Seitensprung: was tun, wenn die Hündin ungewollt gedeckt wird

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Seitensprung: was tun, wenn die Hündin ungewollt gedeckt wird
Seitensprung: was tun, wenn die Hündin ungewollt gedeckt wird?
Viele Züchter halten eigene Deckrüden und es braucht nur eine Sekunde der Unaufmerksamkeit, damit Rüde und
Hündin ungeplant zueinander finden. Nur zu oft klappt so eine Zufallspaarung sofort, es braucht keine 5 Minuten,
und der Rüde „hängt“. Was tun?
Trächtigkeitsverhütung
Wenn es eine „unmögliche Paarung“ ist, z.B. unter eng verwandten Papillons, bei einer zu jungen oder zu alten
Hündin, kann man die Trächtigkeit verhindern, wenn der Tierarzt zwischen dem 7. und etwa 15. Tag nach der Paarung ein Hormonpräparat spritzt (zwei Mal im Abstand von 24 Stunden). Nach meiner Erfahrung (dank Enkelkind!)
lohnt es sich zu warten, bis die Läufigkeit am Abklingen ist und erst dann zum Tierarzt zu gehen, nicht sofort, weil
erneut so ein „Unfall“ passieren kann. Deshalb ist es besser, abzuwarten, bis die Hündin nicht mehr deckbereit ist.
Die modernen Methoden der Trächtigkeitsverhütung sind nicht riskant für die Hündin. Es ist zwar ein Eingriff in den
Hormonhaushalt, hat aber kein Risiko, dass die Hündin nicht mehr aufnimmt oder nicht mehr ganz normal durch
die nächste Trächtigkeit kommt. Ich habe in zwei Fällen festgestellt, dass die nächste Läufigkeit etwa einen Monat
früher als errechnet einsetzte. Die Unterbrechung der Trächtigkeit erfolgt bevor sich die befruchteten Eizellen in der
Gebärmutter einnisten, d.h. bevor die Hündin auch nur ahnt, dass sie Nachwuchs bekommen könnte. Man muss
also kein schlechtes Gewissen haben, wenn man dieses Vorgehen wählt. Die Zuchthündin hat keine Nachteile davon, ihre Fruchtbarkeit für spätere Würfe wird nicht beeinträchtigt.
Der richtige Rüde hat zum falschen Zeitpunkt gedeckt
Falls der ungewollte Deckakt „nur“ zu früh in der Läufigkeit erfolgte, d.h. am 6. oder 7. Tag statt erst später, muss
man eigentlich nichts tun. Bei einer verfrühten, aber geplanten Paarung mache ich es so, dass die Hündin später
ganz planmässig am 10. 11. und 12. oder je nachdem am 12. bis 14. Tag gedeckt wird. Der Züchter hat dann oft
Angst, es könnten normal entwickelte und „unreife“ Welpen im Wurf sein. Normalerweise ist das nicht der Fall. Die
Befruchtung der Eizellen erfolgt in einem engen zeitlichen Rahmen und auch wenn die Hündin vom 6. bis etwa 15.
Tag verschiedentlich gedeckt ist, kommen die Welpen meistens ganz normal zur Welt. Das Problem besteht eher
darin, dass der Züchter nicht wissen kann, wann die Konzeption stattgefunden hat, wann der Wurf geboren wird!
Das ergibt eine lange Spanne des Wartens vom 57. Tag ab 1. Belegung bis längstens 64. Tag ab letztem Decken!
Es darf nur ein einziger Rüde decken
Ein veritables Problem kann sich ergeben, wenn die Hündin zwar gedeckt werden und einen Wurf haben soll, aber
durch Unachtsamkeit hat der falsche Rüde gedeckt! Das kommt gar nicht so selten vor. Wer nun denkt, man könne
einfach zum richtigen Zeitpunkt mit dem „richtigen“ Rüden decken und dann gäbe es Nachwuchs von diesem, der
täuscht sich gewaltig! Es kann durchaus einen Wurf vom ungeplanten Rüden oder einen Wurf mit zwei verschiedenen Vätern geben. Wer sich in der Farben-Genetik bei Papillons auskennt, kann unter Umständen schon aus den
Farben im Wurf auf verschiedene Väter schliessen.
Darum ist nach den Zuchtvorschriften der FCI-Verbände verboten, mit zwei verschiedenen Rüden zu decken. In solchen Fällen muss man sich entweder dazu
entschliessen, es drauf ankommen zu lassen, ob die
Hündin vom ungewollten Deckakt trächtig wird und auf
die Belegung durch den geplanten richtigen Rüden
verzichten. Oder man greift zur Trächtigkeitsverhütung
(siehe oben) und die Hündin kann erst in der nächsten
Läufigkeit mit den richtigen Rüden gedeckt werden!
Foto: Drei gleich alte Welpen mit 2 verschiedenen Vätern
(und auch 2 Müttern, der kleine Blonde ist aus einem andern
Wurf)
Ein „falscher“ Rüde hat nachgedeckt!
