Niederrhein
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Foto: Stiftung Museum Schloss Moyland. Leben am niederrhein Kulturregion Niederrhein Niederrhein – zu schön, um zuhause zu bleiben Mit einer 3-teiligen Serie möchten wir Ihnen Lust machen auf Ausflugsziele Ihrer Region. In Teil 1 sind wir auf Spurensuche in den Kreisen Kleve und Wesel. 50 Niederrhein Manager 02-03/12 Kulturregion Niederrhein leben am niederrhein W ir lassen den Blick schweifen, soweit das Auge reicht. Denn am Niederrhein gibt es kaum nennenswerte Erhebungen. Doch flach ist der Niederrhein nur aus geografischer Sicht. Die wunderschöne Region hat herausragende Sehenswürdigkeiten genauso zu bieten wie kulturellen Tiefgang. NIEDERRHEIN MANAGER bringt Ihnen einige Aspekte der regionalen Geschichte nahe, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber unterhaltsam aufgereiht an Tipps für erlebenswerte Ausflüge. Haben Sie am Wochenende schon etwas vor? Tauchen Sie ab in den Zauber historischer Stätten, besuchen Sie eine Ausstellung im schönen Schloss Moyland, erobern Sie eine Festung des Alten Fritz oder lassen Sie Ihre Sinne auf Reisen gehen, mit einem richtig guten Buch über Geschichte(n) am Niederrhein. „Niederrhein ist überall“ sagte der Moerser Hanns-Dieter Hüsch. Damit spielte er auf die offene und heitere Gesinnung der Niederrheiner an, die gerne feiern und reisen. Kein Wunder, dass sich die wirtschaftliche, politische und religiöse Entwicklung dieser Region spürbar über die eigenen Gebietsgrenzen hinaus auswirkte. Andererseits ließen sich schon immer gerne Menschen hier nieder, so dass die unterschiedlichsten Einflüsse Bewohner und Geschichte prägten. So besiedelten bereits um 5.500 v. Chr. neusteinzeitliche Bauern den Xantener Raum. Ganz so weit möchten wir hier nicht im Detail zurückblicken. Aber wer auf eine spannende Reise durch zwei Jahrtausende Kirchen- und Die Gründung der Schwanenburg in Kleve reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück (Foto: Kleve Marketing). Kulturgeschichte gehen möchte, der sollte dem StiftsMuseum in Xanten einen Besuch abstatten. Kostbarkeiten aus Gold, Silber, Elfenbein und Edelstein erzählen von der Zeit der Römer, des Mittelalters und der Neuzeit bis zur napoleonischen Herrschaft am Niederrhein. Textilien, Gemälde, Schmuck, Bücher, Urkunden und einzigartige Kirchenschätze dokumentieren die mehr als 1000-jährige Geschichte des St. Viktor-Stiftes. Mit Kind und Kegel Freizeitpark Wisseler See: Ob für einen Tag oder zum Campingurlaub – am Wisseler See garantieren ein Naturfreibad mit Großwasserrutsche, Sandstrand, Spielanlagen, Boots- und Fahrradverleih, Segel- und Tauchschule, Kegel- und Bowlingbahnen etc. Spaß für Jung und Alt (www.wisseler-see.de). Wunderland Kalkar: Das Wunderland Kalkar zeigt die unglaubliche Geschichte von der Verwandlung eines Kernkraftwerkes (welches nie ans Netz gegangen ist!) zu einem der größten Erholungs- und TaINFO gungszentren Deutschlands. Neben Hotels und großzügigen Sporteinrichtungen lockt Kernie’s Familienpark mit Attraktionen wie Achterbahn, Riesenrad oder der Kletterwand am Kühlturm. Geöffnet vom 31. März bis 28. Oktober 2012 (www.wunderlandkalkar.eu). Austern statt Äpfel In Xanten liegt Geschichte zum Greifen nahe. Untrennbar verknüpft mit Xanten sind die Römer, die gravierende Veränderungen in das bis dahin vorherrschende rein ländliche kulturelle Leben brachten. Die ersten in Xanten stationierten Soldaten kamen aus Italien und