Herbert Lippert Lehrbuch Anatomie

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Herbert Lippert Lehrbuch Anatomie
Herbert Lippert
Lehrbuch Anatomie
Extrait du livre
Lehrbuch Anatomie
de Herbert Lippert
Éditeur : Elsevier Urban&Fischer Verlag
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4.5.8 Gallenblase (Vesica biliaris [fellea])
Aufgaben
Die in der Leber gebildete Galle strömt über Ductus hepaticus
communis und Ductus choledochus [biliaris] zum Duodenum.
Verhindern die an der Einmündungsstelle gelegenen Schließmuskeln das Abfließen in den Darm, so wird über den Ductus
cysticus die Gallenblase gefüllt.
• Die Gallenblase fasst maximal 40-100 ml Galle. Um mehr Galle
speichern zu können, wird die Galle auf das 5- bis 10-fache
durch Wasserentzug eingedickt.
• Nach Öffnen der Schließmuskeln entleert sich die Gallenblase
wieder, wobei sich die glatte Muskulatur ihrer Wand kontrahiert. Die Kontraktion der Gallenblase wird durch das von endokrinen Zellen der Darmwand sezernierte Hormon Cholecystokinin-Pancreozymin (CCK, 4.3.4) angeregt. Die Hormonsekretion wird durch Speisebrei im Duodenum ausgelöst. Aber
auch schon die Vorstellung von Speisen kann zur Kontraktion
der Gallenblase führen.
Feinbau
• Tunka mucosa (Schleimhaut): Charakteristisch ist ihre reiche
Fältelung. Im Schnittbild entsteht dabei manchmal der Eindruck, als ob sich Hohlräume unter Schleimhautbrücken bilden
würden. Das einschichtige Epithel besteht aus besonders hohen
Säulenzellen. Sie sezernieren vermutlich eine Art Schleim, der
die Oberfläche vor der Galle schützt. Eigene Schleimdrüsen
findet man nur im Hals. Das lockere submuköse Bindegewebe
enthält elastische Fasern und reichlich Blutgefäße (Abtransport
des resorbierten Wassers). Lymphknötchen fehlen.
• Tunica muscularis (Muskelwand): Glatte Muskelzellen sind
scherengitterartig durchflochten. Eine eigene Muskelschicht
der Schleimhaut fehlt. Die Muskelwand ist dünn: Die Blasengalle wird bei Bedarf nicht ausgespritzt, sondern fließt bei Erschlaffen der Schließmuskeln an der Papilla duodeni major
langsam aus. Dazu genügt ein kleines Druckgefälle.
• Telasubserosa (subseröse Bindegewebeschicht): relativ breit.
• Tunka serosa (Peritoneum): Es fehlt im Verwachsungsfeld mit
der Leber.
Äußere Form
Projektion auf die Rumpfwand: Der Gallenblasenboden liegt
der Rumpfwand etwa im Bereich der Spitze der 9. Rippe an: etwa
Schnittpunkt des Seitenrandes des M. rectus abdominis mit dem
Rippenbogen. Die Gallenblase muss allen Bewegungen der Leber
folgen. Ihr Höhenbezug zur Wirbelsäule ändert sich daher abhängig von der Körperhaltung, der Atmung usw. Der Gallenblasenboden projiziert sich auf die Höhe des 3. bis 4. Lendenwirbels.
Die kontrastmittelgefüllte Gallenblase kann man vom kontrastmittelgefüllten Nierenbecken am besten im seitlichen Röntgenbild unterscheiden: Die Gallenblase projiziert sich vor die Wirbelsäule, das Nierenbecken hingegen auf die Wirbelkörper.
• Die Gallenblase entspricht dem vorderen (unteren) Schenkel
der Leber-Hauptspalte (Abb. 4.5.8): Sie steigt vom Schnittpunkt
der Medioklavikularlinie mit dem Rippenbogen schräg nach
innen aufwärts.
• Der Ductus cysticus setzt zunächst diese Richtung fort und
biegt dann nach links zum Hauptgallengang um.
• Der Ductus choledochus läuft etwa parallel zur Wirbelsäule
nach unten und wendet sich dann zur Mitte des absteigenden
Teils des Zwölffingerdarms nach lateral (etwa Höhe des 2. Lendenwirbelkörpers).
Abb. 4.5.8: Projektion der
Gallenblase und der
Gallenwege auf die Bauchwand. [li8]
1 Ductus hepaticus dexter
2 Ductus hepati
cus sinister
3 Ductus hepati
cus communis
4 Ductus cysticus
5 Vesica biliaris [fellea]
6 Ductus choledochus [biliaris]
7 Papilla duodeni major
Peritonealverhältnisse: Die Gallenblase wird in den Peritonealüberzug der Leber eingeschlossen. Das Peritoneum fehlt nur im
Bereich der Verwachsung mit der Leber. Die Gallengänge liegen
in einer Bauchfellfalte, dem Lig. hepatoduodenale des kleinen
Netzes.
