Magazin der Berufsbildungswerk Adolf Aich gGmbH 2|2011
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Magazin der Berufsbildungswerk Adolf Aich gGmbH 2|2011
Magazin der Berufsbildungswerk Adolf Aich gGmbH 2|2011 Titelthema Inklusion Seite 4 Altenpflegehilfe: Beruf mit Zukunft Seite 19 350 Gäste beim Fachtag Autismus Seite 28 Projekt in Ulm: Sing & Dance Seite 31 Inhalt Unsere Autoren in diesem Heft: Inhalt Titel: Mittendrin – das BBW auf der IBO 2011 Foto: Messe Friedrichshafen Standpunkt Helga Raible Stiftung Liebenau Kommunikation Claudia Wörner Freie Mitarbeiterin Stiftung Liebenau Kommunikation Freier Mitarbeiter Stiftung Liebenau Kommunikation Elke Benicke Freie Mitarbeiterin Stiftung Liebenau Kommunikation Lioba Scheidel Ulrich Kuhn Freie Mitarbeiterin Stiftung Liebenau Kommunikation Leiter Stabsstelle Sozialpolitik Stiftung Liebenau Herbert Lüdtke BBW-Geschäftsführer Albert Erb Leiter Josef-Wilhelm-Schule Manfred König Fachdienst Diagnostik und Entwicklung Marianne Gumbel Bildungsbegleiterin RAZ Ulm 2 | Auf Kurs 2-2011 3 Christof Klaus Thomas Frick Ausbilder Fachlageristen Claudius Hacker Mitarbeiter Wohnheim Roland Groner Leiter Max-GutknechtSchule Ulm Andrea Eschrich Fachdienst Diagnostik und Entwicklung Titelthema Inklusion: von Anfang an dabei Interview: Wilhelm Eichhorn (Vorsitzender BAG BBW) Übergangssystem: eine Brücke zur Teilhabe RAZ Ulm: Normalität wird zum Prinzip Situation der Sonderberufsschulen Organisationsentwicklungstage 2011 Guck mal: BBW-Azubis mittendrin 4 6 8 10 11 11 12 BBW im Überblick Neues aus dem BBW BBW präsentiert sich auf Messen Qualitätsarbeit aus dem BBW für medica Ümit Yüzer: Auf Umwegen zum Traumberuf 14 16 17 18 Serie: Ausbildungsberufe im BBW Altenpflegehelfer/-in 19 Bildung und Arbeit Grünes Licht: Neue Fachpraktiker-Ausbildung im BBW Azubis präsentieren Regiokiste auf Messe Starkbierwochen in der MarktWirtschaft BvB: Mit langem Atem zur Berufsreife Kursende: Pflegeassistenten verabschiedet 20 21 21 22 23 Josef-Wilhelm-Schule Altenpflegehilfe: Mentoren der Azubis treffen sich Mit neuen Strukturen in die Zukunft VAB: Nachhaltiger Lerneffekt 23 24 25 Wohnen und Freizeit Band AG: Jammen im eigenen Proberaum 26 Fachdienste Studenten fördern Schüler: Intensivkurs Deutsch Fachtag Autismus 2011: Experten informieren 27 28 Schillerstraße 15 Ulm Neues aus der Schillerstraße 15 Projekt Sing & Dance: Jugendliche begeistern 30 31 Nachrufe 32 Service Ausbildungsangebote Übersicht / Impressum 33 34 Augenblick bitte… Roland Groner 35 Leitartikel Auf dem Weg in die inklusive Gesellschaft Vor mehr als zwei Jahren hat sich im Bereich der Hilfen für Menschen mit Behinderung ein Paradigmenwechsel vollzogen. Mit der Verabschiedung der UNKonvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung hat sich die Staatengemeinschaft darauf verständigt, Teilhabe-Barrieren für Menschen mit Behinderung abzubauen und so für eine echte Chancengleichheit in der Gesellschaft zu sorgen. Damit liegt der Fokus nicht mehr auf dem Individuum und der Kompensation seiner behinderungsbedingten Defizite, sondern auf der Gesellschaft, die allen Individuen in ihrer Unterschiedlichkeit gerecht werden muss. Pointiert gesagt: Ein Mensch ist nicht behindert, er wird behindert – durch politische, bauliche, strukturelle Hürden auf dem Weg zur Teilhabe. Dieses Umdenken betrifft alle Lebensund damit auch Politikbereiche. Ganz wesentlich auch den Bereich der Bildung. Das langjährig unbestrittene, fachlich hoch entwickelte System der Sonderbeschulung steht auf dem Prüfstand. Bildungspolitiker, Wissenschaftler, Lehrer und Eltern diskutieren seither über Modelle und Strukturen, wie der Anspruch auf ein inklusives Bildungssystem zu realisieren ist. Bringt er ein radikales Aus für das Sonderschulwesen – von der frühkindlichen bis zur beruflichen Bildung? Sollen alle Kinder und Jugendliche mit oder ohne Behinderung künftig die Regelschule besuchen beziehungsweise eine reguläre Ausbildung absolvieren? Welche Konsequenzen hätte das für die Ausstattung der Schulen, die Qualifikation von Lehrern und Ausbildern? Oder geht es lediglich darum, ein Wahlrecht zu ermöglichen – wobei sich die Frage stellt, wie denn die Wahl bei der Mehrzahl der betroffenen Familien ausfiele? Eine Zwischenbilanz nach zwei Jahren bringt noch nicht viel Klarheit. Der Bildungsföderalismus in Deutschland hat dazu geführt, dass die Bundesländer ihre eigenen, unterschiedlichen Wege ge- hen, jeweils im eigenen Tempo. Bremen hat die Inklusion bereits ins Schulgesetz aufgenommen. In Mecklenburg-Vorpommern werden seit dem laufenden Schuljahr keine Schüler mehr an einer Förderschule eingeschult, sondern ausschließlich in Regelschulen. Baden-Württemberg hat die Sonderschulpflicht aufgehoben und räumt Eltern ein Wahlrecht ein. In so genannten Bildungswegkonferenzen sollen Eltern, Schulen, Schulämter und Jugendhilfe über die besten Fördermöglichkeiten für das jeweilige Kind beraten. Die berufliche Bildung spielt in den öffentlichen Diskussionen um Inklusion noch immer eine Nebenrolle. Es scheint, als wären in diesem Bereich Spezialeinrichtungen und Spezialangebote wie Berufsbildungswerke, Sonderberufsschulen, Sonderberufsvorbereitungsjahre unangefochten akzeptiert – im Sinne von Startrampen auf dem Weg zur Inklusion. Hinzu kommt, dass die Ausbildungsbereitschaft von Betrieben für behinderte Menschen in den letzten Jahren eher gesunken ist und das so genannte Übergangssystem einen neuen Höchststand an Teilnehmern verzeichnet. Auch an der Josef-Wilhelm-Schule war der Ansturm auf das Sonderberufsvorbereitungsjahr in diesem Schuljahr so groß wie nie zuvor. Hinter den Kulissen wird allerdings nicht weniger dringend gesucht, nach einer fachlichen Position in der Inklusionsdebatte ebenso wie nach zukunftsfähigen Modellen inklusiver Ausbildung. Kooperative Ausbildungsgänge, verzahnte Ausbildung mit Betrieben, Praktika: Die Berufsbildungswerke können schon seit längerem mit erprobten fachlichen Konzepten aufwarten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft beteiligt sich an Aktionsprogrammen der Bundesregierung und will weitere inklusive Projekte entwickeln. Auch ihre Rolle als Kompetenzzentren könnten die Berufsbildungswerke in der Zukunft ausbauen, indem sie ihr fachliches Know-how und ihre fundierte Kenntnis der Zielgruppe – Jugendliche mit Ausbildungshindernissen – der Gesellschaft zur Verfügung stellen. Ein solcher Know-how-Transfer ist umso wichtiger, als es auf dem Weg in die inklusive Gesellschaft nicht nur sichtbare Barrieren abzubauen gilt, sondern vor allem ein Wandel in den Köpfen aller Beteiligten erfolgen muss. Die Radikalität der UN-Konvention, gesellschaftliche Vielfalt zur Norm zu erheben, erfordert einen grundlegenden Perspektivwechsel. Ein Maßnahmen-Katalog der Inklusionsprojekte kann diesen Blickwechsel allenfalls befördern, nicht ersetzen. Denn echte Teilhabe hängt auch von den sozialen Beziehungen ab. Wie Ausbilder, Kollegen, Kunden mit den Azubis reagieren, ist ebenso maßgeblich für den Ausbildungsverlauf wie der Erwerb fachlicher Kenntnisse. Wenn sich im täglichen Umgang kein Gefühl der Zugehörigkeit entwickelt, ist Inklusion nur eine leere Worthülse. Hier Unsicherheiten abzubauen, für den Abbau der „Barrieren im Kopf“ zu sensibilisieren, ist auch eine wichtige Aufgabe der Begleitung. Deshalb sollten sich gerade die Bildungsprofis nicht nur auf der MaßnahmenEbene um Weiterentwicklungen kümmern, sondern auch um ihre ganz persönliche Position zur „Inklusionsphilosophie“. Das Berufsbildungswerk Adolf Aich hat dem Thema seine diesjährigen Organisationsentwicklungstage gewidmet. Zwei Tage lang haben alle Mitarbeiter –Verwaltungskräfte, Lehrer, Ausbilder, Erzieher – sich mit Inklusion beschäftigt, ohne dass konkrete Umsetzungsergebnisse gefordert waren. Solche Freiräume zum Nachdenken, zur Orientierung und zur Positionsbestimmung sind ein notwendiger und nützlicher Schritt auf dem Weg in die inklusive Gesellschaft. Helga Raible Auf Kurs 2-2011 | 3 Inklusion Titelthema: Inklusion Die 2006 von den Vereinten Nationen auf den Weg gebrachte Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat hierzulande eine große sozial- und bildungspolitische Debatte angestoßen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Leitgedanke der „Inklusion“, der selbstverständlichen Einbeziehung von behin- derten Menschen in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens – als gleichberechtigte Bürger. Auf Kurs befasst sich in dieser Ausgabe schwerpunktmäßig mit diesem Thema. Lesen Sie auf den folgenden Seiten, was es mit dieser UN-Konvention auf sich hat, welche Rolle die Berufsbildungswerke in Sachen Inklusion spielen, worin die Probleme an der Schnittstelle zwischen Schule und Ausbildung liegen und inwieweit Teilhabe für die Jugendlichen aus dem Berufsbildungswerk Adolf Aich schon jetzt alltägliche Realität ist – sei es bei der Ausbildung oder in ihrer Freizeit. UN-Behindertenrechtskonvention sichert Selbstbestimmung und Teilhabe Inklusion: Teilhabe von Anfang an Inklusion – dieser Begriff ist zurzeit in aller Munde, wenn es um die künftige Ausrichtung der Politik für Menschen mit Behinderung geht. Es handelt sich dabei nicht um ein weiteres Modewort, wie es sie in der Vergangenheit immer wieder gegeben hat. Vielmehr ist mit Inklusion ein grundlegender Paradigmenwechsel gemeint, der mit der Ratifizierung der „UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen“ im Dezember 2008 auch in Deutschland Gesetzeskraft erlangt hat. Die UN-Konvention schafft keine Sonderrechte. Sie konkretisiert die universellen Menschenrechte aus der Perspektive der Menschen mit Behinderungen und deren Lebenslagen. Zweck dieses Übereinkommens ist es laut Artikel 1 der Konvention, „ den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen … zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern“. In der Konvention wird Behinderung nicht mehr im Sinne eines Defizitansatzes als individueller Mangel, Fehler oder Krankheit ver- 4 | Auf Kurs 2-2011 standen, sondern als Bestandteil der Normalität menschlichen Lebens. Behinderung ist somit Ausdruck gesellschaftlicher Vielfalt („Diversität“). So benennt Artikel 3 der Konvention als wesentliches Prinzip „die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit“. Der Begriff Inklusion bringt dieses Verständnis auf den Punkt: Alle Menschen, auch diejenigen mit Behinderungen, gehören von Anfang an und mit allen Rechten zur Gesellschaft dazu. Behinderung entsteht damit, wie es in der Präambel formuliert ist, „aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren…, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern“. Inklusion versus Integration Inklusion unterscheidet sich somit von Integration: Nicht der behinderte Mensch muss sich anpassen, damit er in der Gesellschaft dabei sein kann. Stattdessen muss sich die Gesellschaft mit ihren Strukturen anpassen. Eine inklusive Gesellschaft bezieht behinderte Menschen mit ihren Bedürfnissen von Anfang an ein und grenzt gar nicht erst aus. Individualität und Vielfalt der Menschen werden anerkannt und wertgeschätzt. Somit zielt die UN-Konvention darauf ab, Barrieren abzubauen und Teilhaberechte durchzusetzen. Wesentliche Rechte, die in der Konvention konkretisiert werden, sind unter anderem: • Recht auf Leben und Schutz der Unversehrtheit der Person • Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung • Unabhängige Lebensführung und Teilhabe in allen Lebensbereichen • Zugang zu Bildung, Arbeitswelt und Gesundheitsversorgung Umstritten ist, inwieweit die Anforderungen der UN-Konvention im deutschen Recht bereits realisiert sind. Die Bundesregierung kommt im Behindertenbericht 2009 zu dem Schluss, dass der Paradigmenwechsel hin zu Selbstbestimmung und Teilhabe bereits mit dem Sozialgesetzbuch IX und dem Behindertengleichstellungsgesetz eingeleitet wurde und dass das innerstaatliche Recht letztlich der UN-Behinder- tenrechtskonvention entspricht. Wenn man sich allerdings vor Augen hält, dass die Realisierung von Inklusion und der umfassende Abbau von Barrieren die Gesamtgesellschaft mit allen Lebensbereichen betrifft, ist in der Umsetzung noch viel zu tun. Es sind alle Rechtsbereiche, nicht nur das Sozialleistungsrecht betroffen. Immerhin hat die jetzige Bundesregierung im Koalitionsvertrag die Erarbeitung eines Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Konvention vereinbart. Unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird ein Nationaler Aktionsplan erarbeitet, der im Frühjahr 2011 im Kabinett verabschiedet werden soll. flussen. Die Stiftung Liebenau hat sich auf den Weg gemacht, ihre Dienste zur besseren Förderung von Selbstbestimmung und Teilhabe weiterzuentwickeln und neue gemeinsame Lebenswelten von Menschen mit und ohne Behinderung zu gestalten. Zu nennen sind hier zum Beispiel Projekte des gemeindeintegrierten Wohnens, die Integrationsfachdienste zur Unterstützung von Regelkindergärten bei der Aufnahme und Begleitung von behinderten Kindern oder in Betriebe ausgelagerte Arbeitsplätze der Werkstätten für Menschen mit Behinderung. BBW Adolf Aich: Voll auf der Linie der Konvention Einfluss auf die Sozialpolitik Auch auf der Ebene der Bundesländer gibt es entsprechende Initiativen. So nimmt der Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Bundesländer zur Reform der Eingliederungshilfe auf die UN-Konvention Bezug. In Baden-Württemberg hat die (alte) Landesregierung beschlossen, die schulische Bildung unter Berücksichtigung der Konvention weiterzuentwickeln. Ebenso hat der Landes-Behindertenbeirat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Möglichkeiten einer besseren Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Sinne der UN-Konvention erörtern soll. Die Bundesregierung ist übrigens dazu verpflichtet, einem Fachausschuss der Vereinten Nationen Bericht zu erstatten. Und schließlich haben Menschen mit Behinderung, die sich in ihren Menschenrechten verletzt sehen, selbst das Recht, nach Ausschöpfung der nationalen Instanzen ein Komitee bei den Vereinten Nationen anzurufen. Die UN-Behindertenrechtskonvention und deren zentrales Ziel der Inklusion werden also in den kommenden Jahren die Sozialpolitik und damit auch die strategische Weiterentwicklung der Dienste für Menschen mit Behinderungen oder anderen Benachteiligungen ganz wesentlich beein- Für die Arbeit des Berufsbildungswerks Adolf Aich sind insbesondere die Artikel 24 (Bildung), Artikel 26 (Habilitation und Rehabilitation) sowie Artikel 27 (Arbeit und Beschäftigung) der UN-Konvention relevant. Im Bereich Bildung wird ein inklusives Bildungssystem gefordert, das „Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen … sowie ihre … Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen (lässt)“ und sie „…zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft (befähigt).