Die Darstellung von Androiden in ausgewählten

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Die Darstellung von Androiden in ausgewählten
Die Darstellung von
Androiden in ausgewählten
Werken von Philip K. Dick
Jana Chadt
8A
Betreuer: Mag. Josef Göschl
2014/15
RG/WRG Feldgasse
Feldgasse 6-8
1080 Wien
1 Abstract: Diese Arbeit behandelt Philip K. Dicks Darstellung von Androiden in „Do androids dream of electric sheep?“ und „Variante 2“. Weitergehend wird untersucht, was Androiden in Dicks Geschichten von Menschen unterscheidet und mit welchen Methoden die Figuren Androiden identifizieren können. Zusätzlich wird bearbeitet, was Dick anhand der Androiden darstellen wollte. Auch wird ein Vergleich zwischen Androiden in den beiden Geschichten gezogen. Zuvor wird der Leser über das Leben des Autors und die beiden verwendeten Werke informiert. Eine der Theorien vor Bearbeitung des Themas lautete, dass Philip K. Dick nicht die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten von Androiden und Menschen hervorheben wollte. Eine weitere Theorie vermutete, dass die Einstellung des Lesers gegenüber Androiden mithilfe der Einstellung des Protagonisten ihnen gegenüber beeinflusst werden soll. Zur Ausarbeitung dieses Themas wurde ausschließlich Literatur sowohl aus Büchern und aus dem Internet angewendet. Die Ergebnisse der Arbeit sind, dass Androiden in beiden Geschichten menschenähnliches Verhalten zeigen. Jedoch gibt es Unterschiede in der Darstellung der Androiden und darin, welche menschenähnlichen Verhalten sie zeigen. 2 Inhaltsverzeichnis Abstract: ................................................................................................................... 2 1. Einleitung .............................................................................................................. 4 2. Philip K. Dick ......................................................................................................... 5 2.1. Frühes Leben ................................................................................................................................................... 5 2.2. Eigenständigkeit und Studium ................................................................................................................. 6 2.3. Erste Erfolge ..................................................................................................................................................... 6 2.4 Spiritualität und Lebensende .................................................................................................................... 7 3. Einführung in die behandelten Werke ................................................................. 10 3.1 Träumen Androiden von elektrischen Schafen? ............................................................................. 10 3.2 Variante 2 ......................................................................................................................................................... 11 4. Vergleich zwischen Androiden in den Werken ..................................................... 14 4.1. Androiden in „Do androids dream of electric sheep?“ ................................................................. 14 4.1.1 Die ‚Illegalität’ von Androiden ............................................................................................................. 14 4.1.2. Die Methoden zur Unterscheidung von Androiden und Menschen ................................... 15 4.1.3 Rachel Rosen ............................................................................................................................................... 16 4.1.4 Luba Luft: ...................................................................................................................................................... 18 4.2. In „Variante 2“ .............................................................................................................................................. 19 4.2.1 Die Methoden zur Unterscheidung von Androiden und Menschen .................................... 20 4.2.2 Variante 1 -­‐ David ..................................................................................................................................... 20 4.2.3 Variante 3 – der verwundete Soldat ................................................................................................. 20 4.2.4 Variante 2 – Tasso ..................................................................................................................................... 21 4.3 Vergleich ........................................................................................................................................................... 21 4.3. Verhalten ......................................................................................................................................................... 21 5. Fazit .................................................................................................................... 24 6. Literaturverzeichnis ............................................................................................. 25 6.1 Printmedien ..................................................................................................................................................... 25 6.1.1 Selbstständig erschienene Werke ...................................................................................................... 25 6.1.1 Unselbstständig erschienene Werke ................................................................................................ 25 6.2 Online zur Verfügung gestellte Quellen .............................................................................................. 24 6.2.1 Website .......................................................................................................................................................... 