Auslandssemesterbericht, Université Rennes 2, Frankreich, Esther

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Auslandssemesterbericht, Université Rennes 2, Frankreich, Esther
Auslandssemesterbericht, Université Rennes 2, Frankreich, Esther André
Vorbereitung auf das Auslandssemester
In Vorbereitung auf das Auslandssemester habe ich zunächst die Informationsveranstaltung
von Frau Malugani besucht. Diese Veranstaltung war sehr aufschlussreich, da ich bis dato
dachte, dass man nur in unserem Sprachenbereich ein Praktikum bzw. Auslandssemester
absolvieren darf. Auch auf andere Fragen wurde in dieser Veranstaltung eingegangen und
ich würde es jedem nahe legen diese schon möglichst früh zu besuchen.
Danach stellte sich für mich die Frage, ob ich ein Praktikum oder ein Auslandssemester
machen möchte. Da ich mich in meiner Zweitsprache Französisch noch sehr unsicher fühlte,
entschied ich mich für ein Studium im Ausland. Daraufhin bin ich die Liste unserer
Partneruniversitäten durchgegangen und habe mich auch ein wenig über die Region bzw.
die Stadt informiert. Ich entschied mich bald für die Université Rennes 2, da ich das
Studienangebot dort am interessantesten fand und mich auch die Region reizte.
Die Finanzierung des Auslandssemesters
Ich habe für mein Auslandssemester schon frühzeitig Bafög beantragt. Da ich mir die letzten
Unterlagen allerdings vor Ort ausfüllen lassen musste, erhielt ich erst im November das erste
Mal Bafög. Das Erasmus-Geld wurde ungefähr im Oktober nach Einreichen des „Certificate
of arrival“ überwiesen. Die Lebenshaltungskosten sind gerade was Lebensmittel und
Drogerieartikel angeht in Frankreich deutlich höher als in Deutschland. Allein für alltägliche
Dinge habe ich circa. 150€ mehr ausgegeben, hinzu kommen dann noch Kosten zum
Ausgehen. Außerdem habe ich mein Zimmer in Köln nicht vermieten können und musste in
den 4 Monaten doppelt Miete zahlen. Trotz dieser zusätzlichen Belastung reichten Bafög und
Erasmus-Geld fast aus um die Kosten zu decken.
Ankunft in Rennes
Ich bin schon einige Tage früher nach Rennes gefahren, um mir die Stadt schon einmal in
Ruhe anschauen zu könne. Rennes ist wirklich eine beeindruckende Stadt: Wie in der
Bretagne üblich findet man viele Häuser aus Bruchstein, aber auch viele alte Gebäude aus
dem 17./18. Jahrhundert. Die ganze statt ist sehr gepflegt und man spürt, dass die
Einwohner stolz auf ihre Stadt sind und versuchen sie zu erhalten. Dabei sollte man es
natürlich nicht verpassen in einer Crêperie zu essen und den köstlichen Cidre zu probieren.
Rennes ist zudem durch die vielen Studenten eine sehr junge Stadt mit einem vielfältigen
kulturellen Leben. Ich denke auch das Rennes genau die richtige Größe hat für ein
Auslandssemester: Es ist nicht so überfüllt und riesig wie Paris aber auch nicht zu klein.
Außerdem liegt die Stadt nicht weit vom Ärmelkanal und auch Atlantik entfernt. Ich habe die
Zeit genutzt, um ein bisschen in der Bretagne zu reisen und mich in die Region mit ihrer
rauen Küste im Norden verliebt. Auch ein Ausflug in kleinere Ortschaften wie Fougères lohnt
sich sehr, auch wenn man mehr über die bretonische Geschichte lernen will.
