Portugal

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LINKE GEWINNEN UND VERLIEREN
BÜNDNIS AUS GRÜNEN UND KOMMUNISTEN ERZIELT EIN GUTES ERGEBNIS, DER
LINKSBLOCK VERLIERT STARK. ANALYSE DER EU-WAHL 2014 IN PORTUGAL
Von Catarina Príncipe
In Portugal kommt bei Europawahlen (wie auch bei anderen Wahlen) das D'Hondt-Verfahren1 zur Anwendung, was bedeutet, dass es weder Sperrklauseln noch Mandatsschwellen gibt.
Vorläufige Ergebnisse (die Resultate einiger Konsulate fehlen noch):
Partido Socialista (PS) [Sozialistische Partei] = 31,5% = 8 Mandate
1. Francisco José Pereira de Assis Miranda
2. Maria João Fernandes Rodrigues
3. José Carlos das Dores Zorrinho
4. Elisa Maria da Costa Guimarães Ferreira
5. Ricardo da Piedade Abreu Serrão Santos
6. Ana Maria Rosa Martins Gomes
7. Manuel Pedro Cunha da Silva Pereira
8. Liliana Maria Gonçalves Rodrigues de Góis
Aliança Portugal (AP) [Allianz für Portugal] = aktuelle Regierungskoalition zwischen der
Sozialdemokratischen Partei (Partido Social-Democrata - PSD) und der Volkspartei (Partido Portugal - PP) =
27,7% = 7 Mandate
1. Paulo Artur dos Santos Castro de Campos Rangel
2. Fernando de Carvalho Ruas
3. Sofia Heleno Santos Roque Ribeiro
4. João Nuno Lacerda Teixeira de Melo
5. Carlos Miguel Maximiano de Almeida Coelho
6. Cláudia Sofia Gomes Monteiro de Aguiar
7. José Manuel Ferreira Fernandes
Coligação Democrática Unitária (CDU) [Demokratische Einheitskoalition]= Wahlbündnis zwischen der
Portugiesischen Kommunistischen Partei und den Grünen = 12,7% = 3 Mandate
1. João Manuel Peixoto Ferreira
2. Inês Cristina Quintas Zuber
3. Miguel Lopes Batista Viegas
Partido da Terra (MPT) [Bewegung die Partei der Erde] = 7,1%= 2 Mandate
1. António de Sousa Marinho e Pinto
2. José Inácio da Silva Ramos Antunes de Faria
Bloco de Esquerda (BE) [Linksblock]= 4,6% = 1 Mandat
1. Marisa Isabel dos Santos Matias
Parteien ohne Mandat:
Livre (L) [Frei] = 2,2%
Partido pelos Animais e pela Natureza (PAN) [Partei für Tiere und Natur] = 1,7%
Partido Comunista dos Trabalhadores Portugueses (PCTP/MRPP) [Kommunistische Partei der portugiesischen Werktätigen] = 1,7%
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http://en.wikipedia.org/wiki/D%27Hondt_method
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Partido Nova Democracia (PND) [Partei der neuen Demokratie] = 0,7%
Partido Trabalhista Português (PTP) [Portugiesische Arbeiterpartei] = 0,7%
Partido Popular Monárquico (PPM) [Monarchistische Volkspartei] = 0,5%
Partido Nacional Renovador (PNR) [Nationale Erneuerungspartei] = 0,5%
Movimento Alternativa Socialista (MAS) [Bewegung der Sozialistischen Alternative] = 0,4%
Portugal Pró-Vida (PPV) [Pro-Life Portugal] = 0,4%
Partido Democrático do Atlântico (PDA) [Demokratische Partei des Atlantiks] = 0,2%
Partido Operário de Unidade Socialista (POUS) [Arbeiterpartei der Sozialistischen Einheit] = 0,1%
Leerstimmen: 4,42% / Ungültige Stimmen: 3,06%
Enthaltungen: 65,33% / Wahlbeteiligung: 34,67%
2009
Sozialdemokratische Partei (PPD/PSD) 31,71% = 8 Mandate
Sozialistische Partei (PS) 26,53% = 7 Mandate
Linksblock (BE) 10,72% = 3 Mandate
CDU — Demokratische Einheitskoalition (PCP -PEV) 10,64% = 2 Mandate
Volkspartei (CDS -PP) 8,36% = 2 Mandate
Politische Analyse der Wahlergebnisse
Zuerst sei erwähnt, dass Portugal, anstatt 22 Abgeordnete wie im Jahr 2009, im Jahr 2014 nur noch 21 an
das Europaparlament entsendet.
