FAQ PROSTITUTION 2012

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FAQ PROSTITUTION 2012
Dies ist eine Veröffentlichung des niederländischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten.
FAQ PROSTITUTION 2012
Fragen und Antworten zur Rechtslage in den Niederlanden
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Ist Prostitution in den Niederlanden legal?
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Was regelt Artikel 273f Strafgesetzbuch?
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Welche Strafen werden verhängt?
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Wie sieht die Praxis aus?
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Warum wurde das Bordellverbot im Jahr 2000 aufgehoben?
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Hat sich die Situation der Prostituierten nach der Aufhebung des Bordellverbots
verbessert?
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Wer kontrolliert die Einhaltung der Genehmigungsauflagen?
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Kann eine Gemeinde Prostitutionsbetriebe verbieten?
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Darf die Polizei eine Liste aller ihr bekannten Prostituierten anlegen?
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Was wird auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes getan?
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Welche Formen von Prostitution gibt es?
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Wie viele Prostituierte arbeiten in den Niederlanden, und aus welchen Ländern
stammen sie?
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Welche arbeitsrechtlichen Folgen hat die Legalisierung?
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Welche Folgen hat die Legalisierung für die soziale Sicherheit?
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Wie werden die Steuern und Sozialabgaben erhoben?
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Inwiefern unterstützt die niederländische Prostitutionspolitik die Bekämpfung des
Menschenhandels?
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Dies ist eine Veröffentlichung des niederländischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten.
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Unter welchen Voraussetzungen dürfen ausländische Prostituierte legal in den
Niederlanden arbeiten?
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Erhalten Opfer von Menschenhandel Hilfe?
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Welche Interessenorganisationen und sonstigen Einrichtungen befassen sich mit
Fragen der Prostitution?
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Dies ist eine Veröffentlichung des niederländischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten.
Hintergrund
Im Jahr 2000 wurde in den Niederlanden das allgemeine Bordellverbot aufgehoben und
somit das Prostitutionsgewerbe entkriminalisiert. Mit der Aufhebung des Bordellverbots
wurden zwei Ziele angestrebt: einerseits die Regulierung der genehmigten Sexunternehmen, um so den Sektor im Allgemeinen und die Position der Prostituierten im Besonderen zu verbessern, und andererseits ein strengeres Vorgehen gegen nicht genehmigte Betriebe, um effektiver gegen Missstände vorgehen zu können.
Ein Hauptziel der Prostitutionspolitik ist die Bekämpfung der Zwangsprostitution. Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung war auch schon vor 2000 verboten;
verantwortlich für die Durchsetzung dieses Verbots waren Polizei und Staatsanwaltschaft. Es gab Protokolle, Strategiepläne und spezielle Richtlinien für die Bekämpfung
des Frauenhandels im Zusammenhang mit der Prostitution.
Die Prostitutionspolitik fällt in die Zuständigkeit des Ministeriums für Sicherheit und Justiz; außerdem sind beteiligt das Innen-, Sozial-, Bildungs-, Gesundheits- und Außenministerium.
Derzeit liegt dem Senat, der zweiten Parlamentskammer, ein Gesetzentwurf zur Beratung
vor, der die Prostitutionsbranche regulieren und die Bekämpfung von Missständen in der
Sexbranche, insbesondere auch des Menschenhandels, intensivieren soll. Das Gesetz tritt
voraussichtlich Anfang 2013 in Kraft.
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Dies ist eine Veröffentlichung des niederländischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten.
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Ist Prostitution in den Niederlanden legal?
Prostitution als solche war und ist in den Niederlanden nicht strafbar. Zwangsprostitution
und die Prostitution Minderjähriger steht dagegen unter Strafe. Früher war auch der Betrieb eines Bordells strafbar. Das hat sich mit dem Inkrafttreten einer entsprechenden Gesetzesänderung am 1. Oktober 2000 geändert. Kern der Neuregelung war die Streichung
der Artikel 250bis und 432 Strafgesetzbuch und damit die Aufhebung des generellen
Bordellverbots und des Verbots der Zuhälterei. Seitdem ist der Betrieb von Sexunternehmen, in denen volljährige Prostituierte freiwillig ihrem Gewerbe nachgehen, nicht
mehr strafbar, wenn der Betreiber eine Genehmigung besitzt (sofern diese vorgeschrieben
ist) und die geltenden Bestimmungen beachtet. Übrigens sieht der Gesetzentwurf zur Regulierung der Prostitution und zur Bekämpfung von Missständen in der Sexindustrie eine
Genehmigungspflicht vor, mit der die bestehenden Unterschiede zwischen den Gemeinden beseitigt werden sollen. Das bedeutet, dass Sexclubs, Fensterprostitution, Privatclubs
und Escortagenturen legal sind, solange die von der Gemeinde vorgegebenen Auflagen
erfüllt werden. Infolge dieser Legalisierung sind die Niederlande eines der ersten Länder,
in denen die freiwillige Prostitution Volljähriger formell als reguläre Beschäftigung gilt.
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Was regelt Artikel 273f Strafgesetzbuch?
Artikel 273f Strafgesetzbuch stellt Ausbeutung von Personen durch Prostitution und andere Formen sexueller Ausbeutung unter Strafe.
Außerdem sind danach auch Arbeitsausbeutung und Sklaverei sowie die Entnahme von
Organen oder das Herbeiführen der Organspende unter Zwang oder durch Irreführung
strafbar.
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Welche Strafen werden verhängt?
Mit einer Freiheitsstrafe von bis zu acht Jahren wird bestraft, wer
 eine andere Person zwingt, der Prostitution nachzugehen;
 eine minderjährige Person der Prostitution zuführt;
 eine Person anwirbt, mitnimmt oder entführt, um sie in einem anderen Land der Prostitution zuzuführen (analog zu dem Verbot nach dem 1933 in Genf geschlossenen
Übereinkommen zur Unterdrückung des Handels mit volljährigen Frauen);
 aus Zwangsprostitution oder aus der Prostitution Minderjähriger Profit zieht;
 eine andere Person zwingt, ihm aus dem Ertrag der Prostitution Vorteile zu verschaffen.
