Bücherbrief Nr. 26 - Bücherstube Fuhlsbüttel
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Bücherbrief Nr. 26 - Bücherstube Fuhlsbüttel
Herbst 2013 Nachtrag Bücherbrief 26 Bücherstube Fuhlsbüttel Romane Lukas Hartmann: Abschied von Sansibar Empfohlen von Torsten Lager Emily Ruete, geboren auf Sansibar, begraben in Ohlsdorf. Von der arabischen Prinzessin zur verarmten Kaufmannswitwe, ein Schicksal, in dem man das 19. Jahrhundert spiegeln kann. Lukas Hartmann geht noch einen Schritt weiter, indem er die Geschichte der Familie aus der Sicht des Sohnes erzählen lässt und so auch das 20. Jahrhundert noch in den Blick bekommt. Als junge Prinzessin verliebt sich Salme von Sansibar in den Hamburger Kaufmann Heinrich Ruete, der auf der Insel vor Afrika arbeitet. Sie wird schwanger und brennt mit ihm durch. So ist sie für immer gebrandmarkt, denn einen Weg zurück an den streng muslimischen Hof gibt es nicht. Tragischerweise stirbt ihr Mann in Hamburg schon bald bei einem Unfall. Die ordentliche hanseatische Familie verweigert ihr das Erbe. So sitzt die junge Frau mit ihren drei Kindern im deutschen Kaiserreich zwischen allen Stühlen. Lukas Hartmann lässt in seinem ruhig geschriebenen Roman den Sohn Said zurückblicken. Durch eine gute Heirat war es ihm möglich, seinen Ambitionen als Philantrop zu folgen und seinen Teil dazu beizutragen, dass sich Tragödien wie der Erste Weltkrieg nicht wiederholen. Vergeblich, wie man heute weiß. Auch die Geschichte seiner Schwestern wird erzählt, die recht verschiedene aber doch sehr typische Vertreter des deutschen Kaiserreichs heirateten (eine wurde als Verfasserin eines Kochbuchs für Frauen in den Kolonien recht berühmt). Ein schönes und hochinteressantes Buch über eine Familie, die es wirklich gab. Und über einen Teil der deutschen Geschichte, der nicht so bekannt ist. Diogenes; € 22,90 ISBN 978-3-257-06867-2 329 Seiten Ian McEwan: Honig Aus dem Englischen von Werner Schmitz Empfohlen von Torsten Lager Es ist ein Genuss, wenn man als Leser gleich beim ersten Satz merkt, dass hier ein Autor am Werke ist, der genau weiß, was er tut. Bei William Boyd geht es mir regelmäßig so, bei Jonas Jonasson konnten wir es sehen – und bei Ian McEwan können wir uns auch immer darauf verlassen. England zurzeit des Kalten Krieges: Serena Frome hat ein klares Weltbild und weiß, wo das Böse zu finden ist. Obwohl sie eine passionierte Leserin ist, studiert sie Mathematik, mäßig erfolgreich, und landet über eine Affäre mit einem Professor beim Inlandsgeheimdienst MI5. Allerdings ganz unspektakulär in der Ablage. Eines Tages jedoch scheint ihr Tag gekommen. Der Dienst will mit dem Programm „Honig“ die geistige Stimmung im Lande (konservativ) beeinflussen, indem er genehme Schriftsteller fördert, natürlich nicht offiziell. Eine Mitarbeiterin soll sich also einem jungen Talent nähern, es auskundschaften und ggf. ein Stipendium andienen. Wer ist dafür geeigneter als Serena Frome? Gerne übernimmt sie die Aufgabe, nur merkt sie schnell, dass sie an dem Auserwählten mehr als ein rein berufliches Interesse hat... Wie wird sie IHRE Geschichte durchhalten können? Wo beginnt eigentlich die Fiktion, wo endet Wahrheit? Ein ungewöhnlicher Spionageroman. Diogenes; € 22,90 