25 3 1. Einleitung Sind genaue Replikate von Menschen auch genau wie Menschen? Diese Frage stellt sich, wenn man an Androiden denkt. Sind ihre Leben gleich viel wert? Haben sie eine Seele? Antworten auf diese Fragen sollen in dieser Arbeit anhand von Philip K. Dicks Werken erörtert werden. In den beiden Geschichten, mit denen sich diese Arbeit verfasst, haben Menschen Androiden erschaffen und sich damit das Leben erleichtert. Diese Androiden wurden so lange weiterentwickelt oder haben sich so lange weiterentwickelt, bis es für Menschen ein Problem wird, sie zu von Menschen unterscheiden. Diese Arbeit wird sich damit beschäftigen, ob es in diesen Werken tatsächlich noch einen Unterschied zwischen Menschen und den Replikaten gibt und ob es einen Unterschied macht, wer oder was man ist, wenn das Replikat gut genug ist. Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wurden die Werke „Do androids dream of electric sheep?“ und „Variante 2” hinzugezogen. Auch wurde eine Biografie über Philip K. Dick verwendet, um dem Leser einen Einblick in Philip K. Dicks Persönlichkeit und Leben zu erlauben. Das Ziel der Arbeit ist, die Darstellung von Androiden mit der Darstellung von Menschen zu vergleichen und diese zwischen den Werken zu vergleichen. Um diesen Einblick zu erlangen, wird die Literatur genau studiert und direkt miteinander verglichen. Zunächst wird Philip K. Dicks Leben beschrieben, um den Gedankengang hinter seinen Werken besser verstehen zu können und um dem Leser einen Einblick in diesen zu ermöglichen. Im zweiten Teil der Arbeit werden die beiden Werke zusammengefasst. Danach werden Androiden in „Do androids dream of electric sheep?“ und „Variante 2“ beschrieben und mit Menschen in den Geschichten verglichen, weiters werden einzelne Androiden oder Androiden-­‐Typen vorgestellt, ihr Verhalten, ihre humanen und inhumanen Seiten. Schließlich werden die Androiden aus beiden Werken miteinander verglichen, zuerst wird ihr Verhalten, dann ihre Anatomie und Physiologie verglichen. 4 2. Philip K. Dick 2.1. Frühes Leben Am 16. Dezember 1928 wurden Philip „Phil“ Kindred Dick und seine Zwillingsschwester Jane Charlotte in Chicago geboren. Dicks Eltern, Joseph Edgar und Dorothy, arbeiteten zu dieser Zeit beide für die Landwirtschaftsabteilung der Regierung der USA.1 Die Zwillinge kamen sechs Wochen zu früh und begannen ihr Leben schwach und kränklich. Die beiden Babys verhungerten fast, da, laut Dorothy, der Arzt eine falsche Lebensmittelzusammensetzung empfohlen hatte. Jane starb 1929. „Das Trauma von Janes Tod blieb das zentrale Ereignis in Phils psychischem Leben.“2 Dicks andauernde und wiederkehrende Gedanken an seine Schwester sind in seiner Literatur erkennbar, Jane taucht oft als Figur in seinen Werken auf, auch kommen in seinen Werken häufig Zwillinge vor. Dick erklärte später, dass Janes Tod bei ihm Schuldgefühlen hervorrief, er fühlte sich für den Tod seiner Schwester verantwortlich, da er die Milch bekommen hatte, die ihr Leben hätte retten können. Auch hatte der Tod seiner Schwester verheerende Folgen für die Beziehungen in der Familie, Dick gab seiner Mutter die Schuld an Janes Tod und verzieh ihr sein ganzes Leben lang nicht wirklich. 3 Dicks Eltern ließen sich 1933 scheiden, als Edgar nach Nevada zog und Dorothy sich weigerte mitzukommen.4 Dick blieb bei seiner Mutter. Sie behandelte ihren Sohn wie einen kleinen Erwachsenen und erlaubte ihm viel Unabhängigkeit, jedoch sagte er später, ihm haben die Liebe und Wärme in der Beziehung gefehlt. Obwohl er oft ihre Erziehungsmethoden kritisierte, war es doch Dorothy, die ihn später zum Schreiben anregte und zu der er für Rat in literarischen Grundlagen ging. Dick zog während seiner Jugend viel um und wechselte auch sehr oft die Schule. Als er neun Jahre alt war, zeigte sich bereits seine Faszination für das Problem von Original und Fälschung, als er einen Comic in seiner selbstproduzierten Tageszeitung veröffentlichte. 1 Vgl. http://www.egs.edu/library/philip-­‐k-­‐dick/biography/ (08.10.2014, 12:33). 2 Sutin, Lawrence: Philip K. Dick. Göttliche Überfälle. – Zürich: Haffmans Verlag AG 1994, S. 31. 3Vgl.: Sutin, 1994, S. 29-­‐31. 4 Vgl. http://www.philipkdick.de/biografie.html (08.10.2014, 12:27). 5 Ein Polizist ist ‚Louie dem Geldfälscher’ dicht auf den Fersen und spricht mit einem Tankwart, dem man vielleicht eine falsche Dollarnote angedreht hat. ‚Geben Sie sie her!’ verlangt der Polizist. ‚Wieso? Glauben Sie, es ist Falschgeld?’ fragt der Tankwart. ‚Natürlich!’ erwidert der Polizist.’ Weshalb sollte ich sie sonst wollen?’ Das letzte Bild zeigt den Tankwart, [...] als er antwortet: ‚Um Sie auszugeben, Sir!’5 Dick begann als Jugendlicher, sich für Fantasy und Science Fiction Bücher zu interessieren und sammelte auch Science Fiction Pulps6. 7 2.2. Eigenständigkeit und Studium 1947 machte Philip K. Dick seinen Abschluss an der Berkeley High School in Kalifornien und zog in eine eigene Wohnung, was er sich dank eines Jobs in einem Plattenladen leisten konnte.8 Im Jahr darauf heiratete er Jeanette Marlin; die erste von fünf Ehefrauen im Lauf seines Lebens.9 Die Ehe hielt sechs Monate und wurde von Dick später nur mehr selten erwähnt. Von September bis November 1949 besuchte Dick Kurse in Zoologie, Geschichte und Philosophie an der University of California. Er begründete sein Verlassen der Universität später damit, dass ihm die Kurse und die ROTC-­‐Ausbildung10, die er machen musste, nicht gefielen und er das Gefühl hatte, er würde seine Lebenszeit verschwenden.11 1950 heiratete Dick Kleo Apostolides, er arbeitete zu der Zeit in einem Musikgeschäft und schrieb nebenbei SF-­‐Kurzgeschichten12 für diverse Magazine. 1951 schließlich verkaufte er seine erste SF-­‐Kurzgeschichte, „Roog“. 2.3. Erste Erfolge Von 1950 bis 1953 stieg die Anzahl der SF-­‐Magazine auf dem Markt rasant an. Dieser SF-­‐
