Zusammenfassung der Ergebnisse (Pdf 163 KB)
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Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen IZI „Kinderfantasien und Kinderfernsehen“ Zusammenfassung der Ergebnisse Zusammenfassung der Ergebnisses des Forschungsprojekts „Kinderfantasien und Kinderfernsehen“ Fernsehen zerstört die Fantasie der Kinder! Dieses lang gehegte Vorurteil ist so alt wie das Medium selbst. Wer sich allerdings auf die genaue Beobachtung von Kindern einlässt, wird auch heute noch eine große Reichhaltigkeit ihrer Fantasien entdecken - trotz Aufwachsens in der Mediengesellschaft. Der Zusammenhang zwischen den Fantasien der Kinder und dem Fernsehen ist komplexer, als üblicherweise angenommen wird. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Kinderfernsehens in Deutschland geht das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen KollegInnen der Beziehung von Fantasie und Fernsehen für Kinder im mehrnationalen und generationenspezifischen Vergleich nach. A. Kinderfantasien im interkulturellen Vergleich Im Mittelpunkt stehen die Fantasien von 8- bis 9-jährigen Kindern und welche Rolle Medien darin spielen. Die Ergebnisse aus Deutschland werden mit Untersuchungen aus den USA, Israel und Korea verglichen. Als KooperationspartnerInnen konnten für dieses Projekt gewonnen werden: Dr. Amy Aidmann, University of Illinois, USA; Dr. Dafna Lemish, University of Tel Aviv, Israel; Dr. Hyesung Moon, Yonsei University, Seoul, Korea; Dr. Norbert Neuss, Pädagogische Hochschule Heidelberg Auf einer von Musik und Text begleiteten Fantasiereise imaginierten rund 200 Kinder ihren „großen Tagtraum“. Anschließend malten sie ihn und schrieben einige Sätze dazu. Im Interview erzählten sie über ihre Fantasie und ihre Medienvorlieben. Hinzu kamen Hintergrundinformationen von Erzieherinnen und Eltern. Die „großen Tagträume der Kinder“ sind über Ländergrenzen hinweg ähnlich Im internationalen Vergleich zeigten sich viele Ähnlichkeiten in den Fantasien der Kinder, am deutlichsten in den Fantasie-Welten, der Position und den Handlungsmöglichkeiten in dieser Fantasiewelt, aber auch in den biografischen und alltagsweltlichen Spuren. Die Welt des großen Tagtraumes zeigt sich in den vier Ländern in neun Ausprägungen: Die Welt des großen Tagtraumes Die Welt der Harmonie mit Natur und Tieren / die Welt des Konflikts und der Bedrohung / die Welt des Übernatürlichen / die Welt der Technologie / die Welt des Reisens / die Welt des sinnlichen Genusses / die Welt des Amüsements / die Welt des eigenen KönigInnenreiches / die Welt der Bühne In dieser Welt fantasieren sich die Kinder in eine bestimmte Position, die in den vier Ländern mit sehr ähnlichen Handlungswünschen verbunden ist, die sich unter sechs Kategorien zusammenfassen lassen: Das Kind in der Welt des großen Tagtraumes Harmonie erleben / Spannung erleben / sich besondern (d.h. sich als etwas Besonderes erleben und von anderen als solches anerkannt werden) / mit anderen verbunden sein / beschützen und beschützt werden / eigenständig handeln Strukturelle Ähnlichkeit zeigt sich auch in den Verbindungen der Fantasien mit der eigenen Biografie und der realen Lebenswelt der Kinder. Die Fantasien können durch einen bedeutsamen anderen aus dem sozialen Kontext erzählt worden sein. In der Fantasie können aber auch als positiv erlebte Freunde, Eltern oder Familienmitglieder eine Rolle spielen, oder auch Orte und real existierende Tiere eingebunden sein. Bei einigen Kindern spiegeln sich in den Fantasien auch ihre speziellen Interessen wider, die in ihrer Lebenswelt auch von besonderer Bedeutung für die Identitätsgenese sind. Zum Teil ist eine real gelebte Erfahrung explizit zum Ausgangspunkt der Fantasiewelt geworden. Positive Erfahrungen werden als Wiederholung imaginiert, negative