Bei strafverschärfenden Umständen kann das Strafmaß auf 12 Jahre erhöht werden. Solche Umstände liegen vor, wenn das Opfer unter 16 Jahre alt ist oder die Straftat von zwei
oder mehr Personen begangen wird.
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Bei schwerer Körperverletzung oder Lebensgefahr wird das Strafmaß auf bis zu 15 Jahre
und bei Todesfolge auf bis zu 18 Jahre festgesetzt.
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Wie sieht die Praxis aus?
Zwar wurde in den Niederlanden zum 1. Oktober 2000 das allgemeine Bordellverbot
aufgehoben, es wurde damals jedoch noch kein landesweit geltendes Prostitutionsgesetz
eingeführt. Das soll nun mit dem vorgelegten Gesetzentwurf zur Regulierung der Prostitution geschehen. Die Formulierung und Umsetzung der Prostitutionspolitik wurde bewusst den Kommunen überlassen, damit jeweils den örtlichen Gegebenheiten Rechnung
getragen werden kann. Die Kommunen können – bzw. müssen, wenn der Gesetzentwurf
unverändert angenommen wird – die Voraussetzungen festlegen, unter denen Bordelle in
ihrem Gebiet genehmigt werden können. Wer ein Bordell betreiben will und bestimmte
Voraussetzungen erfüllt, kann die erforderliche Genehmigung beantragen. Der Verband
Niederländischer Gemeinden VNG hat hierzu eine Modellsatzung für Bordelle, Sexshops, Straßenprostitution usw. erarbeitet.
Durch entsprechende Vorgaben, u. a. im Rahmen der Bauleitplanung, können die Gemeinden auch Einfluss auf den Standort von Bordellen nehmen. Ein Bordell darf sich
nicht störend auf das Wohn- und Lebensumfeld in dem betreffenden Viertel auswirken.
Bei den Vorschriften über die Einrichtung eines Bordells geht es um Aspekte wie die
Mindestgröße der Zimmer, Brandschutz, Sicherheit (Notruf) und Hygiene (so müssen in
den Zimmern Waschgelegenheiten mit fließendem warmem und kaltem Wasser vorhanden sein und Kondome zur Verfügung stehen).
Die Vorschriften in Bezug auf die Betriebsführung betreffen zum einen die Rechtsstellung und den Status der Prostituierten (Schutz der körperlichen und seelischen Unversehrtheit, kein Zwang, keine minderjährigen Prostituierten oder Prostituierten ohne gültigen Aufenthaltstitel) und sollen zum anderen dafür sorgen, dass die Anwohner nicht unzumutbar belästigt werden.
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Warum wurde das Bordellverbot im Jahr 2000 aufgehoben?
1911 wurde in den Niederlanden das Bordellverbot eingeführt. Hauptziel war es, die
Prostituierten vor Ausbeutung zu schützen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat
der niederländische Staat die Ausübung dieses Gewerbes dann immer offener geduldet.
So wurde nicht gegen Bordelle und Sexclubs vorgegangen, solange dort keine kriminellen Handlungen stattfanden und die öffentliche Ordnung nicht gestört wurde.
Die Niederlande haben sich dafür entschieden, den Buchstaben des Gesetzes der Wirklichkeit anzupassen, um die Missstände in der Prostitution beheben zu können. Das Führen eines Betriebes, in dem Volljährige freiwillig der Prostitution nachgehen, wurde legalisiert, während die strafrechtlichen Maßnahmen gegen die Ausbeutung von Prostituierten
verschärft wurden. Durch Entkriminalisierung der Prostitution erhalten die Behörden
mehr Möglichkeiten, das Prostitutionsgewerbe insgesamt in den Griff zu bekommen und
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zu sanieren. Zugleich können Missstände früher aufgedeckt und entschlossener bekämpft
werden. Dank regelmäßiger Kontrollen kann die Polizei Indizien für Menschenhandel in
der regulierten Prostitution – im nichtregulierten Sektor besteht noch kein optimaler Einblick – frühzeitig erkennen. Dies dient der Bekämpfung von Menschenhandel, sexueller
Nötigung und sexuellem Missbrauch Minderjähriger und liegt im Interesse der Prostituierten. Die Verabschiedung des geplanten Gesetzes zur Regulierung der Prostitution
durch das Parlament wäre ein weiterer Schritt in dieser Richtung; die Genehmigungs- und
Registrierungspflicht soll die Kontrollfunktion der Kommunen stärken. Nach dem aktuellen Gesetzentwurf kann die Kommune ihre Aufgaben im Bereich der Aufsicht nicht mehr
an die Polizei übertragen.
Mit der Aufhebung des Bordellverbots wurden mehrere Ziele verfolgt:
1. Kontrolle und Regulierung der wirtschaftlichen Ausnutzung der Prostitution (Einführung eines Genehmigungssystems durch die Gemeinden)
2. Schutz der Rechtsstellung von Prostituierten
3. Bessere Bekämpfung der Zwangsprostitution
4. Schutz von Minderjährigen vor sexuellem Missbrauch
5. Reduzierung der Zahl Prostituierter ohne gültigen Aufenthaltstitel
6. Herauslösung der Prostitution aus der kriminellen Sphäre
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Hat sich die Situation der Prostituierten nach der Aufhebung des Bordellverbots verbessert?
Mit der Aufhebung des Bordellverbots wurde in mehrerer Hinsicht auch die Position der
Prostituierten gestärkt. Die Gemeinden sorgen im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion für die
Verbesserung der Sicherheit der Prostituierten, der hygienischen Verhältnisse und der
Arbeitsbedingungen in Prostitutionsbetrieben.
So können sie unter anderem vorschreiben, dass Prostituierte nicht gezwungen werden
dürfen, mit den Kunden alkoholische Getränke zu konsumieren, ungeschützten Sex zu
praktizieren oder bestimmte sexuelle Handlungen vorzunehmen. Auch können sie verlangen, dass Gesundheitsdienste und Interessenvertretungen ungehinderten Zugang zu
dem Betrieb haben.
