12. § 101a GWB – Informations- und Wartepflicht
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12. § 101a GWB – Informations- und Wartepflicht
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12. § 101a GWB – Informations- und Wartepflicht Informations- und Wartepflicht (1) Der Auftraggeber hat die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist. Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach den Sätzen 1 und 2 geschlossen werden. Wird die Information per Fax oder auf elektronischem Weg versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an. (2) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. 12.1 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 2150 Bislang regelte § 13 Vergabeverordnung die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über diese Absicht zu informieren und den Vertrag erst zu schließen, wenn die Information erteilt wurde und eine Frist von 14 Tagen vergangen ist. Tat der Auftraggeber dies nicht, war der Vertrag nichtig. Die Regelung des § 13 VgV wird mit etwas abweichendem Wortlaut in § 101a Absatz 1 übernommen. Dabei wird der Wortlaut der Vorschrift auf die „betroffenen Bieter und Bewerber“ i.S.d. des Art. 2 a Abs. 2 Drucksache 349/08 38 UAbs. 2 und 3 Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge (Rechtsmittel-Richtlinie) ausgerichtet. 2151 Bieter gelten dann als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder vor der Vergabekammer als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann. Bewerber gelten dann als betroffen, wenn der öffentliche Auftraggeber ihnen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt hat, bevor die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist. 2152 Die Vorschrift setzt auch Artikel 2a Abs. 2 Unterabsatz. 1 der Richtlinie 2007/66/EG um. Die Wartefrist ist nunmehr gesetzlich geregelt und hinsichtlich der Dauer an die Vorgaben der Rechtsmittel-Richtlinie angepasst. Dabei wird – entgegen dem Gesetzentwurf - keine einheitliche Frist für sämtliche Kommunikationsmittel festgelegt. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2153 Der Wortlaut der Vorschrift des § 101a GWB wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durch die Pluralbildung (die Gründe) an den allgemeinen Sprachgebrauch angepasst. Entscheidend kommt es darauf an, dass der unterlegene Bieter oder Bewerber eine aussagekräftige Begründung für die Nichtberücksichtigung seines Angebots erhält. Ist nur ein Grund für die Nichtberücksichtigung vorhanden, reicht selbstverständlich die Angabe dieses einen Grundes aus. Die Pluralbildung soll verdeutlichen, dass der unterlegene Bieter oder Bewerber durch diese Information möglichst frühzeitig Klarheit über die Erfolgsaussichten eines Rechtsschutzverfahrens gewinnen können soll. Aus diesem Grund wird der öffentliche Auftraggeber zur unverzüglichen Information in Textform verpflichtet (§ 121 Abs. 1 BGB). Im Übrigen wird von der Möglichkeit der Differenzierung nach Art. 1 Abs. 5 Uabs. 3 der Richtlinie 2007/66/EG Gebrauch gemacht. 2154 Der öffentliche Auftraggeber kann über die in § 101a vorgegebenen Angaben hinaus auch weitere nützliche Informationen an die Unternehmen geben. In der Praxis hat sich z.B. gezeigt, dass die Angabe auch der Platzierung der jeweiligen Angebote der Unternehmen hilfreich sein kann. Aus der Angabe der Platzierung kann das Unternehmen Rückschlüsse für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages ziehen. Nachprüfungsanträge, die wegen schlechter Platzierung keine Chance auf einen Zuschlag haben, sind in der Regel wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig. Eine Angabe der Platzierung schützt daher die Unternehmen vor Verfahrenskosten in Nachprüfungsverfahren, die sie in Kenntnis ihrer Platzierung nicht anstrengen würden. Von einer Verpflichtung zur Angabe der Platzierung wurde wegen der dann damit verknüpften Rechtsfolge der Unwirksamkeit bei einem Fehlen der Angabe jedoch abgesehen. 2155 Die Information über den Grund der Nichtberücksichtigung eines Angebotes muss dem Unternehmen, das ein erfolgloses Angebot vorgelegt hat, hinreichend deutlich machen, aus welchem Grund sein Angebot nicht zu berücksichtigen war und welches Unternehmen den Zuschlag erhalten soll. Die Begründung hat auch die Komplexität des Auftrages und den daraus resultierenden Aufwand für die Angebotserstellung zu berücksichtigen. Ein bloßer Hinweis darauf, dass das Angebot nicht das wirtschaftlichste gewesen sei, genügt der Informationspflicht nicht. 12.2 Verknüpfung zwischen § 101a GWB, § 101b GWB und § 13 VgV (alt) 2156 § 101a GWB regelt die Verhaltenspflichten des Auftraggebers und § 101b GWB die Rechtsfolgen einer nicht den Regeln des § 101a GWB entsprechenden Verhaltensweise des Auftraggebers. 2157 Die bisherige Verweisung auf § 13 VgV und der entsprechende Inhalt sind damit in das GWB integriert worden. 12.3 Eigenständige Informationspflicht 2158 Der Auftraggeber hat neben den Informationspflichten aus VOB, VOL und VOF eine eigenständige Informationspflicht nach § 101a GWB. Inhalt und Reichweite dieser Informationspflicht sind teilweise sehr umstritten. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.4 Sinn und Zweck der Informations- und Wartepflicht 2159 Der auf dem europäischen Recht (Rechtsmittelkoordinierungsrichtlinie und Sektorenrechtsmittelkoordinierungsrichtlinie – zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/66/EG) basierende Rechtsschutz verlangt, dass für einen ausgeschlossenen Bieter die Möglichkeit vorgesehen wird, die Frage der Gültigkeit der Zuschlagsentscheidungen rechtzeitig prüfen zu lassen. In Anbetracht der Erfordernisse der praktischen Wirksamkeit der Nachprüfungsrichtlinien folgt daraus, dass ein angemessener Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Zuschlagsentscheidung den ausgeschlossenen Bietern mitgeteilt wird, und dem Vertragsschluss liegen muss, damit diese insbesondere einen Antrag auf Erlass vorläufiger Maßnahmen bis zum Vertragsschluss stellen können (EuGH, Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-406/08; Urteil v. 03.04.2008 - Az.: C-444/06). Der Umsetzung dieses Rechtsschutzziels dienen §§ 101a, 101b GWB (1. VK Bund, B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 135/08; B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 126/08). Die Modalitäten gerichtlicher Verfahren zum Schutz der Rechte, die das Gemeinschaftsrecht den durch Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber geschädigten Bewerbern und Bietern einräumt, dürfen außerdem die praktische Wirksamkeit der Rechtsmittelrichtlinie nicht beeinträchtigen (EuGH, Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-456/08; Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-406/08). 2160 Die Informationspflicht des Auftraggebers dient also primär dazu, die Bieter durch einen Vertragsschluss nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen und sie so der Möglichkeit zu berauben, die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers überprüfen zu lassen (BGH, Urteil v. 22.02.2005 - Az.: KZR 36/03; OLG Karlsruhe, B. v. 29.08.2008 - Az.: 15 Verg 8/08; VK Baden-Württemberg, B. v. 31.07.2008 - Az.: 1 VK 24/08; B. v. 13.02.2006 - Az.: 1 VK 1/06; VK Brandenburg, B. v. 17.12.2009 - Az.: VK 21/09; 1. VK Bund, B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 135/08; B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 126/08; VK Südbayern, B. v. 19.01.2009 - Az.: Z33-3194-1-41-11-08; B. v. 31.10.2002 - Az.: 42-10/02). Die Verpflichtung des Auftraggebers, diejenigen Bieter, die er nicht berücksichtigen will, vor der endgültigen Auftragsvergabe zu informieren, und das an den Auftraggeber gerichtete sanktionsbewehrte Verbot, innerhalb der Schutzfrist von 15 Tagen den ins Auge gefassten Vertrag zustande zu bringen, verschaffen den von einer Absage betroffenen Bietern die Gelegenheit, bis zum Fristablauf Vergaberechtsschutz in Anspruch zu nehmen (OLG Dresden, B. v. 11.04.2005 - Az.: WVerg 05/05; OLG Karlsruhe, B. v. 29.08.2008 - Az.: 15 Verg 8/08; VK BadenWürttemberg, B. v. 13.02.2006 - Az.: 1 VK 1/06). 2160/1 Aus dieser Zielsetzung folgt, dass einem Bieter, der in einem noch nicht durch Zuschlagserteilung abgeschlossenen Vergabeverfahren ein Nachprüfungsverfahren einleitet, ein schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschrift des § 101 a GWB nicht mehr zukommt. Die rechtlich schutzwürdigen Interessen des Bieters sind voll umfänglich bereits dadurch gewahrt, dass ein Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung an den öffentlichen Auftraggeber zugestellt wurde (VK Brandenburg, B. v. 17.12.2009 - Az.: VK 21/09). 2161 Die Nichtigkeitsfolge – so das alte Recht des § 13 VgV – als auch die schwebende Unwirksamkeit – so das neue Recht - sichert die Einhaltung dieser Frist. Sie schützt den unterlegenen Bieter, indem sie verhindert, dass durch die Erteilung des Zuschlags unumkehrbare Rechtsfolgen eintreten. Mit dieser Regelung entspricht der Verordnungsgeber dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot, die dem Vertragsschluss vorangehende Entscheidung des Auftraggebers darüber, mit welchem Bieter eines Vergabeverfahrens er den Vertrag schließt, in jedem Fall einem Nachprüfungsverfahren zugänglich zu machen (BGH, Urteil v. 22.02.2005 - Az.: KZR 36/03; VK Baden- Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Württemberg, B. v. 31.07.2008 - Az.: 1 VK 24/08; 1. VK Bund, B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 135/08; B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 126/08). 2162 §§ 101a, 101b GWB haben damit zwei Regelungstatbestände: Die Begründung eines subjektiven Rechts der Bieter auf Informationen über die beabsichtigte Auftragsvergabe und die an ein gesetzlich aufgestelltes Verbot geknüpfte Nichtigkeit des unter Verstoß gegen diese Informationspflicht abgeschlossenen Vertrages (VK Brandenburg, B. v. 21.04.2004 - Az.: VK 12/04). 12.5 Persönliche Reichweite der Informationspflicht 12.5.1 Bieter 2163 § 101a GWB trägt, in gleicher Weise wie etwa Vorschriften über Dokumentationspflichten im Vergabeverfahren, zunächst instrumentellen Charakter; die darin getroffenen Regelungen sind nicht um ihrer selbst willen umzusetzen, sie dienen vielmehr der Absicherung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Beteiligten. Die Entstehungsgeschichte des § 101a und des § 13 VgV belegt, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber damit den Zweck verfolgt hat, einem betroffenen Bieter die zur rechtzeitigen Geltendmachung eines Nachprüfungsverfahrens erforderliche Kenntnis von dem beabsichtigten Abschluss des Vergabeverfahrens zu seinem Nachteil zu verschaffen und ihm damit den Zugang zu einem Verfahren des Primärrechtsschutzes vor einer diesen abschneidenden Entscheidung der Vergabestelle offen zu halten. Dieser Zweck legt nicht nur den Schluss nahe, dass die Berufung auf eine Verletzung der dem Auftraggeber obliegenden Pflichten aus § 101a GWB und auf die sich daraus etwa ergebenden Rechtsfolgen nur den Beteiligten des vorangegangenen Vergabeverfahrens (samt denen, die hieran vergaberechtskonform hätten beteiligt werden müssen), nicht aber außenstehenden Dritten möglich ist. Er spricht auch dafür, dass der vorgenannte Adressatenkreis der bieterschützenden Wirkung von § 101a GWB diesen Schutz nur innerhalb eines (den üblichen Zulässigkeitsschranken unterliegenden) Nachprüfungsverfahrens geltend machen kann, dessen Erreichbarkeit für den Bieter § 101a GWB gerade sicherstellen will (OLG Dresden, B. v. 14.2.2003 - Az.: WVerg 0011/01). 2164 Es besteht auch keine Veranlassung, bei einer auf § 101b GWB beruhenden Vertragsnichtigkeit außenstehenden Dritten in einer derartigen Konstellation weitergehende Rechte einzuräumen, als sie den am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen zuständen. Erschöpft sich für diese die über § 115 Abs. 1 GWB hinausgehende Rechtsfolgen in einer zusätzlichen Absicherung der Zugangsmöglichkeit zu einem zulässigen Vergabenachprüfungsverfahren, so ist es außenstehenden Dritten nicht möglich, allein unter Berufung auf einen den Beteiligten gegenüber erfolgten Verstoß gegen § 101a GWB die Aufhebung eines im Übrigen ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens und eine erneute Ausschreibung zu verlangen. Wollte man dies annehmen, so müsste sich der Dritte mit einem solchen Begehren (und dies grundsätzlich unbefristet und allenfalls durch die an seinen eigenen Kenntnisstand geknüpfte Präklusionswirkung des 107 Abs. 3 GWB zeitlich begrenzt) auch durchsetzen, wenn keiner der am Vergabeverfahren Beteiligten eine Verletzung des § 101a GWB beanstandet hat. Das entspricht nicht dem Regelungszweck dieser Vorschrift (OLG Dresden, B. v. 9.11.2001 - Az.: WVerg 0009/01). Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2164/1 Bieter im Sinn von § 101a GWB ist ein Beteiligter des Vergabeverfahrens, der Träger subjektiver Rechte ist und dem grundsätzlich ein Zugang zum Nachprüfungsverfahren zur Durchsetzung dieser Rechte eröffnet ist (OLG Naumburg, B. v. 03.09.2009 - 1 Verg 4/09). 2165 Auch derjenige Bieter muss nach § 101a GWB informiert werden, der zwar ein Angebot abgegeben hat, aber dieses ggf. nicht innerhalb der gesetzten Einreichungsfrist dem Verhandlungsleiter zugegangen ist. Denn z.B. § 23 Nr. 1 a) VOL/A bestimmt lediglich, dass verspätet eingegangene Angebote nicht geprüft zu werden brauchen. Die Verspätung nimmt dem Absender dieser Angebote aber nicht die Rechtsstellung eines Bieters, also eines Dienstleistungserbringers, der ein Angebot eingereicht hat. Würde man diese Bieter von der ab Erreichen der EU-Schwellenwerte automatisch vorzunehmenden Vorinformation ausnehmen, würde diese um ihre Primärrechtsschutzmöglichkeiten gebracht, zu deren Realisierung gerade die Informationspflicht eingeführt wurde. Wie z.B. § 23 Nr. 1 a VOL/A nämlich weiter zeigt, kann auch ein verspätetes Angebot noch in die Wertung gelangen, wenn der verspätete Eingang durch Umstände verursacht worden ist, die nicht vom Bieter zu vertreten sind. Wird der verspätete Bieter aber vor Zuschlagserteilung nicht von dem verspäteten Eingang seines Angebots informiert, hat er keine effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten mehr, letztgenannten Ausnahmetatbestand geltend zu machen (1. VK Sachsen, B. v. 16.12.2004 - Az.: 1/SVK/118-04) 12.5.2 Bieter, denen der Zuschlag erteilt werden soll? 2166 Die Bestimmung der §§ 101a, 101b GWB soll – wie der aufgehobene § 13 VgV - den voraussichtlich unterliegenden Bieter schützen. Diesem soll aufgrund der Vorabinformation ermöglicht werden, mit Erfolg effektiven Primärrechtsschutz in einem Nachprüfungsverfahren zu suchen. Er soll in die Lage versetzt werden, die Vergabeentscheidung und die Aussichten des ihm zustehenden Vergaberechtsschutzes zu beurteilen. Dazu installierte der Verordnungsgeber im Anschluss an die Entscheidung des EuGH vom 28.10.1999, Rechtssache C-81/68 ("Alcatel Austria") mit § 13 Satz 4 VgV – jetzt § 101b GWB - eine den Rechtsschutz flankierende Nichtigkeitsanordnung, die einen wirksamen Vertragsschluss vor einer Überprüfung der Vergabeentscheidung verhindert. Geschützte Adressaten der in der Vorschrift begründeten Informationspflicht sind mithin allein die unterliegenden Bieter. Wenn aber schon die Spezialnormen des Vergaberechts nicht den obsiegenden Bieter schützen sollen, dann ist nicht zu sehen, wieso ihm ein irgendwie gearteter Schutz nach Abschluss des Vergabeverfahrens zufallen soll. Insgesamt lässt sich daher Einiges dafür anführen, im Wege der teleologischen Reduktion dem obsiegenden Bieter ganz allgemein zu versagen, sich gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nach Erteilung des Zuschlages auf die Unwirksamkeit gemäß § 13 Satz 4 VgV (a. F.) und § 101b GWB zu berufen (OLG Düsseldorf, Urteil v. 25.6.2003 - Az.: U (Kart) 36/02). 