Boom wurde durch die wirtschaftlich florierende Nachkriegszeit und wachsendes Interesse der Bevölkerung ermöglicht. 5 Sutin, 1994, S. 61. 6 Pulp: Massenliteratur. 7 Vgl.: Sutin, 1994, S. 58-­‐62. 8 Vgl.: Sutin, 1994, S. 93,94. 9Vgl.: http://www.egs.edu/library/philip-­‐k-­‐dick/biography/ (09.10.14, 15:52). 10 ROTC: Reserve Officer Training Corps, Ausbildung des US Militärs zur Ausbildung von Offizieren. 11 Vgl.:Sutin, 1994, S. 105. 12 SF: Science Fiction. 6 1952, nachdem Dick vier weitere Kurzgeschichten verkauft hatte, stellte er den Agenten Scott Meredith an, der während Dicks gesamter Laufbahn für ihn arbeiten sollte. 1953 produzierte Dick bis zu einer Geschichte pro Woche.13 1954 konzentrierte sich Dick darauf, anstatt von Kurzgeschichten Science-­‐Fiction-­‐und Mainstream-­‐Romane zu schreiben, denn „die große Blüte des Pulps schwand dahin.“14. Trotzdem schrieb Dick von 1951 bis 1958 noch mehr als 80 Kurzgeschichten und 13 Romane. Jedoch wurden von seinen Romanen nur die SF-­‐ Romane veröffentlicht, während er seine Mainstream-­‐Romane nicht bei Verlagen unterbringen konnte – dies machte ihm sehr zu schaffen.15 Er gab sogar 1956/57 das Schreiben von SF vollkommen auf, um sich der Mainstream Literatur zu widmen. 1955 schrieb Dick seinen ersten Roman, in dem er sich mit dem Thema „Was ist real?“ beschäftigte, er hieß ‚Eye In The Sky’. 16 Kurz nachdem Dick und Kleo nach Berkley gezogen waren, traf er Anne Rubenstein, die seine dritte Frau werden sollte – zum Zeitpunkt ihres Treffens waren beide jedoch verheiratet. Sie hatten eine Affäre, und schließlich ließ sich Dick von Kleo scheiden und zog in Annes Haus, wo er von da an mit Anne und ihren drei Kindern wohnte.17 1960 wurde Dicks erste Tochter, Laura Dick, geboren.18 Während Dick und Anne zusammenlebten, schrieb er durchschnittlich 2 Romane pro Jahr, um zum Familienerhalt beizutragen. Darunter waren unter anderem: ‚The Man In The High Castle’ und ‚Martian Time Slip’. 2.4 Spiritualität und Lebensende Dick hatte viele ‚übernatürliche’ Eingebungen, beispielsweise glaubte er 1962, einen „großen schwarzen Strahl, der über den Himmel fegte“19 zu sehen. Er beschrieb ihn als „völliges Nichts, dass den Himmel in zwei Hälften teilte.“20 13 Vgl.: Sutin, 1994, S.119-­‐120. 14Sutin, 1994, S.125. 15 Vgl.: Sutin, 1994, S.136. 16 Vgl.: Sutin, 1994, S.148. 17 Vgl.: Sutin, 1994, S. 156 – 159. 18 Vgl.: Sutin, 1994, S.163. 19 Sutin, 1994, S. 172. 20 Ebd. 7 Dick hielt sich für fähig, „die geistigen Fundamente der Realität“21.wahrnehmen zu können, dieses Ereignis (er berichtete auch von weiteren, ähnlichen Ereignissen) bestätigte ihn in seiner Ansicht. Anne und Dick stritten sehr oft, auch kam es bei diesen Auseinandersetzungen mehr als einmal zu Gewalttätigkeiten.22 Dick besuchte oft Dorothy, um vor seinen Problemen mit Anne Zuflucht zu finden. Dort nahm er immer größere Mengen an Medikamenten, um seine Stimmung und seinen Schreibprozess zu fördern. Er bekam seine Medikamente aus verschiedenen Quellen wie Dorothys Arzneikasten, zusätzlich ließ er sich von einem Arzt Antidepressiva verschreiben. Dick beschuldigte Dorothy für seinen übermäßigen Medikamentenkonsum, er sagte, es sei ihre Schuld, da sie diese im Haus herumliegen ließ. „Gegen Ende [...] 1963 hatte Phil festgestellt, daß das Leben mit Anne völlig außer Kontrolle geraten war.“23 Er erzählte seinem Psychiater, seine Eheprobleme rührten von Annes Geisteszustand her. Dicks Gespräche mit dem Psychiater hatten zur Folge, dass Anne für 72 Stunden zur Beobachtung in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert wurde. 24 1963 hatte Dick die Vision einer Fratze am Himmel, als er gerade auf einer Landstraße entlang ging. Er beschrieb sie als „gewaltige Fratze des absoluten Bösen“25 und sagte später, es wäre Gott gewesen. Einer der Gründe für diese Vision, obwohl Dick auch zahlreiche andere Gründe nannte, könnten die Drogen gewesen sein, die Dick zu dieser Zeit einnahm.26 Diese Vision inspirierte Dick auch zu dem Roman ‚The Three Stigmata of Palmer Eldritch’, den er kurz danach schrieb. Mit Palmer Eldritch wandte sich Philip K. Dick endgültig von der Mainstream-­‐Literatur ab. 1964 ließ Dick sich von Anne scheiden. 1966 heiratete er Nancy Hackett, mit der er seit 1965 zusammengewohnt hatte, kurz darauf wurde ihre Tochter Isa geboren. 1966 schrieb er unter anderem ‚Träumen Androiden von elektrischen Schafen?’ 27 Dick und Nancy hatten 1997 eheliche Konflikte, zu deren Gründen Dicks fortlaufender Konsum 21 Ebd. 22 Vgl.: Sutin, 1994, S. 186-­‐187. 23 Sutin, 1994, S. 191. 24 Vgl.: Sutin, 1994, S. 191. 25 Sutin, 1994, 196. 26 Vgl.: Sutin, 1994, S. 196. 27Vgl.: Sutin, 1994, S. 225-­‐240. 8 von Drogen gehörte, die er sich von Ärzten verschreiben ließ, um seinen Schreibprozess anzukurbeln.28 Sie ließen sich 1970 scheiden.29 Nach der Scheidung lebte Dick allein in seinem Haus in Santa Venezia. Jedoch hatte er häufig Mitbewohner, die schnell wechselten und sich aus Frauen, in die er gerade verliebt war, und Freunden zusammensetzten.30 Nach einem Einbruch in sein Haus in Santa Venezia, der zu seiner Paranoia noch mehr beitrug, zog Dick in ein Apartment in Vancouver, wo er 1974 versuchte, sich mit einer Überdosis Kaliumbromid umzubringen.31 Dick wurde daraufhin in das X-­‐Kalay Rehabilitationszentrum, Vancouver, gebracht, wo er aber nur drei Wochen blieb, danach zog er zurück nach Kalifornien.32 1972 begegnete Dick zum ersten Mal Tessa Busby, die seine fünfte Frau werden würde, eine Woche danach zogen sie zusammen in eine Wohnung in Fullerton.33 Dick begann wieder zu schreiben, er stellte unter anderem ‚Flow My Tears, The Policeman Said’ und ‚A Scanner Darkly’ fertig, nachdem er seit der Trennung von Nancy Schwierigkeiten gehabt hatte, zu schreiben.34 1973 kam Dicks erster Sohn Christopher auf die Welt, Dick war sehr erfreut darüber war und – laut Tessa – „ein vorbildlicher Vater“35. Dick hatte während seiner letzten Lebensjahre sehr viele ‚übernatürliche’ Visionen und Eingebungen.36 1982 erlitt Dick einen Schlaganfall und wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo er weitere Schlaganfälle erlitt und schließlich am 2. März im Alter von 53 Jahren starb. Er wurde neben seiner Schwester Jane begraben.37 28Vgl.: Sutin, 1994, S. 243. 29Vgl.: Sutin, 1994, S. 254-­‐255. 30 Sutin, 1994, S. 276. 31Vgl.: http://www.habenichtse.de/biografie/philip-­‐k-­‐dick/ 14/11/14, 16:20. 32Vgl.: Sutin, 1994, S. 292-­‐295. 33Vgl.: Sutin, 1994, S. 299-­‐300. 34 Vgl.: Sutin, 1994, S. 306. 35Vgl.: Sutin, 1994, 313. 36Vgl.: Sutin, 1994, S. 333. 37Vgl.: Sutin, 1994, S. 432-­‐43. 