Eine wichtige Änderung, die mit der Aufhebung des Bordellverbots einherging, war die
offizielle Anerkennung der Prostitution als Erwerbstätigkeit. Seither haben Prostituierte
dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen Erwerbstätigen auch. Aufgrund des jahrelangen Verbots und der Duldung durch den Staat haben sich die Arbeitsverhältnisse im
Prostitutionsgewerbe anders entwickelt als in anderen Bereichen. Das Arbeitsverhältnis
zwischen dem Betreiber und den Prostituierten muss schriftlich niedergelegt werden.
Viele Betreiber verzichten allerdings auf Arbeitsverträge und verweisen darauf, dass sie
lediglich Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Prostituierte können diese als Selbständige anmieten; damit ist der Betreiber nicht verpflichtet, Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Der Staat kann allerdings überprüfen, ob tatsächlich kein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, und so gegen Scheinselbständigkeit vorgehen.
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Dies ist eine Veröffentlichung des niederländischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten.
Bei der zweiten Evaluierung der Aufhebung des Bordellverbots im Jahr 2007 wurde deutlich, dass über die Art der Arbeitsbeziehungen in der Prostitutionsbranche Uneinigkeit
besteht. Dabei geht es für die Finanzämter und Sozialleistungsträger vor allem um die
Frage, ob Prostituierte als abhängig Beschäftigte oder als Selbständige arbeiten. Die Prostituierten selbst sehen sich vorzugsweise als Selbständige, nicht als Arbeitnehmerinnen
oder Arbeitnehmer. Und obwohl auch die Bordellbetreiber die Prostituierten lieber als
Selbständige betrachten, herrschen in der Praxis in vielen Betrieben Weisungsverhältnisse vor, die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften auf eine abhängige Beschäftigung
schließen lassen.
Da für die Prostitution nun Regelungen gelten, die auch in anderen Branchen üblich sind,
besteht auch mehr Klarheit über die Rechte der Prostituierten. Betreiber müssen sich an
die Vorschriften des Arbeitsrechts und die Vorschriften im Zusammenhang mit Lohnsteuer und Sozialabgaben halten, soweit sie in diesem Rahmen als Arbeitgeber fungieren.
Der Staat hat für Bordellbetreiber und Prostituierte Broschüren herausgegeben, die unter
anderem Informationen zu den Sozialversicherungen enthalten. Damit soll den Betroffenen die Entscheidung zwischen Selbständigkeit und Beschäftigungsverhältnis erleichtert
werden. Rechte und Pflichten beider Arbeitsformen werden detailliert erläutert.
2002 und 2007 wurde die Aufhebung des Bordellverbots evaluiert. Dabei zeigte sich,
dass sich die Situation in der Prostitutionsbranche nach 2000 zwar verbessert hat, dass
aber schwere Missstände wie Frauenhandel, Prostitution Minderjähriger und Zwangsprostitution noch immer vorkommen. Klar ist aber, dass die Legalisierung eines Gewerbes, das fast hundert Jahre lang illegal war, nicht mit einer einfachen Gesetzesänderung
und einer neuen Politik zu bewerkstelligen ist. So gibt es noch viele offene Fragen bezüglich der Rechte und Pflichten von Prostituierten und Betreibern sowie der Arbeitsverhältnisse. Außerdem muss die Kommunikation mit der Branche verbessert werden. Auch was
den Status der Prostituierten angeht, sind noch viele Probleme zu lösen. Die Empfehlungen im Evaluierungsbericht bieten eine gute Grundlage für die weitere Gestaltung des
Legalisierungsprozesses. Der Gesetzentwurf zur Regulierung der Prostitution und zur
Bekämpfung von Missständen zielt darauf ab, die Situation zu verbessern. Er sieht vor,
die Betreiber von Sexunternehmen zu verpflichten, bei der für sie zuständigen Gemeinde
eine Genehmigung zu beantragen; für Prostituierte soll danach eine Registrierungspflicht
gelten. Der Gesetzentwurf weist den Betreibern von Sexunternehmen eine größere Verantwortung für die Bekämpfung von Missständen sowie für den Schutz und die Stärkung
der Position der für ihn arbeitenden Prostituierten zu. Eine Genehmigung wird nur dann
erteilt, wenn bestimmte Vorschriften zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und des
Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten eingehalten werden. Wer die Dienste von
Prostituierten oder Sexunternehmen in Anspruch nimmt, für die keine Registrierung bzw.
Genehmigung vorliegt, macht sich strafbar. Ebenso machen sich Prostituierte strafbar, die
gegen die Registrierungspflicht verstoßen.
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Wer kontrolliert die Einhaltung der Genehmigungsauflagen?
Es ist Sache der Gemeindeverwaltung, festzulegen, wer die Einhaltung der Genehmigungsauflagen zu überwachen hat. In der Praxis nimmt heute oft noch die Polizei diese
Aufgabe im Auftrag der Gemeinde wahr. Die Richtlinien dafür werden im Rahmen der
regelmäßigen Beratungen zwischen dem Bürgermeister, der Staatsanwaltschaft und dem
Polizeipräsidenten der Gemeinde ausgearbeitet und schriftlich festgelegt. Der Gesetzentwurf zur Regulierung der Prostitution sieht vor, dass die Gemeinden und die Polizei die
Einhaltung ihrer Genehmigungsverfahren kontrollieren müssen; sie sollen diese Aufgabe
also nicht mehr ausschließlich der Polizei übertragen können. Dadurch bleibt der Polizei
mehr Kapazität für die Bekämpfung schwerer Missstände und des Menschenhandels.
Werden die Auflagen nicht erfüllt, kann dies Sanktionen wie die Verhängung von
Zwangsgeldern, die Einziehung der Genehmigung oder die Schließung des Bordells und
sogar strafrechtliche Verfolgung nach Artikel 273f Strafgesetzbuch nach sich ziehen,
wenn es sich um illegale Formen von Prostitution bzw. sexueller Dienstleistung handelt
(siehe auch Frage 2).
