Theorie der Sprechhandlungen (Sprechakttheorie

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Theorie der Sprechhandlungen (Sprechakttheorie
Theorie der Sprechhandlungen (Sprechakttheorie): Sprache-inFunktion/Sprache-in-Gebrauch
Grundannahme: Sprechen ist ein bedeutungsvolles, zielgerichtetes Handeln.
“In saying something we do something“ (John AUSTIN 1962: How to do things
with words)
Austins Unterscheidung zwischen konstativen und performativen Äußerungen:
• Äußerungen, mit denen wir (die Welt beschreiben, indem wir) etwas feststellen oder aussagen sind konstativ (Bsp.: Die Erde ist rund! ) – wahr
oder falsch.
• Äußerungen, mit denen wir (die Welt verändern, indem wir) etwas tun, sind
performativ (Bsp.: Ich ernenne Sie hiermit zur Professorin auf Lebenszeit!).
Eine klare Trennung zwischen konstativen und performativen Äußerungen gibt es
nicht, da wir auch mit konstativen Äußerungen Handlungen vollziehen.
Es gibt mehrere Arten von sprachlichen Handlungen: explizit und implizit performative Äußerungsakte. Vgl. Ich komme! Vs. Ich verspreche dir, dass ich komme!
Performative Verben stehen in der Ersten Person Singular Präsens:
Ich verspreche/gelobe/schwöre/warne etc.
Austins SA-Konzeption unterscheidet den lokutionären und den illokutionären
Teilakt. Jede Äußerung lässt sich nach zwei Aspekten beschreiben: dem propositionalen Gehalt (Inhaltsebene) und dem illokutionären Handlungsgehalt/-wert (Verwendungsebene): Vgl. Der Dekan kommt!
“Speaking a language is performing acts according to rules“ (John SEARLE 1969:
Speech Acts)
Sam raucht. Raucht Sam? Sam raucht? Achtung, Sam raucht! (identische
Proposition bei unterschiedlichen Illokutionen)
Frau Schwarz-Friesel/Monika/Die Professorin/Die Wissenschaftlerin ist Linguistin/Sprachwissenschaftlerin. (verschiedene Äußerungen mit identischer Proposition
und/oder Illokution)
Ich lehre Linguistik. (je nach Situation hat Äußerung verschiedene Propositionen)
Ich komme! (Äußerung kann verschiedene Illokutionen haben)
Sprechakttheorie: Nach welchen Regeln sprechen wir?
Regulative Regeln: regulieren ein bereits existierendes Verhalten (z. B. beim Essen)
Konstitutive Regeln: schaffen erst ein bestimmtes Verhalten (z. B. beim Spiel)
Regeln für den SA des Versprechens (nach SEARLE)
Allgemeine Voraussetzung: S und H verfügen über die gleiche Sprachkenntnis, sind geistig und körperlich nicht kommunikativ eingeschränkt etc.

Regeln des propositionalen Gehalts:
?? Ich verspreche!
?? Ich verspreche, dass die Klausur letztes Semester aus drei Teilen bestand.
S drückt Proposition aus, dass P
S drückt mit P zukünftigen Akt A von S aus

Einleitungsregeln:
?? Ich verspreche dir eine Tracht Prügel/schwere Klausur/üble Nachrede etc.
S nimmt an, dass H die Ausführung von A auch wirklich möchte.
?? Ich verspreche dir, dass die Welt auch morgen noch existiert.
Zukünftiger Akt darf bei normalem Verlauf nicht offensichtlich sein

Aufrichtigkeitsregel: S muss die Ausführung von A wirklich beabsichtigen.

Wesentliche Regel: Die Äußerung von S gilt als Übernahme einer Verpflichtung von S zur Ausführung von A.
Typen von Sprechakten (illokutionären Akten):
Unterscheidungskriterien: Zweck, Anpassungsrichtung zwischen Wort und Welt, Ausdruck
psychischer Zustände/Einstellungen
Repräsentative (assertive) SA: wie behaupten, feststellen, aussagen; S legt sich auf Wahrheit/Falschheit der Proposition fest; Wörter sind mit Welt in Übereinstimmung zu bringen; psychischer Zustand ist Überzeugung, dass etwas der Fall ist;
Direktive SA: wie bitten, befehlen, raten, fragen; S versucht, H zu bestimmten Handlung zu veranlassen; Welt ist mit Wörtern in Übereinstimmung zu bringen; Zustand ist ein Wunsch
Kommissive SA: wie versprechen, geloben, drohen; S verpflichtet sich selbst, bestimmte Handlung
zu vollziehen; Welt ist mit Wörtern in Übereinstimmung zu bringen; Zustand ist eine Absicht
Expressive SA: wie danken, grüßen, sich entschuldigen; drücken Gefühlszustand aus; S will sozialen
Kontakt etablieren bzw. aufrechterhalten und bestimmte emotionale Einstellungen zum Ausdruck
bringen; es gibt keine Anpassungsrichtung; psychische Zustände variieren
Deklarative SA: wie taufen, beurkunden, ernennen, entlassen, verurteilen; S etabliert neue
Realität, d. h. neue Sachverhalte institutioneller Art werden geschaffen; Übereinstimmung
zwischen propositionalem Gehalt und Realität wird hergestellt