Von Abbey Road zu Baby Road

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Von Abbey Road zu Baby Road
MfGZ
Von Abbey Road zu Baby Road
Visuelle Cover-Versionen
28. Juli bis 28.Oktober, Galerie
IMITATION IS THE SINCEREST FORM OF FLATTERY
NACHAHMUNG IST DAS AUFRICHTIGSTE KOMPLIMENT
C.C. Colton
Das wegweisende Beispiel Abbey Road
Stellvertretend für die vielen Beispiele dieser Ausstellung und für die Gründe der Wieder- oder
Weiterverwendung eines bestimmten Motivs seien nachstehend die diversen Imitationen,
Variationen, Parodien und auch Hommagen zu "Abbey Road" der Beatles beschrieben.
Das Original aus dem Jahr 1969 zeigt George Harrison, Paul McCartney, Ringo Starr und John
Lennon, wie sie von links nach rechts den Fussgängerstreifen vor den Londoner "Abbey Road"Studios überqueren, quasi nach getaner Arbeit (oder war das bloss ein willkommene Pause?) das
Studio verlassen. In diesen Studios machten zwar auch Cliff Richard, "Pink Floyd" oder "Oasis"
Aufnahmen, aber zu einem nicht wegzudenkenden Teil der britischen Pop-Geschichte wurden sie
durch die Beatles, und definitiv unsterblich durch "Abbey Road".
Dieses Motiv - eine Band überquert eine Strasse - wurde in der Folge mehrfach wieder
aufgenommen, sei es, weil musikalisch direkt mit den Beatles zusammenhängend, oder einfach
aus Lust und Freude an der einleuchtenden optischen Wirkung und inhaltlichen Kohärenz des
Bildmotivs.
Beatles: Return to Abbey RoadNew York City: Soulful Road
Beatles: Abbey Road
Booker T & The M.G.'s:
McLemore Avenue
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Paul McCartney: Paul is Live
Pickin' on Pickers: Pickin' on
Red Hot Chili Peppers: The
the Beatles
Abbey Road E.P.
Floyd Domino: Baby Road
Den überwiegenden Anteil machen diejenigen Imitationen oder Variationen aus, welche sich sehr
direkt auch musikalisch auf die Vorlage beziehen.
Auf dem ebenfalls 1969 erschienenen Album "The Other Side of Abbey Road" von George Benson
(mit soft-jazzig-funkigen Versionen von "Abbey Road"-Songs) ging der Gitarrist über die Strasse
vor dem New Yorker Aufnahmestudio, in dem seine Platte aufgenommen wurde.
Auf "", dem 1970-er-Album von "Booker T. & The M.G.'s, spielt dieses gemischtrassische Quartett
das gesamte "Abbey Road"-Album instrumental nach und - im Gegensatz zu George Benson - in
der Original-Reihenfolge. Was lag da näher als die Band für den Plattenumschlag vor ihrem
Aufnahme-Studio, dem Stax-Studio in Memphis, über die Strasse, eben die McLemore Avenue,
gehen zu lassen. Blues-Altmeister B.B. King verwendete für die Rückseite seines Albums "Live in
London" (1971) zur Abwechslung die Rückseite des "Beatles"-Albums (was "New York City" und
"Booker T. & The M.G.'s" zusätzlich zur Vorderseite ebenfalls machten).
"New York City" montierten für ihr 74er-Album "Soulful Road" schlicht sich selbst in das OriginalPhoto der Beatles von Iain MacMillan.
"The Beatles Connection" der "King's Singers" (mit von Beatles-Song-Titeln inspirierten Köpfen)
zeigt, dass die Musik der Beatles auch von einem klassisch geschultem Vokal-Sextett gesungen
prima - wenn auch etwas ungewohnt - funktioniert (und wurde 1986 auch noch in den "Abbey
Road Studios" aufgenommen).
"Baby Road" des Pianisten Floyd Domino (mit vier Babies in Pampers) reduziert die Musik der
Beatles im Jahr 1989 auf sanft-einlullendes und damit kleinkindgerechtes Piano-Gesäusel.
Die Funk-Metal-Rocker der "Red Hot Chili Peppers" produzierten in den "Abbey Road"-Studios
1989 eine E.P., was für "Extended Play" steht und ursprünglich aus der Vinyl-Zeit stammt
(gemeint ist eine Single mit mehr als den üblichen zwei Stücken, meist zwei pro Seite.