ISBN 978-3-257-06874-3 464 Seiten Herbst 2013 Nachtrag Bücherbrief 26 Bücherstube Fuhlsbüttel Jojo Moyes: Eine Handvoll Worte Aus dem Englischen von Marion Balkenhol Empfohlen von Constanze Hell Stellen Sie sich vor, Sie haben die Liebe Ihres Lebens gefunden und können sich nicht mehr daran erinnern! In diesem zauberhaften Liebesroman geht es um zwei Frauen und ihre Liebesgeschichten mit unterschiedlichem Ausgang! Die Rahmenhandlung spielt 2003: Ellie, die in einer unglücklichen Beziehung zu einem verheirateten Mann steckt, soll für die Wochenendbeilage ihrer Zeitung etwas über die Liebe vor 50 Jahren schreiben. Sie findet im Archiv in einer Mappe einen berührenden Liebesbrief, in dem ein Mann eine Frau bittet, für ihn alles aufzugeben und mit ihm zu kommen. Ellie fängt an zu recherchieren.... 1960 hat Jennifer nach einem schweren Autounfall mit großen Gedächtnislücken zu kämpfen. Die Rückkehr in ihr Leben in der Londoner High Society fällt ihr schwer, ihr reicher Ehemann ist ihr seltsam fremd. Dann findet sie in ihren Sachen Liebesbriefe eines ihr unbekannten Mannes, an den sie sich nicht recht erinnern kann, aber sie kann doch auch niemanden fragen! So allmählich puzzelt sie sich ihr altes Leben und die geheimnisvolle Liebe zusammen. Wird Jennifer ihr Glück finden? Rowohlt; € 14,99 ISBN 978-3-499-267765 592 Seiten Kriminalroman Dennis Lehane: In der Nacht Aus dem Englischen von Sky Nonhoff Empfohlen von Axel Kuckuk „Joseph, Gewalt gebiert Gewalt. Das ist ein Naturgesetz. Was du in die Welt setzt, kehrt immer zu dir zurück.“ Wieder und wieder schärft Thomas Coughlin, stellvertretender Polizeichef von Boston, seinem jüngsten Sohn diese Worte ein. Trotzdem – oder gerade deswegen – legt Joe Coughlin eine Bilderbuchkarriere als Gangster hin. Sie beginnt im Jahr 1926. Als kleiner Handlanger des Bostoner Syndikats landet Joe durch Verrat für zwei Jahre im Charlestown State Prison, wo er zum Gefolgsmann des Mafiabosses Maso Pescatore avanciert. Zwangsweise erlernt er im Zuchthaus das Handwerk und die Methoden, mit denen er nach seiner Entlassung ein Gangsterimperium aufbaut, das nahezu ganz Florida beherrscht. Skrupellos beseitigt er seine Gegner, mit seiner überlegenen Intelligenz kommt er allen zuvor, die ihn stürzen wollen. Leichen pflastern seinen Weg. Dennis Lehanes Roman ist aber mehr als nur eine spannende Gangsterstory und sein Protagonist Joe Coughlin mehr als nur ein zwielichtiger Gangsterboss. Er weiß um das Böse in seiner Persönlichkeit, und diese Erkenntnis plagt ihn mit Albträumen. Aber er akzeptiert dies, weil er nur im Bunde mit dem Bösen die Möglichkeit sieht, auch Gutes zu erschaffen. Ich habe dieses Buch verschlungen. Abschnitte von atemberaubendem Tempo wechseln sich ab mit nachdenklichen Passagen und lebendigen Schilderungen des Amerika der Prohibitionszeit. Die ausgeprägten Charaktere der Romanfiguren und die brillianten Dialoge erinnern mich an Filmklassiker wie „Der Malteserfalke“, „The Big Sleep“ oder „Key Largo“. Wäre Dennis Lehanes Roman vor 70 Jahren erschienen, hätte man ihn vermutlich mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle verfilmt. Ein mitreißendes Gangsterepos mit Tiefgang! Diogenes; € 22,90 2 ISBN 978-3-257-06872-6 592 Seiten