Herbert Lippert Lehrbuch Anatomie
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Herbert Lippert Lehrbuch Anatomie Extrait du livre Lehrbuch Anatomie de Herbert Lippert Éditeur : Elsevier Urban&Fischer Verlag http://www.editions-narayana.fr/b11446 Sur notre librairie en ligne vous trouverez un grand choix de livres d'homéopathie en français, anglais et allemand. Reproduction des extraits strictement interdite. Narayana Verlag GmbH, Blumenplatz 2, D-79400 Kandern, Allemagne Tel. +33 9 7044 6488 Email [email protected] http://www.editions-narayana.fr 4.5.8 Gallenblase (Vesica biliaris [fellea]) Aufgaben Die in der Leber gebildete Galle strömt über Ductus hepaticus communis und Ductus choledochus [biliaris] zum Duodenum. Verhindern die an der Einmündungsstelle gelegenen Schließmuskeln das Abfließen in den Darm, so wird über den Ductus cysticus die Gallenblase gefüllt. • Die Gallenblase fasst maximal 40-100 ml Galle. Um mehr Galle speichern zu können, wird die Galle auf das 5- bis 10-fache durch Wasserentzug eingedickt. • Nach Öffnen der Schließmuskeln entleert sich die Gallenblase wieder, wobei sich die glatte Muskulatur ihrer Wand kontrahiert. Die Kontraktion der Gallenblase wird durch das von endokrinen Zellen der Darmwand sezernierte Hormon Cholecystokinin-Pancreozymin (CCK, 4.3.4) angeregt. Die Hormonsekretion wird durch Speisebrei im Duodenum ausgelöst. Aber auch schon die Vorstellung von Speisen kann zur Kontraktion der Gallenblase führen. Feinbau • Tunka mucosa (Schleimhaut): Charakteristisch ist ihre reiche Fältelung. Im Schnittbild entsteht dabei manchmal der Eindruck, als ob sich Hohlräume unter Schleimhautbrücken bilden würden. Das einschichtige Epithel besteht aus besonders hohen Säulenzellen. Sie sezernieren vermutlich eine Art Schleim, der die Oberfläche vor der Galle schützt. Eigene Schleimdrüsen findet man nur im Hals. Das lockere submuköse Bindegewebe enthält elastische Fasern und reichlich Blutgefäße (Abtransport des resorbierten Wassers). Lymphknötchen fehlen. • Tunica muscularis (Muskelwand): Glatte Muskelzellen sind scherengitterartig durchflochten. Eine eigene Muskelschicht der Schleimhaut fehlt. Die Muskelwand ist dünn: Die Blasengalle wird bei Bedarf nicht ausgespritzt, sondern fließt bei Erschlaffen der Schließmuskeln an der Papilla duodeni major langsam aus. Dazu genügt ein kleines Druckgefälle. • Telasubserosa (subseröse Bindegewebeschicht): relativ breit. • Tunka serosa (Peritoneum): Es fehlt im Verwachsungsfeld mit der Leber. Äußere Form Projektion auf die Rumpfwand: Der Gallenblasenboden liegt der Rumpfwand etwa im Bereich der Spitze der 9. Rippe an: etwa Schnittpunkt des Seitenrandes des M. rectus abdominis mit dem Rippenbogen. Die Gallenblase muss allen Bewegungen der Leber folgen. Ihr Höhenbezug zur Wirbelsäule ändert sich daher abhängig von der Körperhaltung, der Atmung usw. Der Gallenblasenboden projiziert sich auf die Höhe des 3. bis 4. Lendenwirbels. Die kontrastmittelgefüllte Gallenblase kann man vom kontrastmittelgefüllten Nierenbecken am besten im seitlichen Röntgenbild unterscheiden: Die Gallenblase projiziert sich vor die Wirbelsäule, das Nierenbecken hingegen auf die Wirbelkörper. • Die Gallenblase entspricht dem vorderen (unteren) Schenkel der Leber-Hauptspalte (Abb. 4.5.8): Sie steigt vom Schnittpunkt der Medioklavikularlinie mit dem Rippenbogen schräg nach innen aufwärts. • Der Ductus cysticus setzt zunächst diese Richtung fort und biegt dann nach links zum Hauptgallengang um. • Der Ductus choledochus läuft etwa parallel zur Wirbelsäule nach unten und wendet sich dann zur Mitte des absteigenden Teils des Zwölffingerdarms nach lateral (etwa Höhe des 2. Lendenwirbelkörpers). Abb. 4.5.8: Projektion der Gallenblase und der Gallenwege auf die Bauchwand. [li8] 1 Ductus hepaticus dexter 2 Ductus hepati cus sinister 3 Ductus hepati cus communis 4 Ductus cysticus 5 Vesica biliaris [fellea] 6 Ductus choledochus [biliaris] 7 Papilla duodeni major Peritonealverhältnisse: Die Gallenblase wird in den