“ Sie sollen nicht aufgrund der Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlos- sen werden. Mit Artikel 27 (Arbeit und Beschäftigung) wird „das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit (und) … die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen“, anerkannt. Schritte zur Realisierung sollen dabei unter anderem „Programme für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und den beruflichen Wiedereinstieg von Menschen mit Behinderungen“ sein. Insofern liegt der Grundauftrag des Berufsbildungswerks Adolf Aich, die berufliche Qualifizierung von lernbehinderten Jugendlichen und anderen benachteiligten Personen sowie deren Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt, voll auf der Linie der UNKonvention. Auch als Sonder-Institution dient das BBW der nachhaltigen gesellschaftlichen Inklusion der betroffenen Menschen. Herausforderung in der Weiterentwicklung der Dienste im Sinne der UN-Konvention wird es sein, die Maßnahmen selbst verstärkt inklusionsorientiert auszurichten, das heißt in das Regelsystem von Bildung und Beschäftigung einzubinden. Ulrich Kuhn Stabsstelle Sozialpolitik Stiftung Liebenau Ausgrenzungen von vorneherein vermeiden: das ist der Leitgedanke der Inklusion. Foto: Pfluegl (Fotolia.com) Auf Kurs 2-2011 | 5 Inklusion Im Interview: Wilhelm Eichhorn (Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der BBWs) „Berufsbildungswerke können Motor sein“ Welche Rolle spielen die Berufsbildungswerke in der Inklusionsdebatte? Auf Kurs unterhielt sich mit Wilhelm Eichhorn, dem Vorsitzenden der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (BAG BBW), dem Dachverband der 52 deutschen Berufsbildungswerke. Herr Eichhorn, die Prinzipien von „Inklusion“ und „Teilhabe“ sind Gegenstand der UN-Behindertenrechtskonvention, die unter anderem ein Recht auf Ausbildung festschreibt. Wie „inklusiv“ sind die Berufsbildungswerke als Spezialeinrichtungen für Menschen mit besonderem Förderbedarf? Die Berufsbildungswerke leisten mit ihren multidisziplinären Teams von Ausbildern, Berufsschullehrern, medizinischen, psychologischen, therapeutischen Fachdiensten, Sozialpädagogen, Ökotrophologen, technischen Angestellten seit Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Teilhabechancen Jugendlicher und junger Erwachsener am Arbeitsleben und in der Gesellschaft. Die Kosten-Nutzen-Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft mit der Dokumentation der Vermittlungsergebnisse von 1994 bis 2009, die Vermittlungsstatistik der BAG BBW und die Ergebnisse des Integrationsprämienmodells belegen eindeutig die guten Integrationserfolge der Berufsbildungswerke. Diese qualifizierte Berufsausbildung führt zu einer 6 | Auf Kurs 2-2011 erfolgreichen Teilhabe am Arbeitsleben. Zu fragen bleibt, inwiefern sie der Inklusionsphilosophie einer Ausbildung junger Menschen mit und ohne Behinderung entspricht. Muss Inklusion im Ausbildungsprozess als Weg oder als Ziel begriffen werden? Die Frage kann in dem langfristigen gesellschaftlichen Gestaltungsprozess der Inklusion meines Erachtens nicht auf ein „Alles oder Nichts“ bezogen werden. Ein alternatives „Sowohl als auch“ entwickelt hier weitere Perspektiven. In einem Essay von Heiner Bielefeld zu dem Innovationspotenzial der UN-Menschenrechtskonvention für die Rechte der Personengruppe mit Behinderungen verbindet er die Frage nach der Zielperspektive mit der nach den wirksamsten Durchsetzungsinstrumenten. Diese sollten, so Bielefeld, dem Empowerment der Menschen dienen und die Ansprüche auf Selbstbestimmung, Diskriminierungsfreiheit und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe rechtsverbindlich verankern. Die Berufsbildungswerke haben dazu in den letzten Jahren gute innovative Modellprojekte und Inklusionsinitiativen entwickelt und implementiert. In Deutschland gilt ein großer Teil der Schulabgänger als nicht ausbildungsreif und landet zunächst im so genannten Übergangssystem. Wo liegen an dieser Schnittstelle zwischen Schule und Beruf hierzulande die Defizite? Einige der Bildungsprobleme in Deutschland werden an den Ergebnissen der Vielzahl der nicht standardi- „Berufsbildungswerke werden auch in Zukunft wichtige Partner der Wirtschaft und der Gesellschaft sein“: Wilhelm Eichhorn, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (BAG BBW). Foto: BAG BBW sierten Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen des Übergangssystems deutlich: Die indikatorengestützten Bildungsberichte des Bundesinstitut für Berufsbildung der letzten Jahre zeigen uns, dass zirka 40 Prozent der Teilnehmer aus dem Übergangssystem ohne formale berufliche Qualifikation verbleiben. Das sind alleine in der Altersgruppe der 25- bis 35-Jährigen 1,5 Millionen Menschen mit und ohne Behinderung. Sie sind in der Folge in hohem Maße von der Arbeitslosigkeit betroffen. Die Defizite könn(t)en wir beseitigen. Unsere Handlungsempfehlungen: – eine professionelle und individuelle, transparente und kohärente Bildungs- und Berufsberatung für Kinder und Jugendliche, – bundesweite standardisierte Diagnosen, Kompetenzanalysen, ICFbasierte individuelle Förderkonzeptionen, – eine frühe Lernförderung und die Entwicklung gleicher Bildungschancen für alle Kinder und Schüler, – die Einbeziehung von qualifiziertem Fachpersonal und Fachdiensten in die Regelsysteme zur individuellen Förderung, – offene Schulsysteme in den neunten und zehnten Klassen im Sekundarbereich I mit neuen Bildungskooperationen (Berufsorientierung in Kooperation mit den Unternehmen der Wirtschaft, den Kammern und Innungen sowie den BBWs), – mehr als bisher in die Zukunft der Kinder und Jugendlichen in den Bildungssystemen investieren, das heißt mindestens zehn Prozent vom Bruttoinlandprodukt (BIP), – die Chancen der demographischen Entwicklung nutzen und die Klassenfrequenzen in den allgemeinbildenden Schulen verringern. Wie sehen Ihrer Meinung nach wirksame Konzepte für eine inklusive Bildung aus? Wir sind in unserer Gesellschaft gefordert, die vielen positiven Beispiele von gemeinsamen Lernen, dem Zu- sammenleben und -arbeiten von Jungen und Alten, Gesunden und Kranken, Behinderten und Nichtbehinderten ganz bewusst zu reflektieren, zu analysieren und zu publizieren. Aus der Vielzahl der sich aus diesem Prozess ergebenen Anregungen und Kenntnisse lassen sich gute Inklusionsinitiativen ableiten. Das Bundesministerium für Arbeit entwickelt zu Zeit mit den Bundesländern ein Aktionsprogramm zu Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, an dem sich die BAG BBW mit weiteren inklusiven Projekten beteiligen möchte. Welche Rolle spielen dabei die Berufsbildungswerke? Wo liegen ihre Stärken, und was sind mögliche Entwicklungen? Die Berufsbildungswerke können zu einem „Motor“ der Inklusionsentwicklung werden. Mit dem Modellprojekt VAmB, der verzahnten Berufsausbildung mit den Betrieben, haben sie bereits einen Meilenstein gesetzt. Die Geschäftsführer der Berufsbildungswerke haben eine „Frühjahrsinitiative VAmB“ gestartet und weitere 200 Plätze in der verzahnten Ausbildung zugesagt, sodass in diesem Jahr bundesweit diese Inklusionsinitiative zu insgesamt über 500 VAmB-Plätzen führt. Die BBWs haben hervorragende Fachkräfte mit wissenschaftlich fundierten Reha-Kompetenzen. Sie können ihre handlungsorientierten Ausbildungskonzepte weiter in die betriebliche Praxis und damit in den inklusiven Unternehmensalltag integrieren, die Wirtschaftkooperationen ausweiten und die Bildungsangebote für weitere Personenkreise erweitern. Die Berufsbildungswerke werden auch in der Zukunft als sich verändernde, lernende und dynamische Sozialunternehmen wichtige Partner der Wirtschaft und der Gesellschaft sein. Das gilt möglicherweise auch für neue Geschäftsfelder im Wirtschaftsmarkt, die Gründung von Integrationsfirmen und für Aus- und Weiterbildungsangebote von „Reha-Spezialisten“. Strukturell inkludiert zu sein ist das eine, sich subjektiv auch so zu fühlen das andere: Wie kann eine BBW-Ausbildung dazu beitragen, dass sich bei den betroffenen Jugendlichen selbst ein Gefühl des „Dazugehörens“ entwickelt? Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich gerne ein schönes Beispiel aufgreifen. Heike Holst, eine Gartenbau-Auszubildende im ersten Lehrjahr, lieferte uns gute Gründe für ihre Zufriedenheit im BBW: „Im BBW kann ich zeigen, was in mir steckt. Es ist toll, dass es auch die Möglichkeit gibt, Teile der Ausbildung in einem echten Betrieb zu machen. So verbessern sich meine Chancen, einen guten Job zu finden.“ Vielseitige Bildungsangebote der BBWs, eine Wertschätzung und Anerkennung, die den Auszubildenden das Gefühl geben „Ich werde gebraucht“ sind subjektiv und objektiv die besten Voraussetzungen, die gesellschaftliche Inklusion zu verwirklichen. Auf Kurs 2-2011 | 7 Inklusion Maßnahmen an der Schnittstelle von Schule und Ausbildung Übergangssystem: Brücke zur Teilhabe Ausbildungslosigkeit ist ein gravierendes Problem für viele junge Menschen in unserem Land und zugleich eine große Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Denn statt Teilhabe und Inklusion drohen Arbeitslosigkeit und dauerhafte Ausgrenzung. Jugendliche, die nach der Schule nicht berufsreif sind, landen derzeit in dem so genannten Übergangssystem – einem Bündel von verschiedenen Förderund Berufsvorbereitungsmaßnahmen. Obwohl Realität, wird es sozialpolitisch aber nicht als ein System begriffen und dementsprechend behandelt. „Keine Perspektive ohne Ausbildung“ – das ist der Titel einer 2010 veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung, die sich mit Auswirkungen, Folgekosten und Segregation des Fehlens einer beruflichen Qualifikation befasst. Demnach ist Ausbildungslosigkeit nicht nur als statistische Größe zu betrachten, sondern als sozialer Sprengstoff, wie er in unseren Nachbarländern noch deutlicher zutage tritt – man denke etwa an die Bilder von brennenden Autos in französischen Vorstädten. Aber auch hierzulande sind junge Menschen ohne Ausbildung eine erkennbare Realität. Die Zahlen aus der Bertelsmannstudie sprechen eine deutliche, eine alarmierende Sprache: Jeder fünfte junge Erwachsene im Alter von 25 bis 34 Jahren hatte im Jahr 2007 in Westdeutschland keinen Berufsabschluss und war zu dem Zeitpunkt auch nicht in einer Ausbildung. Die meisten der über 1,4 Millionen Betroffenen kommen aus sozial benachteiligten Verhältnissen, ein überdurchschnittlich hoher Anteil hat einen Migrationshintergrund. Auch im gemeinsam von Bund und Ländern in Auftrag gegebenen Be- 8 | Auf Kurs 2-2011 richt „Bildung in Deutschland 2010“ wird dieser Negativtrend bestätigt. Dazu kommen massenweise Ausbildungsabbrüche: 140 000 allein im Jahre 2008, das entspricht einer Quote von mehr als 21 Prozent. Dazu kommt der unter allen Lehrstellenbewerbern mit rund 50 Prozent fast bedrohlich hohe Anteil von Altbewerbern. Die Folgen von Ausbildungslosigkeit sind für die Betroffenen verheerend und für die Gesellschaft teuer: die Gefahr der Arbeitslosigkeit ist hoch, die Sozialsysteme werden belastet, es kommt zu steuerlichen Mindereinnahmen. Und neben den wirtschaftlichen Folgen führt Ausbildungslosigkeit auf der menschlichen Ebene zu deutlichen sozialen Einschränkungen. So haben Personen ohne Ausbildung wesentlich geringere Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und werden von vielen sozialen Netzen ausgeschlossen. Trotz dieser Tatsachen bleiben zielführende Konsequenzen der Entscheidungsträger bislang jedoch leider an entscheidender Stelle aus. Dort nämlich, wo die Weichen für die berufliche und damit auch persönliche Zukunft der jungen Menschen maßgeblich mit gestellt werden: im so genannten Übergangssystem. Unter diesem Begriff wird das ganze Bündel an unterschiedlichen Maßnahmen subsummiert, die Jugendliche mit besonderem Förderbedarf nach ihrer Schulzeit (unter anderem in Berufsbildungswerken) in Anspruch nehmen – oder absolvieren müssen, um als Minderjährige ihre Schulpflicht zu erfüllen. Nach der Definition des Nationalen Bildungsberichts 2006 umfasst das Übergangssystem „(Aus-) Bildungsangebote, die unterhalb einer qualifizierten Berufsausbildung liegen beziehungsweise zu keinem anerkannten Ausbildungsabschluss führen, sondern auf eine Verbesserung der individuellen Kompetenzen von Jugendlichen zur Aufnahme einer Ausbildung oder Beschäftigung zielen und zum Teil das Nachholen eines allgemeinbildenden Schulabschlusses ermöglichen.“ Die Anzahl der Jugendlichen in diesem Übergangssystem ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Ein Grund dafür liegt in der wachsenden Diskrepanz aus immer höheren Ausbildungsanforderungen und der tatsächlichen Ausbildungsreife vieler Jugendlicher. System oder nicht? Obwohl also immer mehr junge Menschen von dieser Entwicklung betroffen sind, wird das Übergangssystem in der Sozialpolitik nicht als System angenommen und dementsprechend gesteuert. Das wirft die Frage auf: Böte ein „echtes“ Übergangssystem Chancen, die prekäre Situation der Ausbildungslosigkeit aufzubrechen? In den Stellungnahmen von Hauptausschuss, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Beauftragten der Länder zum Entwurf des Berufsbildungsberichts 2010 wird in unterschiedlicher Weise von einem „Übergangssystem“ gesprochen. Mal wird es als ein System benannt, mal wird darauf hingewiesen, dass es sich eher um eine Phase und kein System handelt. Auch in der Wissenschaft findet man bekanntlich ganz verschiedene Definitionen des Begriffs. Man kann System natürlich eng definieren: Als ein geschlossenes Gebilde, das einer Logik folgt – wie zum Beispiel das Schulsystem oder das duale Ausbildungssystem. In diesem Sinne wäre das Übergangssystem kein System, sondern eine Ansammlung von Maßnahmen unterschiedlicher Kostenträger. Man kann aber auch alle Maßnahmen der beruflichen Bildung, Qualifizierung und Integrati- on nach der Regelschule in gewisser Weise als ein System verstehen – schließlich stehen sie alle miteinander in Beziehung und verfolgen dasselbe Ziel. Wenn man ernsthaft beabsichtigt, dieses Übergangssystem effizienter zu gestalten – wie beispielsweise von Arbeitgeberseite in der Stellungnahme zum Entwurf des Berufsbildungsbericht 2010 gefordert – kann dies aber nur funktionieren, wenn man ein übergeordnetes System schafft und so versucht, die Einzelkomponenten zu steuern. Denn der bisherige Maßnahmendschungel mit seiner uneinheitlichen Steuerung zeichnet sich durch eine Vielfalt in punkto Angebote, Anbieter und Zuständigkeiten aus. Nicht immer zum Vorteil der betroffenen Jugendlichen. So gibt es Maßnahmen der Arbeitsagenturen zum einen und schulische ausbildungsvorbereitende Bildungsgänge auf der anderen Seite. Eine neue Steuerungsstruktur des Übergangssystems könnte die Rolle für bildungspolitische Akteure neu definieren, etwa durch die Verlagerung von Entscheidungsund Aushandlungsprozessen auf die regionale Ebene bei Nutzung lokaler Problemlösungskompetenzen. Bislang hat man – vielleicht aus politischen und ideologischen Gründen – vermieden, das Übergangssystem als ein solches zu begreifen, da man davon ausging, dass es entweder die Schule oder die Ausbildung „richten“ wird. Man wollte nicht eingestehen, dass es ein weiteres System an der Schnittstelle von Schule und Ausbildung gibt und braucht, um den jungen Menschen die Teilhabe an Arbeit auf nachhaltige Art und Weise zu ermöglichen. Erste Schritte zum Beruf Wie die gesamte Bildungspolitik muss sich auch ein wie auch immer strukturiertes Übergangssystem am Leitgedanken einer inklusiven Bildung messen lassen. Doch sind Sondereinrichtungen mit ihrer eigenen Klientel wie die Berufsbildungswerke dabei streng genommen einer Inklusion nicht im Wege? Die Erfahrung sagt: nein. So wie es Spezialeinrichtungen für die Bildungselite