9 3. Einführung in die behandelten Werke 3.1 Träumen Androiden von elektrischen Schafen? Wir befinden uns auf der Erde der Zukunft. Nach einem Atomkrieg sind fast alle Tiere ausgestorben, der Großteil der Menschheit ist auf den Mars ausgewandert, und nur wenige bleiben auf der Erde, um dort zu leben. In dieser Welt der Zukunft gilt es als Statussymbol, ein echtes Tier zu besitzen, Menschen manipulieren ihre Emotionen mithilfe von Stimmungsorgeln, und die Androiden, die Menschen geschaffen haben, um sie bei ihrer Umsiedlung auf den Mars zu unterstützen, fliehen zurück auf die Erde und werden dort von Menschen gejagt. Einer dieser Menschen, der Protagonist des Romans, ist Rick Deckard, von Beruf Androiden-­‐Kopfgeldjäger. Obwohl sie zur Unterstützung der Menschheit geschaffen wurden müssen sie ‚pensioniert’38 werden wenn sie von den Marskulturen entkommen und auf die Erde flüchten. Das bedeutet: Wenn die Nachricht von geflüchteten Androiden eingeht, rückt Deckard mit seinem Voigt-­‐Kampff-­‐Testgerät39 aus, um diese Androiden zu identifizieren und zu eliminieren. Die Handlung setzt ein mit einem großen Auftrag für Rick: Der Hauptkopfgeldjäger seiner Firma wurde von einem Androiden außer Gefecht gesetzt, was bedeutet, dass es nun an Rick liegt, die restlichen zu eliminieren. Bevor er versucht die Androiden ausfindig zu machen geht Rick zu einer Firma, die für die Produktion von Androiden verantwortlich ist, um den Voigt-­‐Kampff-­‐Test auszuführen und zu sehen ob er bei der neuen Art von Androiden funktioniert, mit deren ‚Pensionierung’ er betraut wurde. Mit dem Wissen, dass der Test noch funktionstüchtig ist, macht sich Rick auf die Jagd nach Androiden, von denen einer nach dem anderen vorgestellt wird. Er ‚pensioniert’ drei, nach dem dritten trifft er einen anderen Kopfgeldjäger, dessen Verhalten zu einer 38‚Pensionierung’: Slang des Romans für die Zerstörung von Androiden. 39 ‚Voigt-­‐Kampff Testgerät’: ein Gerät, das ermöglicht mithilfe von Mitgefühlsmessungen, Androiden zu identifizieren. 10 Änderung in Dicks Einstellung gegenüber Androiden führt. Er entdeckt, dass er Mitgefühl für sie zu entwickeln beginnt. Rick trifft sich mit Rachel, da sie ihm ihre Hilfe anbietet. Die beiden schlafen miteinander und er bemerkt, dass er Gefühle für sie entwickelt hat, auch sie sagt ihm, sie liebe ihn und sie würde einen der Androiden namens Pris Stratton für ihn ‚pensionieren’. Auf dem Weg zum Versteck der übrigen Androiden erfährt Rick, dass Rachel nur mit ihm geschlafen hat, damit er durch seine emotionale Beziehung zu ihr daran gehindert wird, ihre ‚Artgenossen’ umzubringen. Er ist wütend über ihren Verrat und will sie umbringen, kann es aber nicht durchziehen. Er tötet alle übrigen Androiden und geht zurück nach Hause, wo ihm seine Frau erzählt, dass Rachel die Ziege getötet hat, die Rick von dem Kopfgeld gekauft hatte.40 3.2 Variante 2 Diese Kurzgeschichte spielt sich ebenfalls in einer hypothetischen Zukunft ab, diesmal mitten im dritten Weltkrieg der binnen des kalten Krieges zwischen Russen und Amerikanern ausgebrochen ist. Während die amerikanische Regierung und die überlebenden Zivilisten auf den Mond geflüchtet sind, kämpfen die amerikanischen Soldaten noch auf der Erde. Durch die Entwicklung von AI-­‐ Robotern41 die Greifer genannt werden gewinnen die Amerikaner die Oberhand. Diese Greifer haben unterirdische Fabriken, in denen sie sich selbstständig reparieren und auch weiterentwickeln können. Die Geschichte wird aus der Sicht der Amerikaner erzählt, Protagonist ist Major Hendricks. Als ein russischer Soldat mit einer Nachricht zur Verhandlung in der Hand kurz vor dem Bunker der Amerikaner von den Greifern getötet wird, macht sich der Major auf mit den Russen zu verhandeln. Auf dem Weg zur russischen Front findet er einen kleinen Jungen namens David, der einen Teddybären auf dem Arm trägt. Der Junge erzählt ihm, er sei ganz alleine. Er bittet Hendricks, bei ihm bleiben zu dürfen. Dieser hat Mitgefühl und nimmt ihn mit sich. 40 Vgl. K. Dick, Philip: Do Androids Dream of Electric Sheep? -­‐ Phoenix, 2012 41‚AI’: Artificial Intelligence – künstliche Intelligenz 11 Als die beiden das Versteck der Russen erreichen stellt sich heraus, dass David ein Roboter war. Die Russen erzählen Major Hendricks, dass nur noch drei von ihnen am Leben sind, nachdem einer der Roboter in den Bunker gelassen wurde. Laut den Russen haben die Roboter sich bis zu dem Punkt weiterentwickelt, an dem sie Menschen imitieren und man keinen Unterschied mehr zwischen Roboter und Mensch erkennen kann. Sie können als verschiedene sogenannte „Varianten“ auftreten. Bis jetzt sind den Russen 2 bekannt. Variante 1 und Variante 3. Variante 3 ist David, der kleine Junge mit dem Teddybären. Variante 1 ist ein verwundeter Soldat. Die Varianten sind zu dem Zweck gebaut worden, das Mitleid der Menschen erregen und dadurch an sie heranzukommen und sie zu töten. Die Erscheinungsform der zweiten Variante ist noch nicht bekannt. Auf den Überresten der Roboter, die sie zerstören konnten, hatten sie Stempel mit I-­‐V für Variante 1 und III-­‐V für Variante 3 gefunden. Jedoch ist ihnen noch nicht bekannt, wie Variante 2 aussieht. Die Roboter sind also hinter russische Linien gedrungen und haben alles eingenommen. Die Gruppe vermutet auch, dass dasselbe mit den restlichen Amerikanern passiert ist. Das einzige Ziel, das die Roboter noch erreichen müssen, ist das Besetzen der Mondstation, was das Ende der Menschheit bedeuten würde. Die Gruppe beschließt, zum Bunker der Amerikaner zu gehen, um zu sehen, ob von Hendricks Truppe noch jemand am Leben ist. Es gibt untereinander Streitigkeiten, da alle sich gegenseitig beschuldigen, Variante 2 zu sein. Als sie den UN-­‐Bunker erreichen, haben die Roboter ihn bereits übernommen. Es stellt sich heraus, dass einer der Amerikaner, Klaus, einer der Roboter war. Es sind nur noch Major Hendrick und eine Frau aus der russischen Front namens Tasso übrig. Die beiden beschließen, dass ihre letzte Rettung ein Raumschiff zum Mond ist. Der Major erinnert sich, dass ein Raketenkreuzer für Notfälle in der Nähe versteckt ist, und sie brechen dorthin auf, das Schiff kann jedoch nur eine Person transportieren. Hendrick ist verwundet, also überlässt er Tasso das Schiff. Mit dem Versprechen, dass sie zurückkommt, um ihn zu holen, überredet sie ihn, ihr die Koordinaten für die Mondstation zu geben, Nachdem Tasso weggeflogen ist, greift eine große Robotergruppe Hendricks an: Es sind Davids und verwundete Soldaten sowie Tassos, was bedeutet, dass Tasso Variante 2 ist, und die Roboter dank dem Major einen Weg gefunden haben, zur Mondstation zu 12 gelangen. Kurz bevor die Roboter Hendrick töten, erkennt er, dass die Varianten schon begonnen haben, sich gegenseitig zu bekriegen, da Tassos eine Bombe hergestellt haben, mit dem einzigen Zweck, andere Roboter umzubringen. Der Leser kann sich nun die Frage stellen ob dies ein beruhigender oder trauriger Gedanke ist.42 42 Vgl.: Philip K. Dick, Der unmögliche Planet, S. 115-­‐174, Heyne Verlag, 2008 13 4. Vergleich zwischen Androiden in den Werken Der Begriff Android wird vom Oxford Dictionary als „a robot with a human appearance“43 definiert. In beiden Werken, die hier behandelt werden trifft diese Definition zu. 4.1. Androiden in „Do androids dream of electric sheep?