Königsdisziplin der Autolackierer: Die
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Königsdisziplin der Autolackierer: Die
Königsdisziplin der Autolackierer: Die Reparaturlackierung Nie wird das Auto vom Kunden so genau unter die Lupe genommen, wie dann, wenn es vom Carrossier zurückkommt. Gibt’s Farbunterschiede zwischen den reparierten Teilen und den unbelassenen? Damit dem nicht so ist, muss der Autolackierer sein ganzes Können aufwenden. Die Reparaturlackierung gilt als die Königsdisziplin der Autolackierer. Die besondere Schwierigkeit der Reparaturlackierung liegt darin, dass sie unter völlig anderen Umständen zustande kommt als die Serienlackierung beim Autohersteller. Im Werk lackiert ein Roboter aufs Minimum reduzierte Schichtdicken bei konstanten klimatischen Bedingungen. Im Reparaturbetrieb kann der Farbauftrag der Roboter, die mit unterschiedlichsten Düsen und zum Teil mit Rotationsglocken bestückt sind oder wo die zu lackierenden Teile elektrostatisch geladen sind, nicht imitiert werden – es wird von Hand lackiert. Die einzelnen Schichten sind wesentlich dicker, variieren in der Schichtdicke natürlich stärker als die vom Roboter angebrachte Lackierung, und die klimatischen Bedingungen bewegen sich in einer relativ grossen Bandbreite. Zudem wird bei der Werkslackierung oft bereits die Grundierung im Basisfarbton eingefärbt, um Material zu sparen. Das alles wirkt sich stark auf den schliesslichen Farbton aus. Was die Arbeit des Autolackierers im Reparaturbetrieb auch erschwert ist die Tatsache, dass bei der Farbtonfindung einer Reparaturlackierung der Toleranzwert gegenüber der bestehenden Serienlackierung bei null liegen muss, um zu verhindern, dass ein Farbtonunterschied zu unbehandelten Teilen auszumachen ist. Im Gegensatz dazu herrscht beim Hersteller eine relativ grosse Toleranz, was den Farbton eines Modells betrifft. Die Autos kommen zum Teil aus unterschiedlichen Werken, wo unterschiedliche Roboter und Spritzdüsen eingesetzt werden. Allein auf einen Farbcode kann sich der Autolackierer im Reparaturbetrieb also nicht verlassen. Auch steht den Herstellern im Werk im Vergleich zum Mischfarben-Sortiment im Reparaturbetrieb eine wesentlich höhere Auswahl an Pigmenten für die Herstellung eines Farbtones zur Verfügung. Das Verhältnis dürfte etwa 20:1 zu Gunsten des Herstellers betragen. Und letztlich macht es auch das heutige Fahrzeugdesign einem Autolackierer nicht einfacher, eine perfekte Reparaturlackierung zu realisieren. Früher gab‘s Zierleisten über die ganze Fahrzeuglänge, Stossstangen, die sich deutlich von der Karosserie abhoben und grössere Spaltmasse. Alles optische Trennungen einzelner Karosserieabschnitte, die allfällige Farbunterschiede kaschieren konnten. Heute sind die Stossstangen in der Regel in Wagenfarbe lackiert und schliessen direkt an die Karosserie an. Zierleisten sind verschwunden und die Spaltmasse sind so geschrumpft, dass einzelne Karosseriebauteile optische wie eine grosse Fläche wirken. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass heute bei einer Reparaturlackierung sehr oft nicht nur das beschädigte Karosserieteil lackiert werden kann, sondern auch in angrenzende Bauteile beilackiert werden müssen, in besonders schwierigen Fällen sogar eine ganze Fahrzeugseite. Das ist etwa bei Lackierungen mit Perleffekt der Fall oder bei Mattlackierungen. Beispiel aus der Praxis: Ein Kunde bringt uns eine Infiniti-Limousine in die Reparatur (Bj. 2012, Modell m35h). Das Auto ist in Perlweiss Glanz lackiert. Das Problem war eine kleine Delle in der Seitenwand links und ein Schaden an der Stossstange vorne rechts. Die Reparaturlackierung betraf natürlich die Stossstange vorne und die ganze linke Wagenseite mit Kotflügel, beiden Türen, Schweller, Dachrahmen und Seitenwand. Grund war in diesem speziellen Fall, dass diese Lackierung in drei Schichten aufgebaut ist: Farbton, Perleffekt, Klarlack. Dabei ist die Schicht mit dem Perleffekt nicht voll deckend, eher eine Lasur. Deshalb war ein Beilackieren nur der angrenzenden Teile nicht möglich, da die Schicht mit dem Perleffekt sonst zu stark deckend geworden wäre, was optisch einen anderen Farbton zum Resultat gehabt hätte. Folglich musste die ganze Seite, also alle gleich stehenden Teile angrenzend zum beschädigten Karosserieteil neu lackiert werden. Mit „gleich stehend“ ist gemeint, alle senkrecht stehenden Teile. Der Grund ist der Lichteinfall, der auf alle senkrecht stehenden Teile immer gleich ist. Dadurch erscheint der Farbton dieser Teile optisch auch identisch (sofern er es wirklich ist) – die kleinste Farbdifferenz würde ins Auge springen. Anders verhält es sich mit ungleich zueinander stehenden Karosserieteilen wie z.B. Motorhaube und Kotflügel. Bei gleichzeitiger Betrachtung wird der Farbton dieser Bauteile immer unterschiedlich wahrgenommen. Dies weil der Lichteinfall auf diese Oberflächen anders ist. Mattlackierungen Ähnlich heikel sind Instandstellungen matt lackierter Fahrzeuge. Hier ist Beilackieren nur angrenzender, gleich stehender Teile nie möglich. Lackiert werden müssen immer ganze Fahrzeugseiten. Ausserdem kann bei einer matten Lackierung kein Finish gemacht werden. Will heissen, wenn’s auch nur einen Staubeinschluss gibt, beginnt der Lackierer wieder von vorne. Grund: Es kann nichts rauspoliert werden, weil sonst Glanz entsteht. Unser Tipp für Liebhaber von mattem Look am Fahrzeug: Lassen Sie es von uns folieren. Mit einer Mattlackierung tun Sie sich keinen Gefallen. Die Mikroskop-Kamera bringt alles ans Licht Ein Lack kann nicht immer restlos von Auge beurteilt werden. Um auch feinste Unreinheiten oder Unregelmässigkeiten zu erkennen, haben wir eine Mikroskop-Kamera, mit der Aufnahmen von der Lackoberfläche in bis zu 700-facher Vergrösserung gemacht werden können. Im Bild sehen wir typische Waschstrassenkratzer auf der Oberfläche eines schwarz-metallic lackierten Fahrzeuges in 500-facher Vergrösserung. Von blossem Auge erscheint der Lack hingegen makellos.