Peritonealüberzug der Leber eingeschlossen. Das Peritoneum fehlt nur im Bereich der Verwachsung mit der Leber. Die Gallengänge liegen in einer Bauchfellfalte, dem Lig. hepatoduodenale des kleinen Netzes. Die Gallenblase (Vesica biliaris [fellea]) ist ein birnförmiger Sack, etwa 8 cm lang, mit einem Durchmesser von 3-4 cm. Man unterscheidet ohne scharfe Grenzen 3 Abschnitte: • Fundus vesicae biliaris [felleae] (Gallenblasenboden): allseits von Peritoneum überzogen, unterragt die Leber um 1-2 cm. • Corpus vesicae biliaris [felleae] (Gallenblasenkörper): mit der Leber breitflächig verwachsen. • Collum vesicae biliaris [felleae] (Gallenblasenhals): nicht mit der Leber verwachsen, Übergang in den Ductus cysticus, in welchem eine spiralige Schleimhautfalte (Plica spiralis) den Abfluss der Galle behindert. Variabilität: • Sehr selten sind das angeborene Fehlen oder Verdoppelungen der Gallenblase. • Nicht so selten sind Formveränderungen (Einziehungen, Aussackungen), die z. B. im Röntgenbild an eine „phrygische Mütze" erinnern. Lage Druckschmerz Bei der Gallenblasenentzündung (Cholecystitis) ist oft der Bereich um den Schnittpunkt der Medioklavikularlinie mit dem Rippenbogen druckempfindlich: Murphy-Zeichen:Der Untersucher legt die Hand etwa in der Medioklavikularlinie auf die Bauchwand unterhalb des Rippenbogens oder umgreift diesen. Dann bittet er den Patienten, tief einzuatmen. Dabei tritt bei der Gallenblasenentzündung häufig ein stechender Schmerz auf, oder es verstärkt sich ein schon vorhandener Schmerz. Das MurphyZeichen ist bei sitzendem Patienten leichter auszulösen. Die Gallenblase schmiegt sich in die Gallenblasengrube (Fossa vesicae biliaris [felleae]) der Eingeweideseite der Leber zwischen quadratischem und rechtem Leberlappen ein. Die Beziehung zur Leber variiert zwischen loser Anlagerung und tiefer Einbettung in das Lebergewebe. Dabei dringen kleine Venen der Gallenblase offenbar in das Lebergewebe ein. Auf diesem Weg können Entzündungen der Gallenblase direkt auf die Leber übergreifen. Die Gallenblasenarterie (A. cystica) ist ein Ast der A. hepatica propria (Abb.4.5.8b). Untersuchungsmethode Palpation Die gesunde Gallenblase ist nicht zu tasten. Eine stark vergrößerte Gallenblase kann man evtl. in der Medioklavikularlinie vom unteren Leberrand abgrenzen. Head-Zone Bei Gallenblasenerkrankungen strahlen die Schmerzen oft in die rechte Schulter aus. Das Bauchfell der Gallenblase wird vom N. phrenicus Leseprobe von Herbert Lippert „Lehrbuch der Anatomie“ Herausgeber: Elsevier Urban & Fischer Leseprobe erstellt vom Narayana Verlag, 79400 Kandern, Tel: 0049 (0) 7626 974 970-0 sensibel innerviert. Sein Hauptanteil entstammt dem Segment C4. Aus diesem kommen auch die Nn. supradaviculares. Bei einer heftigen Bauchfellreizung um die Gallenblase gerät das ganze Segment C4 in Aufruhr. Klinik Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung) 1 Laparoskopische Cholezystektomie: Die Entfernung der Gallenblase auf laparoskopischem Weg ist heute die Methode der Wahl. 2 Konventionelle Cholezystektomie: Sie wird wegen der deutlich langsameren Patientenmobilisation nur noch bei schweren Entzündungen (Empyem, Gangrän), bei Malignitätsverdacht oder starken Verwachsungen ausgeführt. 4.5.9 Gallensteinleiden Klinik Gallensteinleiden Epidemiologie: In West- und Mitteleuropa sowie den USA haben mehr als 12 % der Erwachsenen Gallensteine (etwa jeder zehnte Mann und jede fünfte Frau). In Deutschland leben demnach etwa 8 Millionen Menschen mit Gallensteinen. Davon hat etwa die Hälfte zeitlebens keine Beschwerden (Gallensteinträger). Die andere Hälfte wird irgendwann zu Gallensteinkranken. Beschwerdereiche Zeiten können mit vielen Jahren der Beschwerdefreiheit abwechseln. • Überernährung scheint eine wesentliche Ursache des Gallensteinleidens zu sein. Gallensteine sind in den vom Hunger bedrohten Entwicklungsländern selten. Entstehung: Das Verhältnis von Gallensäuren zu Cholesterin in der Galle (4.5.1) beträgt normalerweise etwa 20:1. Sinkt es auf unter 