Die allgemeine Genehmigungspflicht für Sexunternehmen erleichtert es den Gemeinden
und der Polizei, verwaltungs- und strafrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Das Betreiben
eines Sexunternehmens ohne Genehmigung ist dann verboten; die Betreiber von Sexunternehmen ohne Genehmigung machen sich nach Artikel 1 des Wirtschaftsstrafgesetzes strafbar. Die Gemeinden bestimmen durch Erteilung oder Versagung von Genehmigungen selbst, welche Arten der Prostitution und Sexunternehmen sie innerhalb ihrer
Grenzen zulassen und wie viele Betriebe sich an welchen Standorten niederlassen dürfen.
Sie können also auch beschließen, überhaupt keine Sexunternehmen zuzulassen, wenn
dies zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Qualität des Wohn- und Lebensumfelds
und der Sicherheit und Gesundheit der Prostituierten und ihrer Kunden erforderlich ist.
Auch in diesem Fall sind die Gemeinden für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften und die Ahndung von Verstößen zuständig.
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Kann eine Gemeinde Prostitutionsbetriebe verbieten?
Durch Erteilung oder Versagung von Genehmigungen können die Gemeinden die Ansiedlung und den Standort von Prostitutionsbetrieben beeinflussen. Sie können beispielsweise die Zahl der in ihrem Gebiet zugelassenen Betriebe begrenzen oder die Ansiedlung
an bestimmten Standorten verbieten. Außerdem können sie eine Genehmigung für die
Ansiedlung eines Prostitutionsbetriebs oder bestimmter Formen der Prostitution, etwa der
Fensterprostitution, versagen oder einziehen, wenn



der Lebenswandel des Betreibers zweifelhaft ist (ihm also von der Gemeinde kein
einwandfreies Führungszeugnis ausgestellt werden kann),
ein Versagungs- oder Einziehungsgrund nach Artikel 3 des Gesetzes zur Förderung
von Integritätsprüfungen durch die öffentliche Verwaltung vorliegt,
die Ansiedlung nicht mit dem Flächennutzungsplan vereinbar ist,
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


es Anhaltspunkte für Zwangsprostitution, Minderjährigenprostitution oder Prostitution von Personen gibt, die sich illegal in den Niederlanden aufhalten,
die Versagung der Genehmigung im Interesse der öffentlichen Ordnung liegt,
das Wohn- und Lebensumfeld beeinträchtigt wird.
Ein Verbot aus moralischen oder ethischen Gründen ist nach geltender Rechtslage nicht
möglich. Dies ändert sich durch das neue Gesetz nicht. Nach der Verwaltungsrechtsprechung ist ein Verbot aus rein raumordnerischen Erwägungen zulässig.
Das geplante Gesetz zur Regulierung der Prostitution eröffnet den Gemeinden jedoch die
Möglichkeit, ganz von der Erteilung von Genehmigungen für Prostitutionsbetriebe abzusehen: die sogenannte »Nulloption«. Außerdem können die Gemeinden die Zahl der
Prostitutionsbetriebe in ihrem Gebiet begrenzen.
Auch für die Nulloption gelten jedoch einige Voraussetzungen. So kann sie nur in Bezug
auf Prostitutionsbetriebe zur Anwendung kommen; andere Arten von Sexunternehmen
und nichtgewerblich in der Privatwohnung tätige Prostituierte sind nicht betroffen. Darüber hinaus gilt, dass die Nulloption nur zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zum
Schutz des Wohn- und Lebensumfelds oder im Interesse der Sicherheit und Gesundheit
der Prostituierten oder ihrer Kunden angewendet werden kann.
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Darf die Polizei eine Liste aller ihr bekannten Prostituierten anlegen?
Nein, denn dies würde verschiedenen Gesetzen zuwiderlaufen, die den Schutz personenbezogener Daten garantieren. Allerdings darf im Zusammenhang mit der konkreten
Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe zeitweise eine solche Liste geführt werden,
etwa zur Aufdeckung von Menschenhandel. Dies muss dann aber bei der Datenschutzbehörde angemeldet werden.
Der Gesetzentwurf zur Regulierung der Prostitution erweitert diese Befugnis. In seiner
heutigen Form sieht er die Einrichtung eines landesweiten Registers für Escortagenturen
vor, da diese auf überregionaler Ebene tätig sind. Für Prostituierte wird eine Registrierungspflicht eingeführt. Die Registrierung erfolgt über die betreffenden Gemeindeverwaltungen in einem landesweiten System, zu dem nur die zuständigen Behörden Zugang haben. Nach der aktuellen Rechtslage sind Prostitutionsunternehmen und selbständig arbeitende Prostituierte nur verpflichtet, sich beim Finanzamt und der Industrie- und Handelskammer anzumelden – diese Verpflichtung wird auch nach dem neuen Gesetz bestehen
bleiben –, was dazu führt, dass eine große Gruppe dem Einflussbereich von Polizei und
Hilfsorganisationen entzogen bleibt. Dies wird sich durch die Registrierungspflicht ändern.
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Was wird auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes getan?
Die Gemeinden müssen gewährleisten, dass die Prostituierten freien Zugang zu den Einrichtungen des Gesundheitswesens haben. Im Vordergrund stehen dabei Niedrigschwelligkeit und die Vermeidung jeglichen Zwangs. Zuallererst ist es natürlich an den Prostituierten selbst, an ihren Interessenvertretungen und an den jeweiligen Betreibern der Etablissements, für gute und gesundheitlich unbedenkliche Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Die Gemeinden haben darauf zu achten, dass die Betreiber ihrer Verantwortung nachkommen. In diesem Zusammenhang können sie beispielsweise in den Genehmigungsauflagen festlegen, dass bestimmte Präventivmaßnahmen getroffen werden müssen und dass
deren Einhaltung regelmäßig überprüft wird.