Südfrankreich. Auf ihre mediterran geprägte Lebensweise wollten sie auch StiftsMuseum · Kapitel 21 46509 Xanten www.stiftsmuseum-xanten.de Tiergarten Kleve: Wildpferd und Wildschwein gehören zu den alten Haustierrassen, die zunehmend vom Aussterben bedroht sind. Der Klever Tiergarten arbeitet eng mit den Zuchtverbänden zusammen, europaweit. So sind hier sogar Somali-Wildesel und kleine Pandas zu bestaunen. Der Tiergarten, eingebettet in eine sehr schöne historische Parklandschaft, beherbergt rund 300 Tiere (www.tiergarten-kleve.de). Terrazoo: Hautnah können Sie und Ihre Kinder Kontakt zu Spinnen, Echsen, Schlangen und weiteren exotischen Tieren aufnehmen. Im Reptilienhaus des Terrazoos in Rheinberg sind neben der Besichtigung auch vielfältige Aktionen buchbar, z.B. Kindergeburtstage oder Abendführungen (www.terrazoo.de). Niederrhein Manager 02-03/12 51 leben am niederrhein Kulturregion Niederrhein vergleichbar hoch hinaus reicht die Schwanenburg (www.schwanenturm.de). Im 11. Jahrhundert auf einer Anhöhe erbaut, verleiht ihr Standort der später entstehenden Siedlung seinen Namen: Aus Cleef (für Kliff, Klippe) wird Kleve. Neben der Schwanenburg lohnt sich auch ein Besuch von Schloss Wissen, südlich von Weeze (www.schlosswissen.de). Seit 500 Jahren ist das romantische Wasserschloss Stammsitz der Familie von Loë und einer der bedeutendsten Adelssitze am Niederrhein. Stattlich zeigt sich auch das in einem dreiteiligen Ensemble ehemaliger Kurbauten untergebrachte Museum Kurhaus Kleve. In den 90er Jahren dieses Jahrhunderts aufwändig umgebaut, beeindruckt hinter den klassizistischen und wilhelminischen Mauern heute ein meisterliches Zusammenspiel denkmalwürdiger Bausubstanz mit neuer Architektur – der perfekte Rahmen für mo- hier nicht verzichten. Grundnahrungsmittel importierten sie genauso wie Luxusgüter aus Italien, Spanien, Griechenland, aus der Türkei und dem östlichen Mittelmeer. Sogar Austern gehörten zu den Speisen der Soldaten. Die Römer brachten nicht nur neue Sitten, sondern auch neue Technologien mit, zum Beispiel die Steinbauweise. Vor allem im Bereich der militärischen Anlagen zeigte sich die römische Okkupation. Aus den beeindruckenden Kastellen entstanden später Städte wie Xanten, Dormagen oder Neuss. Überall hinterließen die Römer Spuren. Ausgegraben oder rekonstruiert sind Teile davon im Archäologischen Park Xantens, kurz APX. Rund vierhundert Jahre lang war Xanten einer der bedeutendsten römischen Orte in Germanien. An die zehntausend Menschen wohnten in der imposanten Stadt, die Kaiser Trajan um 100 n. Chr. zur Colonia Ulpia Traiana ernannte. Auf deren Gelände finden sich heute Ausgrabungen und Rekonstruktionen römischer Bauwerke. „Römerpark“ und das LVR-RömerMuseum im APX zeigen mit einer reizvollen Kombination aus antiken Fundstücken und modernen Medien, wie die Römer vor 2000 Jahren lebten. Museum und APX bieten ein umfangreiches Programm für Kinder und Erwachsene. Im Laufe des 3. Jahrhunderts machen sich Vorboten der großen europäischen Völkerwanderungen bemerkbar. Nach längeren Unruhen wird die Colonia gegen Ende des 3. Jahrhunderts schließlich von den Franken überrannt und zerstört. Der Verlauf der Geschichte bleibt unruhig. Zeitzeichen setzen u. a. Karl der Große (772-804), die Normannen (Wikinger), der Vertrag von Verdun (843) und Otto I. Die Region leidet unter Erbstreitigkeiten, Glaubensdifferenzen und Krisen, bis der Niederrhein unter den Grafen von Kleve im 13. und 14. Jahrhundert umfangreiche