“ In diesem Roman wurden Androiden geschaffen um, den Menschen bei ihrem Umzug zum Mars zu unterstützen. Sie können eigenständig denken und sind sehr schwer von Menschen zu unterscheiden, sogar bis zu dem Punkt, dass manche selbst nicht wissen, dass sie Androiden sind. Androiden bestehen aus organischem Material „[...]the humanoid robot – strictly speaking the organic android[…]“44 und sind physiologisch nicht von einem Menschen zu unterscheiden. Jedoch haben Androiden nur eine Lebensdauer von zwei Jahren, da Wissenschaftler es noch nicht geschafft haben, ihnen selbsterneuernde Zellen zu geben. In „Träumen Androiden von elektrischen Schafen“ kommen hauptsächlich Nexus-­‐6-­‐Androiden vor. Nexus-­‐6 ist eine neue Gehirneinheit für Androiden, die sie noch mehr menschenähnlich macht. Sie sind sehr schwer zu „pensionieren“, und am Anfang des Romans gibt es Zweifel, ob gebräuchliche Testmethoden sie noch identifizieren können. 4.1.1 Die ‚Illegalität’ von Androiden Androiden werden ausschließlich auf den Kolonien außerhalb der Erde eingesetzt. Alle, die auf die Erde kommen und sich als Menschen ausgeben, um dort leben zu können, werden von Kopfgeldjägern gejagt und „pensioniert“. Es wird nie ein Grund genannt, wieso Androiden flüchten wollen und wieso sie gejagt werden müssen, manche der Androiden werden zwar aufgrund von Verbrechen gejagt, doch andere wie zum Beispiel Luba Luft haben nichts getan, was die Notwendigkeit ihrer Elimination begründen würde. Es scheint Paradox dass die Androiden kein „Leben“ auf der Erde erlaubt ist, da ja im Grunde kein Mensch noch auf der Erde leben will und sehr viele Gebäude und Wohnungen leer stehen. Bekannt ist, dass Androiden unerwünscht sind und eliminiert werden müssen. “It’s a chance anyway, breaking free and coming here to Earth, where we’re not even considered animals. Where every worm and wood louse is considered more desirable 43http://www.oxforddictionaries.com/definition/english/android (18.12.2014, 10:05) 44 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 12 14 than all of us put together.“45 erwidert ein Android, als Deckard ihn darauf anspricht, dass es ein Risiko für Androiden sei auf die Erde zu kommen. 4.1.2. Die Methoden zur Unterscheidung von Androiden und Menschen Der „Voigt-­‐Kampff-­‐Test“ ist die gebräuchlichste Methode, um Androiden zu identifizieren. Die Testperson wird an einen Apparat angeschlossen, der ihre Reaktionen misst, während der Tester eine Reihe von Fragen stellt, die meist mit dem Mord an Tieren zusammenhängen, und die Reaktionen auf dem Apparat beobachtet. Der Apparat wird im Roman von Deckard erklärt, bevor er ihn an Rachel anschließt: ‚This’ – he held up the flat adhesive disc with its trailing wires – ‚measures capillary dilation in the facial area. We know this to be a primary autonomic response, the so-­‐called „shame“ or „blushing reaction to a morally shocking stimulus. It can’t be controlled voluntarily, as can skin conductivity, respiration, and cardiac rate.’ He showed her the other instrument, a pencil-­‐beam light. ‚This records fluctuations of tension within the eye muscles. Simultaneous with the blush phenomenon there generally can be found a small but detectable movement of-­‐ ‘46 An diesem Punkt wird Rick von Rachel unterbrochen, aber man kann sehen wie schwer es für Menschen geworden ist, Androiden und Menschen zu unterscheiden. Dieser Test wurde eingeführt, als Androiden zu klug wurden, um durch Intelligenztests entlarvt zu werden. Er beruht darauf, dass Androiden kein Mitgefühl haben und testet ihre Reaktionen auf moralisch unakzeptable Situationen. Allerdings gibt es einige Probleme mit dieser Testmethode, zum Beispiel könnte der Test auch bei manchen Menschen anzeigen, dass sie Androiden sind. ‚The Leningrad psychiatrists, think that a small class of human beings could not pass the Voigt-­‐Kampff scale. If you tested them in line with police work, you’d assess them as humanoid robots. You’d be wrong but they’d be dead.’47 Wenn Unsicherheit über die Validität des Testergebnisses besteht, kann eine Knochenmarksanalyse gemacht werden, durch die definitiv bestimmt werden kann, ob 45 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 97 46 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1 S. 37 47 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 30 15 eine Person ein Androide ist oder nicht. Allerdings kann sich die Person auch weigern, eine solche Analyse zu machen. So streitet Rachel Rosen ab, eine Androidin zu sein, nachdem Ricks Test dies ergibt, weigert sich aber auch, eine Knochenmarkanalyse zu machen, was einen Kopfgeldjäger wie Deckard in eine moralische Zwickmühle bringt. Soll man in so einer Situation einen vermeintlichen Androiden umbringen, obwohl es sich herausstellen könnte, dass es nur ein unschuldiger Mensch ist, oder soll man einen potentiellen Androiden frei laufen lassen? Die andere Testmethode, die im Roman vorgestellt wird, ist der „Bogenreflex-­‐Test nach Boneli“. Sie misst den Bogenreflex im oberen Ganglion der Wirbelsäule. Die Annahme, nach der dieser Test funktioniert, ist, dass die Reaktion auf den Reflex bei Androiden einige Mikrosekunden länger dauert als bei Menschen. Um den Reflex zu stimulieren, werden Geräusche oder Licht verwendet. Die Testperson muss einen Knopf drücken, sobald sie den Stimulus wahrnimmt. Die Zeit, die sie braucht, um zu reagieren, wird gemessen. Um ein valides Ergebnis zu erhalten, werden meist 7–10 Messungen genommen. Dieser Test wird von Rick Deckard nicht angewendet, aber als er einen anderen Kopfgeldjäger bezichtigt, ein Androide zu sein, verlangt dieser, dass der Boneli-­‐
