"Ich will hier Musik machen. Rockmusik." Christian Rein, AZ, Montag

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"Ich will hier Musik machen. Rockmusik." Christian Rein, AZ, Montag
KULTUR
Seite 28 AB 26 CDE · Nummer 126
KULTUR-TIPP
Liedermacher Götz
Widmann im Jakobshof
Aachen. Götz Widmann, einer
der Großen der LiedermacherSzene, kommt nach einer kreativen Pause mit 14 neuen
Songs „im Gepäck“ am Freitag,
6. Juni, 21 Uhr, auf die Bühne
des Jakobshofes Aachen
(Stromgasse). Seine Palette ist
umfassend, sie reicht von zärtlichen Texten bis zu knallharten Songs, mal ist er richtig
weise und dann wieder skurril.
Einsichten zu Themen wie
Drogen, Rock’n’Roll und Frauen prägen seine Texte. Kürzlich ist seine neue CD erschienen.
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KURZ NOTIERT
Posaunen-Rekord
beim Fest in Leipzig
Leipzig . Mit einem gemeinsamen Konzert haben mehrere
Tausend Bläser in Leipzig am
Sonntagmittag einen neuen
Weltrekord aufgestellt. Zum
Abschluss des Deutschen Evangelischen Posaunentags spielten die Musiker zusammen
mehrere Stücke während des
Gottesdienstes mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland,
Bischof Wolfgang Huber. Das
gigantische Konzert soll auch
seinen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde finden. Die
bisherige Bestmarke liegt nach
Angaben der Veranstalter des
Posaunentages bei weniger als
300 Bläsern. Die evangelische
Kirche hatte erstmals einen
bundesweiten Posaunentag organisiert. Rund 16 000 Musiker waren in Leipzig. (ddp)
Jubel für neuen Abend
von Pina Bausch
Wuppertal. Mit lautem Jubel
hat das Publikum im Wuppertaler Schauspielhaus die Uraufführung von Pina Bauschs
neuem Tanzabend gefeiert. Als
die weltberühmte Choreographin inmitten ihrer Tänzerinnen und Tänzer auftrat, um
den Schlussbeifall entgegenzunehmen, erhoben sich die Zuschauer von ihren Plätzen und
klatschten Beifall. Pina Bausch
versucht in dem Stück, die innere Realität des menschlichen Bewusstseins tänzerisch
zu ergründen. (dpa)
Knallbunte Parodie
auf die Show-Welt
Berlin. Mit begeistertem Applaus ist an der Komischen
Oper Berlin die Premiere des
Musicals „Kiss me, Kate“ gefeiert worden. Langen Beifall erhielten vor allem die Filmund Theaterschauspielerin
Dagmar Manzel in der Titelrolle des Cole-Porter-Stücks sowie
Roger Smeets als Petruchio.
Der australische Regisseur Barrie Kosky inszenierte das Musical als knallbunte Parodie auf
die Welt des Show-Geschäfts.
Die 49-Jährige Manzel ist
mit Kino- und Fernsehfilmen
wie der Strittmatter-Verfilmung „Der Laden“, dem
Krebsdrama „Leben wäre
schön“ oder zuletzt der Tragikomödie „Frei nach Plan“ einem breiten Publikum bekannt geworden. (dpa)
dazu:
I Mehr
www.www.komische-operberlin.de
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Montag, 2. Juni 2008
„Ich will hier Musik machen. Rockmusik.“
Die Foo Fighters mit Frontmann Dave Grohl verleihen dem Pinkpop-Festival mit ihrem Auftritt einen wirklichen Höhepunkt
Landgraaf. Bevor die große DaveGrohl-Show startet, zieht sich Richard Ashcroft die Schuhe wieder
an. Der Sänger der britischen Band
The Verve macht ein paar artige
Verbeugungen vor dem Rest-Publikum und äußert sein Bedauern
darüber, dass man nur eine Stunde
zur Unterhaltung beitragen konnte. Dann setzen sich auch seine
letzten Zuhörer in Bewegung, hinüber zur Hauptbühne, wo die
Foo Fighters mit Frontmann Dave
Grohl zum Abschluss des Abends
auftreten werden.
