webcam, die nur wenige Gramm wiegt. Mittels Klebe- oder
Klettband wird diese am Drachen befestigt
und auf Aufnahme geschaltet. Anschließend wird der Drachen auf Höhe gebracht.
Der interne Speicher dieser Kamera ist mit 8
Megabyte zwar relativ klein, fügt man der
Cam aber noch eine SD-Card mit einer
Kapazität von einem Gigabyte zu, hat man
die Möglichkeit, eine 70 Minuten lange
Videoaufnahme von seinem Drachenaufstieg zu machen. TV-Niveau sollte man
von der FlyCamOne zwar nicht erwarten,
für rund 50,– Euro ist aber jede Menge
Spaß vorprogrammiert. Zu beziehen ist
die Cam unter anderem über MetropolisDrachen. Wir haben ein wenig mit dieser
Kamera gespielt und das Ergebnis ist
unter http://www.roloplan.de/flycam zu
bewundern.
Und was machen, wenn gerade kein Wind
ist oder ein Drachen aus anderen Gründen
nicht in die Luft gelassen werden kann?
Dann schlägt die Stunde von xAP. Ein mit
Helium gefüllter Ballon kann beispielsweise
ein Rigg in den Himmel tragen. Das nennt
sich dann BAP für „Balloon Aerial Photography“. Oder aber man nimmt eine lange
Stange und befestigt am oberen Ende die
Kameraausrüstung. Dann sind wir im
Bereich von PAP, der „Pole Aerial Photography“. Ausgereifte Systeme, wie das der in
Finnentrop ansässigen Firma Karo-Systems,
steuern die Kameraeinheit an der Spitze des
Teleskopmasts, der zwischen 10 und 15
Meter aufragt, mittels Kabelfernsteuerung.
Luftbilder in Wohngebieten, in denen man
normalerweise keinen Drachen sicher an
den Himmel stellen kann, sind mit diesen
Systemen kein Problem mehr. Unser Partnermagazin KITE & friends wird in einer der
nächsten Ausgaben näher auf diese Möglichkeit der Luftbildfotografie eingehen.
Natürlich konnte dieser Artikel nur einen
kleinen Einblick in die spannende Welt von
KAP & Co. bieten. Weitere Informationen
finden sich im Internet, wobei ein guter
Einstieg die einschlägigen Internetforen
sind. Das deutschsprachige KAP-Forum
findet sich unter www.drachenforum.
net/forum/show board.php?id=65, wer
sich auf Englisch über die Luftbildfotografie austauschen möchte, wird
unter http://arch.ced.berkeley.edu/
kap2/php/wind/discuss fündig.
MEHR ZUM THEMA
http://members.aol.com/hprinzler/
index_d.htm
www.dopero.de
www.drachenwelt.at
www.invento-hq.com
www.kap-man.de
www.kapshop.com
www.karo-systems.de
www.kern-electronic.de
www.metropolis-drachen.de
www.acme-online.de
www.sport-und-design-drachen.de

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