So sind die Betreiber etwa verpflichtet, auf »Safer Sex« zu achten, Gelegenheit für Aufklärungsaktivitäten zu bieten und die Prostituierten dazu anzuhalten, sich regelmäßig auf
sexuell übertragbare Krankheiten untersuchen zu lassen. Die Stiftung zur Bekämpfung
von Geschlechtskrankheiten (siehe auch Frage 19) hat Richtlinien für solche Untersuchungen durch Ärzte und Fachärzte aufgestellt.
Es wurden bewusst keine obligatorischen medizinischen Untersuchungen für Prostituierte
eingeführt. Man wollte so eine Stigmatisierung der Prostituierten als potentielle Ansteckungsquelle vermeiden. Außerdem könnten Kunden eine gesetzlich vorgeschriebene
medizinische Untersuchung als Vorwand für ungeschützten Sex benutzen.
Im Normalfall sollten die Untersuchungen auf freiwilliger Basis vierteljährlich durchgeführt werden. Sie werden im Allgemeinen akzeptiert, da die Prostituierten ihre Notwendigkeit einsehen. In den größeren Städten gibt es Polikliniken, in denen sich Prostituierte
anonym und kostenlos untersuchen lassen können.
Safer Sex und gezielte Aufklärung für Prostituierte und Kunden bieten den besten Schutz
vor Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten.
Der Gesetzentwurf zur Regulierung der Prostitution sieht eine Stärkung des Anspruchs
der Prostituierten auf eine gute medizinische Versorgung vor. Alle Sexunternehmen müssen eine Genehmigung der Gemeinde besitzen, in deren Zuständigkeitsbereich sie fallen.
Eine solche Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn bestimmte Auflagen, unter anderem zum Schutz der Gesundheit der Prostituierten, eingehalten werden (siehe Frage 6).
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Welche Formen von Prostitution gibt es?
Es gibt verschiedene Formen von Prostitution. Die bekanntesten sind die Prostitution in
Sexclubs und die Fensterprostitution. Außerdem vollzieht sich nach und nach eine Verlagerung in Etablissements wie Hotels, Bars, Escortagenturen und Massagesalons. Diese
Formen der Prostitution sind nach der aktuellen Rechtslage illegal, wenn die gegebenenfalls erforderlichen Genehmigungen fehlen.
Straßenprostitution ist in vielen Gemeinden wegen der Störung der öffentlichen Ordnung
und der Belästigungen, die dadurch entstehen können, untersagt. Einige Kommunen ha-
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ben offiziell genehmigte Straßenstriche eingeführt, auf denen Prostituierte zu bestimmten
Uhrzeiten arbeiten dürfen. In diesen parkplatzähnlichen Zonen befinden sich sogenannte
»Verrichtungsboxen«, in denen die sexuellen Dienstleistungen erbracht werden. Dort gibt
es auch Räumlichkeiten, in denen die Prostituierten Kondome bekommen, eine Tasse
Kaffee trinken, warm duschen oder Hilfe in Anspruch nehmen können. Dank dieser offiziellen Striche hat sich die Sicherheit in der Straßenprostitution in den vergangenen Jahren erheblich verbessert, und die Anwohner werden weniger oder gar nicht mehr belästigt. Einige der größeren Straßenstriche wurden inzwischen jedoch wieder abgeschafft.
Fensterprostitution gibt es in den meisten großen und mittelgroßen Städten. Zum Zeitpunkt der Aufhebung des allgemeinen Bordellverbots (2000) sah die prozentuale Verteilung auf die einzelnen Prostitutionsformen folgendermaßen aus:
Prostitutionsform
Fensterprostitution
Straßenprostitution
Sexclubs und Privatclubs
Escortagenturen
Wohnungsprostitution
Andere Formen*
Insgesamt
Anteil
20 %
5%
45 %
15 %
5%
10 %
100 %
* Prostitution in Hotels, Bars, Massagesalons usw.
Die Aufhebung des allgemeinen Bordellverbots im Jahr 2000, die noch immer von
Kommune zu Kommune sehr unterschiedliche Praxis und die Verbreitung des Internets
haben zu einer Veränderung des Prostitutionsangebots und zu Verschiebungen zwischen
den verschiedenen Formen der Prostitution geführt. So bieten beispielsweise immer mehr
Prostituierte ihre Dienste im Internet an, und als neue Form der Prostitution kam der
Webcam-Sex hinzu. Ein anderes Phänomen ist das der sogenannten Loverboys, junger
Zuhälter, die minderjährigen, lenkbaren Mädchen die große Liebe vorspielen, sie von ihrem Umfeld isolieren und sie schließlich, wenn sie ihnen hörig geworden sind, zur Prostitution zwingen. Dieses Phänomen ist keineswegs neu, kam aber erst in jüngerer Zeit in
die Schlagzeilen. Loverboys sind Menschenhändler und werden auch als solche verfolgt
(siehe Frage 16).
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Wie viele Prostituierte arbeiten in den Niederlanden, und aus welchen
Ländern stammen sie?
Schätzungen zufolge gab es in den Niederlanden zum Zeitpunkt der Aufhebung des allgemeinen Bordellverbots 25 000 Prostituierte – darunter viele Migranten –, von denen im
Schnitt täglich 12 500 an insgesamt 6000 Orten arbeiteten. In den siebziger Jahren
stammten die ausländischen Prostituierten überwiegend aus Südostasien (Thailand und
Philippinen). Dies änderte sich im Lauf der achtziger Jahre, als viele Prostituierte aus La-
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teinamerika und der Karibik in die Niederlande kamen, um hier zu arbeiten. Ende der
achtziger Jahre – nach dem Mauerfall – setzte eine Migrationswelle von Prostituierten
aus Mittel- und Osteuropa ein.
1999 ergab eine Untersuchung, dass nur ein Drittel der Prostituierten die niederländische
Staatsangehörigkeit besaß. Insgesamt wurden 45 Nationalitäten gezählt. Die meisten
Prostituierten stammten aus der Dominikanischen Republik, Kolumbien, Tschechien,
Rumänien und Polen. Über die Zahl der illegalen Prostituierten war nichts bekannt.
Zum Zeitpunkt der Untersuchung waren etwa 5 % der Prostituierten männlich; weitere
5 % waren transsexuell. Auch diese Gruppe bestand zum größten Teil aus Migranten.