12.5.3 Anonyme Rügeführer 2167 Weder § 97 Abs. 7 GWB noch die Rechtsmittelrichtlinie erfordern, dass dem Unternehmen freigestellt ist, wie es bei einem Nachprüfungsverfahren vorgeht. Denn die Rechtsmittelrichtlinie und § 97 Abs. 7 GWB beziehen sich auf ein geordnetes rechtliches Nachprüfungsverfahren. Es genügt für ein Nachprüfungsverfahren in diesem Sinne nicht, ohne Namensnennung Beanstandungen erheben zu lassen. Zu jedem rechtlich Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 geordneten Verfahren gehört, dass die Beteiligten namhaft gemacht sind. Denn nur so können sie für ihre Verhaltensweise im Verfahren auch zur Verantwortung gezogen werden. Ein Verfahren mit einem unbekannten Verfahrensbeteiligten ist für niemanden zumutbar und nicht nur im Hinblick auf die Kosten, die ein Verfahren auslöst, für den Gegner des unbenannten Verfahrensbeteiligten unübersehbar. Es verstößt gegen die Prinzipien rechtsstaatlicher Verfahren, einem nicht bekannten Akteur zu ermöglichen, andere staatlichen Maßnahmen, die mit jedem förmlichen Verfahren verbunden sind, auszusetzen. Im Vergabeverfahren kommt hinzu, dass wegen der Bedeutung der Eigenschaften des antragstellenden Unternehmens für die Vergabe und die Beurteilung des Vergabeverfahrens (z. B. Eignung des Unternehmens, ausgeschlossene Personen gemäß § 16 VgV) die Kenntnis um die Person des (zukünftigen) Antragstellers für die Sachbehandlung von großer Bedeutung ist (OLG Celle, B. v. 25.08.2005 - Az.: 13 Verg 8/05). 12.5.4 Bewerber 12.5.4.1 Nationale Regelung 2168 Die Informationspflicht des § 101a GWB gilt nach § 101a Abs. 1 Satz 2 GWB ausdrücklich auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist. 2169 Der Auftraggeber muss also entweder nach Abschluss eines Bewerbungsverfahrens – etwa im Rahmen der VOF – oder spätestens bei einer Auftragserteilung auch die erfolglosen Bewerber informieren. Im Sinne eines rationellen Verfahrensablaufes ist jeder Auftraggeber gut beraten, die Bewerberinformation möglichst schon nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens durchzuführen, um nicht Gefahr zu laufen, im eigentlichen Vergabeverfahren von eventuellen Fehlern im Bewerbungsverfahren eingeholt zu werden. 2170 Es handelt sich bei der Regelung des § 101a Abs. 1 Satz 2 GWB nicht um eine materielle Erweiterung, sondern lediglich um eine Klarstellung. Die Rechtsprechung hatte bereits in der Vergangenheit Bewerbern einen solchen Rechtsschutz zugebilligt. Vgl. insoweit die Kommentierung RZ 2179. 12.5.4.2 Die Rechtsprechung des EuGH 2170/1 Nach der Rechtsprechung des EuGH können Bewerber und Bieter nur dann rechtzeitig die nötigen Vorkehrungen treffen, um etwaige Verstöße gegen das Vergaberecht wirksam im Sinne der Rechtsmittelrichtlinie nachprüfen zu lassen, wenn aus den nationalen Rechtsvorschriften klar hervorgeht, dass auch Vorbereitungshandlungen oder Zwischenbescheide, die Vergabebehörden im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren erlassen, den Lauf einer Ausschlussfrist auslösen. Es entspricht daher nicht den Anforderungen der Rechtsmittelrichtlinie, dass eine im nationalen Recht vorgesehene Frist für den Nachprüfungsantrag, ohne dass dies im Wortlaut dieser Bestimmung klar ausgesprochen wäre, auch für die Nachprüfung von Zwischenbescheiden gilt, die Vergabebehörden im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren erlassen (EuGH, Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-456/08). Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2170/2 Auch das mit der Rechtsmittelrichtlinie verfolgte Ziel zügiger Behandlung muss im innerstaatlichen Recht im Einklang mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit verwirklicht werden. Die Mitgliedstaaten haben zu diesem Zweck für die Fristen eine hinreichend klare, bestimmte und überschaubare Regelung zu schaffen, so dass die Einzelnen ihre Rechte und Pflichten erkennen können. Das genannte Ziel zügiger Behandlung gestattet es den Mitgliedstaaten nicht, vom Grundsatz der Effektivität abzuweichen, wonach die Art und Weise der Anwendung nationaler Ausschlussfristen nicht die Ausübung der Rechte, die dem Betroffenen nach dem Gemeinschaftsrecht zustehen, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen; dieser Grundsatz liegt dem Ziel der Wirksamkeit der Nachprüfung zugrunde, das in der Rechtsmittelrichtlinie ausdrücklich genannt ist (EuGH, Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-456/08). 2170/3 Hierbei spielt es auch keine Rolle, dass die nationale Rechtsprechung Vorbereitungshandlungen oder Zwischenbescheide analog den Endentscheidungen behandelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordert die Umsetzung einer Richtlinie zwar nicht notwendigerweise eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche und besondere Rechts- oder Verwaltungsvorschrift und ihr kann auch ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen, doch muss dieser hinreichend klar und bestimmt sein, damit die Begünstigten in die Lage versetzt werden, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen. Soweit eine nationale Regelung es zulässt, dass die nationalen Gerichte die für Anträge auf Nachprüfung von Entscheidungen zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen vorgesehene Ausschlussfrist analog anwenden auf Rechtsbehelfe gegen Zwischenbescheide von Vergabebehörden, die im Rahmen der Vergabe solcher Aufträge ergehen und für die der Gesetzgeber diesen Ausschluss nicht ausdrücklich vorgesehen hat, ist die dadurch entstehende Rechtslage nicht hinreichend klar und bestimmt, um die Gefahr ausschließen zu können, dass den betroffenen Bewerbern und Bietern durch ein nationales Gericht auf der Grundlage einer von ihm vorgenommenen Auslegung dieser Bestimmung ihr Recht auf Nachprüfung genommen wird (EuGH, Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-456/08). 2170/4 Angesichts der sicherlich nicht eindeutigen Formulierung der §§ 102, 101a GWB vermögen Mitteilungen über Zwischenentscheidungen eines Auftraggebers nach § 101a GWB (z.B. Beschränkung der Bieter nach einem Teilnahmewettbewerb) keine Fristen in Gang zu setzen. Der Auftraggeber muss – will er den sicheren Weg wählen – nach der Vergabeentscheidung auch die ausgeschiedenen Bewerber – nochmals oder erstmals – nach § 101a GWB informieren. 12.6 Verfahrensmäßige Reichweite der Informationspflicht 12.6.1 Informationspflicht beim Verhandlungsverfahren 12.6.1.1 Grundsatz 2171 Schon nach der Rechtsprechung zu § 13 VgV galt die Regelung des § 13 VgV in allen seinen Bestimmungen auch für Verhandlungsverfahren (OLG Celle, B. v. 5.2.2004 - Az.: Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 13 Verg 26/03; OLG Düsseldorf, B. v. 24.02.2005 - Az.: VII - Verg 88/04; B. v. 23.02.2005 Az.: VII - Verg 87/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 86/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII Verg 85/04; Schleswig-Holsteinisches OLG, B. v. 28.11.2005 - Az.: 6 Verg 7/05; Thüringer OLG, B. v. 28.01.2004 - Az.: 6 Verg 11/03; B. v. 14.10.2003 - Az.: 6 Verg 5/03; VK Berlin, B. v. 26.08.2004 - VK - B 1 - 36/04; 3. VK Bund, B. v. 29.09.2005 - Az.: VK 3 - 121/05; VK Halle, B. v. 22.4.2002 - Az.: VK Hal 05/02, B. v. 2.10.2002 - Az.: VK Hal 24/02; VK Niedersachsen, B. v. 17.04.2009 - Az.: VgK-12/2009; 1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 12.07.2007 - Az.: 1 VK LVwA 13/07; B. v. 05.09.2006 - Az.: 1 VK LVwA 29/06; VK Schleswig-Holstein, B. v. 14.05.2008 - Az.: VK-SH 06/08); denn nach seinem Wortlaut deutet nichts darauf hin, dass von der Informationspflicht und den Rechtsfolgen bei der Verletzung der Informationspflicht eine Ausnahme für Verhandlungsverfahren gemacht werden sollte. Auch nach dem Zweck der Vorschrift müssen Verhandlungsverfahren in ihren Geltungsbereich einbezogen werden. Dabei kann es zum Schutz der Bieter, die sich an dem Verhandlungsverfahren mit einem Angebot beteiligt haben, nicht darauf ankommen, ob das Verhandlungsverfahren mit oder ohne veröffentlichte Vergabebekanntmachung eingeleitet und durchgeführt worden ist (VK Hessen, B. v. Juni 2001 - Az.: 69 d VK 17/2001). War das Unterlassen einer öffentlichen Bekanntmachung ein Vergaberechtsverstoß, kann ein in dieser Phase begangener Vergaberechtsverstoß es aber nicht rechtfertigen, dass sich deshalb die Pflichtenlage des öffentlichen Auftraggebers in einer späteren Phase des Vergabeverfahrens verringert. Denn die Anwendbarkeit des § 13 VgV richtet sich nach der objektiven Rechtslage; der öffentliche Auftraggeber hat nicht die rechtliche Kompetenz, durch sein Verhalten über den Eintritt und die Reichweite der Nichtigkeitsfolgen des § 13 Satz 4 VgV (a.F.) zu disponieren (OLG Düsseldorf, B. v. 30.4.2003 - Az.: Verg 67/02; ebenso VK Lüneburg, B. v. 12.11.2003 - Az.: 203-VgK-27/2003 - für die neue Fassung des § 13). 2172 Ein effektiver Rechtsschutz ist außerdem völlig ausgehöhlt, wenn bei besonders weitgehenden Verstößen gegen die Vergabebestimmungen, nämlich der Wahl der am meisten diskriminierenden Vergabeart oder der direkten Vergabe gänzlich ohne Bezug zum Vergaberecht, sanktionslos Fakten geschaffen werden. Ein anderes, ausschließlich am Wortlaut orientiertes Verständnis der Norm würde dazu führen, dass die Norm mit der europarechtlichen Forderung nach effektivem Rechtsschutz kaum vereinbar wäre. Mit Praktikabilitätserwägungen, z. B. der Unüberschaubarkeit des Kreises der potentiellen Bieter und damit der nach § 13 VgV zu Informierenden, kann die Pflicht nach § 13 VgV nicht ausgehebelt werden. Wer sich für die am weitestgehend wettbewerbsverengenden und damit diskriminierenden Vergabearten entscheidet, kennt das Risiko und nimmt es bewusst in Kauf (VK Düsseldorf, B. v. 15.08.2003 - Az.: VK - 23/2003 – L). 2173 Die Informationspflicht im Verhandlungsverfahren ist auch nicht auf Bieter begrenzt, die bis zum Schluss an den Verhandlungen teilgenommen und ein letztes Angebot abgegeben haben. Als Bieter sind (mindestens) alle Beteiligten eines Vergabeverfahrens anzusehen, die ein Angebot abgegeben haben. Dabei reicht die Abgabe eines ersten indikativen Angebots aus. Eine andere Auslegung wäre durch den Wortlaut der Verordnung nicht gedeckt. Auch erscheint anhand der Zielsetzung dieser Bestimmung keine entsprechende Einschränkung ihres Anwendungsbereichs geboten (VK Schleswig-Holstein, B. v. 14.05.2008 - Az.: VK-SH 06/08). 2174 An dieser Rechtsprechung hat sich inhaltlich durch die Aufnahme der §§ 101a, 101b in das GWB nichts geändert. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.6.1.2 Einschränkungen 2175 Nach Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts (B. v. 28.01.2004 - Az.: 6 Verg 11/03), der VK Thüringen (VK Thüringen, B. v. 24.10.2003 - Az.: 216-4002.20-025/03-ABG) und der VK Sachsen-Anhalt (1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 12.07.2007 - Az.: 1 VK LVwA 13/07) kommt bei einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nicht jeder eventuell auf dem Markt agierende Bieter auch als Antragsteller in Betracht. Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist eine konkrete, aktive, willensgetragene Äußerung einer Firma gegenüber der Vergabestelle die den Willen zur Ausführung von Leistungen der zu vergebenden Art im Vorfeld der Ausschreibung zum Ausdruck bringt. Nur diese aktive willensgetragene Äußerung qualifiziert dann diejenige Firma zu einem Bieter im Sinne der §§ 102 ff. GWB und damit auch zu einem Bieter der zu betreffenden Verhandlungsverfahren die Antragsbefugnis besitzt (VK Arnsberg, B. v. 22.10.2004 - Az.: VK 2-20/2004). Allein die Teilnahme an einem vorher von der Vergabestelle durchgeführten Vergabeverfahren stellt nicht eine wie oben geforderte aktive willensgetragene Äußerung einer Firma dar, die diese damit zu einem Bieter im Sinne der §§ 102 ff. GWB qualifizieren würde. Das bloße Vorhandensein einer in dem konkreten Marktsektor tätigen Firma qualifiziert diese nicht als antragsbefugten Bieter im Sinne der §§ 102 ff. GWB, da die Rechtssicherheit betreffend einmal geschlossener Verträge faktisch aufgehoben würde und zum anderen eine zeitlich unbegrenzte Antragsmöglichkeit eventueller Bieter, mit den daraus möglicherweise resultierenden Konsequenzen wie z. B. der o. g. permanenten Rechtsunsicherheit bei geschlossenen Verträgen, bestehen würde. 2176 Es verstößt auch keineswegs gegen allgemeine Grundsätze des Zivilrechts, die Geltungskraft des § 13 S. 6 VgV entsprechend dem Schutzzweck der Bestimmung zu relativieren. Die Figur der relativen Unwirksamkeit ist dem geltenden Recht nicht fremd (vgl. §§ 135, 136 BGB). Die Rechtsordnung kennt im Übrigen Konstellationen, in denen dem Einzelnen aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Geltendmachung einer andere Rechtsteilnehmer bindenden Nichtigkeit versagt ist. So ist etwa anerkannt, dass es eine Form unzulässiger Rechtsausübung darstellen kann, wenn sich Vertragsparteien auf eine fehlende Schriftform berufen, während der gleiche Einwand mit Erfolg von einem Dritten geltend gemacht werden kann. Der Grund für eine solche Relativierung der ihrer Grundkonzeption nach für und gegen jedermann geltenden Nichtigkeit liegt darin, dass die Anwendung auf den Einzelfall davon abhängen kann, ob der Betreffende dem mit dem Nichtigkeitsgebot bezweckten Schutzbereich untersteht (Thüringer OLG, B. v. 28.01.2004 - Az.: 6 Verg 11/03). 2177 Zusätzlich vertritt die VK Thüringen die Auffassung, dass die aktive, willensgetragene Äußerung vor der Einleitung des Vergabeverfahrens zu erfolgen hat, da nur dann auch seitens der Vergabestelle die Teilnahme dieser Firma an dem Vergabeverfahren erwogen werden kann, zum anderen bei einer nachträglichen Willensbekundung die o. g. Probleme der Rechtssicherheit aufträten (ähnlich im Ergebnis OLG Celle, B. v. 5.2.2004 - Az.: 13 Verg 26/03; VK Berlin, B. v. 26.08.2004 - VK - B 1 - 36/04). 2178 Vgl. zur ähnlichen Problematik bei der de-facto-Vergabe die Kommentierung RZ ???. 12.6.2 Informationspflicht beim Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb (z.B. nach VOF) Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.6.2.1 Rechtsprechung zu § 13 VgV 2179 Zwar spricht der Wortlaut des § 13 VgV von Bietern, nicht von Bewerbern. Zudem verlangt § 13 VgV auch die Mitteilung des Bieters, der den Zuschlag erhalten soll, was aber nach Abschluss des Auswahlverfahrens noch gar nicht möglich ist. Es besteht aber ein Anspruch auf Mitteilung nach § 13 VgV auch für solche Beteiligten, die nur deshalb keine Bieterstellung erlangen, weil sie von der Vergabestelle vom Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ausgeschlossen wurden. Solche potenziell Beteiligten sind vom Schutzzweck des § 13 VgV erfasst, da es sonst die Vergabestelle in der Hand hätte, durch vergaberechtswidrige Nichtberücksichtigung die Informationspflicht ins Leere laufen zu lassen (OLG Düsseldorf, B. v. 02.12.2009 - Az.: VII-Verg 39/09; OLG Naumburg, B. v. 25.09.2006 - Az.: 1 Verg 10/06; OLG Schleswig-Holstein, B. v. 28.11.2005 - Az.: 6 Verg 7/05; B. v. 01.09.2006 - Az.: 1 (6) Verg 8/05; VK Brandenburg, B. v. 27.01.2005 - VK 79/04; VK Halle, B. v. 2.10.2002 - Az.: VK Hal 24/02; VK Schleswig-Holstein, B. v. 31.05.2005 Az.: VK-SH 09/05). 