Die Gallenblase (Vesica biliaris [fellea]) ist ein birnförmiger Sack,
etwa 8 cm lang, mit einem Durchmesser von 3-4 cm. Man unterscheidet ohne scharfe Grenzen 3 Abschnitte:
• Fundus vesicae biliaris [felleae] (Gallenblasenboden): allseits
von Peritoneum überzogen, unterragt die Leber um 1-2 cm.
• Corpus vesicae biliaris [felleae] (Gallenblasenkörper): mit der
Leber breitflächig verwachsen.
• Collum vesicae biliaris [felleae] (Gallenblasenhals): nicht mit
der Leber verwachsen, Übergang in den Ductus cysticus, in
welchem eine spiralige Schleimhautfalte (Plica spiralis) den Abfluss der Galle behindert.
Variabilität:
• Sehr selten sind das angeborene Fehlen oder Verdoppelungen
der Gallenblase.
• Nicht so selten sind Formveränderungen (Einziehungen, Aussackungen), die z. B. im Röntgenbild an eine „phrygische Mütze" erinnern.
Lage
Druckschmerz
Bei der Gallenblasenentzündung (Cholecystitis) ist oft der Bereich um
den Schnittpunkt der Medioklavikularlinie mit dem Rippenbogen
druckempfindlich:
Murphy-Zeichen:Der Untersucher legt die Hand etwa in der Medioklavikularlinie auf die Bauchwand unterhalb des Rippenbogens oder umgreift diesen. Dann bittet er den Patienten, tief einzuatmen. Dabei tritt
bei der Gallenblasenentzündung häufig ein stechender Schmerz auf,
oder es verstärkt sich ein schon vorhandener Schmerz. Das MurphyZeichen ist bei sitzendem Patienten leichter auszulösen.
Die Gallenblase schmiegt sich in die Gallenblasengrube (Fossa
vesicae biliaris [felleae]) der Eingeweideseite der Leber zwischen
quadratischem und rechtem Leberlappen ein. Die Beziehung zur
Leber variiert zwischen loser Anlagerung und tiefer Einbettung in
das Lebergewebe. Dabei dringen kleine Venen der Gallenblase
offenbar in das Lebergewebe ein. Auf diesem Weg können Entzündungen der Gallenblase direkt auf die Leber übergreifen. Die
Gallenblasenarterie (A. cystica) ist ein Ast der A. hepatica propria
(Abb.4.5.8b).
Untersuchungsmethode
Palpation
Die gesunde Gallenblase ist nicht zu tasten. Eine stark vergrößerte
Gallenblase kann man evtl. in der Medioklavikularlinie vom unteren
Leberrand abgrenzen.
Head-Zone
Bei Gallenblasenerkrankungen strahlen die Schmerzen oft in die rechte
Schulter aus. Das Bauchfell der Gallenblase wird vom N. phrenicus
Leseprobe von Herbert Lippert „Lehrbuch der Anatomie“
Herausgeber: Elsevier Urban & Fischer
Leseprobe erstellt vom Narayana Verlag, 79400 Kandern, Tel: 0049 (0) 7626 974 970-0
sensibel innerviert. Sein Hauptanteil entstammt dem Segment C4. Aus
diesem kommen auch die Nn. supradaviculares. Bei einer heftigen
Bauchfellreizung um die Gallenblase gerät das ganze Segment C4 in
Aufruhr.
Klinik
Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung)
1 Laparoskopische Cholezystektomie: Die Entfernung der Gallenblase
auf laparoskopischem Weg ist heute die Methode der Wahl.
2 Konventionelle Cholezystektomie: Sie wird wegen der deutlich
langsameren Patientenmobilisation nur noch bei schweren Entzündungen (Empyem, Gangrän), bei Malignitätsverdacht oder starken Verwachsungen ausgeführt.
4.5.9 Gallensteinleiden
Klinik
Gallensteinleiden
Epidemiologie: In West- und Mitteleuropa sowie den USA haben mehr
als 12 % der Erwachsenen Gallensteine (etwa jeder zehnte Mann und
jede fünfte Frau). In Deutschland leben demnach etwa 8 Millionen
Menschen mit Gallensteinen. Davon hat etwa die Hälfte zeitlebens
keine Beschwerden (Gallensteinträger). Die andere Hälfte wird irgendwann zu Gallensteinkranken. Beschwerdereiche Zeiten können mit
vielen Jahren der Beschwerdefreiheit abwechseln.
• Überernährung scheint eine wesentliche Ursache des Gallensteinleidens zu sein. Gallensteine sind in den vom Hunger bedrohten Entwicklungsländern selten.
Entstehung: Das Verhältnis von Gallensäuren zu Cholesterin in der
Galle (4.5.1) beträgt normalerweise etwa 20:1. Sinkt es auf unter
13:1, so bleibt das Cholesterin nicht mehr gelöst, sondern fällt aus.