Städtegründungen erfährt. Imposante Kirchen und Klöster entstehen, die vielerorts auch heute noch zu besichtigen sind. Bummeln Sie durch die historischen Stadtkerne von Wachtendonk, Brüggen, Kempen, Kalkar und Rees mit ihren mittelalterlichen Stadtmauern, Burgen und Befestigungstürmen. Für den Niederrhein B.C. Koekkoek-Haus · Koekkoekplatz 1 47533 Kleve www.koekkoek-haus.de Stiftung · Museum Schloss Moyland · Am Schloss 4 47551 Bedburg-Hau www.moyland.de Museum Kurhaus Kleve · Tiergartenstraße 41 47533 Kleve www.museumkurhaus.de Kurztipps nicht nur für Kurztripps (Foto: Annegret Gossens) Kleve: Moderne Theaterstücke produziert das freie XOX-Theater im 3. Stock des ehemaligen Fabrikgebäudes der XOX-Biskuit-Fabrik. www.xox-theater.de Kranenburg: Der Mühlenturm war Teil der ab 1395 errichteten Stadtbefestigung von KraTIPPS nenburg und diente bis zum Ersten Weltkrieg als Stadtwindmühle. Heute wird das Gebäude als Museum genutzt. www.geschichteimturm.de Moers: Das im Herzen der Stadt Moers liegende, aus einer mittelalterlichen Burg entstandene Schloss beherbergt das Grafschafter Museum und das Moerser Schlosstheater. Sehenswert: der zum Schloss gehörende romantische Park mit Freizeitpark und Japanischem Garten. www.grafschafter-museum.de Kleve/Groesbeek: Ein Ausflug der besonderen Art – mit der Grenzland-Draisine vom charmanten Städtchen Groesbeek über Kranenburg bis nach Kleve, 5 Kilometer. Für Ausgiebige gibt es auch noch die 10-Kilometer-Variante mit Zielort Kleve. www.kleve-tourismus.de 52 Niederrhein Manager 02-03/12 Geschichte(n) vom Niederrhein Das kleine Buch vom Leben am Niederrhein, Christian Behrens, Sabine Abel, Mercator Verlag. Niederrheiner sind Meister der Fantasie. Da sie immer wieder tagelang im niederrheinischen Nebel sitzen, müssen sie sich - weil einfach nichts zu sehen ist – schon etwas einfallen lassen. Und so hat TIPP auch der niederrheinische Humor einen besonders weiten Horizont. Die heiteren Gedichte und kleinen Texte von Christian Behrens verbinden sich mit den luftigen Aquarellen von Sabine Abel zu einem lockeren Reigen, augenzwinkernd, voller Lebenslust und mit dem Blick für die kleinen Schönheiten des Alltags. Kulturregion Niederrhein leben am niederrhein derne Kunst. Seit Februar und bis zum 20. Mai 2012 zeigt das Museum anlässlich des zehnjährigen Todestages des Malers Raimund Girke eine rund 40 Arbeiten umfassende Präsentation. Einmal in Kleve sollten Sie sich das B.C. Koekkoek-Haus nicht entgehen lassen, eine architektonische Kostbarkeit, die zu den bedeutendsten Denkmälern des 19. Jahrhunderts am Niederrhein gehört. Auch in diesem Gebäude befindet sich ein überregional beachtetes Museum (www.koekkoek-haus.de). Napoleon und der Alte Fritz mit, weit bevor in Holland die erste Windmühle stand. Sehenswert ist der exakt angelegte barocke Klostergarten mit seiner markanten Terrassenanlage (www.kloster-kamp.de). Extrem verheerende Folgen hatte der 2.Weltkrieg, in dem Städte wie Wesel oder Emmerich sehr stark zerstört wurden. Noch gut erhalten ist in Wesel der historische Marktplatz. Sicherlich lohnt sich aber auch ein Rundgang durch die Anfang dieses Jahrhunderts errichtete Bergarbeitersiedlung Kamp-Lintforts, heute eine vorbildlich restaurierte Kolonie mit dem schönen Beinamen „Gartenstadt“. Wer sauber und ohne Helm „in die Tiefe“ gehen möchte, der ist im Geologischen Museum bestens aufgehoben. Über 18.000 Belegstücke – Fossilien, Gesteine und Mineralien – vermitteln einen imposanten