2180 § 17 IV VOF wird der Sach- und Rechtslage nicht gerecht, da diese Bestimmung einen vorherigen schriftlichen Antrag voraussetzt und bei einem Verstoß nicht die Rechtsfolge der Nichtigkeit anordnet. Fraglich ist, ob hinsichtlich einer Informationspflicht zwischen Bewerbern, die bereits im Auswahlverfahren ausgeschieden werden, und Bietern, die erst mit Abschluss des Verhandlungsverfahrens ausscheiden, unterschieden werden muss. Für letztere gilt ohnehin § 13 VgV, während für erstere § 17 Abs. 4 VOF mit der Maßgabe herangezogen werden könnte, dass diesen lediglich das Ergebnis des Auswahlverfahrens mitgeteilt wird. Letztlich ist festzustellen, dass die Bewerber am Teilnahmewettbewerb entweder nach Auswahl der Verhandlungspartner Mitteilung über den Ausgang des Teilnahmewettbewerbs erhalten oder aber spätestens am Ende des Verhandlungsverfahrens in die Mitteilung nach § 13 VgV einbezogen werden. In diesem Falle ist der bereits im Auswahlverfahren ausgeschiedene Bewerber mit dem Tatbestand konfrontiert, dass er erst in einem Zeitpunkt die Kammer anrufen kann, in dem nicht nur das Auswahlverfahren sondern auch das Verhandlungsverfahren abgeschlossen ist (VK Baden-Württemberg, B. v. 23.1.2003 - Az.: 1 VK 70/02). 12.6.2.2 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 2181 Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde in § 101a Abs. 1 Satz 2 als Adressat einer Information ausdrücklich auch der Bewerber aufgenommen, sodass im Ergebnis die o.a. Rechtsprechung weiterhin Gültigkeit hat. 12.6.3 Informationspflicht beim Wettbewerbsverfahren nach §§ 20, 25 VOF 12.6.3.1 Rechtsprechung zu § 13 VgV 2182 Der Entscheidung eines Preisgerichts in einem Wettbewerbsverfahren kommt wegen der ihr eigenen Verbindlichkeit (§ 661 Abs. 2 S. 2 BGB) eine dem Zuschlag entsprechende Wirkung zu. Sie stellt die maßgebliche Zäsur im Auslobungsverfahren dar und beendet es. Eine Vorabmitteilung nach § 13 VgV kann der Auslober, da er keinen Einfluss auf die Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Entscheidung des Preisgerichts hat, nicht versenden. Die damit einhergehende Minderung der Rechtschutzmöglichkeiten liegt in der Natur der preisrichterlichen Entscheidung begründet, die ohnehin nur in engem Rahmen nachprüfbar ist (OLG Düsseldorf, B. v. 31.03.2004 - Az.: Verg 4/04; anderer Auffassung 1. VK Sachsen, B. v. 19.08.2005 - Az.: 1/SVK/096-05). 2182/1 Nach Auffassung der VK Bund sind Bewerber sowie Preisträger eines Architektenwettbewerbs in den Schutzbereich des § 13 VgV einbezogen, auch wenn sie im Wortlaut der Vorschrift nicht ausdrücklich benannt sind. Dabei geht es nicht um eine angesichts der schwerwiegenden Nichtigkeitssanktion unzulässige extensive Auslegung der Bestimmung, sondern ausschließlich um eine europarechtskonforme Anwendung. Es verhält sich vielmehr dahingehend, dass ein streng wortlautorientiertes Verständnis der Norm dahin, bloße Bewerber/Preisträger könnten einen solchen effizienten Rechtsschutz nicht für sich beanspruchen, deren Europarechtswidrigkeit zur Folge hätte. Eine unter dem Aspekt des effizienten Rechtsschutzes adäquate und damit europarechtskonforme Alternative ist nämlich nicht erkennbar. Es besteht ja gerade das Problem, dass der Wettbewerbsteilnehmer bei Nichtanwendung von § 13 VgV nicht notwendigerweise Kenntnis von den internen Vorgängen beim Auftraggeber hat, seine unterbliebene weitere Berücksichtigung somit u.U. gar nicht rügen kann und er dann durch den Vertragsschluss überrascht wird, der in Ermangelung der Anwendbarkeit von § 13 VgV wirksam wäre und einer Überprüfung durch die Vergabekammer entgegenstünde. Zwecks Vermeidung eines Verstoßes gegen die zwingenden Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinie bedarf es nach dem Grundsatz des gemeinschaftskonformen Verhaltens einer Anwendung von § 13 VgV generell auch auf Bewerber nach Teilnahmewettbewerb sowie auf die Preisträger eines Architektenwettbewerbs (OLG Düsseldorf, B. v. 02.12.2009 - Az.: VII-Verg 39/09; 3. VK Bund, B. v. 11.09.2009 - Az.: VK 3 - 157/09). 2182/2 Ein weites, auch die Preisträger eines Architektenwettbewerbs einbeziehendes Verständnis des Begriffs des Bieters im Sinne des § 13 VgV ist bereits angesichts der Vorgaben der europäischen Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geboten. Der Begriff umfasst alle für den Auftraggeber erkennbar am Auftrag interessierten Unternehmen (OLG Düsseldorf, B. v. 02.12.2009 - Az.: VII-Verg 39/09). 2182/3 Eine Information nach § 13 VgV ist auch nicht im Hinblick darauf entbehrlich, dass der Architektenwettwerb mit der Preisgerichtsentscheidung, die gemäß Ziff. 6.1 der über § 25 Abs. 1 VOF verbindlich gemachten GRW 1995 in der Fassung vom 22.12.2003 den unterlegenen Bewerbern mitgeteilt wurde, beendet war. Durch die Entscheidung des Preisgerichts, z.B. einen ersten und vier dritte Preise zu vergeben, ist der Kreis der potentiellen Auftragnehmer für die Architektenleistungen zur Realisierung des Bauvorhabens gemäß § 25 Abs. 9 VOF grundsätzlich festgelegt worden. War gemäß Ziff. VI. 2 der Bekanntmachung vorgesehen, der Empfehlung des Preisgerichts zu folgen und sollten für den Fall, dass der Auftraggebeer aus wichtigen Gründen von der Beauftragung entsprechend der Empfehlung abweichen wollte, Verhandlungen unter allen Preisträgern geführt werden, ergibt sich daraus zwar die Absicht des Auftraggebers, im Fall der Verleihung eines ersten Preises zunächst mit dem Sieger des Preiswettbewerbs Auftragsverhandlungen durchzuführen und diesen zu beauftragen, wenn wichtige Gründe nicht entgegenstehen. Eine abschließende Festlegung bereits in der Wettbewerbsbekanntmachung auf eine Vergabe an den ersten Preisträger liegt darin aber nicht, so dass die unterlegenen Preisträger gerade nicht davon ausgehen konnten, dass der Zuschlag zwingend und automatisch an den Sieger des Wettbewerbs gehen sollte. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Vielmehr bestand nach der Bekanntgabe der Preisgerichtsentscheidung und der Aufnahme von Auftragsverhandlungen mit dem Beigeladenen als Sieger des Wettbewerbs weiterhin die Möglichkeit der Einleitung eines Verhandlungsverfahrens mit den weiteren Preisträgern. Erst die nach Durchführung der Verhandlungen mit dem Beigeladenen getroffene Entscheidung, diesen auch zu beauftragen, stellte die eigentliche Zuschlags- und Vergabeentscheidung dar, die zwangsläufig zur Konsequenz hatte, dass ein Verhandlungsverfahren mit den weiteren Preisträgern nicht aufgenommen werden sollte und über die die Antragstellerin zur Gewährleistung effizienten Rechtsschutzes zu informieren gewesen wäre (OLG Düsseldorf, B. v. 02.12.2009 - Az.: VII-Verg 39/09). 12.6.3.2 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 2183 Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz wurde in § 101a Abs. 1 Satz 2 als Adressat einer Information im Gegensatz zum Bewerber der Teilnehmer eines Wettbewerbsverfahrens nicht aufgenommen, sodass im Ergebnis die o.a. Rechtsprechung weiterhin Gültigkeit hat. 12.6.4 Informationspflicht nach Verpflichtung des Auftraggebers zur erneuten Wertung der Angebote 2184 Wenn eine Vergabekammer oder ein Vergabesenat die Verfahrensrückversetzung auf die fachtechnische Prüfung festlegt und dieses ausdrücklich für alle Angebote festlegt, sind alle Angebote beginnend mit der fachtechnischen Prüfung erneut zu prüfen und zu werten. Diese neue Prüfung und Wertung begründet zwingend eine neue Vorinformation an alle im Verfahren beteiligten Bieter gemäß § 13 VgV (VK Thüringen, B. v. 27.2.2003 - Az.: 2164002.20-041/02-G-S). 2185 An dieser Rechtslage hat sich durch die §§ 101a, 101b GWB nichts geändert. 12.6.5 Informationspflicht bei De-facto-Vergaben 12.6.5.1 Rechtsprechung zu § 13 VgV 2186 Die Rechtsprechung hierzu ist nicht einheitlich. 12.6.5.1.1 Unmittelbare Anwendung des § 13 VgV 2187 § 13 VgV ist eine Regelung, die das Verfahren näher bestimmt, das § 97 Abs. 1 bis 5 GWB für die Beschaffung von Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber vorschreibt. Die Informationspflicht und die öffentliche Aufträge nach § 99 Abs. 1 GWB treffende Nichtigkeitsfolge im Falle ihrer Missachtung sind damit Teil eines nach Maßgabe des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingeleiteten und durchgeführten geregelten Vergabeverfahrens. Das hat zur Folge, dass diese Bestimmung nicht unmittelbar anwendbar ist, wenn bislang ein derart geregeltes Verfahren nicht stattgefunden hat (BGH, B. v. 01.02.2005 - Az.: X ZB 27/04; OLG Celle, B. v. 14.09.2006 - Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Az.: 13 Verg 3/06; B. v. 14.09.2006 - Az.: 13 Verg 2/06; OLG Düsseldorf, B. v. 25.09.2008 Az.: VII-Verg 57/08; B. v. 19.07.2006 - Az.: VII - Verg 26/06; B. v. 3.12.2003 - Az.: VII Verg 37/03; OLG München, B. v. 07.06.2005 - Az.: Verg 004/05; OLG Naumburg, B. v. 15.03.2007 - Az.: 1 Verg 14/06; VK Arnsberg, B. v. 17.06.2004 - Az.: VK 2 - 06/2004; VK Brandenburg, B. v. 17.06.2008 - Az.: VK 13/08; 1. VK Bund, B. v. 05.02.2009 - Az.: VK 1 186/08; 2. VK Bund, B. v. 11.4.2003 - Az.: VK 2 - 10/03; 3. VK Bund, B. v. 12.10.2004 Az.: VK 3 – 185/04; VK Düsseldorf, B. v. 27.04.2006 - Az.: VK - 12/2006 - L; B. v. 30.09.2005 - Az.: VK - 25/2005 – L; VK Lüneburg, B. v. 30.06.2006 - Az.: VgK-13/2006; VK Münster, B. v. 25.06.2009 - Az.: VK 7/09; VK Schleswig-Holstein, B. v. 02.02.2005 Az.: VK-SH 01/05). 2188 Eine andere Auslegung ist mit herkömmlichen Auslegungsmethoden nicht zu begründen. Es mag sein, dass böswillig agierende öffentliche Auftraggeber hier ein "Schlupfloch" erkennen und nutzen. Diese Erkenntnis rechtfertigt jedoch nicht eine beliebig weite Auslegung der Vorschrift. Eine Erstreckung der Informationspflicht auf Auftraggeber, die - irrtümlich oder vorsätzlich - eine gebotene Ausschreibung unterlassen ist unangemessen, weil diese die Informationsverpflichtung von vornherein nicht erfüllen können. Konsequent wäre es, rechtswidrig ohne Ausschreibung geschlossene Verträge unmittelbar mit der Nichtigkeitsfolge zu belegen, wenn diese gewünscht ist. Hierfür bedürfte es aber einer entsprechenden, klaren Entscheidung des Verordnungs- oder besser des Gesetzgebers. Dies ist jedoch zurzeit noch nicht erfolgt (VK Hamburg (FB), B. v. 27.04.2006 - Az.: VgK FB 2/06; VK Lüneburg, B. v. 15.1.2002 - Az.: 203-VgK-24/2001; VK SchleswigHolstein, B. v. 10.02.2005 - VK-SH 02/05; B. v. 02.02.2005 - Az.: VK-SH 01/05; VK Thüringen, B. v. 28.3.2003 - Az.: 216-4003.20-003/03-ABG). 2189 Ähnlich argumentiert das Thüringer OLG (B. v. 14.10.2003 - Az.: 6 Verg 5/03). Voraussetzung für die Anwendung des § 13 VgV ist im Falle eines Verhandlungsverfahrens ohne veröffentlichte Vergabebekanntmachung, dass außer dem beauftragten Bieter weitere Konkurrenten vorhanden sind, da nur dann ein "Bieterverfahren" im Sinne einer Wettbewerbssituation vorliegt (ebenso OLG Düsseldorf, B. v. 3.12.2003 - Az.: VII - Verg 37/03). Während in einem förmlichen Vergabeverfahren nur ein tatsächlich beteiligter Bieter die Vergabeüberprüfungsinstanzen anrufen kann, besteht bei De-facto-Vergaben grundsätzlich die Möglichkeit, dass jeder beliebige Marktteilnehmer, der womöglich erst nach geraumer Zeit - von der freihändigen Vergabe eines zu seinem Leistungssortiment zählenden Auftrags zugunsten eines Dritten erfährt, vergaberechtlichen Primärrechtsschutz begehrt. Eine Öffnung des Nachprüfungsverfahrens für den gesamten Markt würde der subjektiv-bieterbezogenen Ausrichtung der §§ 102 ff. GWB, aber auch dem Sinn und Zweck des § 13 VgV zuwider laufen. Das Tatbestandsmerkmal des "Bieters" im Sinne des § 13 VgV ist im Rahmen einer De-facto-Vergabe jedenfalls dann erfüllt, wenn ein Antragsteller zwar nicht durch die Vorlage eines förmlichen Angebots, wohl aber durch eine ausdrückliche Erklärung gegenüber der Vergabestelle sich um den Erhalt des Auftrags beworben bzw. sein Interesse angezeigt hat. 2190 Soweit also ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag nicht (mehr) im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung sondern freihändig, ohne ein förmliches Verfahren vergibt, besteht eine Informationspflicht nach § 13 VgV jedenfalls dann nicht, wenn der Auftraggeber nur mit einem Bieter in Verhandlungen eingetreten ist (OLG Celle, B. v. 05.07.2007 - Az.: 13 Verg 8/07; B. v. 14.09.2006 - Az.: 13 Verg 3/06, B. v. 14.09.2006 - Az.: 13 Verg 2/06; OLG Dresden, B. v. 25.01.2008 - Az.: WVerg 010/07; OLG Düsseldorf, B. v. 27.10.2004 - Az.: VII - Verg 41/04; OLG Hamburg, B. v. 25.01.2007 - Az.: 1 Verg 5/06; VK Baden-Württemberg, B. v. 13.04.2005 - Az.: 1 VK 07/05; 1. VK Bund, B. v. 05.02.2009 - Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Az.: VK 1 - 186/08; B. v. 20.10.2004 - Az.: VK 1 - 183/04; B. v. 07.10.2004 - Az.: VK 1 – 189/04; B. v. 07.10.2004 - Az.: VK 1 – 186/04; B. v. 07.10.2004 - Az.: VK 1 – 180/04; B. v. 29.09.2004 - Az.: VK 1 – 162/04; B. v. 23.09.2004 - Az.: VK 1 – 192/04; 2. VK Bund, B. v. 22.12.2004 - Az.: VK 2 – 157/04; B. v. 13.10.2004 - Az.: VK 2 - 184/04; 3. VK Bund, B. v. 12.10.2004 - Az.: VK 3 – 185/04; B. v. 12.10.2004 - Az.: VK 3 – 182/04; B. v. 30.09.2004 Az.: VK 3 – 116/04; VK Düsseldorf, B. v. 27.04.2006 - Az.: VK - 12/2006 - L; VK Münster, B. v. 26.09.2007 - Az.: VK 17/07; 1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 12.07.2007 - Az.: 1 VK LVwA 13/07; VK Schleswig-Holstein, B. v. 10.02.2005 - VK-SH 02/05; ebenso VK Arnsberg, B. v. 28.10.2008 - Az.: VK 24/08 für den Fall, dass zulässigerweise mit nur einem Bieter verhandelt wurde). 2191 Die Gegenmeinung hält § 13 VgV auch dann für anwendbar, wenn kein förmliches Vergabeverfahren vorliegt. Hat die Vergabestelle in materieller Hinsicht ein Vergabeverfahren, wenn auch kein förmliches Verfahren, durchgeführt, indem sie Angebote von mehreren Bietern eingeholt hat, besteht kein Anlass, die Anwendbarkeit des § 13 VgV davon abhängig zu machen, ob ein öffentlicher Auftraggeber seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung eines dem Kartellvergaberecht unterliegenden Vergabeverfahrens nachkommt (OLG Frankfurt, B. v. 07.09.2004 - Az.: 11 Verg 11/04 und 12/04; 1. VK Bund, B. v. 20.5.2003 - Az.: VK 1 - 35/03, B. v. 12.12.2002 - Az.: VK 1 83/02; VK Münster, B. v. 24.1.2002 - Az.: VK 24/01). 