Erfahrungen korrigiert. Medien und insbesondere Fernsehen sind Teil der Fantasie von Kindern In den Fantasien finden sich zum Teil deutliche explizite (vom Kind benannte), aber auch implizite (von Forscherinnen rekonstruierte) Medienspuren. Auch hier zeigen sich im Ländervergleich strukturelle Ähnlichkeiten. Kinder nehmen sich Figuren, das Setting, Objekte oder auch die Geschichte (Plot) oder Sachinformationen aus für sie attraktiven Medien und Medienarrangements heraus und bauen sie in ihre Fantasie ein. Vor allem bei der Symbolisierung von Bedrohung und actionbetonter Abwehr von Bedrohung sowie der Inszenierung von Übernatürlichem spielen Fernsehen und seine Medienarrangements eine große Rolle. Es gibt aber auch eine Reihe von „großen Träumen“ ohne explizite oder implizite Medienverweise. In der bundesdeutschen Erhebung machen sie gut ein Viertel der Fantasien aus, davon drei Viertel Mädchen. Wenn sich Medienspuren zeigen, sind sie von den Kindern als symbolisches Material eingesetzt worden, um a.) sinnliche Erfahrung und Selbstwahrnehmung zu repräsentieren b.) eine eigene Narration zu erfinden, in der die dauerhafte Erfüllung der Handlungswünsche möglich wäre c.) mit anderen in Kommunikation zu treten oder einen entsprechenden gemeinsam geteilten Erfahrungsraum zu schaffen Die Kinder nutzen dabei Fernsehen nicht als Einzelmedium, sondern meistens im Medienarrangement, z.B. Homevideo, Hörspielkassette und Buch zur Serie, die sie im Fernsehen regelmäßig sehen. Die gewählten Medien zeigten hierbei zum einen globalisierte Medienarrangements wie Harry Potter, Pokémon und Jurassic Park, zum anderen sind es aber auch Angebote, die (derzeit) nur in einem Land bei Kindern relevant sind. In der Feinanalyse der Medienspuren (am Beispiel Deutschland) zeigen sich genre- bzw. machartspezifische Tendenzen, wie kinderrelevante Medien als Bausteine für die Fantasie genutzt werden. Fiktion: Zeichentrick bietet den Kindern Projektionsflächen, in denen sie sich wiederfinden und mit denen sie eigene Geschichten erfinden können. Die Sequenzen, auf die sie sich beziehen, sind eher Bruchstücke, die den Medientext schnell verlassen. Kinderrealfilme werden im Rahmen des „großen Tagtraumes“ als ein direktes Eindenken in die Hauptrolle und Nachvollziehen der Handlung genutzt. Die aufgenommenen Teile des Mediums sind hierbei eher länger und die Fantasie ist relativ dicht am Medientext. Fantasiefilme und Science-Fiction nutzen Kinder vor allem als Setting in einer fernen Welt, in der sie als Person, ausgestattet mit den entsprechenden Fähigkeiten, vorkommen. Zum Teil werden die Figuren aber auch Teil der eigene Lebenswelt, die so magisch aufgeladen wird. Dokumentarsendungen: Tier-, Natur- und Reisedokumentationen werden mehrfach als Sachinformationen zum Ausgangspunkt eigener Geschichten, in denen die Kinder sich in die Rolle des Beschützers, der Beschützerin denken, um Missstände zu beheben. Nationale und regionale Unterschiede zwischen den Ländern Neben Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen zeigen sich aber auch eine Reihe von nationalen und regionalen Besonderheiten. Einige Beispiele: Die Bilder in Korea sind mit viel Sorgfalt im Detail gemalt. Computerspiele haben, zumindest für Jungen, mehr Relevanz für die Fantasien, in denen sie das Setting und den Plot für einige Fantasien bieten. In Handlungswünschen fällt auf, dass ein „Sich-Besondern“ nicht vorkommt, denn ein „Sichöffentlich-Hervorheben“ gegenüber anderen ist in der koreanischen Gesellschaft verpönt. Nur bei einem Mädchen wurde der Handlungswunsch deutlich, allerdings in einer sehr verdeckten Form. In den Fantasien israelischer Kinder sind die ständigen Gewalthandlungen aus ihrer realen Lebenswelt nicht präsent. Anders als für jüdisch erzogene Kinder, ziehen arabisch erzogene Kinder den