Einblick in die seit 1907 im Bereich der Kamp-Lintforter Zeche Friedrich Heinrich erbohrten, durchteuften und erschlossenen Erdschichten. Die Adligen und Reichen am Niederrhein ließen sich imposante Schlösser bauen. Diese befinden sich oft noch in Familienbesitz. Einige sind beliebte Ausflugsziele mit zum Teil herrlichen Parkanlagen. So auch das Schloss Moyland, heute ein Museum für moderne und zeitgenössische Kunst und ein internationales Forschungszentrum zu Joseph Beuys. Der weltweit größte Komplex mit Arbeiten des Künstlers stellt das Zentrum der Sammlung dar. Mit seinem vielfältigen Ausstellungs- und Veranstaltungsangebot sowie dem historischen (Wasser-)Schlossensemble inmitten der weitläufigen Gartenanlage ist das Museum ein Anziehungspunkt von internationaler Bedeutung. Klein, aber fein und ebenfalls international geprägt: der Skulpturenpark in Viersen. In 20 Jahren entstand rund um die Städtische Galerie im Park eine einzigartige Skulpturensammlung, an der sich renommierte Künstler mit zum Teil aufwändigen Werken beteiligt haben (www.heimatverein-viersen.de). Die Territorien am Niederrhein bekamen 1794 als erste die durch die Französische Revolution verursachten Veränderungen zu spüren. Nach 1806 gehörten alle ehedem preußischen Besitzungen in Nordwestdeutschland dem französischen Staat an oder unterlagen für zwei Jahrzehnte seinem Einflussbereich. Das Preußen-Museum Wesel vermittelt einen umfassenden Eindruck von der rheinisch-preußischen Geschichte. Schon die Räumlichkeiten sind einen Besuch wert. Das ehemalige „Körnermagazin“ (Getreidedepot) der Zitadelle, das um 1835 erbaut wurde, ergänzt sich perfekt mit dem mit der Zitadelle verbundenen Glasanbau. Bis zum 24. Juni 2012 widmet sich zudem eine Sonderausstellung der zeitgenössischen Kunst Chiles (www.preussenmuseum.de). Neben dem Preußen-Museum und dem imposanten Willibrordi-Dom lassen sich Anziehungspunkte im schönen Umland auch beschaulich mit dem Fahrrad erschließen. Z.B. die erstmals 1334 erwähnte Burg Diersfordt, ursprünglich im Besitz der Ritter von Hessen. Heute kann man im Schloß Diersfordt stilvoll tagen und feiern. Im Sommer lockt ein schöner Biergarten (www.schlosshotel-diersfordt.de). Auch die Niederrheiner haben ihr „Sanssouci“, das Kloster Kamp, 1123 als erstes Zisterzienserkloster auf deutschem Boden gegründet, entwickelte sich Kamp in kürzester Zeit zum geistigen Zentrum der Region. Von hier aus wurden über hundert weitere Zisterzienserklöster gegründet und viele kulturelle Neuerungen geschaffen. So brachten die Mönche unter anderem das Wissen um Windkraftnutzung Perspektivenwechsel, von Schwarz zu Grün: Der Niederrhein bietet viel Natur und hervorragende Freizeitangebote. Zwischen Moers und Geldern erwartet der Volkspark Oermter Berg mit zahlreichen Angeboten wie Tiergehegen und Grillplätzen seine Besucher. Die Ausstellung der Naturkundlichen Sammlung Niederrhein am Fuß des Oermter Berges vermittelt Wissenswertes über die Geschichte dieser wunderschönen Region (www.volkspark-oermter-berg.de). Ulrike Kossessa Preußen-Museum NRW · An der Zitadelle 14-20 46483 Wesel www.preussenmuseum.de Geologisches Museum Kamp-Lintfort (im Schulzentrum) Moerser Straße 167 · 47475 Kamp-Lintfort www.geologisches-museum-kamp-lintfort.org LVR-Archäologischer Park · Am Rheintor LVR-RömerMuseum · Siegfriedstraße 39 46509 Xanten · www.apx.lvr.de Grüne Oase vor den Toren des Reviers (Foto: Axel Thünker DGPh). Savoir vivre Niederrhein Manager 02-03/12 53