2192 Normadressat der §§ 97 ff. GWB ist jeder öffentliche Auftraggeber, der einen ausschreibungspflichtigen Auftrag vergeben will. Dementsprechend kann die Vergabekammer gerade auch in den Fällen vergaberechtswidrig unterlassener Ausschreibungen nach dem GWB angerufen werden. Der Begriff "in einem Vergabeverfahren" ist nicht formal, sondern materiell zu verstehen. Ein besonders schwerwiegender Vergabefehler bestehe gerade darin, wenn eine Ausschreibung der Vergabe überhaupt rechtswidrig unterbleibe. Das Nachprüfungsverfahren sei deshalb das zulässige Mittel eines Rechtsschutzes bei den so genannten De-facto-Vergaben. Hieraus folgt weiter, dass die Bestimmungen des 4. Abschnitts des GWB über das Vergabeverfahren, einschließlich der auf § 97 Abs. 6 beruhenden Bestimmungen, die dieses näher regeln und somit auch § 13 VgV, auch bei unterbliebener Ausschreibung Anwendung finden. Dies gebietet auch das Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes. Zwar ist der ablehnenden Meinung zuzustimmen, dass es keine EG-Richtlinie gibt, die explizit die Mitgliedstaaten für den Bereich unterbliebener Ausschreibung zur Einführung einer Regelung verpflichtet, die mit § 13 VgV vergleichbar ist. Doch verpflichtet Art 2 Abs. 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit Art 6 Unterabs. 2 der Richtlinie 89/65 EWG die Mitgliedstaaten allgemein, die dem Vertragsschluss vorangehende Entscheidung des Auftraggebers darüber, mit wem er einen Vertrag schließen will, in jedem Fall einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich zu machen. Die Richtlinie unterscheidet dabei nicht zwischen beabsichtigten Vertragsschlüssen innerhalb oder außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens. Da nach deutschem Recht diese Nachprüfungsmöglichkeit nach den §§ 102 ff. GWB, die sich, wie oben ausgeführt, sowohl auf förmliche als auch De-facto-Vergaben erstreckt, nicht gewährleistet war, hat der Verordnungsgeber im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH, diese Lücke durch Aufnahme des § 13 in die Vergabeverordnung diese Lücke schließen wollen (VK BadenWürttemberg, B. v. 13.11.2008 - Az.: 1 VK 45/08; B. v. 26.3.2002 - Az.: 1 VK 7/02; 3. VK Bund, B. v. 18.02.2009 - Az.: VK 3 - 158/08). 2193 Wenn schon der Irrtum eines Unternehmens, das sich über seine Auftraggebereigenschaft irrt, nicht prämiert werden darf durch die Nichtanwendung des § 13 VgV, kann erst recht nicht ein unstreitig öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB in seinem vorsätzlichen Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Bestreben der Umgehung des Vergaberechts unterstützt werden. Das Nichtigkeitsgebot des § 13 VgV muss gerade in einem solchen Fall uneingeschränkt Anwendung finden können, da andernfalls der Umgehung des Vergaberechts Tür und Tor geöffnet ist. Alles andere würde dazu führen, dass es ein Auftraggeber in der Hand hat zu entscheiden, ob es ihm genehm ist, die bestehende Rechtslage zu beachten oder nicht (VK Arnsberg, B. v. 27.10.2003 - Az.: VK 2-22/2003). 12.6.5.1.2 Analoge Anwendung des § 13 VgV 2194 Die Rechtsprechung ist insoweit ebenfalls nicht einheitlich. 2195 Nach der älteren Rechtsprechung verbietet sich eine analoge Anwendung schon deshalb, weil es an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehlt. Dem Gesetzgeber war bei Erlass der vergaberechtlichen Bestimmungen bewusst, dass die Bieterrechte nicht nur durch ein nicht ordnungsgemäßes Vergabeverfahren, sondern auch dadurch verletzt werden können, dass der öffentliche Auftraggeber von der Durchführung des an sich gebotenen Vergabeverfahrens gänzlich absieht. Gleichwohl hat der Gesetzgeber in § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB den Grundsatz normiert, dass auch der unter Verletzung des Vergaberechts abgeschlossene Vertrag rechtsgültig ist, und der Verordnungsgeber hat in § 13 Satz 6 VgV hiervon eine Ausnahme lediglich für den Fall vorgesehen, dass der öffentliche Auftraggeber zwar ein Vergabeverfahren mit Bieterwettbewerb durchgeführt, den Zuschlag aber ohne die vorgeschriebene Bieterinformation erteilt hat. Aus dieser Gesetzeslage kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Normgeber bewusst davon abgesehen hat, die Nichtigkeit des erteilten Auftrags auch für die Fälle einer Auftragsvergabe ohne Bieterwettbewerb anzuordnen. Für jene Sachverhalte liegt dann aber eine planwidrige Gesetzeslücke, die durch eine analoge Anwendung des § 13 Satz 6 VgV geschlossen werden könnte, nicht vor (OLG Düsseldorf, B. v. 3.12.2003 - Az.: VII - Verg 37/03; VK Hamburg (FB), B. v. 27.04.2006 - Az.: VgK FB 2/06; VK Lüneburg, B. v. 15.1.2002 - Az.: 203-VgK24/2001; VK Thüringen, B. v. 28.3.2003 - Az.: 216-4003.20-003/03-ABG). 2196 Einer analogen Anwendung des § 13 Satz 6 VgV auf die Fälle einer De-facto-Vergabe steht überdies entgegen, dass beiden Fallgestaltungen eine nicht vergleichbare Sachlage zugrunde liegt. § 13 VgV verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, vor einer Zuschlagserteilung diejenigen Unternehmen, die sich an dem Vergabeverfahren beteiligt haben, über die Nichtberücksichtigung ihres Angebots und den Namen des für den Zuschlag ausgewählten Bieters zu unterrichten. Kommt der Auftraggeber dieser Verpflichtung nicht nach, knüpft sich daran die Nichtigkeit des erteilten Zuschlags. Bei der De-facto-Vergabe ist eine andere Ausgangslage gegeben. Einen begrenzten Adressatenkreis wie bei § 13 Satz 1 VgV gibt es nicht. Dem öffentlichen Auftraggeber sind im Allgemeinen diejenigen Unternehmen, die ein Interesse an dem vergebenen Auftrag gehabt hätten und die deshalb als zu informierende potentielle Bieter in Betracht kommen, nicht bekannt. Dementsprechend scheidet bei einer De-facto-Vergabe eine Bieterinformation - an deren Unterbleiben sich nach der Systematik des § 13 VgV gerade die Nichtigkeitsfolge knüpft - in aller Regel aus. 2197 Grundlegende Unterschiede zwischen den Regelungsfällen des § 13 VgV einerseits und einer De-facto-Vergabe andererseits bestehen darüber hinaus, wenn man das Verhalten des Auftraggebers wertend betrachtet. Die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, von der Durchführung eines Vergabeverfahrens abzusehen, kann ohne weiteres auf einer irrigen Beurteilung der Rechtslage beruhen, indem etwa der Begriff des öffentlichen Auftraggebers im Sinne von § 98 GWB oder des öffentlichen Auftrags im Sinne von § 99 Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 GWB nicht zutreffend erfasst oder angewendet, der Schwellenwert unzutreffend berechnet oder der Ausschreibungsgegenstand zu Unrecht als eine vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession qualifiziert worden ist. In diesen Fällen mag gegen den öffentlichen Auftraggeber der Vorwurf gerechtfertigt sein, fahrlässig die Rechtslage und damit auch die Notwendigkeit zur Durchführung eines Vergabeverfahrens - verkannt zu haben. In vielen Fällen wird der Auftraggeber dabei allerdings guten Glaubens und gerade ohne das Bewusstsein gehandelt haben, die Rechte anderer zu verletzen oder zu beeinträchtigen. Das verbietet es, die Vorschrift des § 13 Satz 6 VgV analog auf die De-factoVergabe eines Auftrags anzuwenden. 2198 Es kommt hinzu, dass die analoge Anwendung des § 13 Satz 6 VgV auf die Fälle der Defacto-Vergabe auch zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führt, weil die Wirksamkeit eines erteilten Auftrags in einer Vielzahl von nicht vorhersehbaren Fällen und Fallkonstellationen sowie überdies noch nach Ablauf geraumer Zeit geltend gemacht werden könnte (OLG Düsseldorf, B. v. 3.12.2003 - Az.: VII - Verg 37/03; VK Hamburg (FB), B. v. 27.04.2006 - Az.: VgK FB 2/06). 2199 Dieser Argumentation ist mit der Vorschrift des § 101b GWB der Boden entzogen, da § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB die de-facto-Vergabe ausdrücklich mit dem Verdikt der schwebenden Unwirksamkeit versieht. 2200 Der BGH wendet hingegen § 13 VgV analog auf die „De-facto-Vergabe“ an. § 13 VgV ordnet die Informationspflicht und die Nichtigkeit eines ohne Information geschlossenen öffentlichen Auftrags an, weil anderenfalls ein übergangener Bieter zunächst unerkannten Verstößen gegen das Vergaberecht nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg begegnen könnte. Das sich hieraus ergebende Anliegen ist nicht auf den mit der Vorschrift geregelten Fall beschränkt. In ihm kommt vielmehr ein Grundgedanke effektiven Rechtsschutzes zum Ausdruck. Damit steht die Regelung für eine Heranziehung bei vergleichbaren Sachverhalten zur Verfügung. § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, aus dem verschiedentlich geschlossen wird, § 13 VgV sei eine der Analogie nicht zugängliche Einzelfallregelung, verbietet diese Wertung nicht. Die damit gegebene Regelungslücke kann auch ohne weiteres mit der unter der Sanktion der Nichtigkeit stehenden Informationspflicht nach § 13 VgV ausgefüllt werden, wenn z.B. die Beschaffung einer Dienstleistung immerhin zur Beteiligung mehrerer Unternehmen, zu verschiedenen Angeboten und schließlich zu einer Auswahl durch den öffentlichen Auftraggeber geführt hat. Eine Unkenntnis von der Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens mit entsprechender Information von Unternehmen, die ebenfalls als Argument gegen eine entsprechende Anwendung von § 13 VgV ins Feld geführt wird, kann hingegen allenfalls bestehen, wenn der öffentliche Auftraggeber verkannt hat, dass er öffentlicher Auftraggeber ist, dass die beabsichtigte Beschaffung auf einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB gerichtet ist oder dass dieser Vertrag den Schwellenwert erreicht oder übersteigt. Die richtige rechtliche Einordnung eines geplanten Vorgehens gehört aber zum allgemeinen Risiko, das jeder zu tragen hat, der am Rechtsleben teilnehmen will (BGH, B. v. 01.02.2005 - Az.: X ZB 27/04; OLG Celle, B. v. 25.08.2005 - Az.: 13 Verg 8/05; OLG Düsseldorf, B. v. 01.10.2009 - Az.: VII-Verg 31/09; B. v. 25.09.2008 - Az.: VII-Verg 57/08; OLG Frankfurt, B. v. 10.07.2007 - Az.: 11 Verg 5/07; OLG Karlsruhe, B. v. 12.11.2008 - Az.: 15 Verg 4/08; B. v. 06.02.2007 - Az.: 17 Verg 7/06; OLG München, B. v. 07.06.2005 - Az.: Verg 004/05; OLG Naumburg, B. v. 15.03.2007 Az.: 1 Verg 14/06; LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.09.2009 - Az.: L 21 KR 53/09 SFB; VK Baden-Württemberg, B. v. 27.6.2003 - Az.: 1 VK 29/03; VK Brandenburg, B. v. 17.06.2008 - Az.: VK 13/08; B. v. 08.03.2007 - Az.: 2 VK 4/07; 1. VK Bund, B. v. 05.02.2009 - Az.: VK 1 - 186/08; 3. VK Bund, B. v. 18.02.2009 - Az.: VK 3 - 158/08; B. v. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 15.08.2008 - Az.: VK 3 – 107/08; B. v. 29.06.2005 - Az.: VK 3 - 52/05; VK Düsseldorf, B. v. 12.03.2008 - Az.: VK - 03/2008 – B; B. v. 20.11.2006 - Az.: VK – 46/2006 – L; B. v. 27.04.2006 - Az.: VK - 12/2006 - L; Beschluss vom 30.09.2005 - Az.: VK - 25/2005 – L; VK Hessen, B. v. 27.04.2007 - Az.: 69 d VK – 11/2007; VK Lüneburg, B. v. 10.10.2006 - Az.: VgK-23/2006; B. v. 30.06.2006 - Az.: VgK-13/2006; VK Münster, B. v. 25.06.2009 - Az.: VK 7/09; B. v. 06.05.2008 - Az.: VK 4/08; B. v. 26.09.2007 - Az.: VK 17/07; B. v. 19.09.2006 - Az.: VK 12/06; B. v. 4.12.2003 - Az.: VK 21/03; B. v. 12.11.2003 - Az.: 203VgK-27/2003; 3. VK Saarland, B. v. 24.10.2008 - Az.: 3 VK 02/2008; 1. VK Sachsen, B. v. 17.09.2007 - Az.: 1/SVK/058-07; 1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 12.07.2007 - Az.: 1 VK LVwA 13/07; VK Südbayern, B. v. 03.09.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-26-05/09). 2201 Gegen diese Rechtsfolge können auch nicht die Interessen des bezuschlagten Bieters herangezogen werden. Nicht nur gehört es nicht zu den Aufgaben des Vergaberechts, der §§ 97 ff. GWB, dass die Beteiligten auf die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses über die Beschaffung am Markt vertrauen können, sondern auch aus zivilrechtlicher Sicht steht jede Einigung unter dem Vorbehalt der Anerkennung der rechtlichen Wirksamkeit (2. VK Brandenburg, B. v. 08.03.2007 - Az.: 2 VK 4/07). 2202 Eine analoge Anwendung erfordert auch nicht, dass der Auftraggeber zumindest ansatzweise habe in Erwägung ziehen müssen, dass vergaberechtliche Vorschriften zur Anwendung kommen könnten (VK Münster, B. v. 06.05.2008 - Az.: VK 4/08; VK BadenWürttemberg, B. v. 07.03.2008 - Az.: 1 VK 1/08). 2203 Die Konsequenz der analogen Anwendung des § 13 Satz 6 gilt auch, wenn mit mehreren Bietern ein förmliches Verfahren mit fälschlicherweise nationaler Ausschreibung eines Teilnahmewettbewerbs durchgeführt wurde. Auch die eventuelle Unkenntnis des Antragsgegners von der Notwendigkeit einer entsprechenden Informationspflicht gegenüber den Unternehmen, die nicht berücksichtigt werden sollen, da er verkannt hat, dass der Vertrag den Schwellenwert übersteigt, steht der Anwendung des § 13 VgV nicht entgegen. Vielmehr gehört dieses Risiko zum allgemeinen Risiko, dass jeder zu tragen hat, der am Rechtsleben teilnimmt (VK Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2005 - Az.: VK - 25/2005 – L). 2204 Nach einer etwas engeren Meinung gilt § 13 VgV analog nur in den Fällen, in denen die Beschaffung einer Leistung zur Beteiligung mehrerer Unternehmen, zu verschiedenen Angeboten und zu einer Auswahl durch den öffentlichen Auftraggeber geführt hat. Dann kann gegen eine analoge Anwendung des § 13 VgV auch nicht eingewandt werden, dass der Auftraggeber sich einem unbekannten und unabsehbaren Kreis von Interessenten gegenüber sieht und man durch eine analoge Anwendung des § 13 VgV eine gleichsam unmögliche Leistung von ihm verlangt (OLG Düsseldorf, B. v. 25.09.2008 - Az.: VII-Verg 57/08; B. v. 18.06.2008 - Az.: VII - Verg 23/08; B. v. 06.02.2008 - Az.: VII - Verg 37/07 – instruktive Entscheidung; B. v. 19.07.2006 - Az.: VII - Verg 26/06; B. v. 24.02.2005 - Az.: VII - Verg 88/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 87/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 86/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 85/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 78/04; OLG Frankfurt, B. v. 10.07.2007 - Az.: 11 Verg 5/07; OLG Hamburg, B. v. 14.03.2008 - Vgk FB 1/08; B. v. 25.01.2007 - Az.: 1 Verg 5/06; OLG Karlsruhe, B. v. 12.11.2008 - Az.: 15 Verg 4/08; B. v. 06.02.2007 - Az.: 17 Verg 7/06; OLG Naumburg, B. v. 03.09.2009 - 1 Verg 4/09; B. v. 15.03.2007 - Az.: 1 Verg 14/06; VK Baden-Württemberg, B. v. 07.03.2008 - Az.: 1 VK 1/08; VK Brandenburg, B. v. 17.06.2008 - Az.: VK 13/08; 1. VK Bund, B. v. 05.02.2009 Az.: VK 1 - 186/08; 3. VK Bund, B. v. 15.08.2008 - Az.: VK 3 – 107/08; VK Düsseldorf, B. v. 12.03.2008 - Az.: VK - 03/2008 – B; B. v. 20.11.2006 - Az.: VK – 46/2006 – L; VK Hessen, B. v. 27.04.2007 - Az.: 69 d VK – 11/2007; VK Münster, B. v. 25.06.2009 - Az.: VK Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 7/09; 1. VK Sachsen, B. v. 17.09.2007 - Az.: 1/SVK/058-07; 1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 12.07.2007 - Az.: 1 VK LVwA 13/07; VK Schleswig-Holstein, B. v. 14.05.2008 - Az.: VKSH 06/08). 2205 Für den öffentlichen Auftraggeber entstehen also dann die Informationspflichten des § 13 VgV, wenn zu einem bestimmten Beschaffungsvorhaben mehrere Angebote bekannter Bieter eingegangen sind oder in Bezug auf eine bestimmte Beschaffung - nicht notwendig durch Einreichen eines Angebots - mehrere Unternehmen dem Auftraggeber gegenüber ein Interesse am Auftrag angezeigt oder sich um eine Auftragserteilung beworben haben. Unbeachtlich ist lediglich das potentielle Interesse eines Unternehmens an einer Auftragserteilung, das dem Auftraggeber gegenüber nicht hervorgetreten ist. Darauf, ob isoliert betrachtet - der Auftraggeber mit mehreren Bietern oder Bewerbern oder nur mit einem einzigen Bieter tatsächlich verhandelt hat, kommt es demnach nicht an. Ebenso wenig ist entscheidend, ob der Auftraggeber einem am Auftrag interessierten Unternehmen formal eine Bieter- oder Bewerbereigenschaft eingeräumt hat. Hat ein Unternehmen ein Interesse an einer Auftragserteilung bekundet, hat der Auftraggeber den dadurch gegebenen Bieterstatus im weiteren Verfahren in der Regel zu beachten. Die Unternehmen, denen ein Bieterstatus zuzuerkennen ist, sind in den Schutzbereich des § 13 VgV einbezogen (OLG Hamburg, B. v. 25.01.2007 - Az.: 1 Verg 5/06; VK Münster, B. v. 06.05.2008 - Az.: VK 4/08). 