Um meinen ersten Tag an der Universität etwas stressfreier zu gestalten, zog ich schon
einen Tag früher in das Studentenwohnheim ein. Dies ist ohne Probleme möglich, man muss
nur einen geringfügigen Abschlag für diesen Tag zahlen. Als ich die Unterlagen für das
Zimmer ausfüllte, sollte ich dann eine Bescheinigung über meine Haftpflichtversicherung
vorlegen. Diese hatte ich mir vorher von meiner Versicherung zuschicken lassen. Jedoch
konnte die Frau diese leider nicht verstehen, da diese auf Englisch geschrieben war, obwohl
uns zuvor von der Universität Rennes mitgeteilt wurde, dass wir diese Bescheinigung auf
Englisch oder Französisch mitbringen sollen. Die Frau war jedoch sehr nett und hat mir
trotzdem die Schlüssel für das Zimmer gegeben.
Das Zimmer (Chambre renovée) war sehr klein, aber sauber und für 4 Monate absolut
aushaltbar. Ich hatte auch ein eigenes Bad und einen Kühlschrank, was den Aufenthalt
deutlich angenehmer gestaltete. Des Weiteren gab es Gemeinschaftsküchen für die Etage.
Dies habe ich aber eher als Vorteil empfunden, da man dort sehr schnell mit seinen
Mitbewohnern in Kontakt kommt. Für die Küche muss man allerdings alle Utensilien
mitbringen. Es gibt jedoch ganz in der Nähe von der Universität (10 Minuten mit dem Bus)
einen Ikea, bei dem man zu Semesterbeginn die halbe Universität trifft.
Am ersten Tag musste man sich einschreiben und konnte sich für verschieden Aktivitäten,
wie Stadtrundgänge oder Bibliotheksführungen eintragen. Diese Aktivitäten würde ich jedem
ans Herz legen, da man dabei schnell die anderen Erasmus Studenten kennen lernt.
Außerdem bekommt jeder ausländische Student hier einen Paten zur Seite gestellt. Die
Paten sind französische Studenten aus den höheren Semestern, die meistens auch schon
eine Zeit im Ausland waren. Die Paten helfen bei der Einschreibung und anderen
Formalitäten und stehen auch ansonsten bei Fragen zur Verfügung. Bei der
Einführungsveranstaltung erhält man dann unter anderem ein dickes Buch mit allen Kursen,
die man an der Universität belegen kann. In diesem Buch stehen jedoch keine Zeiten (wann
die Kurse stattfinden). Um dies herauszufinden, muss man zu den Räumen gehen, die in
dem Buch aufgelistet sind und sie selber suchen. Dies ist etwas umständlich und man sollte
genug Zeit dafür einplanen. Außerdem werden die Zeiten für einige Departments erst zwei
Tage vorher veröffentlicht, was die Sache noch erschwert. Ganz wichtig ist, genug Passfotos
dabei zu haben, da man in Frankreich für fast alles ein Foto vorlegen muss. Außerdem muss
man etwas Geduld mitbringen. In Frankreich lässt man sich auch für administrative
Angelegenheiten etwas mehr Zeit, diese entspannte Lebensauffassung empfand ich jedoch
als positiv. So dauert es dann auch eine Woche, statt der ursprünglich angesagten zwei
Tage bis die Studentenkarte wieder da ist und wichtige Unterlagen für das Bafög-Amt
werden einem nach einiger Zeit in den Briefkasten gelegt.