gibt, muss es auch für junge Menschen an der anderen Seite des Spektrums, jene mit besonderem Förderbedarf, Sondereinrichtungen geben, die sie in jenen wichtigen Jahren ihres Lebens begleiten, in denen die Weichen für ihre berufliche und persönliche Zukunft gestellt werden. Das Berufsbildungswerk Adolf Aich als eines von über 50 Einrichtungen seiner Art in Deutschland steht dabei für die gewachsene Kompetenz einer Spezialeinrichtung, die seit vielen Jahren mit nachweisbarem Erfolg sozial benachteiligte junge Menschen zur Berufsreife führt und sie damit zu der Erlangung von Teilhabe am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft erst befähigt. Und das nicht abgeschottet hinter hohen Mauern, sondern in Kooperation mit Betrieben, mit Initiativen, mit Einrichtungen und mit Menschen. Viele Betroffene – oft mit einer Biografie des Scheiterns und der Brüche, mit sozialen und persönlichen Problemen, schlechten Prognosen und Negativerlebnissen in das BBW gekommen – bezeichnen rückblickend ihre Zeit im BBW als DEN positiven Wendepunkt in ihrem Leben. Und diese Zeit beginnt oft mit einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB) oder dem Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf (VAB) – zwei Maßnahmen im BBW, die eben in jenes Übergangssystem fallen. Schulabschlüsse werden nachgeholt, soziale Kompetenzen erlernt, Schlüsselqualifikationen erarbeitet, die ersten Schritte in Richtung Berufsausbildung gemacht. Viele der Jugendlichen, die zu solchen berufsvorbereitenden Angeboten ins Berufsbildungswerk Adolf Aich gekommen sind, bleiben danach im BBW, münden in eine Ausbildung ein, nehmen ein paar Jahre später ihr Abschlusszeugnis entgegen und sind dann in der Regel in der Lage, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und eine Arbeitsstelle anzutreten. Doch bis es soweit ist, ist viel individuelle Förderung und intensive Begleitung durch die Fachdienste und die im Umgang mit einer teilweise stark förderbedürftigen Klientel erfahrenen Ausbilder und Lehrer des BBW gefragt. Ein Umfeld, das es mit dieser Vernetzung, mit diesen kurzen Wegen und diesem Know-how bisher so nur im Berufsbildungswerk gibt. Inklusion, der Anspruch auf Teilhabe bedeutet eben auch das Eingehen auf individuelle Bedürfnisse. Natürlich sind daneben auch präventive Maßnahmen wichtig, um etwa die Zahl der Schulabbrüche zu verringern. UN-Konvention: Recht wird zur Pflicht Die UN-Konvention, die auch für unser Land geltendes Recht darstellt, spricht ganz klar von einem Recht auf Ausbildung. Ein Recht, das angesichts unserer gesellschaftlichen Entwicklung immer mehr zu einer Pflicht wird: Jugendliche ohne Ausbildung haben aktuell und auch in Zukunft definitiv die schlechteren Karten. Und das kann sich eine Gesellschaft wie die unsere nicht leisten. Die Politik ist also gefordert, das Übergangssystem als Tatsache ernst zu nehmen und zu versuchen, dieses System sinnvoll zu steuern. Dann kann und wird es gelingen, einem größeren Anteil junger Menschen dauerhafte Teilhabe zu ermöglichen. Klar ist: Es geht nicht darum, Luxusprobleme zu lösen und irgendwelche vergoldeten sozialen Standards in Deutschland zu schaffen. Es geht schlicht um die Verwirklichung des Rechts auf Ausbildung und einem Zugang zur Arbeit in einer sehr hoch differenzierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Eine Aufgabe, die in unser aller Interesse ist. Herbert Lüdtke Geschäftsführer Auf Kurs 2-2011 | 9 Inklusion Ausbildung im Regionalen Ausbildungszentrum (RAZ) Ulm „Normalität wird hier zum Prinzip“ Im Regionalen Ausbildungszentrum (RAZ) des BBW in Ulm werden Jugendliche sehr betriebsnah ausgebildet. So absolvieren sie einen Großteil ihrer praktischen Lehre in externen Partnerbetrieben des RAZ. Auf Kurs fragte bei Abteilungsleiterin Birgit Simon in Sachen Inklusion nach. Schon während der Lehre mittendrin im Arbeitsleben: In den Kooperationsbetrieben des RAZ werden die Azubis praxisnah ausgebildet. Foto: Kästle Frau Simon, welche Rolle spielt der Aspekt der Inklusion bei der Ausbildung im RAZ Ulm? Das Prinzip der integrativen Ausbildung im RAZ Ulm lautet: „So individuell wie nötig, und so normal wie möglich.“ Das heißt: Die Aneignung von Grundkenntnissen im geschützten Rahmen im RAZ und die praxisnahe Erprobung in der Realität – in Betrieben der freien Wirtschaft – wechseln sich ab. Dabei werden die Kooperationsbetriebe nach den Bedürfnissen der einzelnen Azubis ausgesucht. Unter der Begleitung von Ausbildern und Sozialpädagogen des RAZ nähern sich Betrieb und Azubi dann Schritt für Schritt an. Der Lerneffekt im Umgang miteinander tritt übrigens auf beiden Seiten ein: sowohl bei den Mitarbeitern im Kooperationsbetrieb, als auch bei den Azubis vom RAZ. Vertrauen und Sozi- 10 | Auf Kurs 2-2011 alkompetenz werden gestärkt, Hemmschwellen gleichzeitig abgebaut. Das klingt nach Normalität? Ja. Eine „Sonderstellung“ unserer Azubis während ihrer Ausbildung in den externen Kooperationsbetrieben wird systematisch abgebaut. Auf der anderen Seite können wir aber auch auf Probleme reagieren, gerade wenn der Ausbildungserfolg zur Disposition steht. So gefährdet etwa ein Wechsel des Kooperationsbetriebs die Ausbildung nicht. Generell pflegen wir mit unseren Partnerbetrieben einen intensiven Austausch. Durch das aus der Zusammenarbeit mit dem RAZ heraus entstandene Vertrauen lassen sich diese Unternehmen dann auch eher auf neue Menschentypen ein. Ermöglicht wird vielen Jugendlichen die Teilhabe am Arbeitsmarkt aber erst durch das Angebot besonders geregelter Ausbildungsberufe. Diese theoriereduzierten Ausbildungen setzen bei den Stärken, der praktischen Begabung, an und fördern sie, die Theorie rückt dabei stärker in den Hintergrund. Die Legitimation der theoriereduzierten Ausbildung gegenüber der Regelausbildung wird gewährleistet durch die Eintragung der Ausbildungsverträge bei den Kammern und die Prüfungen durch deren Prüfungsausschüsse. Wichtig: Bei Bedarf ist der Durchstieg zur Regelausbildung möglich. Beschult werden die Azubis in der Regel unter einem Dach mit dem RAZ, in der Max Gutknecht Schule. Die eigene Berufsschule im Haus unterstützt die Azubis beim Lernen und ermöglicht individuelle Förderung durch kleine Klassen und geschultes Fachpersonal. Gleichzeitig ist sie offen für externe Schüler, die in Betrieben der freien Wirtschaft eine theoriereduzierte Ausbildung machen. Die Schillerstraße 15, das neue Domizil des RAZ Ulm im Herzen der Münsterstadt, präsentiert sich ja generell als offene Einrichtung. Es gibt dort etwa öffentliche, von RAZ-Azubis betriebene Bäckereiund Metzgereiverkaufsläden… Die Ausbildungsbetriebe im RAZ sind nicht nur für die Verpflegung und Dienstleistungen im Haus, sondern auch für Besucher, Gäste und Kunden von außen offen. Das Haus ist einladend gestaltet, sodass sich die Menschen aus der Umgebung willkommen fühlen. Dadurch holen wir uns ein Stück Normalität in die Einrichtung. Diese Begegnungen bedeuten sowohl für die Besucher, als auch für die Azubis einen Gewinn. Normalität wird hier zum Prinzip. „Unsere Schüler hätten erhebliche Probleme“ Inklusive Beschulung, gemeinsames Lernen, Elternwahlrecht: Die im Zuge der UN-Behindertenrechtskonvention im Raum stehenden Neuregelungen der schulischen Bildung deuten spürbare Veränderungen an – auch für die Berufsschulen. Auf Kurs hat sich bei Albert Erb, Leiter der Sonderberufsschulen des BBW, erkundigt. Herr Erb, welche Rolle spielen die Sonderberufsschulen wie die JosefWilhelm-Schule in der aktuellen Inklusionsdebatte? Bei den Sonderberufs- und Sonderberufsfachschulen handelt es um „Sonderschulen“. Nach dem Beschluss des Ministerrats von Baden-Württemberg vom 3. Mai 2010 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat das Ministerium für Kultus und Sport umfassende Regelungen zur schulischen Bildung von jungen Menschen mit Behinderungen beschlossen. Diese sehen neben einer generellen Aufhebung der gesonderten Pflicht zum Besuch einer Sonderschule eine Änderung des Schulgesetzes, des Privatschulgesetzes und sonstiger Rechtsvorschriften vor. Dies soll bereits zum Schuljahr 2013/14 umgesetzt werden. Demnach sollen Sonderschulen zu sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren weiterentwickelt werden. Weiter soll im Schulgesetz ein zieldifferenzierter gemeinsamer Unterricht von behin- derten und nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen verankert werden. Künftig wird es ein Elternwahlrecht geben, das sich auf die in einer Bildungskonferenz entwickelten Fördermöglichkeiten beziehen soll. Die sonderpädagogischen Einrichtungen sollen außerdem auch für Kinder und Jugendliche ohne Behinderung geöffnet werden. Die Sonderberufsschulen sind also in vielfältiger Weise direkt betroffen. Derzeit werden an allen Schulen in den Bezirken ausgewählter Schwerpunktschulämter, unter anderem auch in Biberach, die vom Ministerrat beschlossenen Maßnahmen versuchsweise umgesetzt. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sollen in die gesetzlichen Änderungen einfließen. Unsere beruflichen Schulen sind wie andere Sonderberufsschulen im Land derzeit dabei, sich mit ihren Erfahrungen aktiv in die Gespräche und Beratungen einzubringen. Was würde eine Beschulung in einer regulären Berufsschule für Ihre Schüler bedeuten? Mit der Inklusionsdebatte kommen auf die regulären Berufsschulen in BadenWürttemberg erhebliche Herausforderungen zu, die in letzter Konsequenz noch nicht absehbar sind. Für die beruflichen Schulen in Baden-Württemberg umso mehr, da es hier im Land für behinderte junge Menschen – im Gegensatz zu den allgemeinbildenden Schulen – bislang nur private Schulen gibt. Wie sich die beruflichen Schulen auf diese Herausforderungen einstellen und welche Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen werden, das sind die offenen Fragen. Das Ziel unserer Berufsschule liegt darin, den jungen behinderten Menschen so individuell zu fördern, dass eine erfolgreiche berufliche und soziale Eingliederung gewährleistet ist. Dieses Ziel muss auch bei einer inklusiven Bildung an einer regulären Berufsschule im Vordergrund stehen. Wenn man sich die beruflichen Schulen anschaut, dann wird dort in vielen Bereichen – von der Berufsvorbereitung bis zu den Fachschulen und den beruflichen Gymnasien – eine hervorragende Arbeit geleistet. Aber können diese Schulen auch noch die vielen jungen Menschen mit Behinderungen aufnehmen und ihnen die notwendigen Bedingungen einer inklusiven Beschulung bieten? Schon heute klagen viele beruflichen Schulen über nicht ausreichende Rahmenbedingungen, wie die unzureichende Zahl von Unterrichtsstunden, einen Mangel an Fachpersonal oder über eine unzureichende Raumausstattung. Wenn ich die Schülerinnen und Schüler unserer Schule ansehe, dann würden bei einem Wechsel an eine reguläre Berufsschule unter den jetzigen Bedingungen erhebliche Probleme auftreten. Organisationsentwicklungstage 2011 Inklusion war auch Thema bei den diesjährigen Organisationsentwicklungstagen des BBW. Über 200 Mitarbeiter aus den verschiedenen BBWStandorten zwischen Ulm und Friedrichhafen waren nach Ravensburg gekommen, um sich über die Weiterentwicklung ihrer Bildungseinrich- tung und das Leitbild des Unternehmens auszutauschen. Was ist Inklusion? Was bedeutet das für das BBW? Welche Folgen hat dieser Paradigmenwechsel? Auf dem Programm standen unter anderem eine Podiumsdiskussion, Workshops zu aktuellen bildungspolitischen und unternehmensinternen Themen sowie mehrere Fachvorträge. Zu den Referenten zählten Wilhelm Eichhorn, der Vorsitzende der BAG BBW, Professor Karl-Heinz Eser, Leiter des BBW Dürrlauingen, sowie von der Stiftung Liebenau der Vorstand Dr. Berthold Broll und der Leiter der Stabsstelle Sozialpolitik, Ulrich Kuhn. Auf Kurs 2-2011 | 11 Guck mal! BBW-Azubis mittendrin! Teilhabe an der Gesellschaft – das ist das große Ziel einer Ausbildung im BBW. Für die jungen Azubis des Berufsbildungswerks Adolf Aich sind der Blick über den Tellerrand der eigenen Einrichtung und der Kontakt zu den Menschen der Region längst alltäglich. Ob im Rahmen ihre Ausbildung oder in der Freizeit, ob in praxisnahen Jobs, in Vereinen oder bei sonstigem Engagement: Sie sind schon jetzt mittendrin im Leben. Auf Kurs hat sich mit dem Fotoapparat an die Fersen der Jugendlichen geheftet. Guck mal, wobei die BBW-Azubis so alles aktiv sind! Wasser marsch! In voller Montur traf Auf-Kurs-Fotograf Felix Kästle den 19-jährigen Metall-Azubi Patrick Schmigula an (Bild oben). Der im Wohnheim des BBW lebende Schwäbisch Gmünder lässt auch außerhalb von Ausbildung und Berufsschule nichts anbrennen: So engagiert sich der angehende Zerspanungsmechaniker in seiner Freizeit tatkräftig in der Feuerwehr Weißenau. Mit Stolz und Freude, wie man sieht! Spaß hat auch Katharina Ott an ihrer Arbeit: Die Auszubildende sorgt in der Mensa des Ravensburger Spohn-Gymnasiums dafür, dass täglich hunderte von Schülern in der Mittagspause satt werden – und reicht ihren jugendlichen Kunden trotz hektischer Betriebsamkeit mit einem Lächeln im Gesicht das Essen aus der BBW-Küche über den Tresen (Bild unten links). 