Dieses ungelöste Cholesterin ist dann der Kristallisationsmittelpunkt,
an den sich andere Stoffe anlagern, z. B. Bilirubin und Kalk. Obwohl
das Cholesterin nur etwa 2 % der festen Stoffe in der Galle ausmacht,
ist es für die Mehrzahl der Gallensteine verantwortlich. Das Verhältnis
von Gallensäuren zu Cholesterin kann auf verschiedene Weise gestört
werden:
• Abnormer Verlust von Gallensäuren: Die von der Leber in die Galle
abgesonderten Gallensäuren sind für den Körper wichtig. Haben sie
ihre Aufgabe bei der Fettverdauung erfüllt, werden sie aus dem
Darm resorbiert. Nur etwa 4 % gehen mit dem Stuhl verloren. 96 %
gelangen über die V. portae hepatis zurück zur Leber. Die Gallensäuren kreisen also zwischen Darm und Leber (enterohepatischer
Kreislauf). Die Wiederaufnahme aus dem Darm ist bei Darmentzündungen, z. B. Crohn-Krankheit, oder Entfernung größerer Darmabschnitte gestört. Dann gehen mehr Gallensäuren mit dem Stuhl ab.
Die Leber kann den Verlust nicht wettmachen. Der Anteil der Gallensäuren in der Galle sinkt.
• Verminderte Bildung von Gallensäuren: Der Aufbau von Gallensäuren in der Leber wird durch den Bedarf gesteuert. In der Leber befindet sich eine Art Messinstrument, das die Menge der vom Darm zurückkommenden Gallensäuren bestimmt (Rückkoppelung). Ist dieses
Messinstrument falsch geeicht, so bildet die Leber unter Umständen
zu wenig Gallensäuren, und ihr Anteil an der Galle sinkt.
• Vermehrter Anfall von Cholesterin: Häufigste Ursache ist eine zu
fettreiche Kost: In Notzeiten gibt es weniger Gallensteine! Der Körper kann selbst zu viel Cholesterin zusätzlich zur Nahrungsaufnahme
aufbauen. Dies scheint genetisch festgelegt zu sein, da es in manchen Familien gehäuft vorkommt.
Arten der Gallensteine:
• Zusammensetzung: Fast alle Gallensteine enthalten im Zentrum
Cholesterin. Daran lagern sich weiteres Cholesterin (Cholesterinstein), Gallenfarbstoffe (Pigmentstein = Bilirubinstein) und zusätzlich
Kalk (Kombinationsstein = Pigment-Cholesterin-Kalk-Stein = PCKStein, Abb. 4.5.9a) an.
• Größe: Pigmentsteine werden bis etwa sandkorngroß und können
zu Hunderten in der Gallenblase liegen. Reine Cholesterinsteine
wachsen bis zu Kirschgröße heran. Kombinationssteine können die
Größe eines Hühnereies erreichen und dann nahezu die ganze Gallenblase ausfüllen.
• Farbe: Cholesterinsteine sind gelb, Pigmentsteine braun bis schwarz,
Kombinationssteine vielfarbig.
• Härte: Pigmentsteine sind erdig, weich, bröckelig und zerdrückbar.
Kalkhaltige Steine sind hart.
• Röntgendichte: Kalkhaltige Steine sind schon in der „Leeraufnahme" (ohne Kontrastmittel) sichtbar („direkter Steinnachweis", Abb.
4.5.9b). Kalkfreie Steine können nur mit Kontrastmittelfüllung der
Gallenblase im Röntgenbild sichtbar gemacht werden. Sie erscheinen dann als Aussparungen im Kontrastmittel („indirekter Stein
nachweis").
Abb. 4.5.9a: Gallensteine
(Cholesterin-Pigment-KalkSteine) in der aufgeschnittenen
Gallenblase. Ein Stein im Ductus
cysticus hat den Gallenfluss
behindert. Die Wand der Gallenblase ist als Folge chronischer
Entzündungen narbig
verschwielt und verdickt.
[ka1]
Abb. 4.5.9b: Kalkhaltige Gallensteine im
Röntgenbild. [mb]
Beschwerden: Gallensteine als solche verursachen keine Beschwerden.
Sie begünstigen jedoch Reizzustände der Gallenblase (Cholecystitis).
Etwa die Hälfte aller Gallensteinträger erkrankt irgendwann einmal
daran:
• Schmerzen im rechten Ober- und Mittelbauch: Sie treten besonders
nach fettreichen Mahlzeiten auf und sind oft mit Übelkeit verbunden. Bei der „einfachen" Gallenblasenreizung ähneln die Beschwer-
Leseprobe von Herbert Lippert „Lehrbuch der Anatomie“
Herausgeber: Elsevier Urban & Fischer
Leseprobe erstellt vom Narayana Verlag, 79400 Kandern, Tel: 0049 (0) 7626 974 970-0
Herbert Lippert
Lehrbuch Anatomie
mit Zugang zum Elsevier-Portal
880 pages, relié
publication 2011
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