40 Bands waren am Wochenende bei der 39. Auflage des Pinkpop-Festivals in Landgraaf auf
gleich drei Bühnen zu sehen und
zu hören, und es waren einige große Kaliber dabei: Metallica waren
am Freitag gleich zum Auftakt die
Hauptband, gestern schlossen Alanis Morissette, die Queens Of The
Stoneage und Rage Against The
Machine das Festival ab. Offiziell
hatte das Pinkpop am Sonntag
63 000 Besucher – wofür die eigentliche Kapazität von 60 000
Tagesgästen kurzerhand erweitert
wurde.
dann der Auftritt von The Verve.
Nach einigen Jahren getrennter
Wege hat sich das Quartett mit
Sänger Richard Ashcroft wieder
zusammengefunden und arbeitet
an neuen Stücken. Im Mittelpunkt
ihres Auftritts standen jedoch –
nachdem Ashcroft sich seiner
Schuhe entledigt hatte – zunächst
Songs aus den 90er Jahren, besonders vom Erfolgsalbum „Urban
Hymns“. Neben den eingängigen
Nummern wie „Lucky Man“ oder
„Sonnet“ trafen aber die atmosphärischen noisigen Stücke wie
„The Rolling People“ oder „Live Is
An Ocean“ die Stimmung kurz vor
Sonnenuntergang am besten.
Soweit, so gut. Schade nur, dass
Verve nur ein neues Stück spielten. „Love Is Noise“ ist durchaus
spannend, klingt aber eher nach
Pet Shop Boys. Weg von der Atmosphäre, hin zum Tanzen lautet
wohl die Devise, und man darf
gespannt sein, wie sich der Rest
des neuen Albums anhört. Etliche
Zuhörer zogen aber schon vor
Ende des Auftritts weiter, hinüber
zur Hauptbühne. „Bitter Sweet
Symphony“, den Song, auf den
alle heimlich gewartet hatten, verpassten so einige.
Menschenrechte und Fair Trade
Keine Zeit zum Plaudern
Der Höhepunkt der drei Tage war
allerdings ohne Zweifel der Samstag – nicht nur wegen der Foo
Fighters. Insgesamt stach das Lineup gegenüber den anderen beiden Tagen mit etlichen bekannteren und jüngeren Bands heraus:
Kaiser Chiefs, Editors, Stereophonics oder – auf der zweiten
kleinen Bühne im Zelt – die französischen Elektro-DJs von Justice.
Sicher hat ein Musikfestival
nicht die Funktion, nur die neuesten Bands mit aktuellen Platten zu
präsentieren. Und es kann sicher
auch nicht der Anspruch sein,
über drei Tage hinweg eine durchgängig mit Topacts besetzte Setlist
zusammenzustellen.
Trotzdem
stellt sich dem Besucher die Frage,
ob die Counting Crows oder Flogging Molly die großen Publikumsmagneten sind. Sie boten wenig
Neues und wenig Interessantes.
Aber Gott sei Dank gaben diese
Auftritte – die auch keineswegs auf
komplettes Desinteresse gestoßen
sind – auch die Möglichkeit zu
einer Verschnaufpause. Auffällig:
Die Menschenrechtsorganisation
Amnesty International nutzte genauso die Gelegenheit, intensiv
für seine China-Kampagne zu werben, wie Oxfam, die sich für fairen
Handel einsetzen. Bei einem Rockfestival geht es eben längst nicht
mehr nur um Musik.
Der Höhepunkt war also der
Samstag. Nachdem am frühen
Nachmittag die amerikanischen
Doch die Vorfreude auf die Foo
Fighters war mehr als berechtigt.
Denn der Auftritt, den Dave Grohl
und seine Mannen boten, war
spektakulär. Unabhängig von ihren Hits, von denen mit Ausnahme der aktuellen Single „Long
Road To Ruin“ alle zu hören waren, gibt es derzeit wohl kaum
eine zweite Band, die derartig
emotionsgeladene Auftritte zeigt
und ihr Publikum von der ersten
Sekunde an mitreißen kann.