12 | Auf Kurs 2-2011 Fotos: Kästle (4), privat (2), Klaus Schwer aktiv und kreativ beim letzten Christkindlesmarkt in Ravensburg: die angehenden Hauswirtschafterinnen Katja Hüfner und Natascha Ostertag bei ihrem Bastelangebot für Kinder in der BBW-Hütte (Bild oben links). Und auch auf den verschiedenen Messen mit BBW-Beteiligung sorgen die Azubis immer wieder für ein buntes Rahmenprogramm. So tüftelten die Metaller aus dem BBW an einer Mini-CNC-Maschine, um damit auf der diesjährigen IBO Schilder nach Wunsch der Messebesucher zu beschriften, wie hier Andreas Endes und Erik Bekker (Bild oben rechts). Derweil kümmert sich Azubi Lisa Rettenmaier ein paar Meter weiter um das leibliche Wohl der Gäste im Messecafé des BBW (Bild Mitte). Abwechslung vom Ausbildungsalltag findet mancher Azubi beim Erklimmen luftiger Höhen und ist wie die anderen Jugendlichen aus der Kletter AG des BBW-Wohnheims Mitglied im Deutschen Alpenverein (DAV). Auf andere Hobbykletterer trifft man entweder am Naturfelsen oder – wie hier auf dem Bild unten links – unter dem Dach der Kletterhalle in Friedrichshafen. Die Wasserratten der Segel AG suchen ihr Glück dagegen lieber auf dem Bodensee an Bord des BBW-eigenen Bootes (Bild unten). Auch hierbei sind die Jugendlichen fest in das Vereinsleben integriert: Schon seit 1990 ist die Segel AG des BBW Mitglied im Yachtclub Langenargen. Auf Kurs 2-2011 | 13 BBW im Guck malÜberblick Eine Gartenbank für das Klinikum Auszubildende des BBW aus den Bereichen Holz und Metall haben als gemeinsame Projektarbeit eine Gartenbank für das Klinikum Friedrichshafen gebaut. Diese wurde im Rahmen der IBO in Friedrichshafen dem Geschäftsführer des Klinikums, Johannes Weindel, übergeben und wird nach Abschluss der Umbauar- Chefsache: In Rekordtempo schraubte Klinikum-Geschäftsführer Johannes Weindel (Bildmitte) unter fachkundiger Mithilfe des angehenden Teilezurichters Wilhelm Pister aus dem BBW und unter den Augen von Manfred Haas, Abteilungsleiter Bildung und Arbeit im Berufsbildungswerk, die gestiftete Gartenbank zusammen. Foto: Klaus beiten die neue Außenanlage des Krankenhauses schmücken. Den ersten Funktionstest hat das Möbelstück jedenfalls bereits bestanden: Unter der Mithilfe von BBW-Lehrling Wilhelm Pister und dessen Ausbilder Erwin Koch packte der Klinikum-Chef selbst tatkräftig mit an und schraubte die Bank am Messestand des Berufsbildungswerks zusammen. Auch bei der Beschriftung des kleinen Metallschildes, das die Bank mit Hinweis auf die Konstrukteure ziert, legte Weindel an der Mini-CNC-Fräse des BBW selbst Hand an. Und nach getaner Arbeit und erfolgreicher Sitzprobe ließ er es sich dann nicht nehmen, eine Fahrt auf dem Seifenkistenparcours – einer der Attraktionen am diesjährigen IBO-Stand des BBW (siehe auch Seite 16 in diesem Heft) – zu wagen. Christof Klaus „Rehabilitation ist kein Luxus“ Ende 2010 fand in Kopenhagen die 9. Europäische Konferenz zu Rehabilitation statt. Unter dem Motto „Die UNKonvention über die Rechte behinderter Menschen und Rehabilitation BBW-Geschäftsführer Herbert Lüdtke. – Effekte auf das Foto: BBW Individuum und das Reha-Management“ trafen sich mehrere hundert Vertreter von NonProfit-Organisationen, Verbänden, Regierungen, staatlichen Organisationen sowie Lehre und Forschung – darunter auch BBW-Geschäftsführer Herbert Lüdtke. Auf Kurs fragte nach: 14 | Auf Kurs 2-2011 Herr Lüdtke, welche Themen standen bei der Konferenz auf der Agenda, und mit welchen Eindrücken sind Sie aus Kopenhagen zurück gekommen? In Workshops bearbeitet wurden etwa Themen wie die Rolle von Staat und Regierung in der Rehabilitation, Kundenorientierung, Rehabilitation als Investition – inklusive Arbeitsmärkte und das Konzept der „flexicurity“, Case Management und Qualitätssicherung. Eine der wesentlichen Erkenntnisse dabei war, dass die UN-Konvention eine durchschlagende Wirkung in Europa hat. Auch bei uns in Deutschland werden die Folgen der Ratifizierung spürbar zutage treten. Wie auf der Konferenz von den Betroffenen deutlich gemacht wurde, ist „Inclusion“ mehr als Integration. Es ist ein neues Paradigma, eine neue Denkhaltung. Rehabilitation ist für hoch entwickelte Gesellschaften kein Luxus, sondern eine Chance, Ressourcen auszuschöpfen und Menschenrechte umzusetzen. Für mich war die Konferenz aber auch eine Gelegenheit, die Entwicklung des eigenen Hauses zu reflektieren und sich über Trends in anderen Regionen und Ländern zu informieren. Spannend ist hier etwa der Blick in asiatische Staaten wie Korea oder Japan. Deutschland braucht sich zwar nicht zu verstecken – ganz im Gegenteil: Wir sind im internationalen Vergleich ganz gut aufgestellt. Aber man muss bei den Entwicklungen Schritt halten und etwa in der Lehre mehr investieren. Langjährige Mitarbeiter geehrt 1200 Euro für Flutopfer Azubis und Mitarbeiter des BBWSchreinerzentrums haben 1200 Euro für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan gespendet. Die Jugendlichen hatten zugunsten der Initiative „Pakistan Aid“ Werkstücke wie Kindermöbel, Vogelhäuschen oder Spielsachen verkauft. „Uns hat gefallen, dass die Hilfe von einem regionalen Unternehmen vermittelt wird und langfristig angelegt ist“, erklärt Betriebsleiter Ludwig Speidler, der seit einer Fahrradreise durch das Land selbst einen intensiven Bezug zu Pakistan hat. Politiker zu Besuch 30 Jubilare wurden im BBW für ihre langjährige Betriebszugehörigkeit geehrt. Foto: Wörner 30 langjährige Mitarbeiter mit einer Betriebszugehörigkeit von zehn, 20, 25 und 30 Jahren feierten im Ausbildungsrestaurant des BBW in Ravensburg ihr Jubiläum. „Ein Jubiläum gibt Gelegenheit, um inne zu halten, zurück zu blicken und nach vorne zu schauen“, sagte Geschäftsführer Herbert Lüdtke und dankte auch im Namen des Vorstands der Stiftung Liebenau für die langjährige Unternehmenstreue. Neben der beruflichen Kompetenz seien Menschlichkeit und die Zuwendung des Herzens im Sinne von Herzensbildung ebenso notwendig. „Das ist in der heutigen Zeit eine Herausforderung“, meinte Lüdtke. Das BBW wurde im Verbund der Stiftung Liebenau im Jahr 1980 gegründet, und viele Mitarbeiter sind von Anfang an dabei. „Sie haben die Einrichtung mit aufgebaut“, dankte Lüdtke. Mit einer gesunden Mischung aus jungen und langjährigen Mitarbeitern stelle das BBW eine ordentliche Mannschaft, die sich den Herausfor- derungen der Zeit stelle. Auch Bernd Vollers, Vorsitzender der Mitarbeitervertretung, dankte für das langjährige Engagement und wünschte weiter viel Freude an der Arbeit. Für zehn Jahre geehrt wurden Karin Essig-Rieser, Corinna Deyhle, Johannes Hettrich, Martin Döser, Wolfgang Dreyer, Ulrich Fischer, Guido Weishaupt, Jürgen Hirscher, Hilde Hund, Josef Stützenberger, Maria-Anna Janßen-Spinnenhirn, Aradoica Schönherr, Myriam Bell, Friedhelm Borck, Regina Amann-Metzger, Detlev Freyer und Manfred König. Sein 20-jähriges Betriebsjubiläum feierte Hugo Glückler. Seit 25 Jahren dabei sind Gabriele Schneider, Gudrun Moser, Karl-Heinz Trum und Michael Staerk. Und für 30 Jahre wurden Eric Geffroy, Claudia Blaser, Uwe Kleinhammer, Manfred Haas, Harald Mayer, Werner Schmitzer, Gerlinde Nabholz und Peter Haußmann geehrt. Claudia Wörner Politiker verschiedener Parteien haben im Vorfeld der badenwürttembergischen Landtagswahl das BBW besucht, um sich vor Ort über die Arbeit der Bildungseinrichtung zu informieren und aktuelle bildungs- und sozialpolitische Themen zu diskutieren. So begrüßten BBW-Geschäftsführer Herbert Lüdtke und der Leiter der Stabsstelle Sozialpolitik bei der Stiftung Liebenau, Ulrich Kuhn, eine Grünen-Delegation aus dem Europa-Abgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Reinhard Bütikofer und dem mittlerweile neu in den Landtag gewählten Manne Lucha. Zuvor waren mit dem langjährigen Landtagsabgeordneten Norbert Zeller und Kandidatin Christel Ulmer bereits zwei SPD-Vertreter zu einem Gespräch im BBW gewesen. Und auch der Ravensburger FDP-Landtagskandidat Benjamin Strasser und Patrick Meinhardt, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, hatten dem Berufsbildungswerk einen Besuch abgestattet. Auf Kurs 2-2011 | 15 BBW im Überblick Berufsbildungswerk präsentiert sich auf Messen Rasante Seifenkisten und Berufsinfos satt Mit einer bunten Mischung aus Action, Unterhaltung und Information für Jung und Alt hat sich das BBW auf verschiedenen Frühjahrs- und Bildungsmessen der Region präsentiert. für die IBO im Schreinerzentrum des BBW konstruierten Holzgefährt. Die besten Piloten wurden mit attraktiven Preisen belohnt. Neben den Bildungsmessen in Ravensburg, Biberach und Villingen-Schwenningen stand in diesem Frühjahr auch wieder die IBO in Friedrichshafen auf dem Veranstaltungskalender des BBW. Für die große Frühjahrsmesse am See hatten die Azubis mit ihren Ausbildern ein buntes Informations- und Mitmachprogramm auf die Beine gestellt. Zu den Highlights gehörte eine Seifenkistenpiste mit einem eigens Präzision statt Geschwindigkeit stand bei den BBW-Metallern im Vordergrund. Sie waren mit einer speziellen CNC-Maschine im Miniformat vor Ort, um damit Kleinteile nach Wunsch zu beschriften. Die kleinen Besucher konnten derweil am BBW-Stand ihren „Führerschein“ mit dem Minigabelstapler machen und dabei wie echte Fachlageristen Waren von A nach B rangieren. Hoch hinaus bis unters s (2) sse FN (2), Klau Me Fotos: Kästle, 16 | Auf Kurs 2-2011 Spannende Mitmachaktionen Hallendach ging es für mutige Kletterer auf der „Himmelsleiter“. Und für das leibliche Wohl der Gäste sorgten Auszubildende aus dem HoGa- und Hauswirtschaftsbereich im BBW-Café. Unter dem Motto „Gutes aus Omas Backofen“ wurden dabei auch Kuchen nach alten Hausrezepten serviert, für die im Vorfeld der Messe ein Aufruf gestartet worden war. Daneben informierte das BBW natürlich auch umfassend über seine vielfältigen Ausbildungs-, Berufsvorbereitungs- und sonstigen Qualifizierungsangebote. Christof Klaus In medica-Produkten steckt BBW-Qualitätsarbeit Die medica Medizintechnik GmbH hat ein Reha-Trainingsgerät an das BBW übergeben. Dort stellen Auszubildende des Metallbereichs seit Jahren Einzelteile für das Hochdorfer Unternehmen her – und sammeln dabei wichtige praktische Erfahrungen für das spätere Berufsleben. „Das Gerät veranschaulicht unseren Jugendlichen, dass sie mit der Herstellung der Teile zu einem Ganzen beitragen“, freute sich BBW-Geschäftsführer Herbert Lüdtke über den von medicaGeschäftsführer Peter Kopf überreichten „THERA Trainer“ und zitierte den Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Seit mehreren Jahren werden im BBW verschiedenste Metallteile für die weltweit vertriebenen therapeutischen Bewegungstrainer aus dem Hause medica hergestellt – unter maßgeblicher Beteiligung von jungen Menschen mit besonderem Förderbedarf, die im Berufsbildungswerk ihre Lehre absolvieren und für qualitativ hochwertige Arbeit stehen: So wurde der BBW-Metallbetrieb bereits mehrfach von der in Hochdorf bei Biberach ansässigen MedizintechnikFirma als bester Zulieferer ausgezeichnet. Den beteiligten Azubis bringt die Einbindung in den Produktionsprozess viele Vorteile. Zum einen steigt die Motivation: Anstatt nur Werkstücke ohne spätere Verwendung herzustellen, stecken ihre Erzeugnisse nun in hochmodernen medica-Geräten. Darüber hinaus profitieren die Jugendlichen vom Know-how, das sie sich bei der Auftragsarbeit aneignen, und bekommen so schon während der Lehre einen hautnahen Einblick in jene betriebliche Realität, in der sie später Fuß fassen sollen. Erfahrungen, die man nicht simulieren kann. Christof Klaus Da steckt BBW mit drin: medica-Geschäftsführer Peter Kopf (rechts im Bild) übergibt ein Trainingsgerät seiner Firma an den Geschäftsführer des Berufsbildungswerks Adolf Aich, Herbert Lüdtke. Foto: medica Infos aus dem BBW – noch aktueller Seit einigen Jahren berichtet Auf Kurs regelmäßig über Wissenswertes und Aktuelles aus dem BBW. Daneben informieren wir Sie, liebe Leser, über die interessantesten Neuigkeiten auch per E-Mail – zeitnah, kurz und bündig mit dem BBWNewsletter. Auf www.bbw-rv.de können Sie den Newsletter schnell und einfach abonnieren – selbstverständlich kostenlos und nur so lange Sie möchten. Übrigens: Auf unserer Internetseite können Sie sich auch die letzten Ausgaben der Auf Kurs herunterladen oder auch als nutzerfreundliches E-Book noch bequemer am Bildschirm durchblättern. www.bbw-rv.de Auf Kurs 2-2011| 17 Porträt Ümit Yüzer: vom Ausbaufacharbeiter zum Hotelfachmann Auf Umwegen zum Traumberuf Ümit Yüzer hat lange gebraucht, um herauszufinden, was er werden möchte. Zunächst absolvierte er im BBW eine Ausbildung zum Ausbaufacharbeiter. Er stellte aber fest, dass diese Arbeit nicht zu ihm passt. Gleichzeitig hat er sich persönlich weiterentwickelt, erfahren dürfen, dass Menschen an ihn glauben und schließlich seinen Beruf gefunden. Seit Oktober lernt er – auf eigene Initiative – Hotelfachmann. „Ich habe meinen Lehrern im BBW das Leben nicht leicht gemacht“, sagt Ümit Yüzer rückblickend. „Ich war bockig und verschlossen!“ Der elegant gekleidete, charmante, junge Mann richtet im Hotel-Restaurant „Zur Kapelle“ in Kressbronn gerade das Frühstücksbüfett. Er prüft, ob die Marmeladeschälchen ordentlich gefüllt sind, schaut nach den Weißwürsten im Topf. Wer ihn beobachtet, spürt, dass er gerne hier arbeitet, dass er sich verantwortlich fühlt. Von einem bockigen Jugendlichen hat sich Ümit Yüzer zumindest weit entfernt. Wirtin Ursula Singer bestätigt: „Ich kenne den Ümit nur als sehr höflichen und zuvorkommenden Menschen!“ Vor zweieinhalb Jahren wollte Ümit Yüzer noch Zimmermann werden; die Ausbildung zum Ausbaufacharbeiter im BBW ist die Vorstufe dafür. Doch wirklich Spaß gemacht hat ihm die Arbeit nicht. Auch war der raue Handwerkerberuf nicht das Richtige für seine durch einen früheren Unfall 18 | Auf Kurs 2-2011 sensibel gewordene Wirbelsäule. Als während des ersten Lehrjahrs ein guter Freund verstarb, wollte er, wie er selbst sagt, „von der Welt nichts mehr wissen“. Doch er habe „Dusel“ gehabt: mit seinem Ausbilder Armin Henschke ebenso wie mit Oliver Schweizer, dem Leiter der Abteilung Bildungsbegleitung im BBW. Letzterer Arbeiten auf freundschaftlich-kollegialer Basis: Ümit Yüzer (rechts) mit seinen Ausbildern Ursula (zweite von rechts) und Holger Singer (links) im Hotel-Restaurant „Zur Kapelle“. Ebenfalls im Team: Oliver Kärcher (zweiter von links), der im BBW Beikoch gelernt hat und jetzt eine Ausbildung zum Vollkoch absolviert. Foto: Benicke sei ihm immer zur Seite gestanden und habe ihn auch zu Hause besucht. „Beide haben mir mehr als eine Chance gegeben, haben mich nicht fallen lassen!“ Nach seiner Ausbildung im BBW machte sich Ümit Yüzer auf die Suche. Er absolvierte ein Praktikum bei einem renommierten Versicherungsunter- nehmen und versuchte sich in weiteren Jobs über eine Zeitarbeitsfirma. Doch nichts begeisterte den inzwischen 18-Jährigen wirklich. Privat pflegte Ümit Yüzer bereits Kontakte zum Hotel-Restaurant „Zur Kapelle“ in seinem Wohnort Kressbronn. Ein Freund und ehemaliger Auszubildender des BBW in Ravensburg arbeitete dort, und Ümit Yüzer kannte auch die Wirtsleute Ursula und Holger Singer. Als sie eine Aushilfe brauchten, sprang er ein. Zuerst einen Tag, dann noch einen und noch einen. Bis daraus zwei Wochen wurden. „Wir haben zu Ümit gesagt: Du wärst doch der perfekte Hotelfachmann! Und haben ihm angeboten, bei uns zu lernen“, erzählt Ursula Singer nicht ohne Stolz. Nachdem sich Ümit Yüzer nochmals mit seinem ehemaligen Bildungsbegleiter besprochen hatte, begann er im Oktober die Ausbildung zum Hotelfachmann. „Arbeit ist keine Arbeit mehr, wenn sie Spaß macht“, lacht er. Am besten gefällt ihm, so viele neue Leute aus aller Welt kennen lernen zu können. Auch genießt er das Arbeiten auf freundschaftlich-kollegialer Basis. Er ist motiviert, lernt parallel Englisch, Italienisch und Französisch und freut sich auf den Blockunterricht. Ümit Yüzer hat wieder Träume: Er möchte gerne den Meister machen, später auch in anderen Ländern arbeiten und kann sich sogar vorstellen, irgendwann im Hotel-Management tätig zu sein. Elke Benicke Ausbildungsberufe Ausbildungsberufe im BBW: Altenpflegehelfer/-in Zuhören, trösten, pflegen Über 40 unterschiedliche Ausbildungsberufe von A (wie Autofachwerker/-in) bis Z (wie Zerspanungsmechaniker/-in) hat das BBW in seinem Angebot. In einer Serie stellt Auf Kurs die einzelnen Berufe vor. Diesmal im Porträt: die Ausbildung in der Altenpflegehilfe. Seit fünf Jahren werden im BBW Altenpflegehelfer/-innen ausgebildet. „Zehn Teilnehmer werden in diesem Jahr Sommer das Examen ablegen“, berichtet Fachbereichsleiterin Carola Merk. Wer die Altenpflegehelferausbildung am BBW erfolgreich bestanden hat, kann anschließend die weiterführende Berufsfachschule für Altenpflege besuchen. Zwei Jahre dauert die Ausbildung der Altenpflegehelfer/-innen. Voraussetzung dafür ist der Hauptschulabschluss. Von den Azubis wird Einfühlungsvermögen, Zuverlässigkeit und Freude am Umgang mit Menschen erwartet. „Die Senioren genießen die gemeinsame Zeit mit uns“, berichten die angehenden Altenpflegehelferinnen. Die jungen Frauen hören gerne zu, wenn die Senioren von früher erzählen: „Wir können unheimlich viel von ihnen lernen.