10 % der Prostituierten waren drogenabhängig. Von den drogenabhängigen Prostituierten
besaßen die meisten die niederländische Staatsangehörigkeit.
Zurzeit liegen keine aktuelleren Angaben vor, es scheint jedoch, dass die Zahl vor allem
der illegalen Prostituierten nach der Aufhebung des Bordellverbots infolge der regelmäßigen Kontrollen unter anderem der Polizei und des Finanzamts im legalisierten Bereich
zurückgegangen ist. Darüber hinaus erhöht sich offenbar die Zahl der Prostituierten aus
Ländern wie China und aus dem westafrikanischen Raum.
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Welche arbeitsrechtlichen Folgen hat die Legalisierung?
Mit der Aufhebung des Bordellverbots wurden die Bestimmungen des Privatrechts, und
damit auch arbeitsrechtliche Bestimmungen, auf das Verhältnis zwischen den Prostituierten und den Bordellbetreibern anwendbar. Wichtig dabei ist, dass die Prostituierten selbst
entscheiden können, ob und wie sie der Prostitution nachgehen, und das Arbeitsverhältnis
auch selbst beenden können. Der 2009 ins Abgeordnetenhaus eingebrachte Gesetzentwurf zur Regulierung der Prostitution sieht eine Registrierungspflicht für alle Prostituierten vor. Bei ihrer Registrierung erhalten die Prostituierten ein Informationspaket und
werden in einem Gespräch über ihre Rechte, die Risiken ihrer Arbeit, die Ausstiegsmöglichkeiten und die Anlaufstellen bei Hilfsorganisationen und der Polizei informiert.
Die Vorschriften, die für die Privatwirtschaft im Allgemeinen gelten, darunter das Arbeitsschutzgesetz, gelten im Prinzip auch für das legalisierte Prostitutionsgewerbe.
Die Gewerbeaufsichtsbehörde hat eine Broschüre für Bordellbetreiber, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Arbeitsschutzdienste und Kommunen herausgegeben, die über die Anwendung des Arbeitsschutzgesetzes in der Prostitution informiert.
Die landesweit tätige Organisation De Rode Draad vertritt die Interessen von Prostituierten. Sie fordert die Anerkennung der Prostitution als Beruf mit allen damit verbundenen
Rechten für die Prostituierten und arbeitet auch mit dem Gewerkschaftsbund FNV zusammen.
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Welche Folgen hat die Legalisierung für die soziale Sicherheit?
Prostituierte, die als abhängig Beschäftigte in der Prostitution tätig waren und ohne eigenes Verschulden arbeitslos geworden sind, haben Anspruch auf Arbeitslosengeld. Wie für
alle anderen Arbeitslosengeldempfänger gilt auch für sie eine Bewerbungspflicht; sie
müssen sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen und bereit sein, eine zumutbare
Beschäftigung auszuüben. Allerdings kann niemand verpflichtet werden, eine Arbeit in
der Prostitutionsbranche anzunehmen. Die Prostitution wird als Arbeit anerkannt, sie gilt
jedoch nicht als zumutbare Arbeit. Die Arbeitsämter vermitteln daher auch keine entsprechenden Beschäftigungsverhältnisse.
Prostituierte, die nicht mehr selbständig oder als abhängig Beschäftigte in der Prostitution
tätig sein wollen, haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Sie haben ihre Beschäftigung schließlich freiwillig aufgegeben und können sich als Arbeitssuchende beim Arbeitsamt registrieren lassen.
Arbeitslose Prostituierte können Leistungen nach dem Erwerbsunfähigkeitsgesetz erhalten, wenn sie als abhängig Beschäftigte in einem Bordellbetrieb tätig waren. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Tätigkeit oder eine andere, zumutbare Tätigkeit auszuüben.
All diese Regelungen gelten übrigens nicht nur für Prostituierte und Bordellbetreiber,
sondern für alle, die in den Niederlanden erwerbstätig sind oder waren.
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Wie werden die Steuern und Sozialabgaben erhoben?
Prostituierte und Bordellbetreiber sind steuerpflichtig; auch in dieser Hinsicht wird also
keine Ausnahme gemacht. Die niederländischen Finanzämter wenden landesweit einheitliche zielgruppenspezifische Kriterien an, nach denen – je nach der Art des Arbeitsverhältnisses zwischen Bordellbetreibern und Prostituierten – die steuerlichen Pflichten zugeteilt werden.
Bordellbetreiber, die Prostituierte beschäftigen, müssen seit dem 1. Januar 2006 Beiträge
zu den Arbeitnehmerversicherungen an das Finanzamt abführen.
Durch Einführung spezieller Vorgaben zum 1. Januar 2009 (Staatsgesetzblatt 655) schuf
die Finanzverwaltung mehr Klarheit über die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte der Arbeitsverhältnisse in der Prostitutionsbranche. Grundsätzlich gilt, dass
die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Prostituierten gefördert werden soll. Die
Vorgaben beziehen sich unter anderem auf die Rechtsstellung der Prostituierten und auf
die Betriebsführung durch den Betreiber des Unternehmens. Bei Nichterfüllung der Vorgaben oder wenn dafür optiert wird, von der Anwendung dieser Bedingungen abzusehen,
sind die für abhängige Beschäftigungen geltenden Vorschriften anwendbar. Dies hat
steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen. Das Finanzamt hat die Betreiber von Sexunternehmen und die Prostituierten mit einem Informationspaket über diese Bestimmungen aufgeklärt und überwacht deren Einhaltung in der Praxis.
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Inwiefern unterstützt die niederländische Prostitutionspolitik die Bekämpfung des Menschenhandels?