Grohl stand keine Minute still,
sang und brüllte, tanzte und hüpfte. „Ich habe keine Zeit zum Plaudern“, sagte er in einer kurzen
Atempause. „Ich will hier Musik
machen. Rockmusik.“
Doch die Foo Fighters beschränken sich nicht darauf, einfach nur
ihre Stücke runterzuspielen. Mit
neuen Versionen von „Everlong“,
„My Hero“ oder „Stacked Actors“
musste man den Eindruck haben,
die Band hätte ihr Leben lang
nichts anderes getan, als sich auf
diesen Auftritt vorzubereiten.
Auch deshalb waren sie der Höhepunkt des Festivals. Zudem spielten Dave Grohl an der Gitarre und
Schlagzeuger Taylor Hawkins das
Publikum mit sensationellen Soli
schwindelig. Wer bis dahin noch
Zweifel hatte, warum er das Pinkpop-Festival besucht hatte, der
wusste es jetzt.
VON CHRISTIAN REIN
Singen und brüllen, tanzen und hüpfen: Dave Grohl und seine Foo Fighters waren der Höhepunkt beim
diesjährigen Pinkpop-Festival in Landgraaf.
Foto: Harry Heuts
Alt-Punker von Bad Religion auf
der kleinen Bühne für ein leichtes
Aufwärmen der Masse gesorgt hatten, waren es später vor allen Dingen die Kaiser Chiefs aus London.
Sänger Ricky Wilson wirblete unermüdlich über die Bühne und
animierte das Publikum zu ersten
lautstarken Gesangseinlagen, etwa
bei „Na Na Na Na Naa“ oder dem
unvermeidlichen „Ruby Ruby
Ruby“. Zum Abschluss mit „I Predict A Riot“ waren die Zuhörer
längst aus dem Häuschen.
Mit Spannung erwartet wurde
Das älteste und bekannteste Musikfestival der Niederlande
Sein Debut erlebte das Pinkpop
1970 und ist damit nach Angaben
des Veranstalters das älteste und
bekannteste Festival der Niederlande. Bei der ersten Auflage des damals noch eintägigen Bandmeetings waren unter anderen Golden
Earring, George Baker Selection und
Opus vertreten.
Pinkpop steht für Pop met Pinksteren, also Pop an Pfingsten. An
diesem Wochenende findet das
Festival normalerweise statt. In diesem Jahr wurde es verschoben, weil
Pfingsten sehr früh lag und um
nicht terminlich mit anderen Festivals zu kollidieren. Im kommen-
den Jahr, wenn das Pinkpop sein
40. Jubiläum feiert, wird es wieder
an Pfingsten stattfinden, wie schon
in diesem Jahr am Wochenende 30.
und 31. Mai und 1. Juni.
den pinkfarbenen Mützen blieben
dem Festival treu: 19 Mal war es in
seiner Geschichte bereits
ausverkauft. (chr)
Insgesamt 492 Bands sind
bis einschließlich 2007
beim Pinkpop aufgetreten, darunter etliche
namhafte Gruppen. Mit
fünf Auftritten sind
Faithless am häufigsten
zu Gast in Landgraaf gewesen. Bush, Lenny Kravitz,
Live, De Heideroosjes und
Osdorp Posse hatten je vier
Auftritte. Auch die Fans mit
Informationen:
I Mehr
www.pinkpop.nl
Der Mann mit dem Hut räumt beim Publikum tüchtig ab
Viele gelungene Überraschungen beim „Blind Date“ auf Burg Wilhelmstein. Erlös für unsere Hilfsaktion „Menschen helfen Menschen“.
VON CHRISTOPH CLASSEN
Würselen. Gibt es für das erste
Rendezvous einen romantischeren Ort, als den im Schatten einer
bruchsteinernen Burgruine? Wohl
kaum. Logisch also, dass ein
„Blind Date“ auf und vor der Freilichtbühne von Burg Wilhelmstein nur ein Erfolg werden kann.
Der Clou der Veranstaltung: Das
Publikum weiß vorher nicht, mit
welchen Künstlern es sich an diesem Abend treffen wird. Trotz,
oder gerade wegen dieser Ungewissheit, kamen 1000 Besucher.