Die Kurswahl
Bei der Kurswahl an der Université Rennes 2 hat man als Erasmus-Student eine große
Auswahl. Man darf insgesamt Kurse aus drei Departments (Fachbereichen) wählen. Die
Departements reichen von Angewandte Fremdsprachen (LEA), was in ungefähr unserem
Studiengang entspricht, über Sozialwissenschaften bis Kunst oder Archäologie. Bei diesem
Angebot sollte eigentlich jeder etwas Passendes für sich finden. In der Einführungswoche
finden dann auch Treffen mit den Koordinatoren der einzelnen Bereiche statt, bei denen
diese ihre Fachbereiche vorstellen, man selbst aber auch Fragen stellen darf. Ich empfand
diese Treffen als sehr hilfreich, da ich mit dem großen Angebot anfangs doch sehr
überfordert war. Außerdem kann man eine Woche lang probeweise zu den Kursen
hingehen, die man sich ausgesucht hat. Erst danach darf man das Learning Agreement
abgeben bzw. erhält eine Unterschrift. Da wir nur 2 Prüfungen bestehen müssen, besteht für
uns zu dem die Möglichkeit sich in einen Kurs als „auditeur libre“, also als Zuhörer
einzutragen. Dies habe ich in zwei Kursen so gewählt, da mir die Prüfung zu schwer
erschien, ich den Kurs inhaltlich aber interessant fand. Nachdem man dann seinen
Stundenplan zusammen gestellt hat und sich für eventuelle Prüfungen eingetragen hat, hat
man das schwierigste auch geschafft.
Das Studiensystem
In meiner Zeit belegte ich ausschließlich sogenannte CV-Kurse. Dies entspricht in etwa den
deutschen Vorlesungen. Jedoch findet man sich, nicht wie von der FH Köln gewohnt mit 60
Personen in einem Raum wieder, sondern mit 100 oder 150. Dies ist aber wohl auch der
Größe der Universität geschuldet. Was für alle Deutschen bis zum Schluss zu Erstaunen
führte, war die Art der meisten Professoren ihre Vorlesungen zu halten. Ich habe in meiner
Zeit keinen Professor gesehen, der Powerpoint benutzte oder (außer eventuell für die
Erasmus-Studenten) ein Skript zur Verfügung stellte. Außerdem ist es üblich, Vorlesungen
wie ein Diktat zu gestalten. Der Professor schreibt das Kapitel an die Tafel, setzt sich hin und
beginnt aus seinem Skript vorzulesen, inklusive Füllwörter und eigentlich zum Verständnis
überflüssiger Nebensätze. Da es wie erwähnt kein Skript weder in Papierform noch im
Internet gibt (obwohl auch diese Universität über ein Ilias ähnliches System verfügt), muss
man alles mitschreiben. Der Professor macht auch Sprechpausen und wiederholt Teilsätze,
wie man es von einem Diktat gewohnt ist. Nach zwei Stunden Vorlesung und meistens 4
vollgeschriebenen Seiten, kam es dann auch vor, dass ich von dem was ich geschrieben
habe nichts verstanden habe, weil dafür keine Zeit gelassen wird. Eine Französin mit der ich
gut befreundet war, sagt mir, dass sie diesen Unterrichtsstil schon aus der Schule gewohnt
seien und nannte Deutschland ein „Paradies“ als ich ihr von meinen Erfahrungen erzählte.
Für mich ist es bis heute unverständlich, warum dieser Stil an französischen Universitäten
vorherrscht. Für mich als Anhänger der Humboldt’schen Lehre hat dies nicht viel mit dem zu
tun, was eine Universität als Aufgabe hat, nämlich Menschen zu helfen sich zu eigenständig
denkenden Personen zu entwickeln. Versucht ein Professor zwischendurch Sachen frei zu
erklären oder an Beispielen zu erläutern, ist es dann auch so, dass die Studenten kaum
zuhören. Erst wenn er wieder zum Diktat ansetzt hören sie wieder hin. Erschreckend dabei
ist auch, dass selbst junge Professoren schon diesen Stil anwenden. Es gab dabei zwei
Ausnahmen, nämlich die Kurse Histoire du cinéma und Histooirede l’art, welche auch
meinen Lieblingskurse werden sollten.
Neben den CVs gibt es noch TD-Kurse, die als Übungen gedacht sind und in kleineren
Gruppen von ca. 50 Personen abgehalten werden. Ich habe einen solchen Kurs leider nicht
belegt, da mich von den angebotenen keiner interessierte. Von anderen Kommilitonen habe
ich mir aber sagen lassen, dass auch diese größtenteils im Diktat-Stil gehalten werden, der
einzige Unterschied sei dabei die Gruppengröße.