Das Ziel der niederländischen Prostitutionspolitik besteht in erster Linie in der Regulierung der Branche. Darüber hinaus zielt sie auf die Bekämpfung des Menschenhandels
und damit auch von Ausbeutung, Zwang und Gewalt. Durch die Anerkennung der Prostitution als Arbeit im Zuge der Aufhebung des Bordellverbots bekamen die Prostituierten
die gleichen Arbeitsrechte und genießen den gleichen Arbeitsschutz wie die Beschäftigten in anderen Sektoren. Auch im Prostitutionsgewerbe ist das Arbeitsrecht das geeignetste Mittel zur Vorbeugung gegen Ausbeutung, Gewalt und Zwang. Ein ähnlicher Gedanke liegt der niederländischen Strategie gegen sexuelle Gewalt zugrunde: die Position
der Frauen zu stärken ist die beste Art, sexuelle Gewalt zu bekämpfen.
Eventuelle Missstände können in einer legalen und transparenten Sexindustrie leichter
aufgedeckt werden als in einem undurchsichtigen kriminellen Milieu.
Der Bekämpfung des Menschenhandels wird viel Aufmerksamkeit gewidmet. Mit der
Einführung des Genehmigungssystems hat die Polizei (soweit sie von der Gemeinde dazu
beauftragt wurde) gemeinsam mit den anderen zuständigen Stellen ein effektives Instrument zur Überwachung des Geschehens in Prostitutionsbetrieben an die Hand bekommen. Die bei den Kontrollen gewonnenen Informationen ermöglichen der Polizei eine
schnelle Aufdeckung und Verfolgung von Menschenhandel, sowohl im regulierten als
auch im nichtregulierten Sektor.
Das Strafmaß für Menschenhandel wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2009 erhöht, damit es
der Schwere der Straftat besser gerecht wird. Die Höchststrafe für Menschenhandel beträgt acht Jahre Haft. Wenn die Straftat von zwei oder mehr Personen gemeinsam begangen wurde oder wenn das Opfer das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte,
kann das Strafmaß auf zwölf Jahre erhöht werden. Bei schwerer Körperverletzung gilt
eine Höchststrafe von fünfzehn Jahren, beim Tod des Opfers kann eine Strafe von bis zu
achtzehn Jahren verhängt werden.
In diesem Zusammenhang wurde eine landesweit gültige Rufnummer eingerichtet, unter
der anonyme Hinweise auf Menschenhandel entgegengenommen werden.
Menschenhandel ist nach Artikel 273f Strafgesetzbuch strafbar. Es wird aktiv dagegen
ermittelt und strafrechtlich vorgegangen.
Die Bekämpfung des Menschenhandels hat bei der niederländischen Polizei und Justiz
hohe Priorität.
Nicht nur in den Niederlanden werden Projekte zur Verhinderung und zur Bekämpfung
von Menschenhandel durchgeführt. Auch auf europäischer Ebene steht das Thema weit
oben auf der Agenda. So wurde im Jahr 2003 ein EU-Expertenteam für Menschenhandel
zusammengestellt, und in den Herkunftsländern der Opfer organisierte die EU Informationskampagnen. Europol unterstützt operative Maßnahmen und Forschungsprojekte in
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Dies ist eine Veröffentlichung des niederländischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten.
den EU-Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet und untersucht, welche polizeilichen Methoden die größten Erfolge versprechen.
Als eines von wenigen EU-Ländern haben die Niederlande seit 2000 einen unabhängigen
Berichterstatter für Menschenhandel, der die Regierung jährlich über Art und Umfang
des Menschenhandels in den Niederlanden informiert. Darüber hinaus haben der damalige Justizminister und seine Staatssekretärin Anfang 2008 eine Taskforce zur Bekämpfung
des Menschenhandels eingesetzt. Sie steht unter der Leitung des Oberstaatsanwalts im
Gerichtsbezirk Amsterdam und hat unter anderem die Aufgabe, Probleme bei der Bekämpfung des Menschenhandels aufzuzeigen und zu beseitigen.
Einen Eckstein bei der Bekämpfung des Menschenhandels stellt der Gesetzentwurf zur
Regulierung der Prostitution und zur Bekämpfung von Missständen in der Sexbranche
dar. Die darin vorgeschlagenen Neuerungen (Genehmigungspflicht für Sexunternehmen,
landesweites Register für Escortagenturen, Registrierungspflicht für Prostituierte, Strafbarkeit der Inanspruchnahme der Dienste nichtregistrierter Prostituierter oder nichtgenehmigter Prostitutionsunternehmen, Möglichkeit der »Nulloption« für die Kommunen
sowie Intensivierung von Aufsicht und Kontrolle) haben den Zweck, die Überwachung
der wechselnden und immer vielfältigeren Formen der Prostitution (Internet, Escortagenturen usw.) und den Status der Prostituierten zu verbessern. Darüber hinaus bieten
die Regelungen der Verwaltung neue Handhaben gegen Menschenhandel, Prostitution
Minderjähriger und Zwangsprostitution auf lokaler Ebene.
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Unter welchen Voraussetzungen dürfen ausländische Prostituierte legal in
den Niederlanden arbeiten?
Personen aus Nicht-EU- bzw. Nicht-EWR-Staaten, die nicht über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen, der es ihnen erlauben würde, in den Niederlanden einer bezahlten Beschäftigung nachzugehen, dürfen sich hier selbstverständlich auch nicht prostituieren. Zu
denken ist dabei etwa an Personen mit einem Touristenvisum oder aus nicht visumpflichtigen Ländern, die sich maximal drei Monate in den Niederlanden aufhalten dürfen.
Bürger aus Ländern, die ein Assoziierungsabkommen mit der EU geschlossen haben,
können sich als selbständige Unternehmer in den Niederlanden niederlassen, wenn sie die
Bestimmungen erfüllen, die für alle Unternehmer gelten (Eigenkapital, Unternehmensplan, persönliche Kenntnisse und Fähigkeiten etc.), und über eine entsprechende Genehmigung verfügen. Auf keinen Fall darf ein Beschäftigungsverhältnis vorliegen.