“ Die Altenpflegehilfe ist zwar kein Beruf, der ausdrücklich Frauen zugesprochen werden kann. Dennoch ist die Zahl der Männer, die sich für diesen Beruf interessieren, bislang noch sehr gering. Die Ausbildung beginnt im BBW. Fünf Wochen lang werden die Azubis intensiv auf die Herausforderungen in der Altenpflegehilfe vorbereitet. Vier Lernbereiche stehen auf dem Stundenplan, von „Konzepte in der Altenpflege“ und „Unterstützung bei der Tagesgestaltung“ bis zu „rechtlichen Rahmenbedingungen“. Ihre praktischen Erfahrungen sammeln die Azubis in Alten- und Pflegeheimen. Das BBW arbeitet dabei mit der St. AnnaHilfe der Stiftung Liebenau zusammen. Nach der Einführung an der Sonderberufsschule des BBW, der Josef-Wilhelm-Schule (JWS), arbeiten die Azubis drei Tage pro Woche im Alten- oder Pflegeheim ihrer Wahl und besuchen an zwei Tagen den Unterricht an der JWS. Die Lehrer sind eng in die praktische Ausbildung eingebunden. „Wir besuchen die Einrichtungen regelmäßig und begleiten unsere Azubis in der Pflege“, erklärt Carola Merk. Beruf mit Zukunft Dem zugute kommt das hohe Betreuungsangebot, das das BBW für seine Auszubildenden anbietet. In regelmäßigen Praxiswochen im Berufsbildungswerk werden pflegerische Maßnahmen im Rahmen des Unterrichts geübt. Darüber hinaus werden die Azubis auf belastende Situationen vorbereitet: Demenz, Schlaganfall, aber auch Sterben und Tod. Ein Thema, dem die Schule eine Projektwoche im Kloster Hegne widmet. Im Fach Religion erarbeiten sich die Azubis das Kirchenjahr, seine Feste, Brauchtümer und Traditionen, die das Leben der oft hoch betagten Senioren geprägt hat. Die angehenden Altenpflegehelfer/-innen erfahren in ihrer Unter Anleitung von Fachbereichsleiterin Carola Merk (links) lernen die Auszubildenden in der Altenpflegehilfe die richtigen Handgriffe für ein schonendes Lagern im Pflegebett. Foto: Scheidel Ausbildung, dass sie wichtig sind: zuhören, trösten können, pflegen und bei der Tagesgestaltung unterstützen. „Es ist ein Beruf mit Zukunft“, sagen die Azubis, die sich auch vorstellen können, später die eigenen Eltern zu pflegen. Zwei Jahre lang stehen ihnen die Fachlehrer mit Rat und Tat zur Seite. Eine Bildungsbegleiterin unterstützt bei allen Fragen und Problemen. Die Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt sind sehr gut: Die Vermittlungsquote liegt bei 100 Prozent. Lioba Scheidel Auf Kurs 2-2011 | 19 Bildung und Arbeit Auf den Weg gebracht: Fachpraktiker für Land- und Baumaschinentechnik Mehr Perspektiven durch neuen Beruf Mit dem Fachpraktiker für Landund Baumaschinentechnik steht im BBW ein neuer Ausbildungsberuf in den Startlöchern, der mit seinen besonderen Regelungen Menschen mit Lernschwächen entgegenkommt. Jüngst hat der Berufsbildungsausschuss der Handwerkskammer Ulm (HWK) dafür grünes Licht gegeben. Die noch nötige Zustimmung der HWK-Vollversammlung und des Wirtschaftsministeriums vorausgesetzt, kann es bereits im kommenden Herbst losgehen. Für die betroffenen Jugendlichen öffnet sich dadurch eine lange verschlossene Tür. In der umfangreichen, über 40 Berufe umfassenden Angebotspalette des BBW ist diese Fachpraktiker-Ausbildung scheinbar nur ein weiterer Listeneintrag. Doch für viele Jugendliche mit besonderem Förderbedarf ergeben sich in diesem Bereich nun ganz neue berufliche Perspektiven. Zwar bildet das BBW bereits seit seinen Anfängen vor rund drei Jahrzehnten Mechaniker für Land- und Baumaschinentechnik aus. Doch blieb dieser Weg so manchem verwehrt, der die theoretischen Anforderungen des Vollberufes aufgrund seiner Lernschwächen einfach nicht bewältigen konnte – selbst wenn das handwerkliche Geschick, die Motivation und die praktischen Fähigkeiten vorhanden waren. In vielen anderen Berufsfeldern gibt es deshalb spezielle Regelungen mit – vor allem im theoretischen Bereich – reduzierten Anforderungen: die Fachwerker- oder neuerdings Fachpraktiker-Ausbildungen. Im Falle der Land- und Baumaschinentechnik hatte sich das Berufsbildungswerk Adolf Aich schon lange um eine entsprechende Regelung für seine Jugendlichen bemüht: „Unser An- 20 | Auf Kurs 2-2011 liegen war es, auch Menschen mit Handicap eine Chance zu geben, in diesem interessanten Beruf ausgebildet werden zu können“, erklärt Manfred Haas, Leiter der Abteilung Bildung und Arbeit im BBW. Zumal der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt ganz offensichtlich vorhanden ist. Das bestätigen immer wieder einschlägige Firmen aus der Region, die teilweise händeringend Fachpersonal für die Wartung ihrer Geräte suchen und deshalb der Einrichtung einer Fachpraktiker-Ausbildung positiv gegenüber stehen. So etwa die Biegger und King GmbH in Gaisbeuren oder die Duffner Landtechnik GmbH & Co. KG in Markdorf. Überzeugungsarbeit geleistet Überzeugungsarbeit musste dagegen bei den Entscheidungsträgern geleistet werden, ehe man dann nach Bildung einer BBW- internen Projektgruppe gemeinsam mit der Handwerkskammer Ulm (HWK) die Beschlussvorgabe zum neuen Beruf erarbeitete. Zuvor waren viele Gespräche geführt, viele Meinungen gehört und viele Kontakte geknüpft worden – sei es mit dem Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW), der Max-Eyth-Berufsschule in Kirchheim/ Teck oder dem zuständigen Obermeister der Kreishandwerkerschaft Ravensburg, Manfred Birnbaum, sowie der Geschäftsführerin des Bereichs Recht und Bildung bei der HWK, Karin Heine. „Sie haben uns wirklich gut unterstützt“, bedankt sich Manfred Haas für deren Einsatz. Rückendeckung gab es aber auch von Seiten der Ravensburger Agentur für Arbeit, die sowohl das Interesse der Jugendlichen als auch die späteren Vermittlungschancen sah. Entscheidend war jedoch letztendlich die Anfang März dieses Jahres erteilte Genehmigung durch den zuständigen Berufsbildungsausschuss der HWK, bestehend aus Vertretern von Schulen, Gewerkschaften und Arbeitgebern. Damit ist der erste große Schritt getan. Nun steht nur noch die Entscheidung der HWK- Vollversammlung und des Wirtschaftsministeriums aus. „Unter der Voraussetzung, dass auch diese Gremien zustimmen, können wir ab September 2011 die Ausbildung anbieten“, kündigt Manfred Haas an. Und das hieße: Der praktische Teil der Lehre findet in der Ausbildungswerkstatt des BBW in Liebenau oder in externen Betrieben statt, den Berufsschulunterricht absolvieren die Azubis blockweise in der Kirchheimer MaxEyth-Schule, der einzigen Berufsschule in diesem Bereich in BadenWürttemberg. Die BBW-eigene JosefWilhelm-Schule sorgt dann für eine Vor- und Nachbereitung des Lernstoffes und greift den Azubis bei Bedarf mit Stütz- und Förderunterricht unter die Arme. Lehrzeit: dreieinhalb Jahre Die dreieinhalbjährige Ausbildung orientiert sich an der Fachpraktiker-Rahmenregelung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB). Die Abschlussprüfung der Fachpraktiker entspricht dabei inhaltlich der Zwischenprüfung der Mechanikerlehre. „Diese Durchstiegsmöglichkeit zum Vollberuf war uns wichtig“, bekräftigt Manfred Haas. Sprich: Bei entsprechender Eignung und guter Noten können die Azubis quer in die Regelausbildung einsteigen. Eine Option, wie sie so manchem Jugendlichen aus dem BBW in vergleichbaren Berufsfeldern Jahr für Jahr gelingt. Christof Klaus „Regiokiste“ auf Messe in Karlsruhe präsentiert Auf Einladung des Bundesverbandes der Regionalbewegung e.V. hat das BBW seine „Regiokiste“ auf dem Markant Handelsforum in Karlsruhe einem interessierten Fachpublikum vorgestellt. Neben der Werbung für diese originelle kulinarische Geschenkidee war der Messeauftritt auch mit einem pädagogischen Nutzen verbunden. So konnten bei den beiden am Messestand vertretenen Fachlageristen-Azubis Aspekte wie Teamarbeit und soziale Kompetenz gestärkt werden. Außerdem konnten sie Erfahrungen im direkten Kundenkontakt sammeln. Im fachtheoretischen Unterricht war die Messe zuvor gemeinsam mit den Auszubildenden geplant und vorbereitet worden. Die vom PLENUM Allgäu-Oberschwaben geför- derte Regiokiste ist das passende Geschenk für viele Anlässe – ob zum Jubiläum, zum Geburtstag, zur Verabschiedung oder einfach für liebe Menschen. In ihr steckt alles Gute aus unserer Region: Marmelade, Honig, Wurst, Saft oder Nudeln – direkt vom Erzeuger. Die hochwertige Verpackung wird von den BBW-Schreinern hergestellt und besteht aus heimischem Weißtannenholz. Der jeweilige Inhalt der Kisten wird im Rahmen der Ausbildung von den angehenden Fachlageristen nach den Wünschen des Kunden kommissioniert, verpackt und versendet. Bestellt werden kann die Regiokiste per E-Mail: [email protected]. Thomas Frick Ausbilder Fachlageristen Auf dem Markant Handelsforum in Karlsruhe präsentierte das BBW die „Regiokiste“ – eine Geschenkidee aus leckeren regionalen Zutaten. Foto: privat Starkbierwochen in der MarktWirtschaft Hirsch Klein-Nockherberg in der MarktWirtschaft in Bad Waldsee: Prominente Gäste haben den ersten Starkbieranstich in den historischen Stuben der ehemaligen Gaststätte „Zum Hirschen“, seit 2007 Ausbildungsbetrieb des BBW, genossen. „Da müssen wir gar nicht nach München schauen“, erklärte Moderator Bernhard Bitterwolf, pädagogischer Leiter der örtlichen Bauernschule. Denn: „Hier wird seit dem 30-jährigen Krieg Bier gebraut.“ Genau in diesem Konzept der MarktWirtschaft, angelehnt an Tradition und eingebunden in den kulinarischen Jahreskalender, „können sich unsere Auszubildenden kreativ entfalten“, sagte Manfred Haas, Abteilungsleiter Bildung und Arbeit im BBW. Fastenzeit, Nockherberg - die Idee zum Starkbieranstich war geboren. Gottfried Härle von der Härle-Brauerei spendete das Fass Bier, die Melodien der „Haderlumpen“ aus Mit vereinten Kräften klappt der Fassanstich (von links): Manfred Haas, Abteilungsleiter für Bildung und Arbeit im BBW, Bürgermeister Roland Weinschenk, Bernhard Bitterwolf, Moderator und pädagogischer Leiter der Bauernschule Bad Waldsee, Dirk Eberhard, Leiter der BBW-Betriebsgastronomie und der MarktWirtschaft Bad Waldsee, und BBW-Geschäftsführer Herbert Lüdtke. Foto: Scheidel Bad Waldsee lockten die Besucher in die Gaststube, wo Bitterwolf von der Not der Mönche erzählte, denen in der langen Fastenzeit, einschließlich Advent, das Essen verwehrt war und die gemäß dem lateinischen Spruch „Trinken bricht das Fasten nicht“ das Starkbier erfanden. Der Fassanstich oblag dem Stadtoberhaupt. Aber das Bier floss zunächst nicht. So musste der Chef der Brauerei Härle den Zapfhahn selbst in das Fass hämmern. Mit Hilfe von Dirk Eberhard, Leiter der BBW-Betriebsgastronomie, füllten sich dann die Krüge. Über den gelungenen ersten Starkbieranstich freute sich nicht nur BBW-Geschäftsführer Herbert Lüdtke. Auch Bürgermeister Roland Weinschenk schaut gerne stolz auf die denkmalgeschützte Gaststube. Für den Bad Waldseer Rathauschef ist die MarktWirtschaft „die erste Adresse in der Stadt.“ Lioba Scheidel Auf Kurs 2-2011 | 21 Bildung und Arbeit Verlängerung in einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB) Mit langem Atem zur Ausbildungsreife 18 statt elf Monate: In manchen Einzelfällen reicht die knapp einjährige Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) nicht aus, um benachteiligte Jugendliche zur Berufs- oder Arbeitsreife zu führen. Im letzten Jahr durften drei junge Menschen im BBW ihre Maßnahme dementsprechend verlängern. Mit Erfolg: alle drei Teilnehmer sind mittlerweile in Arbeit oder Ausbildung. Viele Jugendliche und junge Erwachsene sind nach Erfüllung ihrer Schulpflicht noch nicht reif für den Start in eine Ausbildung und absolvieren deshalb etwa eine Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) im BBW. In der Regel ist diese Maßnahme, finanziert von der Agentur für Arbeit, auf eine Dauer von elf Monaten angelegt. Allerdings gibt es auch Jugendliche, die auch dann noch nicht soweit sind, weil sie aufgrund ihrer schweren Lernbeeinträchtigung oder sonstiger Benachteiligungen ein Mehr an Förderung brauchen. Für sie gibt es in Ausnahmefällen die Möglichkeit, die BvB auf bis zu 18 Monate auszudehnen. Dabei steht dann nicht unbedingt mehr die Aufnahme einer Ausbildung im Vordergrund. Ziel kann es auch sein, durch den Erwerb von Qualifizierungsbausteinen die Startposition der Teilnehmer zu verbessern und sie direkt in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. BBW-Bildungsbegleiterin Karin Essig-Rieser betreute kürzlich so einen Fall. „Bei ihm war klar: Er kann auch mit intensiver Förderung keine Ausbildung schaffen“, schildert sie die Situation des jungen Mannes. Trotz Beschulung in Kleinstklassen, Zusatzunterricht und weiteren Unterstützungsmaßnahmen waren seine Lerndefizite einfach zu groß. Dank der von der Arbeitsagentur verlängerten BvB und gezieltem Training konnte sich dieser Jugendliche dann jedoch zumin- 22 | Auf Kurs 2-2011 In Ausnahmefällen bis zu 18 Monate lang: Training von sozialen Kompetenzen in einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB). Foto: Kästle dest die Grundvoraussetzungen für eine Berufstätigkeit erarbeiten. Neben der praktischen Arbeit in der Werkstatt ging es auch darum, sich wichtige soziale und persönliche Kompetenzen anzueignen: Durchhaltevermögen, Verantwortungsbewusstsein, Motivation, Umgang mit Stresssituationen. Auch eine sinnvolle Freizeitgestaltung und Behördengänge standen auf dem Lernplan, um im Leben möglichst selbstständig klar zu kommen. Und das hat geklappt: Nach 15 Monaten BvB war der Teilnehmer so weit und konnte zur Freude des gesamten RehaTeams eine feste Arbeitsstelle antreten. Gezieltes Einzelcoaching Ein anderes aktuelles Beispiel: Ein Jugendlicher mit ADHS-Störung, der schon als 15-Jähriger in die BvB gekommen war. Auch er tat sich schwer mit dem Start ins Berufsleben, war noch nicht ausbildungsreif. „Bei ihm haben die elf Monate einfach nicht ausgereicht“, sagt Essig-Rieser. Die Knackpunkte: fehlende Arbeitstugenden und sein auffälliges Verhalten. Mit gezieltem Einzelcoaching durch Mitarbeiter des Fachdienstes Diagnostik und Entwicklung, einem individuellen Förderprogramm in enger Zusammenarbeit mit der Metall-Ausbildungsgruppe und dem Wohnheim gelang es aber dann doch, ihn auf Kurs zu bringen. Er machte deutliche Fortschritte, bekam sein Verhalten in den Griff und konnte dann tatsächlich noch nahtlos in das laufende Ausbildungsjahr zum Metallfeinbearbeiter einsteigen. „Damit hat er überhaupt keine Zeit verloren“, betont Essig-Rieser. Ähnlich erging es einer jungen Dame aus dem Hauswirtschaftsbereich. Auch sie konnte nach nur acht Wochen zusätzlicher BvB-Zeit zu den anderen Azubis dazu stoßen. Für die erfolgreiche Entwicklung der drei Teilnehmer macht Karin Essig-Rieser mehrere Gründe verantwortlich: die abteilungsübergreifende Kooperation im BBW von Fachdiensten, Ausbildung und Wohnheim – und nicht zuletzt die gute Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit als Kostenträger der Maßnahmen. Außerdem ist laut BvB-Betriebsleiter Hugo Glückler die gute Zusammenarbeit der Betriebsleiter im BBW hervorzuheben, welche solche passgenauen Förderungen im Rehaprozess ermöglicht. Im Falle dieser drei Jugendlichen, die mit denkbar ungünstigen Voraussetzungen ins BBW gekommen waren, hat sich die Geduld ausgezahlt. Christof Klaus Bildung und Arbeit/Josef-Wilhelm-Schule Frisch gebackene Pflegeassistenten verabschiedet Mit guten Noten absolvierten 13 Frauen und ein Mann aus dem Landkreis den zweiten Pflegeassistenten-Kurs im BBW. Finanziert wurde die Bildungsmaßnahme von der Agentur für Arbeit. „Besonders die Betreuung von an Demenz Erkrankten wird in Zukunft einen größeren Bedarf an Pflegepersonal erfordern“, erklärt Martina Roder, Kursdozentin und Pflegedienstleiterin im Paulinenstift Friedrichshafen. Der Gesetzgeber hatte die Tendenz erkannt und erwirkte über das Pflegegesetz (§45) die erweiterte Pflege und Betreuung von Versicherten, die im Alltag dringend Hilfe benötigen. Pflegeassistenten unterstützen dabei die Fachkräfte in der Altenpflege. Der sechsmonatige PflegeassistentenKurs im BBW kann in Teil- oder Vollzeit absolviert werden. Die Teilnehmer in Vollzeit besuchten sechs Monate lang vormittags den Unterricht und gingen nachmittags ins Praktikum in einem Pflegeheim nach Wahl. Die Teilzeitabsolventen gehen nun im Anschluss an die Prüfung ins Praktikum. Mit seinen insgesamt 550 Stunden überschreitet der Kurs den gesetzlich geforderten Mindestrahmen einer Qualifizierung von 160 Stunden und zwei Wochen Mit Bravour absolvierten 14 Teilnehmer aus dem Landkreis Ravensburg den PflegeassistentenKurs im BBW. Unter die Absolventen mischten sich: Monika Kordula, Bildungsmanagerin im BBW (1. Reihe, ganz links), Kursleiterin Sabine Zander (2. Reihe, ganz links), Jasmin Kortas (3. Reihe, ganz links) und Elmar Kraus (3. Reihe, Mitte) von der Agentur für Arbeit sowie die Dozentinnen Claudia Ziegler (2. Reihe, ganz rechts) und Martina Roder (1. Reihe, ganz rechts). Foto: Scheidel Praktikum. Die Arbeitgeber in der Altenhilfe schätzen das Wissen und die Kenntnisse der Pflegeassistenten. So hat jeder zweite Teilnehmer bereits die Zusage für eine Weiterbeschäftigung erhalten. „Wir wollen unsere Kunden soweit bringen, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienten können“, so Elmar Kraus von der Agentur für Arbeit. Gemeinsam mit Jasmin Kortas begleitete er die Maßnahme, die den Teilnehmern den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt ebnen soll. „Gleichzeitig bietet der Kurs den Einstieg in einen Pflegeberuf“, erklärt Kraus. Die Absolventen können sich anschließend auch für eine Ausbildung in der Altenpflegehilfe bewerben oder sich zum Altenpfleger weiterbilden. Die meisten Teilnehmer haben noch nie in der Pflege gearbeitet und sind von den positiven Erfahrungen überrascht: „Ich hätte nie gedacht, dass es so viel Spaß macht.