Test an ihm durchgeführt wird. 4.1.3 Rachel Rosen Der einzige ‚legale’ Android, der im Roman auftritt, ist Rachel Rosen, die alles tut, um das Überleben ihrer ‚Artgenossen’ sicherzustellen. Sie wird zuerst als Tochter des Besitzers der Rosen-­‐Firma vorgestellt. Rachel ist der einzige Android, der es schafft, Rick zu überzeugen, dass sie ein Mensch ist, und auch als er bereits weiß, dass sie ein Android ist, bewirkt sie eine Veränderung in der Einstellung gegenüber Androiden, die Rick erlebt. Dank ihr beginnt Rick Androiden anders zu sehen. Er verliebt sich in sie und schläft mit ihr, was für ihn zuvor undenkbar gewesen wäre, da er Androiden nicht als Menschen angesehen hat. Am Anfang des Romans, als das Gespräch auf seinen Beruf kommt und seine Frau ihn einen Mörder nennt, antwortet er: „I’ve never killed a human being in my life.“48. Nachdem er mit Rachel geschlafen hat, kann man jedoch deutlich erkennen, dass er sie nicht mehr nur als Android sieht. ‚If you weren’t an android,’ Rick interrupted ‚if I could legally marry you, I would.’ 48 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S.1 16 Rachel said, ‚Or we could live in sin, except that I’m not alive.’ ‚Legally you’re not. But really you are. Biologically. You’re not made out of transistorized circuits like a false animal; you’re an organic entity.’49 An diesem Dialog kann man sehen, dass Deckard Rachel nicht mehr nur als Androiden sieht, sondern als Lebewesen, zu dem man eine emotionale Bindung aufbauen kann, was er ja auch tut. Ihre Figur ist sehr mysteriös, es werden viele Versionen ihrer Geschichte und Identität beschrieben und man ist sich bis zum Ende nicht sicher, welche wahr ist. Zum einen sagt der Direktor der Firma, die Nexus Androiden herstellt, der sich als ihr Vater ausgibt, dass sie bis zum Augenblick, als der Test es preisgibt, nicht wusste, dass sie ein Androide war. Auf der anderen Seite erzählt sie Rick, nachdem er es nicht über sich bringt, sie zu töten, dass sie schon neunmal Kopfgeldjäger dazu brachte, sich in sie zu verlieben, um andere Androiden zu retten. ‚How many times have you done this?’ ‚I don’t remember. Seven, eight. No I believe it’s nine.’ She – or rather it – nodded. ‚Yes, nine times.’50 Obwohl dies auf der einen Seite kaltblütig erscheint, kann daraus auch eine Fähigkeit, Mitgefühl zu spüren, gelesen werden. Sie will ihre Artgenossen, die Nexus-­‐6-­‐Androiden, beschützen. Aus diesem Grund handelt sie so kaltblütig. Auch zerstört sie am Ende des Romans Ricks Ziege und stellt sicher, dass er genau weiß, wer dies getan hat. „Rachel wouldn’t give a damn if you saw her, she probably wanted you to, so I’d know who had done it.“51 Sie könnte dies tun, da sie wütend ist, dass er die anderen Nexus-­‐6-­‐Einheiten zerstört hat und sich an ihm rächen will. Das würde bedeuten, dass sie mit ihnen fühlt und nicht wollte, dass ihre Artgenossen sterben. Auch könnte der Grund für ihre Tat sein, dass sie eifersüchtig ist, weil Dick zurück zu Iran gegangen ist, nachdem er mit Rachel geschlafen hat. Dies würde bedeuten, dass sie eifersüchtig ist, was zeigen würde, dass Androiden menschliche Gefühle haben können.52 49 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 155 50 Philip K. Dick Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 157 51 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 179 52 Vgl.: https://stonybrook.digication.com/yan_fang_chen/Android_Character_Analysis (17. 12. 2014) 17 4.1.4 Luba Luft: Luba Luft ist einer der Androiden, die Rick pensionieren soll. Sie ist im selben Raumschiff wie die anderen Nexus-­‐6-­‐Androiden vom Mars auf die Erde gekommen, aber mit dem Ziel, Opernsängerin zu werden – im Gegensatz zu Roy und Irmgard Batty und Pris Stratton, die nur um des Fliehens willen zur Erde gekommen zu sein scheinen, allerdings keine wirklichen Pläne haben, was sie mit dieser gewonnenen Freiheit machen wollen. Sie will einfach nur ein Mensch sein und ein Menschenleben leben. Sie sieht Menschen als bessere Lebensform, schaut also nicht auf sie herab. Sie erzählt Rick, dass sie, seit sie auf der Erde ist, versucht hat Menschen und ihre Gefühle nachzuahmen, um so zu werden wie sie. Rick mag Lubas Musik und sie ist Rick auch sympathisch. Als er sie zuerst nach einer Opernprobe von „Die Zauberflöte“ aufsucht und an ihr den Voigt-­‐Kampff-­‐Test durchführen will, weicht sie seinen Fragen mit Gegenfragen aus. Der Test wird nie an ihr durchgeführt, weil sie später freiwillig zugibt, ein Android zu sein. Durch ihren Tod beginnt Deckard daran zu zweifeln, ob er mit seinem Job wirklich etwas Gutes tut. Kurz nach Lubas Tod fragt Rick Phil Resch: „Do you think androids have souls?“53 was die Änderung seiner Sicht auf Androiden andeutet. Auch beschließt er seinen Job aufzugeben, so stark berührt ihn dieses Ereignis: „I’m getting out of this business. [...] They can use androids. Much better if andys do it. I can’t any more; I’ve had enough. She was a wonderful singer. The planet could have used her. This is insane.“54 Er merkt hier, dass Androiden vielleicht auch Positives bewirken können und, selbst wenn sie keine Menschen sind oder vielleicht gerade deshalb, auch positive Dinge tun können. Luba Luft ist auch in dem Sinn besonders, dass Rick sie nicht selbst umbringt, sie ist eigentlich der einzige Androide, den Rick nicht umbringen wollte, allerdings schießt Phil Resch ihr in den Bauch, worauf Rick ihr Leben beendet.55 4.1.4 Roy und Irmgard Baty: Die beiden gehören auch zur Gruppe der Nexus-­‐6 Androiden die Deckard pensionieren muss. Roy ist der Anführer der Gruppe, und während der Handlung des Romans, verstecken die beiden sich in der Wohnung, des „Specials“56 Isidore. 