Die PS geht 2014 als Wahlsieger hervor (und verzeichnete eines der besten Resultate unter den sozialistischen Parteien Europas), jedoch handelt es sich dabei um keinen Erdrutschsieg. Die Aliança Portugal
(Wahlbündnis zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der Volkspartei), die die aktuelle Mitte-rechtsRegierung stellt, erreichte ein sehr ähnliches Ergebnis. Für die PSD stellte das Ergebnis ihr bis dato
schlechtestes Resultat bei einer Europawahl dar, was als ein klares Signal der Ablehnung für die Regierung
mit ihren rigorosen Sparmaßnahmen zu verstehen ist. Die Wahl findet jedoch nur eine Woche nach dem
angekündigten Memorandum statt (am 17. Mai zog die Troika wieder aus Portugal ab). Diese Tatsache
löste unter Umständen ein Gefühl der Erleichterung bei der Bevölkerung aus und ließ auf ein Ende der
Sparmaßnahmen hoffen. Das wiederum trug möglicherweise dazu bei, dass die Anzahl der Protestwähler_innen gering blieb und die Angst vor einer politischen Krise (einem möglichen Rücktritt der Regierung)
im Zaum gehalten wurde.
Zweifellos ist die größte Gewinnerin die MPT. In der Europawahl 2009 erreichte sie nur 0,67%. In diesem
Jahr konnte sie jedoch starke Zugewinne verzeichnen, da sie den bekannten Journalisten und Anwalt Marinho e Pinto als ihren Spitzenkandidaten gewinnen konnte. Er schaffte es mit Slogans wie „gegen Korruption“, „alle Parteien sind gleich“ die Protestwähler_innen zu erreichen und schuf damit ein Phänomen, das
wir in Europa schon mehrfach erlebt haben, besonders in Zeiten der Sparpolitik und Unzufriedenheit mir
dem herrschenden System (siehe Grillo in Italien und Potami in Griechenland). Die Partei selbst kann als
„grün-konservativ“ bezeichnet werden und ging schon nach manchen Kommunalwahlen eine Koalition mit
der Rechten ein. Jedoch spielte sie bis dato nie eine maßgebliche Rolle in der portugiesischen Politik. Jetzt,
nachdem sie zwei Mandate erreichen konnte, bleibt zu sehen, auf welcher Seite sie sich positionieren wird.
Die Linke
Der zweite Wahlsieger ist die CDU (ein Bündnis zwischen der portugiesischen kommunistischen Partei und
den Grünen). Diese Allianz konnte einen Zuwachs von 2% verzeichnen und erreichte beinahe ein viertes
Mandat. Um ihr Ergebnis nachvollziehen zu können, muss man einige Fakten kennen: Die Kommunistische
Partei (CP) ist eine sehr große und alte Partei, die viele Unterstützer_innen in der Bevölkerung hat (besonders im mittleren Süden und dem südlichen Portugal) und seit dem Ausbruch der Krise eine stabile politische Position hat: Sie hat eine linke und patriotische Führung, die jedes Bündnis mit der Sozialistischen
Partei ausschließt. Ein weiterer wichtiger Punkt hat mit den Widerstandsbewegungen, die es in Portugal
heute gibt, zu tun. Bis zum letzten Jahr fanden immer wieder große Demonstrationen statt, die von breiteren Plattformen organisiert wurden, was aber seit mehr als einem Jahr nicht mehr der Fall war. Das bedeutet, dass die einzige Art der andauernden Mobilisierung vom Gewerkschaftsbund CGTP ausging, die der CP
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politisch sehr nahe steht. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die CDU von alledem bei der Wahl profitieren konnte.
Der Bloco de Esquerda (Linksblock) erlitt die stärkste Niederlage in dieser Wahl und verlor 6% (er erhielt
weniger Stimmen als 2004 und fällt somit von drei Mandaten auf eines zurück). Es gibt verschiedene
Gründe für diese Schlappe, die jedoch schwer greifbar sind. Der Linksblock hatte seit den Parlamentswahlen von 2011 mit einer internen Krise zu kämpfen; die Hälfte der Stimmen und Mandate ging verloren. Dies
stellt aber nicht den einzigen Grund dar. Der Linksblock ist eine junge Partei, die noch nicht sehr stark in
der Gesellschaft verwurzelt ist, und von vielen als „Protestpartei“ wahrgenommen wird. Sie zeigte sich
bereits mehrfach offen für unterschiedlichste linke Allianzen und ihre politische Strategie war in den letzten
beiden Jahren eher unklar. Außerdem fanden die Mobilisierungen, die zwischen 2011 und 2013 stattfanden, im Linksblock keinen „natürlichen“ Partner und wurden schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr
abgehalten. Sie hätten jedoch eine Dynamik auslösen können, die dem Linksblock zu einem Aufschwung
in ihrem Wahlergebnis verhelfen hätte können. Das „Phänomen Tsipras“ hatte außerdem eine weniger
starke Wirkung als erwartet. Tsipras drückte im Wahlkampf zwar seine Unterstützung für den Linksblock
aus, doch hatte das keine Auswirkung auf das Wahlergebnis. Es ist auch wichtig, die Rolle der MPT als
„Protestpartei“ nicht zu unterschätzen, sowie die neugegründeten Mitte-links-Parteien (wie die Partei „Livre“), die auch einen Teil der traditionellen Wähler_innen des Linksblocks für sich gewinnen konnten.
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