2206 Im Rahmen der analogen Anwendung des § 13 VgV in solchen Fällen muss ein Antragsteller entweder ein Angebot vorlegen oder zumindest gegenüber der Vergabestelle sein Interesse am Auftrag bekunden. Allein die Anzeige einer gewerblichen Altpapiersammlung ist nicht als eine Interessenbekundung hinsichtlich einer dauernden Altpapierentsorgung zu werten (VK Brandenburg, B. v. 17.06.2008 - Az.: VK 13/08). 2207 Für die analoge Anwendung in diesen Fällen kommt es außerdem nicht darauf an, dass ein Unternehmen formal ein Angebot abgegeben hat, also formal einen Bieter- oder Bewerberstatus hatte. Auch ein Mitglied einer Bietergemeinschaft oder sogar ein Nachunternehmer kann in den Schutzbereich des § 13 VgV gelangen. Im Falle von de facto Vergaben kommt es dafür nicht allein auf die Sichtweise der Vergabestelle an, sondern entscheidend sind die objektiv feststellbaren Gesamtumstände. Auch wenn eine Vergabestelle aus einem Kreis von Interessenten nur denjenigen wahrgenommen hat, mit dem sie überwiegend zu tun hatte, der also die Federführung übernommen hatte, bedeutet dies nicht, dass andere objektiv erkennbar Beteiligte, die auch ernstzunehmende Beiträge zum Gesamtkonzept lieferten, einfach ausgeschlossen sind. Vielmehr gehört dies in den Risikobereich eines Auftraggebers im Falle von de facto Vergaben und kann nicht den potentiellen Interessenten entgegengehalten werden. Die sichere Bestimmung, wer Bieter oder Bewerber ist, kann nicht im Nachhinein einseitig zu Lasten der Unternehmer entschieden werden (VK Münster, B. v. 06.05.2008 - Az.: VK 4/08). 2208 Es genügt auch, dass jedenfalls Interesse an der Ausführung einer wesentlichen Teilleistung, z.B. von Planungsleistungen, erkennbar bekundet wird. Ein Interesse am Gesamtauftrag ist nicht erforderlich und muss im Falle von de facto Vergaben auch nicht nachgewiesen werden (VK Münster, B. v. 06.05.2008 - Az.: VK 4/08). 2209 Wenn jedoch überhaupt keine Auswahl unter mehreren Interessenten stattgefunden hat, z.B. weil die Veräußerungsabsicht eines Grundstücks – unterstellt, das Vergaberecht ist anwendbar - aufgegeben wurde, kann bei einer Wiederaufnahme der Veräußerungsbemühungen nach etlichen Jahren kein früherer Interessent als „Bieter“ Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 angesehen werden, dem Gründe für seine Nichtberücksichtigung mitgeteilt werden könnten, wenn sich die geplante Nutzung grundlegend geändert hat (Verwaltungsnutzung versus Wohnungsnutzung) (VK Düsseldorf, B. v. 12.03.2008 - Az.: VK - 03/2008 – B). 12.6.5.1.3 Aufhebung eines Vergabeverfahrens und Einleitung eines Verhandlungsverfahrens nur mit einem Bieter 2210 Ein formaler Bieterstatus geht auch nicht dadurch verloren, dass ein öffentlicher Auftraggeber das öffentliche Vergabeverfahren aufhebt und ein Verhandlungsverfahren mit nur einem einzigen Bieter einleitet. Sieht man die Aufhebung des öffentlichen Vergabeverfahrens als eine Beendigung des Vergabeverfahrens an, so steht damit die Bieterstellung zur Disposition des öffentlichen Auftraggebers. Dies ist mit einem materiellen Verständnis des Vergabeverfahrens als konkreten Beschaffungsvorhabens des öffentlichen Auftraggebers nicht zu vereinbaren. Die Aufhebung des formellen Vergabeverfahrens bildet damit keine Zäsur für den Abschluss eines eingeleiteten konkreten Beschaffungsvorhabens eines öffentlichen Auftragsgebers, wenn unverändert dessen Absicht besteht, die nachgefragte Leistung auf dem Markt zu beschaffen. Der öffentliche Auftraggeber ist somit vor der Freihändigen Vergabe der gleichen Leistung verpflichtet, die bereits am vorausgegangenen förmlichen Verfahren mit einem Angebot beteiligten und damit ihr Interesse dokumentierenden Bieter über die beabsichtigte Erteilung des Zuschlages an einen anderen Bieter unter Einhaltung der Frist des § 13 Satz 2 VgV zu unterrichten. Verletzt er diese gesetzliche Pflicht, hat dies zur Folge, dass der geschlossene Vertrag nach § 13 Satz 6 VgV nichtig ist (OLG Celle, B. v. 14.09.2006 - Az.: 13 Verg 3/06, B. v. 14.09.2006 - Az.: 13 Verg 2/06; OLG Düsseldorf, B. v. 25.09.2008 - Az.: VII-Verg 57/08; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 87/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 86/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 85/04; B. v. 23.02.2005 - Az.: VII - Verg 78/04; 1. VK Sachsen, B. v. 17.09.2007 - Az.: 1/SVK/058-07). 12.6.5.1.4 Insolvenzbedingte Kündigung eines Auftrags und neue Auftragsvergabe im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne Vergabebekanntmachung oder einer de-facto-Vergabe 2211 Die o.a. Rechtsprechung gilt auch für den Fall, dass ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag, der nach einem Offenen Verfahren vergeben wurde, während der Auftragsdurchführung insolvenzbedingt kündigen muss und er einen Folgeunternehmer entweder im Verhandlungsverfahren ohne Vergabebekanntmachung oder im Wege der de-facto-Vergabe beauftragt. Auch in dieser Konstellation müssen alle Bieter des vorausgegangenen Offenen Verfahrens nach § 13 VgV informiert werden (1. VK SachsenAnhalt, B. v. 12.07.2007 - Az.: 1 VK LVwA 13/07). 12.6.5.1.5 Interimsaufträge 2212 Die o.a. Rechtsprechung gilt auch für den Fall, dass ein öffentlicher Auftraggeber ein regelkonformes Ausschreibungsverfahren durchführen will und nur für die Interimszeit einen Auftrag im Verhandlungsverfahren ohne Beteiligung anderer dem Auftraggeber konkret bekannter Interessenten vergeben will (OLG Dresden, B. v. 25.01.2008 - Az.: WVerg 010/07; OLG Düsseldorf, B. v. 25.09.2008 - Az.: VII-Verg 57/08; OLG Hamburg, B. v. 14.03.2008 - Vgk FB 1/08). Die Richtlinie 2004/18/EG und das GWB kennen keine Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Bereichsausnahme für so genannte Interimsaufträge (OLG Düsseldorf, B. v. 25.09.2008 Az.: VII-Verg 57/08). 2213 In diesen Fällen kommt es auch darauf an, ob die Eignungsprüfung für die Interessenten schnell durchgeführt werden kann und darauf, ob der Gesamtauftrag oder nur ein Bruchteil davon vergeben werden soll (OLG Hamburg, B. v. 14.03.2008 - Vgk FB 1/08). 12.6.5.2 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 2214 Nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB ist ein Vertrag von Anfang an unwirksam, wenn der Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren nach Absatz 2 festgestellt worden ist (OLG Düsseldorf, B. v. 01.10.2009 - Az.: VII-Verg 31/09). Damit hat der Gesetzgeber – streng betrachtet – zwar in § 101a GWB die Informationspflicht für de-facto-Vergaben nicht positiv geregelt, aber über das Verdikt der schwebenden Unwirksamkeit zum Ausdruck gebracht, dass eine Information erfolgen sollte. 2215 Zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 101b GWB. 2215/1 § 101a GWB ist entsprechend anzuwenden, wenn zwar ein förmliches Vergabeverfahren nicht stattgefunden hat, die Beschaffung aber immerhin zur Beteiligung mehrerer Unternehmen, zu verschiedenen Angeboten und schließlich zur Auswahl durch den öffentlichen Auftraggeber geführt hat (1. VK Sachsen, B. v. 15.01.2010 - Az.: 1/SVK/06809). 12.6.5.3 Literatur 2216 • • • • • • • • • Beckmann, Martin, In-house-Geschäfte und De-Facto-Vergaben – EuGH schließt Lücken des Vergaberechts, AbfallR 2005, 37 Bergmann, Bettina / Grittmann, Joachim, Keine Nichtigkeit bei De-Facto-Vergabe, NVwZ 2004, 600 v. Gehlen, Hans, Neues zur Vertragsnichtigkeit bei unzulässiger De-facto-Vergabe, NZBau 2007, 358 Hertwig, Stefan, Nichtigkeit des Zuschlags bei De-facto-Vergaben, BauR 2005, 219 Hoffmann, Jens, Der materielle Bieterbegriff im Kartellvergaberecht - Eine Betrachtung am Beispiel des § 13 VgV, NZBau 2008, 749 Jasper, Ute / Pooth, Stefan, De-facto-Vergabe und Vertragsnichtigkeit, ZfBR 2004, 543 Lück, Dominik / Oexle, Anno, Zur Nichtigkeit von De-Facto-Vergaben ohne wettbewerbliches Verfahren, VergabeR 2004, 302 Noch, Rainer, Stolperschwellen erkennen – Nichtigkeitsgefahr: De-facto-Vergaben, Behörden Spiegel, Juni 2007, 23 Recker, Engelbert, Unwirksamkeit freihändiger Vergaben – Europäischer Vergaberechtsschutz wird verbessert, Behörden Spiegel Oktober 2007, 26 Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.6.6 Informationspflicht im Rahmen der Vergabeverfahren von Auftraggebern nach dem Bundesberggesetz 2217 § 13 VgV gilt auch im Rahmen der Vergabeverfahren von Auftraggebern nach dem Bundesberggesetz (§ 11 VgV a.F.). 2218 Daran hat sich durch §§ 101a, 101b GWB nichts geändert. Zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung zur Sektorenverordnung. 12.6.7 Informationspflicht bei Nachlieferungen im Sinne des § 3a Nr. 2 lit. e) VOL/A 2006 2219 Rechtsfolge des § 3a Nr. 2 lit. e) VOL/A 2006 ist nicht nur, dass die Vergabestelle den Auftrag im Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung vergeben kann. Auch eine Vorabbenachrichtigung nach § 13 VgV erübrigt sich infolge dieser Befreiung von der Vergabebekanntmachung. Das ergibt sich schon aus dem systematischen Ineinandergreifen der Vorschriften. Eine Vergabestelle, die eine beabsichtigte Vergabe nicht veröffentlicht, erhält auch keine Angebote und kennt in der Regel noch nicht einmal alle potentiellen Bieter. Eine Benachrichtigung von - oft unbekannten - Unternehmen ist dann im Sinne des § 13 VgV schon faktisch nicht möglich, zumal es sich allenfalls um Interessenten handeln würde. Im Fall § 3a Nr. 2 lit. e) VOL/A kommt folgende Überlegung hinzu. Wenn ein Wechsel des Lieferanten dazu führen würde, dass der dann notwendige Erwerb von Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten mit sich bringen würde, wird von § 3a Nr. 2 lit. e) VOL/A die Beauftragung des ursprünglichen Auftragnehmers auch ohne vorherigen Vergleich mit anderen Angeboten als sachgerecht angesehen, wodurch das Wettbewerbsprinzip für diesen - eng auszulegenden Ausnahmefall - faktisch hintangestellt wird. Wenn aber von vornherein schon aus technischen Gründen nur ein einziger Anbieter in Betracht kommt, laufen die Verfahrensrechte der potentiellen Bieter aus dem Vergaberecht ins Leere (2. VK Bund, B. v. 11.4.2003 - Az.: VK 2 - 10/03). 2220 Daran hat sich durch §§ 101a, 101b GWB nichts geändert. 12.6.8 Informationspflicht nach einer Entscheidung der Vergabestelle zugunsten eines Bewerbers 2221 Prüft die Vergabestelle die Rüge eines Antragstellers betreffend die Verletzung von Vergabevorschriften auf ihre Berechtigung hin, ist sie nach dem Sinn der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, die der Vergabestelle Gelegenheit geben will, einen behaupteten Vergaberechtsverstoß ohne Nachprüfungsverfahren abzustellen, hierzu berechtigt und verpflichtet. Das führt grundsätzlich nicht zur Unterbrechung oder Verlängerung der Frist des § 13 VgV, weil es anderenfalls der Bieter in der Hand hätte, diese Frist durch seine bloße Rüge im Ergebnis nahezu beliebig zu verlängern. Anders ist es aber für den Fall, dass die Vergabestelle den beanstandeten Vergabeverstoß korrigiert und damit der Rüge abhilft. Sonst wäre eine Abhilfeentscheidung, die zur Fortsetzung des Verfahrens führt, für den Rügenden nutzlos und hätte bloße Alibi-Funktion. Vielmehr hat der erfolgreich Rügende einen Anspruch auf Mitteilung der Gründe, warum der Auftraggeber trotz Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Abhilfe und damit neuer Wertungsgesichtspunkte weiterhin an seiner ursprünglichen Entscheidung festhält. Waren diese Gründe nicht Gegenstand eines vorausgegangenen Informationsschreibens, sodass der Rügende hiervon keine Kenntnis hatte, bedarf es einer Information über die unveränderte Vergabeentscheidung, um der Informationspflicht nach § 13 VgV zu genügen (VK Brandenburg, B. v. 27.01.2005 - VK 79/04). 2222 Daran hat sich durch §§ 101a, 101b GWB nichts geändert. 12.6.9 Informationspflicht bei entsprechender Kenntnis eines Bieters und Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor der Information 2223 § 13 VgV dient der Gewährung des Primärrechtsschutzes im Vergabeverfahren. Die Nichtigkeitsfolge soll keinen allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken absichern, sondern das in § 97 Abs. 7 GWB entsprechend Art. 2 Abs. 1 der Rechtsmittelrichtlinie (89/665 EWG vom 21. Dezember 1989, geändert durch Richtlinie 92/50/EWG vom 18. Juni 1992) normierte Recht auf Nachprüfung im Primärrechtsschutzverfahren. Diese Zielrichtung des § 13 Satz 6 VgV macht eine teleologische Reduktion des Geltungsumfangs der Nichtigkeitsbestimmung (auch) dahin erforderlich, dass sich ein Bieter, der vor der Zuschlagserteilung von dem vermeintlichen Vergaberechtsverstoß erfahren und Primärrechtsschutz im Nachprüfungsverfahren beantragt hat, auf die Nichtigkeitsfolge nicht berufen kann (OLG Celle, B. v. 08.12.2005 - Az.: 13 Verg 2/05). 2224 Ähnlich ist der Fall zu beurteilen, dass ein bereits informierter Bieter in anderer, verlässlicher Weise erfährt, dass an der zuvor mitgeteilten Vergabeabsicht nicht festgehalten wird. In diesem Fall muss der Auftraggeber die Kenntnis des (bereits informierten) Bieters nicht noch zusätzlich in Textform herstellen (OLG Schleswig-Holstein, B. v. 01.09.2006 - Az.: 1 (6) Verg 8/05). 2225 Daran hat sich durch §§ 101a, 101b GWB nichts geändert. 12.6.10 Informationspflicht bei Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte 2226 § 13 VgV gilt nur für öffentliche Aufträge, deren geschätzte Auftragswerte die in § 2 VgV geregelten Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. Für eine analoge Anwendung des § 13 VgV auf Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte gibt es keine Veranlassung (VG Neustadt an der Weinstraße, B. v. 19.10.2005 - Az.: 4 L 1715/05). 12.6.11 Informationspflicht bei einer Aufhebungsentscheidung 2227 Eine § 13 VgV entsprechende Regelung fehlt für die Aufhebung der Ausschreibung; deshalb gibt es keine "Rechtskraft" der Aufhebungsentscheidung, die die Vergabestelle vor Neuausschreibung abzuwarten hätte (VK Südbayern, B. v. 06.10.2006 - Az.: 27-08/06). 2228 Auch die §§ 101a, 101b GWB regeln den Fall der Aufhebung nicht. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2229 Die Rechtsprechung der VK Südbayern ist mit der Rechtsprechung zur analogen Anwendbarkeit der Informationspflicht bei de-facto-Vergaben (RZ 3334???) und der Rechtsprechung zur Überprüfbarkeit der Entscheidung des Auftraggebers, eine Ausschreibung aufzuheben (RZ 2186???) nicht vereinbar. Es besteht insoweit eine Informationspflicht nach § 101a GWB. 12.6.12 Informationspflicht bei Zuschlag auf ein erloschenes Angebot 2230 Der öffentliche Auftraggeber ist aus haushaltsrechtlichen Gründen gehalten, auch auf ein gemäß § 146 BGB erloschenes Angebot eines Bieters gemäß § 150 Abs. 1 BGB beim Bieter nachzufragen, ob ein Vertragsschluss nach Maßgabe des sachlichen Inhalts des erloschenen Angebots noch möglich sei und dem Bieter den Abschluss eines Vertrags mit diesem Inhalt anzubieten; vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 19 VOB/A RZ 4965. Hat nun der Auftraggeber in Verkennung der Frist des § 13 VgV einen unwirksamen Zuschlag erteilt und schließen Auftraggeber und Bieter nach Maßgabe des erloschenen Angebots nach Ablauf der Sperrfrist des § 13 VgV einen entsprechenden Vertrag, beginnt die Frist des § 13 VgV nicht erneut zu laufen; vielmehr ist entscheidend, ob die Sperrfrist des § 13 VgV für die Annahme des ersten, bereits erloschenen Angebots abgelaufen ist (OLG Düsseldorf, B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 17/08). 