Damit war das „Blind Date“, das
gleichzeitig den Auftakt zur diesjährigen Freiluftsaison auf Burg
Wilhelmstein darstellte, bis auf
den letzen Platz ausverkauft. Was
äußerst erfreulich ist, schließlich
fließt der gesamte Erlös in die
Hilfsaktion „Menschen helfen
Menschen“
unserer
Zeitung.
Denn die Auftretenden verlangen
an diesem Abend keine Gage. Was
für ein erstes Treffen auch ein wenig unhöflich wäre. Ebenso wie
ein verspätetes Erscheinen. Deswegen war der Großteil des Publikums auch bereits eine knappe
Stunde vor Programmbeginn am
vereinbarten Treffpunkt.
Das war nicht die schlechteste
Entscheidung. Denn schon bevor
das Date offiziell seinen Lauf nehmen sollte, sorgte die Gruppe Apiku für heiße Sambarhythmen. Ap-
Gelungener Auftakt: Rund 1000 Besucher kamen zum „Blind Date“ auf Burg Wilhelmstein. Die „Überraschungsgäste“ traten zugunsten unserer Aktion „Menschen helfen Menschen“ auf.
Foto: Ralf Roeger
ropos heiß: Die reizvolle Tänzerin
im sparsamen Dress hätte auch
gut in den Straßenkarneval von
Rio gepasst. Für ein erstes Date zu
gewagt? Nicht bei Samba. Wenig
später begrüßte AZ-Redakteur Robert Esser das Publikum und führte anschließend durch das Programm. Als erstes durfte er die
Gruppe jUSi ankündigen. Die vier
Vollblutmusiker konnten mit ihren
samtig-jazzigen
Klängen
durchaus bezaubern. Nicht zu-
letzt, weil in ihren Texten, mal auf
Deutsch, mal auf Spanisch, das gesamte Repertoire der Herzensangelegenheiten verarbeitet wird:
Vom ausgelassenen Verliebtsein
bis zum bitteren Trennungsschmerz. „Ich hab’ gehört, in
Würselen wird immer gepicknickt. Da sehe ich aber gar nicht“,
sagte Sängerin Sibylle Laux zwischen zwei Songs. Das wollte das
Publikum nicht auf sich sitzen lassen. Von gefüllten Weingläsern
über Kartoffelsalat, Chips und Oliven bis zur kompletten Käseplatte
inklusive Traubendekoration wurde alles gen Bühne gereckt. In
Würselen wird natürlich gepicknickt. Punkt.
Dann war es Zeit für Toni Mahoni. Der hatte sich für sein Date
nicht unbedingt chic gemacht –
zumindest nicht im klassischen
Sinne. Mit weißem Hut, blauem
Kapuzenpulli und roter Ledertasche betrat er gelassen die Bühne.
Dort nahm er auf einem Klappstuhl vor einem kleinen Holztisch
Platz. Mahonis merkwürdige
Stimmlage sorgte schnell für Gelächter. Ob sie über Jahre hart antrainiert oder eine Laune der Natur ist, bleibt sein Geheimnis. Ist
aber auch egal, denn der originelle
Kauz aus Berlin („Ik komm’ aus
Brandenburg, das ist ein Lebensgefühl. Zwar kein schönes, aber es ist
eins.“) war die Enddeckung des
Abends. Mahonis launige Texte
meisterten den schmalen Pfad
zwischen Alltagsbanalität und
Tiefsinnigkeit bravourös. In seiner
trockenen Art serviert er einen
Treffer nach dem anderen. Sowohl
in den Songs als auch dazwischen.
Und: Es gibt wohl niemanden, der
den ausgelassenen Sitztanz besser
beherrscht als Mahoni. Das Publikum raste nach seinem Auftritt.
Der Künstler zog den Hut, reichte
ihn zur vordersten Sitzreihe und
hoffte, dass er sich füllt.
Wie ein komplettes Kontrastprogramm wirkte der anschließende Auftritt von Bonita. Die
Künstlerin aus Kapstadt verfügt
über beeindruckende Stimmgewalt, bot mit ihrer Band rockigen
Soul und zur Abwechslung ein wenig Country. Beim Publikum kam
das bestens an. Selten ein so abwechslungsreiches Date gehabt.
dazu:
I Mehr
www.burg-wilhelmstein.com