13:1, so bleibt das Cholesterin nicht mehr gelöst, sondern fällt aus. Dieses ungelöste Cholesterin ist dann der Kristallisationsmittelpunkt, an den sich andere Stoffe anlagern, z. B. Bilirubin und Kalk. Obwohl das Cholesterin nur etwa 2 % der festen Stoffe in der Galle ausmacht, ist es für die Mehrzahl der Gallensteine verantwortlich. Das Verhältnis von Gallensäuren zu Cholesterin kann auf verschiedene Weise gestört werden: • Abnormer Verlust von Gallensäuren: Die von der Leber in die Galle abgesonderten Gallensäuren sind für den Körper wichtig. Haben sie ihre Aufgabe bei der Fettverdauung erfüllt, werden sie aus dem Darm resorbiert. Nur etwa 4 % gehen mit dem Stuhl verloren. 96 % gelangen über die V. portae hepatis zurück zur Leber. Die Gallensäuren kreisen also zwischen Darm und Leber (enterohepatischer Kreislauf). Die Wiederaufnahme aus dem Darm ist bei Darmentzündungen, z. B. Crohn-Krankheit, oder Entfernung größerer Darmabschnitte gestört. Dann gehen mehr Gallensäuren mit dem Stuhl ab. Die Leber kann den Verlust nicht wettmachen. Der Anteil der Gallensäuren in der Galle sinkt. • Verminderte Bildung von Gallensäuren: Der Aufbau von Gallensäuren in der Leber wird durch den Bedarf gesteuert. In der Leber befindet sich eine Art Messinstrument, das die Menge der vom Darm zurückkommenden Gallensäuren bestimmt (Rückkoppelung). Ist dieses Messinstrument falsch geeicht, so bildet die Leber unter Umständen zu wenig Gallensäuren, und ihr Anteil an der Galle sinkt. • Vermehrter Anfall von Cholesterin: Häufigste Ursache ist eine zu fettreiche Kost: In Notzeiten gibt es weniger Gallensteine! Der Körper kann selbst zu viel Cholesterin zusätzlich zur Nahrungsaufnahme aufbauen. Dies scheint genetisch festgelegt zu sein, da es in manchen Familien gehäuft vorkommt. Arten der Gallensteine: • Zusammensetzung: Fast alle Gallensteine enthalten im Zentrum Cholesterin. Daran lagern sich weiteres Cholesterin (Cholesterinstein), Gallenfarbstoffe (Pigmentstein = Bilirubinstein) und zusätzlich Kalk (Kombinationsstein = Pigment-Cholesterin-Kalk-Stein = PCKStein, Abb. 4.5.9a) an. • Größe: Pigmentsteine werden bis etwa sandkorngroß und können zu Hunderten in der Gallenblase liegen. Reine Cholesterinsteine wachsen bis zu Kirschgröße heran. Kombinationssteine können die Größe eines Hühnereies erreichen und dann nahezu die ganze Gallenblase ausfüllen. • Farbe: Cholesterinsteine sind gelb, Pigmentsteine braun bis schwarz, Kombinationssteine vielfarbig. • Härte: Pigmentsteine sind erdig, weich, bröckelig und zerdrückbar. Kalkhaltige Steine sind hart. • Röntgendichte: Kalkhaltige Steine sind schon in der „Leeraufnahme" (ohne Kontrastmittel) sichtbar („direkter Steinnachweis", Abb. 4.5.9b). Kalkfreie Steine können nur mit Kontrastmittelfüllung der Gallenblase im Röntgenbild sichtbar gemacht werden. Sie erscheinen dann als Aussparungen im Kontrastmittel („indirekter Stein nachweis"). Abb. 4.5.9a: Gallensteine (Cholesterin-Pigment-KalkSteine) in der aufgeschnittenen Gallenblase. Ein Stein im Ductus cysticus hat den Gallenfluss behindert. Die Wand der Gallenblase ist als Folge chronischer Entzündungen narbig verschwielt und verdickt. [ka1] Abb. 4.5.9b: Kalkhaltige Gallensteine im Röntgenbild. [mb] Beschwerden: Gallensteine als solche verursachen keine Beschwerden. Sie begünstigen jedoch Reizzustände der Gallenblase (Cholecystitis). Etwa die Hälfte aller Gallensteinträger erkrankt irgendwann einmal daran: • Schmerzen im rechten Ober- und Mittelbauch: Sie treten besonders nach fettreichen Mahlzeiten auf und sind oft mit Übelkeit verbunden. Bei der „einfachen" Gallenblasenreizung ähneln die Beschwer- Leseprobe von Herbert Lippert „Lehrbuch der Anatomie“ Herausgeber: Elsevier Urban & Fischer Leseprobe erstellt vom Narayana Verlag, 79400 Kandern, Tel: 0049 (0) 7626 974 970-0 Herbert Lippert Lehrbuch Anatomie mit Zugang zum Elsevier-Portal 880 pages, relié publication 2011 Plus de livres sur homéopathie, les médecines naturelles et un style de vie plus sain www.editions-narayana.fr