“ Auch für das Jahr 2011 ist ein Kurs in Planung. Lioba Scheidel Altenpflegehilfe: Praxisanleiter treffen sich Vertreter von kooperierenden Altenpflegeeinrichtungen aus der Region haben sich in der Josef-Wilhelm-Schule (JWS) des BBW getroffen. Innerhalb des Berufsbereichs der Altenpflegehilfe sind sie als Mentoren für den praktischen Teil der Ausbildung zuständig. Diesen absolvieren die BBW-Azubis in verschiedenen externen Partnereinrichtungen, während sie den fachtheoretischen Unterricht an der JWS besuchen (siehe auch das Berufsporträt auf Seite 19 in diesem Heft). Der Anleiter-Tag, der diesmal unter dem Motto „Ausbildung am Lernort Praxis“ stand, findet einmal im Jahr statt. Christof Klaus Im Gespräch mit den Praxisanleitern ihrer Auszubildenden: Hubert Jäger und Carola Merk vom Fachbereich Altenpflegehilfe an der Josef-Wilhelm-Schule. Foto: Klaus Auf Kurs 2-2011 | 23 Josef-Wilhelm-Schule Im Wandel der Zeit: Die Sonderberufsschule des BBW stellt sich neu auf Mit neuen Strukturen in die Zukunft Mit einer neuen Führungsstruktur, einer eigenständigen Ulmer Außenstelle, neuen Projekten und Qualifizierungsmaßnahmen hat die Josef-WilhelmSchule des BBW auf die rasant gestiegenen Schülerzahlen und die seit Jahren komplexer werdenden Aufgaben reagiert und sich damit fit für zukünftige Herausforderungen gemacht. Deutlicher Anstieg: Immer mehr Jugendliche besuchen die beiden Schulen des BBW. In den letzten zehn Jahren haben sich nicht nur die Schülerzahlen und damit auch die Zahl der Lehrkräfte in der Josef-Wilhelm-Schule (JWS) mehr als verdoppelt (siehe Grafik). Auch die Aufgaben der Sonderberufsschule des BBW haben sich im Laufe der Zeit verändert und ausdifferenziert. Neben dem Aufbau des Regionalen Ausbildungszentrums (RAZ) in Ulm mit einer JWS-Außenstelle ab 1998 kamen stets neue Bereiche hinzu, wie etwa im Jahr 2003 durch die Genehmigung zur Einrichtung einer einjährigen berufsvorbereitenden Sonderberufsfachschule, kurz Sonder-BVJ genannt. Diese Schulart wird inzwischen als Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf (VAB) weitergeführt (siehe Interview rechts). Nach der kaufmännischen Abteilung mit den Berufen Verkäufer/-in und Fachlagerist/-in im Jahre 2005 wurde 2006 als neuer Bereich der Beruf Altenpflegehilfe mit Genehmigung einer zweijährigen Sonderberufsfachschule eingerichtet, die derzeit mehr als 20 Auszubildende besuchen. Daneben wurde der Unterricht in den bestehenden Bereichen um eine Reihe neuer Berufe erweitert. Und seit dem Jahr 2003 werden in der 24 | Auf Kurs 2-2011 JWS auch Teilnehmer in den berufsvorbereitenden Lehrgängen (BvB) unterrichtet. Ganz aktuell wurde in Kooperation mit Schulen für Geistigbehinderte in Ravensburg und Ulm die Beschulung dieser Schüler im Rahmen einer Berufsvorbereitenden Einrichtung (BVE) übernommen – übrigens als eine der wenigen privaten Berufsschulen in Baden-Württemberg, die an einem landesweiten Modellversuch teilnehmen. Auch die Schülerschaft hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Aus dem einstmals für lernbehinderte und verhaltensauffällige Jugendliche konzipierten BBW hat sich in den letzten Jahren ein breitgefächertes Kompetenzzentrum für Jugendliche mit unterschiedlichstem Förderbedarf entwickelt. Dementsprechend haben sich die Aufgaben für Schulleitung und Lehrkräfte – in fachlicher wie in organisatorischer Hinsicht – verändert. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, wurden stufenweise neue Leitungsstrukturen geschaffen und Konzepte für eine weitere Organisationsentwicklung erarbeitet (siehe Extrakasten). Eigenständige Schule in Ulm Grundlegende Änderungen gab es auch für die bisher als Außenstelle der JWS fungierende Schule des RAZ in Ulm. Um klare Leitungs- und Organisationsstrukturen zu schaffen, wurde Das neue Schulleitungsteam (von links): Albert Erb (Schulleiter), Klaus Hagmann (Stellvertretender Schulleiter), Susanne Weiss, Rainer Goetz, Lutz Nischelwitzer (Stellvertretender Schulleiter) und Roland Groner (Leiter Max-Gutknecht-Schule Ulm). Foto: privat im Frühjahr 2010 die Selbstständigkeit dieser Schule beantragt. Und nachdem im Frühjahr 2011 die zuständigen Ministerien – das Kultusund das Sozialministerium – sowie das Regierungspräsidium Tübingen dem Vorschlag zugestimmt haben, wird die Ulmer Schule nunmehr als eigenständige Einrichtung unter dem Namen „Max-Gutknecht-Schule“ (MGS) geführt. Mit diesem Namen setzt sich die Tradition fort, bei der Namensgebung auf die früheren Leiter der Stiftung Liebenau zu verweisen. So hatte Direktor Max Gutknecht die Stiftung Liebenau von 1954 bis 1967 geleitet. Albert Erb Gesamtschulleiter Das Leitungspersonal : Zum Beginn des Schuljahres 2007/08 wurden zwei Konrektoren-Stellen geschaffen und mit Klaus Hagmann und Lutz Nischelwitzer besetzt. Die Leitung der Ulmer Außenstelle übernahm im August 2008 Roland Groner. In einem nächsten Schritt erfolgte eine Erweiterung des Schulleitungsteams. Für die neu geplanten Fachabteilungsleitungen – Gewerbe 1 und 2 der Ravensburger Berufsschule – wurden nach einer internen Stellenausschreibung die beiden Lehrkräfte Susanne Weiss und Rainer Goetz ausgewählt. Zum Schuljahresbeginn 2010/11 wurde das neue Schulleitungsteam (Foto) dann eingesetzt. Ergänzt wird die Schulleitung durch die Fachbereichsleitungen Elvira Ruf für den Bereich VAB-Theorie, Swen Roth für den Bereich VAB-Praxis sowie Gisela Dellwo und Tanja Pilz für die Bereiche Stütz- und Förderunterricht sowie BvB. Geplant ist weiter, ab dem Schuljahr 2011/12 die nunmehr selbstständige Max-Gutknecht-Schule am neuen Standort in der Schillerstraße 15 in Ulm mit einem erweiterten Schulleitungsteam zu führen und zu leiten. „Nachhaltiger Lerneffekt“ Als eine von wenigen ausgewählten privaten Berufsschulen Baden-Württembergs gehörte die JWS zu den Modelleinrichtungen bei der Einführung des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit/Beruf – kurz: VAB. Seit diesem Ausbildungsjahr hat sich die JWS nun mit allen Berufsvorbereitungsklassen auf das neue VAB umgestellt. Auf Kurs hat bei Lutz Nischelwitzer, Leiter der Sonderberufsfachschule, nachgefragt. Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem neuen Modell? Die Entscheidung, diesen Schulversuch weiterzuführen und sogar auf alle Klassen der berufsvorbereitenden Sonderberufsfachschule auszuweiten, fiel uns relativ leicht. Die Umstellung vom Sonder-BVJ auf das VAB wurde von Schülern und Lehrern gut angenommen. Probleme haben eher Eltern oder Kollegen aus anderen Schulen, die mit dem Begriff VAB noch nichts anfangen können. Hier ist noch weiterhin Informationsbedarf über Inhalte und Form vorhanden. Was sind die wesentlichen Unterschiede zum „alten“ Sonder-BVJ? Im VAB arbeiten wir in Arbeitsfeldern, die durch konkrete Projekte erarbeitet werden. So können wir einerseits praxisnah arbeiten, andererseits die jeweiligen Interessensgebiete der Schüler ansprechen. Dadurch, dass wir durch Klassenteilung mehr Förderung in Theorie und Praxis gewährleisten können, verzeichnen wir auch in beiden Bereichen größere Erfolge bei den Schülern. Hinzu kommt, dass wir uns im Rahmen der individuellen Förderung gezielter auf einzelne Schüler konzentrieren können. Erst dadurch ist es möglich, beispielsweise für Schüler mit Autismus-SpektrumStörungen oder für Schüler mit einem erheblichen Aggressionspotential sehr differenzierte Angebote erfolgreich zu entwickeln und deren Durchführung professionell zu gestalten. Durch gemeinsames Teamteaching von Theorie- und Praxislehrern können Unterrichtsinhalte besser verzahnt und pädagogische Maßnahmen optimiert werden. Stichwort Praxisnähe: Wie wird diese konkret umgesetzt? Unsere Projekte werden nicht nur in unserem Hause und zu Übungszwecken durchgeführt, sondern wir stellen den Praxisbezug durch vielfältige Arbeiten auch außerhalb der Schule her. Ein gutes Beispiel ist der Bau einer Matschanlage des Bereichs Gartenbau in einem Kindergarten. Hier konnten die Schüler nicht nur Fachwissen vor Ort erlernen, sondern auch konkret erleben, welche Begeisterung diese Anlage bei den Kindern auslöste. Auch das Backen für die Tafel in Ravensburg war ein solches Erfolgserlebnis für die VAB-Schüler. Sie konnten vor Ort erleben, wie begehrt ihr Gebäck bei den Kunden war. Für uns ist es wichtig, die Schüler die Sinnhaftigkeit dieser Lernfelder erleben zu lassen. Und hierbei haben wir festgestellt: Je mehr ein Projekt nach außen orientiert ist, desto erfolgreicher und nachhaltiger ist der Lerneffekt. Und die Motivation der Schüler? Grundsätzlich stellt sich natürlich ein Schüler, der nach Erfüllung der Allgemeinen Schulpflicht keinen Anschluss in Form einer Ausbildung findet, immer die Frage, was ein zusätzliches Schuljahr für ihn eigentlich bringt. Durch zahlreiche Schulbesuchstage, Elterninformationsabende, aber vor allem auch durch eine enge Kooperation mit den Förderschulen wirken wir einer negativen Sichtweise entgegen. Sehr positiv wirkt sich aus, dass viele Schüler der allgemein bildenden Schulen die Möglichkeit nutzen, innerhalb des VAB ein Praktikum zu absolvieren. Die Schüler erleben so hautnah, was VAB bedeutet, und wie praxisorientiert der Unterricht bei uns gestaltet wird. Dadurch wird nicht nur der Einstieg in das VAB erleichtert, sondern oft erfährt der Schüler einen zusätzlichen Motivationsschub. Auf Kurs 2-2011 | 25 Wohnen und Freizeit Band AG im BBW-Wohnheim Jammen im eigenen Proberaum Für die musikbegeisterten Jugendlichen im BBW ist mit der Gründung der Band AG ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen: In einem eigens eingerichteten Proberaum können sich die jungen Hobbymusiker nun kreativ entfalten und an ihren Songideen feilen. Musik ist ein bedeutender Bestandteil des alltäglichen Lebens eines jeden Jugendlichen und jungen Erwachsenen. So gibt es auch im BBW wohl kaum Auszubildende, die keine Musik hören oder mögen. Für viele ist der favorisierte Musikstil dabei ein wichtiger Teil ihrer Identität. Oft ist damit der Wunsch verbunden, auch selbst Musik zu machen und in der bevorzugten Szene aktiv zu werden. Obwohl dieses Anliegen oft geäußert wird, fällt auf, dass sehr wenige BBW-Jugendliche tatsächlich selbst musizieren. Häufig fehlt es einfach an den nötigen finanziellen Mitteln für die Anschaffung von Instrumenten oder die Bezahlung von Unterrichtsstunden. Um den jungen Menschen eine Möglichkeit zum Musikmachen zu bieten, wurde Ende letzten Jahres im BBW eine Band AG ins Leben gerufen: Instrumente wurden angeschafft, ein professioneller Proberaum im Keller des Internats eingerichtet und ein finanzielles Budget bereit gestellt. Beim Aufbau der AG waren die beteiligten Hobbymusiker von Anfang an in die Planung und Umsetzung mit eingebunden, zum Beispiel bei der Einrichtung des Proberaumes, der Wartung und Pflege der Instrumente sowie bei der Erstellung der Proberaumordnung. Auch das musikalische Repertoire bestimmen die Jugendlichen selbst: Ihre Ideen, Vorschläge und Liedwünsche werden dann zusammen mit den verantwortlichen BBW-Mitarbeitern – selbst aktive Musiker – ausgearbeitet. Trotzdem gibt es Jugendliche, die ihre „eigene“ Band auf die Beine stellen und den Proberaum selbstständig nutzen wollen – ganz ohne Anleitung durch Erwachsene und ohne die Präsenz von BBW-Mitarbeitern. Und das funktioniert: Da die Jugendlichen den Raum als „ihren“ Proberaum wahrnehmen, haben sie ein Verantwortungsgefühl entwickelt und achten vorbildlich auf die Sauberkeit und die Pflege der Instrumente. Derzeit gibt es außer der betreuten Band noch zwei selbstorganisierte Formationen, die an eigenem Songmaterial feilen oder sich einfach zum gemeinsamen Jammen treffen. Aber auch die „Kern-Band“ selbst kommt regelmäßig außerhalb der festen Probetermine zusammen, um das neu Einstudierte zu proben und zu vertiefen. Claudius Hacker Mitarbeiter Wohnheim Manfred König Fachdienst Diagnostik und Entwicklung Beste Bedingungen für Nachwuchsmusiker: Jugendliche aus dem BBW können jetzt im eigenen Proberaum üben. Foto: privat 26 | Auf Kurs 2-2011 „Die Jugendlichen sind äußerst motiviert“ Die BBW-Mitarbeiter Claudius Hacker und Manfred König haben in ihrer Bildungseinrichtung eine Band AG ins Leben gerufen. Auf Kurs fragte nach: Welche Rolle übernehmen Sie in der Band AG? An den wöchentlich stattfindenden festen Probeterminen erhalten die Jugendlichen von uns gezielte musikalische Förderung, Anleitung und nützliche Tipps. Wir beide haben selbst schon langjährige Erfahrungen in verschiedenen Bands und als Studiomusiker gesammelt und können den Jugendlichen so mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wie ist die Resonanz bei den Teilnehmern? Obwohl die Band AG erst seit Ende letzten Jahres besteht, sind schon jetzt große Fortschritte erkennbar. Die Jugendlichen sind äußerst motiviert und möchten so bald wie möglich an die Öffentlichkeit treten, um endlich wie ihre Idole im Rampenlicht stehen zu können. Für die Zukunft hat die Band AG noch viel vor: Erste Liveauftritte sind ab dem Sommer 2011 geplant, es werden Workshops zu den Themen Tontechnik, Gitarrenverstärker und Spieltechniken stattfinden, und selbst die Produktion einer eigenen Demo-CD in einem professionellen Tonstudio ist im Gespräch. Fachdienste Neu im BBW: Intensivkurs Deutsch „Geht schon besser!