Staat Israel nicht in ihre Fantasien mit ein; höchstens die Stadt, in der sie wohnen. In den USA sind die Bilder der amerikanischen Kinder zum Teil weniger aufwändig gemalt. Die Geschichten hinter den Fantasien sind jedoch sehr reich, vor allem reich an Medienspuren. Ein Grund hierfür ist die stärkere Bedeutung von Fast-Food-Ketten im Alltag und die dort übliche Vermarktung von kinderrelevanten Stoffen. In Deutschland zeigen sich besondere Themen, die in den anderen Ländern nicht in dieser Dominanz vorkamen. So ist Umweltschutz ein zentrales Anliegen der 8- bis 9-Jährigen, das sie mit dem Gefühl von Stärke und Kompetenz verbinden. Der Zwiespalt zwischen Tierliebe und Fleischverzehr ist ein weiteres typisch deutsches Thema, das Kinder in ihrer Fantasie bewegt. In den Handlungswünschen fällt die hohe Zahl an Mädchen auf, denen es in ihrer Fantasie darum geht, eigenständig und selbstständig zu handeln. An regionalen Tendenzen zeigte sich hierbei, dass für Kinder aus nördlichen Bundesländern Pferde ein geeignetes symbolisches Material bieten, während im Süden Königinnen, Prinzessinnen und Schlösser sehr viel präsenter sind. B. Kinderfantasien im Generationenvergleich In einem zweiten Teilprojekt geht es um Kinderfantasien und ihre Medienbezüge im Generationenvergleich. Als KooperationspartnerIn konnten für dieses Projekt gewonnen werden: Prof. Dr. Lothar Mikos und Dr. Elisabeth Prommer, Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf", Potsdam Zum einen wurden biografische Interviews mit 20 jungen Erwachsenen zu ihren Fantasien in der Kindheit und deren Medienbezügen durchgeführt. Zweiter Bezugspunkt sind 21 Erwachsene, die im Nationalsozialismus, während des 2. Weltkriegs oder in der Nachkriegszeit groß geworden sind – weitestgehend ohne Fernsehen. Es ist eine besondere Stichprobe: die „prägenden Schaffenden des deutschen Kinderfernsehens der 50er-, 60er- und 70er-Jahre“, die zu ihrer eigenen Kindheit befragt wurden. Es zeigte sich, dass – bei aller Vorsicht, die durch die unterschiedlichen Erhebungsmethoden geboten ist – insbesondere die Handlungswünsche, die sich in dem „großen Tagtraum“ manifestierten, sehr ähnlich waren. Auch bei denen, die unter ganz anderen Bedingungen aufwuchsen, ging es in den Fantasien für einige vorrangig darum, Harmonie oder Spannung zu erleben; sich zu besondern; mit anderen verbunden zu sein; zu beschützen und beschützt zu werden oder eigenständig zu handeln. Allerdings kommt noch der Wunsch nach Wissenserwerb hinzu, der in dieser zentralen Form nicht die Fantasien der Kinder heute bestimmt. Die Welten, in die sich die Erwachsenen als Kinder fantasierten, waren ebenfalls ähnlich. Unterschiede zeigten sich in den Bezügen zur Lebenswelt. So ist der als zentral erlebte Mangel (Essen, Bildung, eigene Wohnräume etc.) Teil bzw. Ausgangspunkt der Fantasien. Medienspuren sind bei den Kinderfantasien zu Zeiten des Nationalsozialismus, des Weltkriegs oder in der Nachkriegszeit eher implizit. Massenmedien, vor allem Radio, Kino, Bücher, wurden - wenn möglich - gerne genutzt. An direkte Bezüge zur Fantasiewelt können sich die Befragten jedoch oft nicht erinnern, wohl aber an die Bedeutung von pädagogisch „ungeschützten Erfahrungsräumen“, in denen z.B. Naturerlebnisse eine viel größere (zum Teil auch lebensgefährliche) Rolle spielen. Entsprechend sind die Handlungswünsche „Spannung erleben“ oder „sich besondern“ mit real erlebter Natur verbunden. Bei den heutigen Kindern finden sich hier vor allem mediengeprägte Welten. Bei aller Unterschiedlichkeit und methodischen Einschränkungen wird doch deutlich, wie Kinder das ihnen jeweils bedeutsame kulturelle Material als Baustein für die Fantasie nutzen. Individuelle Erfahrung, Selbstbild, sozialer Kontext, aber auch gesellschaftliche Deutungsmuster, wie z.B. die Ideologie