Bewe Alle - Technische Hochschule Nürnberg
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Bewe Alle - Technische Hochschule Nürnberg
Vorwort I Die Western Governors University mit Sitz in Salt Lake City z. B. oder die Capella University in Minneapolis nennen sich Online University und in der Tat ist es nicht erforderlich, irgendwann während des Studiums einen Hörsaal zu betreten („class is everywhere you are“). Sie haben das Prinzip der Fernuniversität komplett ins Internet verlagert und erreichen ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer weltweit. Aus der Mobilität der Studierenden wird die Mobilität der Bildung. Unternehmen wie Coursera sind keine Hochschule, sie erstellen auch keine Inhalte selbst oder vergeben akademischen Grade, sondern machen OnlineKurse renommierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu speziellen Themen, sogenannte MOOCS (Massive Open Online Courses), über das Netz verfügbar. 6 Foto: Kurt Fuchs m Hochschulforum Digitalisierung als einer nationalen Plattform untersuchen seit 2014 und noch bis 2016 über 70 Expertinnen und Experten die Auswirkungen der Digitalisierung auf alle Aspekte der Hochschullehre. Ihre erste These lautet: die digitale Hochschule gibt es nicht. Trotzdem haben wir den Schwerpunkt dieses OHM-Journals TH digital genannt – nicht, weil wir glauben eine digitale Hochschule zu sein, sondern weil wir meinen, dass es sich lohnt, einen Blick darauf zu werfen, wie sich die Digitalisierung in unserem Studienangebot, in den Dienstleistungen und Verwaltungsprozessen sowie als Forschungsthema bereits heute niederschlägt und wo in Zukunft weitere Potentiale bestehen. Die TH Nürnberg ist mitten im Transformationsprozess und wir versuchen, das Beste aus beiden Welten, der realen und der virtuellen, zu nutzen und miteinander zu verbinden. Dabei machen wir in der Lehre vor allem von der orts- und zeitunabhängigen Verfügbarkeit von Informationen und den erweiterten medialen, didaktischen und kollaborativen Möglichkeiten Gebrauch, über die Virtuelle Hochschule Bayern auch davon, dass Kurse von Lehrenden anderer bayerischer Hochschulen verfügbar sind und das eigene Angebot erweitern. Aber Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sie muss der Qualität dienen. Will man einen echten Mehrwert erzielen, der über eine Konserve der Präsenzlehre oder das Hinterlegen von Lehrmaterial hinausgeht, dann ist virtuelle Lehre kein Sparmodell, der „Produktionsaufwand“ durchaus hoch und nicht notwendigerweise skalierbar, also beliebig häufig und für beliebig viele wiederzuverwenden. Das wäre der falsche Ansatz, wenngleich er im Hinblick auf die erhoffte Freisetzung von Ressourcen verführerisch klingt. Nicht alle Inhalte sind ohne Präsenz ver- mittelbar, nicht alle Kompetenzen ohne direkten Kontakt mit anderen Studierenden oder den Lehrpersonen erwerbbar. Die Abbruchquoten reiner Online-Kurse sind hoch, das asynchrone, individuelle Lernen wird oft trotz Mentorensystem mit hoher Eigenverantwortung erkauft. Viele Rahmenbedingungen (z. B. im Urheberrecht, im Kapazitätsrecht oder beim Datenschutz) sind noch nicht angepasst oder zumindest im Moment nicht förderlich. Dennoch: die virtuelle Lehre und die digitalen Technologien sind eine Bereicherung und bereits heute Bestandteil des Hochschulalltags. Ihr Potential ist aber noch nicht ausgeschöpft – nicht in der einzelnen Lehrveranstaltung und erst recht nicht als strategische Option für die ganze Hochschule oder zumindest für bestimmte Bereiche wie die Weiterbildung. Daran müssen wir arbeiten. Lehrende und Studierende kommunizieren über elektronische Lernplattformen. Sie nutzen innovative Gestaltungs-, Simulations-, Kooperations- und Darstellungsmöglichkeiten, die sie im Learning Lab kennenlernen, diskutieren und für ihre Zwecke anpassen, und sie erproben neue interaktive Methoden. Begleitend dazu bieten wir bereits vor Studienbeginn fachbezogene Online Self Assessments (Studierfähigkeits-Selbsttests), ein Online-Beratungsportal und schließlich in virtuOHM erweiterte Selbstbedienfunktionen von der Prüfungsanmeldung bis zur Notenabfrage. Und so steckt hinter TH digital sowohl eine Bestandsaufnahme als auch eine programmatische Aussage. Prof. Dr. Michael Braun Präsident OHM-Journal WS 2015|2016