Toys 3.0 - Spielwarenmesse

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Toys 3.0 - Spielwarenmesse
Toys 3.0
Peter Jenkinson
Toys 3.0
Alles begann in den 1990ern, als die Welle der Spielekonsolen für Jedermann sichtbar das Ausgabeverhalten der Kids und natürlich auch das ihrer Eltern gehörig durcheinanderwirbelte. Dieser Markt
wuchs in der Folgezeit immer weiter und beanspruchte einen alarmierend hohen Anteil am Kuchen
der Ausgaben für Spielwaren. Wer gedacht hatte, dass sich die Dinge mit dem Einbruch auf dem
Konsolenmarkt bessern würden, sah sich eines Besseren belehrt: mit dem Auftauchen der Smartphones und der Apps wurde erneut eine Menge Aufmerksamkeit abgezogen – nicht so sehr im Sinne
von konkret getätigten Ausgaben, sondern vielmehr wegen der Zeit, in der sich Eltern und Kinder
nun mit diesen Dingen beschäftigten.
Das von Goldman Sachs in die Welt gesetzte Märchen vom 30%igen Umsatzrückgang bei Spielwaren seit 1998 ist zwar nachweislich eine Übertreibung. Aber uns allen ist klar, dass es einen Trend
zu Technologie gibt und ich glaube, dass das eine gute Sache ist, denn wir müssen den Nachwuchs
ja mit den Kompetenzen ausstatten, die in den kommenden Jahrzehnten benötigt werden. Also
müssen wir uns mit dem Technologie-Spielzeug verbrüdern, was uns, so denke ich, besser gelingt als
anderen Branchen.
Das neuartige Segment, das den App-Entwicklern ihre angestammte Rolle streitig machen dürfte,
kann man ganz grob als „Appcessory-Markt“ definieren. Hier wird das traditionelle Spielen um virtuelle Aspekte und Technologien erweitert. Diese Kategorie wird im Toy Fair Special der Spielwarenmesse 2013 in Nürnberg näher beleuchtet. Die Tatsache, dass man dort mit Toys 3.0 den neuen Trend
so beherzt aufgreift, wird dem Segment noch mehr Schubkraft verleihen und somit sicherstellen,
dass dieser Markt sich hinreichend Gehör verschafft.
Hintergrund
Eines der ersten Appcessories tauchte im September 2011 auf dem Markt auf. Aber als kleines Unternehmen ein neues Segment zu begründen, ist schlicht und ergreifend unmöglich, und so war es
nur einigen Auserwählten vergönnt, das Augmented Reality-Erlebnis des britischen Startup-Unternehmens AppToyz mitzuerleben.
Anfang 2012 machten die Appcessories dann auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas von
sich reden, als einige große Player in der Spielwarenindustrie wie Hasbro und Mattel verlauten ließen,
dass man in dieser nunmehr weltweit anerkannten Kategorie Entwicklungspotenzial sehe und immer
mehr Einzelhändler, darunter auch Vertreter des traditionellen Einzelhandels, sich dafür zu interessieren begannen.
Wenn man ein neues Segment ins Leben ruft, dann dauert es immer eine ganze Weile, bis die Botschaft
beim Verbraucher angelangt ist, was genau denn da angeboten wird. Man darf sich hier nichts vormachen: Der App-Markt, der ja noch in den Kinderschuhen steckt, peilt in diesem Jahr die Zielmarke
von 45 Milliarden Downloads an – und jetzt wollen wir, dass sich die Smartphone-User auch noch für
Appcessories interessieren. In den ersten beiden Quartalen des Jahres haben uns die Verbraucher einfach nicht zugehört. Aber jetzt nehmen die „Big Boys“ die Regale in den Läden mit ihren Marken in
Beschlag und fungieren als Umsatztreiber.