2231 Daran hat sich durch §§ 101a, 101b GWB nichts geändert. 12.7 Inhalt der Information 12.7.1 Änderung durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 2232 Der Auftraggeber hat die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, bzw. Bewerber über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. 2233 Der Wortlaut der Vorschrift des § 101a GWB wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durch die Pluralbildung (die Gründe) an den allgemeinen Sprachgebrauch angepasst. Entscheidend kommt es darauf an, dass der unterlegene Bieter oder Bewerber eine aussagekräftige Begründung für die Nichtberücksichtigung seines Angebots erhält. Ist nur ein Grund für die Nichtberücksichtigung vorhanden, reicht selbstverständlich die Angabe dieses einen Grundes aus. 2234 Da sich zumindest vom Wortlaut des § 101a GWB her durchaus Unterschiede zu § 13 VgV ergeben, stelle ich nachfolgend die Rechtsprechung zu § 13 VgV und die Unterschiede dar. 12.7.2 Rechtsprechung des EuGH 2234/1 Allein der Umstand, dass ein Bewerber oder Bieter erfährt, dass seine Bewerbung oder sein Angebot zurückgewiesen worden ist, versetzt ihn nicht in die Lage, wirksam mit einem Nachprüfungsantrag dagegen vorzugehen. Solche Informationen genügen für einen Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 Bewerber oder Bieter nicht, um gegebenenfalls einen anfechtbaren Rechtsverstoß erkennen zu können. Ein betroffener Bewerber oder Bieter kann sich erst dann darüber klar werden, ob etwa ein Verstoß gegen die anwendbaren Vorschriften vorliegt und die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens angebracht ist, nachdem er von den Gründen in Kenntnis gesetzt worden ist, aus denen seine Bewerbung oder sein Angebot in dem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags abgelehnt wurde (EuGH, Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-406/08). 12.7.3 Rechtsprechung zu § 13 VgV 12.7.3.1 Grundsatz 2235 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass keine allzu großen Anforderungen an die Vorinformation nach § 13 VgV zu stellen sind (VK Brandenburg, B. v. 12.4.2002 - Az.: VK 15/02; 1. VK Saarland, B. v. 27.04.2004 - Az.: 1 VK 02/2004; 1. VK Sachsen, B. v. 13.5.2002 - Az.: 1/SVK/043-02; VK Südbayern, B. v. 19.01.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-41-1108; B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08; VK Thüringen, B. v. 16.06.2008 - Az.: 250-4002.20-1465/2008-012-SLF). Im Regelfall reicht es also aus, dass der Grund für die Nichtberücksichtigung verständlich und präzis benannt werden muss. Dies kann aber nur für den Fall Anwendung finden, wenn der Bieter aus der Vorinformation und/oder den ihm vorliegenden Verdingungsunterlagen, erkennen kann, warum die Prüfung seines Angebotes zur Ablehnung desselben geführt hat und wie diese Ablehnung begründet ist. Eine ordnungsgemäße Vorabinformation muss den Bieter also zumindest in die Lage versetzen, seinen Stand im Vergabeverfahren sowie die Sinnhaftigkeit eines Nachprüfungsverfahrens hinreichend zu ermessen (OLG Karlsruhe, B. v. 29.08.2008 Az.: 15 Verg 8/08; 1. VK Bund, B. v. 14.11.2003 - Az.: VK 1 - 109/03; 3. VK Bund, B. v. 28.09.2009 - Az.: VK 3 - 169/09; 1. VK Saarland, B. v. 27.04.2004 - Az.: 1 VK 02/2004; VK Südbayern, B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-16-04/08). 2236 Der notwendige Inhalt einer solchen Mitteilung hängt also von den Umständen des Einzelfalles ab (VK Südbayern, B. v. 19.01.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-41-11-08; VK Thüringen, B. v. 30.8.2002 - Az.: 216-4003.20-045/02-EF-S). 2237 Im übrigen ist eine eher zurückhaltende Auslegung des § 13 Satz 1 VgV, die keine hohen Anforderungen an die Erfüllung der Informationspflicht stellt, auch deshalb angezeigt, weil die Einhaltung der Vorschrift für den Auftraggeber auch bei einer großen Anzahl zu informierender Bieter noch praktikabel bleiben muss, ferner weil die Praktizierung der Vorschrift nicht ihrerseits zu einer Investitionsbremse werden darf, und schließlich weil hohe Anforderungen an die Informationspflicht auch bei pflichtbewussten Auftraggebern tendenziell (zu) oft zu einem Eingreifen der Nichtigkeitsfolge des § 13 Satz 4 VgV führen können. Allgemeingültige, für alle denkbaren Fälle erschöpfende Aussagen über den notwendigen Inhalt der (schriftlichen) Information an die Bieter, die nach der Vorentscheidung des Auftraggebers nicht zum Zuge kommen sollen, wird man nicht geben können, weil die Anforderungen an die Verständlichkeit des Informationsschreibens zu einem Teil auch von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängen (OLG Düsseldorf, B. v. 6.8.2001 - Az.: Verg 28/01; VK Bremen, B. v. 16.7.2003 - Az.: VK 12/03). 2238 Daran hat sich durch § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB nichts geändert. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.7.3.2 Name des erfolgreichen Bieters 2239 Die Rechtsprechung ist insoweit nicht einheitlich. 2240 Nach einer Auffassung verlangt § 13 VgV zwingend die Nennung des erfolgreichen Bieters (OLG Düsseldorf, B. v. 19.03.2008 - Az.: VII-Verg 13/08; VK Lüneburg, B. v. 26.01.2005 Az.: 203-VgK-56/2004; VK Schleswig-Holstein, B. v. 14.05.2008 - Az.: VK-SH 06/08; VK Südbayern, B. v. 10.11.2003 - Az.: 49-10/03). 2241 Die Angabe des Namens des Bieters muss nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift dem nicht berücksichtigten Bieter die Identifizierung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters ermöglichen, um gegen die beabsichtigte Zuschlagserteilung Gründe geltend machen zu können, die in der Person dieses Bieters liegen oder er allgemein eine Begünstigung gerade dieses Bieters befürchtet (OLG Düsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VIIVerg 13/08; B. v. 19.03.2008 - Az.: VII-Verg 13/08). Es ist insoweit nicht schädlich, wenn die Postleitzahl des Unternehmens von der Vergabestelle nicht korrekt angegeben wurde, wenn die Identifizierbarkeit des Bieters möglich ist (1. VK Bund, B. v. 03.02.2004 - Az.: VK 1 – 147/03; B. v. 27.9.2002 - Az.: VK 1 - 63/02). 2242 Gerade wenn das betreffende Vergabeverfahren nicht "medienwirksam" ist, hat ein unterlegener Bieter infolge fehlender Mitteilung über den erfolgreichen Bieter infolge mangelnder Berichterstattung regelmäßig nicht die Möglichkeit, die Person des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters zu erfahren. Erst nachdem er die Identität dieses Bieters erfahren hat, ist es ihm möglich, dessen Eignung zu reflektieren oder dessen Angebot einzuschätzen und somit Gedanken dahingehend anzustellen, ob das für den Zuschlag vorgesehene Angebot dem Ausschreibungsgegenstand entspricht (VK Schleswig-Holstein, B. v. 14.05.2008 - Az.: VK-SH 06/08). 2243 Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Empfänger der Information ohne Weiteres erkennen kann, dass die ihm erteilte Information unvollständig ist Es kommt nämlich vielfach vor, dass die Vergabestelle bestimmte Bieter vorab ausschließt und erst sehr viel später entscheidet, wem sie den Zuschlag erteilen will. In diesen Fällen wird sie dem von vornherein nicht berücksichtigungsfähigen Bieter seinen Ausschluss oft frühzeitig mitteilen, die Mitteilung nach § 13 VgV jedoch erst sehr viel später nachfolgen lassen. Diese Handhabung erfolgt vor allem in den Fällen, in denen die Prüfung und Wertung in mehreren einander folgenden Schritten erfolgen. Zum Beispiel werden Bieter, deren Angebote bereits in der 1. Wertungsphase auszuschließen sind, bereits frühzeitig davon informiert, während die Prüfung und Wertung hinsichtlich der darauf folgenden Wertungsphasen noch eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Das Vergabeverfahren kann auch beim wettbewerblichen Dialog (§ 6a Abs. 4 VgV; § 3a Nr. 4 Abs. 3, Abs. 4 VOB/A) oder im Verhandlungsverfahren (§ 3a Nr. 7 Abs. 2 VOB/A) in mehreren Phasen ablaufen (s. auch § 3a Nr. 1 Abs. 3 VOL/A). § 27 VOB/A und § 27 VOL/A sehen zudem Mitteilungen an den unterlegenen Bieter vor, die den Namen des vorgesehenen Zuschlagsempfängers nicht enthalten müssen (vgl. auch die in § 6a Abs. 4 S. 3 VgV, § 3a Nr. 4 Abs. 4 S. 2 VOB/A vorgesehenen Vorabmitteilungen); derartige Mitteilungen entsprechen den Vorschriften des § 13 VgV nicht. Erhält der Bieter eine Bieterinformation ohne Nennung des erfolgreichen Bieters, bleibt er mithin im Unklaren darüber, ob er eine Information nach § 27 VOB/A bzw. VOL/A oder eine unzureichende Information nach § 13 VgV erhalten hat; er kann damit auch nicht abschätzen, ob damit die Wartefrist des § 13 VgV in Gang gesetzt werden soll (OLG Düsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VII-Verg 13/08; B. v. 19.03.2008 - Az.: VIIVerg 13/08). Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2244 Demgegenüber ist das OLG Naumburg im Wege der teleologischen Reduktion (B. v. 26.4.2004 - Az.: 1 Verg 2/04) der Auffassung, dass dann, wenn die Vergabestelle es versäumt, dem unterlegenen Bieter in dem Informationsschreiben gemäß § 13 VgV den Name desjenigen mitzuteilen, der den Zuschlag erhalten soll, die Nichtigkeitsfolge des § 13 Satz 6 VgV jedenfalls dann nicht eintritt, wenn die Nichtberücksichtigung des Bieters allein auf preislichen Erwägungen beruht, ihm dies unter Angabe des niedrigeren Preises des obsiegenden Angebotes mitgeteilt wurde und er rechtzeitig vor Ablauf der Frist des § 13 Satz 2 VgV von der Identität des Begünstigten Kenntnis erlangt. 2245 Daran hat sich durch §§ 101a Abs. 1 Satz 1, 101b GWB nichts geändert. 2246 Entschließt sich der Auftraggeber, die nicht ausgewählten Bewerber z.B. eines Teilnahmewettbewerbs unverzüglich nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs zu informieren, muss die Information die Namen der ausgewählten Bewerber enthalten. 12.7.3.3 Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung 12.7.3.3.1 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 2247 Die ausdrückliche Aufnahme des Plurals im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens spricht dafür, dass die eher moderate Rechtsprechung zu § 13 VgV – Kurzfassung und Formularschreiben – der Regelung des § 101a GWB nicht mehr gerecht wird. Dementsprechend wird auch im Folgenden die Rechtsprechung zu § 13 VgV nur noch soweit dargestellt, als sie mit der Fassung des § 101a GWB vereinbar ist. 12.7.3.3.2 Neufassung der Rechtsmittelrichtlinien 2248 Art. 2a der Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge spricht im Gegensatz zu § 101a GWB „nur“ von der Zusammenfassung der einschlägigen Gründe. Der Gesetzgeber hat also zumindest in diesem Punkt – im Gegensatz zu manchen Presseverlautbarungen – das europäische Vergaberecht nicht 1:1 umgesetzt, sondern verschärft. 12.7.3.3.3 Rechtsprechung zu § 13 VgV 2249 Enthält die Mitteilung gem. § 13 VgV keinen Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebots des betreffenden Bieters, entspricht sie nicht den Mindestanforderungen des § 13 Satz 1 VgV. Ein dennoch geschlossener Vertrag ist gemäß § 13 Sätze 5 und 6 VgV nichtig. Ein kraft Gesetzes nichtiger Vertrag kann auch nicht für wirksam erklärt werden (VK Nordbayern, B. v. 18.09.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 44/08). 2250 Der nach § 13 Satz 1 VgV informierte Bieter muss auf Grund der Mitteilung zumindest in Ansätzen nachvollziehen können, welche konkreten Erwägungen für die Vergabestelle bei der Nichtberücksichtigung seines Angebots ausschlaggebend waren. Die bloße Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 zusammenfassende Mitteilung des Ergebnisses des Wertungsvorgangs, das Angebot sei nicht das wirtschaftlichste gewesen, reicht dafür nicht aus (KG Berlin, B. v. 4.4.2002 - Az.: KartVerg 5/02; OLG Karlsruhe, B. v. 29.08.2008 - Az.: 15 Verg 8/08; VK Thüringen, B. v. 12.01.2009 - Az.: 250-4003.20-6372/2008-007-IK). Dies insbesondere, wenn andere als der Preis genannte Zuschlagskriterien ausschlaggebend waren oder eine Vielzahl von Nebenangeboten eine Rolle gespielt haben (VK Thüringen, B. v. 12.01.2009 - Az.: 2504003.20-6372/2008-007-IK; B. v. 16.06.2008 - Az.: 250-4002.20-1465/2008-012-SLF). 12.7.3.3.4 Inhalt des Informationsschreibens bei zahlreichen Nebenangeboten 2251 Auch wenn die Rechtsprechung üblicherweise an Form und Inhalt eines Absageschreibens keine überzogenen Anforderungen stellt, so muss etwas anderes gelten, wenn der Antragsteller zahlreiche wertbare Nebenangebote abgegeben hat. Dort wird man, insbesondere wenn auch das Musterformular der Auftraggeberin dies ohnehin vorsieht, verlangen, dass der Bieter zumindest erfährt, welche seiner Nebenangebote (formelhaft begründet) nicht zum Zuge kamen (1. VK Sachsen, B. v. 23.5.2003 - Az.: 1/SVK/030-03). 12.7.3.3.5 Wahrheitsgemäße Information 2252 Selbst wenn die obergerichtliche Rechtsprechung dem Auftraggeber für den Umfang der Informationspflicht keine überspannten Anforderungen auferlegt, so ist im Umkehrschluss jedoch unabdingbare Voraussetzung für das Informationsschreiben nach § 13 VgV, dass der dort - vielleicht auch nur durch eine knappe Information in einem vorformulierten Standardschreiben - vorgesehene Grund der Nichtberücksichtigung wahrheitsgemäß erfolgen muss (2. VK Bund, B. v. 24.04.2007 - Az.: VK 2 – 21/07; B. v. 25.04.2005 - Az.: VK 2 – 21/05). Ansonsten wäre der mit der Einführung des § 13 VgV beabsichtigte Lückenschluss in der effektiven Verfolgung von Bieterrechten nach § 97 Abs. 7 GWB ad absurdum geführt (1. VK Sachsen, B. v. 27.1.2003 - Az.: 1/SVK/123-02, 1/SVK/123-02G). 2253 Das Erfordernis einer wahrheitsgemäßen Information ist dahin zu verstehen, dass die Vergabestelle nicht bewusst unzutreffende Angaben über den Grund für die Nichtberücksichtigung machen darf, um den Bieter über die Aussichten eines Nachprüfungsantrages zu täuschen. Anderenfalls würden die Vergabestelle und der erfolgreiche Bieter mit einem übermäßigen, durch den Zweck des § 13 VgV nicht gerechtfertigten Risiko der Nichtigkeit eines nach Ablauf von 14 Tagen nach der Mitteilung geschlossenen Vertrages belastet. Die Frage, ob der von der Vergabestelle subjektiv zutreffend angeführte Grund auch objektiv trägt, ist im Rahmen der Prüfung des Nachprüfungsantrages zu klären (2. VK Bund, B. v. 24.04.2007 - Az.: VK 2 – 21/07). 2254 Ist eine Vorabinformation, obzwar unzureichend oder unzutreffend begründet, rechtzeitig erfolgt, so hat der Bieter jedenfalls die Möglichkeit, sein subjektives Recht auf eine umfassende und richtige Information einzufordern und ggf. im Wege eines Nachprüfungsverfahrens zu erzwingen. Unter Rechtsschutzgesichtspunkten besteht mithin kein Anlass, in diesem Fall den Bieter zusätzlich über den Eintritt einer Nichtigkeitsfolge abzusichern. Vielmehr liegt es allein in seiner Hand, seine Rechte im Rahmen des ihm tatsächlich eröffneten Nachprüfungsverfahrens zur Geltung zu bringen (Thüringer OLG, B. v. 14.02.2005 - Az.: 9 Verg 1/05). Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.7.3.4 Frühester Zeitpunkt des Vertragsschlusses 2255 Im Vergleich zu § 13 VgV ist in § 101a GWB die Verpflichtung des Auftraggebers zur Information über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses neu aufgenommen worden. Auch diese Verpflichtung geht auf die Neufassung der Rechtsmittelrichtlinien zurück. 2256 Entschließt sich der Auftraggeber, die nicht ausgewählten Bewerber z.B. eines Teilnahmewettbewerbs unverzüglich nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs über die ausgewählten Bewerber zu informieren, entfällt diese Pflicht, da der Auftraggeber zu diesem Zeitpunkt den frühesten Termin des Vertragsschlusses noch nicht kennen kann. 12.7.4 Heilung von inhaltlichen Mängeln 2257 Der Auftraggeber kann Mängel eines Vorinformationsschreibens nach § 13 VgV noch vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens oder auch erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens heilen. Primäres Ziel der nachträglich eingeführten Vorinformation vor Zuschlagserteilung war es, die in § 114 Abs. 1 GWB vorgesehene zivilrechtlichen Grundsätzen folgende - Unumkehrbarkeit eines einmal erteilten Zuschlags im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes dadurch zu relativieren, dass die nicht berücksichtigten Bieter im Vorfeld von dem späterhin beabsichtigten Zuschlag samt bezuschlagtem Unternehmen erfahren und ihr individuelles Hemmnis im Hinblick auf den Zuschlag mitgeteilt bekommen. Die Vorinformation dient somit keinem eigenständigen vergaberechtlichen Selbstzweck. Auf einen Verstoß gegen § 13 VgV allein kann ein Bieter einen Nachprüfungsantrag somit nicht stützen (1. VK Sachsen, B. v. 27.1.2003 - Az.: 1/SVK/123-02, 1/SVK/123-02G; VK Südbayern, B. v. 26.06.2008 - Az.: Z3-3-3194-1-1604/08). 2258 Eine Heilung kann auch durch den Beschluss einer Vergabekammer erfolgen (1. VK Brandenburg, B. v. 19.9.2001 - Az.: 1 VK 85/01). 2259 Nachteilige Folge für den Auftraggeber kann bei solchen Sachverhaltskonstellationen eine Belastung mit den durch das Vergabenachprüfungsverfahren entstandenen Kosten und Gebühren sein. Vgl. insoweit die Kommentierung zu § 128 GWB. 12.7.5 Heilung von formalen Mängeln 2260 Formale Mängel der Information nach § 13 VgV, wie etwa der Verstoß einer vorfristigen Information durch den legitimierenden Beschluss des ordnungsgemäßen Beschlussorgans, können geheilt werden und allenfalls kostenrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (1. VK Sachsen, B. v. 23.5.2003 - Az.: 1/SVK/030-03). 12.8 Adressat der Information Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.8.1 Bieter und Bewerber 12.8.1.1 Allgemeines 2261 Der Auftraggeber erfüllt seine Informationspflicht sicherlich, wenn er die Information an den Bieter bzw. den Bewerber übersendet. 12.8.1.2 Entsprechende Anwendung des § 130 Abs. 1 BGB 2262 § 130 Abs. 1 BGB ist zumindest hinsichtlich der Frage, an wen die Vorabinformation nach § 101a GWB abzusenden ist, entsprechend anzuwenden. Danach genügt das Absenden einer Vorabinformation an eine Zweigstelle nicht, wenn diese nicht als Empfangsstelle für Informationen an die tatsächliche Bieterin zu betrachten ist. Es ist zu unterscheiden zwischen dem Interessenten für eine Ausschreibung und dem tatsächlichen Bieter (OLG Naumburg, B. v. 17.2.2004 - Az.: 1 Verg 15/03). 12.8.2 Bevollmächtigte 2263 Auch die alleinige Unterrichtung des Bevollmächtigten genügt den Anforderungen des § 13 VgV, wenn die Bevollmächtigten sich bereits im Zusammenhang mit dem von ihnen verfassten Rügeschreiben für den Antragsteller gemeldet hatten; der Auftraggeber durfte daher auch das Informationsschreiben nach § 13 VgV an die Bevollmächtigten richten (so sinngemäß auch § 14 Abs. 3 VwVfG). Wenn in Satz 1 des § 13 VgV formuliert ist, dass die "Bieter" informiert werden, so schließt dies eine Information an einen bevollmächtigten Vertreter nicht aus; für eine restriktive Anwendung besteht keinerlei Anlass (VK Hessen, B. v. 2.1.2003 - Az.: 69 d VK - 53/2002). 2264 Daran hat sich durch § 101a GWB nichts geändert. 12.8.3 Verbreitung über das Internet 2264/1 Die Verbreitung der Information über eine Auftragserteilung im Sinn von § 101a GWB auf der Internetseite des Auftraggebers und die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union können kein adäquater Ersatz für eine Information im Sinn von § 101a GWB sein (EuGH, Urteil v. 28.01.2010 - Az.: C-456/08). 12.9 Form der Information 12.9.1 Verwendung der Textform 12.9.1.1 Allgemeines Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2265 Der Begriff der Textform - anstelle der "Schriftlichkeit" - wurde gewählt, um zusätzliche Wege der schnellen Information (Fax, E-Mail) zu ermöglichen. 2266 Zur Bestimmung des Begriffs der Textform ist auf § 126b BGB zurückzugreifen. Danach fallen unter den Begriff der Textform zum einen schriftliche Urkunden, aber auch jede andere lesbare Form, sofern die dauerhafte Wiedergabe in Schriftzeichen gewährleistet ist und die Person des Erklärenden genannt wird. Taugliche Medien für die Übermittlung in Textform sind insbesondere Telefax, CDs, Disketten und E-Mails aber natürlich auch herkömmliche Schriftstücke. 2267 Nach § 126b BGB bedarf es bei der Verwendung einer Textform weder einer Unterschrift noch einer digitalen Signatur. 12.9.1.2 Ausnahme 2268 Sinn und Zweck des § 13 VgV ist es, zu verhindern, dass der unterlegene Bewerber durch einen plötzlichen Vertragsschluss überrascht wird und das Vergabeverfahren so der Nachprüfung entzogen wird. Wenn der Bewerber jedoch schon unmissverständlich, eindeutig und abschließend mündlich informiert wird und er diese mündliche Information so ernst nimmt, dass er den vermeintlichen Vergabefehler formgerecht rügt, ist die Textform nicht mehr erforderlich, um den Primärrechtsschutz sicherzustellen. Es widerspricht sowohl dem Beschleunigungsgrundsatz als auch den Grundsätzen von Treu und Glauben, in diesem Einzelfall noch eine schriftliche Bestätigung der mündlich erteilten Information abzuwarten. Denn wird ein Antragsteller nicht gehindert, rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag zu stellen, der nach Zustellung das Zuschlagsverbot auslöst, ist der Primärrechtsschutz damit eröffnet und das Ziel des § 13 VgV erreicht. Der Vergaberechtsschutz des unzureichend informierten Bewerbers ist also auch ohne die Nichtigkeitsfolge ausreichend gesichert. Er kann nach rechtzeitiger Rüge einen Nachprüfungsantrag stellen, und zwar innerhalb eines Zeitrahmens von 14 Tagen, mit dem Ziel, die Vergabestelle zu verpflichten, ihm eine schriftliche Begründung zu erteilen. Demgemäß ist es nach dem Schutzzweck der Vorschrift überflüssig, in das Verbot des § 13 VgV und die Nichtigkeitsfolge diesen Sonderfall mit einzubeziehen (SchleswigHolsteinisches OLG, B. v. 28.11.2005 - Az.: 6 Verg 7/05; VK Schleswig-Holstein, B. v. 31.05.2005 - Az.: VK-SH 09/05). 2269 Daran hat sich durch § 101a GWB nichts geändert. 12.9.2 Verwendung von Formblättern 12.9.2.1 Allgemeines 2270 Für § 13 VgV hat die Rechtsprechung entschieden, dass bereits der Wortlaut des § 13 VgV nur von der Verpflichtung spricht, den Grund für die Nichtberücksichtigung anzugeben, und nicht von Gründen oder gar einer Begründung. Daraus muss gefolgert werden, dass der Auftraggeber sich kurz fassen und auch im Wege der Verwaltungsvereinfachung zu vorformulierten Schreiben greifen darf (BayObLG, B. v. 18.6.2002 - Az.: Verg 8/02; VK Baden-Württemberg, B. v. 17.01.2008 - Az.: 1 VK 52/07; B. v. 18.10.2005 - Az.: 1 VK Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 62/05; 2. VK Bund, B. v. 25.04.2005 - Az.: VK 2 – 21/05; VK Lüneburg, B. v. 26.01.2005 Az.: 203-VgK-56/2004; VK Südbayern, B. v. 19.01.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-41-11-08). 2271 Diese Rechtsprechung kann mit Blick auf den geänderten Wortlaut und die Verwendung des Plurals in § 101a GWB nicht mehr ohne weiteres übernommen werden. 12.9.2.2 Verwendung des Formblattes EFB Info/Abs EG des VHB 2272 Verwendet ein Auftraggeber zur Information nach § 13 VgV das Formblatt (EFB (B) Info/Abs EG) aus dem Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (VHB), so kann der Adressat aus diesem Formblatt ersehen, welcher namentlich benannte Bieter den Zuschlag erhalten soll und die Begründung für die Ablehnung seines eigenen Angebotes. Die Information unter Einsatz des Formblattes genügt daher für eine ordnungsgemäße Vorabinformation im Sinne des § 13 VgV (VK Brandenburg, B. v. 24.02.2005 - VK 01/05; VK Lüneburg, B. v. 26.01.2005 - Az.: 203-VgK-56/2004; VK Lüneburg, B. v. 8.11.2002 - Az.: 24/02). 2273 Diese Rechtsprechung kann mit Blick auf den geänderten Wortlaut und die Verwendung des Plurals in § 101a GWB nicht mehr ohne weiteres übernommen werden. 12.9.2.3 Information durch mehrere Schreiben 2274 Die Vorschrift des § 13 VgV fordert nicht, dass die erforderlichen Angaben in einem Schreiben zu erfolgen haben. Es erscheint im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift vielmehr als ausreichend, wenn die notwendigen Angaben 14 Tage vor dem Vertragsschluss vollständig erteilt worden sind (VK Hamburg, B. v. 18.12.2001 - Az.: VgK FB 8/01). 2275 Daran hat sich durch § 101a GWB nichts geändert. 12.9.3 Beispiele aus der Rechtsprechung 2276 • • • mit der Formulierung „da das angebotene System noch nie gebaut wurde“ gibt der Auftraggeber eine ausreichende Information über den Ausschlussgrund, damit der Bieter die Vergabeentscheidung im Sinne des § 13 VgV nachvollziehen kann (3. VK Bund, B. v. 28.09.2009 - Az.: VK 3 - 169/09) die telefonische Information vom 13. April 2007 entsprach weder dem vorgesehenen Formerfordernis noch den inhaltlichen Erfordernissen, da weder der Name des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters noch der Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin mitgeteilt wurden (1. VK Brandenburg, B. v. 18.06.2007 - Az.: 1 VK 20/07) sendet der Auftraggeber anstelle eines Informationsschreibens gem. § 13 VgV lediglich ein Absageschreiben gem. § 27 Nr. 1 VOB/A unter Verwendung des entsprechenden Formblattes EFB (B/Z) Abs. 1 des VHB zu, in dem den Bietern lediglich unter kurzer Angabe der Gründe mitgeteilt wird, dass auf ihre Angebote kein Zuschlag erteilt wird, erfüllt diese Information die Mindestanforderungen des § 13 Satz 1 VgV nur teilweise, weil sie keine Auskunft über den Namen des Bieters, Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 • • • dessen Angebot angenommen werden soll, gibt. Daher ist der gleichwohl zustande gekommene Vertrag nichtig (VK Lüneburg, B. v. 26.01.2005 - Az.: 203-VgK56/2004) die Kammer hält es auf der Grundlage der hier zur Anwendung kommenden VOF grundsätzlich für ausreichend, wenn die Wertung dahingehend zusammenfassend mitgeteilt wird, dass der Bieter, der den Auftrag erhalten soll, die höchste Punktzahl erhalten hat und infolgedessen der Empfänger des Schreibens niedriger bewertet wurde … Die ergebnishafte Angabe, der Bieter sei aufgrund der Bewertungsmatrix und der hierzu durchgeführten Präsentation unterlegen, erscheint grundsätzlich ausreichend und trägt der Intention des § 13 VgV Rechnung (VK BadenWürttemberg, B. v. 7.10.2002 - Az.: 1 VK 48/02) eine pauschale Angabe wie "das Fehlen der geforderten Leistungsfähigkeit" genügt der Informationspflicht des § 13 VgV nicht, da der Bieter ein Recht hat zu erfahren, aus welchen Gründe sein Angebot oder seine Bewerbung abgelehnt wird. Hier wären die einzelnen Gründe anzugeben (mangelhaft qualifiziertes Personal, nicht geeignete Subunternehmer, fehlende Sachausstattung etc.), die den Auftraggeber bewegen festzustellen, dass der Bieter nicht leistungsfähig ist (VK Südbayern, B. v. 12.5.2001 Az.: 20-06/01) die Vergabestelle teilte dem Antragsteller 14 Tage vor Zuschlagserteilung mit, dass sie den Zuschlag nicht erhalten werde, wer den Zuschlag erhalten solle und die Gründe ihrer Nichtberücksichtigung. Dabei kann sich die Vergabestelle einer kurzen Begründung bedienen, wobei hier auf die Wirtschaftlichkeit abgestellt wurde. Diese wurde weiter durch die Vergabestelle unterlegt. Ein explizierter Punktenachweis, so wie der Antragsteller dies forderte, bedarf es bei der Absage nicht (VK Thüringen, B. v. 31.1.2002 - Az.: 216-4004.20-002/02-GTH) 12.10 Frist für die Information 12.10.1 Änderung durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2277 § 101a GWB enthält erstmals eine Frist für die Vornahme der Information. Sie muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 GWB) erfolgen. 12.11 Wartepflicht und Wartefrist 12.11.1 Änderung durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2278 Die Wartefrist wird nunmehr gesetzlich geregelt und hinsichtlich der Dauer an die Vorgaben der Rechtsmittel-Richtlinie angepasst. Die Dauer der Wartepflicht ist je nach vom Auftraggeber verwendetem Kommunikationsmedium unterschiedlich. Bei Information per Fax oder auf elektronischem Weg beträgt sie mindestens 10 Kalendertage, bei Information auf einem sonstigen Weg beträgt sie 15 Tage. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.11.2 Rechtsprechung zu § 13 VgV 2279 Mit Blick auf die geänderte Fassung der §§ 101a, 101b GWB wird die Rechtsprechung zu § 13 VgV noch soweit dargestellt, wie sie mit den §§ 101a, 101b GWB vereinbar ist. 12.11.2.1 Allgemeines 2280 Die Frist des § 101a GWB dient nicht allein dem Schutz des Bieters. Vielmehr dient die Regelung auch den Interessen der Vergabestelle, die bei fehlender Rüge davon ausgehen darf, dass nach Ablauf der Frist grundsätzlich einer Zuschlagserteilung nichts im Wege steht. Für diesen Schutzzweck zugunsten des Auftraggebers spricht auch der Umstand, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers für den Fristbeginn nicht auf den Zugang des Informationsschreibens beim Bieter, sondern auf dessen Absendung ankommt (OLG Naumburg, B. v. 25.01.2005 - Az.: 1 Verg 22/04). 2281 Bei der Wartefrist nach § 101a GWB handelt es sich nicht um eine vom Antragsteller einzuhaltende Rechtsmittelfrist. Der Nachprüfungsantrag ist nicht an die Einhaltung einer Frist gebunden. Um einen Primärrechtschutz zu erlangen, ist der Nachprüfungsantrag lediglich faktisch so rechtzeitig einzureichen, dass noch während der Wartefrist die Zustellung an den Antragsgegner von der Vergabekammer bewirkt werden kann, so dass das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB eingreift. Deswegen unterwirft § 101a GWB die Anbringung eines Nachprüfungsantrags aber keiner bestimmten Frist. Die Befugnis des Auftraggebers, nach Ablauf der Wartefrist den Zuschlag zu erteilen, hat lediglich mittelbare Auswirkungen auf den Zeitpunkt, bis zu dem durch einen Nachprüfungsantrag der Vertragsschluss vom Antragsteller verhindert werden kann. Dazu muss der Antragsteller eine Zurückweisung seiner Rüge durch den Auftraggeber freilich nicht abwarten, sondern kann den Nachprüfungsantrag notfalls sogar schon kurzfristig nach Eingang des Rügeschreibens beim Auftraggeber einreichen (OLG Düsseldorf, B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 11/08). 