53 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 107 54 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 108 55 http://www.shmoop.com/do-­‐androids-­‐dream-­‐of-­‐electric-­‐sheep/luba-­‐luft.html (17.12.2014, 20:30) 18 Sie wissen beide dass sie Androiden sind und hegen keine positiven oder Mitgefühle gegenüber Lebewesen. Sie sind logisch und gehen vor wie man es von „stereotypischen“ Androiden oder Maschinen erwarten würde. Die beiden würden auf jeden Fall positiv auf den Voigt-­‐Kampff Test testen, während dies bei Rachel oder Luba ja angezweifelt werden könnte. Ihre Einstellung gegenüber Lebewesen wird besonders in einer Szene klar, wo Irmgard eine Spinne findet und sich fragt ob die Spinne nicht auch mit 4 Beinen leben könnte, worauf sie dies testen indem sie 4 Beine der Spinne abreißen. ‘Eight?’ Irmgard Baty said. ‘Why couldn’t it get by on four? Cut off four and see’ […] ‘It probably won’t be able to run as fast’ she said, ‘but there’s nothing for it to catch around here anyhow. It’ll die anyway.’57 Dies ist ein gutes Beispiel für ihre kalkulierende Gleichgültigkeit, sie denken nicht darüber nach dass sie der Spinne wehtun, sondern es ist nur ein Experiment für sie, der naive, gutwillige Isidore der sie beherbergt steht im Kontrast dazu. 4.2. Androiden in „Variante 2“ Androiden in „Variante 2“ werden meist nicht als solche bezeichnet, sondern als Roboter oder Greifer. Sie sind intelligent und können Entscheidungen treffen, haben aber sonst recht wenig mit Menschen gemeinsam. Sie wurden produziert, um alles Lebendige zu töten. Obwohl der eigentliche Grund für ihre Existenz der Schutz von gewissen Menschen ist, sind diese doch nur durch ihre Armbänder, die die Roboter außer Gefecht setzen, geschützt. Und selbst die Amerikaner, die die Greifer ins „Leben“ gerufen haben, haben Angst vor ihnen. „Mein Gott, bei diesen verdammten Dingern kriege ich Gänsehaut. Manchmal denke ich, wir waren besser dran, als es sie noch nicht gab.“58. Diese Meinung äußern die Protagonisten der Geschichte schon bevor sich herausstellt, dass die Roboter sich weiterentwickelt haben, mit dem Ziel, die Menschheit auszulöschen. In „Variante 2“ gibt es keine Diskussion, ob die Roboter gut oder böse sind, dies ist auch nicht Thema der Kurzgeschichte. Es wird jedoch angedeutet, dass die Roboter gewisse 56 Special: Eine Person deren Hirnfunktionen aufgrund der radioaktiven Strahlungen beeinträchtigt wurden. 57 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 1968, S. 162 58 Philip K. Dick, Der unmögliche Planet, 1968, S. 116 19 Ähnlichkeiten zu Menschen aufweisen, als am Ende der Geschichte herauskommt, dass die verschiedenen Varianten bereits gegeneinander Krieg führen. „Die Bombe. Hergestellt von Variante zwei, um die anderen Varianten zu zerstören. Allein zu diesem Zweck hergestellt. Schon begannen sie Waffen zu konstruieren, um sich gegenseitig zu vernichten.“59 Dies sind Hendricks letzte Gedanken. So ein Verhalten würde man von logisch denkenden Maschinen nicht erwarten, da sie mehr Chancen hätten ihren Krieg zu gewinnen, wenn sie zusammenarbeiten würden. 4.2.1 Die Methoden zur Unterscheidung von Androiden und Menschen Die Roboter in dieser Geschichte haben, da sie Maschinen sind, die in Serie produziert werden nur eine begrenzte Anzahl an Erscheinungsformen, was heißt, dass die Figuren meist schnell erkennen, ob jemand ein Android ist oder nicht, da sie mehrere Klone einer der Varianten sehen. Auch kann man, nachdem man einen Roboter vernichtet hat, sehr schnell erkennen, dass es einer war, da ihre Innereien aus Metallteilen bestehen. Zusätzlich ist die „Produktionsnummer“, die anzeigt welche Variante der Roboter war, auf der Innenseite des Schädels auf einem Typenschild eingraviert. „Er konnte das künstliche Gehirn sehen. [...] Ein Labyrinth von Schaltkreisen. Miniaturröhren. Haarfeine Drähte. Er berührte die Hirnschale. Sie schwang beiseite. Das Typenschild wurde sichtbar. [...] IV-­‐V.“ Hier wird auch der innere Aufbau der Roboter beschrieben: In dieser Geschichte bestehen Androiden zu keinem Teil aus organischem Material, sondern ausnahmslos aus Metallteilen. 4.2.2 Variante 1 -­‐ David „David“ ist die erste der Varianten, auf die Hendricks trifft. Es ist ein kleiner abgemagerter Junge, mit einem Teddybären im Arm, für den er Mitleid empfindet. Alle Varianten sind darauf ausgerichtet, die Menschen dazu zu bringen, ihnen zu vertrauen. Das Ziel eines „David“ ist es, die Menschen dazu zu bringen, ihn/es in ihre Bunker zu lassen, woraufhin er/es die anderen Roboter hineinlässt, die dann alle Menschen, die sich dort befinden, umbringen. 4.2.3 Variante 3 – der verwundete Soldat 59 Philip K. Dick, Der unmögliche Planet, 1968, S. 175 20 Variante 3 taucht erst am Ende der Geschichte auf, als Teil der Robotergruppe, die Tasso und Hendrick angreift und als Teil der Gruppe, die Hendrick umbringt. Er wird nicht wirklich genauer beschrieben, außer dass die Russen Hendrick berichten, dass diese Variante für den Massenmord in ihrem Bunker verantwortlich ist. 4.2.4 Variante 2 – Tasso „Tasso“ wird in der Geschichte als eine der letzten überlebenden Russen nach einem Roboterangriff vorgestellt, erst am Ende der Geschichte, als alle außer ihr und Hendricks tot sind, stellt sich heraus, dass sie Variante 2 ist. Während Variante 1 und 3 darauf zählen, dass die Menschen Mitleid mit ihnen haben, hat sie es geschafft, dass man ihr vertraut und sie als einen Kameraden sieht. Tasso ist auch die Variante, die es schafft, die Koordinaten für die Mondbasis der Amerikaner zu kriegen. 4.3 Vergleich Obwohl in „Variante 2“ nie das Wort „Android“ erwähnt wird, würde man im Grunde beide Arten als Androiden klassifizieren. Die beiden Arten von Androiden unterscheiden sich jedoch in sehr vielen Aspekten wenn man sie in den Geschichten vergleicht, vor allem, wenn man unter die Oberfläche schaut. Wortwörtlich, denn wenn man schon die Innereien der Androiden vergleicht so bestehen sie in „Do androids dream of electric sheep?“ aus organischer Materie und sind ohne Knochenmarksanalyse nicht von Menschen unterscheidbar während die Androiden in „Variante 2“ innen gänzlich aus Maschinerie bestehen. Also in diesem Bereich keinerlei Ähnlichkeit zu Menschen zeigen. In beiden Geschichten lässt sich die Paranoia Dicks erkennen, er sah hinter jeder Person einen potentiellen Feind oder Spion, genau wie sich in seinen Geschichten hinter jeder vermeintlich freundlichen Person ein Android verbergen kann, der es nur darauf abgesehen hat, den Protagonisten ums Leben zu bringen oder auf irgendeine Art zu manipulieren. 