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Mobile App Store Downloads, Weltweit, 2011-2016 (in Millionen)
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Freie Downloads
22.044
40.599
73.280
119.842
188.946
287.933
Kostenpflichtige Downloads
2.893
5.018
8.142
11.853
16.430
21.672
Downloads Gesamt
24.936
45.617
81.422
131.695
205.376
309.606
Freie Downloads in %
88%
89%
90%
91%
92%
93%
Quelle: Gartner (September 2012)
Produktsortiment
Innerhalb dieses neuartigen Spielwarensegments lässt sich kaum ein Bereich bei den Spielwaren
denken, der nicht mit von dieser Entwicklung erfasst werden könnte. Es gibt bereits Apps zur Steuerung von Modelleisenbahnen für das iPad und eine zweistellige Zahl von Kuscheltier-Apps, während
Apps für ferngesteuerte Hubschrauber fast schon wieder out sind. Puzzlehersteller dagegen sehen in
den Apps hervorragende Möglichkeiten und auch die Produzenten, deren Umsätze in großem Maße
auf herkömmlichen Brettspielen basieren, wittern ihre Chance für einen relativ preisgünstigen Einstieg in ein brandneues Universum.
Generell sind sich alle einig, dass die Margen in diesem neuen Bereich bedeutend niedriger sein
werden – das können (z.B. bei Brettspielen) um bis zu 80% weniger sein als im traditionellen Spielwarengeschäft. Wie viele erfolgreiche App-Entwickler bereits erkannt haben, liegt der Schlüssel zum
Erfolg darin, mitzumachen, dabeizubleiben und Zusatzangebote (Add-Ons) zu verkaufen.
Die schlauen Köpfe von Rovio, die der Welt Angry Bird im wahrsten Sinne des Wortes geschenkt hatten, scheffeln mittlerweile Millionen mit dem Verkauf von Lizenzprodukten. Um ihr Wachstum in der
Anfangsphase zu finanzieren, verkauften sie für geringe Beträge In-Game Advantages, ganz nach
dem Prinzip „Kleinvieh macht auch Mist“. Hier wird Spielen neu erfunden – längst geht es nicht mehr
nur darum, den Konsumenten zum Kauf eines neuen Brettspiels zu bewegen, das in einem Schrank
versteckt und gelegentlich mal zum Spielen herausgeholt wird. Der Clou an dem neuen Modell ist,
dass ein Spielerlebnis, das einem Freude bereitet, durch Add-Ons immer mehr verbessert wird.
Die traditionellen Hersteller können an diesem Erfolg teilhaben. Dafür müssen sie sich zum einen mit
den neuen Masterminds zusammentun, was in den letzten paar Monaten einige Male passiert ist,
und zum anderen neue Spiele entwickeln, bei denen die App im Mittelpunkt steht und das Brettspiel
ein Add-On ist – und dann kann’s losgehen. Die kreativen Köpfe der Spielwarenbranche können sich
durchaus mit den App-Entwicklern messen lassen – Zusammenarbeit heißt das Gebot der Stunde
und sie passiert auch in großem Maße. Aber wir brauchen Zusammenarbeit in die andere Richtung,
wir brauchen in diesem Segment Innovationen, die aus der Spielwarenindustrie kommen. Es reicht
nicht, eine Zusammenarbeit zu begründen und zu erwarten, dass dann alles ganz von selbst wie auf
Knopfdruck passiert.
Alles ein Kinderspiel?
Ich komme erneut auf das Musterbeispiel zurück: Angry Birds ist alles andere als ein Spiel für kleine
Kinder. Die Kids haben es nur gespielt, weil sie es auf dem Smartphone ihrer Eltern entdeckt haben.
Und das ist – zusammen mit einigen wenigen anderen Faktoren – die treibende Kraft hinter dieser
Entwicklung auf dem Appcessories-Markt.