Naheliegend das Produkt "The Abbey Road E.P." zu nennen und mit ihrem damaligen
Markenzeichen (über den Penis gestülpte Socken, sonst nackt) ebenfalls den bekanntesten
Londoner Fussgängerstreifen zu überqueren.
"Pickin' On Pickers" (mit über den Fussgängerstreifen tanzenden
klassischen Country-Instrumenten wie Gitarre, Bass und Banjo) bringt Beatles-Musik im
swingenden Bluegrass-Sound.
"The Exotic Beatles Part Three" (mit Robotern und Spielzeugfiguren) versammelt schräge, ulkige
und abgefahrene Versionen von Beatles-Material (z.B. mit Jahrmarktorgel oder Männerchor).
"Snoopy's Beatles" (mit den "Peanuts") bieten Comix-Stimmen (eben der "Peanuts") und
Spielzeuginstrumente.
Noch direkter und auch logischer ist die Verwandtschaft bei "The Other Way of Crossing Abbey
Road" oder "Return to Abbey Road" (die Beatles gehen hier von rechts nach links über den
Fussgängerstreifen, also ins statt aus dem Studio), zwei Schwarzpressungen mit nicht
verwendeten und/oder anderen Versionen (sogenannten "Outtakes" oder "Alternate Takes") der
bekannten Songs. Die CD "The Other Way of Crossing Abbey Road" enthält auch Abbildungen
("Sketched Ideas") der Original-Entwürfe für den Umschlag von Paul McCartney.
Und eine ganz naheliegende Absicht zeigt sich bei "Paul Is Live", indem Paul McCartney für seine
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1993er-Live-Doppel-CD das "Abbey Road"-Cover-Motiv seiner ehemaligen Band sozusagen
nochmals aufleben liess.
Besonders speziell und schräg die "Newabeatles", eine nepalesische Band, die Songs der Beatles
nachspielt: Sie kopierten für ihre Kassette "Nepalbhasa Rock'n'Roll Songs" (nepalesisch
gesungene Rock'n'Roll Songs) die vier Beatles aus dem Original-Umschlag heraus und montierten
sie vor einen nepalesischen Tempel.
Die vier schwarzen Rapper von "Chubb Rock" haben musikalisch mit den Beatles nicht eben viel
gemeinsam, verpflanzten das "Abbey Road"-Cover-Motiv aber wie George Benson nach New York
und liefen vor dem "Apollo"-Theater über die Strasse. (Das Konzertlokal "Apollo" ist ein für die
Geschichte der schwarzen amerikanischen Musik mindestens ähnlich legendärer und
geschichtsträchtiger Ort wie die "Abbey Road"-Studios für die britischen weissen Rock- und PopMusiker.)
Die Punks von "Wonderboy" nannten ihr 94er-Album "Abbey Road To Ruin" und varierten das
Original respektlos (oder eben punkig) mit grotesken Kinderzeichnungen.
Paul Young (Album "The Crossing", 1983) und "BAP" (CD-Single "Clownoderso", 2001)
schliesslich waren möglicherweise schlicht der Meinung, es müsse doch einfach wieder einmal ein
Cover mit eine Strasse überquerenden Musikern geben.
Der zuletzt gefunde Bezug einer Beatles-Cover-Version lieferten in diesem Jahr "Jive Bunny & the
Mastermixers" mit der CD "Play The Music of The Beatles".
Neben dieser direkten Motivwanderung sind in der Ausstellung eine kurze Abhandlung über die
Geschichte der Covers zu sehen und eine Auswahl von konzeptuellen Übernahmen, welche Ideen,
Formen oder Verfahren weiter verwerten. Des weiteren finden sich Beispiele von Platten und CDs,
welche von den Schweizer GrafikerInnen von Code, Werkstatt für Grafik, Büro Destruct, Peyer
Beer Visuals und Raffinerie stammen und die ausgewählten Platten und CDs, welche die
BuchautorInnen in der gleichnamigen Publikation beschrieben.
Projektleitung: Dr. Erika Keil
Link zu weiteren Covers
Publikation: Von Abbey Road zu Baby Road Visuelle Cover-Versionen Herausgegeben von
Christoph Alispach und Erika Keil Museum für Gestaltung Zürich und Christoph Merian Verlag 18
x 18 cm, zwei Broschüren in Schuber: 28 Seiten Text, 96 Seiten Bild, 200 Farbabbildungen ISBN
3-85616-155-4 CHF 32.-
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