“ lichen, dass sie nachfragen dürfen und sollen, erleben einen konstruktiven Umgang mit der deutschen Sprache. Lernen auf beiden Seiten Kurz vor Beginn des „Intensivkurses Deutsch“ am Donnerstagnachmittag: Agnes Veser und Christine Puschkarsky, Studentinnen der Pädagogischen Hochschule Weingarten, mit drei ihrer vier Schüler (von links nach rechts): Fatih Armagan, Serdar Demirci und Yasotharan Sivarajah. Foto: Benicke Seit Dezember nehmen erstmals rund 25 Auszubildende, aufgeteilt in vier Gruppen, am „Intensivkurs Deutsch“ teil. Geleitet wird dieser von Studentinnen der Pädagogischen Hochschule Weingarten. BBW-Bildungsbegleiterin Franziska Eggert hat das Projekt ins Leben gerufen, „weil trotz Deutschunterricht und Stützkurs viele Jugendliche mit Migrationshintergrund oder auch Legastheniker Probleme mit der deutschen Sprache haben.“ Die Resonanz ist gut: „Geht schon besser!“, sagt zum Beispiel Metehan Öztürk, Auszubildender im Malerhandwerk. Der Reihe nach lesen die vier Teilnehmer des Deutschkurses einen Text laut vor. Es geht ums Biertrinken, um Freundschaft und Verantwortung. Nicht immer passen Satzmelodie und Inhalt zusammen, manchmal bleibt die Stimme am Satzende auch oben an- statt tiefer zu werden. Für die beiden Studentinnen der Pädagogischen Hochschule Weingarten sind das Hinweise, dass ihre Schüler einzelne Wörter oder Zusammenhänge und damit den Sinn des Satzes nicht verstanden haben. Für die Jugendlichen selbst ist das Alltag. Spaß muss sein „Was bedeutet ‚imponieren‘?“, fragt die angehende Hauptschullehrerin Agnes Veser in die Runde. Zögerlich kommt eine Meldung: „Ja, ich habe das gewusst – aber dann wieder vergessen.“ „Das ist nicht schlimm“, beruhigt Veser. „Also: Wenn du zum Beispiel einen schicken Pulli anziehst, um einem Mädchen zu gefallen – das ist ‚imponieren‘, ja?“ Die Gesichter der vier Jungs hellen sich auf, alle lachen: „Das macht er eh immer so!“, feixt einer. Spaß muss sein. Ganz nebenbei lernen die Jugend- Auf der anderen Seite des Klassenzimmers lernen die insgesamt sechs Studentinnen der Pädagogischen Hochschule Weingarten das Unterrichten in der Praxis kennen. Ihr Engagement ist groß, denn sie haben nicht nur eingewilligt, ihr studienbegleitendes Praktikum am BBW zu absolvieren, sondern sich auch unentgeltlich bereit erklärt, den „Intensivkurs Deutsch“ in den vier Gruppen mit je einer Stunde pro Woche bis zum Ende des Lehrjahrs regelmäßig durchzuführen. Bildungsbegleiterin Franziska Eggert denkt bereits weiter: „Unser Ziel ist es, die Kooperation mit Mirjam Burkard von der Fakultät Deutsch auch für die kommenden Jahre aufrechtzuerhalten.“ Langfristig kooperieren Die nächste Einführungsveranstaltung findet demnach bereits vor Beginn des Lehrjahrs im September statt. „Die Kollegen – Lehrer, Ausbilder und Bildungsbegleiter – sollten dann schon bei der Aufnahme der Jugendlichen ins BBW herausfinden, wer für den „Intensivkurs Deutsch“ in Frage kommt.“ Langfristig möchte Franziska Eggert auch eine Evaluation anbieten, das heißt einen Test zu Beginn und einen am Ende des Kurses durchführen. Schließlich soll der „Intensivkurs Deutsch“, den die Bildungsbegleiterin ursprünglich als Praxisprojekt im Rahmen ihrer rehapädagogischen Weiterbildung konzipierte, einmal ein fester Bestandteil des Bildungsprogramms am BBW werden. Elke Benicke Auf Kurs 2-2011 | 27 Fachdienste 5. Fachtag des Kompetenznetzwerks Autismus Bodensee-Oberschwaben 350 Gäste beim Fachtag Autismus Vollbesetzter Saal: Mit seinen rund 350 Teilnehmern stieß der 5. Fachtag Autismus des Kompetenznetzwerkes Autismus Bodensee-Oberschwaben wieder auf große Resonanz. Foto: Klaus Rund 350 Gäste sind zum fünften Fachtag des Autismus-Kompetenznetzwerkes Bodensee-Oberschwaben in das BBW gekommen. Dort informierten namhafte Experten die Zuhörer in Fachvorträgen über das Thema Autismus. Im Fokus der diesjährigen Veranstaltung: die Darstellung verschiedener Therapiemöglichkeiten. Ein voll besetzter Saal mit Gästen aus Nah und Fern, namhafte Referenten auf dem Podium und ein reger fachlicher Austausch: Auf erneut große überregionale Resonanz ist der Fachtag des Autismus-Kompetenznetzwerks Bodensee-Oberschwaben gestoßen. Zusammen mit vielen anderen Vereinen, Betroffenen, Ämtern und Experten beteiligt sich das Ra- 28 | Auf Kurs 2-2011 vensburger BBW – das selbst auch Menschen mit Autismus-Störung in Schule und Ausbildung betreut und fördert – seit Jahren an diesem regionalen Netzwerk und war nun einmal mehr Gastgeber des Fachtages. BBW-Geschäftsführer Herbert Lüdtke bezeichnete es angesichts aktueller Inklusions- und Spardebatten als „gut, dass es solche aktiven Netzwerke gibt, die sich öffentlich äußern.“ Im Namen des Kompetenznetzwerks begrüßte Mitinitiatorin Professor Dr. Renate Schepker, Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie am ZfP Südwürttemberg Weissenau, die zahlreichen Teilnehmer und bezeichnete den Fachtag als „Chance, die Menschen persönlich zu treffen, von denen Sie sonst die Bücher und Artikel lesen.“ Vielfalt der Konzepte Dazu zählte der ärztliche Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie der LVR-Klinik Viersen, Dr. Ingo Spitczok von Brisinksi. Er gab in seinem Vortrag einen Überblick über mögliche Therapieansätze bei Autismus-SpektrumStörungen. So vielfältig die betroffenen Menschen und Probleme seien, so vielfältig seien auch die Methoden und Konzepte: von Akupunktur und Yoga über Spiel-, Delfin- oder Familientherapie, medikamentöse Behandlung bis hin zu Horch- und Klangtherapien reiche hierbei die Palette. Den einen richtigen Weg gebe es nicht. Entscheidend sei immer der Einzelfall, denn die Feststellung „Jeder Mensch ist anders“ gelte auch für Autisten. Sprich: Nicht jedes betrof- fene Kind profitiert von derselben Therapie. Prinzipiell sei es jedoch wichtig, „so früh wie möglich“ – das heißt optimalerweise schon im Kleinkindalter – mit Fördermaßnahmen zu beginnen. Mit Rücksicht auf das Kind sollten laut Dr. von Brisinski aber Prioritäten gesetzt und die Therapie nach Wichtigkeit und Erreichbarkeit der Ziele geordnet werden. Die Frage sei: „Muss man alles wirklich sofort anpacken?“ Denn: „Auch diese Menschen brauchen Freiraum und therapiefreie Zeiten.“ Sichtbare Therapieerfolge Aus eigener Erfahrung in der Autismus-Therapie berichtete auch Hermann Danne. Der Buchautor und Vater eines autistischen Sohnes stellte einen bestimmten Ansatz vor, der in Deutschland noch relativ wenig bekannt sei: „applied behaviour analysis“ und „verbal behaviour“, kurz: ABA und VB. Dabei handele es sich „um die am besten evaluierte Methode in der Therapie von Menschen mit Autismus“. Das heißt: „Die hohe Wirksamkeit ist nachgewiesen“, betonte Danne. Das Konzept basiere zu einem großen Teil auf der positiven Verstärkung von bestimmtem Verhalten durch Belohnung, Aufmerksamkeit oder Lob. Allerdings sei Geduld gefragt: Übungen müssten meist sehr oft wiederholt werden, bis sich Erfolge einstellen. Dabei spielen von Seiten der Therapeu- ten Aspekte wie Beziehungsaufbau und Empathie eine große Rolle: „Wir müssen lernen, wie sie lernen, damit wir sie richtig unterrichten können.“ Herausforderung Schule Dem Thema „Autismus als Herausforderung für die Schule“ widmete sich Buchautorin Nicole Schuster in ihrem Fachvortrag. So berge der ganz normale Schulalltag für autistische Kinder und Jugendliche teilweise fast unüberwindbare Hürden: Störende Lichtquellen und Hintergrundgeräusche lenken sie leicht ab, und kurzfristige Stundenplanänderungen, Raumoder Lehrerwechsel irritieren ebenso wie rotierende Sitzordnungen: „Für autistische Schüler kann dies eine Katastrophe sein.“ Auch unstrukturierte Phasen stellen durch Reizüberflutung Video zur Veranstaltung Die einzelnen Vorträge des Fachtages können Sie sich auf der Internetseite des Berufsbildungswerks unter www.bbw-rv.de/ aktuell/fachtag kostenlos herunterladen. Außerdem gibt es dort auch die Möglichkeit, für einen Unkostenbeitrag von 20 Euro eine DVD mit Videoaufzeichnungen der Veranstaltung zu bestellen. diese jungen Menschen vor Probleme. Dazu zählt gerade auch die große Pause. „Die meisten Schüler freuen sich darauf, für Autisten ist sie oft das Schlimmste am Tag“, erklärte Schuster. Auch Klassenfahrten sind eine Herausforderung. Dazu komme die stetige Gefahr, aufgrund des Andersseins Mobbing-Opfer zu werden. Dabei ist es durch oft auch ganz simple Maßnahmen möglich, Autisten als „typischen Außenseitern“ den Schulalltag erträglich zu machen und sie sozial einzugliedern. Voraussetzung ist, ihnen Verständnis entgegen zu bringen und die Umgebung ihren Bedürfnissen anzupassen. Erfahrungen aus Praxis Einen weiteren Ansatz aus der therapeutischen Praxis stellte die DiplomHeilpädagogin Katrin Pohl vor: das Stuttgarter Konzept „Schneckenhaus“, das mit der Methode des „Video Home Training“ (VHT) und „Video School Training“ (VST) arbeitet und auf die Unterstützung visueller Medien setzt. Über ein speziell für Asperger-Autisten konzipiertes Sozialkompetenztraining namens „Kompass“ sprach in einem sehr lebendigen, anschaulichen und praxisnahen Vortrag schließlich Bettina Jenny, Psychologin und Psychotherapeutin vom Zentrum für Psychiatrie Zürich. Christof Klaus Bildungsbegleitung: Klausurtag mit Arbeitsagentur Zu einem gemeinsamen Klausurtag haben sich Vertreter der Reha-Abteilung der Agentur für Arbeit Ravensburg und der Abteilung Bildungsbegleitung des BBW im Februar 2011 im Schloss Liebenau getroffen. Beim Austausch ging es unter anderem um die Berichterstattung an die Arbeitsagentur zur Ent- wicklung der einzelnen Teilnehmer und eine Optimierung der Zusammenarbeit mit den Reha-Beratern und Arbeitsvermittlern der Agentur. Gemeinsames Ziel ist es, etwaige Probleme im Ausbildungsprozess frühzeitig zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren, um den betreuten Menschen eine mög- lichst gute Vermittlungsperspektive zu verschaffen. Dazu zählen etwa Hilfestellungen bei der Zusammenstellung von Bewerbungsunterlagen. Für Ende des Jahres ist ein weiterer gemeinsamer Klausurtag geplant. Christof Klaus Auf Kurs 2-2011 | 29 Schillerstraße 15 Ulm BVE: Schulversuchsprojekt formell genehmigt Es handelte sich um eine reine Formsache, allerdings um eine notwendige und wichtige Formsache: Über das Regierungspräsidium Tübingen hat das Kultusministerium das Projekt Berufsvorbereitende Einrichtung (BVE) rückwirkend zum Schuljahresbeginn 2010/11 formell genehmigt. Diese Kooperation zwischen der Gustav-Werner Schule (GWS), Sonderschule für geistig Behinderte, und der Max-Gutknecht-Schule des BBW galt im Rahmen der Bildungsoffensive der Stadt Ulm bisher als Modellprojekt. Ziel der im September 2010 in der Schillerstraße 15 eingeführten Zusammenarbeit ist die berufliche Integration der Sonder- und Förderschüler in den ersten Arbeitsmarkt. Hierfür erhalten die teilnehmenden Schüler der beiden BVE-Klassen einmal wöchentlich fachtheoretischen Unterricht in Form von Modulen an der Max-GutknechtSchule (MGS). Dieser dient als Vorbereitung auf die Arbeit in der beruflichen Praxis. Die Umsetzung des Modulwissens erfolgt dann in den RAZ-eigenen Werkstätten, wie beispielsweise der Backstube oder der Großküche innerhalb von blockweisen Praktikawochen. Damit sollen sowohl die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung, als auch die arbeitsmarktrelevanten Fähigkeiten der Jugendlichen gefördert werden. Alle Beteiligten beurteilen den Schulversuch bislang als erfolgreich. Und so sind für die kommenden Schuljahre sogar weitere Klassen vorgesehen. Roland Groner Leiter Max-Gutknecht-Schule Ulm Zogen eine erfreuliche Zwischenbilanz in Sachen BVE nach dem ersten Schulhalbjahr (von links): Josef Merkle (Schulamtsdirektor Staatliches Schulamt Biberach), Bernd Allmendinger (Lehrer GWS), Birgit Simon (Abteilungsleiterin RAZ Ulm), Mike Schwarz, Katrin Weidle, Margret Geyer (Lehrer GWS), Uli Fischer (Schulleiter GWS) und Roland Groner (Leiter MGS). Foto: privat Sachspende: ein Motormodell für die Berufsschule Die Max-Gutknecht-Schule (MGS), Sonderberufsschule des BBW, ist seit diesem Schuljahr im Besitz eines von der Volkswagen AG verwendeten Motors mit dazugehörigem Getriebe. Gespendet wurde das Anschauungsmittel und Lehrobjekt im Wert von über 4000 Euro von Jochen Nestler, Honorarlehrkraft und Fachlehrer an der MGS. An- gehenden Autofachwerkern soll damit die Funktionsweise eines Motors und Getriebes in Theorie und Praxis erklärt werden. Demnächst wird das über 150 Kilogramm schwere Motormodell noch mit Rollen nachgerüstet, damit es mühelos zwischen den Klassenzimmern der Auszubildenden transportiert werden kann. Das Motorschnittmodell stammt Stolz präsentieren die Auszubildenden des zweiten Lehrjahres zum Autofachwerker das von Fachlehrer Jochen Nestler (Dritter von rechts) gestiftete Motor- und Getriebemodell. Daneben: RAZ-Bildungsbegleiterin Gabi Späth und Roland Groner, Leiter der Max-GutknechtSchule. Foto: privat 30 | Auf Kurs 2-2011 ursprünglich von der Firma CDI-Technologie aus Nersingen bei Neu-Ulm, einem Ausstatter für Automobilfachmessen wie zum Beispiel dem Genfer Autosalon. Es entspricht dem derzeitigen technologischen Stand, da der Originalmotor in vielen aktuellen PKWModellen innerhalb des VolkswagenKonzerns eingebaut ist, wie zum Beispiel im VW Polo, im Seat Altea und im Skoda Fabia. Und wie kam Jochen Nestler zu der Ehre, dass ihm CDI vor einiger Zeit den Motor überließ? „Der Geschäftsführer von CDI, Sigmar Kuhn, ist schon seit Jahren mein Tennispartner. Des Öfteren spielen wir um Siegprämien, und regelmäßig bin ich der Matchwinner …“ Roland Groner Leiter Max-Gutknecht-Schule Erfolgreiches Musik- und Tanzprojekt im RAZ Ulm Sing & Dance – Jugendliche begeistern Die Freude am Tanzen und Singen ausleben, sich selbst kreativ entfalten, Talente entdecken, auf der Bühne stehen und dabei Selbstbewusstsein tanken: Jugendliche aus dem RAZ Ulm haben sich an dem von der „Aktion Mensch“ unterstützten Projekt „Sing & Dance“ aktiv beteiligt. Nach einem guten halben Jahr fleißigen Probens wurde die Darbietungen mit großem Erfolg in der Aula der Schillerstraße 15 präsentiert. Eine Ausbildung bedeutet für die meisten Lehrlinge, von früh morgens bis zum späten Nachmittag die Schulbank zu drücken oder in den Werkstätten und Betrieben konzentriert ihren Arbeitsaufgaben nachzugehen. Für kreatives Tun bleibt da oft nur sehr wenig Zeit, oder es scheitert am geringen Einkommen der jungen Menschen. Dabei fördert gerade die Integration von Bewegung und Kreativität körperliche, kognitive und emotionale Prozesse, die sich auch auf den Verlauf der Ausbildung sehr positiv auswirken können. Denn viele Jugendliche leiden unter motorischen Schwierigkeiten, haben massive Konzentrationsprobleme oder kommen in einem Gruppengefüge überhaupt nicht zurecht. Um diesen Problemen nicht nur in strukturierten Trainings und Gesprächen entgegenzuwirken und den Azubis einen kreativen Ausgleich zum Arbeitsalltag zu bieten, wurde die Idee eines Sing- und Tanzprojektes geboren: „Sing & Dance“. Das Sing-Projekt wurde dabei von Nicole Häussler und Michael Knehr geleitet – beide professionelle Musiker und Stimmpädagogen, die schon seit vielen Jahren