Dr. Amanda Gummer von goodtoyguide.com meint dazu: „Durch die Zunahme der Apps können
Kinder Spielsachen nach wie vor taktil wahrnehmen. Produkte, die Apps mit tatsächlich vorhandenen
Spielsachen kombinieren, schließen die Lücke zwischen der physischen und der virtuellen Welt. Das
wirkt sich positiv auf die multisensorische Entwicklung aus und kann darüber hinaus einen zusätzlichen Spielwert bieten.“
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In Zukunft werden Kinder einen unheimlich großen Teil ihrer Zeit mit Technik verbringen. Das muss
man steuern, aber auch akzeptieren. Toys 3.0 ist der Ausgangspunkt, um diese wichtige Entwicklung
in der Spielwarenbranche nicht zu verpassen. Wie stark das neue Segment wird, hängt in erster
Linie von den Marketingbudgets ab, mit denen das Verbraucherbewusstsein erhöht wird, indem man
den neuen Trend mit vertrauten Marken (wie Hot Wheels, Monopoly, Barbie, LEGO) verbindet. Für
die Zukunft wird es für das langfristige Wachstum jedoch entscheidend sein, wie sehr sich der Begriff
„Appcessories“ auch in anderen Produktsegmenten durchsetzen wird.
Es gibt bereits eine Vielzahl großer Marken wie z.B. Nike, Medisana, ION, Griffin und andere finanziell gut ausgestattete Technologie-Startup-Unternehmen, die interessante Produkte herstellen. In
einem nächsten Schritt wird man dann aber schauen müssen, welche großen Anbieter von schnelldrehenden Gütern oder Energieunternehmen zum Beispiel auf den Zug aufspringen und dadurch
den Bekanntheitsgrad des Segments weiter erhöhen und so mehr Vertrautheit schaffen.
Stellen Sie sich vor, es gäbe ein Appcessory für Ihre Supermakt-Kundenkarte, auf das Sie über Ihr
Smartphone im Geschäft zugreifen können und das Ihnen sagt, wieviel Sie sparen können, wenn Sie
einen bestimmten Betrag ausgeben. Dieses greifbare Erlebnis würden wir sicherlich alle gerne erleben – und das lästige Einkaufen würde dadurch auch netter.
Und so funktioniert‘s
• Erschaffen Sie spannende Apps
• Behalten Sie stets im Blick, dass Sie sich in einen Markt vorwagen, der demografisch gesehen
breiter ist als alles, was es bis jetzt gab
• Nutzen Sie soziale Netzwerke wie Pinterest, Facebook und Twitter für Recherchezwecke, bevor
Sie ein Produkt ins Regal stellen
Wie geht es weiter – Toys 3.0 sind die Zukunft des Spielens
Machen Sie mit und haben Sie Spaß daran. Vergessen Sie nicht, dass die Kinder von heute mit Technologien aufwachsen, die keine andere Generation zuvor je gekannt hat. Sie sind die Versuchskaninchen
für eine neue Generation des Spielens. Eine von dem Marktforschungsunternehmen National
Purchase Diary durchgeführte Umfrage hat gezeigt, dass der Einsatz von Tablets bei Kindern von Jahr
zu Jahr um 10% steigt, und wenn wir Erwachsenen unsere alten Tablets ausrangieren oder sie
unseren Kindern überlassen, wird dieser Trend sich in Zukunft immer weiter verstärken.
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Verantwortlich für den Inhalt: Peter Jenkinson
Peter Jenkinson ist der CEO vonToyology.TV, einer Multi-PlattformAgentur für die Spielwarenvermarktung. Das Unternehmen wurde 2007
gegründet und hat schon mit vielen bekannten Marken zusammengearbeitet und ihnen dabei geholfen, ihre Aktivitäten im Bereich Social Media
aufzubauen. Außerdem hat das Unternehmen einige der besten viralen
Inhalte erstellt und ist auch im Bereich Public Relations sehr aktiv. Aktuell
wird ein Fernsehformat für den britischen Markt entwickelt, das als Unterhaltungsshow konzipiert ist, in der es nur um Spielwaren geht. Das Motto
von Toyology.TV lautet: „We love toys, and we think it shows”.
Twitter@toyologist
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Herausgeber RedPaper:
Spielwarenmesse eG
Münchener Str. 330
90471 Nürnberg, Germany
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