Das Gesetz über die Arbeit von Ausländern untersagt es Prostituierten Beschäftigungsverhältnisse einzugehen, wenn sie nicht aus einem der folgenden EU-Länder stammen:
Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich,
Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Wer die Staatsangehörigkeit eines dieser 25 EU-Länder besitzt, darf in den Niederlanden in der Prostitution arbeiten, sowohl selbständig als auch im Rahmen einer abhän-
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gigen Beschäftigung. Für Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien (Beitritt 2007) gilt mindestens bis zum 1. Januar 2012 eine Übergangsregelung, die
aber spätestens am 1. Januar 2014 enden wird. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen Prostituierte aus diesen Ländern nicht als abhängig Beschäftigte in der Prostitution tätig sein. Die
Arbeit als Selbständige in der Prostitution ist ihnen aber bereits gestattet.
Die Bekämpfung der illegalen Prostitution hat in den Niederlanden hohe Priorität. Viele
Kommunen sind auf diesem Gebiet sehr aktiv und führen beispielsweise intensive Kontrollen zur Aufdeckung von Scheinkonstruktionen durch.
Ausländer, die sich illegal in den Niederlanden aufhalten, müssen das Land nach dem
Ausländergesetz verlassen und können abgeschoben werden.
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Erhalten Opfer von Menschenhandel Hilfe?
Ausländer, die sich illegal in den Niederlanden aufhalten und Opfer von Menschenhändlern sind, haben Anspruch auf Hilfe. Sie erhalten, wenn sie Anzeige wegen Menschenhandels erstatten oder auf andere Weise an der Strafverfolgung mitwirken, für die Dauer
des Verfahrens einen Aufenthaltstitel. Diese Regelung dient dem Schutz der Opfer und
der Zeugen eines solchen Verbrechens. Nach Ablauf des Verfahrens kann ihnen eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden, wenn der Strafprozess zu einer Verurteilung geführt hat oder wenn sie sich im Falle eines Freispruchs bereits drei Jahre oder
länger legal in den Niederlanden aufgehalten haben. Ist das Verfahren nach drei Jahren
noch nicht abgeschlossen, kann dem Opfer auch ein unbefristeter Aufenthaltstitel aus
humanitären Gründen erteilt werden.
Opfer von Menschenhandel haben eine Bedenkzeit von drei Monaten, in der sie entscheiden können, ob sie Anzeige erstatten möchten. Während dieser Zeit halten sie sich legal
in den Niederlanden auf und haben unter anderem Anspruch auf Betreuung, medizinische
Versorgung sowie finanziellen und juristischen Beistand.
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Welche Interessenorganisationen und sonstigen Einrichtungen befassen
sich mit Fragen der Prostitution?
In den Niederlanden kümmern sich außer den Interessenvertretungen der Prostituierten
auch noch zahlreiche andere Organisationen um Fragen im Zusammenhang mit der Prostitution. Nachfolgend sind einige davon aufgeführt.
Die 1961 gegründete Mr. A. de Graaf Stichting befasste sich mit unterschiedlichen Problemen der Prostitution in den Niederlanden. Sie beriet in Fragen der Prostitutionspolitik,
regte Diskussionen an, führte wissenschaftliche Untersuchungen durch, realisierte Projekte im Auftrag Dritter und verfügte außerdem über ein großes Informations- und Dokumentationszentrum. Diese Stiftung stellte 1999 ihre Arbeit ein.
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Die Stiftung zur Bekämpfung sexuell übertragbarer Krankheiten Soa Aids Nederland koordiniert die Aufklärung über Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten im Prostitutionssektor. Die Informationen sind in erster Linie für bestimmte Zielgruppen gedacht,
z. B. zugewanderte, drogenabhängige und transsexuelle Prostituierte.
Die landesweit tätige Organisation De Rode Draad vertritt die Interessen von Prostituierten. Sie fordert die Anerkennung der Prostitution als Beruf mit allen damit verbundenen
Rechten für die Prostituierten und arbeitet auch mit dem Gewerkschaftsbund FNV zusammen. http://www.rodedraad.nl
Das Koordinierungszentrum für Menschenhandel CoMensha widmet sich der Prävention
und Bekämpfung des Menschenhandels und bietet Opfern erste Unterstützung. Als zentrale Anlaufstelle vermittelt es den Betroffenen Unterkünfte, medizinische Betreuung und
dergleichen mehr. http://www.mensenhandel.nl/cms/
Die Website http://www.prostitutie.nl/ ist ein Portal der Soa Aids Nederland für Frauen,
die in der Prostitution arbeiten. Hier finden sie ausführliche Informationen über sexuell
übertragbare Krankheiten, Safer Sex und sichere Arbeitsbedingungen.
Die zur Stichting Tot Heil des Volks gehörende Organisation Het Scharlaken Koord bietet
auf christlicher Grundlage Hilfe für Prostituierte.
http://www.totheildesvolks.nl/scharlaken-koord/home.html
Beware of loverboys ist ein Präventionsprojekt von Het Scharlaken Koord.
http://www.bewareofloverboys.nl/wij.htm
Pretty Woman bietet Mädchen und jungen Frauen von 12 bis 23 Jahren Aufklärung und
Hilfe, sowohl individuell als auch im Gruppenverband. Außerdem ist die Organisation
Ansprechpartner für Mädchen (und Jungen) bei Fragen über das Erwachsenwerden, über
Sexualität, riskante Kontakte (u. a. mit Loverboys) und Missbrauchsbeziehungen.
http://www.stichtingstade.nl/Pretty-Woman-97.html
Das Ministerium für Soziales und Arbeit, das Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft und das Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport haben gemeinsam
die Website http://www.prostitutiegoedgeregeld.nl ins Leben gerufen, die Informationen
über die Rechte und Pflichten von Prostituierten, die soziale Sicherheit, finanzielle Absicherung und kommunalpolitische Angelegenheiten bietet.
Die Betreiber von Sexunternehmen haben sich unter anderem in der Vereniging Exploitanten Relaxbedrijven (http://www.v-e-r.nl/), der Excellentgroep und der Stichting Overleg Raambordelen zusammengeschlossen.
Im Rahmen des Projekts BlinN (Bonded Labour in Nederland) wird – unter dem Dach
von Humanitas und Oxfam Novib – an der Verbesserung der Stellung von Menschenhandelsopfern gearbeitet. http://www.blinn.nl
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