auf der Bühne stehen und bereits Erfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen sammeln konnten. Das Tanz-Projekt wurde von Torsten Moll, Diplom-Bühnentänzer und Tanzpädagoge, mit seinem Team der New Stage Company in Geislingen, einer Ballettund Musical-Schule, durchgeführt. Das Interesse der Jugendlichen war groß. Seit Anfang des aktuellen Schuljahres konnte man in den Fluren des RAZ Ulm den Klängen der Chorproben lauschen. Die Teilnehmer durften die Songs selbst mitbestimmen, und so kam im Laufe der Wochen eine bunte Mischung aus Liedern von Xavier Naidoo, Christina Stürmer, Peter Maffay und Nena zusammen. Sogar ein Gospelsong wurde einstudiert. Während der Proben kristallisierte sich auch das eine oder andere Gesangstalent heraus, so dass es in den Songs nun auch immer wieder Soloparts gab, die von den jungen Künstlern selbstbewusst vorgetragen wurden. Schon bei der Eröffnung der Schillerstraße 15 und an der Weihnachtsfeier wurden einige der Lieder zum Besten gegeben. Das Publikum war jedes Mal begeistert. Und die Mitwirkenden dementsprechend stolz, was sich sichtlich auf die Selbstsicherheit einiger Teilnehmer auswirkte. Die Jugendlichen im Tanzprojekt entschieden sich dafür, mit der Unterstützung von Torsten Moll und seinem Team Hip-Hop zu tanzen, wobei anstrengende Aufwärm- und Dehnübungen zu Beginn jeder Einheit mit zum Programm gehörten. Das Einstudieren der Hip-Hop-Choreographie machte dann aber wieder jegliche Anstrengungen wett. Nicht selten kam es vor, dass die Jugendlichen auf der Fahrt zur Tanzschule noch missmutig und wortkarg waren, um nach dem Tanzen wie verwandelt zu sein. So wurde auf der Heimfahrt viel geredet, diskutiert und gelacht und neue Ideen für das Projekt entwickelt. Spannend war es auch zu beobachten, wie an Aufmerksamkeitsproblemen leidende Jugendliche während des Tanzens konzentriert und motiviert arbeiteten und selbst zugaben, sich durch die Bewegung ausgeglichener zu fühlen. Ende Februar 2011 wurde das „Sing & Dance“ Projekt mit einer Präsentation aller Darbietungen in der Aula der Schillerstraße 15 abgeschlossen. Unter den zahlreichen Gästen: Freunde, Familie, Ausbilder und Lehrer der Jugendlichen. Und allesamt waren sie von den jungen Künstlern auf der Bühne sichtlich begeistert. Marianne Gumbel Bildungsbegleiterin RAZ Ulm Proben für den großen Auftritt: Jugendliche aus dem RAZ Ulm beim Singen … … und Tanzen! Fotos: Eschrich Andrea Eschrich Fachdienst Diagnostik und Entwicklung Auf Kurs 2-2011| 31 Nachrufe Die Nachricht vom überraschenden Tod unserer Mitarbeiterin und Kollegin Die Nachricht vom Tod unseres Mitarbeiters und Kollegen Frau Simona Hauschild macht uns sehr traurig. Herr Brugger war als Küchenchef in unserem Ausbildungsrestaurant „Markt Wirtschaft“ in Bad Waldsee tätig. Mit seiner ruhigen, freundlichen und angenehmen Art trug er zu einem guten Miteinander bei und erwarb sich eine große Wertschätzung bei Jugendlichen und Mitarbeitern. Wir erlebten Ihn als zufriedenen, kompetenten und vor allem als zuverlässigen Mitarbeiter und Kollegen. In großer Dankbarkeit für seine Dienste für unser Unternehmen und die uns anvertrauten jungen Menschen nehmen wir Abschied von Herr Brugger. Er wird uns als wertvoller Mitarbeiter in Erinnerung bleiben. In Dankbarkeit gedenken wir seiner und schließen ihn und seine Angehörigen in unsere Fürbitten mit ein. Frau Hauschild war seit August 2009 im Berufsbildungswerk Adolf Aich als Bildungsbegleiterin im Bereich Hauswirtschaft tätig. Sie war bei den Jugendlichen und Mitarbeitern sehr beliebt, hat sich sehr engagiert für die Auszubildenden eingesetzt, ihre unterschiedlichsten Lebenslagen erkannt und mit ihrer unkonventionellen Art einen frischen Wind mitgebracht. Lebensbejahend, erfüllt von großer Lebenslust und in Verantwortung für die Auszubildenden bis zuletzt vom Krankenbett tätig, hat sie den Kampf gegen ihre Krankheit schließlich verloren. In großer Dankbarkeit für ihre Dienste für unser Unternehmen und die uns anvertrauten jungen Menschen nehmen wir Abschied von Frau Hauschild. Sie wird einen Platz in unseren Herzen haben. In Dankbarkeit gedenken wir ihrer und schließen sie und ihre Angehörigen in unsere Fürbitten mit ein. Vorstand der Stiftung Liebenau Geschäftsführung Kolleginnen und Kollegen Mitarbeitervertretung und Jugendliche des Berufsbildungswerks Adolf Aich Vorstand der Stiftung Liebenau Geschäftsführung Kolleginnen und Kollegen Mitarbeitervertretung und Jugendliche des Berufsbildungswerks Adolf Aich Herrn Franz Brugger macht uns tief betroffen. Die Nachricht vom Tod unserer Mitarbeiterin und Kollegin Frau Susanne Kromphorn macht uns tief betroffen. Frau Kromphorn war als Hauswirtschaftliche Mitarbeiterin seit 2007 in unserem Wirtschaftsdienst im Berufsbildungswerk Adolf Aich tätig. Mit ihrer ruhigen, freundlichen und angenehmen Art trug sie zu einem guten Miteinander bei und erwarb sich eine große Wertschätzung bei Jugendlichen und Mitarbeitern. Wir erlebten sie als eine zufriedene, hilfsbereite und vor allem als zuverlässige Mitarbeiterin und Kollegin. In großer Dankbarkeit für ihre Dienste für unser Unternehmen und die uns anvertrauten jungen Menschen nehmen wir Abschied von Frau Kromphorn. Sie wird uns als wertvolle Mitarbeiterin in Erinnerung bleiben. In Dankbarkeit gedenken wir ihrer und schließen sie und ihre Angehörigen in unsere Fürbitten ein. Vorstand der Stiftung Liebenau Geschäftsführung, Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeitervertretung und Jugendliche des Berufsbildungswerks Adolf Aich 32 | Auf Kurs 2-2011 Service Das Ausbildungsangebot des BBW Ausbildungsbereich Beruf Dauer Verkauf Lagerwirtschaft Büro Fahrzeugtechnik Metalltechnik Bautechnik Holztechnik Farbtechnik und Raumgestaltung Ernährung Hauswirtschaft Gesundheit und Pflege Agrarwirtschaft • Verkäufer/-in • Verkaufshelfer/-in im Bäckerhandwerk • Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk Schwerpunkt Bäckerei • Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk Schwerpunkt Fleischerei • Kaufmann/-frau im Einzelhandel • Fachlagerist/-in • Fachkraft für Lagerlogistik • Kauffrau/-mann für Bürokommunikation • Bürokauffrau/-mann • Autofachwerker/-in • Kfz-Mechatroniker/-in • Mechaniker/-in für Land- und Baumaschinentechnik • Fachpraktiker/-in für Land- und Baumaschinentechnik • Fachwerker/-in für Metallbautechnik • Metallbauer/-in Fachrichtung Konstruktionstechnik • Metallfeinbearbeiter/-in • Werkzeugmaschinenspaner/-in Drehen • Werkzeugmaschinenspaner/-in Fräsen • Zerspanungsmechaniker/-in • Industriemechaniker/-in • Fachwerker/-in für Gebäude- und Umwelt- dienstleistungen • Maschinen- und Anlagenführer/-in • Teilezurichter/-in • Ausbaufacharbeiter/-in • Zimmerer/-in • Maurer/-in • Hochbaufacharbeiter/-in • Trockenbaumonteur/-in • Holzbearbeiter/-in • Tischler/-in • Fachwerker/-in im Malerund Lackiererhandwerk Schwerpunkt Malerei Schwerpunkt Lackiererei • Maler/in und Lackierer/-in • Fahrzeuglackierer/-in • Polster- und Dekorationsnäher/-in • Raumausstatter/-in • Fachwerker/-in Raumausstatter • Bauten- und Objektbeschichter/-in • Beikoch/Beiköchin • Koch/Köchin • Fachkraft im Gastgewerbe • Restaurantfachmann/-frau • Bäcker/-in • Bäckerfachwerker/-in • Hauswirtschaftshelfer/-in • Hauswirtschafter/-in • Altenpflegehelfer/-in • Gartenbaufachwerker/-in • Gärtner/-in • Landwirtschaftsfachwerker/-in • Landwirt/-in BBW RAZ RAZ RV RV Ulm Berufschule 3 Jahre 3 Jahre x x x x x x BBW BBW 3 Jahre x x x extern 3 Jahre x 3 Jahre x x x 2 Jahre x x x 3 Jahre x x 3 Jahre x 3 Jahre x 3 Jahre x x x 3,5 Jahre x extern extern BBW extern BBW extern BBW extern 3,5 Jahre x extern 3,5 Jahre 3 Jahre x x x extern BBW 3,5 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3,5 Jahre 3,5 Jahre 3 Jahre x x x x x x x x x x x x x x x extern BBW BBW BBW extern extern BBW 2 Jahre 2 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre x x x x x x x x x x x x x x x x x extern extern BBW BBW BBW BBW BBW BBW BBW 3 Jahre x x x 3 Jahre x 3 Jahre x x 2 Jahre x x 3 Jahre x 3 Jahre x 2 Jahre x x 3 Jahre x x x 2 Jahre x x 3 Jahre x x x 3 Jahre x x 3 Jahre x 3 Jahre x 3 Jahre x x 3 Jahre x x 2 Jahre x 3 Jahre x x x 3 Jahre x x 3 Jahre x x 3 Jahre x x * Bei entsprechender Teilnehmerzahl Beschulung durch die Josef-Wilhelm-Schule möglich. BBW extern extern BBW BBW BBW extern BBW extern BBW extern extern BBW BBW BBW * BBW BBW BBW BBW extern Auf Kurs 2-2011| 33 Übersicht Ihre Ansprechpartner im Berufsbildungswerk Adolf Aich Schwanenstraße 92 88214 Ravensburg Tel.: 07 51/35 55-8 Fax: 07 51/35 55-6109 E-Mail: [email protected] www.bbw-rv.de Durchwahl: 07 51/35 55-… Geschäftsführung Herbert Lüdtke Sekretariat Tel-DW.: -6101 -6100 Fax: -6115 Verwaltung Christian Braun Abteilungsleitung Tel.-DW.: -6102 Sabine Hutschneider Verwaltung der Teilnehmerangelegenheiten -6104 Wohnbereich Werner Schmitzer Abteilungsleitung Wohnen/ Freizeit Wolfgang Dreyer Jugendhilfe Josef-Wilhelm-Schule Albert Erb Schulleitung Tel.-DW: -6200 Klaus Hagmann, Konrektor -6216 Lutz Nischelwitzer Fachabteilungsleiter Sonderberufsfachschule -6206 Sekretariat -6201 Fax: -6141 Fachdienste Diagnostik & Entwicklung Dr. Stefan Thelemann Abteilungsleitung Tel.-DW: -6118 Marion Schuler -6112 Arbeitserprobung/Berufsfindung Schillerstraße 15 – Bildung, Rehabilitation, Teilhabe Regionales Ausbildungszentrum (RAZ) Ulm Schillerstraße 15 89077 Ulm Zentrale: Tel.: 07 31/15 93 99-0 Fax: 07 31/15 93 99-111 E-Mail: [email protected] www.raz-ulm.de Birgit Simon Abteilungsleitung Tel.-DW: -100 Veronika Hirschmann Verwaltung Teilnehmerangelegenheiten -101 Reinhard Klein Küche -311 Monika Pany Restaurant -312 Gerhard Seibold Backstube (Bäcker) -322 Heike Dudek Verkaufsladen (Fachverkäuferinnen Bäckerei) -323 Egon Schrade Hausmeisterwerkstatt -330 (Fachwerker für Gebäude - und Umweltdienstleistungen) Uta Klingler Metzgerladen (Fleischereifachverkäufer) -325 Max-Gutknecht-Schule Roland Groner Leitung -200 Impressum Auf Kurs Magazin der Berufsbildungswerk Adolf Aich gGmbH Herausgeber: Berufsbildungswerk Adolf Aich gGmbH www.bbw-rv.de Redaktion: Stiftung Liebenau Kommunikation Wolf-Peter Bischoff (verantwortlich) Helga Raible, Christof Klaus Siggenweilerstraße 11 88074 Meckenbeuren Tel.: 07542/10-1238 Fax: 07542/10-1117 E-Mail: [email protected] Auflage: 2200 Erscheinungsweise: 3 Ausgaben pro Jahr Druck: Druckidee Abt, Ravensburg www.bbw-rv.de 34 | Auf Kurs 2-2011 -6400 -6444 Bildungsbegleitung Oliver Schweizer Abteilungsleitung -6117 Bildung und Arbeit Manfred Haas Abteilungsleitung Tel.-DW: -6111 Monika Kordula Bildungsmanagement -6163 Sekretariat -6337 Klaus Bussenius Wirtschaft und Verwaltung 0751/362143-101 Dirk Eberhard Küche -6123 Thomas Rapp Metall -6301 Andreas Nägele Zimmerei / Maurer -6313 Ludwig Speidler Schreinerzentrum -6380 Harald Mayer Maler und Lackierer -6320 Maria-Anna Janßen-Spinnenhirn Hauswirtschaft -6339 Josef Stützenberger Kfz-Werkstatt Liebenau -6356 Berufsvorbereitung Hugo Glückler Tel.-DW: -6312 BBW Außenstelle Biberach Tel. 0 73 51 / 50 58 19 Bernd Taube (Werkstattleitung) Andreas Hollacher (Bildungsbegleitung) Augenblick AUGENBLICK bitte... Einen Haben Sie Vorbilder? Mahatma Gandhi und Albert Schweitzer. Was machen Sie in der Freizeit? Laufen, Reisen, Fremdsprachen. Roland Groner 52 Jahre Ihr Lieblingsbuch? Eckart Tolle: „Jetzt!“ Ihr Lieblingsessen? Dampfnudeln mit Vanillesoße; auf Holzkohle gegrillter Tintenfisch mit Salat und Weißwein. Foto: privat Seit wann sind Sie im BBW? Seit Beginn des Schuljahres 2008/2009. Ihr Arbeitsplatz? Der Schreibtisch und das Klassenzimmer: als stellvertretender Schulleiter und als kaufmännischer Lehrer an der Max-Gutknecht-Schule Ulm. Was interessiert Sie an der Arbeit mit Jugendlichen? Als Fachlehrer interessieren mich vor allem didaktische, methodische, aber auch fachliche Themenstellungen. Schon während meiner Zeit im Auslandsschuldienst begann ich, mich auch mit Aufgaben in der Schulverwaltung und schulrechtlichen Fragen zu beschäftigen. Momentan mache ich beides, und das ist für mich ideal: Weiterhin Unterricht an der Berufsschule, aber mit einem stark erweiterten Verantwortungsbereich in der Schulverwaltung und -leitung. Was finden Sie klasse im BBW? Durch die Vielfalt der Ausbildungsmaßnahmen, die das BBW beziehungsweise das RAZ Ulm anbietet, gibt es schülerindividuelle Lösungen mit hohem Praxisanteil. Das hilft gerade bei unseren Schülern, weiteren Schulfrust zu vermeiden. Bei Bedarf können wir Lehrer in vielen Fällen Unterstützung bei den Ausbildern, den Bildungsbegleitern und dem psychologischen Dienst nachfragen. Unterstützung, die man in dieser Art an öffentlichen Regelschulen nicht hat. Was würden Sie gern ändern? Eine größere Wertschätzung der schulischen Arbeit bei allen an der Ausbildung Beteiligten. Ihre Lieblingsfilme? Papillon, Central do Brasil. Welche Musik hören Sie gerne? MPB (brasilianische Pop-Musik), Ambient/Lounge (zum Beispiel Richard Dorfmeister). Sie arbeiten in einem sozialen Unternehmen, das zur Stiftung Liebenau gehört. Warum? Ich schätze es, täglich für ein Unternehmen zu arbeiten, das nicht nach Gewinnmaximierung strebt – damit habe ich vor meiner Zeit als Lehrer schon ausreichend Erfahrungen gesammelt. Mit dem Leitbild „In unserer Mitte – der Mensch“ kann ich mich sehr gut identifizieren. Ihr Lieblingsspruch? „Wer nicht auf hohe Berge steigt, kann die Ebene nicht sehen“ (chinesisches Sprichwort). Was möchten Sie in der BBW-Zeitschrift gerne lesen? Gerne auch einen unterhaltsamen Teil mit „Hintergrundberichten“ zum Tagesgeschehen wie witzige Vorfälle, Anekdoten oder Eigenheiten. Auf Kurs 2-2011 | 35 Wir entwickeln berufliche Perspektiven – mit Ihnen, für Sie! Mit dem Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBW) den passenden Beruf finden Das BBW und sein Fachdienst Diagnostik & Entwicklung unterstützen Sie dabei, Perspektiven für Ihren (Wieder-)Einstieg in das Berufsleben zu entwickeln. Unsere Angebote: • ProfIL – Berufliche Ziele definieren und erreichen Schwierigkeiten bei der Berufswahl? Gesundheitliche Probleme? Wir helfen Ihnen Klarheit hinsichtlich Ihrer beruflichen Ziele zu bekommen. Wir ermitteln Ihre individuellen Stärken, stellen gemeinsam mit Ihnen fest, welche Tätigkeiten für Sie in Frage kommen, und bewerten anhand umfangreicher Eignungstests Ihre Startposition beim (Wieder-)Einstieg in den Beruf – egal, ob Sie danach eine Ausbildung oder Qualifizierung beginnen oder direkt in den Job durchstarten. • Arbeitserprobung und Eignungsabklärung – Damit die Richtung stimmt Was interessiert mich? Welcher Beruf entspricht meinen Fähigkeiten und Neigungen? Bei der ersten Berufsentscheidung stehen junge Menschen vor vielen Fragen. In den Ausbildungswerkstätten und der Sonderberufsschule des BBW sowie durch speziell entwickelte Testverfahren in der BBW-eigenen Diagnostikwerkstatt werden berufspraktische, schulische und persönliche Kompetenzen sowie Schlüsselqualifikationen ermittelt – eine gute Grundlage für die anstehende Entscheidung. Berufsbildungswerk Adolf Aich gGmbH Fachdienst Diagnostik & Entwicklung: Ansprechpartner Marion Schuler Dipl.-Psychologin Telefon 0751 3555-6112 Telefax 0751 3555-6109 E-Mail [email protected] Dr. med. Stefan Thelemann Abteilungsleitung Telefon 0751 3555-6118 Telefax 07542 10-986118 E-Mail [email protected]