des Nationalsozialismus oder Werte des DDR-Sozialismus, gehen in die „inneren Bilder“ ein. C. Schaffensträume der prägenden Schaffenden des deutschen Kinderfernsehens Fantasien sind aber nicht nur bei den Kindern gefragt, sondern auch bei den Redaktionen des Kinderfernsehens. Hier legt die Studie ihren dritten Schwerpunkt. In der Befragung von insgesamt 38 „prägenden Schaffenden“ des deutschen Kinderfernsehens wurden die Schaffensträume der RedakteurInnen untersucht und deren Beziehung zu ihren eigenen Kindheitsträumen. Die Ideale der zahlenmäßig größten Gruppe der „prägenden Schaffenden“ richteten sich auf die Wissensvermittlung, wobei sowohl kognitives als auch soziales Wissen und Wertevermittlung gemeint sind. Kinderfernsehen sollte den Kindern ein Weltbild, Weltverständnis und Weltwissen, sowohl kognitiv als auch sozial vermitteln. Andere legen den Schwerpunkt auf typische Problemlagen in der Kindheit, die sie gerne erzählen möchten, um Kinder so zu unterstützen, dass sie „Alltagsklippen umschiffen“ können (Elmar Lorey). Die Grundhaltung des Kinderfernsehens sollte es sein, Kinder ernst zu nehmen, sie in ihrer Vielfältigkeit anzuerkennen und ihnen Hoffnung zu geben (Wolfgang Buresch). Dass die Kindheit dabei durch eine eigene Erlebniswelt geprägt ist, die Kinderfernsehen aufgreifen und widerspiegeln sollte, stellt Dieter Saldecki in den Vordergrund. Der „Vater der Maus“, Gert Müntefering, betont, dass Kindheit seiner Meinung nach nicht problematisiert oder idealisiert werden sollte. In ihrer Berufsbiografie nehmen die RedakteurInnen dabei ihre eigenen Kindheitserfahrungen auf – einige, vor allem aus der Anfangszeit des Kinderfernsehens, relativ konkret, indem sie die Werte, die sie vermittelt bekamen (z.B. die von der Mutter vermittelten Werte Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit), den Kindern durch das Kinderfernsehen explizit weitervermitteln wollten. Bei der Mehrzahl der Verantwortlichen ist diese Beziehung von eigener Kindheit und Schaffenstraum eher strukturell zu verstehen. So sollten die eigenen als negativ empfundenen Erfahrungen den Kindern erspart bleiben. Kinderfernsehen sollte ihnen dabei das geben, was sie vermisst haben: Verlässlichkeit, Unterstützung in dem Finden eines eigenen Weges, Anerkennung von Vielfältigkeit und Emotionen, aber auch Wissen und Weltverständnis. Andere RedakteurInnen schöpfen in ihrem Schaffenstraum aus den subjektiv als positiv empfundenen Erfahrungen, indem sie versuchen, den Kindern die Erfahrungs- und Handlungsräume zu öffnen, die sie selber für sich als hilfreich empfanden. D. Pädagogische Einschätzung: Ist Fernsehen für die Fantasie förderlich oder hinderlich? Kinder haben (auch heute) eine reiche Fantasiewelt. Sie formulieren sie zum größeren Teil mit erkennbare Medienspuren, zum Teil aber auch ohne sie. Fernsehen ist dabei das zentrale Medium, für Jungen in der Artikulation und Formulierung dabei tendenziell häufiger und deutlicher als bei Mädchen. Aus der bisherigen Forschung zu Fantasien ist bekannt, dass für die Förderung von Fantasien Räume vorhanden sein müssen, in denen Kinder fantasieren können, sie fantasieförderndes Material benötigen. Fehlende Vorbilder von Menschen, die ihre eigenen Fantasien (aus)leben und vor allem negative Rückmeldungen zu den Fantasien beschränken die Fantasietätigkeit. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Fernsehen und seine Bedeutung für die Fantasie von Kindern einschätzen. Fernsehen kann Material für die Fantasie sein Durch seine leichte Zugänglichkeit, seine Bildhaftigkeit und die verdichteten Geschichten bietet es Fantasie- und Erfahrungsräume sowie Kommunikationsanlässe. Insofern kann Fernsehen, wenn es denn die Themen, Erfahrungswelt und Aneignungsmuster der Kinder trifft, durchaus Fantasieräume öffnen. Fernsehen kann Kindern helfen, sich zu verstehen und sich die Welt aktiv anzueignen. Fernsehen als leicht eingängiges Material trägt aber immer auch Deutungsmuster in sich und weckt (Kauf-)Wünsche Doch liefert es auch Deutungsmuster mit, z.B. von Werten, Geschlechterrollen und Vorstellungen von anderen Ländern, die für die Kinder und ihre Lebenslage und Zukunft nicht immer angemessen und zu ihrem Vorteil sind. Vor allem bei den privat-rechtlichen Anbietern stehen die Angebote in engem Zusammenhang mit dem Werbe- und Lizenzmarkt. Da auch Werbung zum Teil in die „großen Tagträume“ deutlich eingeht (zum Beispiel vom Disneyland Paris) besteht hier die Gefahr, Kinder nur noch als kaufkräftige KundInnen zu sehen. Dauerhafter Fernsehkonsum kann die Fantasienräume aber auch einschränken Gleichzeitig ist Fernsehen auch eine intensive Erfahrung. Durch die andauernde Rezeption des erlebnisintensiven und reizstarken Mediums können aber auch genau die Räume, die für die Entwicklung und Weiterführung der Fantasien notwendig wären, verloren gehen. Das konkrete Umfeld der Kinder kann durch negative Rückmeldungen die Fantasietätigkeit einschränken Formulieren Kinder im Alltag ihre Fantasien mit dem symbolischen Material ihrer Kultur – und dazu gehört auch Fernsehen – bekommen sie von Eltern und PädagogInnen eher negative Rückmeldungen. Das schränkt die Fantasietätigkeit ein, zumal es meist an positiven Vorbildern fehlt, nicht nur beim kompetenten Fernsehgebrauch, sondern auch im Ausleben der eigenen Fantasien. Fazit Fernsehen ist für viele der heute aufwachsenden Kinder ein Bestandteil ihrer Fantasiewelten. Die Fantasiewelten, die sie entwerfen, und die Positionen und Handlungsmächtigkeit, die sie sich dort imaginieren, sind in unterschiedlichen Kulturen ähnlich. Informationen aus dem Fernsehen, Medienfiguren, Medien-Settings oder auch ganze Handlungen werden zu Teilen der Fantasie. Im Generationenvergleich fantasierten Kinder, die ohne Fernsehen aufgewachsen sind, ganz ähnliche Handlungswünsche und Welten, aber mit anderem Material (z.B. Ideologien des Nationalsozialismus oder DDR-Sozialismus). Für alle Befragten sind es die eigenen Geschichten, mit denen die eigenen Themen und Erfahrungen bearbeitet und interpretiert werden. Für Kinder, die 2001 acht oder neun Jahre alt sind, spielt Fernsehen eine deutliche Rolle. (Kinder-)Fernsehen könnte Fantasien fördern, wenn es Kinder in ihrer Vielfältigkeit, in ihren Erfahrungswelten und Aneignungsmustern anerkennt und Fantasiefreiräume öffnet. Inhaltlich begrenzt Fernsehen da, wo es Werte und Deutungsmuster anbietet, die den Interessen der Kinder entgegenstehen. Im Alltag der Kinder wird die Fantasie aber auch durch negative Rückmeldung zu ihren Fantasien und durch zu lange Fernsehzeiten begrenzt. Insofern ist das Fazit nicht kulturpessimistisch aber auch nicht unkritisch: Fernsehen hat einen nicht zu unterschätzende Bedeutung für die Fantasie. Es könnte die Fantasie fördern, wenn Kinder und ihre Eltern medienkompetent mit den Inhalten, der Fernsehdauer und den Gesprächen, die auch Fernsehspuren enthalten, umgehen könnten – und wenn Produzierende sich ihrer Verantwortung bewusst sind, Kinder nicht ausnutzen, sondern sie versuchen zu fördern, und sie als die ernst nehmen die, die unsere Gegenwart sind und die, die unsere Zukunft gestalten. In diesem Sinne muss es darum gehen, Räume für Fantasie öffnen und nicht zu verschließen. Projektleitung und Kontaktadresse: Dr. Maya Götz Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) Rundfunkplatz 1 D-80335 München Tel.: Fax.: eMail: Homepage: +49 89 - 5900 2264 +49 89 - 5900 2379 [email protected] www.izi.de © 2001 Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen, IZI Nachdruck und Vervielfältigung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher Genehmigung des IZI!