4.3. Verhalten Auf die Charakterisierung der Figuren in „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ wird wesentlich mehr Wert gelegt, jeder Android hat einen eigenen Charakter. 21 Sie alle besitzen Eigenschaften, die sie voneinander unterscheiden und haben auch verschiedene Ziele. In Variante 2 aber gibt es nur 4 Typen von Androiden, diese haben alle das gleiche Ziel und ihnen werden keine Charakterzüge zugeordnet. Sie handeln alle als Masse, keine Individuen werden erkennbar hervorgehoben. Von den Androiden in „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ wird zwar behauptet, sie hätten kein Mitgefühl, dies wird aber sehr häufig in dem Roman angezweifelt. Ob diese echt oder nicht sind, kann man sich zwar immer fragen, aber Luba Luft scheint Gefühle zu besitzen, sie will ein Mensch sein und sie genießt Kunst, was gewisse Emotionen voraussetzt. Auch Rachel zeigt Zeichen von menschlichen Gefühlen, sie hilft Rick, obwohl sie es zuerst nicht wollte. Vielleicht aus Mitgefühl? Auch tötet sie seine Ziege, was darauf hinweist, dass sie wütend ist, obwohl sie ja eigentlich keine Emotionen haben sollte. Die Roboter in „Variante 2“ zeigen keine erkennbaren Gefühle, sie sind Maschinen und werden in der Geschichte nur zu dem Zweck vorgestellt, um eine böse Masse an Maschinen zu haben, die die Menschheit bedroht. Dies wird nie in Frage gestellt, die Roboter sind und bleiben „die Bösen“, mit denen man nicht verhandeln oder einen Kompromiss finden kann. Man versucht auch nicht mit ihnen zu kommunizieren, was der Leser auch nicht erwartet, da es ja Maschinen sind, mit denen sich nicht verhandeln lässt. Man kann Parallelen zwischen den beiden Geschichten ziehen, da in beiden humanoide Roboter, die Menschen geschaffen haben, um sich das Leben leichter zu machen vorkommen, wobei sie sich im dabei Grunde intelligente Sklaven geschaffen haben, die schließlich ein Eigenleben entwickeln und sich gegen die Menschen, ihre Schöpfer, auflehnen. Auch ist in beiden Geschichten humanes Verhalten erkennbar, wobei dies in „Do androids dream of electric sheep?“ genauer behandelt wird. Es ist hier sogar eines der zentralen Themen des Buches. Sind Androiden weniger wert als Menschen? Sind Menschen und Androiden wirklich so unterschiedlich? Haben humanoide Roboter mit einer künstlichen Intelligenz Emotionen? Können sie lieben, Mitgefühl spüren und trauern? Ist es Mord, wenn man ihr Leben endet? Viele der Androiden zeigen Ansätze von Gefühlen, und im Laufe des Buches zweifelt auch der Protagonist selbst, ob Androiden wirklich so anders als Menschen sind wie er dachte. Er fragt gegen Ende des Romans „Do you think androids have souls?“60 60 Philip K. Dick, Do androids dream of electric sheep?, 2012, S. 107 22 23 5. Fazit Eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit ist, dass, obwohl in Androiden in den Werken sehr verschieden dargestellt werden, Dick in beiden Werken behandelt, dass die Androiden Menschen viel ähnlicher sind als man denken würde. In „Do androids dream of electric sheep?“ zeigt er dies, indem er Androiden Emotionen gibt, während er sie sich in „Variante 2“ gegen die Menschen auflehnen lässt und zeigt, dass sie nicht besser als Menschen sind, da sie auch schon gegeneinander Krieg führen. Er behandelt die Gemeinsamkeiten zwischen Menschen und Androiden jedoch sehr viel genauer in „Do androids dream of electric sheep?“, da er hier Menschen mit Androiden sehr viel mehr interagieren lässt, zum Beispiel verliebt sich der Protagonist in einen Androiden und hegt auch gegenüber einem anderen Sympathien. Durch die Zweifel des Protagonisten, ob Androiden weniger wert sind als Menschen, beginnt auch der Leser zu zweifeln. In „Variante 2“ konzentriert sich Dick nicht so stark auf die positive menschliche Seite der humanoiden Roboter, sondern mehr auf den Krieg zwischen diesen und den Menschen und darauf, ob die Übernahme des Planeten von Seiten der Roboter einen Unterschied macht. Die Arbeit sollte auch die Darstellung von Menschlichkeit anhand von Androiden behandeln, allerdings würde das Thema zu umfassend werden, wenn dieser Aspekt auch behandelt würde. Auch wäre es interessant, die Darstellung von Androiden von Philip K. Dick mit der von anderen Autoren zu vergleichen, dies wäre allerdings eine neue, eigene Arbeit. 24 6. Literaturverzeichnis 6.1 Printmedien 6.1.1 Selbstständig erschienene Werke Lawrence Sutin, Philip K. Dick. Göttliche Überfälle. 1. Auflage. Zürich: Haffmans Verlag. 1994 Philip K. Dick, Do Androids Dream of Electric Sheep? London: Phoenix Verlag. 1968 6.1.1 Unselbstständig erschienene Werke Philip K. Dick: Variante 2 in Der unmögliche Planet (Sascha Mamczak: Der unmögliche Planet. Stories. 6. Auflage. München: Heyne Verlag. 1987), Seiten 115-­‐175 6.2 Online zur Verfügung gestellte Quellen 6.2.1 Website The European Graduate School. Philip K. Dick. Biography. http://www.egs.edu/library/philip-­‐k-­‐dick/biography/ (Zugegriffen: 08.10.2014, 12:33) Christian Gaca. Das Leben von Philip Kindred Dick. März 2002 http://www.philipkdick.de/biografie.html (Zugegriffen: 08.10.2014, 12:27) Webseite der Habenichtse. Dick, Philip Kindred. Leben http://www.habenichtse.de/biografie/philip-­‐k-­‐dick/ (Zugegriffen: 14.11.2014, 16:20) Oxford Dictionary. Android. http://www.oxforddictionaries.com/definition/english/android (Zugegriffen: 18.12.2014, 10:05) Yan Fang Chen. Writing 102. Electric Sheep Dreamer. 23. 03. 2011. https://stonybrook.digication.com/yan_fang_chen/Android_Character_Analysis (Zugegriffen: 17. 12. 2014) Shmoop. Luba Luft. Character Analysis. http://www.shmoop.com/do-­‐androids-­‐dream-­‐
of-­‐electric-­‐sheep/luba-­‐luft.html (Zugegriffen: 17.12.2014, 20:30) 25 Ich gebe mein Einverständnis, dass ein Exemplar meiner vorwissenschaftlichen Arbeit in der Schulbibliothek meiner Schule aufgestellt wird. __________________ ___________________ Ort, Datum Unterschrift Ich erkläre, dass ich diese vorwissenschaftliche Arbeit eigenständig angefertigt und nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. __________________ ___________________ Ort, Datum Unterschrift 26 

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