Was ist aber zu tun, wenn die Hündin korrekt mehrfach mit dem geplanten Rüden gedeckt ist, allenfalls nach langer Reise und bezahltem Deckakt, und dann kommt es einige Tage später zu Hause zu einem ungewollten
Deckakt mit dem eigenen Rüden! Alles schon dagewesen! Hier ist die Versuchung gross, den Zwischenfall zu vertuschen und darauf zu hoffen, dass die Hündin vom Wunschpartner aufgenommen hat, von ihrem Galan daheim
keine Welpen bekommt. Das ist für seriöse Züchter einfach keine Alternative! Ich meine, wenn das passiert, muss
man dazu stehen, dass zwei Rüden gedeckt haben und wenn die Welpen da sind, die Kosten für eine Vaterschaftsbestimmung auf sich nehmen. Vernünftige Rasseklubs bedanken sich für solches Vorgehen beim ehrlichen
Züchter und hauen ihn nicht in die Pfanne! Wenn Klarheit herrscht, dass nur einer der beiden Rüden Vater des
ganzen Wurfes ist, erhalten die Welpen korrekte Abstammungspapiere. Falls es zwei verschiedene Väter gibt, ist
mit der zuständigen Stammbuchstelle zu klären, ob eine Möglichkeit besteht, die Welpen mit dem jeweils richtigen
Vater einzutragen, oder ob ein Teil oder der ganze Wurf wegen verschiedenen Vätern ohne Urkunden papierlos
verkauft werden muss.
Niemand hat es gesehen
Denkbar ist auch, dass man eine Hündin leer lassen wollte, sie fast 3 Wochen separierte, vom täglichen Spaziergang ausschloss und sie dann in die Gruppe zurück kam in der Annahme, sie sei nicht gedeckt. Und dennoch wird
nach etwa 5 Wochen ein verdächtig rundes Bäuchlein sichtbar und nach 2 Monaten kommt der „Überraschungswurf“. Wenn man nur einen einzigen zeugungsfähigen Rüden (zwischen 6 Monaten und 15 Jahren alt) hält, ist die
Sache wenig problematisch: er dürfte der Vater sein, weil jemand nicht aufpasste.
Wenn aber noch unverkaufte Jungrüden ab ca.
6 Monaten da waren, wenn es nicht kastrierte
Feriengäste gab, was dann? Ruhe bewahren,
die Welpen des unbekannten Vaters seriös
aufziehen und im Alter von ca. 4 Wochen für
einen Vaterschaftstest zum Tierarzt gehen.
Mitnehmen muss man die Mutterhündin, alle
Welpen und alle in Frage kommenden Väter.
Wenn mögliche Väter verkauft oder zum Besitzer zurück gekehrt sind, bittet man diese, ihren
Hund für eine Blutentnahme zwecks Vaterschaftsabklärung zur Verfügung zu stellen.
Foto: Mehrere deckfähige Rüden in der Gruppe: Wer ist der Vater von
ungeplanten Welpen???
Problemlösung mit DNA-Test
Man kann den DNA-Test bezüglich Vaterschaft sowohl mit Schleimhaut-Abstrich aus dem Maul wie mit Blutproben
machen. Nach meiner Erfahrung kommt es bei Schleimhautabstrichen ab und zu vor, dass sie nicht „gehen“, d.h.
das Zellmaterial ist nicht ausreichend vermehrungsfähig und liefert im Labor keine DNA-Sequenzen. Daher ist die
Blutprobe der sicherere Weg, dem Vater auf die Spur zu kommen. Was man sicher nicht tun darf: den einzigen zur
Zucht zugelassenen Rüden im Haus einfach als Vater angeben! Das führt zu falschen Abstammungsurkunden,
wenn man einem Zuchtverband angeschlossen ist. Das kann fatal sein, wenn man solche Welpen verkauft und sie
in die Zucht gelangen.
Auch hier wäre die Alternative, so einen Wurf eines unbekannten Vaters papierlos an Privatbesitzer zu verkaufen.
Die meisten Zuchtverbände verbieten das dem Rassezüchter, d.h. sie drohen ihm mit gravierenden Sanktionen,
die bis zum Verbandsausschluss gehen können. Diese engen Reglemente mancher Zuchtverbände tragen dazu
bei, dass ungewollte Deckakte vertuscht werden, um möglichst keine Scherereien mit dem Rasseklub oder Zuchtverband zu bekommen. Engreglementierung trägt daher nicht zur Transparenz bei, sondern dazu, dass nach
Schätzung des Genetik-Professors Dr. Tosso Leeb von der Uni Bern aufgrund von gelieferten Proben etwa 10%
der Abstammungsurkunden unserer Rassehunde falsch sein dürften! Ich halte diese Schätzung für sehr hoch,
wenn es um Zwerghündinnen geht, die kleine Würfe haben. Doch die Molekulargenetik hat nachgewiesen, dass es
Vertuschung von ungewollten Deckakten und damit falsche Abstammungsurkunden gibt.
Was auch passiert ist: es ist nicht das erste Mal passiert, es wird auch in der Rassehundezucht auch nicht das letzte Mal sein! Die Papillons sind bezüglich Fortpflanzung so instinktsicher und schnell, die familiäre Gruppenhaltung
ohne Zwinger ist ihnen angepasst, so dass die Trennung in der Läufigkeit im gleichen Haus manchmal nicht zu
100% klappt. Ich meine, ein gesunder Wurf, auch wenn er unglücklicherweise zwei verschiedene Väter hat, ist nur
ein Betriebsunfall und kein Verbrechen. Doch Ehrlichkeit des Züchters ist gefordert.