Das Campusleben
Abgesehen von dem Unterrichtsstil der Professoren, gibt es aber auch durchaus positive
Seiten des Studentenlebens in Frankreich. Als extrem positiv habe ich empfunden, dass die
Universität zumindest in Rennes nicht nur ein Ort ist an dem man lernt. Die Universität bietet
zum Beispiel fächerübergreifendende Kurse an in denen man Projekte bearbeitet und
Wissen anwenden kann. Außerdem gibt es sogenannte „Ateliers“ für Tanz, Theater, Malerei,
Musik, Video usw. die am Ende eines jeden Semesters ihre Ergebnisse vorstellen.
Außerdem finden auf dem Campus häufig Veranstaltungen statt, wie Lesungen oder
Kunstausstellungen. Mittwochs wurden zudem in dem Kinosaal der Universität und diesen
kann man sich wirklich wie einen Kinosaal vorstellen jeden Mittwoch zwei Filme für ein
kleines Eintrittsgeld gezeigt. Die Filme waren zwar natürlich schon älter, deswegen aber
nicht weniger spannend anzusehen. Schließlich gibt es noch den Universitätssport, für den
man sich aber schnell anmelden muss. Bei den beliebten Kursen wie Aerobic oder Tauchen
entschied dann meist das Los wer in den Kurs kommt und wer nicht. Durch diese
Ausgestaltung des Campuslebens, die mich etwas an Amerika erinnerte, haben die
Studenten dort einen viel positiveren Bezug zu ihrer Universität, den ich mir auch für
Deutschland wünschen würde.
Fazit
Ich habe den Aufenthalt in Frankreich bis zuletzt genossen und würde es jedem weiter
empfehlen. Rückblickend würde ich sagen, dass es sinnvoller ist Kurse möglichst nur aus
einem Bereich zu wählen, um einfacher in Kontakt mit den französischen Studenten zu
kommen. Mit meiner Wahl nach Rennes zu gehen bin ich sehr zufrieden. Die Menschen dort
habe ich als sehr hilfsbereit kennen gelernt. Außerdem war ich dadurch dass keine anderen
Studenten von unserer FH vor Ort waren, gezwungen direkt mit anderen Studenten in
Kontakt zu kommen und so auch immer Französisch zu sprechen. Ich habe in Rennes
Studenten aus der ganzen Welt kennen gelernt und es als eine sehr schöne Erfahrung
empfunden Zeit mit Menschen aus anderen Kulturen zu verbringen. Eine Erasmus
Organisation von Studenten (ESN) hat das ganze Semester über Veranstaltungen für die
ausländischen Studierenden organisiert, sodass es einfach war mit den anderen in Kontakt
zu kommen. Vor meinem Semester in Frankreich hatte ich das Gefühl auf Französisch zwar
Texte analysieren zu können, aber keine Gespräche mit „echten“ Franzosen führen zu
können. Nach den 4 Monaten kann ich denke ich sagen, dass ich mich ohne größere
Probleme auf Französisch unterhalten kann. Ich habe die französische Alltagssprache
kennen gelernt und ein besseres Gefühl für die Sprache bekommen. Außerdem hat sich
auch mein mündliches sowie schriftliches Verständnis deutlich verbessert, sodass ich jetzt
gerne und ohne Anstrengung französische Filme anschaue oder Zeitung/Bücher lese. Mit
meinen sprachlichen Fortschritten bin ich gemessen an der kurzen Zeit sehr zufrieden, habe
aber auch den Ehrgeiz entwickelt mein Französisch noch weiter zu verbessern. Außerdem
kann ich mir jetzt durchaus vorstellen später in Frankreich zu arbeiten und leben.