12.11.2.2 Beginn der Frist 2282 Für den Beginn der Frist kommt es nicht auf den Zugang beim letzten Bieter oder Bewerber an; die Frist beginnt am Tage nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber. 2283 Entscheidend für die Einhaltung der Frist ist, wann die Information an den letzten Bieter abgesandt wurde; erst dann beginnt einheitlich die Frist zu laufen (BGH, B. v. 9.2.2004 Az.: X ZB 44/03; VK Brandenburg, B. v. 27.01.2005 - VK 79/04; 1. VK Bund, B. v. 20.1.2003 - Az.: VK 1 - 99/02). 2284 Ist eine Absendung der Vorabinformation nach § 13 Satz 1 VgV an einen Bieter nicht erfolgt, so läuft die Frist jedenfalls ab Zugang der Vorabinformation bei diesem Bieter (OLG Naumburg, B. v. 17.2.2004 - Az.: 1 Verg 15/03). 12.11.2.3 Verlängerung der Frist durch die ausschreibende Stelle Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2285 Welche Konsequenzen eine von § 13 VgV abweichende Nennung einer längeren Frist durch den Auftraggeber hat, ist in der Rechtsprechung streitig. 2286 Nach einer Auffassung hat dies keine Wirkung. Erklärt also der Auftraggeber, dass er beabsichtigt, den Zuschlag später als nach Ablauf der 14-Tage-Frist zu erteilen, führt dies nicht dazu, dass statt der gesetzlichen Frist wegen des Gebotes des Vertrauensschutzes und des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung das in der Vorabinformation genannte spätere Fristende gilt (Hanseatisches OLG Bremen, B. v. 18.8.2003 - Az.: Verg 6/2003; OLG Düsseldorf, B. v. 23.05.2007 - Az.: VII - Verg 14/07; VK Bremen, B. v. 16.7.2003 Az.: VK 12/03; 1. VK Bund, B. v. 27.9.2002 - Az.: VK 1 - 63/02; VK Münster, B. v. 10.2.2004 - Az.: VK 01/04). 2287 Nach der Gegenmeinung wird das Zuschlagsverbot nach § 13 Satz 3 VgV durch eine Vorabinformation nicht beseitigt, wenn diese infolge schwerer inhaltlicher Fehler den Bieter davon abhält, rechtzeitig Rechtsschutz zu suchen. Ein solcher Fehler liegt vor, wenn die gesetzliche Frist des § 13 VgV nicht durch die im Ablehnungsschreiben genannte längere Frist ersetzt wird; dann war die angegebene Einspruchsfrist unrichtig und hat die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bieters beeinträchtigt. Der Auftraggeber ist also an die angegebene längere Frist gebunden (2. VK Bund, B. v. 16.7.2002 - Az.: VK 2 - 50/02). 2288 Eine eindeutige Verlängerungszusage schafft einen die Vergabestelle insoweit jedenfalls bindenden Vertrauenstatbestand. Ein Beschwerdeführer wird sich deshalb bei einem dennoch vor Ablauf der verlängerten Frist erteilten Zuschlag auf das Nichtigkeitsverdikt des § 13 Satz 6 VgV berufen können (Hanseatisches OLG Bremen, B. v. 05.03.2007 - Az.: Verg 4/2007). Der bindende Vertrauenstatbestand muss sich darüber hinaus auch wieder auf die Fristenregelung in § 13 VgV beziehen. Denn § 13 VgV normiert gerade die Rechtzeitigkeit einer Information mit einer Frist von 14 Tagen. Vergibt der Auftraggeber vor Ablauf der weiteren 14-Tage-Frist den Auftrag, kann hierin ebenfalls ein Verstoß gegen Vergaberegelungen zu sehen sein. Als angemessene Frist müssen hier (wieder) die 14 Tage entsprechend der Regelung in § 13 VgV angewandt werden (VK Bremen, B. v. 18.04.2007 - Az.: VK 2/07). 2289 Eine Verlängerung der Frist entsteht auch in den Fällen, in denen der Auftraggeber auf die Rüge hin zunächst mitteilt, die Wertung wiederholen zu wollen. Der rügende Bieter hat dann selbstverständlich ein schützenswertes Interesse daran, über das Ergebnis einer solchen erneuten Wertung informiert zu werden; die bisher gegebene Begründung ist überholt und eine neue Mitteilung nach § 13 VgV erforderlich. Versieht der Auftraggeber dagegen lediglich seine Entscheidung, der Rüge nicht abzuhelfen, mit einer ergänzenden Begründung, macht dies die ursprüngliche Mitteilung nicht gegenstandslos, denn § 13 VgV verlangt keine vollständige Aufzählung aller Gründe für die Nichtberücksichtigung eines Bieters, sondern lässt die Nennung eines Grundes ausreichen. Wenn die Begründung später ergänzt wird, wird der Lauf der 14-Tage-Frist deshalb nicht unterbrochen, es sei denn, die Vergabestelle setzt einen gegenteiligen Vertrauenstatbestand (2. VK Bund, B. v. 24.04.2007 - Az.: VK 2 – 21/07). 2290 Vgl. zu den Auswirkungen einer Verlängerung der Frist des § 13 VgV auf die Rügefrist die Kommentierung zu § 107 GWB. 2291 An dieser Problematik hat sich durch § 101a GWB nichts geändert. Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 12.11.2.4 Verlängerung der Frist durch einen Bieter 2292 Auch ein Bieter kann durch eine Fristsetzung gegenüber dem Auftraggeber, die über die Frist des § 13 VgV hinausgeht, den Lauf einer gesetzlich bestimmten und in Gang gesetzten Frist nicht zu seinen Gunsten verlängern (OLG Düsseldorf, B. v. 23.05.2007 Az.: VII - Verg 14/07). 12.11.2.5 Unterbrechung der Frist durch die Überprüfung der Vergabeentscheidung durch die Vergabestelle 2293 Prüft die Vergabestelle die Rüge eines Antragstellers betreffend die Verletzung von Vergabevorschriften auf ihre Berechtigung hin, ist sie nach dem Sinn der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, die der Vergabestelle Gelegenheit geben will, einen behaupteten Vergaberechtsverstoß ohne Nachprüfungsverfahren abzustellen, hierzu berechtigt und verpflichtet. Das führt indessen nicht zur Unterbrechung oder Verlängerung der Frist des § 13 VgV, weil es andernfalls der Bieter in der Hand hätte, diese Frist durch seine bloße Rüge im Ergebnis nahezu beliebig zu verlängern. Das wäre mit der erforderlichen Rechtssicherheit angesichts der Nichtigkeitsfolge des § 13 VgV nicht vereinbar (Thüringer OLG, B. v. 29.5.2002 - Az.: 6 Verg 2/02). 2294 Daran hat sich durch § 101a GWB nichts geändert. 12.11.2.6 Berechnung der Frist (§ 101a Satz 5) 2295 Die Informationsfrist beginnt mit dem Tag nach der Absendung der Vorinformation und endet am 10. oder 15. Kalendertag um 24.00 Uhr. Diese Sicht wird ebenfalls dadurch gestützt, dass der Verordnungsgeber von Kalendertagen spricht und damit 10 bzw. 15 Tage mit je 24 Stunden als Informationsfrist angibt. Schwierig und aufwendig nachzuvollziehen bzw. zu beweisen wäre ein Fristlaufbeginn mit dem Zeitpunkt der Absendung des Informationsschreibens, die Bieter wüssten den Zeitpunkt des Beginns der Informationsfrist nicht und damit auch nicht deren Ende, Rechtsunsicherheit wäre damit vorprogrammiert (VK Thüringen, B. v. 1.3.2002 - Az.: 216-4002.20-004/02-EF-S). 2296 Nach § 188 Abs. 1 BGB endigt eine nach Tagen bestimmte Frist mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. Wird z.B. die Information am 11.12.2007 abgesendet, beginnt die Frist am 12.12.2007 und ist Fristende am 25.12.2007, 23.59 Uhr (2. VK Bund, B. v. 28.01.2008 - Az.: VK 2 – 162/07 - für die alte 14-Tage-Frist des § 13 VgV; nach neuem Recht und Versendung der Information nach § 101a GWB per Email z.B. am 11.12.2010 beginnt die Frist am 12.12.2010 und ist Fristende am 21.12.2010, 23.59 Uhr). 2297 Die Sperrfrist nach § 101a GWB bewirkt ein Zuschlagsverbot, nach deren Ablauf eine Willenserklärung seitens der Vergabestelle, nämlich die Zuschlagserteilung erfolgt. Für diese Willenserklärung ist die Regelung des § 193 BGB nicht einschlägig, denn die Zuschlagserteilung der Vergabestelle ist weder an einem bestimmten Tag zu bewirken, noch ist sie fristgebunden. Sie kann nach Ablauf der Wartefrist jederzeit – solange nicht ein Zuschlagsverbot z.B. aus § 115 Abs. 3 GWB besteht – erteilt werden (2. VK Bund, B. v. 28.01.2008 - Az.: VK 2 – 162/07; VK Thüringen, B. v. 25.11.2008 - Az.: 250-4003.205545/2008-032-GRZ). Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 2298 Der Begriff "Kalendertag" erfasst alle Tage des Kalenders und zwar unabhängig davon, ob es sich um Werktage oder Feiertage, Sonnabende und Sonntage handelt. Daraus folgt, dass der letzte Tag der Frist selbstverständlich auch auf einen Feiertag, Sonnabend oder Sonntag fallen kann. Hätte der Verordnungsgeber zudem Raum für die Anwendung des § 193 BGB lassen wollen, so hätte er den Begriff "Tage" verwandt. § 193 BGB findet auf die nach Kalendertagen bestimmte Frist des § 101a GWB keine – und zwar weder eine unmittelbare noch eine entsprechende – Anwendung. § 193 BGB gilt nur für Tages-, Wochen- oder Monatsfristen und Termine, die für die Abgabe einer Willenserklärung oder zum Bewirken einer Leistung bestimmt sind (z. B. die Frist innerhalb derer die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft gegenüber dem Bürgen zu erklären ist, das heißt für Fristen, an deren letztem Tag spätestens eine bestimmte Handlung oder Willenserklärung vorzunehmen ist. Die Auslegungsregel des § 193 BGB besagt, dass die Willenserklärung oder Handlung grundsätzlich auch noch am nächsten Werktag erklärt oder wirksam vorgenommen werden können. § 193 BGB gilt zwar nicht nur für Willenserklärungen, zu deren Abgabe eine rechtliche Verpflichtung besteht, sondern auch für solche, die der Wahrung eigener Rechte des Erklärenden dienen (Kündigungserklärung, Inanspruchnahmeerklärung einer Bürgschaft). § 193 BGB gilt aber nicht, wenn mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist eine bestimmte Rechtswirkung eintritt (OLG Düsseldorf, B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 11/08). 2299 Für eine entsprechende Anwendung des § 193 BGB zur Berechnung des Ablaufs der Frist fehlt es an der erforderlichen planwidrigen und ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke. Die sachliche Ausgangslage erfordert eine analoge Anwendung des § 193 BGB auf die Wartefrist nicht, weil § 101a GWB eine abschließende Regelung des Sachverhalts enthält (OLG Düsseldorf, B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 11/08). 2300 Die Auslegungsregel der §§ 31 Abs. 3 VwVfG, 222 Abs. 2 ZPO kann aus diesem Grund ebenfalls keine Anwendung finden. Gleiches gilt für die Auslegungsregel des Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen Daten und Termine (vgl. Abl. EG Nr. C 51 vom 29.4.1970, S. 25). Die Auslegungsregeln gelten für Fristen, innerhalb derer eine bestimmte Handlung oder Willenserklärung vorgenommen werden kann oder muss (OLG Düsseldorf, B. v. 14.05.2008 Az.: VII-Verg 11/08). 12.12 Absendung erst nach Entscheidung des zuständigen Gremiums über den Zuschlag 2301 Man muss verlangen, dass das Vorinformationsschreiben erst zu einem Zeitpunkt an die nicht berücksichtigten Bieter abgesandt wird, zu dem das für die Zuschlagsentscheidung berufene Gremium seinen Abwägungsprozess samt interner Zuschlagsentscheidung tatsächlich getroffen hat (1. VK Sachsen, B. v. 23.5.2003 - Az.: 1/SVK/030-03). 12.13 Rechtsfolge des Ablaufs der Frist 2302 Der Ablauf der Frist des § 101a GWB bewirkt nur, dass der Auftraggeber fortan in seinem Vergabeverhalten den Einschränkungen des § 101a GWB nicht mehr unterliegt, d.h. die von ihm beabsichtigte Vergabeentscheidung nunmehr treffen kann, und dass Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 rügewillige Bieter fortan eben damit und folglich auch mit der Gefahr rechnen müssen, dass ein zulässiges Nachprüfungsverfahren nicht mehr eingeleitet werden kann, wenn der Auftraggeber von den ihm durch den Fristablauf eröffneten Möglichkeiten rechtzeitig Gebrauch gemacht hat (OLG Naumburg, B. v. 29.10.2009 - Az.: 1 Verg 5/09). Solange er dies aber nicht getan hat, bewirken weder die Vorabinformation selbst noch das Ende der Frist aus § 101a GWB eine Beendigung des Vergabeverfahrens unmittelbar oder ein Ausscheiden der betroffenen Bieter aus diesem Verfahren (OLG Dresden, B. v. 11.04.2005 - Az.: WVerg 05/05). 12.14 § 101a GWB als „Entäußerungsverbot“ 2303 Versendet der Auftraggeber die Informationsschreiben an einem bestimmten Datum und versendet der Auftraggeber das Zuschlagsschreibens noch innerhalb der Sperrfrist, steht dieses Verhalten dem Inhalt des § 101a GWB entgegen. Das Zuschlagsverbot ist nämlich als Entäußerungsverbot zu verstehen. Der Auftraggeber darf vor Ablauf der Sperrfrist nichts tun, was auch gegebenenfalls nach Ablauf derselben ohne sein weiteres Zutun zum Vertragsschluss führt (1. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 22.01.2008 - Az.: 1 VK LVwA 32/07). 12.15 Angemessenheit der Frist des § 101a GWB 2304 Die Wartefrist des § 101a GWB ist angemessen. Sie entspricht den Fristen der Rechtsmittelrichtlinien (OLG Düsseldorf, B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 11/08). 12.16 Entfall der Informationspflicht (§ 101a Abs. 2) 12.16.1 Änderung durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2305 Die Regelung des Absatzes 2 soll Flexibilität für besonders dringliche Vergabeverfahren schaffen. Für die Vergabeverfahren, bei denen besonders dringliche Gründe außerhalb der Einflusssphäre des öffentlichen Auftraggebers wie z.B. Flutkatastrophen, ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung rechtfertigen, wird klargestellt, dass der öffentliche Auftraggeber dann nicht zu einer vorherigen Information verpflichtet ist. Der Auftraggeber muss in diesen Fällen der Lage sein, die erforderlichen Aufträge sofort zu vergeben, ohne eine Wartefrist einhalten zu müssen. 2306 Die materiellen Voraussetzungen, unter denen eine solche besondere Dringlichkeit bejaht werden kann, ergeben sich aus §§ 3, 3a VOB/A 2006 bzw. VOL/A 2006 und § 5 Abs. 2 VOF. Vgl. insoweit die entsprechenden Kommentierungen. 12.16.2 Rechtsprechung 2306/1 Der Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens, das gemäß § 5 Abs. 2 lit. d) VOF wegen besonderer Dringlichkeit ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 28.03.2010 werden kann, ist zwar nicht verpflichtet, eine Bieterinformation gemäß den Vorgaben des § 5 Abs. 1 zu erteilen. Bei einer beabsichtigten Direktvergabe ohne jede Formalität handelt es sich aber nicht um ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung, sondern um eine De-facto Vergabe, bei der sämtliche vergaberechtlichen Anforderungen und Förmlichkeiten unbeachtet geblieben sind. Die in § 5 Abs. 2 lit. d) VOF vorgesehene Möglichkeit, auf die Bekanntgabe zu verzichten, ermöglicht dem Auftraggeber nicht, in diesen Fällen auch von der Durchführung eines förmlichen Verhandlungsverfahrens abzusehen und eine De facto-Vergabe einzuleiten. Ebenso wenig gestattet § 101 a Abs. 2 GWB dem Auftraggeber, im Rahmen einer De facto-Vergabe auf die Bieterinformation zu verzichten (OLG Düsseldorf, B. v. 01.10.2009 - Az.: VII-Verg 31/09). 12.17 Literatur 2307 • • • • • • • Braun, Joachim, Zur Wirksamkeit des Zuschlags von kartellvergabewidrig nicht gemeinschaftsweit durchgeführten Vergabeverfahren der öffentlichen Hand, NvWZ 2004, 441 Hoffmann, Jens, Der materielle Bieterbegriff im Kartellvergaberecht - Eine Betrachtung am Beispiel des § 13 VgV, NZBau 2008, 749 Jasper, Ute / Pooth, Stefan, de-facto-vergabe und Vertragsnichtigkeit, ZfBR 2004, 543 Klingner, Matthias, Die Vorabinformationspflicht des öffentlichen Auftraggebers – effektiver Rechtsschutz gegen Zuschlagsentscheidung und Aufhebung der Ausschreibung im europäischen und deutschen Vergaberecht, Dissertation, Berlin, 2005 Recker, Engelbert, Unwirksamkeit freihändiger Vergaben – Europäischer Vergaberechtsschutz wird verbessert, Behörden Spiegel Oktober 2007, 26 Rojahn, Dieter, Die Regelung des § 13 VgV im Spiegel der höchstrichterlichen Rechtsprechung, NZBau 2004, 382 Schaller, Hans, Dokumentations-, Informations-, Mitteilungs-, Melde- und Berichtspflichten im öffentlichen Auftragswesen, VergabeR 2007, 394